Wrap-Up H1N1 Was haben wir gelernt? - Marius Hoeper 01.06.2010

 
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Wrap-Up H1N1 Was haben wir gelernt? - Marius Hoeper 01.06.2010
Wrap-Up H1N1
                      -
                Was haben wir
                  gelernt?

Marius Hoeper
01.06.2010
Wrap-Up H1N1 Was haben wir gelernt? - Marius Hoeper 01.06.2010
H1N1: Die „neue“ Influenza
   („Schweinegrippe“)
Wrap-Up H1N1 Was haben wir gelernt? - Marius Hoeper 01.06.2010
Ca. 7% der deutschen Bevölkerung geimpft

  Von 34 Mio Impfdosen (284 Mio Euro) wurden 27 Mio nicht verwendet
Wrap-Up H1N1 Was haben wir gelernt? - Marius Hoeper 01.06.2010
Medikamente gegen die Grippe offenbar
     wirkungslos bei schwerem Verlauf

MHH: Therapieversagen von Tamiflu® in 100% der Fälle der Intensivpatienten
Wrap-Up H1N1 Was haben wir gelernt? - Marius Hoeper 01.06.2010
Ende April 2009: Häufung von Todesfällen
  in Mexico und Identifikation von H1N1
                  Erste Berichte zur Letalität
                  der neuen Grippe: 50%
Wrap-Up H1N1 Was haben wir gelernt? - Marius Hoeper 01.06.2010
The Boy who survived (Mexico 2010)
Wrap-Up H1N1 Was haben wir gelernt? - Marius Hoeper 01.06.2010
Spanische Grippe 1918 (H1N1)

Die weltweite Zahl der Todesfälle wird auf bis zu 20 Mio geschätzt
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Todesfallkalkulation nach Ausbruch von
            H1N1 in Mexiko
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Globale Ausbreitung von H1N1 in weniger als 2 Monaten
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11. Juni 2009: Die WHO erklärt die
         Pandemie-Stufe 6
Unruhe trotz seriöser Berichterstattung . . .

                                 HAZ 25.09.2009
. . . zumal es auch andere gab

                         Bild 29.04.2010
H1N1 Verlauf in den USA

Zahl der Todesfälle bleibt weit hinter den ersten Befürchtungen zurück
H1N1 Ausbreitung in Deutschland

Gemeldet Fälle am Ende (April 2010) 226.137 mit hoher Dunkelziffer
H1N1 Verlauf in Deutschland (2009)

                      RKI 05. Januar 2010
H1N1 Letalität in Deutschland (2009)
Im Unterschied zur saisonalen Influenza sterben überwiegend jüngere Patienten

                                                RKI 05. Januar 2010
Situation an der MHH

• Nur wenige Patienten mussten wegen einer H1N1
  Infektion auf Normalstationen aufgenommen
  werden (ambulant oder Intensivstation)
• Intensivpflichtige H1N1-Patienten mussten
  überwiegend in Zentren der Maximalversorgung
  versorgt werden, da die konventionelle
  Beatmungstherapie in vielen Fällen nicht
  ausreichte, und die Patienten mit einer ECMO*
  versorgt werden mussten

*ECMO: Extracorporale Membranoxygenierung („Herz-Lungen-Maschine“)
Situation an der MHH
                   05. Oktober 2009 – 04. Januar 2010

• 25 erwachsene Patienten mit Lungenversagen auf
  der Intensivstation (Alter 17-63 Jahre, Median
  45 Jahre), keiner dieser Pat. geimpft
• 7 (28%) der Pat. ohne Risikofaktoren
• Invasive Beatmung in allen Fällen erforderlich (7-
  41 Tage, Median 19 Tage)
• ECMO-Unterstützung bei 17 (68%) Pat. (11-31
  Tage, Median 19 Tage)
• 12 Pat. (48%) verstorben

ECMO: Extracorporale Membranoxygenierung („Herz-Lungen-Maschine“)
Internistische Intensivstation
            05. Oktober 2009 – 04. Januar 2010

• Zur Spitzenzeit 11/14 Betten mit beatmeten
  H1N1-Patienten belegt (zusätzlich 2 Patienten
  auf der anästhesiologischen Intensivstation)
• Fast alle Patienten aus anderen Kliniken
  übernommen
• Bis zu 7 H1N1-Patienten gleichzeitig mit ECMO
  (+1 ECMO-Pat. mit anderer Erkrankung)
• Höchste Zahl gleichzeitiger ECMO-Einsätze in
  der MHH (und in Deutschland)
• CMI im Mittel 10 (MHH Durchschnitt 1,76)
Kosten der Intensivversorgung (n=13)
DRG      ECMO       Tod   Hämodial   Entlassung   Beatmungs- VD gesamt       VD-Intensiv   Kosten        DRG-Erlöse
                                                   stunden

A09C   ZE9-M0302     x       x                           582         24               24   60.175,66 €    55.193,47 €

A13G   ZE9-M0302     x       x                           128             6             6   19.426,99 €     5.696,52 €

A11E   ZE9-M0301A    x       x                           397         17               17   31.606,69 €    30.499,98 €
                                     normal
T60A                         x       entlassen            66         16                9   23.112,63 €     9.424,69 €

A09C                 x       x                           643         27               27   60.253,24 €    55.193,47 €

E40B   ZE9-M0301A    x       x                            50             2             2   12.197,32 €     4.173,96 €

E40B   ZE9-M0301B    x       x                            68             3             3   12.247,60 €     2.483,58 €
                                     normal
A11E   ZE9-M0302                     entlassen           415         24               20   34.529,58 €    30.499,98 €

A09C   ZE9-M0302     x       x                           896         37               37   80.690,57 €    55.193,47 €

A13G   ZE9-M0302     x       x                           166             7             7   19.148,90 €     6.428,84 €
                                     normal
E36Z                                 entlassen           335         20               20   27.085,37 €    18.325,46 €
                                     normal
A11E                         x       entlassen           486         42               25   72.505,91 €    30.499,98 €
                                     normal
E36Z                                 entlassen           303         23               16   25.148,53 €    20.895,83 €

           8         8       10            5            4.535       248              213 478.128,99 € 324.509,23 €

MW                                                     348,85        19               16   36.779,15 €    24.962,25 €
Probleme der Intensivversorgung
            05. Oktober 2009 – 04. Januar 2010

• Transport der schwerst kranken Patienten in die
  MHH problematisch
• Kapazitäten ausgelastet (allerdings mussten keine
  Patienten abgewiesen werden)
• ECMO-Kapazitäten an der MHH (ebenso wie in
  ganz Deutschland) nahezu ausgeschöpft
• Sehr hohe Arbeitsbelastung (und pyschische
  Belastung) von Ärzten und Pflegern mit 2
  offiziellen Überlastungsanzeigen aus der Pflege
ECMO bei Lungenversagen
Geschichte der extracorporalen
  Membranoxygenierung (ECMO)
• 1916: Entdeckung des
  Heparins
• 1937: Erster Einsatz einer
  Herz-Lungen-Maschine

Gibbon JH (1937) Artificial maintenance of
   circulation during experimental occlusion of
   pulmonary artery. Arch Surg 34:1105–1131

Probleme:
Luftembolie, Hämolyse,
  Multiorganversagen

                                                  Dr. and Mrs Gibbons with
                                                      their CBP machine
Geschichte der extracorporalen
     Membranoxygenierung
• 1972: erster erfolgreicher Einsatz eines extrakorporalen veno-
  arteriellen Bypasses bei polytraumatisiertem Patienten mit ARDS

  Hill JD,O’Brien TG,Murray JJ
  (1972) Prolonged
  extracorporeal
  oxygenation for acute post-
  traumatic
  respiratory failure (shock-lung
  syndrome).
  N Engl J Med286:629–63
Geschichte der extracorporalen
     Membranoxygenierung
• 1976: Abbruch einer Multizenterstudie zur Überprüfung der
  Wirksamkeit des extrakorporalen Lungenersatzes beim akuten
  Lungenversagens erwachsener Patienten
  Zapol WM,Snider MT, Hill JD et al.(1979) Extracorporeal membrane oxygenation in severe
  acute respiratory failure. A randomized prospective study. JAMA 242:2193–2196

  Problem: von 92 Patienten überlebten weniger als 10%

• 1983: Erste erfolgreiche Anwendung in Deutschland bei akutem
  Lungenversagen eines Erwachsenen an der Universität Düsseldorf

• 1986: Walter Kachel und Mitarbeiter behandeln im Klinikum
  Mannheim als erste in Europa ein Neugeborenes mit ECMO
ECMO-Implantationen an der
         MHH

          ECMO: Extracorporale Membranoxgenierung
                    ECLA: Extracorporeal lung assist
ECMO-Verfahren
Veno – Arteriell                                              Veno – Venös

 Übernahme der Herz und                         => Übernahme der Lungenfunktion
  Lungenfunktion

   From Vena Femoralis into Arteria Femoralis        From Vena femoralis into Vena jugularis

   From Vena Jugularis into Arteria Femoralis        From Vena femoralis right into Vena femoralis
                                                       left
   From Vena Femoralis into Aorta ascendens
                                                      From Right Atrium into Vena femoralis
   From Right Atrium into Aorta ascendens
                                                      From Vena Femoralis into Vena subclavia
   From Right Atrium into Arteria Femoralis
ECMO: Technische
             Neuerungen

                       Beschichtete Oxygenatoren
                       -Heparin-Albumin-Coating
                       -Hohe Biokompatibilität

Rotationspumpen
-Hohe Effizienz
-Lange Haltbarkeit         Effiziente Oxygenatoren
-Geringes Hämotrauma       -Effektiver Gasaustausch
                           -Geringer Flußwiderstand
                           -Geringe Hämolyse
ECMO-Implantationen an der
      MHH (2009)
ECMO-Versorgung in Deutschland:
     ARDS Melderegister

       Ca. 50 ECMO-Plätze in Deutschland gemeldet

       MHH:
       Bis 2009 insgesamt 6 ECMO Geräte
       Im Oktober 2009 auf 10 Geräte erweitert
       Aktuell 8 Geräte (= größte Zahl in Deutschland)

     ARDS: Adult respiratory distress syndrome = Lungenversagen
Was haben wir gelernt?
H1N1-Resumee (Deutsches Ärzteblatt 07. Mai 2010)
MHH: Was haben wir gelernt?
• Transport der Patienten unter kritischen
  Bedingungen (aber ohne Todesfälle)*
• MHH intensivmedizinisch gut auf diese Pandemie
  vorbereitet
• Schon für die doppelte Zahl schwer kranker
  Patienten hätte die Intensivkapazität in der
  MHH und in Deutschland nicht mehr ausgereicht
• Bei noch höheren Zahlen (1-2 log-Stufen) hätte
  ein Großteil der Patienten nicht mehr adäquat
  versorgt werden können

 * Einige Patienten galten nach üblichen Kriterien als nicht transportfähig
 und erreichten die MHH in kritischem Zustand
Konsequenzen? ECMO-Transport
                            • Hoher Aufwand, i.d.R.
                              Helikopter
                            • „ECMO“-Arzt, Kardiotechniker,
                              Rettungsassistent, Pilot
                            • Transportables Equipment (ca.
                              30.000 Euro)
                            • ECMO-Implantation vor Ort
                              und Transport des Patienten
                              mit ECMO in das Zentrum
                            • Durchschnittlicher
                              Zeitaufwand 4-5 Stunden

Für ECMO-Transporte gibt es derzeit keine adäquate Finanzierung
Weitere Konsequenzen
• Ausweitung der ECMO-Kapazitäten an Zentren
  erforderlich (nicht nur in Hinblick auf weitere
  Pandemien)
• ECMO-Patienten im DRG-System nicht
  ausreichend abgebildet (adäquates ZE für
  Implantation, aber keine Berücksichtigung des
  Aufwands bei langfristigem Einsatz)
• Zunehmender Einsatz der ECMO bei nicht-
  beatmeten Patienten im DRG nicht berücksichtigt
• Anpassung des Pflegeschlüssels erforderlich (akt.
  2:1, nicht ausreichend für Versorgung schwerst
  kranker Patienten mit ECMO)
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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