Zahlenmenschen erfolgreich coachen - coaching - Angelika Leder
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coaching COACHINGPRAXIS. Immer mehr zahlenorientierte Menschen gelangen in Führungspositionen. Sie sind analytisch und in hohem Maße erfolgs- und Zahlenmenschen ergebnisorientiert. Beziehung und Bindung zu ihren Mitarbeitern erscheint ihnen nicht wichtig. Ohne sich dessen bewusst erfolgreich coachen zu sein, tragen sie so zu einer hohen Fluktuation bei. Kompetentes Coaching kann diese Entwicklung verhindern. Deutschlands Unternehmen brauchen Unternehmen und Menschen brauchen negativ auf Beziehung und Bindung aus- heute mehr Flexibilität als früher. Das ist Bindung. Bindung entsteht zuallererst wirkt. Die typische zahlenorientierte Füh- nicht zuletzt eine Folge der so genannten dadurch, dass Beziehungen aufgebaut rungskraft ist analytisch geprägt und auf Globalisierung. Umso wichtiger ist es, die werden. Deshalb brauchen Unternehmen Effizienz und Effektivität ausgerichtet. Sie Veränderungen so umzusetzen, dass die Führungskräfte, die Beziehungen aufbau- ist unabhängig von der Meinung anderer, Folgen erträglich sind und von den Betei- en und mit Bindung umgehen können schnell im Denken, sachlich, entschei- ligten und Betroffenen akzeptiert werden. und wollen. dungsfreudig und schnell im Handeln. Gerade in Zeiten der Unsicherheit und Sie treibt Projekte voran, sie gestaltet und der häufigen Veränderung brauchen Mit- Mitarbeiter werden gefordert arbeitet hart. Sie will Dinge zu Ende brin- arbeiter und Führungskräfte Bindung und gen. Sie ist aber auch ungeduldig, hört Zugehörigkeit als Fixpunkte – auch wenn Es gibt zwei Typen von zahlenorientierten nicht gern zu und kontrolliert umso lie- es sich dabei nur um Bindung und Zuge- Führungskräften. Zum einen diejenigen, ber. Sie beansprucht Autorität und bringt hörigkeit auf Zeit handelt. Sie brauchen die eher introvertiert sind und dem Typ hohen Einsatz. Bindung, um mit nachlassender Sicher- »detailorientierter Buchhalter« entspre- Zahlenorientierte Führungskräfte sind heit umzugehen, und um einen Gegenpol chen. Und zum anderen diejenigen, die oft die Hauptfiguren bei einer Sanierung zur Vereinzelung zu haben. Ohne Bin- eine hohe Ergebnis- und Erfolgsorientie- oder beim Aufbau von Unternehmenstei- dung entsteht der Zustand des »Driftens«, rung haben und für die Erfolge messbar len. Sie tragen wesentlich zum Wachstum den Richard Sennett in seinem Buch »Der sein müssen. Nur um Letztere geht es in ihres Unternehmens bei, und sie retten flexible Mensch« so treffend beschreibt. diesem Fachartikel. Unternehmen davor, zerschlagen zu Aber auch die Unternehmen brauchen Zahlenorientierte Führungskräfte werden. Sie stellen hohe Anforderungen die Bindung von Mitarbeitern. Auch wenn sind in hohem Maße daran orientiert, an die Mitarbeiter. Der Unterschied zwi- heute mehr Flexibilität nötig ist als früher Leistung und Erfolge zu erzielen. Sie gehö- schen ihrem eigenen Kenntnisstand und und dies unweigerlich auf Kosten von ren zu dem von C. G. Jung beschriebenen ihrer eigenen Leistungsfähigkeit und dem Bindung geht, bleibt es dabei: Ohne Bin- »extravertierten Denktypus«. Sie haben ihrer Mitarbeiter ist ihnen selten bewusst. dung leiden Produktivität, Kreativität und ausgeprägte Verhaltenstendenzen, die Sie erwarten viel, oft aber einfach zu viel, Loyalität. Viele gehen weg, die man gern durch das in immer mehr Unternehmen von ihren Mitarbeitern. Ihre Kritik ist halten würde. Andere bleiben, obwohl sie immer stärker verbreitete Klima gefördert scharfsinnig und schnell, kann aber auch gehen möchten, und suchen ihre eigenen und ermuntert werden. Die zahlenorien- leicht als abwertend empfunden werden. Wege, für sich selbst zu sorgen, auch wenn tierten Führungskräfte fördern ihrerseits Zahlenorientierte Führungskräfte dies die Unternehmen massiv schädigt. durch ihr Verhalten dieses Klima, das sich sind in vielen Hinsichten einfach gut, an- 44 wirtschaft & weiterbildung | Juni 2005
coaching dere Führungsaufgaben liegen ihnen hin- ten, mit den Schwächen zahlenorientier- die das von mir erwarten, haben nicht gegen eher nicht: Mitarbeiter entwickeln ter Führungskräfte umzugehen, wenn Recht« gibt es bei zahlenorientierten und fördern, übertragene Aufgaben genau diese manifest werden. Vorgesetzte, Kol- Führungskräften nicht. Sie nehmen Coa- erklären und Mitarbeitern Handlungs- legen und Mitarbeiter neigen in diesem ching in Anspruch, weil und wenn sie sich spielräume einzurichten, Anerkennung Punkt zur Resignation. Dahinter steht verändern wollen. Sie sind aktiv Tätige, für vergangene gute Leistungen zu geben die ebenso verbreitete wie verfestigte nicht passiv Geschickte. Der Coach trifft steht nicht auf ihrer Agenda. Ihre Auf- Annahme, zahlenorientierte Führungs- auf hohe Veränderungsenergie und den merksamkeit richtet sich auf die nächste kräfte seien für Feedback ohnehin nicht Wunsch nach schnellen Erfolgen. Er muss Aufgabe, das nächste Ergebnis. Was schon erreichbar und weder bereit noch fähig, sich darauf einstellen, dass sein Klient ein erreicht wurde, ist auch immer schon vor- sich zu verändern. Damit stabilisieren sehr schnelles Tempo vorlegt – und dabei bei. Sie sehen auch oft nicht, wie wichtig die anderen nur das, was sie eigentlich sich selbst und seine Umwelt überfordert. es ist, die eigenen Hintergründe und posi- ändern sollten: eine fatale Eigendynamik Er muss damit rechnen, dass der Klient tiven Absichten zu erläutern, um eine gu- des Verhaltens in Organisationen. – auch hier – überzogene und unerreich- te, auch persönliche Beziehung zu ihren Die Realität entspricht diesen An- bare Ziele setzt. Zugleich neigen zahlen- Mitarbeitern aufzubauen und diese nicht nahmen nur teilweise. Zahlenorientierte orientierte Führungskräfte dazu, ihre ei- nur zu informieren, sondern auch zu mo- Führungskräfte mit hoher Ergebnisori- genen erreichten und gewollten persön- tivieren. Wie wichtig es ist, Mitarbeitern entierung sind mit Feedback tatsächlich lichen Veränderungen zu übersehen oder Entwicklungsmöglichkeiten zu eröffnen, schwer zu erreichen. Aber es gibt Chan- zumindest wenig zu würdigen. liegt für sie auch nicht auf der Hand. cen und Möglichkeiten die Eigendyna- In ihrem Arbeitsumfeld treffen zah- mik zu durchbrechen. Feedback, das sie lenorientierte Führungskräfte, die sich Feedback weckt erreicht, kann auch ihre Handlungsmus- an einen Coach wenden, um ihre Verhal- ter verändern. Aber was macht Feedback tensänderung voranzutreiben, mitunter Veränderungswünsche wirkungsvoll? Erste Bedingung: Es muss auf Befremden, ja sogar Misstrauen. Das Zahlenorientierte Führungskräfte richten klar und deutlich sein und möglichst auch ist für sie erfahrungsgemäß schwer zu ihre Aufmerksamkeit einseitig auf Ergeb- überraschend kommen und die negativen ertragen. Bis ihre Veränderungen in ih- nisse und Erfolge. Nicht selten entsteht Wirkungen des Verhaltens der Führungs- rem Umfeld ankommen, geglaubt und dadurch ein entfesseltes Leistungsstre- kräfte ansprechen. Diese Wirkungen sind zurückgemeldet werden, kann gut ein ben, das durch den hohen Ergebnisdruck ihnen ja meist nicht bewusst und in al- halbes Jahr vergehen – eine lange Phase im Unternehmen nur unterstützt wird. ler Regel nicht beabsichtigt. Die zweite des Wartens für ungeduldige Menschen! Beziehungsorientiertes Führen bleibt da- Bedingung ist, dass das Feedback in den Zudem löst dieser »Wirkungslag« Verunsi- bei auf der Strecke. Mitarbeiter sehen die richtigen Zusammenhang gestellt wird. cherung aus, denn die Beziehungsgestal- Stärken und die Schwächen ihrer zahlen- Dass es den Nerv trifft: Was für zahlen- tung im Unternehmen erlebt manch eine orientierten Vorgesetzten. Man weiß um orientierte Führungskräfte zählt, ist Er- zahlenorientierte Führungskraft als Neu- deren Verdienste. Sie sichern Arbeitsplät- folg. Erfolg – manchmal eher persönlicher land. Neu ist für sie oft auch, sich selbst als ze. Doch die negativen Seiten führen bei Erfolg, manchmal eher Erfolg in der Sache unsicher zu erleben. den Mitarbeitern zu Angst, Frustration, – ist der Zweck ihres Handelns. Feedback Stress, Ärger und Druck. Über längere Zeit weckt bei zahlenorientierten Führungs- Was ein Coach mitbringen muss wird das Verhalten der zahlenorientierten kräften Veränderungsenergie, wenn es Führungskräfte klaglos ertragen. deutlich macht, dass der von ihnen ange- Der Coach muss mit zahlenorientierten Die Mitarbeiter funktionieren und strebte Erfolg durch ihre Verhaltenswei- Persönlichkeiten arbeiten wollen. Die schweigen. Es gibt kein offenes Feedback. sen gefährdet wird, weil die Mitarbeiter eigenen Erfahrungen helfen gegebenen- Das Schweigen der Mitarbeiter – und oft auf Dauer nicht mitziehen. Entscheidend falls, Verständnis und Wertschätzung für auch das anderer Akteure im Unterneh- ist auch, von wem das Feedback kommt. die Klienten aufzubringen und zugleich men – stabilisiert die ungeliebten und ob- Wirksam sind kritische Rückmeldungen deren Außenwirkungen wahrzunehmen jektiv unerwünschten Verhaltensweisen von Personen, die – aus welchen Gründen und zurückzuspiegeln. Nähe und bewäl- der typisch zahlenorientierten Führungs- auch immer – für die betreffende Füh- tigte Erfahrung qualifizieren auch dazu, kräfte. Auf Dauer geht das nicht gut. Die rungskraft wichtig sind. Schließlich muss offen Feedbacks zu geben – ohne zu be- Mitarbeiter beginnen sich zurückzuzie- Feedback aus einer eindeutig unterstüt- urteilen oder zu verurteilen. Schließlich hen. Sie vermeiden die Zusammenarbeit zenden Haltung heraus und zum richti- stützen eigene positive Erfahrungen des mit der Führungskraft. Die Produktivität gen Zeitpunkt gegeben werden. Coachs dessen Überzeugung, dass beim lässt nach. Manchmal kommt es zur Ver- Das Coaching von zahlenorientier- Klienten Ressourcen für den aktiven Be- weigerung oder zur offenen Ablehnung. ten Führungskräften hat seine eigenen ziehungsaufbau und für die Verhaltens- Es gibt Kündigungen oder Abwande- Erfolgsbedingungen. Es gibt einige Be- änderungen vorhanden sind. Natürlich rungswünsche. die nicht vollzogen wer- sonderheiten, auf die sich der Coach muss der Coach, insbesondere wenn er den. »Bei uns finden Sie keinen, der nicht bei diesen Klienten einstellen muss. Die mit älteren Klienten arbeitet, selbst Be- sucht«, ist Ausdruck dieser Stimmung. sonst gelegentlich anzutreffende Haltung rufs- und Lebenserfahrung mitbringen. Unternehmen haben oft Schwierigkei- des «Ich soll an mir arbeiten, aber die, Nur eigene Führungserfahrung macht es ➔ Juni 2005 | wirtschaft & weiterbildung 45
coaching TIPPS Was der Coach tun sollte Vieles von dem, was generell im Coaching richtig und wichtig ist, gilt auch für das Coaching von zahlenorientierten Führungs- Foto: Martin Pichler kräften. Dennoch gibt es Besonderheiten. 1. Der Coach muss mit Feedback aus unge- wohnter Perspektive verblüffen, denn den Klien- ten interessiert und motiviert das, was er selbst Angelika Leder, Inhaberin A.L. Coaching (www.al-coaching.de), bei einem Vortrag auf nicht weiß. dem DBVC-CoachingKongress. Leder ist DBVC Senior Coach, im Top-Management- 2. Der Coach muss unerschütterlichen Optimis- Coaching spezialisiert auf die Zusammenarbeit mit zalenorientierten Führungskräften. mus für die persönliche Veränderungsfähigkeit des Klienten haben und zeigen. Das Umfeld 6. Der Coach muss dem Klienten alle erreichten eine wichtige Intervention nutzen. Er tut gut neigt zur Festschreibung der sichtbaren und Verhaltensänderungen als Modell für weitere daran, sich auf die mit Sicherheit irgendwann gewohnheitsmäßigen Verhaltensweisen der Problemlösungen bewusst machen. zu erwartende Kritik des Klienten am Prozess Führungskraft. Veränderungen können eher 7. Der Coach muss die erzielten Erfolge des des Coachings vorzubereiten. Dieser Schritt erreicht werden, wenn es jemanden gibt, der Klienten »sammeln«, um sie ihm in Situationen eines jeden Coachingprozesses muss als Inter- daran glaubt. der Verunsicherung sichtbar zu machen. Da- vention genutzt werden. 3. Der Coach muss die möglichen Grenzen und für erweist es sich in der Praxis als besonders 10. Wenn sich ausnahmsweise doch die »Ich- den offenen Ausgang des Coachingprozesses wirksam, wenn der Coach die Erfolge in Zahlen muss-etwas-verändern-Haltung« zeigt, muss aufzeigen, denn in seinem aktuellen Arbeits- oder ähnlich fassbaren Größen bemisst und be- der Coach so lange an den Hintergründen von umfeld kann der Veränderungswille der Füh- schreibt. Hindernissen arbeiten, bis daraus wieder ein rungskraft schon zu spät kommen. In diesem 8. Der Coach muss dem Klienten die Wertschät- »Ich will etwas verändern« geworden ist. Falle kann der Klient trotzdem viel für sich ge- zung für dessen Fokussierung auf Messbares, 11. Der Coach muss alle Selbstzweifel und winnen. auf Erfolg und analytisches Vorgehen deutlich Unsicherheiten des Klienten ernst nehmen 4. Fast immer muss der Coach »Hyperaktivität« machen. Modelle und Theorien in der Zusam- und immer wieder die Balance zwischen den des Klienten bremsen, denn viele Führungskräf- menarbeit zu verwenden ist hilfreich, denn der Ansprüchen des Klienten an sich selbst und te des hier diskutierten Persönlichkeitstyps nei- Klient ist kognitiv fokussiert und kann sich in seinen eigenen Ressourcen herstellen. gen dazu, Aktivitäten zu entfalten, deren Aus- Modellen gut wieder finden. 12. Der Coach sollte den Klienten darin un- wirkungen ihn und sein Umfeld überfordern. 9. Der Coach muss sich darauf einstellen, dass zu terstützen, seinen persönlichen Veränderungs- 5. Der Coach sollte immer versuchen, die Betrof- irgendeinem Zeitpunkt der Klient den gesamten prozess im Unternehmen öffentlich zu machen fenheit und die Entschlossenheit des Klienten Prozess nicht nur kritisiert, sondern sogar vehe- und dafür eine zum Unternehmenskontext und für wirkungsvolle Veränderungen zu nutzen. ment abwertet, und er sollte diese Situation für zu seiner Person passende Form zu finden. ➔ einem Coach möglich, mit eher machtbe- weil Beziehungsaufbau und die Herstel- 5. Die Situation des anderen verstehen wussten Klienten »auf gleicher Augenhö- lung von Bindung nur mit dem Einsatz lernen. Man sollte sich als Führungs- he« zu arbeiten. Folgende Themen sind der eigenen Person möglich sind. kraft für die Situation anderer interes- beim Coaching von zahlenorientierten 3. Die Bereitschaft zur Selbsterklärung, sieren und deren Wünsche in adäquater Führungskräften besonders wichtig: zum bewussten Senden von Ich-Bot- Weise in Worte fassen können. 1. Die Selbstwahrnehmung des Klienten schaften muss erhöht werden. Nur wer All dies ist nicht einfach und erst muss entwickelt werden. Es geht darum, sich selbst erkennbar macht, indem er recht nicht selbstverständlich, aber es die Aufmerksamkeit für Hintergründe, oder sie etwas von sich und den eigenen ist erlernbar – zumal in der Zusammen- Normen, Werte sowie für die eigenen po- Hintergründen zeigt, hat eine Chance, arbeit mit einem auf solche Fragen spe- sitiven Absichten zu schärfen, um sich von anderen verstanden und akzeptiert zialisierten Coach. Fürsorge für sich und selbst besser zu verstehen und von ande- zu werden. andere lässt sich entwickeln, und sie ren besser verstanden zu werden. 4. Die Auswirkungen des eigenen Ver- muss entwickelt werden, weil es zu den 2. Die Folgen verkürzter, nur auf die Sa- haltens auf andere muss erlebbar ge- Kernaufgaben einer Führungskraft ge- che bezogener Kommunikation, müs- macht werden. Zahlenorientierte soll- hört, andere zu fördern. Unternehmen sen klar gemacht werden. Es ist wichtig, ten lernen, zu beobachten, wie sie auf profitieren davon, wenn Führungskräfte wahrnehmen und verstehen zu können, andere wirken. Sie sollten Feedback ein- die Fähigkeit entwickeln, Bindung auch was gewohnheitsmäßig von den eige- fordern lernen, weil nur so beziehungs- in schwierigen Zeiten zu fördern. nen Hintergründen ungesagt bleibt, orientiertes Führen möglich wird. Angelika Leder 46 wirtschaft & weiterbildung | Juni 2005
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