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    Russisch-saudisches Kräftemessen am Ölmarkt:
    Motive, Strategien und Erfolgschancen beider
    Staaten
    Kluge, Janis; Roll, Stephan; Westphal, Kirsten

    Veröffentlichungsversion / Published Version
    Arbeitspapier / working paper

    Zur Verfügung gestellt in Kooperation mit / provided in cooperation with:
    Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP)

Empfohlene Zitierung / Suggested Citation:
Kluge, J., Roll, S., & Westphal, K. (2020). Russisch-saudisches Kräftemessen am Ölmarkt: Motive, Strategien und
Erfolgschancen beider Staaten. (SWP-Aktuell, 20/2020). Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik -SWP- Deutsches
Institut für Internationale Politik und Sicherheit. https://doi.org/10.18449/2020A20

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NR. 20 MÄRZ 2020                           Einleitung

Russisch-saudisches Kräftemessen am
Ölmarkt
Motive, Strategien und Erfolgschancen beider Staaten
Janis Kluge / Stephan Roll / Kirsten Westphal

Mit Russlands Ablehnung weiterer Förderkürzungen und der darauffolgenden Ankün-
digung Saudi-Arabiens, die eigene Ölproduktion hochzufahren, ist Anfang März ein
massiver Preisverfall auf dem internationalen Ölmarkt eingetreten. Während Saudi-
Arabien mit niedrigen Preisen seine Marktanteile ausbauen will, ist die Strategie
Russlands keineswegs eindeutig. Moskau will zwar an seiner Förderquote festhalten,
hat aber auch kein Interesse an einer ausgedehnten Preisschlacht. Ob Saudi-Arabien
mit seiner Eskalation Erfolg hat oder sich Russlands kompromissloses Auftreten aus-
zahlen wird, hängt nicht nur vom Durchhaltevermögen der beiden Länder ab. Ent-
scheidend sind auch die Entwicklung der Ölnachfrage und die Anpassungsreaktionen
anderer Ölförderer, insbesondere der US-amerikanischen Fracking-Industrie.

Mit der Ankündigung Saudi-Arabiens vom             Die Entscheidungen Russlands und
8. März, die eigene Förderung von 9,7 auf       Saudi-Arabiens führten zu einem Angebots-
bis zu über 11 Millionen Barrel am Tag          schock in einer Phase, in der die weg-
hochzufahren, ist eine präzedenzlose Situa-     brechende Nachfrage ohnehin für große
tion auf dem Ölmarkt entstanden. Voraus-        Verunsicherung auf dem Ölmarkt sorgt. Die
gegangen war ein Scheitern der Verhand-         Wachstumsaussichten für die Weltwirt-
lungen zwischen der Organisation erdöl-         schaft waren wegen der Handelskonflikte
exportierender Länder (OPEC) und Russ-          zwischen den USA und China sowie der EU,
land. Moskau hatte sich geweigert, die im       aber auch wegen des Brexits schon seit
Rahmen des sogenannten OPEC+-Formats            Monaten getrübt. Die Nachfrage nach Öl
vereinbarten Förderkürzungen von zuletzt        war 2019 schwächer als erwartet, und die
1,7 Millionen Barrel um weitere 1,5 Millio-     Preise für die Nordseesorte Brent waren von
nen Barrel am Tag mitzutragen. Die Öl-          Anfang Januar bis Mitte Februar 2020 be-
märkte reagierten prompt. Sie erlebten          reits um 15 Prozent gefallen.
nach der saudischen Ankündigung einen              Dass die Märkte trotz des Ausfalls von
»Schwarzen Montag«: Die Preise fielen um        insgesamt 3,5 Millionen Barrel am Tag aus
über 30 Prozent. Das ist der stärkste Verfall   iranischer, libyscher und venezolanischer
seit 1991.                                      Produktion überversorgt sind, liegt an der
gestiegenen Förderung in Brasilien und dem      reich zu niedrig. Seit 2014 weist der Haus-
                 Irak, aber vor allem am Fracking-Boom in        halt des Landes, das über zwei Drittel seiner
                 den USA. Dieser sorgte ungeachtet eines         Staatseinnahmen aus dem Erdölexport ge-
                 Umfelds, das durch enorme geopolitische         neriert, massive Defizite aus. Berechnungen
                 Risiken und US-Sanktionen gegen Petro-          des Internationalen Währungsfonds (IWF)
                 staaten (siehe SWP-Studie 28/2019) geprägt      zufolge wäre für ein ausgeglichenes Budget
                 war, für niedrige Preise. Die USA sind der-     2019 ein Ölpreis von 86,5 US-Dollar erfor-
                 zeit Nettoexporteur und größter Produzent       derlich gewesen. Sparmaßnahmen in den
                 auf dem Weltmarkt: 2019 förderte das Land       vergangenen Monaten dürften für 2020 zwar
                 12,3 Millionen Barrel Öl täglich, 8,5 Millio-   etwas Erleichterung gebracht haben, von
                 nen davon sind gefrackt. Mit dem Schiefer-      einer nachhaltigen fiskalischen Konsolidie-
                 boom ist auch die Elastizität des Angebots      rung war das Königreich aber weit entfernt.
                 signifikant gestiegen; binnen weniger           Eine im Februar vom IWF veröffentlichte
                 Monate kann die Förderung hochgefahren          Simulation zeigt, dass die Nettofinanz-
                 werden. Viele Bohrtürme liefern dann aus        vermögen der Golfmonarchien bei einem
                 kleinen Vorkommen überschaubare Öl-             langfristig stabilen Ölpreis von 55 US-Dollar
                 mengen für einen Zeitraum von zwei bis          im Durchschnitt bis 2034 aufgebraucht sein
                 vier Jahren. Zwar ist die Erschließung neuer    könnten – so auch in Saudi-Arabien.
                 Quellen im Mittleren Osten kommerziell             Vor allem die Finanzierung der 2016 von
                 noch am attraktivsten, danach folgen aber       Bin Salman verkündeten »Vision 2030« ist
                 die Schieferölvorkommen der USA. Aller-         damit grundlegend gefährdet. Das ambitio-
                 dings haben die schon relativ niedrigen         nierte Entwicklungsprogramm zielt darauf
                 Preise viele Fracker bereits an die Grenze      ab, die Wirtschaft des Landes durch massive
                 der Wirtschaftlichkeit gebracht.                Investitionen in den kommenden zehn Jah-
                    Die Internationale Energieagentur (IEA)      ren weitestgehend unabhängig von den Öl-
                 schätzt, dass als Folge der Corona-Pandemie     einnahmen zu machen. Der Kronprinz hat
                 die Öl-Nachfrage im ersten Quartal 2020 um      sein gesamtes politisches Kapital in die Um-
                 2,5 Millionen Barrel am Tag sinken könnte.      setzung der Vision gelegt – eine Anpas-
                 Durch diese Situation geriet die OPEC in        sung an fiskalische Realitäten scheint daher
                 Zugzwang. Sie konnte allerdings Russland        kaum möglich. Nachdem auch der letzte
                 keine weiteren Förderkürzungen abringen.        Versuch gescheitert war, durch eine konzer-
                                                                 tierte Aktion der OPEC+ die Preisschraube
                                                                 nach oben zu drehen, dürfte Bin Salman im
                 Saudi-Arabien zieht die Reißleine               Umschwenken auf eine Niedrigpreisstrate-
                                                                 gie wohl die einzige verbliebene Chance ge-
                 Die Reaktion der saudischen Führung auf         sehen haben, um über eine massive Aus-
                 die mangelnde Kooperationsbereitschaft          weitung der saudischen Marktanteile lang-
                 Russlands ist typisch für den Politikstil       fristig fiskalischen Handlungsspielraum
                 Muhammad Bin Salmans. Wegen seiner              zurückzugewinnen.
                 proaktiven Außenpolitik und seines aggres-         Kurzfristig ist diese Strategie für den
                 siven Vorgehens gegen politische Gegner         Kronprinzen aus zweierlei Gründen hoch-
                 und Kritiker gilt der 34-jährige Kronprinz      riskant: Zum einen ist völlig offen, ob und
                 als impulsiv und risikofreudig. Fraglich ist    wie schnell Einnahmeneinbußen durch den
                 indes, ob die Entscheidung zur Ausweitung       gesunkenen Ölpreis über eine Ausweitung
                 der Förderung im Affekt erfolgte. So dürfte     der Erdölexporte kompensiert werden kön-
                 der innere Führungszirkel um Bin Salman         nen. Zumindest in den kommenden Mona-
                 bereits seit Monaten Kosten und Nutzen          ten wird der Staatshaushalt mit gravieren-
                 einer Niedrigpreisstrategie abgewogen           den Einnahmeausfällen zu rechnen haben,
                 haben. Denn bereits vor Ausbruch der            die entweder unpopuläre Einsparungen
                 Corona-Pandemie war das Preisniveau auf         oder eine Ausweitung der Staatsverschul-
                 dem internationalen Ölmarkt für das König-      dung erforderlich machen. Letztere ist be-

SWP-Aktuell 20
März 2020

2
reits seit 2014 sukzessive erhöht worden      2016, dem Jahr des ersten OPEC+-Abkom-
und dürfte gerade vor dem Hintergrund         mens. Durch eine strikte Fiskalpolitik hat
niedriger Ölpreise künftig mit höheren        Moskau in seinem Wohlfahrtsfonds Rück-
Kosten für das Königreich einhergehen.        lagen in Höhe von 150 Milliarden US-Dollar
Zum anderen wirkt sich der niedrige Öl-       gebildet, was 9,2 Prozent des russischen
preis negativ auf die Pläne der Regierung     Bruttoinlandsprodukts entspricht. Im ver-
aus, den saudischen Erdölkonzerns Aramco      gangenen Jahr hätte ein Ölpreis von 49 US-
weiter zu privatisieren. Erst im Dezember     Dollar genügt, um für einen ausgegliche-
2019 waren 1,5 Prozent der Unternehmens-      nen Haushalt zu sorgen.
anteile an die Börse gebracht worden. Zur        An einer Eskalation des Preiskampfs hat
Finanzierung der »Vision 2030« sollten        Russland dennoch kein Interesse. Moskau
weitere Börsengänge folgen. Durch die nun     weiß die Zusammenarbeit mit den OPEC-
eingeschlagene Niedrigpreisstrategie dürfte   Staaten zu schätzen. OPEC+ diente Russland
dies auf absehbare Zeit unrealistisch blei-   auch als außenpolitisches Vehikel, über das
ben. Schlimmer noch: Durch den Einbruch       es seinen Einfluss im Nahen Osten ausdeh-
des Ölpreises ist der Börsenwert von Saudi    nen konnte. Vor allem die russisch-saudi-
Aramco deutlich unter den Ausgabepreis        schen Beziehungen hatten sich nach 2016
gefallen. Da offenbar viele wohlhabendere     sehr positiv entwickelt.
Saudis nicht zuletzt aufgrund der staat-         Auch kann Russland seine Öl-Förder-
lichen Werbung für den Börsengang die         mengen nur geringfügig erhöhen, um den
Aktie gezeichnet haben, dürfte die Un-        Effekt niedriger Preise auszugleichen. Im
zufriedenheit mit Bin Salmans Regierungs-     Februar lag die russische Produktion bei
führung in der Mittelschicht in den kom-      11,3 Millionen Barrel pro Tag. Es wird ge-
menden Monaten wachsen.                       schätzt, dass russische Unternehmen über
                                              freie Kapazitäten von 0,5 Millionen Barrel
                                              pro Tag verfügen. Langfristig werden Russ-
Russland will keine Preisschlacht             lands Kapazitäten sogar fallen, da wichtige
                                              Ölvorkommen erschöpft sind und die Er-
Bereits im Vorfeld des Wiener Gipfels der     schließung neuer Felder aufgrund der west-
OPEC+-Staaten hatte sich Moskau skeptisch     lichen Sanktionen kaum vorankommt.
gegenüber neuen Förderkürzungen gezeigt.         Auch wenn Moskau sich in einer ersten
Russland wollte die bestehende Verein-        Reaktion auf den Preisverfall betont un-
barung zunächst nur bis Ende Juni verlän-     beeindruckt zeigte, schwächt der niedrige
gern und die konkreten Auswirkungen der       Ölpreis die russische Wirtschaft in einer
Corona-Pandemie auf die Weltnachfrage         ohnehin schwierigen Phase. Der Rubel hat
abwarten. In Moskau ist die Überzeugung       gegenüber Dollar und Euro am Folgetag
gereift, dass immer neue Kürzungen das        deutlich nachgegeben. Das hilft dem Export
Problem des Überangebots auf dem Welt-        und dem Haushalt, allerdings drohen eine
markt nicht dauerhaft lösen werden.           spürbare Teuerung importierter Konsum-
   Für Moskau ist es zudem politisch schwer   güter und damit verbundene Einbußen bei
verdaulich, dass die eigenen Einschränkun-    den realen Einkommen.
gen auch der US-Ölindustrie zugutekom-           Gerade die langjährige Stagnation der
men, während Washington immer neue            Einkommen ist für Moskau ein innenpoliti-
Sanktionen gegen den russischen Energie-      sches Problem. Derzeit versucht der Kreml
sektor beschließt. Vor allem der einfluss-    mit einem Investitionsprogramm für neuen
reiche Rosneft-Chef Igor Setschin drängte     Schwung und höhere Lebensstandards zu
auf ein Ende der Vereinbarung. Rosneft hat    sorgen. Dafür hat man just Anfang März in
unter den russischen Unternehmen die          einem Nachtragshaushalt den fiskalischen
größten freien Kapazitäten.                   Gürtel etwas gelockert. Moskau braucht gute
   Auch ist Russlands Staatshaushalt heute    Nachrichten, weil am 22. April ein russland-
weniger vom Ölpreis abhängig als noch         weites Referendum über eine neue Verfas-

                                                                                             SWP-Aktuell 20
                                                                                                März 2020

                                                                                                         3
sung ansteht. Eine deutliche Mehrheit ist                        Der Ausblick auf die Weltkonjunktur
                               dabei unabdingbar, um jeglichen Zweifeln                      weckt aber Zweifel daran, dass sich die
                               an der Legitimation der potentiellen Dauer-                   gegenwärtige Krise für die beiden autoritä-
                               herrschaft Präsident Putins vorzubeugen.                      ren Regime auf diese Weise in Wohlgefal-
                                                                                             len auflöst. Kommt es nicht zu einer schnel-
                                                                                             len Erholung des Ölpreises, wird das Durch-
                               Ausblick                                                      haltevermögen von Russland und Saudi-
                                                                                             Arabien entscheidend sein. Riad könnte zu-
                               Sowohl für Saudi-Arabien als auch für Russ-                   mindest einen Teil seiner Verluste ausglei-
                               land ist der tiefe Fall des Ölpreises wirtschaft-             chen, vorausgesetzt die risikoreiche Niedrig-
© Stiftung Wissenschaft        lich schmerzhaft und politisch mit erheb-                     preisstrategie bringt tatsächlich neue Markt-
und Politik, 2020              lichen Risiken verbunden. Ob sich der Preis                   anteile. Russland blieben hingegen nur das
Alle Rechte vorbehalten        in den kommenden Monaten erholen kann,                        Aufzehren seines Wohlfahrtsfonds und wei-
                               wird zum einen davon abhängen, wie tief                       tere Sparmaßnahmen. Keiner der beiden
Das Aktuell gibt die Auf-
                               und nachhaltig der Einbruch der Nachfrage                     Staaten kann eine Stabilisierung des Öl-
fassung der Autoren wieder.
                               auf dem Weltmarkt ausfällt, und zum an-                       preises im Alleingang herbeiführen. Denk-
In der Online-Version dieser   deren davon, wie sich das Angebot in den                      bar ist deshalb durchaus, dass Russland und
Publikation sind Verweise      übrigen Förderländern entwickelt.                             Saudi-Arabien ihr Interesse an gemein-
auf SWP-Schriften und             Zentral ist dabei die US-amerikanische                     samen Förderkürzungen wiederentdecken.
wichtige Quellen anklickbar.
                               Förderung. Viele der kleineren Fracking-                      Insbesondere die russische Seite hat in den
SWP-Aktuells werden intern
                               Unternehmen stehen nun unmittelbar vor                        vergangenen Tagen betont, dass der Ge-
einem Begutachtungsverfah-     der Insolvenz. Natürlich ist denkbar, dass                    sprächsfaden zwischen Moskau und der
ren, einem Faktencheck und     die US-Regierung ihnen in den kommenden                       OPEC noch nicht zerrissen sei. Allerdings
einem Lektorat unterzogen.     Monaten vorübergehend finanzielle Unter-                      würde sich die saudische Staatsführung mit
Weitere Informationen          stützung gewährt. So dürfte US-Präsident                      einer Rückkehr zum Status quo ante
zur Qualitätssicherung der
                               Trump im Wahljahr bestrebt sein, die Preise                   wesentlich schwerer tun. Zu hoch sind be-
SWP finden Sie auf der SWP-
Website unter https://www.     an der Zapfsäule niedrig zu halten und                        reits die Kosten, die durch die Eskalation in
swp-berlin.org/ueber-uns/      gleichzeitig das Überleben der Industrie                      Form eines Vertrauensverlusts bei poten-
qualitaetssicherung/           sicherzustellen.                                              ziellen Investoren von Saudi Aramco ent-
                                  Außerdem bleibt abzuwarten, inwieweit                      standen sind. Zudem wäre Kronprinz Bin
SWP
                               die USA angesichts der niedrigen Preise ihre                  Salmans Image als durchsetzungsstarker
Stiftung Wissenschaft und
Politik
                               Energiedominanz ausspielen und zum Bei-                       Machtpolitiker massiv beschädigt.
Deutsches Institut für         spiel Wirtschaftspartner im Rahmen von                           Unabhängig vom Ausgang des Kräfte-
Internationale Politik und     Handelsvereinbarungen zur Abnahme von                         messens am Ölmarkt sind die Kollateral-
Sicherheit                     US-Öl verpflichten. Auch könnten die Preise                   schäden gewaltig. Sie treffen auch andere
                               die Gelegenheit bieten, um den Sanktions-                     Ölstaaten mit höheren Förderkosten wie
Ludwigkirchplatz 3–4
                               druck gegenüber Russland, Venezuela und                       Venezuela, Angola und Nigeria. Der OPEC
10719 Berlin
Telefon +49 30 880 07-0        Iran zu intensivieren.                                        bleibt angesichts der Konkurrenz der drei
Fax +49 30 880 07-100             Eine massive Kostenreduktion innerhalb                     Weltmarktführer USA, Russland und Saudi-
www.swp-berlin.org             der US-Frackingindustrie wie 2014–2016,                       Arabien nur mehr eine Statistenrolle. Da-
swp@swp-berlin.org             als die Branche nach einem Ölpreis-Crash                      rüber hinaus werden multinationale Öl-
                               ein beeindruckendes Comeback feierte, ist                     konzerne ihre Investitionen zurückfahren.
ISSN 1611-6364
doi: 10.18449/2020A20
                               heute aber kaum zu erwarten. Fallen die                       Das trifft dann nicht nur die Ölförderung,
                               Fracker massenhaft aus, könnte sich der                       in die ohnehin bereits nur zurückhaltend
                               Preis auf dem Ölmarkt erholen, auch wenn                      investiert wurde. Dem Energiesektor ins-
                               Russland und Saudi-Arabien ihre Produk-                       gesamt werden Finanzmittel zur Umset-
                               tion weiterhin maximieren.                                    zung der Energietransformation fehlen.

                               Dr. Janis Kluge ist Wissenschaftler in der Forschungsgruppe Osteuropa und Eurasien, Dr. Stephan Roll ist Leiter der
                               Forschungsgruppe Naher / Mittlerer Osten und Afrika und Dr. Kirsten Westphal ist Wissenschaftlerin in der Forschungs-
                               gruppe Globale Fragen.

      SWP-Aktuell 20
      März 2020

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