Wrap-Up H1N1 Was haben wir gelernt? - Marius Hoeper 01.06.2010
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Ca. 7% der deutschen Bevölkerung geimpft Von 34 Mio Impfdosen (284 Mio Euro) wurden 27 Mio nicht verwendet
Medikamente gegen die Grippe offenbar wirkungslos bei schwerem Verlauf MHH: Therapieversagen von Tamiflu® in 100% der Fälle der Intensivpatienten
Ende April 2009: Häufung von Todesfällen in Mexico und Identifikation von H1N1 Erste Berichte zur Letalität der neuen Grippe: 50%
Unruhe trotz seriöser Berichterstattung . . . HAZ 25.09.2009
. . . zumal es auch andere gab Bild 29.04.2010
H1N1 Verlauf in den USA Zahl der Todesfälle bleibt weit hinter den ersten Befürchtungen zurück
H1N1 Ausbreitung in Deutschland Gemeldet Fälle am Ende (April 2010) 226.137 mit hoher Dunkelziffer
H1N1 Verlauf in Deutschland (2009) RKI 05. Januar 2010
H1N1 Letalität in Deutschland (2009) Im Unterschied zur saisonalen Influenza sterben überwiegend jüngere Patienten RKI 05. Januar 2010
Situation an der MHH • Nur wenige Patienten mussten wegen einer H1N1 Infektion auf Normalstationen aufgenommen werden (ambulant oder Intensivstation) • Intensivpflichtige H1N1-Patienten mussten überwiegend in Zentren der Maximalversorgung versorgt werden, da die konventionelle Beatmungstherapie in vielen Fällen nicht ausreichte, und die Patienten mit einer ECMO* versorgt werden mussten *ECMO: Extracorporale Membranoxygenierung („Herz-Lungen-Maschine“)
Situation an der MHH 05. Oktober 2009 – 04. Januar 2010 • 25 erwachsene Patienten mit Lungenversagen auf der Intensivstation (Alter 17-63 Jahre, Median 45 Jahre), keiner dieser Pat. geimpft • 7 (28%) der Pat. ohne Risikofaktoren • Invasive Beatmung in allen Fällen erforderlich (7- 41 Tage, Median 19 Tage) • ECMO-Unterstützung bei 17 (68%) Pat. (11-31 Tage, Median 19 Tage) • 12 Pat. (48%) verstorben ECMO: Extracorporale Membranoxygenierung („Herz-Lungen-Maschine“)
Internistische Intensivstation 05. Oktober 2009 – 04. Januar 2010 • Zur Spitzenzeit 11/14 Betten mit beatmeten H1N1-Patienten belegt (zusätzlich 2 Patienten auf der anästhesiologischen Intensivstation) • Fast alle Patienten aus anderen Kliniken übernommen • Bis zu 7 H1N1-Patienten gleichzeitig mit ECMO (+1 ECMO-Pat. mit anderer Erkrankung) • Höchste Zahl gleichzeitiger ECMO-Einsätze in der MHH (und in Deutschland) • CMI im Mittel 10 (MHH Durchschnitt 1,76)
Kosten der Intensivversorgung (n=13) DRG ECMO Tod Hämodial Entlassung Beatmungs- VD gesamt VD-Intensiv Kosten DRG-Erlöse stunden A09C ZE9-M0302 x x 582 24 24 60.175,66 € 55.193,47 € A13G ZE9-M0302 x x 128 6 6 19.426,99 € 5.696,52 € A11E ZE9-M0301A x x 397 17 17 31.606,69 € 30.499,98 € normal T60A x entlassen 66 16 9 23.112,63 € 9.424,69 € A09C x x 643 27 27 60.253,24 € 55.193,47 € E40B ZE9-M0301A x x 50 2 2 12.197,32 € 4.173,96 € E40B ZE9-M0301B x x 68 3 3 12.247,60 € 2.483,58 € normal A11E ZE9-M0302 entlassen 415 24 20 34.529,58 € 30.499,98 € A09C ZE9-M0302 x x 896 37 37 80.690,57 € 55.193,47 € A13G ZE9-M0302 x x 166 7 7 19.148,90 € 6.428,84 € normal E36Z entlassen 335 20 20 27.085,37 € 18.325,46 € normal A11E x entlassen 486 42 25 72.505,91 € 30.499,98 € normal E36Z entlassen 303 23 16 25.148,53 € 20.895,83 € 8 8 10 5 4.535 248 213 478.128,99 € 324.509,23 € MW 348,85 19 16 36.779,15 € 24.962,25 €
Probleme der Intensivversorgung 05. Oktober 2009 – 04. Januar 2010 • Transport der schwerst kranken Patienten in die MHH problematisch • Kapazitäten ausgelastet (allerdings mussten keine Patienten abgewiesen werden) • ECMO-Kapazitäten an der MHH (ebenso wie in ganz Deutschland) nahezu ausgeschöpft • Sehr hohe Arbeitsbelastung (und pyschische Belastung) von Ärzten und Pflegern mit 2 offiziellen Überlastungsanzeigen aus der Pflege
ECMO bei Lungenversagen
Geschichte der extracorporalen Membranoxygenierung (ECMO) • 1916: Entdeckung des Heparins • 1937: Erster Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine Gibbon JH (1937) Artificial maintenance of circulation during experimental occlusion of pulmonary artery. Arch Surg 34:1105–1131 Probleme: Luftembolie, Hämolyse, Multiorganversagen Dr. and Mrs Gibbons with their CBP machine
Geschichte der extracorporalen Membranoxygenierung • 1972: erster erfolgreicher Einsatz eines extrakorporalen veno- arteriellen Bypasses bei polytraumatisiertem Patienten mit ARDS Hill JD,O’Brien TG,Murray JJ (1972) Prolonged extracorporeal oxygenation for acute post- traumatic respiratory failure (shock-lung syndrome). N Engl J Med286:629–63
Geschichte der extracorporalen Membranoxygenierung • 1976: Abbruch einer Multizenterstudie zur Überprüfung der Wirksamkeit des extrakorporalen Lungenersatzes beim akuten Lungenversagens erwachsener Patienten Zapol WM,Snider MT, Hill JD et al.(1979) Extracorporeal membrane oxygenation in severe acute respiratory failure. A randomized prospective study. JAMA 242:2193–2196 Problem: von 92 Patienten überlebten weniger als 10% • 1983: Erste erfolgreiche Anwendung in Deutschland bei akutem Lungenversagen eines Erwachsenen an der Universität Düsseldorf • 1986: Walter Kachel und Mitarbeiter behandeln im Klinikum Mannheim als erste in Europa ein Neugeborenes mit ECMO
ECMO-Implantationen an der MHH ECMO: Extracorporale Membranoxgenierung ECLA: Extracorporeal lung assist
ECMO-Verfahren Veno – Arteriell Veno – Venös Übernahme der Herz und => Übernahme der Lungenfunktion Lungenfunktion From Vena Femoralis into Arteria Femoralis From Vena femoralis into Vena jugularis From Vena Jugularis into Arteria Femoralis From Vena femoralis right into Vena femoralis left From Vena Femoralis into Aorta ascendens From Right Atrium into Vena femoralis From Right Atrium into Aorta ascendens From Vena Femoralis into Vena subclavia From Right Atrium into Arteria Femoralis
ECMO: Technische Neuerungen Beschichtete Oxygenatoren -Heparin-Albumin-Coating -Hohe Biokompatibilität Rotationspumpen -Hohe Effizienz -Lange Haltbarkeit Effiziente Oxygenatoren -Geringes Hämotrauma -Effektiver Gasaustausch -Geringer Flußwiderstand -Geringe Hämolyse
ECMO-Implantationen an der MHH (2009)
ECMO-Versorgung in Deutschland: ARDS Melderegister Ca. 50 ECMO-Plätze in Deutschland gemeldet MHH: Bis 2009 insgesamt 6 ECMO Geräte Im Oktober 2009 auf 10 Geräte erweitert Aktuell 8 Geräte (= größte Zahl in Deutschland) ARDS: Adult respiratory distress syndrome = Lungenversagen
Was haben wir gelernt? H1N1-Resumee (Deutsches Ärzteblatt 07. Mai 2010)
MHH: Was haben wir gelernt? • Transport der Patienten unter kritischen Bedingungen (aber ohne Todesfälle)* • MHH intensivmedizinisch gut auf diese Pandemie vorbereitet • Schon für die doppelte Zahl schwer kranker Patienten hätte die Intensivkapazität in der MHH und in Deutschland nicht mehr ausgereicht • Bei noch höheren Zahlen (1-2 log-Stufen) hätte ein Großteil der Patienten nicht mehr adäquat versorgt werden können * Einige Patienten galten nach üblichen Kriterien als nicht transportfähig und erreichten die MHH in kritischem Zustand
Konsequenzen? ECMO-Transport • Hoher Aufwand, i.d.R. Helikopter • „ECMO“-Arzt, Kardiotechniker, Rettungsassistent, Pilot • Transportables Equipment (ca. 30.000 Euro) • ECMO-Implantation vor Ort und Transport des Patienten mit ECMO in das Zentrum • Durchschnittlicher Zeitaufwand 4-5 Stunden Für ECMO-Transporte gibt es derzeit keine adäquate Finanzierung
Weitere Konsequenzen • Ausweitung der ECMO-Kapazitäten an Zentren erforderlich (nicht nur in Hinblick auf weitere Pandemien) • ECMO-Patienten im DRG-System nicht ausreichend abgebildet (adäquates ZE für Implantation, aber keine Berücksichtigung des Aufwands bei langfristigem Einsatz) • Zunehmender Einsatz der ECMO bei nicht- beatmeten Patienten im DRG nicht berücksichtigt • Anpassung des Pflegeschlüssels erforderlich (akt. 2:1, nicht ausreichend für Versorgung schwerst kranker Patienten mit ECMO)
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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