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# Leonine ist da! Quartalsbericht zur deutschen Medienwirtschaft Oktober bis Dezember 2019 Teil 2: Konzernübersichten Von Gert Hautsch 23. Januar 2020 Bertelsmann SE & Co. KGaA Deutschlands größter Medienkonzern interpretiert den Geschäftsverlauf in den ersten Umsatzwachs- neun Monaten 2019 als erfolgreich. Der Umsatz hat im Vergleich zum Vorjahr um 3,3 tum um 3,5 Pro- zent Prozent auf 12,8 Milliarden Euro zugenommen, Vor allem die so genannten Wachs- tumsgeschäfte (Digitalplattformen, Bildung, Musik, Finanzdienstleistungen) haben sich verbessert. Hier sind die Erlöse um 4,6 Prozent gewachsen. Mehr als 35 Prozent des Konzernumsatzes entfallen auf sie (2018: 33 Prozent). Weitere Geschäftszahlen hat Bertelsmann für das dritte Quartal 2019 nicht veröffentlicht. Der größte Unternehmensbereich ist mit 36 Prozent Umsatzanteil die RTL-Group. Sie RTL wächst hat ihre Erlöse um 2,8 Prozent auf 4,5 Milliarden Euro steigern können. Um Sonderef- durch Filmpro- fekte bereinigt sind sie um 3,5 Prozent gewachsen. Im klassischen Fernsehgeschäft ist duktion. der Umsatz um zwei Prozent auf 3,2 Milliarden Euro gesunken aufgrund von niedrige- ren Werbeeinnahmen und Verkäufen von Unternehmensteilen (Universum Film). Trei- berin des Geschäfts war die Film- und Fernsehproduktion, die im Tochterkonzern Fre- mantle gebündelt ist. Hier ist der Umsatz um 16 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro gestie- gen. Besonders stark entwickelt sich nach Unternehmensangaben das Streaming-Segment bei RTL. Die Plattformen „TV Now“ in Deutschland und „Videoland“ in Holland haben die Zahl der Abonnenten um 50 Prozent auf zusammen 1,4 Millionen steigern können. Sechs Milliarden jährlich sollen in Der Bertelsmann-Konzern will seine Investitionen in Medieninhalte (Filme, Bücher, Inhalte fließen. Journalismus, Musik) von derzeit fünf auf sechs Milliarden Euro pro Jahr steigern. Da- neben gibt der Konzern viel Geld für den Kauf von Unternehmen oder von Beteiligun- gen aus. Folgende Geschäfte sind im vierten Quartal 2019 bekannt geworden:
Gert Hautsch: Quartalsbericht 4/19 zur Medienwirtschaft; Teil 2 Konzernübersichten Bertelsmann hat Pearson die letzten 25 Prozent an Penguin Random House (PRH) Portfolio- Veränderungen abgekauft und ist nun Alleineigentümer. Das war der umfangreichste Deal im vier- im vierten Quar- ten Quartal 2019. PRH ist der größte globale Verlagskonzern für Belletristik. Ber- tal 2019 telsmann hat sich das Geschäft 675 Millionen US-Dollar (608 Millionen Euro) kosten lassen.. PRH hat in den USA den Betrieb eines Logistikzentrums für Literatur gekauft. Damit wolle man sicherstellen, dass die westlichen US-Bundesstaaten weiterhin schnell mit Büchern beliefert werden können. Der Fonds Bertelsmann Asia Investments (BAI) hat sich erneut am chinesischen Onlinehändler Club Factory beteiligt. Dieser vertreibt Kleidung, Kosmetik, Accessoi- res und Lifestyleprodukte im Billigsegment. Die RTL-Tochter Fremantle hat 25 Prozent der US-Filmproduktionsfirma The Im- migrant gekauft. Sie ist auf spanischsprechendes Publikum spezialisiert. Anfang Januar 2020 hat sich BAI an dem mexikanischen Digitalbank-Startup Stori beteiligt. ProSiebenSat.1 Media Group SE Der P7S1-Konzern hat in den ersten neun Monaten 2019 seinen Umsatz mehr als er- Mehr Umsatz wartet steigern können. Um vier Prozent (organisch um drei Prozent) lag der Wert über und weniger dem des Vorjahrs. Das Wachstum wäre noch stärker ausgefallen, wenn der Bereich Profit bei P7S1 Entertainment nicht um vier (organisch drei) Prozent geschrumpft wäre. Dafür wiede- rum waren in erster Linie die Fernseh-Werbeerlöse verantwortlich. Sie sind allein im dritten Quartal 2019 um vier Prozent gesunken. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) ist zwischen Januar und September 2019 um acht Prozent zurückgegangen, bereinigt um Sondereffekte waren es sogar 16 Prozent weniger. Und beim Nettoprofit (Konzerngewinn) konnten nur noch weniger als drei Viertel des Vorjahreswerts verbucht werden. Dafür sind die Fi- nanzschulden um 18 Prozent gestiegen und waren fast so groß wie der Neunmonats- umsatz. Wirtschaftszahlen der ProSiebenSat.1 Media SE in den ersten neun Monaten (in Millionen Euro) 2017 2018 2019 19/18 (%) Außenumsatz 2.755 2.685 2.786 +4 - Entertainment 1.824 1.799 1.705 -5 - Content Prod. & Global Sales 375 361 461 + 28 - Commerce 556 525 619 + 34 Betriebsergebnis (EBITDA) 702 550 506 -8 Bereinigtes EBITDA 661 634 534 - 16 - Entertainment 565 567 458 - 19 - Content Prod. & Global Sales 20 19 26 + 34 - Commerce 77 48 51 +5 Bereinigter Konzerngewinn 331 305 224 - 26 Finanzschulden (30. 9.) 1.865 2.189 2.588 + 18,2 Quelle: Pressemitteilung der ProSiebenSat.1 Media SE vom 7. 11. 2019 und 7. 11. 2018 Seite 2 von 7
Gert Hautsch: Quartalsbericht 4/19 zur Medienwirtschaft; Teil 2 Konzernübersichten Die schrumpfenden Profite sind möglicherweise nicht das größte Problem, mit dem sich das Konzernmanagement unter Max Conze herumschlagen muss. Der ungeliebte Mediaset hat ihren Anteil an Großaktionär Mediaset (Berlusconi), der im Mai 2019 überraschend mit 9,6 Prozent bei P7S1 auf 15,1 P7S1 eingestiegen war, hat seinen Anteil im November auf 15,1 Prozent erhöht. Das Prozent gestei- ging vergleichsweise leicht, weil ein Großteil der Aktien an der Börse gehandelt wird gert. und der Kurs mit rund 10 Euro niedrig war. Die Italiener haben wissen lassen, dass sie weiter kaufen und mindestens 20 Prozent an P7S1 erreichen wollen. In einem Interview (Süddeutsche Zeitung, 2. 12. 2019) versuchte Vorstandschef Conze vorzubauen, indem er eine Fusion mit Mediaset ablehnte. Allerdings dürfte seine Mei- nung im Konfliktfall nicht viel gelten. Was mit Sicherheit kommen wird ist eine engere Verzahnung der beiden Medienkonzerne. Conze sagte in dem Interview auch, dass er Weitere Investo- den Einstieg anderer Investoren bei P7S1 für möglich halte. Zwei Tschechen, die ren scheinen Metro-Investoren und Milliardäre Daniel Křetínský und Patrik Tkac, sind seit Mitte Okto- willkommen zu ber 2019 schon mit 4,1 Prozent dabei. sein. Im Herbst 2019 war die Absicht von P7S1 bekannt geworden, dass die Produktions- tochter Red Arrow Studios – und damit der gesamte Geschäftsbereich „Content Pro- duction & Global Sales“ – verkauft werden sollte. Diese Pläne sind momentan zurück- gestellt, nicht jedoch aufgegeben worden. Weiterhin ist geplant, Teile der NuCom- Holding an der Börse zu verkaufen. Darin sind die wesentlichen Internetbeteiligungen Offenbar steht des Konzerns (Parship, Verivox, Amorelie u. a.) zusammengefasst. Sie war im Februar ein Verkauf der Bereiche Produk- 2018 zusammen mit dem Finanzinvestor General Atlantic geschaffen worden, der 25,1 tion und Com- Prozent übernahm. NuCom wurde aus der Konzernstruktur von P7S1 ausgegliedert merce zur Dis- und könnte deshalb relativ leicht veräußert werden. kussion. Wenn dann auch noch, wie geplant, Red Arrow verkauft würde, dann bliebe von Pro- SiebenSa.1 nur mehr ein Torso übrig, bestehend im Wesentlichen aus dem (schrump- fenden) Fernseh- und Unterhaltungsgeschäft. Das ließe sich dann gut in Berlusconis Mediaset integrieren. Axel Springer SE Wirtschaftszahlen der Axel Springer SE in den ersten neun Monaten (Millionen Euro) 2017 2018 2019 19/18 (%) Umsatz 2.222,0 2.326,0 2.263,7 - 2,7 - News Media 1.095,3 1.089,6 1.027,7 - 5,7 - Classifieds Media 745,3 890,2 901,5 + 1,3 - Marketing Media 336,8 306,8 300,7 - 2,0 - Services/Holding 44,6 39,3 - Digitale Aktivitäten 1.438,3 1.582,0 1.678,5 + 6,1 EBITDA, bereinigt 541,4 439,8 - 18,8 - News Media 165,1 165,1 79,8 - 51,7 - Classifieds Media 307,6 353,3 344,0 - 1,1 - Marketing Media 56,3 62,7 71,5 + 14,0 Konzerngewinn 163,4 247.4 134,1 - 45,8 Konzerngewinn bereinigt 244,4 256,7 174,5 - 32,0 Beschäftigte (Durchschnitt) 15.745 16.367 16.094 - 1,7 Quelle: Pressemitteilung der Axel Springer SE, 6. 11. 2019 und 7. 11. 2018 Seite 3 von 7
Gert Hautsch: Quartalsbericht 4/19 zur Medienwirtschaft; Teil 2 Konzernübersichten Bei Springer haben die ersten neun Monate einen Umsatzrückgang um 2,7 Prozent Springers Ge- gebracht. Das bereinigte EBITDA lag sogar fast 20 Prozent unter dem Ergebnis von schäft ist im 2018, und der bereinigte Nettoprofit (Konzernüberschuss) ist um knapp ein Drittel ge- dritten Quartal schrumpft.. Als Gründe nennt das Management Rückstellungen für die „Restrukturie- 2019 ge- schrumpft. rung“ (sprich Entlassungen) im Bereich „News Media National“. Das Segment „News Media“ (journalistische Angebote) ist zwar immer noch das größte im Konzern, es ist aber um 5,7 Prozent geschrumpft. Zur Erklärung wird angeführt, dass es 2018 eine kostenlose „Bild“ für alle Haushalte gegeben habe, 2019 jedoch nicht. Das einzige Wachstumssegment (plus 1,3 Prozent) waren die „Classifieds Media“ (Rubrikenportale aller Art). Das Segment „Marketing Media“ (Werbung) hat zwei Pro- zent weniger umgesetzt als im Vorjahr. Das einschneidendste Ereignis bei Springer war 2019 der Einstieg durch die Kohlberg KKR als neuer Kravis Roberts Inc. im August (QB 3/19-2, S. 5). Der Finanzinvestor hat 43,5 Prozent Großaktionär der Aktien erworben und ist damit größter Einzelaktionär, noch vor der Verlegerin Frie- besetzt drei Auf- de Springer. Die Kartellbehörden haben das Geschäft genehmigt. Die Machtübernahme sichtsratsposten. ist auch institutionalisiert worden: Im neunköpfigen Springer-Aufsichtsrat sitzen drei Abgesandte (darunter eine Frau) von KKR. Vorsitzender des Gremiums bleibt Ralph Büchi, seine Stellvertreterin Friede Springer. Inzwischen ist bekannt geworden, dass KKR den Einstieg nicht alleine vollzieht, son- Springer hat dern zusammen mit einer „Kollegin“. Die PSP Investments Holding Europe, Ableger noch einen zwei- ten Finanzinves- eines kanadischen Pensionsfonds, hat sich mit mehr als 25 Prozent bei der KKR Tra- tor am Hals. viata Co-Invest eingekauft. An diese neu geschaffene Firma hatte KKR seine Springer- Aktien übertragen. Mathias Döpfner hat im Zuge des KKR-Einstiegs einen „großen Schnitt“ im Konzern Personalabbau angekündigt. Dazu gehört im Bereich „News Media National“ das „Projekt Herkules“. mit dem „Projekt Unter dem Namen des antiken Helden wird ein Abfindungsprogramm gefahren, das ein Herkules“ „freiwilliges“ Ausscheiden bei der Welt- und der Bild-Gruppe schmackhaft machen soll. Von 150 wegfallenden Stellen allein bei „Bild“ ist die Rede. Zum Einsparprogramm gehört es auch, dass der größte Teil der Vertriebstochter Sales Sales Impacrt Impact von Ahrensburg/Hamburg nach Berlin verlagert werden soll. Etwa 20 Stellen will muss nach Berlin man dadurch streichen. Im Mai 2015 war schon der Zeitungsbereich von Sales Impact ziehen. in die Hauptstadt verlagert worden. Im Oktober 2019 hat Springer seinen Sektor „Classifieds Media“ gestärkt: Der Konzern Springer hat hat die Immowelt-Gruppe vollständig übernommen (bislang 55 Prozent). Verkäufer Immowelt waren die Rheinische Post, der Ippen-Konzern sowie die beiden Unternehmensgrün- komplett über- der. Immowelt betreibt mit „immowelt.de“ und „immonet.de“ zwei Portale, die zu den nommen. meistbesuchten ihrer Art im deutschsprachigen Raum gehören. Das Geschäft lief über die AVIV Group, eine 2018 geschaffene Zwischenholding für das Online-Rubriken- geschäft mit Immobilien, Autos und Generalisten. „Upday“ gehört Verkauft hat Springer einen nicht bezifferten Teil der Nachrichten-App „Upday“ an den nun teilweise koreanischen Elektronikkonzern Samsung. Mit diesem zusammen hat Springer die App Samsung. 2016 gestartet. Sie ist auf Samsung-Smartphones vorinstalliert und bietet u. a. einen algorithmusgesteuerten Nachrichtenstrom. Bislang gehörte „Upday“ Springer zu 100 Prozent. Das Unternehmen hat im vergangenen Jahr eigenen Angaben zufolge die Gewinnschwelle erreicht. Seite 4 von 7
Gert Hautsch: Quartalsbericht 4/19 zur Medienwirtschaft; Teil 2 Konzernübersichten Georg von Holtzbrinck GmbH & Co. KG Die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck alias Holtzbrinck Publishing Group hat im Umsatz und Dezember 2019 ihre Geschäftszahlen für 2018 im Bundesanzeiger veröffentlicht. Der Profit sind bei Konzernumsatz hat um 4,7 Prozent zugenommen; organisch – d. h. unter Berücksichti- Holtzbrinck gung von Portfolio- und Währungseffekten – waren es 4,3 Prozent plus. Das operative gewachsen. EBITDA ist um fast die Hälfte gestiegen, das Konzernergebnis (Nettoprofit) ist von einer auf fast 50 Millionen Euro katapultiert worden. Wirtschaftszahlen der Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck (in Millionen Euro) 2016 2017 2018 18/17 (%) Umsatz 1.222,6 1.427,7 1.494,3 + 4,7 - Macmillan Publishers 888,3 917,1 994,0 + 8,4 - Holtzbr. Science & Education 278,5 256,7 246,3 - 4,1 - Holtzbrinck Digital 60,0 272,0 284,6 + 4,6 - Sonstige Unternehmen 16,9 3,0 0,0 - - Konsolidierung/Innenumsatz - 21,1 - 21,1 - 30,6 - Umsatz nach Ländern bzw. Regionen - Nordamerika 717,4 746,0 787,8 + 5,6 - Deutschland 262,1 434,7 456.7 + 5,1 - Großbritannien 103,5 101,8 104,1 + 2,3 - übriges Europa 77,5 72,6 73,8 + 1,7 - Übrige Regionen 62,1 72,6 71,9 - 1,0 Operat. EBITDA, bereinigt 108,6 137,3 199,6 + 45,4 Konzernergebnis 1,3 1,1 49,5 > 100 Beschäftigte 3.949 4.816 5.301 + 10,1 - darunter Inland 1.234 1.929 2.140 + 10,9 Quelle: Bundesanzeiger, 13. 11. 2018 und 17. 12. 2019 Mehr als die Hälfte der Erlöse erzielt der Konzern in den USA, gut 30 Prozent in Gut 30 Prozent Deutschland. Größere Übernahmen von Unternehmen hat es 2018 bei Holtzbrinck nicht des Umsatzes gegeben (übrigens auch 2019 nicht). Man ist wohl immer noch damit beschäftigt, den kommen aus Deutschland. grandiosen Börsenflop im Frühjahr 2018 zu verdauen, den der Tochterkonzern Springer Nature eingebracht hat: Holtzbrinck hatte im Frühjahr 2015 wesentliche Teile seiner Wissenschafts- und Bil- Ein neuer Anlauf dungssparte ausgegliedert und in das neu gebildete Unternehmen Springer Nature in- zum Börsengang tegriert. Dieses war zusammen mit dem Finanzinvestor BC Partners gebildet worden, von Springer der den Wissenschaftsverlag Springer SBM einbrachte. Holtzbrinck hält 53 Prozent an Nature? dem Joint Venture. Es sollte eigentlich im Mai 2018 an die Börse gebracht werden, was aber scheiterte (QB 2/18-2, S. 5 f.). Darauf wird im Geschäftsbericht von Holtzbrinck nicht eingegangen. Auch die Perspektive ist dort kein Thema, obwohl sie auf der Ta- gesordnung stehen wird. BC Partners wollen ihre Anteile veräußern, Holtzbrinck wird finanziell nicht in der Lage sein, sie zu übernehmen. Mitte Januar 2020 wurde berichtet, dass bis Jahresmitte ein neuer Börsengang versucht werden soll. Springer Nature hat 2018 mit 13.000 Beschäftigten einen Umsatz von 1,66 (2017: 1,64) Milliarden Euro erzielt. Laut Holtzbrinck-Geschäftsbericht hat es „zu einem Ergebnis- anstieg im Geschäftsfeld Holtzbrinck Science and Education“ geführt. Nähere Angaben werden nicht gemacht. Seite 5 von 7
Gert Hautsch: Quartalsbericht 4/19 zur Medienwirtschaft; Teil 2 Konzernübersichten Andere Medienunternehmen ARD und ZDF Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten werden von den Bundesländern weiter Die KEF will unter starken finanziellen Druck gehalten. Die Kommission zur Ermittlung des Finanz- eine magere Er- höhung des bedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) hat Mitte November 2019 in einer vorläufigen Rundfunkbei- Empfehlung vorgeschlagen, von 2021 an den Rundfunkbeitrag von derzeit 17,50 Euro trags empfehlen. auf 18,36 Euro zu erhöhen. ARD und ZDF hatten in einer Bedarfsprognose eine Erhö- hung auf 19,20 Euro gefordert, wenn das bisherige Finanzniveau gehalten werden soll. Die KEF hatte selbst 2016 ausgerechnet, dass der Beitrag ab 2021 auf 19,40 Euro er- höht werden müsse, wollte davon später aber nichts mehr wissen. Die jetzige vorläufige Empfehlung soll Anfang 2020 zu einer endgültigen Fassung führen. Mit dieser werden sich die Landesregierungen befassen, die letztlich die Beitragshöhe festlegen werden. Gleichzeitig zu ihrer Empfehlung verlangt die KEF, dass auch in Zukunft die Beleg- schaft um 0,5 Prozernt pro Jahr verkleinert wird. Der Rundfunkbeitrag war 2015 herabgesetzt worden. Seit 2016 stagnieren die Gesamt- einnahmen bei acht Milliarden Euro, was real eine Senkung bedeutet. Die Rundfunk- anstalten werden unter einem ständigen Spardruck gehalten, müssen aber gleichzeitig ihr digitales Angebot ausbauen. Die KEF hat im November 2019 auch die Höhe der Gehälter bei ARD und ZDF kritisiert. Zum einen gebe es zwischen den einzelnen öffentlich-rechtlichen Anstalten deutliche Unterschiede, zum anderen lägen die Gehälter über denen der allgemeinen öffentlichen Die Gehälter bei Verwaltung und der privaten Medienwirtschaft. Die Kommission nutzt diese Argumenta- ARD/ZDF sind tion regelmäßig, um in der Bedarfsprognose von ARD und ZDF ohne weitere Begrün- angeblich zu hoch. dung die Personalaufwendungen zu kürzen. Es ficht sie dabei nicht an, dass sie für die Beurteilung der Peronalausgaben nicht zuständig ist. Natürlich kommt es ihr auch nicht in den Sinn, dass eine Angleichung nicht unbedingt nach unten erfolgen muss, sondern auch nach oben denkbar wäre. Gescheitert ist das Vorhaben von sechs Bundesländern, die Entwicklung des Rund- Das Vorhaben funkbeitrags an eine Indexziffer zu binden und ihn damit künftig automatisch anzupas- einer Indexbin- sen. Dadurch wären die regelmäßigen Streitigkeiten um die Finanzierung von ARD und dung des Rund- ZDF künftig vermieden worden. Die Anstalten hätten mehr Planungssicherheit gewon- funkbeitrags ist nen. Anfang November 2019 wurde überraschend bekannt, dass das Konzept nicht gescheitert. beschlossen werden konnte. Neben der FDP, die an einigen Landesregierungen betei- ligt ist, hätten „auch andere“ Widerstand dagegen geleistet. Leonine Holding GmbH Seit dem Frühjahr 2019 ist in München ein neuer Medienkonzern entstanden, der sich KKR hat binnen im Wesentlichen mit der Produktion, Verbreitung und Lizensierung von audiovisuellen weniger Monate Inhalten befasst. Leonine (deutsch: „löwenartig“) wurde vom US-Finanzinvestor KKR einen großen aufgebaut und ist die Dachgesellschaft für diverse Medienfirmen, die KKR in jüngster Film- und Fern- Zeit zusammengekauft hat. Dazu gehört allen voran die Tele München Gruppe (TMG; sehproduktions- konzern geschaf- selbst ein Medienkonzern, u. a. mit Odeon Film und Concorde), außerdem Universum fen. Film (Filmverleih), i&u TV und W&B TV (Fernsehproduktion) sowie W&B Film (Kiono- produktion). Auf dem Umweg über die TMG hat die Holding auch den Fernsehsender „Tele 5“ sowie 31,5 Prozent von „RTL 2“ erworben. Seite 6 von 7
Gert Hautsch: Quartalsbericht 4/19 zur Medienwirtschaft; Teil 2 Konzernübersichten Die Schaffung von Leonine solte nicht ohne das zweite aktuelle Engagement von KKR in der deutschen Medienwirtschaft betrachtet werden: die Übernahme von 43,5 Prozent Axel Springer dürfte bei den am Axel-Springer-Konzern (siehe oben, S. 3 f.). Dieser ist bislang zwar im Fernseh- und Plänen von KKR Filmgeschäft nur marginal engagiert (etwa durch den Fernsehsender „Welt“), will das mit Leonine eine aber ausbauen. So soll ein eigener „Bild“-Fernsehsender auf die Beine gestellt werden. Rolle spielen. Es wäre sehr erstaunlich, wenn KKR nicht weitere Synergien zwischen seiner Leonine und dem journalistischen Geschäft von Springer suchen würde. Der gesamte Vorgang ist in dieser Form neu: Bislang haben Finanzinvestoren ihr Hauptgeschäft darin gesehen, Unternehmen aufzukaufen, auszupressen und nach ei- Bei Leonine nigen Jahren mit hohem Profit weiterzuveräußern. Im vorliegenden Fall wird ein neues zeigt sich eine Unternehmen geschaffen, und zwar in einer Größenordnung, mit der es von vornehe- neuartige Ge- schäftsstrategie rein zur Spitzengruppe zählt. Das setzt ein längerfristiges Engagement voraus (von von Finanzinves- zehn Jahren ist die Rede). Möglich war das nur mit den gigantischen Finanzmitteln, die toren. Private-Equity-Gesellschaften zur Verfügung stehen. KKR besitzt eigenen Angaben zufolge Fonds im Umfang von rund 200 Milliarden US-Dollar. Der strategische Hintergedanke dürfte darin bestehen, dass im Siegeszug des Audio- und vor allem Videostreamings die Nachfrage nach Inhalten immens steigen wird. Da- von will man sich ein gehöriges Stück abschneiden. Zum Kundenkreis von Leonine sol- len Streaming-Anbieter, Bezahlfernseh-Plattformen sowie öffentlich-rechtliche und pri- vate Fernsehsender gehören. Innerhalb der angepeilten zehn Jahre will man einen hoch profitablen Konzern auf die Beine gestellt haben, der sich dann zu einem Vielfa- chen des Einkaufspreises veräußern lässt. Auf dem Weg dahin dürfte in den Tochter- firmen jenes rücksichtslose Sparregime herrschen, für das Finanzinvestoren berüchtigt sind. Kontakt: V. i. S. d. P: Cornelia Berger Dr. Gert Hautsch Christoph Schmitz Bereichsleiterin Medien und Fachredakteur Leiter Fachbereich Medien, Publizistik beim ver.di- 60318 Frankfurt am Main Kunst und Industrie Bundesvorstand Paula-Thiede-Ufer 10 10112 Berlin 10179 Berlin E-Mail: cornelia.berger@verdi.de Seite 7 von 7
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