Untersuchung der Vorhydrolyse von Lignocelluloserohstoffen mittels Steam Explosion

 
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Chemie
    Ingenieur                                      DOI: 10.1002/cite.201000057                              Lignocellulose         1169
    Technik

       Untersuchung der Vorhydrolyse von
       Lignocelluloserohstoffen mittels
       Steam Explosion
       Johannes Lindorfer*, Horst Steinmüller, Alexander Jäger,
       Werner Auer und Alexander Eder

       Cellulose, neben Hemicellulose und Lignin ein Hauptbestandteil von biogenen Rest- und
       Rohstoffen wie z. B. Getreidestroh oder Holz, ist nach hydrolytischer Spaltung in mono-
       mere Zucker zu Basischemikalien wie Ethanol vergärbar. Zur Beschleunigung einer mög-
       lichen enzymatischen Hydrolyse ist eine effektive Vorbehandlung dieser Rohstoffe erforder-
                                                                                                         Cellulose kann im
       lich. Die Vorbehandlung von Weizenstroh mittels Steam Explosion, einem Verfahren bei
                                                                                                         Gegensatz zu Amy-
       dem das biogene Material mit gesättigtem Wasserdampf unter Druck mit anschließender
       schlagartiger Entspannung zerfasert wird, wurde hinsichtlich Behandlungstemperatur und            lose nicht durch
       -dauer sowie gebildeter Abbauprodukte im 15-L-Maßstab untersucht, um aufbauend auf                kostengünstige
       den Ergebnissen ein optimiertes Vorbehandlungsverfahren zur Nutzung dieser in hohem               Amylasen hydroly-
       quantitativem Ausmaß zur Verfügung stehenden Rohstoffe entwickeln zu können.                      tisch gespalten wer-
       Schlagwörter: Lignocellulose, Steam Explosion, Vorhydrolyse                                       den. Hemicellulose
                                                                                                         kann ebenfalls nur
       Eingegangen: 19. März 2010; revidiert: 22. April 2010; akzeptiert: 26. April 2010
                                                                                                         von wenigen Mikro-
                                                                                                         organismen auf-
1     Problemstellung                                 fische Oberfläche für eine nachgeschaltete         gespaltet bzw.
                                                      Hydrolyse zu erhöhen und damit die Ausbeute
                                                                                                         fermentativ zu
Lignocellulose, bestehend aus den drei Biopo-         an monomeren Zuckern zu maximieren und
lymeren Cellulose, Hemicellulose und Lignin,          den Abbau bzw. Verlust von Kohlenhydraten          Basischemikalien
ist der zentrale Bestandteil von agrarischen          zu minimieren. Gleichzeitig ist die Bildung        umgesetzt werden.
Produkten und Abfallstoffen wie Stroh oder            von Inhibitoren für nachgeschaltete Prozess-
sonstigem Halmgut, Energiepflanzen (z. B.             schritte wie die enzymatische Hydrolyse bzw.
Miscanthus), Blättern usw. und stellt wahr-           Säure- oder Lösungsmittelfermentation zu ver-
scheinlich die am häufigsten vorkommende              meiden. Ein teilweise ebenfalls geforderter
und kostengünstigste Biomasse dar. Biotech-           Effekt der Vorbehandlung ist die effektive Ab-     Der Zweck einer
nologische Verfahren zur Nutzung dieser Roh-          trennung des Lignins sowie der Erhalt einer        Vorbehandlung
stoffe weisen vor allem in der Biomassevorbe-         pumpfähigen Aufschlämmung für eine groß-
handlung und Konversionseffizienz Defizite            technische Umsetzung. Die wesentlichen un-         liegt in der Reduk-
auf. Die verfahrenstechnischen Problemstel-           tersuchten Vorbehandlungsmöglichkeiten sind        tion der Cellulose-
lungen bei der Nutzung liegen in der Biopoly-         in Tab. 1 zusammengestellt.                        kristallinität zur
merstruktur begründet. Cellulose, das lineare            Das als Steam Explosion bekannte thermo-
Polymer aus Glucose-Monomeren, kann im
                                                                                                         Erhöhung der Mate-
                                                      druckmechanische Behandlungsverfahren ist
Gegensatz zu Amylose, dem Hauptbestandteil            aus der Zellstoffindustrie und im Bereich der      rialporosität, um die
von Stärke, nicht durch kostengünstige Amyla-         Trennung von Pflanzenfasern, Cellulose und         spezifische Oberflä-
sen hydrolytisch gespalten werden. Hemicellu-         Stärke bekannt. Die ersten Patente in diesem
                                                                                                         che für eine nach-
lose, bestehend aus Pentosen (Xylose, Ara-            Bereich gehen bis vor 1930 zurück [2]. Beim
binose) oder Hexosen (Glucose, Mannose,               Steam-Explosion-Verfahren wird die zerklei-        geschaltete Hydro-
Galactose) sowie Uronsäuren, kann ebenfalls           nerte Biomasse unter Druck mit gesättigtem         lyse zu erhöhen und
nur von wenigen Mikroorganismen aufgespal-            Wasserdampf beaufschlagt. Ein verwandtes           damit die Ausbeute
tet bzw. fermentativ zu Basischemikalien um-          Verfahren ist der Heißwasseraufschluss, das
gesetzt werden.                                       jedoch ohne schlagartige Druckentspannung          an monomeren
   Die Vorbehandlung dieser Rohstoffe durch           abläuft [3 – 5]. Die Dampfbehandlung resultiert    Zuckern zu maxi-
Zerkleinerung und Aufschluss des faserigen            in einem substanziellen Aufschluss der Ligno-      mieren und den
Materials stellt somit einen Schlüsselprozess         cellulosestruktur, einer Hydrolyse der Hemi-
dar. Der Zweck einer Vorbehandlung liegt in           cellulose und einer Depolymerisation der
                                                                                                         Abbau bzw. Verlust
der Reduktion der Cellulosekristallinität zur         Lignin-Bestandteile. Zudem sind Ausweitun-         von Kohlenhydra-
Erhöhung der Materialporosität, um die spezi-         gen der Mikroporen im Zellgewebeverbund            ten zu minimieren.

Chemie Ingenieur Technik 2010, 82, No. 8             © 2010 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim        www.cit-journal.de
1170     Forschungsarbeiten                                                                                                       J. Lindorfer et al.

       Tabelle 1. Vorbehandlungsmöglichkeiten von Lignocelluloserohstoffen vor der Hydrolyse.

       Methode                                   Physikalisch                           Chemisch              Biologisch     Kombinierte Methoden
        Behandlungsschrit-     Zerkleinerung,   Bestrahlung          Temperatur   org. Lösungsmittel,      Weißfäule-Pilze   Alkalischer Aufschluss
        te, die eine Verän-    Vermahlung       (Elektrodenstrahl,   (Steam       Wasser, Laugen, Säu-     (Pleurotus,       kombiniert mit Steam
        derung der Substrat-                    Mikrowellen)         Explosion,   ren, Gase,               Pycnoporus,       Explosion,
        struktur bewirken                                            Pyrolyse)    Oxidationsmittel, Re-    Ischnoderma,      Vermahlung gefolgt
                                                                                  duktionsmittel           Phlebia, etc.)    von Laugen- bzw.
                                                                                                                             Säurebehandlung
        Beschreibung der       Erhöhung der spezifischen Oberfläche; Herab-       Lignolyse; Herab-        Lignolyse;        Abbau von Hemicellu-
        Veränderung            setzung des Polymerisationsgrades; Hydrolyse von   setzung des Polyme-      Herabsetzung      lose; Lignolyse; Erhö-
                               Lignocellulose; partielle Depolymerisation von     risationsgrades und      des Polymerisa-   hung der spezifischen
                               Lignin                                             der Kristallinität von   tionsgrades von   Oberfläche und Poren-
                                                                                  Cellulose; Aufquel-      Cellulose und     größe
                                                                                  lung bzw. Erhöhung       Hemicellulose
                                                                                  der Porosität

       Adaptiert aus [1].

                                        beobachtet worden [6], wo die Verfügbarkeit             Schritte einer Verarbeitungskette hemmen
                                        der Cellulosekomponenten für nachfolgende               können und damit die Produktausbeute herab-
                                        chemisch-physikalische oder enzymatische                setzen [10].
                                        Zerlegung wesentlich erhöht wird. Zum einen                Um die Vorbehandlung mit Steam Explo-
       Die Temperaturen                 erhält man nach Extraktion mit Wasser eine              sion im halbtechnischen Maßstab optimiert
       für die Depolymeri-              eigene Fraktion vorwiegend aus Pentosen bzw.            umsetzen zu können, wurden in der Literatur
       sationsvorgänge                  resultierenden Oligosacchariden, die zu deren           berichtete Prozessbedingungen bei ther-
                                        monomeren C5-Zuckern umgesetzt werden                   modruckmechanischen Vorbehandlungsversu-
       sind unterschied-                können, zum andern wird durch die Hemicel-              chen recherchiert (s. Tab. 2).
       lich, wobei bei rein-            luloseabtrennung die Hydrolysierbarkeit der                Die Literaturanalyse zeigte, dass als wesent-
       er Temperatur-                   Cellulosefraktion verbessert. Durch den Was-            liche Einflussfaktoren für die Dampfbehand-
                                        serdampf kann die Acetylgruppe der Hemicel-             lung der Biomasse Behandlungszeit, Tempera-
       behandlung Hemi-
                                        lulosefraktion unter Bildung von organischen            turniveau und Rohmaterialpartikelgröße zu
       cellulose ab ca.                 Säuren wie Essig- oder Uronsäure teilweise hy-          nennen sind. Beim Einsatz von größeren Par-
       200 °C und Cellulose             drolysiert werden. Die gebildeten organischen           tikeln verschlechtert sich der Wärmeübergang
       ab ca. 300 °C depoly-            Säuren depolymerisieren die Hemicellulose               und es kommt zu einer Überhitzung der Parti-
                                        weiter zu monomeren Xylanen und Glucanen.               keloberfläche einerseits und andererseits zu
       merisiert wird. Ab               Die Temperaturen für diese Depolymerisa-                einem unzureichenden Aufschluss im Parti-
       einer Behandlungs-               tionsvorgänge sind unterschiedlich, wobei bei           kelkern. Aufgrund des nicht unerheblichen
       temperatur von                   reiner Temperaturbehandlung Hemicellulose               Aufwands der Partikelgrößenreduktion gilt es,
                                        ab ca. 200 °C [7] und Cellulose ab ca. 300 °C [8]       den optimalen Bereich zu finden [21].
       360 °C kommt es                  depolymerisiert wird. Ab einer Behandlungs-
       zudem zur Spaltung               temperatur von 360 °C kommt es zudem zur
       des Lignins.                     Spaltung des Lignins [7].                               2    Weiterverarbeitung des
                                           Der Vorteil der relativ einfachen und kosten-             Vorhydrolysats aus der Steam-
                                        günstigen Vorbehandlung von Lignocellulose                   Explosion-Vorbehandlung
                                        mittels Steam Explosion ohne den Einsatz von
                                        Chemikalien wird daher vor allem unter opti-            Nach der Vorbehandlung des Rohmaterials
                                        mierten Prozessbedingungen wirksam. Die                 durch Zerkleinerung und Aufschluss des fase-
       Die reine Dampf-                 reine Dampfbehandlung ohne Katalyse durch               rigen Materials durch Steam Explosion werden
       behandlung ohne                  Säurezugabe ist ausreichend, um die mono-               die Polysaccharide durch Hydrolyse in ihre
       Katalyse durch                   meren Zucker der Hemicellulose freizusetzen.            Einzelbausteine (C5- und C6-Monomere) zer-
                                        Die acetylierten Seitenketten der Hemicellu-            legt. Die Hydrolyse mit verdünnter Schwefel-
       Säurezugabe ist                  losezucker werden unter Essigsäurebildung               säure ist eine häufig untersuchte Methode
       ausreichend, um die              abgespalten, das entstehende schwachsaure               [24 – 27], jedoch auch basische Hydrolyse-
       monomeren Zucker                 Milieu katalysiert die Hydrolyse (Autohydro-            bedingungen wurden getestet [28, 29]. Konzen-
                                        lyse) weiter [9]. Als negativer Nebeneffekt             trierter und verdünnter Säureaufschluss sind
       der Hemicellulose
                                        kommt es jedoch auch zu einer partiellen Zer-           relativ alte und erprobte Verfahren zur Verar-
       freizusetzen.                    legung der Wertstoffsaccharide, wie dem Ab-             beitung von Lignin und Cellulose innerhalb
                                        bau von Xylose zu Furfural bzw. Glucose zu              der holzverarbeitenden Industrie, wobei meist
                                        5-Hydroxymethylfurfural (HMF) und einer                 Schwefelsäure oder Salzsäure, seltener auch
                                        Anhäufung dieser Nebenprodukte, die das                 Fluorwasserstoff verwendet wird. Bei der kon-
                                        Mikroorganismenwachstum            nachfolgender        zentrierten Säurehydrolyse wird häufig zwei-

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 Technik

Tabelle 2. Auswahl an untersuchten Lignocelluloserohstoffen und Parametervarianz.

Biomasserohstoff           Druckniveau      Dampfparameter      Behandlungsdauer                     Ausbeute                     Ref.
 Hartholz (Birke)         0,98–2,94 MPa        180–230 °C            1–20 min                        73,4–96 %                    [11]
 Weizenstroh                1,5–2,2 MPa        200–220 °C            3–33 min                11,2–12,4 % Ligninabbau              [12]
 Weizenstroh                  1,5 MPa              k. a.              4,5 min                   80 % Hemicellulose                [13]
                        4,12 MPa max. des
 Sonnenblumenhalme        Druckbehälters       180–230 °C              5 min             35–65 % Materialrückgewinnung            [10]

 Zuckerrohbagasse              k. A.           188–234 °C           0,5–44 min           78–99 % Materialrückgewinnung            [14]
 Roteiche                   1,9–2,8 MPa        212–232 °C           2,5–5,0 min         74,2–83,1 % Materialrückgewinnung         [15]
                        4,12 MPa max. des
 Olivenbaumgehölz         Druckbehälters       190–240 °C             5,0 min            40–55 % Materialrückgewinnung            [16]

 Maisstängel                  1,5 MPa             198 °C              1,5 min                          k. A.                      [17]
 Maisstängel                   k. A.           190–220 °C            3–5 min             20,5–49,6 % Biomasse in Lösung           [18]
 Maisstängel                   k. A.           180–200 °C              5 min            90,9–98,4 % Materialrückgewinnung         [19]
 Getreidestroh                 k. A.           200–220 °C            1,2–5 min                         k. A.                      [20]
 Abessinischer Senf
 (Rückstand)                   k. A.           190–210 °C            4–8 min            43,8–53,8 % Materialrückgewinnung         [21]

 Bambus                      3,53 MPa             243 °C             0–20 min                          k. A.                      [22]
                                                                                      10,2–19,5 % Extraktionsertrag aus gewa-
 Zitterpappel                  k. A.           185–220 °C            5–15 min         schenen, dampfbehandelten Holzfasern        [23]

k. A., Keine Angaben.

stufig verfahren, wobei die Cellulose im ersten     tion von cellulolytischen Enzymen werden                     Enzymatische Hy-
Schritt durch konzentrierte Schwefelsäure und       hauptsächlich Aspergillus spec. und Trichoderma
                                                                                                                 drolyse erfolgt
im zweiten Schritt durch verdünnte Säurehy-         reesei verwendet. Die technischen Hemicellu-
drolyse aufgeschlossen wird. Beim verdünnten        lase-Präparate werden meist aus Bacillus sub-                unter Einsatz von
Säureaufschluss wird im ersten Schritt unter        tilis, Aspergillus spec. oder Trichoderma spec. her-         spezifischen Cellu-
milderen Bedingungen vorwiegend Hemicel-            gestellt [30]. Die derzeitig hergestellten                   lase- bzw. Hemicel-
lulose und im zweiten Schritt die widerstands-      Cellulase-Mischungen sind jedoch für eine
fähigere Cellulose aufgeschlossen. Kritisch ist     industrielle Anwendung in großem Maßstab
                                                                                                                 lulase-Enzymen und
bei diesen Verfahren die Trennung der mono-         bezogen auf deren Effizienz noch zu hochprei-                besitzt den Vorteil,
meren Zucker von der sauren Mutterlauge             sig und substratspezifisch [31].                             dass die Spaltung
sowie die Säurerückgewinnung bzw. Aufkon-              Als wesentliche Einflussfaktoren auf die en-
                                                                                                                 der Polysaccharide
zentration der rückgewonnenen Säure. Die            zymatische Hydrolyse von Cellulose sind die
Verfahren des reinen Säureaufschlusses stel-        Substratzusammensetzung, die Cellulaseakti-                  bei milden Reakti-
len aufgrund der Korrosivität der Säure hohe        vität und die vorherrschenden Reaktionsbedin-                onsbedingungen
Materialanforderungen, woraus sich hohe             gungen zu nennen. Probleme hinsichtlich der
                                                                                                                 abläuft.
Investitionskosten für Verarbeitungsanlagen         Effektivität des enzymatischen Aufschlusses
ergeben.                                            entstehen dadurch, dass die für die Zerlegung
                                                                                                                 Probleme hinsicht-
   Aktuelle Entwicklungen gehen vielfach zum        der Celluloseketten notwendigen Enzyme
enzymatischen Aufschluss über. Enzymatische         durch die Reaktionsprodukte gehemmt wer-                     lich der Effektivität
Hydrolyse erfolgt unter Einsatz von spezifi-        den [32]. Es handelt sich dabei vorrangig um                 des enzymatischen
schen Cellulase- bzw. Hemicellulase-Enzymen         den dimeren Zucker Cellobiose. Auch die
                                                                                                                 Aufschlusses ent-
und besitzt den Vorteil, dass die Spaltung der      sofortige Umwandlung der Cellobiosen in Glu-
Polysaccharide bei milden Reaktionsbedingun-        cose ist problematisch, da auch die Cellobiase               stehen dadurch,
gen abläuft. Die Cellulase-Enzymmischungen          durch die Akkumulation ihrer Reaktionspro-                   dass die für die Zer-
setzen sich aus Endoglucanasen zur Reduk-           dukte der Glucose gehemmt wird [33]. Durch                   legung der Cellu-
tion der Cellulosepolymergröße, Exoglucana-         die hohe Kristallinität der Cellulose sind die
sen, die die Enden der Cellulosefasern angrei-      Poren zwischen den Cellulosefasern sehr                      loseketten notwen-
fen, und b-Glucosidasen, die die Cellobiose zu      klein, so dass diese ohne effektive Vorbehand-               digen Enzyme durch
Glucose hydrolysieren, zusammen. Viele Bak-         lung für das Enzym kaum zugänglich sind.                     die Reaktionspro-
terien- und Pilzarten verfügen über die Fähig-      Lignin, das in die Cellulosefasern inkrustiert
keit, Cellulasen, Xylanasen bzw. Glucosidasen       ist, verringert die zugängliche Oberfläche
                                                                                                                 dukte gehemmt
zu produzieren. Für die industrielle Produk-        weiter und kann zudem einen Teil der aktiven                 werden.

Chemie Ingenieur Technik 2010, 82, No. 8            © 2010 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim                   www.cit-journal.de
1172     Forschungsarbeiten                                                                                              J. Lindorfer et al.

       Die eingesetzte Ver-             Cellulase adsorbieren und so von der Interak-     zengewebes mechanisch auf. Der untere Teil
                                        tion mit Cellulose fernhalten [34].               des Entspannungsgefäßes ist als abnehmbarer
       suchsanlage zur
                                                                                          Siebaufsatz konzipiert, der den Biomassefest-
       Batch-Thermodruck-                                                                 stoff zurückhält. Flüssigkeit wird in einen
       hydrolyse im 15-L-               3   Messprinzip und Versuchs-                     Kunststoffauffangbehälter abgegeben. Nicht
       Maßstab besteht im                   aufbau                                        kondensierter Abdampf wird an der oberen
                                                                                          Öffnung des Entspannungsgefäßes in den
       Wesentlichen aus                 Die eingesetzte Versuchsanlage zur Batch-         Raum freigesetzt. Aufgrund der Vorbehand-
       einem Dampferzeu-                Thermodruckhydrolyse im 15-L-Maßstab be-          lungsbedingungen kann die Methode als
       ger, einem Dampf-                steht im Wesentlichen aus einem Dampf-            Heißwasseraufschluss mit nachgeschaltetem
                                        erzeuger, einem Dampfaufschluss- sowie            Steam-Explosion-Prozess charakterisiert wer-
       aufschluss- sowie                einem Entspannungsgefäß (Abb. 1). Die Be-         den.
       einem Entspan-                   heizung des Aufschlussgefäßes erfolgt mittels        Für die Steam-Explosion-Vorbehandlungs-
       nungsgefäß.                      Sattdampf über Direktdampfzufuhr sowie Be-        versuche wurden 1000 g gehäckseltes, luft-
                                        heizung des Doppelmantels.                        getrocknetes Weizenstroh mit einem Feuchte-
                                           Die Temperatur- bzw. Druckentwicklung          gehalt von ca. 10 Gew.-% und 3000 g Wasser
       Die Temperatur-                  während der Aufheizphase wird über die bei-       im Dampfaufschlussgefäß überschichtet. Das
                                        den Temperaturmessungen am Deckel bzw.            Weizenstroh wurde mittels Elektro-Häcksler
       bzw. Druckmessun-
                                        Mantel online aufgezeichnet und visualisiert.     (Viking GE 365) mit 3,0 kW Anschlussleistung
       gen während der                  Nach Erreichen des gewünschten Temperatur-        über Flügelmesser, Reißnase und Kombi-Mes-
       Haltedauer lassen                bzw. Druckniveaus wird die Dampfzufuhr ver-       ser zerkleinert. Die Wägung aller Einsatzstoffe
                                        ringert und das Niveau in der Haltephase          (Wasser, gehäckseltes Stroh) und Produkte
       darauf schließen,
                                        durch die Dampfbeheizung des Doppelman-           (Kondensat, Vorhydrolysat) bildet die Basis für
       dass sich im unteren             tels konstant gehalten. Die Temperatur- bzw.      die Erstellung der Massenbilanz über die Vor-
       Konus des Auf-                   Druckmessungen während der Haltedauer             behandlung. Der Trockensubstanzgehalt der
       schlussgefäßes ein               lassen darauf schließen, dass sich im unteren     gehäckselten Strohproben sowie des Vorhydro-
                                        Konus des Aufschlussgefäßes ein größerer          lysats (homogene Fest/flüssig-Mischprobe)
       größerer Anteil Flüs-            Anteil Flüssigphase befindet und sich im          wurde mittels Trocknung bis zur Gewichtskon-
       sigphase befindet                oberen Bereich Sattdampfbedingungen ein-          stanz im Trockenschrank (Binder) bestimmt.
       und sich im oberen               stellen. Diese Bedingungen sind mit einem         Da die Massenverluste durch den schlagarti-
                                        Heißwasseraufschluss (Aquasolv-Verfahren) ver-    gen Transport der Biomasse in das Entspan-
       Bereich Sattdampf-               gleichbar [35]. Bei Ablauf der Haltedauer wird    nungsgefäß kaum bestimmbar sind, wurde
       bedingungen ein-                 die Dampfzufuhr zur Beheizung vollständig         zur repräsentativen Massenbilanzierung in Re-
       stellen.                         geschlossen und der Dampfaufschlussgefäßin-       ferenzversuchen das Druckgefäß über einen
                                        halt entspannt. In der Verbindungsleitung von     wassergekühlten Kondensator entspannt und
                                        Dampfaufschlussgefäß zu Entspannungsgefäß         das Vorhydrolysat aus dem Druckbehälter ent-
       Aufgrund der Vor-                ist ein elektromotorbetriebener Kugelhahn ein-    nommen und abgewogen. Eine repräsentative
       behandlungsbedin-                gebaut, der durch Öffnen die schlagartige Ent-    Probe des Strohs wurde zur Bestimmung mo-
                                        spannung (Steam Explosion) des Druckauf-          nomerer Zucker sowie des Ligningehalts nach
       gungen kann die                  schlussgefäßinhalts und dessen Transport          Wilke [36] aufgeschlossen. Die Bestimmung
       Methode als Heiß-                zum Entspannungsgefäß bewirkt. Durch die          von Glucose, Xylose, Arabinose, Mannose und
       wasseraufschluss                 schlagartige Entspannung und die damit ver-       Cellobiose (mg/L) erfolgt für das Vorhydrolysat
                                        bundene thermisch-mechanische Beanspru-           (Fest/flüssig-Gemisch) mittels HPLC (BioRad
       mit nachgeschalte-               chung erfolgt ein partieller Aufschluss des       AMINEX® HPX87H, Ion Exclusion Column,
       tem Steam-Explo-                 Rohmaterials. Das in das Fasermaterial inse-      300 mm × 7,8 mm, RI-2031 Plus Detektor). Es-
       sion-Prozess cha-                rierte überhitzte Wasser verdampft dabei ex-      sigsäure als Leitparameter der Carbonsäuren
                                        plosionsartig und reißt die Struktur des Pflan-   und Abbauprodukt von Glucose sowie Furfural
       rakterisiert werden.

                                         Technische Daten
                                         Elektrischer Anschlusswert
                                         Dampferzeuger:                     36 kW
                                         Dampfdauerleistung:             50,7 kg/h
                                         Max. zulässiger Druck
                                         Dampfaufschlussgefäß:              17 bar
                                         Max. zulässige Temperatur
                                         Dampfaufschlussgefäß:            + 220 °C
       Abbildung 1. Steam Explosion      Füllvolumen Aufschlussgefäß:      15 Liter
       Unit.

       www.cit-journal.de             © 2010 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim             Chemie Ingenieur Technik 2010, 82, No. 8
Chemie
    Ingenieur                                                                                                  Lignocellulose         1173
    Technik

bzw. HMF als Abbauprodukte bei der ther-             Aus Abb. 2 wird ersichtlich, dass durch kur-
mischen Zersetzung der Kohlenhydrate im           ze Vorbehandlungszeiten die Massenverluste
Vorhydrolysat wurden ebenfalls mittels HPLC       an Zuckermonomeren relativ gering gehalten
bestimmt.                                         werden können. Dem gegenüber steht ein ge-
                                                  ringerer Cellulosefaseraufschluss bei milden
                                                  Vorbehandlungsbedingungen. Mit steigenden
4     Diskussion der Ergebnisse                   Vorbehandlungstemperaturen bzw. Verweilzei-             Mit steigenden Vor-
                                                  ten erhöhen sich vor allem die Verluste an
                                                                                                          behandlungstempe-
Zu Optimierung der Vorbehandlung wurden           Pentosen (C5). Pyrolyse-, Oxidations- und De-
mehrere Versuchskampagnen unter Variation         hydrierungsreaktionen werden für den Zucker-            raturen bzw. Ver-
der Parameter Temperatur-Haltephase (160 –        abbau verantwortlich gemacht, wobei bei der             weilzeiten erhöhen
200 °C) und Dauer der Dampfbehandlung             Pyrolyse durch Abwesenheit von Sauerstoff               sich vor allem die
bzw. Dauer der Haltephase (5 – 20 min) mit        eine thermische Zersetzung des organischen
gleich bleibendem Masseverhältnis von Wei-        Materials stattfindet. Oxidation fördert den Ab-        Verluste an Pento-
zenstroh zu Wasser im Dampfaufschlussgefäß        bau der organischen Substanz zu Kohlen-                 sen (C5). Für längere
durchgeführt. Die Optimierung erfolgte dabei      dioxid und Wasser und trägt auch zu einer               Verweilzeiten bzw.
nach folgenden Kriterien:                         teilweisen Umwandlung von Pentosen zu Car-
– enzymatische Hydrolysierbarkeit des vorbe-      bonsäuren und anderen Abbauprodukten bei.
                                                                                                          steigende
  handelten Weizenstrohs durch Erhöhung           Für längere Verweilzeiten bzw. steigende Vor-           Vorbehandlungste-
  der spezifischen Oberfläche bzw. Verringe-      behandlungstemperaturen nimmt die Produk-               mperaturen nimmt
  rung der Cellulosekristallinität zur Maximie-   tion von Furfural und HMF durch Dehydrie-
                                                                                                          die Produktion von
  rung der Ausbeute monomerer Zucker (C6          rung von Pentosen und Hexosen zu [37].
  und C5),                                           Abb. 3 zeigt demgegenüber die stetige                Furfural und HMF
– Erhaltung der Pentosen im Vorhydrolysat         Zunahme der Abbauprodukte Furfural, Essig-              durch Dehydrierung
  bzw. Minimierung des Verlustes an Kohlen-       säure und Ameisensäure in Abhängigkeit                  von Pentosen und
  hydraten,                                       von der Vorbehandlungstemperatur und -dau-
– Minimierung der Bildung von Hydrolyse-          er im Rahmen der Serienversuche. Bei einer              Hexosen zu.
  bzw. Fermentationsinhibitorsubstanzen wie       eingesetzten Stoffdichte von 100 g/L in einem
  HMF,                                            nachgeschalteten enzymatischen Hydrolyse-
– hohe Cellulaseproduktion bei Einsatz der        versuch ergibt sich beispielsweise eine maxi-
  vorbehandelten Biomasse als Substrat zur        male Furfuralkonzentration von 150 mg/L bei
  Enzymproduktion.                                den untersuchten Vorbehandlungsbedingun-

Abbildung 2. Einfluss der Ausbeute bzw. Verluste monomerer Zucker durch die Steam-Explosion-Vorbehandlung von Weizenstroh.

Chemie Ingenieur Technik 2010, 82, No. 8          © 2010 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim              www.cit-journal.de
1174     Forschungsarbeiten                                                                                           J. Lindorfer et al.

       Abbildung 3. Entwicklung der Konzentration von Abbauprodukten bei verschiedenen Vorbehandlungsbedingungen.

                                     gen. Neben der fermentationsinhibierenden         zur Abtrennung des Ligninanteils identifiziert
                                     Wirkung begünstigt gebildetes Furfural als        [41]. Zu diesem Zweck ist vor allem der wir-
                                     organisches Lösungsmittel jedoch auch die         kungsvolle Einsatz von Lösungsmitteln wie
                                     Ligninentfernung [38]. Hohe Nebenprodukt-         Ethanol dokumentiert [13, 42]. Die quantitative
                                     konzentrationen würden eine Detoxifikation        Trennung der einzelnen Fraktionen mit
                                     des Hydrolysats bei hohen pH-Werten und er-       hohem Reinheitsgrad wird als entscheidend
                                     höhter Temperatur vorzugsweise mit Kalzium-       für die Verarbeitungsfähigkeit im nächsten
       Durch optimale Vor-           hydroxid (Ca(OH)2) und anschließender Heiß-       Prozessschritt angesehen [15]. Die Fraktionen
       behandlungsbedin-             filtration [39, 40] erforderlich machen. Durch    Hemicellulose und Cellulose können nach er-
                                     optimale Vorbehandlungsbedingungen kann           folgter Dampfbehandlung in wässriger Lösung
       gungen kann dem
                                     dem hohen Aufwand bzw. Chemikalieneinsatz         extrahiert werden [11].
       hohen Aufwand                 zur Abtrennung von fermentationshemmen-              In der großtechnischen Umsetzung der Vor-
       bzw. Chemikalien-             den Nebenprodukten wie Essigsäure, Furanen        behandlung mittels Steam Explosion wird die
       einsatz zur Abtren-           oder Phenolsäure aus der Polymerspaltung          präzise pH-Regelung zur Bestimmung des
                                     aus dem Weg gegangen werden.                      optimalen Behandlungsverlaufs (Behand-
       nung von fermen-                 Der pH-Wert sowie die Leitfähigkeit des Vor-   lungsdauer und Temperaturniveau), wie in
       tationshemmenden              hydrolysats wurden als eventuelle Führungs-       den gegenständlichen Versuchserien präsen-
       Nebenprodukten                größen zur Charakterisierung des Aufschluss-      tiert, ein wesentliches Erfolgskriterium darstel-
                                     grades der Vorbehandlung identifiziert            len. Die Überschreitung des optimalen End-
       wie Essigsäure,               (s. Abb. 4). Durch Abspaltung der Acetylgrup-     punktes führt unweigerlich zum Abbau von
       Furanen oder Phe-             pen der Hemicellulosen wird Essigsäure gebil-     Glucose vorrangig zu HMF bzw. anderen uner-
       nolsäure aus der              det, wodurch der pH-Wert auf bis zu 4 sinkt.      wünschten Nebenprodukten bzw. Fermenta-
                                     Synergetische Effekte sind bei Kombination        tionsinhibitoren bei nachgeschalteter enzyma-
       Polymerspaltung
                                     von Vorbehandlungsmethoden wie saurer Hy-         tischer Hydrolyse bzw. Fermentation. Zur
       aus dem Weg                   drolyse durch Zugabe von Schwefelsäure bei        besseren Imprägnierung und Erhöhung der
       gegangen werden.              der Dampfbehandlung beobachtet worden             Beschickungsdichte wären aus der Zellstoff-
                                     [19]. Durch diese Vorhydrolyse wird der Poly-     technik bekannte Packagingsysteme theore-
                                     merisationsgrad der Hemicellulosen um ca.         tisch einsetzbar. Zur Verbesserung der Wärme-
                                     30 % verringert und auch die Bindung zum          bilanz ist im Entspannungsgefäß nicht
                                     Lignin teilweise aufgelöst. Steam Explosion       kondensierter Abdampf in einem Brüden-
                                     wurde jedoch auch in den gegenständlichen         abscheider rückzugewinnen sowie das Input-
                                     Versuchsserien nicht als geeignetes Verfahren     verhältnis Biomassefeststoff zu Wasser unter

       www.cit-journal.de         © 2010 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim              Chemie Ingenieur Technik 2010, 82, No. 8
Chemie
 Ingenieur                                                                                                          Lignocellulose          1175
 Technik

Sicherstellung eines homogenen Aufschlusses
zu erhöhen. Bei einer Reduktion des Wasser-
anteils ist die Vorbehandlungsmethode stärker
dem Steam-Explosion- als dem Heißwasser-
aufschlussverfahren zuzuordnen. Für eine bio-
technologische Weiterarbeitung des Vorhydro-
lysats in einer großtechnischen Umsetzung
spielt eine sterile Prozessführung eine ent-
scheidende Rolle. Um Steam Explosion im Be-
reich der Vorbehandlung von Lignocellulose-
biomasse wirtschaftlich zu etablieren, geht die
Zielsetzung eindeutig zu einer maximalen
Ausbeute aller Wertstoffe, im Speziellen auch
der Hemicellulosebestandteile, ohne eine über-
mäßige Denaturierung der Zuckermonomere
                                                         Abbildung 4. pH-Wert des Vorhydrolysats bei ausgewählten Vorbehandlungsbedin-
und eine geringe Bildung von Nebenproduk-                gungen.
ten zu erreichen.
                                                         [12] X. F. Sun, F. Xuc, R. C. Sun, Y. X. Wanga,
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1176     Forschungsarbeiten                                                                                                     J. Lindorfer et al.

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       www.cit-journal.de     © 2010 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim                          Chemie Ingenieur Technik 2010, 82, No. 8
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