Wer spricht? Literatur-übersetzung zwischen kolonialem Erbe und Political Correctness. Über-setzertag am 18. Juni 2021

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Wer spricht? Literatur-
übersetzung zwischen
kolonialem Erbe und
Political Correctness. Über-
setzertag am 18. Juni 2021
Wer spricht?, lautet eine zentrale     Welche Verantwortung tragen sie
Frage im postkolonialen Diskurs.       für das Werk? Wie gehen sie
Dabei geht es um Repräsentation        mit rassistischer Figurensprache
und Identität, Dominanz und            um, wie mit umstrittenen Autor·in­
Gewalt – und die Reproduktion          nen? Ist alles sagbar und von
von Macht durch Sprache. Wer           allen? Gibt es Gestaltungskriterien,
spricht?, lautet eine zentrale Frage   die außerhalb des Textes liegen?
beim Übersetzen. Dabei geht            Wir bringen unterschiedliche
es um Perspektive und Figuren­         Haltungen und Perspektiven mit­
sprache, um die Imitation von          ein­ander ins Gespräch und
Stimmen und die kreative Anver­        diskutieren über Spielräume und
wandlung kultureller Kontexte.         Zwischenräume beim Überset­
In diesem Spannungsfeld bewe­          zen postkolonialer Literatur, über
gen wir uns beim diesjährigen          Verlagsent­scheidungen, Tabus
Über­setzertag. Wer spricht beim       sowie die viel beschworene, doch
Über­setzen? Wo stecken Literatur­     selten definierte Political Correct­   Konzept und Projektleitung:
über­setzer·innen in den von           ness. Und schreiben die Liste          Miriam Mandelkow und
ihnen übersetzten Texten?              der Fragen fort.                       Nina Thielicke
11.00 Übersetzen als Kolonisierung.   16.00 Der lange Abschied von der   19.30 P.C. oder No-Go? Zum
Eröffnungsvortrag von Mithu Sanyal    weißen Dominanz.                   Umgang mit diskriminierungssensi­
                                      Impulsvortrag von Charlotte        bler Sprache in der Übersetzung.
11.30 Übersetzen als Dekolonisie-     Wiedemann                          Podiumsdiskussion mit Pieke
                                                                         Biermann, Michael Kegler und
rung. Podiumsgespräch zwischen
                                      16.30 Alles neu, alles anders?     Sharon Dodua Otoo.
Christian Jakob und Mithu Sanyal
                                                                         Moderation: René Aguigah
                                      Bearbeitung, Neuübersetzung
12.30 Pause                           und Verlagspolitik.
                                      Podiumsdiskussion mit Eva Bonné,   In den Pausen und nach dem
                                      Marion Kraft, Andreas Nohl und     letzten Panel gibt es die Möglichkeit
13.30 Kolonial, postkolonial.         Hans-Christian Oeser.              zu Austausch und Diskussion
Das „Dazwischen“ übersetzen.          Moderation: Verena Lueken          ↗ im digitalen Raum.
Impulsvortrag von Claudia Hamm.
                                                                         Die Veranstaltung wird per
Anschließende Podiumsdiskussion       18.00 Pause                        ↗Live-Stream (ohne Publikum) aus
mit Claudia Hamm, Patricia
                                                                         dem LCB übertragen; die Auf­
Klobusiczky und Beate Thill
                                      19.00 Wer spricht? René Aguigah    zeichnung steht danach 4 Wochen
                                                                         lang zum Abruf bereit. Eine An­­
15.30 Pause                           interviewt Sharon Dodua Otoo
                                                                         meldung ist nicht erforderlich.
René Aguigah leitet das Ressort         Eva Bonné hat amerikanische und        Migration und Rechtspopulismus.         und Trinidad. Außerdem setzt sie
Literatur bei Deutschlandfunk und       portugiesische Literaturwissen­-       Zuletzt erschien der Band An-           sich für die berufspolitischen
Deutschlandfunk Kultur, wo er           schaften in Hamburg, Lissabon          griff auf Europa – Die Internatio­      Interessen literarischer Überset­
seit 2010 arbeitet. Zuvor war er der    und Berkeley studiert und über­        nale des Rechtspopulismus               zer:innen ein.
für Sachbuch verantwortliche            setzt Literatur aus dem Englischen,    im Ch. Links Verlag. Zur Debatte
Redakteur bei der Zeitschrift Litera­   u.a. von Rachel Cusk, Anne             um Identität und Journalismus           Marion Kraft ist Amerikanistin,
turen und Redakteur des „Kriti­         Enright und Claire-Louise Bennett.     schrieb er u. a. 2020 den Essay         ehemalige Hochschuldozentin,
schen Tagebuch“ von WDR 3. Für          Sie lebt in Berlin.                    „Die Welt ist nicht schwarz-weiß“.      promovierte Literaturwissen­
die Neuübersetzung von James                                                                                           schaftlerin, Autorin und Überset­
Baldwins Roman Ein anderes              Claudia Hamm begann neben              Michael Kegler übersetzt Literatur      zerin. Ihre Arbeitsschwerpunkte
Land (2021) schrieb er das Nach­        ihrer Tätigkeit als Theaterregis­      aus dem Portugiesischen –               sind Schwarzer Feminismus,
wort. Er lebt in Berlin.                seurin und -autorin in den 2000er      u.a. Werke von Paulina Chiziane         afroamerikanische und afro-dia­
                                        Jahren zu übersetzen. Für ihre         (Mosambik), José Eduardo Agua­          sporische Literatur und Theorie.
Pieke Biermann lebt als freie           Übertragungen (u.a. Emmanuel           lusa (Angola), Germano Almeida          Als Übersetzerin hat sie zuletzt
Schriftstellerin und Übersetzerin in    Carrère, Mathias Énard, Nathalie       (Kapverde), Luiz Ruffato (Brasilien)    – gemeinsam mit Eva Bonné –
Berlin. Sie übersetzt aus dem           Quintane) war sie 2016 für den         und zuletzt zahlreiche Romane,          den Essayband Sister Outsider
Italienischen und dem Englischen,       Übersetzerpreis der Leipziger          Kurzprosa und Lyrik aus Portugal.       übertragen. Ihr Buch Empowering
am liebsten waghalsige sprach­          Buchmesse nominiert und erhielt        Zurzeit ist er „World Literature        Encounters with Audre Lorde
spielende Prosa, Satirisches und        den Preis des Kulturkreises der        Fellow for Translators“ des Instituts   erscheint demnächst auf Deutsch
zwischendurch gereimte Vier­            deutschen Wirtschaft. Sie arbeitete    für die Wissenschaften vom              im Verlag w_orten & meer.
zeiler aus Katzenmaul. Für ihre         als Dozentin in Wien und Berlin        Menschen, Wien.                         Marion Kraft lebt in Berlin.
Übersetzung von Fran Ross’ Roman        und schreibt Theatertexte und
Oreo wurde sie 2020 mit dem             Essays.                                Patricia Klobusiczky übersetzt          Verena Lueken ist Autorin, u.a. für
Preis der Leipziger Buchmesse                                                  aus dem Französischen und dem           die F.A.Z. und F.A.S. Für die Neu­
ausgezeichnet.                          Christian Jakob ist seit 2006 Redak-   Englischen so unterschiedlicher         ausgabe der Werke von James
                                        teur bei der tageszeitung in Berlin.   Weltregionen wie Großbritannien,        Baldwin schrieb sie die Einführung
                                        Dort schreibt er vor allem über        Kanada, USA, Simbabwe, Ghana            zu Von dieser Welt, ebenso für
Maya Angelous Was für immer mir      Zuletzt erschien von ihm Das         die Klagenfurter Rede “Dürfen             Beate Thill ist Übersetzerin und
gehört. 2015 erschien ihr Roman-     Handwerk des Schreibens. Essays      Schwarze Blumen Malen?“                   Literaturvermittlerin. Ihr Spezial­
Debüt Alles zählt, 2018 folgte       und Kritiken zur Literatur.          Politisch aktiv ist sie bei der Initia-   gebiet ist die französischspra­chige
Anderswo. Ausgezeichnet wurde                                             tive Schwarze Menschen in                 Literatur aus der Karibik und
sie mit dem Internationalen          Hans-Christian Oeser studierte       Deutschland e.V. und Phoenix e.V.         Afrika, v. a. die Werke von Edouard
Publizistikpreis und dem Michael-­   Germanistik und Politikwissen­                                                 Glissant, (dem Denker der „Kreoli­
Althen-Preis für Kritik.             schaft und arbeitet als Übersetzer   Mithu M. Sanyal ist Autorin, Kultur­      sierung“), Assia Djebar, Patrick
                                     aus dem Englischen mit Schwer­       wissenschaftlerin und Journalistin.       Chamoiseau und Dany Laferrière.
Miriam Mandelkow übersetzt seit      punkt auf irischer Literatur. Zu     In ihren Büchern (Vulva sowie             Sie schreibt für den Rundfunk
20 Jahren aus englischen Spra­       seinen zahlreichen Veröffent­        Vergewaltigung. Aspekte eines             und war Kuratorin der Hörspiel­
chen, u. a. NoViolet Bulawayo,       lichungen zählen auch Neuüber­       Verbrechens u. a.) beschäftigt sie        reihe HörBar. Seit 2015 setzt sie
Samuel Selvon, Eimear McBride        setzungen und Revisionen vor­        sich mit Gender und (Post)Kolo­           sich für die Annäherung der Men­
und Ta-Nehisi Coates. Für ihre       handener Übersetzungen. 2020         nialismus. Im Frühjahr 2021 er­           schen, Sprachen und Diskurse
Neuübertragungen der Werke von       wurde er mit dem Straelener          schien ihr Debütroman Identitti           in Deutschland und Frankreich ein.
James Baldwin erhielt sie 2020       Übersetzerpreis der Kunststiftung    (Hanser) über Identitätspolitik(en).
den Helmut-M.-Braem-Übersetzer­      NRW ausgezeichnet.                                                             Charlotte Wiedemann, erfahrene
preis.                                                                    Nina Thielicke arbeitete nach dem         Auslandsreporterin in Afrika und
                                     Sharon Dodua Otoo ist Autorin        Studium der Kulturwissenschaft            Asien, reflektiert in ihren Büchern
Andreas Nohl, Schriftsteller und     und politische Aktivistin. Sie       als Produzentin und Dramaturgin           die Grenzen westlicher Welt­
Übersetzer, veröffentlichte Er­      schreibt Prosa und Essays und ist    für Tanz und Performance. Seit            erkenntnis und die Schwächen
zählungen und die historische        Herausgeberin der englisch­          2007 ist sie beim Deutschen Über­         eines eurozentrischen Wissens­
Novelle Hieronymus von Prag.         sprachigen Buchreihe Witnessed       setzerfonds für die Projektförde­         bestecks. Zuletzt plädierte sie
Für seine Übersetzungen (Mark        (edition assemblage). Im Früh­       rung und kulturelle Bildung zustän­       in Der lange Abschied von der
Twain, R. L. Stevenson, Rudyard      jahr 2021 erschien ihr Debütroman    dig und konzipiert Veranstaltungen        weißen Dominanz für einen konst­
Kipling u. v. m.) wurde er u. a.     Adas Raum (S. Fischer). 2016         wie den Übersetzertag.                    ruktiven Umgang mit dem eige­
mit dem Heinrich Maria Ledig-        gewann sie den Ingeborg-Bach­                                                  nen Statusverlust – in einer her­
Rowohlt-Preis ausgezeichnet.         mann-Preis. 2020 hielt Otoo                                                    aufziehenden neuen Weltordnung.
Deutscher Ubersetzerfonds
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