Verteilungswirkungen des Kinder bonus und der temporären Mehrwert steuersenkung im Jahr 2020* - ifo Institut

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FORSCHUNGSERGEBNISSE

Maximilian Blömer, Przemyslaw Brandt, Martin Mosler und Andreas Peichl

Verteilungswirkungen des Kinder­
bonus und der temporären Mehrwert­
steuersenkung im Jahr 2020*

Die Corona-Pandemie und die damit verbundenen                                                                                                     IN KÜRZE
gesundheitspolitischen Einschränkungen haben
zu drastischen negativen konjunkturellen Auswir-
kungen geführt. Damit verbunden sind Einschnitte                          Das im Sommer 2020 beschlossene Konjunkturprogramm be­
bei den verfügbaren Einkommen sowie finanzielle                           inhaltete Steuersenkungen, staatliche Transfers und Subven­
Mehrbelastungen der Privathaushalte. Um diesen                            tionen. In diesem Artikel werden die Verteilungswirkungen auf
negativen Effekten entgegenzuwirken, beschloss die
                                                                          das Einkommen und auf den Konsum von zwei der temporären
Bundesregierung eine Vielzahl finanzpolitischer Maß-
nahmen. Diese sollten sowohl angebots- als auch                           finanzpolitischen Instrumente untersucht. Die betrachteten
nachfrageseitige Transmissionskanäle der Wirtschaft                       Maßnahmen sind die Auszahlung des Kinderbonus und die tem­
adressieren und die Einkommensverlusts auf Haus-                          poräre Senkung der Umsatzsteuersätze. Für die Abschätzung
haltsseite abfedern. So beinhaltete das im Sommer                         der Verteilungswirkungen wurde auf das ifo-Mikrosimula­
2020 beschlossene Konjunkturprogramm Steuer-                              tionsmodell zurückgegriffen. Durch den Kinderbonus werden
senkungen, staatliche Transfers und Subventionen,
                                                                          die durchschnittlichen Haushaltseinkommen und Konsumaus­
deren Relevanz sich für verschiedene Personengrup-
pen – etwa Familien oder Haushalte ohne Kinder                            gaben gegenüber einem Ausgangsszenario ohne Reformmaß­
– unterscheidet.                                                          nahmen erhöht. Die Reformmaßnahmen tragen auch zu einer
     In diesem Artikel werden die Verteilungswirkun-                      Verbesserung der Ungleichheits- und Armutsmaße bei. Insbe­
gen von zwei temporären finanzpolitischen Instru-                         sondere werden Familien mit geringeren und mittleren Ein­
menten, die von der Bundesregierung als Teil des                          kommen, die besonders durch die Coronakrise belastet waren
Konjunkturpakets während der Corona-Pandemie
                                                                          und werden, relativ bessergestellt. Eine hälftige Weitergabe der
verabschiedet wurden, untersucht. Die betrachteten
Maßnahmen sind (i) die Auszahlung des Kinderbonus                         Mehrwertsteuersenkung steigert darüber hinaus den durch­
und (ii) die temporäre Senkung der Umsatzsteuer-                          schnittlichen Konsum um 0,4% pro Haushalt im Jahr 2020 im
sätze. Für die Abschätzung der Verteilungswirkungen                       Vergleich zum Ausgangsszenario ohne Reformmaßnahmen.
wurde auf das ifo-Mikrosimulationsmodell zurückge-                        In Kombination mit dem Kinderbonus dürfte die Konsum­
griffen. Das Modell bietet die Möglichkeit, die Effekte                   steigerung bei durchschnittlich 0,6% pro Haushalt liegen.
einzelner steuer- und transferpolitischer Maßnahmen,
isoliert vom übrigen ökonomischen Geschehen, zu
simulieren und Einblicke in die Verteilungswirkungen
der Maßnahmen zu erhalten. Für die Berechnungen                       2020 beschlossen und mit dem Zweiten Gesetz zur
werden die Daten des Sozio-oekonomischen Panels                       Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen (Zweites
(SOEP) und der Einkommens- und Verbrauchsstich-                       Corona-Steuerhilfegesetz) umgesetzt.
probe (EVS) verwendet. Aufgeschlüsselt nach ver-
schiedenen Haushaltstypen werden die Auswirkun-                       Kinderbonus
gen auf das Haushaltseinkommen, die Konsumaus-
gaben sowie auf Armuts- und Ungleichheitsmaße                         Der sogenannte Kinderbonus ist eine Sonderzahlung
dargestellt.                                                          in Höhe von einmalig 300 Euro für jedes Kind mit Kin-
                                                                      dergeldanspruch, aufgeteilt in zwei Auszahlungen in
UNTERSUCHTE MASSNAHMEN                                                Höhe von 200 Euro und 100 Euro. Der Bonus ist als
                                                                      sozial- und familienpolitische Maßnahme Teil des
Der Kinderbonus und die temporäre Senkung der Um-                     Corona-bedingten Konjunkturpakets der Bundesre­­
satzsteuer wurden im Koalitionsauschuss vom 3. Juni                   gierung. Die Auszahlung durch die Familienkasse er-
                                                                      folgte automatisch und ohne zusätzliche Beantragung
* Der Artikel basiert auf einer Kurzexpertise bezüglich der Vertei-   für jedes Kind, für das im Jahr 2020 mindestens in
lungswirkungen der finanzpolitischen Maßnahmen während der
Corona-Pandemie im Auftrag des Bundesministeriums der Finanzen.
                                                                      einem Monat Anspruch auf Kindergeld bestand. Somit
Die Kurzexpertise wurde Ende November 2020 abgeschlossen.             wurde der Kinderbonus auch für Kinder gezahlt, für

                                                                                 ifo Schnelldienst   2 / 2021   74. Jahrgang   10. Februar 2021   45
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     die zum Auszahlungszeitpunkt noch kein Anspruch                  Umsatzsteuersenkung
     oder kein Anspruch mehr auf Kindergeld bestand.
     Dies betraf in Summe etwa 18 Millionen Kinder und                Mit dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz wurde
     deren Familien.                                                  eine Absenkung des allgemeinen Umsatzsteuersatzes
          Ziel des Kinderbonus war es, Familien, die durch            von 19% auf 16% und des ermäßigten Umsatzsteuer­
     die Corona-bedingten Schul- und Kitaschließungen                 satzes von 7% auf 5% für den Zeitraum vom 1. Juli bis
     besonders belastet wurden, finanziell zu unterstüt-              zum 31. Dezember 2020 beschlossen. Entscheidend
     zen. Dabei sollten vor allem Familien mit geringe-               für die Anwendung ist der Zeitpunkt, wann eine Ware
     ren und mittleren Einkommen relativ bessergestellt               geliefert oder eine Dienstleistung vollständig erbracht
     werden. Zusätzlich wurde von einem kurzfristigen                 ist. Der Umsatzsteuersatz, der zu diesem Zeitpunkt
     Konjunkturimpuls durch erhöhte Konsumausgaben                    gilt, ist anzuwenden. Das gilt auch, wenn die Ware
     ausgegangen.                                                     oder Dienstleistung vorher ganz oder teilweise be-
          Der Kinderbonus wurde bei den Leistungen nach               zahlt worden ist (Bundesministerium der Finanzen
     dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), beim                 2020). Auch für Einfuhren im Zeitraum vom 1. Juli
     Kinderzuschlag und beim Wohngeld nicht als Einkom-               bis 31. Dezember 2020 galten für die Berechnung der
     men berücksichtigt. Beim Unterhaltsvorschuss wurde               Einfuhrumsatzsteuer die Steuersätze von 16% und
     der Kinderbonus nicht angerechnet. Auch im Rahmen                5% (Industrie- und Handelskammer München 2020).
     der Kostenbeteiligung für Leistungen der Kinder- und                  Vornehmliches Ziel der befristeten Umsatzsteu-
     Jugendhilfe nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch                ersenkungen war es, die gesamtwirtschaftliche Kon-
     (SGB VIII) blieb der Kinderbonus außer Betracht. Der             junkturlage durch eine Erhöhung der (inländischen)
     Anspruch auf das Kindergeld und somit auch auf                   Nachfrage zu unterstützen. Die Steuermaßnahme
     den Kinderbonus kann grundsätzlich nicht gepfän-                 sollte temporär branchenübergreifend Konsuman-
     det werden.1                                                     reize setzen, da für das Jahr 2021 mit einer wieder-
          Der Kinderbonus stellt kein steuerpflichtiges               einsetzenden Belebung der Wirtschaft gerechnet
     Einkommen dar. Der Kinderbonus war als Steuerver­                wird. Die temporären Umsatzsteuersenkungen ha-
     gütung Teil des steuerlichen Familienleistungsaus-               ben neben den Konsumauswirkungen zusätzlich die
     gleichs. Der Kinderbonus wird außerdem bei der so-               Sparentscheidungen von Haushalten beeinflusst und
     genannten Günstigerprüfung berücksichtigt. Dabei                 entfalten auch über diesen Kanal finanzielle Vertei-
     prüft das Finanzamt, ob Kindergeld und Kinderbo-                 lungswirkungen. Wir simulieren in diesem Artikel die
     nus oder die Entlastung aus den Kinderfreibeträgen               Untergrenze von Konsumanpassungen durch die Um-
     für die Familie günstiger sind. Je höher das zu ver-             satzsteuersenkungen. Aufgrund von möglichen Vor-
     steuernde Einkommen ist, desto günstiger wirken                  zieheffekten durch die absehbare Wiedererhöhung
     die Kinderfreibeträge. Familien, für die bisher das              der Umsatzsteuersätze mit Beginn 2021 könnten die
     Kindergeld für alle Kinder günstiger war als die Ent-            tatsächlichen temporären Konsumanpassungen 2020
     lastung durch die steuerlichen Kinderfreibeträge,                noch stärker ausgefallen sein.
     profitieren von dem Kinderbonus. Familien, für die                    Die Händler*innen und Dienstleister*innen konn-
     die Entlastung durch die Kinderfreibeträge für min-              ten die niedrigere Umsatzsteuer grundsätzlich an die
     destens ein Kind zwar größer war als das Kindergeld,             Verbraucher*innen weitergeben, so dass Waren und
     jedoch geringer ausfällt als die Summe aus Kinder-               Dienstleistungen preiswerter wurden. Die Unterneh-
     geld und Kinderbonus, profitieren nur anteilig vom               men waren hierzu nicht verpflichtet. Der Umfang der
     Kinderbonus. Familien, für die die Entlastung durch              Weitergabe an die Verbraucher*innen hat sich indivi-
     die Kinderfreibeträge für alle Kinder größer ist als die         duell aus dem spezifischen Marktgleichgewicht erge-
     Summe aus Kindergeld und Kinderbonus, profitieren                ben. Montag et al. (2020) gehen anhand von Benzin-
     im Ergebnis nach der Einkommensteuerveranlagung                  preisen von einer Weitergabe der Umsatzsteuersen-
     für 2020 nicht vom Kinderbonus. Gleichzeitig wird                kungen in Deutschland seit Juli 2020 von etwa 40 bis
     bei getrenntlebenden Eltern beiden Elternteilen das              83% aus. Fuest et al. (2020) schätzen, dass speziell
     Kindergeld, der Kinderbonus und der Kinderfreibetrag             bei den Preisen in deutschen Supermärkten die Steu-
     für das gemeinsame Kind jeweils zur Hälfte zugerech-             ersenkungen vollständig weitergegeben wurden. Die
     net (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen             Deutsche Bundesbank (2020) geht von einer Weiter-
     und Jugend 2020).                                                gabe in Höhe von etwa 60% aus.3 Für diesen Artikel
          Der im Jahr 2020 ausgezahlte Kinderbonus ähnelt
                                                                      3
                                                                         In einer Studie von Behringer und Dullien (2020) wurden Erwerbs-
     in seiner Struktur grundsätzlich dem Kinder­b onus               personen nach ihren Erwartungen gefragt, inwiefern die Unterneh-
     in Höhe von 100 Euro, der bereits im April 2009 im               men die Steuersenkungen in Form niedrigerer Preise weitergeben.
                                                                      Etwa 35% der Befragten erwarteten keine Weitergabe der Steuersen-
     Rahmen des Konjunkturpakets II zur Bewältigung der               kung, ca. 58% eine teilweise Weitergabe und etwa 6% eine überwie-
     Rezession der Jahre 2008/2009 ausgezahlt wurde.2                 gende Weitergabe. Frühere Studien von Umsatzsteuerreformen in
                                                                      verschiedenen Ländern haben die Weitergabe auf etwa die Hälfte für
     1
       Einzige Ausnahme ist die Pfändung wegen gesetzlicher Unter-    Friseurdienstleistungen (Kosonen 2015), 45% für Restaurants
     haltsansprüche des betroffenen Kindes.                           (Benzarti und Caloni 2019), eine fast vollständige Weitergabe bei
     2
       Für eine Untersuchung der Verteilungswirkungen des Kinderbo-   Internetdienstleistungen sowie Schweine- und Hühnerfleisch (Ván
     nus 2009, in Kombination mit anderen Maßnahmen zur Bewältigung   und Olah 2018), Obst und Gemüse (Nipers et al. 2019) sowie Lebens-
     der Krise 2008/2009, siehe Blömer et al. (2015).                 mitteln generell (Gaarder 2019) geschätzt.

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gehen wir von einer hälftigen Weitergabe der Um-                   Status quo im Jahr 2020 zu berücksichtigen, simulie-
satzsteuersenkungen an die Verbraucher*innen aus.                  ren wir die Änderungen des Arbeitsvolumens und der
                                                                   Löhne zwischen beiden Jahren.
IFO-MIKROSIMULATIONSMODELL                                              Zusätzlich wird die Einkommens- und Verbrauchs-
                                                                   stichprobe (EVS) genutzt, um die Verteilungswirkun-
Für die Berechnungen wird das ifo-Mikrosimulations-                gen von indirekten Steuerarten auf Konsumausga-
modell in der Variante ifo-MSM-TTL4 verwendet. Das                 ben zu modellieren. Die EVS ist eine amtliche Statis-
ifo-Mikrosimulationsmodell erlaubt es ceteris paribus              tik über die Lebensverhältnisse privater Haushalte
abzuschätzen, wie sich strukturelle Veränderungen                  in Deutschland (Statistische Ämter des Bundes und
im Steuer- und Transfersystem auf individuelle Ein-                der Länder 2020), wobei ein Fokus auf Ausgaben für
kommensverhältnisse auswirkt. Im Ausgangsszena-                    Gebrauchs- und Haushaltsgüter liegt. Sie wird seit
rio für diesen Artikel gehen wir von einer Welt aus,               den 1960er Jahren etwa alle fünf Jahre durchgeführt,
in der der Kinderbonus nicht ausgezahlt wurde und                  wobei diese Analyse auf den neuesten Daten von 2018
es zu keiner temporären Senkung der Umsatzsteu-                    beruht. Etwa 60 000 private Haushalte in Deutschland,
ersätze kam.                                                       davon ca. 13 000 Haushalte in den neuen Bundeslän-
     Für die Simulation der betrachteten Maßnahmen                 dern, führen über einen 3-Monats-Zeitraum Buch über
wird vom Rechtsstand 2020 ausgegangen. Die Dar-                    ihre Ausgaben.
stellung von Verteilungswirkungen zeigt prinzipiell                     Die Repräsentativität und die dargestellte Ein-
die Maßnahmen in der vollen Jahreswirkung für das                  kommensverteilung zwischen SOEP und EVS unter-
Jahr 2020.                                                         scheidet sich, vor allem da die EVS sehr niedrige und
     Verhaltenseffekte auf das Arbeitsangebot oder                 hohe Einkommen nur unterdurchschnittlich darstellt
die Arbeitsnachfrage wurden explizit nicht berück-                 (siehe dazu auch Becker et al. 2003). Um Konsum­
sichtigt. Neben der besonderen Arbeitsmarktsitua-                  ausgaben und insbesondere die Verteilungswirkun-
tion ist eine Berücksichtigung der Verhaltenseffekte               gen indirekter Steuerarten abzubilden, werden die
in Reaktion auf die Maßnahmen im Rahmen des Mik-                   SOEP- und EVS-Datenbanken mittels umfangreicher
rosimulationsmodells nur für strukturelle Reformen                 Haushaltscharakteristika verknüpft. Für die Verknüp-
sinnvoll, die von dauerhafter Natur sind. Bei tem-                 fung nutzen wir den Ansatz von Decoster et al. (2013).
porären Transferelementen wie dem Kinderbonus,
der mit der finanziellen Entlastung von Familien in                ERGEBNISSE
einem bestimmten Zeitraum ein temporäres Vertei-
lungsziel hat, stellt sich überdies die Frage nach Ar-             Im Folgenden werden die Verteilungswirkungen der
beitsangebotsanpassungen in nur geringerem Um-                     Maßnahmen auf das durchschnittliche Haushaltsein-
fang. Es wird ferner eine zum Vorjahr unveränderte                 kommen und die Konsumausgaben für verschiedene
wirtschaftliche Konjunkturlage angenommen. Vor                     Haushalte als Veränderung zu einem Ausgangssze-
dem Hintergrund der kaum abbildbaren Änderung                      nario ohne diese Maßnahmen dargestellt. Wir unter-
der gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen                       scheiden die Verteilungswirkungen nach bestimmten
(u.a. Ausweitung der Kurzarbeit, Telearbeit, Reduk-                Haushaltstypen (alleinstehend, alleinerziehend, Paar
tion der Geschäftstätigkeit während der Lockdowns,                 ohne Kinder sowie Paar mit Kindern), nach der An-
branchenspezifische Unterschiede usw.) musste diese                zahl der Kinder sowie nach äquivalenzgewichteten
Vereinfachung getroffen werden. Etwaige Einschrän-                 Einkommensdezilen.
kungen der Aussagekraft der simulierten Effekte in                      Außerdem werden Änderungen von Armuts- und
Bezug auf das Jahr 2020 gilt es, bei der Interpretation            Ungleichheitsmaßen dargestellt. Dabei handelt es sich
der Ergebnisse zu berücksichtigen.                                 um den Gini-Koeffizienten, das Verhältnis des neun-
                                                                   ten zum ersten Dezil des verfügbaren Einkommens
Daten                                                              (P90-P10-Verhältnis) sowie die Armutsrisikoquote als
                                                                   Anteil der Personen mit einem Äquivalenzeinkommen
Als grundlegende Datenquelle für die Simulation dient              von weniger als 60% vom Median der Äquivalenzein-
die aktuelle Welle des Sozio-oekonomischen Panels                  kommen der Gesamtbevölkerung. Alle Maße beziehen
(SOEP) aus dem Jahr 2018 (v35), das Einkommensinfor-               sich auf das Haushaltseinkommen.
mationen aus dem vorangehenden Jahr abfragt (DIW                        Im Folgenden werden die Verteilungswirkungen
2019; Goebel et al. 2019). Die repräsentative Stichprobe           auf die durchschnittlichen Haushaltseinkommen (vgl.
der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland umfasst                 Tab. 1) und auf die Konsumausgaben durch die Aus-
derzeit über 30 000 Personen in rund 15 000 privaten               zahlung des Kinderbonus und der Senkung der Um-
Haushalten. Um mögliche Verhaltensreaktionen auf-                  satzsteuersätze getrennt aufgeführt (vgl. Tab. 3).
grund der Reformen zwischen dem Datenjahr und dem
4
   Das ifo-MSM-TTL bildet zusammen mit dem ifo Tax Return Micro­
                                                                   Verteilungswirkungen des Kinderbonus
simulation Model (ifo-MSM-TA) das ifo General Microsimulation
Model (ifo-MSM). Die vorliegenden Ergebnisse beruhen auf der
ifo-MSM-TTL-Variante. Für eine Dokumentation des Modells siehe
                                                                   Bezogen auf das Durchschnittseinkommen aller Haus-
Blömer und Peichl (2020)                                           halte, also auch derer ohne Kinder, erhöht der Kinder-

                                                                              ifo Schnelldienst   2 / 2021   74. Jahrgang   10. Februar 2021   47
FORSCHUNGSERGEBNISSE

                                 Tab. 1                                                                    höhung des Einkommens um etwa 1,2%. Die Konsum­
                                 Veränderung des verfügbaren Haushaltseinkommens                           ausgaben steigen um etwa 0,9% verglichen mit dem
                                 aufgrund des Kinderbonus                                                  Ausgangsszenario. Im dritten Einkommensdezil liegen
                                                                     Änderung zum Ausgangsszenario         die Werte bei einem absoluten Zuwachs um 0,6 und
                                                                        in Euro               in Prozent   0,4%. Erst ab dem neunten Einkommensdezil sinken
                                 Gesamt                                 89,73                     0,24     die Zuwächse beim durchschnittlichen Nettohaus-
                                 Nach Haushaltstyp                                                         haltseinkommen und dem Konsum merklich.
                                   Alleinerziehend                      434,40                    1,44           Tabelle 2 gibt die Veränderung der Armuts- und
                                   Paar mit Kindern                     414,11                    0,75
                                                                                                           Ungleichheitsmaße bezogen auf das verfügbare
                                                                                                           Haushaltseinkommen aufgrund der Auszahlung des
                                 Nach Anzahl der Kinder
                                                                                                           Kinderbonus an. Durch den Kinderbonus sinkt der
                                   Ein Kind                             256,41                    0,54
                                                                                                           Gini-Koeffizient gegenüber dem Ausgangsszenario
                                   Zwei Kinder                          485,26                    0,89
                                                                                                           bezogen auf die Haushaltseinkommen um 0,2 Pro-
                                   Drei Kinder                          769,03                    1,49     zentpunkte. Das P90-P10-Verhältnis sinkt bezogen
                                 Nach Einkommensdezil (äquivalenzgewichtet)                                auf das Einkommen um 0,038. Der Kinderbonus er-
                                   1. Dezil                             156,55                    1,21     höht insbesondere in den unteren und mittleren Ein-
                                   2. Dezil                             178,27                    0,86     kommensdezilen das Nettohaushaltseinkommen. Der
                                   3. Dezil                             146,24                    0,61     Kinderbonus hat auch einen Einfluss auf das Medi-
                                   4. Dezil                             123,19                    0,45     aneinkommen. So erhöht sich auch die Armutsrisi-
                                                                                                           koschwelle, wodurch mehr Personen rein mecha-
                                   5. Dezil                              89,56                     0,3
                                                                                                           nisch unter die Armutsschwelle fallen können. Die
                                   6. Dezil                              72,18                    0,21
                                                                                                           Armutsschwelle, gemessen am Äquivalenzeinkom-
                                   7. Dezil                              65,82                    0,18
                                                                                                           men, steigt durch den Kinderbonus um 3,50 Euro pro
                                   8. Dezil                              50,34                    0,12
                                                                                                           Monat. Trotz dieser technischen Verschiebung, ab
                                   9. Dezil                              22,43                    0,04     wann ein Haushalt als vom Armutsrisiko betroffen
                                   10. Dezil                             11,11                    0,01     gilt, verringert sich das relative Maß der Armutsrisiko-
                                 Quelle: ifo-Mikrosimulationsmodell (ifo-MSM-TTL).                         quote um 0,4 Prozentpunkte. Durch die gleichmäßige
                                                                                                           absolute Höhe des Kinderbonus und die Nichtanrech-
                                bonus das verfügbare Einkommen um etwa 90 Euro,                            nung auf SGB-II-Leistungen können viele Haushalte
                                was einer Erhöhung um etwa 0,2% verglichen mit dem                         über die Armutsrisikoschwelle gehoben werden,
                                Ausgangsszenario entspricht (vgl. Tab. 1). Der Kon-                        und das Maß für relative Armut verringert sich
                                sum erhöht sich ebenfalls um etwa 0,2% (vgl. Tab. 3).                      deutlich. Reformgemäß reagiert die Kinderarmuts-
                                Haushalte ohne Kinder weisen per Definition keine                          risikoquote am stärksten, sie sinkt um 1,5 Prozent-
                                Änderungen beim Einkommen oder bei den Konsum­                             punkte.
                                ausgaben auf. Alleinerziehende und Paarhaushalte
                                mit Kindern profitieren im Durchschnitt von mehr als                       Umsatzsteuersenkung mit hälftiger Weitergabe
                                400 Euro bezogen auf das verfügbare Haushaltsein-
                                kommen. Aufgrund des geringeren durchschnittlichen                         Um die Verteilungswirkungen der temporären Um-
                                Einkommens profitieren Alleinerziehende relativ mit                        satzsteuersenkungen für verschiedene Haushalte
                                einem Anstieg um knapp 1,5% deutlich, während                              darzustellen, wird in diesem Abschnitt eine hälf-
                                Paarhaushalte mit Kindern ein Plus von etwa 0,75%                          tige Weitergabe der Steuerersparnis an die Konsu-
                                verzeichnen. Generell ist die positive Wirkung des Kin-                    ment*innen, ohne Berücksichtigung des Kinderbo-
                                derbonus bei Haushalten mit mehr Kindern verständ-                         nus, angenommen. Im Modell ändern sich die Haus-
                                licherweise größer.                                                        haltseinkommen durch die Reform der indirekten
                                     Die höchsten relativen Zuwächse beim Haus-                            Steuer nicht, weshalb sie nicht separat angegeben
                                haltseinkommen weisen Haushalte in den unteren                             werden. Es werden daher nur Konsumausgaben be-
                                Einkommensdezilen auf. Der Kinderbonus bewirkt                             trachtet.
                                bei Haushalten im ersten Einkommensdezil eine Er-                               Wird die Hälfte der Umsatzsteuersenkungen an
                                                                                                           die Verbraucher*innen weitergegeben, so liegt der
Tab. 2
                                                                                                           Zuwachs beim Konsum bei 0,4%. Verglichen mit ei-
Armuts- und Ungleichheitsmaße, Kinderbonus                                                                 ner vollständigen Weitergabe der Steuerersparnis
                                                                                                           profitieren zwar weiterhin die gleichen Haushalts-
                                                                 Veränderung zum Ausgangsszenario
                                                                                                           gruppen am meisten (d.h. Alleinstehende, Allein-
Gini-Koeffizient, in Prozent                                                         – 0,2
                                                                                                           erziehende und Haushalte mit keinem oder einem
P90-P10-Verhältnis                                                                – 0,038
                                                                                                           Kind), jedoch ist der relative Zugewinn auch nur
Armutsrisikoschwelle, in Äquivalenzeinkommen                                  3,50 Euro/Monat              etwa halb so hoch: Für alle betrachteten aggre-
Armutsrisikoquote, in Prozent                                                        – 0,4                 gierten Haushaltsgruppen liegen die Konsumausga-
Kinderarmutsrisikoquote, in Prozent                                                  – 1,5                 ben um etwa 0,4 bis 0,5% höher als im Ausgangs-
Quelle: ifo-Mikrosimulationsmodell (ifo-MSM-TTL).                                                          szenario.

                       48       ifo Schnelldienst   2 / 2021   74. Jahrgang    10. Februar 2021
FORSCHUNGSERGEBNISSE

Kinderbonus und Umsatzsteuersenkung mit                  Tab. 3
hälftiger Weitergabe                                     Veränderung des Konsums aufgrund der Reformmaßnahmen
                                                                                                        Änderung zum Ausgangsszenario, in Prozent
Die Verteilungswirkungen der Auszahlung des Kin-                                             Kinderbonus               Hälftige Weitergabe         Kinderbonus und
derbonus in Kombination mit den Umsatzsteuer-                                                                          der MwSt.-Senkung          hälftige Weitergabe
                                                                                                                                                  der MwSt.-Senkung
senkungen unter der Annahme einer hälftigen Wei-
                                                         Gesamt                                   0,20                        0,44                       0,64
tergabe stellen sich wie folgt dar: Der Konsuman-
stieg beträgt im Modell etwa 0,6% gegenüber dem          Nach Haushaltstyp

Ausgangsszenario. Abermals profitieren relativ ge-         Alleinstehend                          0,00                        0,46                       0,46
sehen Alleinerziehende mit einem Konsumzuwachs             Alleinerziehend                        1,15                        0,44                       1,60
von 1,6% und Haushalte mit drei Kindern mit einem          Paar ohne Kinder                       0,00                        0,42                       0,42
Zuwachs von 1,7% überdurchschnittlich stark. Bei           Paar mit Kindern                       0,64                        0,42                       1,06
der Unterscheidung nach Einkommensdezilen kön-           Nach Anzahl der Kinder
nen Haushalte im ersten Dezil ihren Konsum mit
                                                           Ohne Kinder                            0,00                        0,44                       0,44
1,4% am deutlichsten gegenüber dem Ausgangs­
                                                           Ein Kind                               0,47                        0,43                       0,90
szenario steigern. Erst ab dem siebten Einkommens-
                                                           Zwei Kinder                            0,76                        0,42                       1,18
dezil fällt der Zuwachs beim Konsum geringer als
0,6% aus.                                                  Drei Kinder                            1,26                        0,41                       1,67

     Die Haushaltseinkommen werden abermals nur          Nach Einkommensdezil (äquivalenzgewichtet)

durch den Kinderbonus beeinflusst und daher nicht          1. Dezil                               0,93                        0,45                       1,38
separat ausgewiesen, die Konsumänderungen wer-             2. Dezil                               0,63                        0,47                       1,10
den jedoch durch beide fiskalischen Maßnahmen              3. Dezil                               0,44                        0,47                       0,91
bewirkt. Die Summe der beiden Teilmaßnahmen ist            4. Dezil                               0,32                        0,46                       0,78
in etwa so groß wie der Effekt beider Maßnahmen            5. Dezil                               0,21                        0,46                       0,66
gemeinsam.
                                                           6. Dezil                               0,15                        0,45                       0,60
     Tabelle 3 gibt die Veränderung der Armuts- und
                                                           7. Dezil                               0,12                        0,44                       0,56
Ungleichheitsmaße bezogen auf das verfügbare Haus-
                                                           8. Dezil                               0,08                        0,44                       0,52
haltseinkommen aufgrund der Auszahlung des Kin-
derbonus an.                                               9. Dezil                               0,03                        0,42                       0,45

     Durch den Kinderbonus sinkt der Gini-Koeffi­zient     10. Dezil                              0,01                        0,39                       0,40
gegenüber dem Ausgangsszenario bezogen auf die           Quelle: ifo-Mikrosimulationsmodell (ifo-MSM-TTL).

Haushaltseinkommen um 0,2 Prozentpunkte. Das
P90-P10-Verhältnis sinkt bezogen auf das Einkom-         Senkung der Umsatzsteuersätze. Die beiden fiska-
men um 0,038.                                            lischen Maßnahmen waren im Rahmen des Zweiten
     Der Kinderbonus erhöht insbesondere in den          Corona-Steuerhilfegesetzes Teil der finanzpolitischen
unteren und mittleren Einkommensdezilen das              Antwort der deutschen Bundesregierung auf die Be-
Netto­haushaltseinkommen. Der Kinderbonus hat            lastungen durch die Corona-Pandemie.
auch einen Einfluss auf das Medianeinkommen.                  Durch den Kinderbonus werden die durchschnitt-
So erhöht sich auch die Armutsrisikoschwelle, wo-        lichen Haushaltseinkommen und Konsumausgaben
durch mehr Personen rein mechanisch unter die Ar-        gegenüber einem Ausgangsszenario ohne Reformmaß-
mutsschwelle fallen können. Die Armutsschwelle,          nahmen deutlich erhöht. Über alle Haushalte hinweg
gemessen am Äquivalenzeinkommen, steigt durch            steigt das Einkommen um etwa 90 Euro. Verständ-
den Kinderbonus um 3,50 Euro pro Monat. Trotz die-       licherweise profitieren Haushalte stärker, je mehr
ser technischen Verschiebung, ab wann ein Haus-          Kinder sie haben. Der Kinderbonus bewirkt bei Haus-
halt als vom Armuts­r isiko betroffen gilt, verringert   halten im ersten Einkommensdezil eine Erhöhung
sich das relative Maß der Armutsrisikoquote um           des Einkommens um etwa 1,2% und bei den Kon-
0,4 Prozentpunkte. Durch die gleichmäßige abso-          sumausgaben um etwa 0,9% verglichen mit dem
lute Höhe des Kinderbonus und die Nichtanrech-           Ausgangs­s zenario. Im dritten Einkommensdezil lie-
nung auf SGB-II-Leistungen können viele Haus-            gen die Werte bei 0,6 und 0,4%. Erst ab dem ach-
halte über die Armutsrisikoschwelle gehoben wer-         ten Einkommensdezil liegen die relativen Zuwächse
den, und das Maß für relative Armut verringert sich      bei Einkommen und Konsum unter 0,1%. Damit wer-
deutlich. Reformgemäß reagiert die Kinderarmuts-         den vor allem Familien mit geringeren und mittle-
risikoquote am stärksten, sie sinkt um 1,5 Prozent-      ren Einkommen, die besonders durch die Corona­
punkte.                                                  krise belastet waren und werden, relativ besser-
                                                         gestellt.
FAZIT                                                         Die empirische Frage, in welchem Umfang die
                                                         gegenwärtige, temporäre Senkung der Umsatzsteu-
In diesem Artikel untersuchen wir die Verteilungs­       ersätze an die Endverbraucher*innen weitergegeben
wirkungen des Kinderbonus und der temporären             wird, ist noch nicht abschließend geklärt. Basierend

                                                                         ifo Schnelldienst   2 / 2021   74. Jahrgang    10. Februar 2021     49
FORSCHUNGSERGEBNISSE

     auf ersten empirischen Studien, nehmen wir eine hälf-            mehr nur temporär gestaltet, werden jedoch Verhal-
     tige Weitergabe der Steuersenkungen an die Verbrau-              tensanpassungen wichtiger, die bei einer einmaligen
     cher*innen an.                                                   Leistung zu vernachlässigen sind.
          Wird die Steuersenkung vollständig weiterge­
     geben, steigt der durchschnittliche Konsum um                    LITERATUR
     0,9% pro Haushalt im Jahr 2020. Bei einer hälftigen              Becker, I., J. Frick, M. Grabka, R. Hauser, P. Krause und G. Wagner (2003),
     Weitergabe steigt der durchschnittliche Konsum um                »A Comparison of the Main Household Income Surveys for Germany: EVS
                                                                      and SOEP«, in: R. Hauser und I. Becker (Hrsg.), Reporting in Income Dis-
     0,4% pro Haushalt im Jahr 2020 im Vergleich zum Aus-             tribution and Poverty: Springer Berlin, Heidelberg, 55–90.
     gangsszenario ohne Reformmaßnahmen. Alleinste-                   Behringer, J. und S. Dullien (2020), »Wie effektiv sind Mehrwertsteuer-
     hende, Alleinerziehende und Haushalte mit keinem                 senkung und Kinderbonus im Konjunkturpaket? Erste Erkenntnisse aus
                                                                      der HBS-Erwerbstätigenbefragung«, IMK Policy Brief, Düssledorf.
     oder einem Kind sowie Haushalte in den unteren Ein-
                                                                      Benzarti, Y. und D. Carloni (2019), »Who Really Benefits from Consump-
     kommensdezilen profitieren relativ gesehen mit dem               tion Tax Cuts? Evidence from a Large VAT Reform in France«, American
     größten Zuwachs an Konsumausgaben. Diese Kon-                    Economic Journal: Economic Policy 11(1), 38–63.

     sumanpassungen durch die Umsatzsteuersenkungen                   Blömer, M. J., M. Dolls, C. Fuest, M. Löffler und A. Peichl (2015), »German
                                                                      Public Finances through the Financial Crisis«, Fiscal Studies 36, 453–474.
     stellen dabei eine untere Grenze dar, da im Modell
                                                                      Blömer, M. und A. Peichl (2020), »The ifo Tax and Transfer Behavioral
     keine Vorzieheffekte durch die erwartete Erhöhung                Microsimulation Model«, ifo Working Paper Nr. 335.
     der Umsatzsteuersätze im nächsten Jahr berücksich-               Bundesministerium der Finanzen (2020), »Umsatzsteuer: Befristete
     tigt werden.                                                     Absenkung des allgemeinen und ermäßigten Umsatzsteuersatzes
                                                                      zum 1. Juli 2020«, Rundschrift GZ III C 2 – S 7030/20/10009:004 DOK
          In einem letzten Schritt wurden die kombinierten            2020/0610691, Berlin.
     Verteilungswirkungen von der Auszahlung des Kinder-              Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2020),
     bonus und der temporären Umsatzsteuersenkungen                   »Fragen und Antworten zum Kinderbonus«, verfügbar unter:
                                                                      https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/corona-pandemie/
     betrachtet. Bei einer hälftigen Weitergabe der Steu-             finanzielle-unterstuetzung/faq-kinderbonus
     ersenkung erhöht sich der Konsum zusammen mit                    Decoster, A., R. Ochmann und K. Spiritus (2013), »Integrating Indirect
     dem Kinderbonus unseren Modellrechnungen nach um                 Taxation into EUROMOD – Documentation and Results for Germany«,
                                                                      EUROMOD Working Paper EM.
     um 0,6%. Bei den durchschnittlichen Haushaltstypen
                                                                      Deutsche Bundesbank (2020), Monatsbericht November, verfügbar unter:
     fallen die Konsumauswirkungen mit einem Zuwachs                  https://www.bundesbank.de/resource/blob/850696/b6c863948ae0d-
     von 1,6 Prozentpunkten für Alleinerziehende deutlich             d5817e6f63bcfb807a4/mL/2020-11-monatsbericht-data.pdf.
     aus. Haushalte mit drei Kindern profitieren mit einem            DIW – Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (2019), »Sozio-Oeko-
                                                                      nomisches Panel (SOEP): Daten der Jahre 1984–2018 – Version 35«, DOI:
     durchschnittlichen Konsumzuwachs von etwa 1,7 Pro-               10.5684/soep-core.v35
     zentpunkten erwartungsgemäß am meisten. Bei der                  Fuest, C., F. Neumeier und D. Stöhlker (2020), »Die Preiseffekte der
     Unterscheidung nach Einkommens­dezilen dürften                   Mehrwertsteuersenkung in deutschen Supermärkten: Eine Analyse für
                                                                      mehr als 60 000 Produkte«, ifo Schnelldienst digital 1(13), 9. November.
     Haushalte im ersten Dezil ihren Konsum 1,4 Prozent-
                                                                      Gaarder, I. (2019), »Incidence and Distributional Effects of Value Added
     punkten am deutlichsten gegenüber dem Ausgangs-                  Taxes«, The Economic Journal 129(618), 853–876.
     szenario steigern.
                                                                      Goebel, J., M. Grabka, S. Liebig, M. Kroh, D. Richter, C. Schröder und
          Die Reformmaßnahmen tragen auch zu einer er-                J. Schupp (2019), »The German Socio-Economic Panel Study (SOEP)«,
                                                                      Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik 239 (2), 345–360.
     wünschten Änderung der Ungleichheits- und Armuts-
     maße bei. Der Gini-Koeffizient sinkt bezogen auf die             Industrie- und Handelskammer München (2020), »Befristete Absenkung
                                                                      der Umsatzsteuer für den Zeitraum vom 1. Juli bis zum 31. Dezem-
     Haushaltseinkommen um 0,2 Prozentpunkte. Die Ar-                 ber 2020«, verfügbar unter: https://www.ihk-muenchen.de/de/Service/
     mutsrisikoquote sinkt durch den Kinderbonus trotz                Recht-und-Steuern/Steuerrecht/Absenkung-der-Umsatzsteuer/.

     Erhöhung des Medianeinkommens um 0,4 Prozent-                    Kosonen, T. (2015), »More and Cheaper Haircuts after VAT Cut? On the
                                                                      Efficiency and Incidence of Service Sector Consumption Taxes«, Journal
     punkte, und die Kinderarmutsrisikoquote sinkt um                 of Public Economics 131, 87–100.
     1,5 Prozentpunkte. Es zeigt sich bezogen auf die Ar-             Montag, F., A. Sagimuldina und M. Schnitzer (2020), »Are Temporary
     muts- und Ungleichheitsmaße, dass der Kinderbonus                Value-Added Tax Reductions Passed on to Consumers? Evidence from
                                                                      Germany’s Stimulus«, arXiv preprint, arXiv:2008.08511.
     für das Verteilungsziel der finanziellen Entlastung von
                                                                      Nipers, A., A. H. Viira, A. Stalgiene, I. Upite und I. Pilvere (2019), »Effect
     Familien mit niedrigen und mittleren Einkommen eine              of VAT Rate Reduction for Fruits and Vegetables on Prices in Latvia:
     wirksame Leistung darstellt. Aufgrund der temporä-               Ex-post Analysis«, Journal of Agricultural Science 1, 25–31.

     ren Natur des Kinderbonus dürfte von diesem keine                Statistische Ämter des Bundes und der Länder (2020), »Einkommens-
                                                                      und Verbrauchsstichprobe«, verfügbar unter:
     starken Arbeitsangebotseffekte ausgehen. Es dürfte               http://www.forschungsdatenzentrum.de/de/haushalte/evs.
     sich daher um einen – verteilungspolitisch erwünsch-             Ván, B. und D. Olah (2018), »Does VAT Cut Appear on the Menu? The
     ten – Mitnahmeeffekt handeln.                                    Consumer Price Impact of Hungarian VAT Decreases of 2016–2017«,
                                                                      verfügbar unter:
          Auch bei einer Neuauflage des Kinderbonus für               https://mpra.ub.uni-muenchen.de/89687/10/A_Van-Olah_2018_3.pdf.
     das Jahr 2021 wären ähnliche Verteilungseffekte zu
     erwarten. Ein »permanenter Kinderbonus« in dieser
     Höhe käme faktisch einer Erhöhung des Kindergel-
     des und der kindbezogenen Regelsätze in Höhe von
     25 Euro pro Monat gleich. Würde diese Leistung nicht

50   ifo Schnelldienst   2 / 2021   74. Jahrgang   10. Februar 2021
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