Tumore bei Bartagamen - LaboKlin

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Tumore bei Bartagamen - LaboKlin
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 Ausgabe 11/2020                                                                                   aktuell
 Tumore bei Bartagamen

 Bartagamen gehören seit vielen Jah-                             Geschlechterverhältnis der Bartagamen
 ren zu den in menschlicher Obhut sehr                           mit Tumoren war ausgewogen.
 regelmäßig anzutreffenden Reptilien                             Zur Einsendung gelangten Gewebepro-
 und sind vor allem bei Einsteigern in                           ben und Tierkörper, die in 4,5% gepuf-
 die Terraristik sehr begehrt. Da diese                          fertem Formalin fixiert und histologisch
 Echsen ein spektakuläres Aussehen                               aufgearbeitet wurden. Die Auswertung
 besitzen und bei regelmäßigem Um-                               erfolgte anhand von in Paraffin einge-
 gang sehr zahm werden, erfreuen sie                             betteten Gewebeschnitten, die mittels
 sich großer Beliebtheit. Sie sind noch                          Hämatoxylin-­Eosin-Färbung und ggf.
 vor Jemen- und Pantherchamäleons                                immunhistologisch beurteilt wurden.
 sowie Leo­pardgeckos die am meisten in                          Hauttumore waren mit 76%, gefolgt von
 der Praxis vorgestellten Echsen. Diese                          Tumoren der Mundhöhle (6%), Leber
 australischen Agamen stammen aus                                (3%) sowie Hoden und Ovar (jeweils
 Steppen und Halbwüsten, also kargen                             2%), am häufigsten. Diese 5 Organsys-
 Gebieten mit einem geringen Futteran-                           teme repräsentierten knapp 90% aller
 gebot. Daher resultieren aus falscher                           Tumore der untersuchten Bartagamen.
 Haltung und Fütterung häufige Kompli-                           Im Folgenden werden die wichtigsten
 kationen wie Adipositas, Leberverfettung                        Tumore dieser oftmals betroffenen Or-
 und metabolische Knochenerkrankun-                              gansysteme in absteigender Häufigkeit
 gen. Neben diesen Erkrankungen sind                             beschrieben.
 parasitäre Erreger wie Kokzidien und
 Oxyuriden von großer Relevanz. Unter                            Tumore der Haut
 den Viren sind vor allem Adenoviren zu
                                                                 Der überwiegende Teil der Hauttumore ­
 nennen.
                                                                 (n = 92%) war maligne und mit insge-
 Tumorerkrankungen spielen bei dieser
                                                                 samt 45% dominierten dabei Chromato-
 Spezies eine große Rolle. Dies spie-
                                                                 phorome (pigmentbildende Tumore).
 gelt sich in zahlreichen Fallberichten
 wider. Diese Arbeit gibt einen Überblick
 über die häufigsten Tumore der Organ­
 systeme.
 In den letzten Jahren wurden insgesamt
 326 Tumore bei 321 Bartagamen aus
 Routineeinsendungen dokumentiert.
 Das Material stammte von streifenköpfi-
 gen Bart­agamen (Pogona vitticeps)
 (n = 311) und Zwergbartagamen
 ­(Pogona henrylawsoni) (n = 10). Das
  Durchschnittsalter lag bei 7 Jahren,
  wobei deutliche Variationen zwischen
  den betroffenen Organen auftraten. Das                         Abb. 1: Bartagame, Haut, Melanophorom.

                             LABOKLIN LABOR FÜR KLINISCHE DIAGNOSTIK GMBH & CO.KG
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Abb. 2: Melanophorom, Bartagame, Haut, H&E, 400x.    Abb. 4: Bartagame, Mundhöhle, Plattenepithel­
                                                     karzinom, Zytokeratin, 400x.

Die 5 häufigsten Hauttumore repräsen-                Speichel­drüsen­adenomen mit jeweils
tierten bereits 89% aller Hauttumore.                15,8% sowie Melanophoromen, Papillo-
Diese unterteilten sich in Melanophoro-              men und Plattenepithelkarzinomen mit
me 36%, Weichteilsarkome 30%, Plat-                  je 10,5% und Adenomen mit 5,3%.
tenepithelkarzinome 15%, Mischtumore
aus Chromatophoromen 5% und Irido-
                                                     Tumore der Leber
phorome mit 3%.
                                                     Lebertumore, die insgesamt 3% aller
Tumore der Mundhöhle                                 Neoplasien ausmachten, waren zum
Sie machten insgesamt 6% aller Tumore­               überwiegenden Teil (83%) maligne.
aus. Das Verhältnis benigner (48%) und               Eine Geschlechtsdisposition war nicht
maligner Tumore (52%) war nahezu                     feststellbar. Das Alter, in dem Tumore
ausgeglichen. Das Alter der Bartagamen               auftraten, schwankte zwischen 2 – 8
schwankte zwischen 2 und 10 Jahren                   Jahren und lag im Durchschnitt bei 4,7
mit einem Durchschnittsalter von 6,4                 Jahren.
Jahren. Mit 63% waren vor allem männ-                Gallengangskarzinome stellten mit
liche Tiere betroffen.                               41,7% die am meisten vorkommenden
Die häufigsten Tumore repräsentierte                 Lebertumore dar, gefolgt von hepa-
die Gruppe der Weichteilsarkome                      tozellulären Karzinomen und Adeno-
(31,6%), gefolgt von Polypen und                     karzinomen mit jeweils 16,7% sowie

Abb. 3: Bartagame, Mundhöhle, Plattenepithelkarzi­   Abb. 5: Bartagame, Leber, Gallengangskarzinom.
nom, H&E, 200x.
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 hepatozellulären Adenomen, Gallen-
 gangsadenomen und Sarkomen mit
 jeweils 8,3%.

 Tumore der Hoden
 Hodentumore gehörten mit 2% zu den
 seltenen Tumoren. Sie fanden sich bei
 Agamen mit einem Alter von 6 – 15 Jah-
 ren (Durchschnittsalter 9,3 Jahre).
                                                                 Abb. 7: Bartagame, Ovar, Teratom (mit Anteilen von
                                                                 Haut, Muskulatur, Knorpel, Knochen, Binde- und Fett­
                                                                 gewebe, Nervengewebe, Drüsengewebe), H&E 10x.

                                                                 Angaben zum Durchschnittsalter ma-
                                                                 chen. Teratome (Tumore, die von allen 3
                                                                 Keimblättern ausgehen) waren mit 50%
                                                                 die meist vorkommenden Neoplasien.
                                                                 Zudem konnten Leiomyosarkome (33%)
                                                                 und Dysgerminome (17%) beobachtet
                                                                 werden.
                                                                 Metastasen traten bei einer 8 Jahre
 Abb. 6: Bartagame, Hoden, Seminom, H&E, 200x.                   alten Bartagame mit einem Leiomyosar-
                                                                 kom auf. Diese fanden sich im Fettkör-
 Von den klassischen Hodentumoren                                per und in der Serosa.
 traten Sertolizelltumore zu 50% und Se-
 minome zu 12,5% auf. Leydigzelltumore                           Zusammenfassung
 fanden sich im Untersuchungsmaterial
 nicht.                                                          Neoplasien sind häufige Erkrankungen
 Es konnten zudem Adenokarzinome                                 bei Bartagamen, die eine wichtige Diffe­
 (25%) sowie Hämangiome (12,5%) dia-                             renzialdiagnose darstellen. In der Studie
 gnostiziert werden. Metastasen zeigten                          traten Hauttumore mit 76% am häufigs-
 sich nicht.                                                     ten auf. Das kann darauf zurückzufüh-
                                                                 ren sein, dass diese äußerlich sichtba-
                                                                 ren Zubildungen den Besitzern beim
 Tumore der Ovarien
                                                                 Beobachten ihrer Tiere deutlicher auffal-
 Ovarielle Neoplasien traten mit einer                           len als eine eher unspezifische Sympto-
 Häufigkeit von 2% auf. Der überwiegen-                          matik wie Gewichtsabnahme, Anorexie
 de Teil der klinischen Tumorverdachts-                          oder ein reduziertes Allgemeinbefinden
 fälle am Ovar entpuppte sich pathohis-                          bedingt durch Tumorwachstum in den
 tologisch als persistierende Follikel,                          inneren Organen. Diese Neoplasien
 chronisch entzündlich veränderte Folli-                         innerer Organe, die nur selten palpabel
 kel sowie ovarielle Zysten. Altersanga-                         oder von außen sichtbar sind können
 ben lagen nur bei den wenigen Tieren                            zumeist erst durch weiterführende
 mit Leiomyosarkomen vor (8 Jahre), da-                          bildgebende Diagnostik (Röntgen,
 her lassen sich hier keine verwertbaren                         Ultraschall, Endoskopie, Magnetreso-

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nanztomografie, Computertomografie)         zuchten der Bartagame eine besondere
verdächtigt und anhand einer Probela-       Prädisposition für Neoplasien aufweisen
parotomie und/oder Biopsieentnahme          ist bislang nicht bekannt, jedoch ist ein
für die Zytologie oder die Pathohisto­      Zusammenhang bei verminderter Mela-
logie abgeklärt werden.                     ninisierung, einer Selektion auf weiße,
Als ein möglicher Auslöser von Haut-        rote und gelbe Farbtöne oder einer
tumoren wird vor allem künstliche           selektiven Verminderung der Beschup-
UV-Strahlung diskutiert. Problematisch      pung (sog. Leatherbacks) recht wahr-
scheinen hier vor allem Metalldampflam-     scheinlich.
pen mit einem UV-Spektrum von < 280         Aufgrund des hohen Anteils maligner
nm zu sein. UV-Licht mit einer Wellen-      Neoplasien in der Haut (92%), Leber
länge in diesem Bereich existiert im        (83%) sowie in Mundhöhle (52%) und
natürlichen Spektrum des Sonnenlichtes      Ovarien (50%) ist zu einer zeitnahen
nicht und steht bei Reptilien, (wie auch    vollständigen chirurgischen Entfernung
für den Menschen bekannt) im Ver-           (soweit möglich) mit sich anschließen-
dacht, ein Auslöser für Tumorwachstum       den zytologischen und histopathologi-
zu sein.                                    schen Untersuchungen zu raten.
Auffällig bei den Hauttumoren ist vor       Unter Berücksichtigung der Literatur
allem die hohe Inzidenz von Chromat-        ist die komplette chirurgische Entfer-
ophoromen (pigmentbildende Tumore           nung die Therapie der Wahl. Alternativ
der Melanophoren, Iridophoren, Erythro-     kommen in seltenen Fällen auch die
und Xanthophoren), die bis vor 10 – 15      Radiotherapie und die Chemotherapie
Jahren in der Literatur eine stark un-      zum Einsatz, jedoch sind auf diesen
tergeordnete Rolle spielten. In wieweit     Gebieten die klinischen Erfahrungen nur
die mittlerweile stark verbreiteten Farb-   sehr gering und bleiben auf Einzelfälle
                                            beschränkt.

                                                                   Dr. Kim Oliver Heckers
Tumore bei Bartagamen - LaboKlin
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