Die Amberger Flaschenhütten A.G. vom Zweiten Weltkrieg bis zum Konkurs
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Carolin Wenkmann Die Amberger Flaschenhütten A.G. vom Zweiten Weltkrieg bis zum Konkurs Einen Tag nach der Konkursanrneldung der Amber- Diese wurden auch nicht enttäuscht, schon im ers- ger Glashütte, im August 1926,' fasste der Stadtrat ten Geschäftsjahr konnte ein Reingewinn von auf Initiative des damals amtierenden Bürgermeis- 10.562,64 RM erzielt werden. 5 Das Unternehmen ent- ters Dr. Eduard Klug den Beschluss zur Gründung wickelte sich gut und produzierte neben allen Arten einer neuen Gesellschaft. 2 Bereits am 5. Oktober 1926 von Flaschen auch Großglas. Lediglich die Weltwirt- wurde die Amberger Flaschenhütte ins Leben geru- schaftskrise setzte der Firma zu: Doch nachdem die- fen.) Das Stammkapital der Aktiengesellschaft belief se ausgestanden war, erlebte die Flaschenhütte bis sich auf 160.000 RM und verteilte sich auf elf Aktio- zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs einen weite- näre. Hauptaktionär war die Stadt Amberg, mit ren Aufschwung. 7 einem Stammkapital von 100.000 RM. Die Flaschen- hütte wurde in den ehemaligen Gebäuden der Glas- Die Flaschenhütte während des hütte, einem Teil der Artilleriekaserne, errichtet. Zum Zweiten Weltkriegs Vorstand der Firma wurde Dr. Eduard Klug ernannt. Da die Amberger Flaschenhütte die erste ihrer Art in Infolge des Krieges gestaltete sich die Produktion Bayern war, waren die Erwartungen auf einen erfolg- schwierig. Bereits bis zum Ende des Jahres 1939 wur- reichen Betrieb groß: den 40 Arbeiter der Flaschenhütte zum Kriegsdienst einberufen. Vor allem in der Ballonherstellung mach- Die A11lberger Flaschenhiitte im jahr 1958 te sich der Verlust von ca. einem Drittel der Glasblä- (Stadtarchiv Diisseldorf, 4-57-3-95.0000) ser bemerkbar.' Zwar wurden in den Jahren 1941 bis .... .,--- .- ..... 1943 hauptsächlich französische Kriegsgefangene in der Fabrik beschäftigt, doch konnten diese nur einen Teil der fehlenden Belegschaft ersetzen. 9 Die weitere Umstellung auf Vollautomaten war unumgänglich. Da die bisher bezogenen Maschinen, vier einarmige Dr. Eckert-Maschinen und eine vierarmige Pöting- Maschine, die Erwartungen der Betriebsleitung nicht erfüllten und zudem deren Verfahren bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausgereift war, sollten eine Roi- rnnt-Maschine aus französischer Herstellung und eine Owens-Maschine aus amerikanischer Herstel- lung beschafft werden. ' ° Die Leistung dieser Maschi- nen lag bei der Roirnnt bei ca. 1.080 bis 1.500 Flaschen 155
pro Stunde beziehungsweise bei der Owcns bei lungen hatte, machte es bereits zwei Jahre später von ca. 17.000 bis 35.000 Flaschen pro Tag." Zum Ver- seinem Optionsrecht Gebrauch.'? Die Stadt stimmte gleich: Die Dr. Eckert-Automaten produzierten nur dem ZU. '8 etwa 1.000 Flaschen am Tag. '2 Obwohl sich das ganze Land im Krieg befand, war Um die Maschinen beschaffen zu können, war ein die Flaschenhütte in den Jahren 1940 bis 1944 gut hoher Kapitalbedarf notwendig, der durch die Mög- beschäftigt. eben den sonstigen Auftraggebern lichkeit der Verlegung der Hütte nach dem Krieg bezog vor allem die Wehrmacht Wein-, Bier-, Wasser- erhöht wurde. Anlässlich der zunehmenden Erweite- flaschen und Ballons.'4 Auch sollte zu deren Unter- rung der Wehrmacht wurde nämlich befürchtet, dass stützung während des Krieges die Produktion von die Artillerie die von der Flaschenhütte genutzten Glaswolle aufgenommen werden. 2u Einschränkungen Gebäude wieder selbst in Gebrauch nehmen könnte. erfuhr die Fabrik während dieser Zeit nur durch Die Beschaffung des Kapitals durch einen Kredit gelegentliche Reparaturen sowie den 17 Wochen lan- wurde aufgrund fehlender Sicherheiten - die Hütte gen Stillstand eines Ofens infolge mangelnder Kohle- stand auf fremdem Boden - und wegen der hohen lieferungen." Doch gegen Ende des Jahres 1944 Verzinsung abgelehnt. Also blieb nur noch die Mög- waren Reparaturen an beiden Glasschmelzwannen lichkeit der Kapitalerhöhung.'3 Am 18. Dezember und größere Umbauarbeiten notwendig geworden, 1941 fiel der Beschluss zur Heraufsetzung des sodass der Betrieb am 21. Dezember 1944 eingestellt Grundkapitals um 500.000 RM auf 800.000 RM." Die werden musste. Obwohl die Arbeiten schon im Lau- Stadtgemeinde war finanziell nicht in der Lage, wei- fe des nächsten Jahres abgeschlossen waren, konnte terhin die Aktienmehrheit zu behalten, deshalb wur- die Produktion bis zum Frühjahr 1946 nicht wieder den die gesamten 500.000 RM nach langen Verhand- aufgenommen werden. Der Grund dafür waren lungen von den Gerresheimer Glaswerken" über- Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Kohlen und nommen. Gerresheim war schon bei vielen anderen Rohstoffen. Über diese schwere Zeit hinweg schaffte deutschen Flaschenhütten beteiligt, und bezüglich es das Unternehmen, weiterhin 56 Arbeiter, Ange- des großen Absatzgebietes war das Interesse an der stellte und Lehrlinge zu beschäftigen. So wurde die Amberger Hütte enorm. Roirant- 1944 und die Owcns-Maschine 1945 aufge- Doch die Übernahme der Aktien war mit Bedingun- stellt und ein neuer Kühlofen gebaut. 22 gen verbunden: So verpflichtete sich Gerresheim bei Zuwendungen von Seiten der Flaschenhütte erhiel- der Beschaffung der Roirant- und der Owcns-Maschi- ten auch die Einberufenen, denen zu Beginn des nen behilflich zu sein'b und übergab das Stimmrecht Krieges eine jährliche Summe von 1.000 RM ausbe- der neuen Aktien auf zehn Jahre der Stadt Amberg. zahlt wurde und die anfangs alle vierzehn Tage ein Aus unbekannten Gründen wollte diese weiterhin Paket erhielten. Sogar ihre Familien wurden mit Win- nicht, dass das Gerresheimer Werk als Aktionär auf- terkartoffeln und zehnprozentiger Lohnfortzahlung, trat. Aus diesem Grund wurden die Aktien von der zumindest im Jahr 1939, unterstützt. 23 Beachtenswert Bayerischen Vereinsbank, genauer gesagt der Filiale ist, dass die Flaschenhütte während des Krieges Amberg, gekauft und durch ein Darlehen von Ger- durchweg Gewinne verzeichnete. Erst die Bilanz von resheim finanziert, die damit ein Optionsrecht auf 1945 wies einen sehr hohen Verlust auF' die Übernahme der Aktien hatten. Da das Gerreshei- mer Werk daher keinen direkten Zugriff auf die von der Amberger Fabrik getätigten Dividendenauszah- 156
Das Unternehmen bis zur Mitte rer berufen und 1948 zum Vorstand der Aktiengesell- der siebziger Jahre schaft." Vorsitzender des Aufsichtsrates war, entspre- chend langer Tradition, der amtierende Oberbürger- Am 13. Mai 1946 setzte die Flaschenhütte wieder eine meister der Stadt Amberg, Dr. Lotter. Schmelzwanne in Betrieb."' Der Bedarf an Flaschen Um die Produktion zu steigern, fiel im März 1949 der war so groß, dass die Fabrik bereits \'or Beginn der Beschluss zur Modernisierung und Erweiterung der Produktion einen Auftragsbestand von ca. 100 Mil- Hütte." 50 wurde die zweite Schmelzwanne nach lionen Flaschen verzeichnen konnte. Zu den Auftrag- neuen Grundsätzen umgebaut, die maschinellen gebern zählte unter anderem auch die amerikanische Anlagen, Verkehrsmittel und Betriebseinrichtungen Streitmacht."6 Ursächlich für diesen hohen Bedarf an erweitert und verbessert und die Wasch- und Flaschen waren die zeitweilige Stilllegung des Werks Umkleideräume für die Belegschaft erneuert. und die Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs. In den fünfziger Jahren tätigte das Unternehmen Allerdings war die Amberger Hütte nicht in der weitere Investitionen zur Steigerung der Produktion Lage, den Bedarf auch nur annähernd zu decken. und zur Rationalisierung der zunehmenden Kosten. Grund hierfür waren die beschränkten Produktions- Weitere Gebäude wurden errichtet, Maschinen über- möglichkeiten, verursacht durch den Mangel an holt und 1956 die erste Additions- und Buchungsma- Kohlen und Rohstoffen, die im Dezember 1946 zu schine beschafft. Im seI ben Jahr wurde die Produkti- einer erneuten Stilllegung der Fabrik führten. Erst im on von Grünglas auf goldgelbes Glas erweitert. Bis Mai des darauffolgenden Jahres wurde wieder pro- zu diesem Zeitpunkt hatte die Firma nur mit Grün- duziert. Wie schon im Jahr zuvor war die Auftragsla- glas produziert, anlässlich des zunehmenden Bedarfs ge sehr gut, konnte aber nicht befriedigt werden.'- Im Frühjahr 1948 stoppten sogar alle Roh- und Hilfs- stofflieferungen aus der russischen Zone, und die alleinigen Lieferungen aus der französischen Besat- zungszone reichten bei weitem nicht aus."' Doch trotz aller Schwierigkeiten schaffte es der Betrieb, die Pro- duktion ohne weitere Unterbrechungen fortzufüh- ren. ach den Verlustjahren 1945 und 1946 ervvirt- schaftete die Flaschenhütte erstmals 1947 wieder Gewinne in beachtlicher Höhe. In der ersten Hälfte des Jahres 1948 wurden über 5 Millionen Flaschen und ca. 12.000 Großglasgefäße gefertigt. Es konnten 228 Mitarbeiter beschäftigt werden. co Geleitet wurde die Amberger Flaschenhütte von Wil- helm F. Hecke!, den die amerikanischen Besatzungs- mächte kurz nach dem Krieg als Treuhänder einsetz- ten.~(1 Der vormalige Direktor Karl Schneegluth war Gesc!I~ftsbericlzt aufgrund seiner Arbeit beim Kreiswirtschaftsrat im 1954 "Dritten Reich" nicht mehr tragbar. 31 Im Jahr 1947 (Stndtnrclziv fiorbOofdJrn Bollons fil1hodJOordJ~11 wurde Heckel zum kommissarischen Geschäftsfüh- A11lberg) 157
an goldgelben Flaschen dann dessen Produktion auf- när Gerresheimer Glas, die im Vorjahr bereits den genommen. Zur Herstellung wurde ein neues, Verlust in Höhe von 300.000 DM ausgeglichen hat- modernes Schmelzaggregat für goldgelbes Glas in ten, konnten die Bürgschaft für einen 400.000 DM- Betrieb gesetzt. Dieses ersetzte die erste Schmelz- Kredit übernehmen, wodurch nur die Möglichkeit wanne, die bereits vier Jahre zuvor wegen Veralte- der Kapitalerhöhung blieb. Da sich die Stadt Amberg rung stillgelegt werden musste. Neben der Moderni- nicht weiter an der Flaschenhütte beteiligen konnte, sierung der Fabrikanlage wurde jährlich die Ver- beschloss der Stadtrat daraufhin den Verkauf der kaufsorganisation verbessert und dadurch der Kun- städtischen Aktien bis auf einen Bestand von denkreis stetig erweitert. 10.000 DM. Käufer war die Bayerische Vereinsbank, Doch obwohl die Nachfrage stark war und die Hütte die Hausbank der Hütte. Diese setzte sich für den voll beschäftigt werden konnte, wiesen die Bilanzen Erhalt der Fabrik ein.'? der Jahre 1950 und 1953 Verluste in Höhe von ca. Zur Unterstützung der Arbeiterschaft wurde im 25.000 DM und 1952 einen Verlust von ca. 43.000 DM Dezember 1954 ein Unterstützungsverein gegründet. auf.'" Ein Grund dafür war die 1952 erteilte Import- Zweck des eingetragenen Vereins war die finanzielle freigabe von grünen Getränkeflaschen aus der Tsche- Hilfe für notleidende Arbeiter, ehemalige Arbeiter choslowakei. Die tschechischen Flaschen waren um oder deren Angehörige. Finanziert hatte sich die 50 Prozent billiger als die deutschen und wurden vor Unterstützungskasse lediglich aus gegebenen Zah- allem wegen der geringeren Transportkosten in den lungen des Betriebes oder aus Zuwendungen Ande- Grenzgebieten, also hauptsächlich in Bayern, abge- rer. 38 Im Sommer desselben Jahres besuchte und setzt. Der Absatz der tschechischen Flaschen lag bei besichtigte der damalige Bundespräsident Dr. Theo- ca. 2,5 Millionen Stück im Jahr, dies führte zu einem dor Heuss die Amberger Flaschenhütten A.G. erheblichen Absatz- und Umsatzrückgang bei der Amberger Flaschenhütte. Um Entlassungen zu ver- meiden, wurde auf Lager produziert und für 80 Pro- zent der Belegschaft Kurzarbeit eingeführt. Ende Dr. Theodor Heuss in der Arnberger Flaschenhiitte September wurde die zweite Schmelzwanne stillge- (Stadtarclziv DiisseldOlj, 4-57-3-142.0000) legt. Im Dezember 1952 konnte der Betrieb einen Fla- schenbestand von ca. 3,5 Millionen Flaschen aufwei- sen. Das entsprach etwa 300.000 DM nutzlosem Kapital bei weiter laufenden Kosten. Da die Firma zu diesem Zeitpunkt durchschnittlich 290 Arbeiter beschäftigte, lagen die wöchentlichen Lohnkosten bei ca. 14.000 DM." Die Stromkosten wurden seit ungefähr 1952 nur teilweise mit Wechseln bezahlt. Bis einschließlich Juni 1955 betrugen die Schulden bei den Amberger Stadtwerken ca. 93.000 DM.'" Um das Unternehmen am Laufen zu halten, benötig- te die Fabrik 1957 Kapital zum Kauf einer modernen Fertigungsmaschine mit verbesserter Leistungsfähig- keit. Weder die Stadt Amberg noch der Hauptaktio- 158
schon in den Jahren zuvor, tätigte die Flaschenhütte hohe Investitionen, um konkurrenzfähig zu bleiben."? Modernste Maschinen kamen zum Einsatz, wie zum Beispiel die vollautomatische Gemengeanlage,"8 die im Jahr 1965 in Betrieb genommen wurde."9 Um bessere Lagermöglichkeiten zu schaffen,be- gann die Firma 1962 50 mit dem Bau einer 4.000 qm51 großen Lagerhalle, die im darauffolgenden Jahr auf 7.000 qm 52 vergrößert wurde. Aufgrund der zuneh- menden Ansprüche ihrer Kunden bezüglich Verpa- ckung und Lagerung der Flaschen produzierte die Hütte auf Lager. So konnte die Fabrik den Wünschen der Kunden zügig nachkommen und größtmögli- chen Service bieten. 53 Werbeanzeige der Flaschenhütte (Stadtarchiv Düsseldorf 4-57-2-93.0000) Allerdings entsprechen hohe Lagerbestände immer totem Kapital und wären heute, in Zeiten von Just-In- Time, undenkbar. Aber nicht nur die betriebswirt- Gegen Ende der fünfziger Jahre konnte der Umsatz schaftliche Seite, sondern auch die Auflagen an eine mengen- wie auch wertmäßig wieder gesteigert wer- Firma haben sich in den letzten 40 Jahren stark ver- den. J9 ändert. 1969 war es der Flaschenhütte noch möglich, In den sechziger Jahren erfuhr die Hütte, trotz gro- ßem Wettbewerb und Produktionsausfällen infolge von Reparaturen, einen erheblichen Aufschwung."o Werbeanzeige Bereits 1960 konnten die Umsätze um 14 Prozent auf (Stadtarchiv Diisseldorf 4-57-2-93.0000) 14,92 Millionen DM, gesteigert werden." Ebenso ver- lief es im Geschäftsjahr 1961. In diesem Jahr wurden im Monat durchschnittlich 10,4 Millionen Flaschen mit einem Gesamtgewicht von 5.000 Tonnen produ- ziert. Eine Steigerung der Umsätze um 31 Prozent"2 war im Jahr 1962 zu verzeichnen."' 1969 erwirtschaf- tete die Hütte Umsätze in Höhe von ca. 33 Millionen DM."" Die Erlöse wurden vielfach zur Stärkung der Rücklagen verwendet, sodass die ausgewiesenen Gewinne, ohne Vortrag, nicht höher als 7.000 DM bzw. oftmals nur zwischen 1.000 DM und 2.000 DM lagen."' Im Jahr 1960 überstieg die Höhe der Rückla- gen sogar das Aktienkapital."6 Die Beschäftigungs- zahl lag bei durchschnittlich 480 Arbeitern. Wie 159
den Antrag zur Errichtung einer eigenen Müllver- 17: §1), aber erst zehn Jahre später kam es zur Über- brennungsanlage zu stellen. Dort sollte der Werks- nahme der Amberger Flaschenhütte als Zweigwerk mülL also Papier, ölgetränkte Putzwolle und Putz- der Gerresheimer Glas. 58 Die Stadt Amberg hatte im lappen, täglich verbrannt werden. Höchstwahr- Sommer 1971 beschlossen, ihren Aktienanteil in scheinlich wurde dieses Vorhaben sogar genehmigt." Höhe von 10.000 DM an Gerresheim'" zu verkaufen. Anlässlich des neuen Aktiengesetzes im Jahr 1968, Das Angebot von Gerresheimer Glas zum Kauf der welches vermehrte Veröffentlichungen notwendig Aktien zu einem Kurs von 550 Prozent plus Spende machte und somit der Konkurrenz erhebliche Ein- an die Stadt lag schon im Januar vor. Das hohe Kurs- blicke in die Geschäfte der Flaschenhütte ermöglicht angebot lässt die Vermutung zu, dass Gerresheim die hätte, fiel im Sommer desselben Jahres der Beschluss Amberger Fabrik unbedingt übernehmen wollte."" zur Umwandlung der Rechtsform der Aktiengesell- Die Firma schien sehr rentabel zu arbeiten. Von 1962 schaft in eine GmbH." Am 1. August 1968 wurde die bis einschließlich 1972 führte die Amberger Hütte Amberger Flaschenhütten GmbH ins Handelsregis- Gewinne in Höhe von 14,6 Millionen an Gerresheim ter eingetragen.'" Zu diesem Zeitpunkt besaß Gerres- ab.'" Letztendlich erwarb die Gerresheimer Glasfab- heimer Glas bereits über 90 Prozent der Aktien der rik die Aktien zu einem Preis von 65.000 DM 62 und Amberger Flaschenhütte. Die Fusion der Firmen war wurde somit hundertprozentiger Besitzer der in Planung. 57 Schon Ende 1962 schlossen beide Partei- Amberger Flaschenhütten GmbH.'" en einen Organ- und Abführungsvertrag (Anhang Der Konkurs Die Wachstumsprognosen für die Behälterglasin- dustrie wurden zu Beginn der siebziger Jahre viel- fach zu positiv eingeschätzt. Die Folge dessen waren erhebliche Investitionen in den Um- bzw. Erweite- rungsbau einzelner Firmen. 6" Durch den Einsatz schnellerer Maschinen konnte die Tagesproduktion von 70.000 bis 80.000 Flaschen auf 180.000 bis 190.000 Flaschen erhöht werden. Das hatte bei Zuwachsraten von lediglich ein bis zwei Prozent schnell zu Überka- pazitäten geführt. 65 Auch der Rückgang der Exporte und gleichzeitig der Zuwachs an Billigimporten aus der DDR, der Tschechoslowakei und Polen, ver- schärften die Lage."" Diese Situation verursachte einen erheblichen Preisverfall auf dem Flaschen- Werbe- markt.'" Der Wettbewerb führte bei vielen Fabriken anzeige zu einer Bedrohung ihrer Existenz. Neben vielen (Stndtnrchiv anderen Betrieben war auch die Amberger Flaschen- Düsseldorj, hütte gezwungen, überwiegend auf Lager zu produ- 4-57-2- zieren. Das hochmoderne Glashüttenwerk in Neu- 93.0000) burg/Donau sowie viele der umliegenden lmport- 160
länder deckten bereits den bayerischen Markt ab. Die moniltsberichte des Regierungspräsidiums der Oberpfillz und ungenügenden Frachtbedingungen der Amberger \'on Regensburg. Hütte, verursacht durch deren Randlage, und die AII/hgaieht AllIllns/ Allltsgl'rieilt Diisseldorf HR ß9. ständig steigenden Kosten verschlimmerten die Situation der Amberger Fabrik so weit, dass schon Gedruckte Quellen 1978 von der Stilllegung des Werks gesprochen wur- de. Diese konnte durch die Hilfe des Freistaates Bay- Amberger Volkszeitung \'. 12.10.1926, 3.11.196.., 13.9.1978 ern, der Stadt Amberg beziehungsweise des Land- Geschäftsberichtl' der Amberger Flaschenhütten A.G.: kreises Amberg-Sulzbach und der Gerresheimer Geschäftsjilhr 1926/1927, 193.., 1935, 1936, 1939, 19...., 19..5, 1946, Glaswerke abgewendet werden. Die Hilfe der Stadt- 19-17, 19-18, 19-19, 1950,1951,195..,1955,1956,1957, ]958, 1959, 1960/1961,1962, 1963, 196..,1965,1965/1966,1966/1967, gemeinde bezog sich auf die Reduzierung der Strom- 1968/1969. preise und den Erlass der Gewerbegrundsteuer für einen bestimmten Zeitraum. Doch trotz aller Hilfe musste hinsichtlich der Überkapazität eine Schmelz- Literatur wanne außer Betrieb gesetzt und über hundert Beschäftigte entlassen werden."" Als im Jahr 1980, ßruno Kammiln: Gerresheimer Glils. Geschichte einer Weltfirmil (186..-2000), Essen 2007. bedingt durch den Ausfall der anderen Schmelzwan- Josef FeigI: Amberger FI,lschenhütte. Schicksill eines Konzernwer- ne, eine Hauptreparatur anstand, ließ Gerresheim kes, Amberg 1981. das Amberger Werk auf Rentabilität und Wettbe- werbsfähigkeit überprüfen. Das Urteil war vernich- tend. Rentabilität und Wettbewerbsfähigkeit des Betriebs waren selbst bei Wahrnehmung aller Ratio- Anmerkungen nalisierungsmöglichkeiten nicht gegeben. Gegen Ende des Jahres 1980 stellte die Amberger Flaschen- Vgl. StAA, '-:r.13909, Regierung, Kilmmer des Innern, Abgilbe 19..9, Hillbmonatsberichte des Regierungspräsidiums der hütte die Produktion ein. Etwa 200 Menschen verlo- OberpfilIz und \'on Regensburg. ren ihren Arbeitsplatz."" 2 Vgl. StadtAAm, Zg. 11, \Ir. 2359. 3 Vgl. Amberger Volkszeitung \'. ]2.10.1926. .. Vgl. StildtAAm, Zg. 11, 1\r. 2359, Quellen 5 Vgl. Geschäftsbericht der Amberger Flilschenhütten A.G., Geschäftsjilhr 1926/]927. Stadtarehi" All/belS IStadtAA,II) j\;r. A 761n/7, Personillilkt Dr. Eduilrd Klug. 6 Vgl. StadtAAm, Zg. II, NI'. 2359. Zugilng II: Nr. 2359, :'-lr. 2361, NI'. 2362, NI'. 2363, \Ir. 2365, 7 Vgl. Geschäftsbericht der Amberger Flilschcnhütten A.G" 1\:r. 2367. Geschäftsjilhr 193.. bis 1939. Zugilng 1II: Nr. 82.. /2/2, 1'.82.. /2/3, TI' 82.. /2n, !\:r. 82.. /3, Nr. 842/6, NI'. 82.. /7, Nr. 826/33, NI'. 861/71/l. Vgl. StadtAAm, Zg IJ, \Ir. 2361. Stadtarehiu Diisseldorf IStadtAD) 9 Vgl. StadtAAm, Zg. 1lI, 1\r. 82.. /2/2 und A 761 n/7. NI'. -l-57-1-675.0000, ·Nr. "--P-2-93.0000, Nr. ..-57-2-77.0000, 10 Vgl. StadtAAm, Zg 111, Nr. 82.. /2/2. NI'. 4-57-2-83.0000, NI'. 4-57-2-93.0000, NI'. 4-57-3-95.0000, NI'. 4-57-3-1..2.0000. 11 Vgl. Kammiln, Gcrreshcimer GlilS, 226, 227. Staatsarehi" AII/bag IStAAl 12 Vgl. StildtAAm, Zg. IL 1\r. 2361 NI'. 13909, Regierung, Kilmmer des Inneren, Abgilbe 19..9, Hillb- 13 Vgl. StildtAAm, Zg. III, Nr. 82.. /2/2. 161
14 Vgl. Amtsgericht Amberg, HR B 9. 41 Die vierzehnprozentige Zunahme stimmt nicht mit den Zahlen 15 Die Gerresheimer Glasfabrik (1864-2000), Sitz in Düsseldorf- der Tabelle überein, da im Jahr 1959 der Jahresertrag und nicht die Umsatzerlöse ausgewiesen wurden. Gerresheim, war bis zu ihrem Ende eine der größten Glasfabri- ken in Deutschland. Quelle: Vgl. Kamman, Gerresheimer Glas, 42 Etwa ein Drittel der Lieferungen ging an andere Flaschenhüt- Klappentext. ten. 16 Der Bezug der Maschinen ohne die Hilfe des Gerresheimer 43 Vgl. StadtAO, 4-57-1-675.0000. Werkes war so gut wie unmöglich. Vgl. StadtAAm, Zg. 11, 44 Vgl. StadtAAm, Zg. IIl, Nr. 824/2/4. Nr.2365. 45 Vgl. Geschäftsbericht der Amberger Flaschenhütten A.G., 17 Vgl. StadtAAm, Zg. IU, Nr. 824/2/2. Geschäftsjahr 1960 bis 1967/1968. 18 Vgl. StadtAAm, Zg. II, Nr. 2363. 46 Vgl. StadtAO, 4-57-1-675.0000. 19 Vgl. StadtAAm, Zg. Il, Nr. 2362, Zg. IlI, Nr. 824/2/2. 47 Vgl. Geschäftsbericht der Amberger Flaschenhütten A.G., Geschäftsjahr 1960 bis 1967/1968. 20 Vgl. StadtAAm, Zg. II, Nr. 2361. 48 Bis zu diesem Zeitpunkt wurden die Rohstoffe noch per Hand 21 Vgl. StadtAAm, Zg. II, Nr. 2362. abgewogen! 22 Vgl. Geschäftsbericht der Amberger Flaschenhütten A.G., 49 Vgl. StadtAAm, Zg. III, Nr. 824/3. Geschäftsjahr 1944, 1945. 50 Vgl. Geschäftsbericht der Amberger Flaschenhütten A.G., 23 Vgl. StadtAAm, Zg. II, Nr. 2361. Geschäftsjahr 1962. 24 Vgl. Geschäftsbericht der Amberger Flaschenhütten A.G., 51 Vgl. StadtAAm, Zg. II1, Nr. 824/2/3. Geschäftsjahr 1940 bis 1945. 52 Vgl. Geschäftsbericht der Amberger Flaschenhütten A.G., 25 Vgl. Geschäftsbericht der Amberger Flaschenhütten A.G., Geschäftsjahr 1963. Geschäftsjahr 1946. 53 Ebd. 26 Vgl. StadtAAm, Zg. III, Nr. 824/2/2. 54 Vgl. StadtAAm, Zg. 1Il, Nr. 824/7. 27 Vgl. Geschäftsbericht der Amberger Flaschenhütten A.G., 55 Vgl. StadtAAm, Zg. IIl, Nr. 824/6. Geschäftsjahr 1946, 1947. 56 Vgl. Amtsgericht Amberg, HR B 9. 28 Vgl. StadtAAm, Zg. II, Nr. 2367. 57 Vgl. StadtAAm, Zg. lll, Nr. 824/2/3. 29 Vgl. Geschäftsbericht der Amberger Flaschenhütten A.G., 58 Vgl. Amtsgericht Amberg, HR B 9. Geschäftsjahr 1946 bis 1949. 59 Der Hauptaktionär des Gerresheimer Werkes wurde 1964 das 30 Vgl. Amberger Volkszeitung v. 3.11.1964. weltweit agierende Verpackungsunternehmen Owens-Illinois, 31 Vgl. StadtAAm, Zg. Ill, Nr. 824/2/3. Toledo/USA. Dieses beschäftigte ca. 82.000 Mitarbeiter auf der ganzen Welt. Quelle: Vgl. Kamman, Gerresheimer Glas, 272, 32 Vgl. Amtsgericht Amberg, HR B 9. und StadtAO, Nr. 4-57-2-77.0000. 33 Vgl. StadtAAm, Zg. IlI, Nr. 824/2/2. 60 Vgl. StadtAAm, Zg. 1Il, Nr. 824/2/4. 34 Vgl. Geschäftsbericht der Amberger Flaschenhütten A.G., 61 Vgl. Feigl, Amberger Flaschenhütte, 35. Geschäftsjahr 1945 bis 1959. 62 Den Erlös aus dem Verkauf der Aktien verwendete die Stadt 35 Vgl. StadtAAm, Zg. Ill, Nr. 824/2/3. zum Umbau des großen Rathaussaals. 36 Vgl. StadtAAm, Zg. IIl, Nr. 861 /71/I. 63 Vgl. StadtAAm, Zg. 1Il, Nr. 824/2/4 und Amtsgericht Amberg, HR B9. 37 Vgl. StadtAAm, Zg. Ill, Nr. 824/2/3, Geschäftsbericht der Amberger Flaschenhütten A.G., Geschäftsjahr 1956. 64 Vgl. StadtAO, Nr. 4-57-2-77.0000. 65 Vgl. Amberger Volkszeitung v. 13.9.1978. 38 Vgl. StadtAAm, Zg. Ill, Nr. 826/33. 66 Vgl. StadtAAm, Zg. 1lI, Nr. 824/2/4. 39 Vgl. Geschäftsbericht der Amberger Flaschenhütten A.G., Geschäftsjahr 1954, 1958 und 1959. 67 Vgl. StadtAO, Nr. 4-57-2-77.0000. 40 Vgl. Geschäftsbericht der Amberger Flaschenhütten A.G., 68 Vgl. StadtAAm, Zg. III, Nr. 824/2/4. Geschäftsjahr 1960 bis 1967/1968. 69 Vgl. StadtAO, Nr. 4-57-2-83.0000. 162
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