Fragiler Aufschwung Die deutsche Konjunktur im zweiten Halbjahr 2021 - Roland ...

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Fragiler Aufschwung Die deutsche Konjunktur im zweiten Halbjahr 2021 - Roland ...
Fragiler
Aufschwung
Die deutsche
Konjunktur im
zweiten Halbjahr
2021

            Konjunktur Deutschland 2021   1
2   Konjunktur Deutschland 2021
   Vierte Covid-Welle sorgt für Verunsicherung

                                  Erholung der Wirtschaft verläuft W-förmig

                                  Starker Arbeitsmarkt trotz Kurzarbeit

                                  Zahl der Unternehmensinsolvenzen
                                    bleibt stabil

                                  Auftragseingänge bereits über
                                    Vorkrisenniveau

                                  Kapazitätsauslastung im verarbeitenden
                                    Gewerbe ebenfalls über Vorkrisenniveau

                                  Geschäftserwartungen zeigen nach unten

                                  Fehlende Vorprodukte bremsen
                                    den Aufschwung

                                  Knappheit bei Vorleistungsgütern steigert
                                    die Erzeugerpreise

                                  Verbraucherpreise steigen so stark wie
                                    seit 30 Jahren nicht mehr

                                  Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen
                                    bleiben unsicher
Coverfoto Nikada/Gettyimages

                                  Der Aufschwung der deutschen Wirtschaft
                                    bleibt fragil

                                                          Konjunktur Deutschland 2021   3
Vierte Covid-Welle sorgt
für Verunsicherung
Die Pandemie wird zur Geduldsprobe für Wirtschaft
und Gesellschaft

Seit nunmehr eineinhalb Jahren ist die Corona-Pandemie das bestimmende
Thema, nicht nur mit Blick auf die Gesundheit der Menschen, sondern auch
hinsichtlich der Wirtschaftslage. Die Hoffnung auf eine starke wirtschaftli-
che Erholung bereits in diesem Jahr wurde durch die dritte Infektionswelle
deutlich getrübt. Geplante Öffnungsschritte im Frühjahr wurden ausge-
setzt, erst im Sommer konnten viele Maßnahmen aufgrund des saisonalen
Rückgangs der Infektionen und der anlaufenden Impfkampagne beendet
werden. Die neuartige, sich schnell ausbreitende Delta-Variante des Virus
sorgt für einen erneuten Anstieg der Inzidenzen. Daten aus Ländern
wie Großbritannien deuten darauf hin, dass sich die Inzidenz mit steigender
Impfquote von den Hospitalisierungen und Todesfällen entkoppelt.
Dennoch könnte es in Deutschland spätestens im Herbst 2021 zu neuen
Einschränkungen kommen.

Inzidenzen (links) und Impffortschritt (rechts, in %) in Deutschland
[Stand: 11.08.21]
                                                                                                                                 werden ausgesetzt
                                                                                      Harter Lockdown

                                                                                                                                 Öffnungsschritte
                                                                     Lockdown light

200                                                                                                                                                                                 100
                                                                                                                                                     Bundesnotbremse

                                                                                                                                                                                    90
                                                                                                        Lockdown mit Testprojekten

                                                                                                                                                                                    80
150
                                                                                                                                                                                    70
                                                                                                               Stufenplan

                                                                                                                                                                                    60
           Harter Lockdown

100                                                                                                                                                                                 50
                                    Hotspot-Strategie

                                                                                                                                                                                    40

                                                                                                                                                                                    30
 50
                                                                                                                                                                                    20

                                                                                                                                                                                    10

  0                                                                                                                                                                                 0
      01.04.2020             01.07.2020                 01.10.2020            01.01.2021                       01.04.2021                                              01.07.2021

          Impfquote 2. Impfung                              Impfquote 1. Impfung

Quelle: Johns-Hopkins-Universität, Presserecherche, Roland Berger

4 Konjunktur Deutschland 2021
Erholung der Wirtschaft
verläuft W-förmig
Eine erneute Rezession konnte trotz verlängerter
Lockdown-Maßnahmen abgewendet werden

Mit dem Ende der Lockdowns konnte die deutsche Wirtschaft im Frühjahr
2021 wieder an Fahrt aufnehmen und eine erneute Rezession abwenden.
Das Bruttoinlandsprodukt stieg im zweiten Quartal 2021 um 1,6% zum
Vorquartal, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Mit dieser Erholung
wurde die Prognose von 2,0%, die von Reuters befragte Ökonomen
erwartet hatten, allerdings nicht erreicht. Getragen wurde die Erholung
insbesondere durch private und öffentliche Konsumausgaben.

Nach Einschätzung der Bundesbank kann sich das Wachstumstempo
im Zuge der weiteren Öffnungsschritte aber noch beschleunigen. In diesem
Fall könnte das BIP bereits im dritten Quartal 2021 sein Vorkrisenniveau
erreichen. Diese Aussichten werden allerdings durch die weitere
Verbreitung der ansteckenderen Delta-Variante des Coronavirus getrübt.
Darüber hinaus bremsen die Lieferengpässe im Bereich der Vorleistungs-
güter und damit einhergehende Preissteigerungen eine noch schnellere
Erholung der Wirtschaft.

Wachstum Bruttoinlandsprodukt 2015-2021
[kalender-, saison- und preisbereinigt in %]
                                                           Wachstum
                                                            20201:

10
                                                            -4,9%                      9,4
                 Veränderung zum Vorquartal                                   9,0
               Veränderung zum Vorjahresquartal
    8
    6
    4
    2 0,9                                                                              1,6

    0
    -2
-4
-6
-8
-10                                                                   -10,0

-12                                                                       -11,3

            2015         2016           2017      2018         2019           2020      2021

1
    Preisbereinigte Veränderung ggü. Vorjahr
Quelle: Statistisches Bundesamt

                                                         Konjunktur Deutschland 2021     5
Starker Arbeitsmarkt
trotz Kurzarbeit
Der Arbeitsmarkt kann sich nach einem turbulenten Jahr
wieder normalisieren – Fachkräftemangel erneut im Fokus

Nachdem die Zahlen der Arbeitslosen und Kurzarbeiter beim Ausbruch der
Pandemie besorgniserregend in die Höhe schossen, haben sich beide
Indikatoren in den vergangenen Monaten stabilisiert und sinken wieder.

Die Arbeitslosenquote sinkt seit Anfang des Jahres kontinuierlich und liegt
bereits wieder bei unter 6% der zivilen Erwerbstätigen. Bei der Kurzarbeit
hingegen hat die dritte Welle zu Jahresbeginn zu einem erneuten Anstieg
geführt. Aufgrund der Lockerungen der Corona-Restriktionen reduziert
sich allerdings auch die Zahl der gemeldeten Kurzarbeiter. Insgesamt
befinden sich dennoch mehr als zwei Millionen Menschen in Deutschland
in Kurzarbeit.

Folglich ist anzunehmen, dass sich der Arbeitsmarkt in Deutschland wieder
auf dem Weg zum Vorkrisenniveau befindet. Zahlreiche Unternehmen
melden sogar wieder einen Fachkräftemangel, der höher liegt als vor der
Pandemie, insbesondere bei Hochqualifizierten.

Arbeitslosenquote                                  Entwicklung der realisierten Kurzarbeit
[in %]                                             [in Mio.]

6,5                                                 6

                                                    5
6,0
                                                    4

5,5                                                 3

                                                    2
5,0
                                                     1

4,5                                                 0
  01/20          07/20             01/21   07/21    01/20       07/20        01/21    07/21

Quelle: Bundesagentur für Arbeit

6 Konjunktur Deutschland 2021
Zahl der Unternehmens-
 insolvenzen bleibt stabil
 Zahl der Verbraucherinsolvenzen steigt jedoch stark an

 Die Gesamtzahl der in Deutschland gemeldeten Insolvenzen erreicht
 zum Halbjahr 2021 den höchsten Stand seit sieben Jahren. Dieser
 Anstieg geht fast ausschließlich auf eine deutlich höhere Zahl an
 Verbraucherinsolvenzen zurück. Ein Grund hierfür sind die verzögerten
 Auswirkungen des Lockdowns im Jahr 2020 und die damit einher-
 gehende Erwerbslosigkeit oder Kurzarbeit. Verstärkt wird dieser
 Effekt durch die im Oktober 2020 in Kraft getretene Verkürzung der
 Restschuldbefreiung, die zu erheblichen Erleichterungen für überschul-
 dete Privatpersonen geführt hat.

 Die Unternehmensinsolvenzen allerdings sind entgegen allen Befürch-
 tungen weiterhin rückläufig. Hierbei gilt es jedoch zu berücksichtigen,
 dass das Insolvenzgeschehen im Zuge der Pandemie von vielfältigen
 Sondereffekten verzerrt wird. So haben die Corona-Hilfen vielen Unter-
 nehmen die nötige Liquidität verschafft, um ein Insolvenzverfahren zu
 vermeiden. Außerdem war die Insolvenzantragspflicht bis Ende April
 2021 ausgesetzt.

 Entwicklung der Insolvenzen in Deutschland
 [jeweils 1. Halbjahr, in '000]

                                                                                        65,7
       62,1
                         58,3
                                       56,1                                      10,9
                                                      53,7
11,9
                  12,0                                                    48,0
                                11,8           11,1
                                                                   10,8

39,2              36,1          34,3          32,9                 28,2          46,0

11,0              10,2           9,9           9,7                  9,0           8,8

    2016                 2017          2018           2019            2020          2021*

 * Schätzung vom 22.06.2021                       sonstige Insolvenzen
                                                  Verbraucherinsolvenzen
                                                  Unternehmensinsolvenzen

 Quelle: Creditreform

                                                             Konjunktur Deutschland 2021       7
Auftragseingänge bereits
über Vorkrisenniveau
Die Auslandsnachfrage ist gesunken und wurde mittlerweile
von der Inlandsnachfrage überholt

Auf den rasanten, starken Einbruch der Auftragseingänge im Frühjahr
2020 folgte eine ebenso schnelle Erholung. Die Auftragseingänge liegen
im Juni 2021 bereits auf dem höchsten Stand seit der Finanzkrise.

Vor allem der deutliche Anstieg der Großaufträge konnte wesentlich
zum Aufschwung bei den Aufträgen beitragen. So stieg der reale Auftrags-
eingang im verarbeitenden Gewerbe im Juni um 4,1% verglichen zum
Vormonat – ohne Berücksichtigung der Großaufträge würde der Anstieg
lediglich 1,7% betragen.

Während die Auslandsnachfrage im Frühjahr 2021 leicht nachgab, hat
die Inlandsnachfrage im laufenden Jahr stark zugelegt und mittlerweile
sogar die Nachfrage aus dem Ausland übertroffen.

Auftragseingänge verarbeitendes Gewerbe
[Volumenindex, 2015 = 100, kalender- und saisonbereinigt]

120

110

100

90

80

 70

60
   01/           01/          01/    01/     01/        01/    01/    01/
  2015          2016         2017   2018    2019       2020   2021   2022

           Insgesamt
           Inland
           Ausland

Quelle: Statistisches Bundesamt

8 Konjunktur Deutschland 2021
Kapazitätsauslastung im
verarbeitenden Gewerbe
ebenfalls über Vorkrisenniveau
Einzig die Automobilindustrie hat die Verluste noch nicht
wieder wettgemacht

Auch die Kapazitätsauslastung im verarbeitenden Gewerbe konnte sich
stark erholen und liegt mittlerweile deutlich über dem Vorkrisenniveau.
Einzig der Automobilsektor konnte noch nicht wieder aufschließen und
bleibt noch leicht unter dem Vorkrisenniveau.

Der Grund für die Probleme in der Automobilindustrie ist der Lieferengpass
bei Halbleitern, der bei vielen Betrieben zu einem Rückgang der Produktion
geführt hat. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) musste auf-
grund des Chipmangels seine Prognose für 2021 nach unten korrigieren:
Ging der VDA zu Jahresbeginn noch von einem Absatzwachstum in
Deutschland von 8% aus, wurde diese Prognose im Juli auf nur noch 3%
reduziert. Da deutsche Autobauer überwiegend Elektro- und Premiumfahr-
zeuge produzieren, für deren Bau besonders viele Halbleiter benötigt
werden, sind die deutschen Autobauer besonders stark von den Liefereng-
pässen bei Halbleitern betroffen.

Kapazitätsauslastung im verarbeitenden Gewerbe
Auslastung im Juli 2021 [%] (Kreise) und Veränderung April 2020 ggü. Juli 2021
sowie Juli 2021 ggü. April 2020 in Prozentpunkten

     87,1                 88,7                    85,6                90,1            86,9

                                                      41,1

         16,7                                                                            18,0
                               11,1                                      13,7

                         -8,6                                         -7,7
    -13,5                                                                             -12,0

                                                 -42,9
Verarbeitendes         Maschinen-               Automobil-            Elektro-         Metall-
   Gewerbe                bau                    industrie           industrie        industrie

   Juli 2021 ggü. April 2020          April 2020 ggü. Juli 2019

Quelle: ifo Institut

                                                                  Konjunktur Deutschland 2021     9
Geschäftserwartungen zeigen
nach unten
Insgesamt sind die Geschäftserwartungen der Unternehmen
jedoch auf hohem Niveau

Die Geschäftserwartungen deutscher Unternehmen knicken nach einer
rasanten Erholung wieder leicht ein und pendeln sich auf einem hohen
Niveau ein. Dennoch sind die Erwartungen auf einem ähnlich hohen Stand
wie im Jahr 2018.

Insbesondere die Erwartungen im verarbeitenden Gewerbe sind weiterhin
auf einem hohen Niveau. Nachdem die Aussichten in diesem Bereich
schon weit vor der Krise eher negativ gestimmt waren, erwartet heute die
Mehrheit der Befragten eine sich weiter verbessernde Konjunktur.

Die Erwartungen der Unternehmen bleiben jedoch fragil, da eine hohe
Unsicherheit bezüglich der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung
herrscht. Die Ausbreitung der Delta-Variante des Coronavirus in Verbin-
dung mit der aktuell stockenden Impfkampagne, aber auch ansteigende
Preise für Zwischenprodukte und unzuverlässige Lieferketten in einigen
Sektoren dämpfen die Hoffnung auf einen anhaltenden Aufschwung.

Geschäftserwartungen deutscher Unternehmen
[Salden, saisonbereinigt]

30

 20

 10

 0

-10

-20

-30
                       Gesamtwirtschaft
                       Verarbeitendes Gewerbe
-40
                       Dienstleistungen
-50

-60
      01/           01/           01/            01/    01/    01/    01/    07/
     2015          2016          2017           2018   2019   2020   2021   2021

Quelle: ifo Institut

10 Konjunktur Deutschland 2021
Fehlende Vorprodukte bremsen
den Aufschwung
Insbesondere die Elektro- und Automobilindustrie sind von
Lieferverzögerungen und -ausfällen bei Vorprodukten betroffen

Fast zwei Drittel der Unternehmen im verarbeitenden Gewerbe in Deutsch-
land haben im vergangenen Quartal über einen Mangel an Vorprodukten
geklagt. Noch können viele Hersteller die ansteigende Nachfrage mit
vorher gefertigten Produkten aus dem Lager bedienen, doch diese leeren
sich zunehmend. Insbesondere die Automobilindustrie kämpft mit
einem Mangel an Halbleitern aus der Elektroindustrie, die aufgrund
fehlender Kapazitäten im Bereich der Chipproduktion selbst mit Liefereng-
pässen zu kämpfen hat.

Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass die Automobilindustrie noch lange mit
der Halbleiterkrise zu kämpfen haben wird. Die Marktforscher von Gartner
gehen davon aus, dass bestimmte Teilbereiche der Automobilindustrie erst
im Jahr 2023 oder gar 2024 zu einer Erholung kommen, da erst dann neue
Fertigungskapazitäten für Speicherchips zur Verfügung stehen werden.

Anteil der Unternehmen, die von Knappheit an Vorprodukten betroffenen sind
[in %]

                                                                                84
Elektroindustrie                                              63

                                                                                83
Automobilindustrie                                               65

                                                                           79
Gummi- und Kunststoffwaren                                            71

                                                                      70
Maschinenbau                                        42

Verarbeitendes Gewerbe                                           64
                                                     45

                                                            59
Chemische Industrie                                 42

                                              35                           Juli 2021
Getränkeherstellung          2                                             April 2021

Quelle: ifo Institut

                                                   Konjunktur Deutschland 2021 11
Knappheit bei Vorleistungsgütern
steigert die Erzeugerpreise
Ökonomen erwarten aufgrund steigender Erzeugerpreise
auch weiter steigende Inflation

Die Erzeugerpreise in Deutschland sind in den vergangenen Monaten so
stark gestiegen wie seit der zweiten Ölkrise im Jahr 1982 nicht mehr. Wie
das Statistische Bundesamt mitteilte, stiegen die Erzeugerpreise im Juni
um 8,5% verglichen zum Vorjahresmonat.

Hauptverantwortlich für den Anstieg der Erzeugerpreise sind die Entwick-
lungen bei den Vorleistungsgütern, die im Jahresvergleich um 12,7% teurer
wurden, sowie die steigenden Energiekosten, die im Schnitt um 16,9%
teurer waren als im Vorjahresmonat. Hauptgründe für den starken Anstieg
der Preise für Vorleistungsgüter sind die durch die hohe Nachfrage im
In- und Ausland hohen Preise für Rohstoffe, insbesondere Holz und Stahl.
Bei den Energiepreisen macht sich ein statistischer Basiseffekt bemerkbar,
da diese während der ersten Corona-Welle stark gefallen waren.

Die Produzentenpreise gelten als Frühindikator für die Entwicklung der
Inflation. Viele Ökonomen fürchten, dass ein Teil des Anstiegs der
Erzeugerpreise in den nächsten Monaten auch auf die Verbraucherpreise
abgewälzt wird und zu höheren Inflationsraten führt.

Erzeugerpreise deutscher Unternehmen
[Index, 2015 = 100]

116                                       Erzeugnisse der Vorleistungsgüterproduzenten
114                                       Erzeugnisse des verarbeitenden Gewerbes
112                                       Energie

110
108
106
104
102
100
98
96
      01/2019

                04/2019

                          07/2019

                                    10/2019

                                                01/2020

                                                          04/2020

                                                                    07/2020

                                                                              10/2020

                                                                                        01/2021

                                                                                                  04/2021

                                                                                                            07/2021

Quelle: Statistisches Bundesamt

12 Konjunktur Deutschland 2021
Verbraucherpreise steigen
so stark wie seit 30 Jahren
nicht mehr
Inflationsrate steigt um 3,8% verglichen zum Vorjahr –
teilweise zurückzuführen auf Sondereffekte

Die Angst vor einer anhaltenden Inflation in Deutschland wächst, nachdem
die Inflationsrate im Juli so stark gestiegen ist wie seit fast 30 Jahren
nicht mehr. Verglichen zum Vorjahresquartal stiegen die Preise um 3,8%.
Darüber hinaus ist seit Ende des vergangenen Jahres in jedem Monat eine
steigende Teuerungsrate verglichen zum Vormonat zu beobachten.

Tatsächlich kann ein Teil der Teuerungsraten auf einen Basiseffekt
zurückgeführt werden. So wurde im Sommer vergangenen Jahres die
Mehrwertsteuer temporär gesenkt. Darüber hinaus wirkt auch die
Einführung einer CO2-Abgabe im Januar 2021 preissteigernd. Dennoch
spricht vieles dafür, dass die Inflationsrate auch nach Überwindung der
Sondereffekte noch höher liegen wird als vor der Krise. Gründe hierfür
sind der zunehmende Protektionismus, preissteigernde klimapolitische
Maßnahmen, der demographische Wandel sowie die expansiven Geld-
und Fiskalpolitik vieler Länder.

Entwicklung der Verbraucherpreise 2019-2021
[preisbereinigt in %]                                          Inflation
                                                                 2021:
    4,0            Veränderung zum Vormonat                   +2,6%1                  3,8
                 Veränderung zum Vorjahresquartal
    3,5

    3,0

    2,5                                                                             2,3
                2,0
    2,0
                                           1,7
    1,5 1,4
                1,0
    1,0                                                                               0,9
                                                                       0,8

    0,5

    0,0

-0,5                                                              -0,3

-1,0                               -0,8                         -0,8
                       2019                            2020                  2021
1
    Erwartete Inflationsrate des Consensus
Quelle: Statistisches Bundesamt, Consensus Economics

                                                         Konjunktur Deutschland 2021 13
Die wirtschaftlichen Rahmen-
bedingungen bleiben unsicher
Wichtige Chancen und Risiken in Deutschland – ein Überblick

                  Wirtschaft
                  Starker Nachholbedarf
                  bei Freizeitaktivitäten und Konsumgütern
                  wirkt stimulierend

                  Hohe Liquidität
                  im Markt, keine Kreditklemme zu befürchten

                  Boom im Inland
                  durch starke Auftragslage im Inland

                  Impffortschritt
                  macht das Infektionsgeschehen besser beherrschbar

                  Virusmutationen
                  bleiben weiterhin mögliche Game Changer

                  Hohe Verschuldung
                  und drohende Zombifizierung von Unternehmen

                  Steigende Energiekosten
                  setzen Unternehmen zunehmend unter Druck

                  Ausbleibende Vorleistungsgüter
                  sorgen für erneute Produktionsstopps

Quelle: Roland Berger

14 Konjunktur Deutschland 2021
Politik

                  Abnahme geopolitischer Unsicherheit
                  u.a. durch Trump-Abwahl und Brexit-Vollzug

                  Globale Mindeststeuer
                  kann Grundstein für verbesserte internationale
                  Zusammenarbeit legen und "Race to the bottom"
                  im Steuerwettbewerb verhindern

                  Anstehende Bundestagswahl
                  erhöht Unsicherheit bezüglich zukünftiger
                  Wirtschafts- und Steuerpolitik

                  Zunehmende Destabilisierung
                  durch gesellschaftliche Polarisierung

Quelle: Roland Berger

                                                  Konjunktur Deutschland 2021 15
Der Aufschwung der deutschen
Wirtschaft bleibt fragil
Wachstumsschub für die zweite Jahreshälfte erwartet

Die Hoffnung auf eine schnelle Erholung wurde aufgrund der dritten
Corona-Welle und damit einhergehender Lockdown-Maßnahmen bereits
früh in diesem Jahr enttäuscht. Erst mit Unterschreiten der in der
Bundesnotbremse festgelegten Inzidenzwerte Anfang Sommer 2021
breitete sich wieder mehr Optimismus in den Unternehmen aus. Das
zeigt ein Blick auf die Geschäftserwartungen.

Gleichzeitig fällt der Aufschwung schwächer aus als erwartet: So sorgen
weiterhin Lieferengpässe bei Vorprodukten dafür, dass die Produktion in
einigen Industrien bereits wieder gedrosselt werden musste. Dennoch ist
davon auszugehen, dass das BIP im dritten Quartal 2021 wieder das Niveau
des Vorkrisenzeitraums erreichen wird. Die häufig zitierte Gefahr einer
Insolvenzwelle ist weiterhin nicht in Sicht.

Nichtsdestotrotz bleibt der Aufschwung stark vom Pandemiegeschehen
abhängig. Mit der Verlängerung des pandemischen Notstands im August
2021 sind erneute Einschränkungen nicht auszuschließen. Entsprechend
groß fallen die Unterschiede bei den Einschätzungen zu der weiteren
konjunkturellen Entwicklung aus. So geht die DZ BANK lediglich von einem
Wachstum von 2,7% für 2021 aus, während die Deutsche Bank mit 4,0%
rechnet. Im Mittel erwarten die befragten Ökonomen ein moderates
Wachstum von 3,3% im Jahr 2021 und einen weiteren Aufschwung im
Jahr 2022.

16 Konjunktur Deutschland 2021
Wachstumsaussichten für die deutsche Wirtschaft
[Prognose BIP-Wachstum für die Jahre 2021 und 2022]

                 2021                                 2022

                   2,7           DZ BANK
                                                      4,8

                  3,3           ifo Institut
                                                      4,3

                  3,3           Consensus
                                                      4,4

                  3,5            UniCredit
                                                      5,0

                                 Deutsche
                  4,0              Bank               4,2

Quelle: Consensus Economics

                                               Konjunktur Deutschland 2021 17
Ihre Ansprechpartner
bei Roland Berger

                       Dr. David Born
                       Roland Berger Institute (RBI)
                       OpernTurm
                       Bockenheimer Landstr. 2-8
                       60306 Frankfurt
                       david.born@rolandberger.com
                       +49 160 744-6500

                       Steffen Geering
                       Roland Berger Institute (RBI)
                       Fürstenwall 172
                       40217 Düsseldorf
                       steffen.geering@rolandberger.com

                                                          Fotos Roland Berger GmbH

18 Konjunktur Deutschland 2021
ROLAND BERGER ist die einzige Strategieberatung europä-
ischer Herkunft mit einer starken internationalen Präsenz. Als
unabhängige Firma, im alleinigen Besitz unserer Partnerinnen
und Partner, sind wir mit 50 Büros in allen wichtigen Märkten
präsent. Unsere 2400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zeichnet
eine einzigartige Kombination aus analytischem Denken und
empathischer Einstellung aus. Angetrieben von unseren Werten
Unternehmergeist, Exzellenz und Empathie sind wir überzeugt
davon, dass Wirtschaft und Gesellschaft ein neues, nachhaltiges
Paradigma benötigen, das den gesamten Wertschöpfungskreislauf
im Blick hat. Nur so können wir die tiefgreifenden Herausforde-
rungen unserer Zeit heute und morgen erfolgreich meistern.

                                   Konjunktur Deutschland 2021 19
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