Vermeidung von Produktoxi dation durch H 2O2 in Isolatoren

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Vermeidung von Produktoxi dation durch H 2O2 in Isolatoren
Pharma

Syntegon bietet mehr als 25 Jahre Isolatorkompetenz aus einer Hand –
von der Abfüllmaschine bis zum Isolator, von der Biodekontamination
über die Lüftungstechnik bis hin zur Qualifizierung und
Validierung des Gesamtsystems.
© Syntegon

Vermeidung von Produktoxidation
durch H2O2 in Isolatoren
Auf die richtigen Analysen                                  Biopharmazeutika sind aus vielen Therapiebereichen nicht
kommt es an                                                 mehr wegzudenken. Doch mit zunehmenden Einsatzmöglich-
                                                            keiten steigt auch der Bedarf an Schutzmaßnahmen für die
                                                            parenteralen Produkte. In der aseptischen Herstellung setzen
                                                            Hersteller deshalb bevorzugt auf Isolatoren. Allerdings bergen
                                                            sie auch Risiken, z. B. durch die Einwirkung von Wasserstoff-
                                                            peroxid (H2O2), das zu Dekontaminationszwecken genutzt
                                                            wird. Thomas Kosian von Syntegon und Felix Heise von Merck
                                                            (EMD Serono) erklären, wie fundierte und gezielte Analysen
                                                            möglichen Gefahren entgegenwirken können.
Dr. Thomas Kosian          Dr. Felix Heise

Der wissenschaftlich-technische Fortschritt führt     in kleineren Chargen produzierte Präparate ein      peroxid (H2O2) als Standard etabliert. H2O2 ist eine
zu bahnbrechenden Entwicklungen bei biotechno-        hohes Maß an Flexibilität und Modularität. Inte-    recht stabile, flüssige Verbindung aus Wasserstoff
logisch hergestellten Medikamenten. Diese dienen      griertes Luftmanagement und optimierte Biode-       und Sauerstoff – und damit ein starkes Oxidati-
der Behandlung von Krebs, Autoimmunerkrankun-         kontamination spielen eine wesentliche Rolle, um    onsmittel, das sich aufgrund seines breiten Wirk-
gen oder seltenen Krankheiten, die nur eine kleine    Isolatoren flexibel in bestehende Gebäude- und      spektrums besonders gut zur Dekontamination
Patientengruppe betreffen. Allerdings erfordern       Reinraumkonzepte zu integrieren – und dabei         eignet. Nach dem Dekontaminationszyklus wird
diese hochwirksamen und teilweise sehr toxischen      sichere Produktionsprozesse zu gewährleisten.       das verbleibende H2O2 entweder durch Kataly-
Arzneimittel besondere Sicherheitsvorkehrungen                                                            satoren abgebaut oder durch Frischluft aus dem
und hermetisch abgeschlossene Produktionspro-         H2O2 – Sicherheit und Risikofaktor zugleich         Isolator befördert, um eine vertretbare Restkon-
zesse, um Mensch und Arzneimittel voreinander         Für die automatisierte Biodekontamination von       zentration zu erreichen. Aufgrund des rasanten
zu schützen. Gleichzeitig brauchen gerade neue,       Isolatoren hat sich die Begasung mit Wasserstoff-   Wachstums in der Biotech-Branche sind die An-

                                                                                                                             ReinRaumTechnik 1/2022    // 53
Vermeidung von Produktoxi dation durch H 2O2 in Isolatoren
Pharma

                                                                                                             Abfüllanlage, die insbesondere bei der Produktion
                                                                                                             kleiner Chargen mit häufigen Produktwechseln
                                                                                                             und/oder der Herstellung im Kampagnenbetrieb
                                                                                                             so kurz wie möglich gehalten werden sollten.

                                                                                                             Praxisfall Biotherapeutika
                                                                                                             Biologische Moleküle wie Hormone oder Antikör-
                                                                                                             per oxidieren leicht. Die Modifikation empfindli-
                                                                                                             cher Aminosäurereste wie Methionin, Tryptophan
                                                                                                             und Cystein beeinflusst deren physikalisch-che-
                                                                                                             mische Eigenschaften, und möglicherweise auch
                                                                                                             die Sekundär- und Tertiärstruktur des Proteins.
                                                                                                             Sämtliche Veränderungen können sich wiederum
                                                                                                             auf die Wirksamkeit und/oder Sicherheit des Pro-
                                                                                                             dukts auswirken. Wie empfindlich ein Arzneimittel
                                                                                                             reagiert, hängt von vielen Faktoren ab, darunter
                                                                                                             die individuellen Eigenschaften des Wirkstoffs wie
                                                                                                             Art, Anzahl und Lage der oxidierbaren Aminosäu-
                                                                                                             rereste und deren spezifische Auswirkungen auf
                                                                                                             die Pharmakodynamik und/oder Pharmakoki-
                                                                                                             netik. Auch formulierungsbezogene Parameter
                                                                                                             wie die Konzentration des Wirkstoffs und oxida-
                                                                                                             tionsempfindliche bzw. antioxidative Hilfsstoffe
Abb. 1: Bei Syntegon in Crailsheim stehen Labore für Tests und wissenschaftliche Untersuchungen zur Verfü-   wie Polysorbate und L-Methionin haben einen
gung, so dass alle Produkt- und Prozessparameter optimal aufeinander abgestimmt werden können. © Syntegon    Einfluss. Zudem wirken sich der Durchmesser
                                                                                                             des Behältnisses und insbesondere die (effektive)
                                                                                                             Größe seiner Öffnung auf die Diffusion von H2O2
                                                                                                             in die Produktlösung aus.
                                                                                                                 Neben diesen produktbezogenen Faktoren
                                                                                                             spielen auch die Abfüllanlage, die Technologie
                                                                                                             und der Prozess selbst eine wichtige Rolle. So
                                                                                                             müssen Hersteller bspw. die Zeit berücksichti-
                                                                                                             gen, in der offene und teilweise verschlossene
                                                                                                             Produkte einem Rest H2O2 ausgesetzt sind – ob
                                                                                                             bei der Abfüllung, bei Maschinenstopps oder bei
                                                                                                             der Pufferung abgefüllter Behältnisse im Isolator,
                                                                                                             ehe sie in den Gefriertrockner geladen werden.
                                                                                                             Silikonschläuche sind dafür bekannt, H2O2 auf-
                                                                                                             zunehmen und langsam wieder abzugeben, was
                                                                                                             zu einer nicht zu vernachlässigenden Migration an
                                                                                                             H2O2 in die Produktlösung führen kann, etwas bei
                                                                                                             Anlagenstillständen. Während der Befüllung kön-
                                                                                                             nen Stickstoffspülung und Überlagerung helfen,
                                                                                                             H2O2-Reste im Behältnis zu reduzieren.

                                                                                                             Auf die Analysen kommt es an
                                                                                                             Was gilt es bei der Dekontaminierung mit H2O2
                                                                                                             zu beachten? Auf den ersten Blick scheint es
                                                                                                             sinnvoll, einen allgemeinen Zielwert zu definie-
Abb. 2: Besonders bei neuen Linien sollten Dekontamination, Produktoxidation und die zulässige Restkonzen-   ren, der sich am empfindlichsten Produkt orien-
tration von H2O2 bereits in der Design- und Engineeringphase berücksichtigt werden, um deren Auswirkungen    tiert. Je nach Art der Exposition können bereits
auf die Zykluszeiten zu minimieren. © Syntegon                                                               0,03 ppm bestimmte Moleküle angreifen. Liegen
                                                                                                             keine Erfahrungen mit derartigen Produkten und
                                                                                                             Risiken vor, kann ein vorsichtiger Ansatz Phar-
forderungen an Abfüllmaschinen und Isolatoren          und kann sogar an Oberflächen wie Isolatorinnen-      maherstellern dabei helfen, auf der sicheren Seite
gestiegen, da viele Produkte sehr empfindlich auf      seiten oder Abfüllanlagen kondensieren. Gelangt       – und in der Regel weit unter dem geforderten
Restmengen von H2O2 reagieren. Innerhalb des           Wasserstoffperoxid in das flüssige Arzneimit-         Konzentrationsniveau – zu bleiben. Das führt al-
Isolators soll der Restwert typischerweise weni-       tel, kann er dort zu Oxidation führen. Während        lerdings zwangsläufig zu einer Belüftungsphase,
ger als 0,5 ppm (parts per million) betragen, ehe      Standard-Isolatoren mit einer Belüftungszeit von      die länger als vorgegeben dauert, Zeit kostet und
der Abfüllprozess beginnen kann. Der genaue            etwa einer Stunde eine Restkonzentration von          die Anlagenverfügbarkeit einschränkt.
Grenzwert hängt jedoch stark von der Empfind-          0,5 ppm erreichen können, sind bei besonders              Eine weitaus effizientere Lösung bietet die
lichkeit der Produkte ab und kann mit bis zu ca.       empfindlichen biopharmazeutischen Produkten           Kenntnis der wichtigsten Parameter. Wie re-
0,03 ppm auch deutlich niedriger ausfallen.            unter Umständen mehrere Stunden erforderlich,         agiert das Produkt auf H2O2? Welche Restkon-
    Trotz einer ausgiebigen Belüftungsphase ver-       um die Restkonzentration an H2O2 auf 0,03 ppm         zentration ist ohne Oxidationsrisiko zulässig? Mit
bleibt ein Teil des H2O2 in der Isolatoratmosphäre     zu reduzieren. Dies führt zu Stillstandzeiten der     Online-Messsystemen, die Dekontamination,

54 //     ReinRaumTechnik 1/2022
Vermeidung von Produktoxi dation durch H 2O2 in Isolatoren
Pharma

                                                                                                             Daten werden Produktlösungen für die Stabilitäts-
                                                                                                             studie, die die gleichen Endkonzentrationen wie
                                                                                                             die Surrogate aufweisen, mit verdünntem H2O2
                                                                                                             gespiked. Da das Produkt H2O2 recht schnell ver-
                                                                                                             brauchen kann, nutzt man eine Wasserprobe, die
                                                                                                             wie die Produktproben behandelt wird, um den
                                                                                                             Erfolg des Spiking-Verfahrens zu überprüfen.
                                                                                                                 Dieser zweigeteilte Ansatz erlaubt es Pharma-
                                                                                                             herstellern auch, sogenannt Uptake-Studien an
                                                                                                             ihren Anlagenpartner auszulagern, sofern dieser
                                                                                                             über die erforderliche Expertise sowie geeignete
                                                                                                             Prozess- und Analysentechnik verfügt. In diesem
                                                                                                             Fall werden nur die Spiking- und Stabilitätsstudien
                                                                                                             beim Pharmahersteller durchgeführt – ein Ansatz,
                                                                                                             den Merck und Syntegon bei verschiedenen Pro-
                                                                                                             jekten erfolgreich angewendet haben.

                                                                                                             Erfahrung sorgt für den idealen Prozess
                                                                                                             Trotz der hohen Sensitivität bestimmter Biophar-
Abb. 3: Die H2O2-Konzentration in der Produktlösung lässt sich nur durch analoge Experimente ermitteln und   mazeutika bleibt Wasserstoffperoxid die bevor-
ist in der laufenden Produktion nur schwer nachzuverfolgen. Dennoch können Untersuchungen einen Zusam-       zugte Methode für die Dekontamination von
menhang zwischen der Konzentration in der Luft und der Lösung herstellen. © Syntegon                         Isolatoren. Mit Erfahrung und entsprechenden
                                                                                                             Studien lässt sich sehr genau bestimmen, wie
                                                                                                             eine bestimmte Abfüllanlage ausgelegt und be-
Be-/Entlüftung und Produktion kontinuierlich           Isolator, der Veränderung des Luftvolumens und        trieben werden muss, um sie anschließend sicher
überwachen, kann im laufenden Prozess leider           der H2O2-Konzentration im Laufe der Zeit bis hin      und effizient zu dekontaminieren. Besonders bei
nur die luftgetragene Konzentration von H2O2 er-       zur Prozessdauer und der Expositionszeit von          neuen Linien sollten Dekontamination, Produkt­
mittelt werden. Darüber hinaus haben Sensoren          Stopfen und Behältnissen. Auch die verwende-          oxidation und die zulässige Restkonzentration
für die Routineüberwachung typischerweise eine         ten Materialien für Füllmaschinen und Isolatoren      von H2O2 bereits in der Design- und Engineering-
begrenzte Empfindlichkeit von 0,1 ppm, was bei         bieten Optimierungspotenzial. Materialien wie         phase berücksichtigt werden, um deren Auswir-
sehr sensiblen Produkten nicht ausreicht. Hier         Silikonschläuche oder Dichtungen absorbieren          kungen auf die Zykluszeiten zu minimieren.
muss der Dekontaminations- und Belüftungszy-           bekanntermaßen H2O2. Da sie es nur sehr lang-             Je mehr Biopharmazeutika auf den Markt
klus mit speziellen und sehr empfindlichen Sen-        sam wieder ausgasen, sollte ihr Einsatz bei der       kommen, desto umfangreicher wird die Erfahrung
soren validiert werden, den Produktionsanlagen         Verarbeitung sehr empfindlicher Produkte auf ein      im Umgang mit diesen Molekülen und mit ihren
in der Regel nicht vorhalten.                          Minimum reduziert werden.                             Herausforderungen im Abfüllprozess werden.
                                                                                                             Wer mit einem zuverlässigen Partner zusam-
Viele Faktoren bestimmen                               Detaillierte Untersuchungen                           menarbeitet, der über langjährige Erfahrung in der
die Rest­konzentration                                 Ideal, jedoch nicht in jedem Entwicklungslabor        Prozess- und Messtechnik, dem Isolatordesign
Die H2O2-Konzentration in der Produktlösung            möglich, ist die Simulation der Belastung mit         und Produkttests verfügt, kann diese Herausfor-
lässt sich hingegen nur durch analoge Experimen-       „luftgetragenem“ H2O 2 in einem Testisolator:         derungen erfolgreich meistern. Syntegon bietet
te ermitteln und ist in der laufenden Produktion       Offene Produkte können vorher festgelegten            mehr als 25 Jahre Isolatorkompetenz aus einer
nur schwer nachzuverfolgen. Dennoch können             Konzentrationen von Wasserstoffperoxid über           Hand – von der Abfüllmaschine bis zum Isolator,
Untersuchungen einen Zusammenhang zwischen             unterschiedliche Zeiträume ausgesetzt werden.         von der Biodekontamination über die Lüftungs-
der Konzentration in der Luft und der Lösung her-      Darüber hinaus lassen sich Prozessparameter           technik bis hin zur Qualifizierung und Validierung
stellen. Mit einer festen H2O2-Konzentration in der    wie die Zeit zwischen Befüllen und Verschließen,      des Gesamtsystems. Darüber hinaus stehen in
Luft und einer variablen Expositionsdauer ist es       Linienstillständen aufgrund von Eingriffen, sowie     Crailsheim Labore für Tests und wissenschaftliche
möglich, die Aufnahme von Wasserstoffperoxid in        das Puffern teilverschlossener Behältnisse beim       Untersuchungen zur Verfügung, so dass alle Pro-
das Produkt oder ein Surrogat zu bestimmen und         Beladen des Gefriertrockners berücksichtigen.         dukt- und Prozessparameter optimal aufeinander
die Bedingungen an der Maschine zu simulieren.         Aufgrund von Handhabungsproblemen (haupt-             abgestimmt werden können.
Arzneimittel- und Anlagenhersteller können so          sächlich manuelle Probenvorbereitung) liefert
den Dekontaminationsprozess bestehender Pro-           eine solche Studie jedoch oft nicht ausreichend
duktionslinien feinabstimmen. Gerade bei neuen         Proben für eine anschließende Stabilitätsstudie.
Linien tragen umfangreiche Produktkenntnisse           Die Aufteilung in eine Aufnahme- und eine se-
dazu bei, den Isolator noch genauer an die spe-        parate Spiking-Studie erweist sich daher als die      KONTAKT
zifischen Anforderungen anzupassen.                    praktikablere Alternative.                            Dr. Thomas Kosian
     Bei der Auslegung oder Optimierung eines              Erstere dient dazu, die Menge an H2O2 zu          Syntegon Technology GmbH, Crailsheim
Isolators kommt es darauf an, alle relevanten          bestimmen, die von einer Surrogatflüssigkeit          Tel.: +49 7951 402 471
Produkt-, Prozess- und Maschinenparameter zu           (typischerweise Wasser) unter den gleichen Ex-        thomas.kosian@syntegon.com
kennen. Ist die zulässige H2O2-Konzentration für       positionsbedingungen und in der gleichen Kon-         www.syntegon.com
ein bestimmtes Produkt und einen bestimmten            figuration (Füllvolumen, Behältnis, Teilverschluss)
Prozess bekannt, darf sie im qualifizierten und        wie das Produkt im Testisolator aufgenommen           Dr. Felix Heise
validierten Dekontaminationsprozess nicht über-        wird. Nur die Konzentration des gelösten H2O2         Merck KGaA – Healthcare (EMD Serono)
schritten werden. Auch hier spielen zahlreiche         wird mit einem empfindlichen analytischen Assay       Tel.: +41 58 432 3850
Faktoren eine Rolle – von der Art des Behältnis-       quantifiziert, z. B. einem Peroxidase-Assay mit ei-   felix.heise@merckgroup.com
ses und seines Füllvolumens, der Temperatur im         nem fluorogenen Substrat. Auf Grundlage dieser        www.merckgroup.com

                                                                                                                                ReinRaumTechnik 1/2022    // 55
Vermeidung von Produktoxi dation durch H 2O2 in Isolatoren
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