Zum 100-jährigen Jubiläum der Begründung des Ernst Abbe-Gedächtnispreises - Renate Tobies Friedrich-Schiller-Universität Jena Virtueller Tag der ...

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Zum 100-jährigen Jubiläum der Begründung des Ernst Abbe-Gedächtnispreises - Renate Tobies Friedrich-Schiller-Universität Jena Virtueller Tag der ...
Zum 100-jährigen Jubiläum
     der Begründung des
Ernst Abbe-Gedächtnispreises

                     Renate Tobies
           Friedrich-Schiller-Universität Jena

 Virtueller Tag der Mathematikgeschichte, 14. Mai 2021
Zum 100-jährigen Jubiläum der Begründung des Ernst Abbe-Gedächtnispreises - Renate Tobies Friedrich-Schiller-Universität Jena Virtueller Tag der ...
Zum 100-jährigen Jubiläum
der Begründung des Ernst Abbe-Gedächtnispreises

  • 1921 Initiative zum Preis

  • Reaktion der Carl Zeiss-Stiftung

  • Bekanntmachung & Fachkommissionen

  • Preisträger für Mathematik, Physik bzw. angewandte
    Mathematik & Physik, von 1924 bis 1940
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1 Die Initiative zum Preis

• Paul Koebe (1882-1925) und Max Wien (1866-
  1938) waren Vorsitzende der Ortsausschüsse für
  Mathematik bzw. Physik, die die Mathematiker- und
  Physikertagung (18. bis 24. September 1921 in
  Jena) vorbereiteten.

• Am 24. Juli 1921 richteten sie ein Schreiben an die
  „Carl Zeiss-Stiftung beim Kultusministerium
  Weimar“: […]
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1 Die Initiative zum Preis

[…] Die Aufmerksamkeit wird hierdurch in
  besonderem Masse auf unsere Universität
  gelenkt werden, und so werden auch die
  Beziehungen unserer Universität zur Zeiss-
  Stiftung, die ihr ein charakteristisches
  Gepräge gegenüber anderen Universitäten
  verleihen, besondere Beachtung finden. Diese
  Beziehungen kommen im Sinne Abbe’s,
  des Gründers der Zeiss-Stiftung,
  vornehmlich den mathematischen und
  physikalischen Wissenschaften
  einschliesslich ihrer Anwendungen zugute.
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• Um die grosse Schöpfung Abbe’s der wissenschaft-
  lichen Welt durch ein besonderes Symbol dauernd vor
  Augen zu halten und dadurch das Andenken Abbe’s
  zu ehren, beantragen die Unterzeichneten als
  Vorsteher der Ortsauschüsse der kommenden Tagung
  die Stiftung eines der allgemeinen Förderung der
  mathematischen und physikalischen Wissenschaften
  einschliesslich ihrer Anwendungen dienenden
  Preises, der den Namen Ernst Abbe-
  Gedächtnispreis der Carl Zeiss-Stiftung zur
  Förderung der mathematischen und
  physikalischen Wissenschaften führen würde.
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• Wir haben uns gedacht, dass etwa alle zwei Jahre ein
  Preis von ca. 15 000 Mark, dessen Höhe mit der
  Geldwertänderung abgeändert werden könnte,
  abwechselnd für die folgenden von Abbe besonders
  geschätzten und gepflegten Gebiete zur Verleihung
  gelangen möchten:
• 1.) für Mathematik,
• 2.) für angewandte Mathematik, Mechanik,
  Astronomie,
• 3.) für Physik.
• [4.) technische Physik.] * (ergänzt von R. Straubel)
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• Die Verleihung möge für hervorragende Leistungen
  auf den genannten Gebieten erfolgen, deren
  Veröffentlichung in die der Verleihung jeweils
  vorausgehende Periode von etwa 10 Jahren
  hineinfällt. Dem Geldpreise würde zweckmässig
  eine Bronze-Medaille (Ernst-Abbe-Medaille)
  beigegeben, die auf der einen Seite das Bildnis
  Abbe’s zeigt, auf der andern das Verdienst des
  Empfängers mitteilt. Die Verleihung hätte auf
  Vorschlag zu wählender Fach-Ausschüsse durch die
  Carl-Zeiss-Stiftung zu erfolgen. Als wünschenswert
  erscheint dabei, dass jedem Fach-Ausschuss ein
  Mitglied der Universität Jena angehört. […]
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2 Reaktion der Carl Zeiss-Stiftung
• Dr. jur. Heinrich Ernst Wuttig (1876-1935),
  „Ministerialdirektor im Ministerium für Volksbildung im
  Volksstaat Thüringen“, sandte dieses Schreiben am
  4. August 1921 an den Präsidenten des Oberverwaltungs-
  gerichts in Jena Friedrich Ebsen (1871-1934), der von
  1921 bis 1933 als Stiftungskommissar der Carl-Zeiß-
  Stiftung fungierte.
• Wuttig bat Ebsen, sich nach Fühlungnahme mit den
  Geschäftsleitungen der Stiftungsbetriebe (die Firmen Carl
  Zeiss und Schott & Gen.) zu der Anregung der Professoren
  zu äußern.
• Die Entscheidung fiel beeindruckend schnell. Ebsen
  antwortete am 12. August, dass Rudolf Straubel seinen
  Urlaub für einen Tag unterbrochen und für den 9. August
  eine Geschäftssitzung anberaumt habe.
  Straubel: „Über die Berechnung der Fraunhoferschen Beugungs-
  erscheinungen durch Randintegrale mit besonderer Berücksichtigung
  der Theorie der Beugung im Heliometer“ (Diss. 1888; Abbe /Thomae).
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2 Reaktion der Carl Zeiss-Stiftung
Geschäftssitzung, 9.8.1921, R. Straubel
• Es wurde bestimmt, ein Kuratorium für
  die Preisverleihung zu schaffen, dem ein
  Mitglied der Carl-Zeiss-Stiftung
  angehören soll.
• Hinsichtlich der finanziellen Basis wurde
  verfügt: „100.000 M Kriegsanleihe
  (nominal) zur Begründung eines aller zwei Jahre zu
  vergebenden Abbe-Gedächtnispreises.“

                      1889-1989
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3 Bekanntmachung & Fachausschüsse

• Am 16. September teilte
  Ministerialdirektor Wuttig den Leitern
  der Ortsausschüsse Koebe und Wien mit,
  dass er selbst den Preis verkünden will,
• bei Tagungseröffnung am Montag,
  den 19. September 1921, um 9.00
  bei den Physikern und anschließend
  bei den Mathematikern.
• Publikation in Fachorganen (nicht in
  Tageszeitungen).
Medaille
von A. Lehnert (1862-1948),
          Leipzig

Oskar Hecker (1864-1938),
Geophysik
                              Math. Ann. 86 (1922) 328
4 Preisverleihungen

• Das für den Preis zurückgelegte Kapital wurde
  im Verlaufe der Inflation wertlos, wie aus einem
  Sitzungsprotokoll vom 15. November 1924
  hervorgeht.
• Um den Preis dennoch verleihen zu können,
  stellte die Firma Zeiss einen Dispositionsfonds
  zur Verfügung.
• Die Carl Zeiss-Stiftung beriet jeweils gesondert
  über die Höhe des Preises.
• Die Höhe für den ersten Preis 1924 ging aus
  den Akten nicht hervor.
Preis 1924 Mathematik
Felix Klein (1896) über Ernst Abbe

• Die Entwicklung unserer culturellen Verhältnisse drängt
  immer mehr darauf hin, daß eine gewisse Zahl von
  Persönlichkeiten gebraucht wird, welche die mathe-
  matisch-physikalische Universitätsbildung in technischer
  Richtung zur Geltung zu bringen haben. […]
• Sie wissen Alle, dass Siemens bei seinen grossen
  Unternehmungen nicht zu seinem Schaden fortgesetzt
  theoretische Physiker mit beschäftigt hat. Ein anderes
  besonders interessantes Beispiel in dieser Hinsicht gibt
  Zeiß’ optisches Institut in Jena, dessen immer neue und
  überraschende Leistungen die Bewunderung des Auslandes
  bilden. Dieser Erfolg ist nur dadurch erreicht worden, daß
  ein so hervorragender Mathematiker und Physiker wie
  Prof. Abbe sein ganzes theoretisches Können dem
  besonderen Zwecke des Instituts dienstbar gemacht hat.[1]

  [1][UAG] Kur. 5956, Bl. 99-100. Klein, Rede v. 6.12.1896, geschickt an Kultusminister Bosse.
• Ernst Abbe:
  Habilitationsschrift 1863
• „Über die Gesetzmäßigkeit in
  der Verteilung der Fehler bei
  Beobachtungsreihen“

• Felix Klein (1922 GMAII, S. 212):
  „Ich verlange u.a. für das
  Zeichnen eine ähnliche
  Fehlertheorie, wie man sie seit
  Gauß bei allen exakten
  Messungen verwendet.“
  (präzise
  „Approximationsmathematik“,
  „eine sogar besonders
  schwierige Disziplin“ – „keine
  approximative Mathematik“)
Klein, Felix:
                       „Über das Brunssche Eikonal“.
                       Zeitschr.Math.u.Physik 46 (1901): 372-75.

                       „Räumliche Kollineation bei optischen
                        Instrumenten“. Ebd. 376-382.
____________________
                       Eikonal (Altgriech. εἰκών eikon = Bild, Abbild)
                       in der geom. Optik: Strecke eines Lichtstrahls
                       zwischen Ausgangs- und Endpunkt; meist
                       Bruns-Eikonal genannt.

                       Heinrich Bruns publizierte 1895 eine Funktion,
                       die nach dem Fermatschen Prinzip den
                       kürzesten Weg zwischen zwei durch optische
                       Medien getrennten Punkten beschreibt, führte
                       den Begriff Eikonal ein.
                       Heute wissen wir durch Klein (JDMV 1891):
                       Das Verfahren war schon William Rowan
                       Hamilton bekannt, der es charakteristische
                       Funktion nannte (Hamilton-Jacobi-Gleichung)
                       und in Optik und Mechanik anwandte.
Gutzmer an Klein, 22.3.1902
    Schwierigkeiten in Jena mit der Einrichtung eines Instituts für
      technische Physik (Thermodynamik, Festigkeitslehre?
         Elektrotechnik? – immer reichte das Geld nicht…)
• „[…] Als es sich um die Errichtung eines technischen Instituts
  handelte, sagte Abbe: es solle nur ein kleineres Institut sein, in
  welchem aber doch technische Probleme in wiss. Weise behan-
  delt werden. … Fortwährend bereiteten Straubel, Auerbach
  und Czapski – letztere mehr indirekt – Schwierigkeiten… Rau
  zog einen Ingenieur der Firma Zeiß hinzu…
  In einer Besprechung, die zwischen Abbe, Auerbach, Strau-
  bel, [Adolf] Winkelmann, Rau und mir stattfand, wurde
  wenigstens eine Einigung dahin erzielt, daß in erster Linie die
  Elektrotechnik ausgebildet werden solle und daß die Thermo-
  dynamik mit berücksichtigt werde, wobei ins Auge gefaßt wurde,
  evtl. in größeren Fabrikanlagen Indicatorversuche,
  Kesseluntersuchungen etc. etc anzustellen...“
  […] Gutzmer: Hilfeschrei und Bitte um Unterstützung durch
  Klein…
Mitglieder des Fachausschusses Mathematik:
                    P. Koebe, R. Fricke, H. Weyl

    Kleins 50-jähriges Doktorjubiläum, 12. Dez. 1918

                    ________________________________

Paul Koebe (1882-1945)
Prof. Uni Jena: 1914-26
Robert Fricke (1861-1930)
TH Braunschweig

                                    Vol. I 1897, Vol. II 1912
      Vol. I 1890, Vol. II 1892

                                    engl. Übers. Beijing: 2017
       engl. Übers. Beijing: 2017
Hermann Weyl (1885-1955)
    ETH Zürich 1913-30; Göttingen; 1933 Princeton

R
• Preis 1926 Physik: Wilhelm Wien (1864-1928) als
  „Einen Meister der Theorie und des Experiments“
  (3000 Reichsmark) – Nobelpreis 1911

• Preis 1928 Angewandte Mathematik und Physik:
  Alexander Meissner (1883-1958), dem „Erfinder
  des Röhrengenerators“ (3000 Reichsmark)

• Preis 1930 Mathematik:
  Philipp Furtwängler (1869-1940)
  „für seine hervorragenden Leistungen
  in der Zahlentheorie“
  - Doktorschüler Felix Kleins „Zur Theorie
  der in Linearfaktoren zerlegbaren ganzzahligen
  ternären kubischen Formen“ (1896).
  - seit 1912 Prof. U Wien
Eröffnungsveranstaltung
des Abbeanum
  (im Bauhausstil
  mit Mitteln der
  Carl Zeiss-Stiftung
  1929/30 gebaut)

Preisverleihung und
  Vortragsprogramm

Furtwängler erhielt
  den Preis in Wien,
  da er aus
  gesundheitlichen
  Gründen nicht
  reisen konnte
Programm, 26.-28.10.1930•              Die., 27.10.
                                   •   Bieberbach, L. (Berlin):
So., 26.10. Begrüßungsabend im         Operationsbereiche von Funktionen
„Schwarzen Bären“                  •   Blaschke, W. (Hamburg): Über topo-
                                       logische Fragen der Differentialgeom.
Mo., 27.10. Preisverleihung        •   Mises, R.v. (Berlin): Über ein Problem
                                       der Wahrscheinlichkeitsrechnung
Koebe, P. (Leipzig): Geometrie der •   Sommerfeld, A. (München): Über
Uniformisierung                        Beugung, Bindung und Bremsung von
Weyl, H. (Göttingen): Die Stufen       Elektronen
des Unendlichen                    •   Goldschmidt, V.M.): Chemie
Besichtigung des neuen Instituts       unbegrenzter Atom-Mengen
für reine und angewandte Mathe.    •   Jentzsch, F. (Jena): Das neue Institut
                                       für angewandte Optik
Joos, G. (Jena, Zeiss): Vorführung     (mit anschließender Besichtigung)
der Jenaer Wiederholung des
Michelsonversuchs                  Gesellschaftsabend (mit Damen) im
Bauersfeld, W. (Jena): Vorführung    Abbeanum
des Stereographen                  Gelegenheit weiterer Instituts-
                                     Besichtigungen…
• Preis 1932 Physik: Victor Franz Hess (1883-1964) für die
  „Entdeckung der kosmischen Strahlung“ (5000 Schillinge) –
  Nobelpreis 1936
1933:
   - Ausscheiden von R. Straubel aus der Zeiss-Geschäftsführung
   (→W. Bauersfeld),
   - neuer Stiftungskommissar: Abraham Esau
   - über die potentiellen Preisträger wurden zusätzlich „politische
   Unbedenklichkeitszeugnisse von der NSDAP“ eingefordert

• Preis 1934 Angewandte Mathematik und Physik:
  Ludwig Prandtl (1875-1953), dem „Meister der
  Strömungsforschung“ (3000 Reichsmark)

• Preis 1936 Mathematik: Wilhelm Blaschke (1885-1962) für
  seine Verdienste auf dem Gebiete der Integralgeometrie“(3000
  Reichsmark)
   Ministerialrat Friedrich Stier (1886-1966), 1933 NSDAP, erbat am 29.12.36 v. Prof.
   Dr. Adolf Rein (1885-1979), 1933 NSDAP, Rektor U Hamburg, Historiker, ein Sohn
   des Jenaer Reformpädagogen Wilhelm Rein (1847-1929) „vertrauliche Auskunft über
   die Person und die politische Zuverlässigkeit“ von Blaschke. (Blaschke: 1933
   NSDAP, 1946 entnazifiziert).
Blaschke, Wilhelm:
• Die Preis-Verleihung (3000 Reichsmark) erfolgte am
  Samstag, den 12. Juni 1937 bei einer Festsitzung der
  Mathematischen Gesellschaft zu Jena im großen Hörsaal
  des Abbeanum.

• Vortrag Blaschkes: „Über die Stellung der Mathematik im
  neuen Deutschland“. Seine Rede, die im Jenaer Volksblatt
  vom 14. Juni 1937 referiert wurde, schloss er mit den Worten
  von Leonardo da Vinci: „Wer die erhabene Weisheit der
  Mathematik tadelt, nährt sich von Verwirrung“.

• Felix Klein, Vorlesungen über höhere Geometrie, bearb. u.
  hrsg. v. W. Blaschke, Berlin: Julius Springer, 1926.
  Im Vorwort lesen wir: „Kleins gruppentheoretischer Aufbau
  der Geometrie, wie er ihn zuerst 1872 in seinem Erlanger
  Programm entworfen und dann 1893 in seiner Einleitung
  in die höhere Geometrie näher ausgeführt hat, ist für die
  Weiterentwicklung der Geometrie, ja auch der Physik
  heute so wichtig und lebendig als je.“
• Preis 1938 Physik: [Walther Bothe (1891-1957)]
  in „Anerkennung seiner Verdienste
  um die Entdeckung der Beryllium-Strahlen“ –
  Abbe-Preis nicht verliehen; Nobelpreis 1954

• Schüler von Max Planck
  1933: Lehrstuhl von Lenard in Heidelberg
  1934: Direktor physik. Teilinstitut KWI für medizin. Forschung in Heidelberg

• 6.1.39 Ministerialrat Stier: Anfrage an Prof. Dr. Heinrich Vogt (1890-1968),
  Direktor Sternwarte Königsstuhl Heidelberg (seit 1931 NSDAP), „ob Sie
  politisch oder sonst in der Person des Auszuzeichnenden irgendwelche
  Bedenken sehen.“

• 11.1.39 H. Vogt antwortete: „In wissenschaftlicher Hinsicht hat Herr Bothe
  sicher die Auszeichnung verdient. Und in politischer Hinsicht ist er zwar nie
  hervorgetreten, aber ich glaube, dass man da auch keine Bedenken gegen
  die Verleihung des Preises an ihn zu haben braucht.“

• Stier leitete diese Antwort am 12. Januar 1939 zustimmend an die
  Kuratoriumsmitglieder Esau und Koebe.
Ministerium in Weimar:
  „Der Herr Reichsstatthalter hat nicht viel Meinung
  für den Professor Dr. Bothe in Heidelberg und wirft
  die Frage auf, ob der Preis nicht auch dem
  Professor Esau oder einem anderen Jenaer
  Gelehrten zugeteilt werden könne.“
Koebe: bestand auf Preisverleihung für höchste wiss.
  Leistung, erbat zusätzliches Gutachten von
  Gerhard Hoffmann (1880-1945), seit 1937 o.
  Professor für Experimentalphysik in Leipzig und
  inzwischen „Schriftwalter“ für die Fachkommission
  Physik zum Abbe-Preis.
  Herausragendes Urteil über W. Bothe.
• Der Preis wurde nicht verliehen.
• Preis 1940 Angewandte Mathematik und Physik:
  Heinrich Barkhausen (1881-1956), Professor für
  Telegraphie und Telephonie und Direktor des Instituts
  für Schwachstromtechnik an der TH Dresden

• 31.8.41 Paul Henrichs (1882-1962) Neuer Bevollmächtigter der
  Zeiss-Geschäftsleitung im Preiskuratorium (Vorsitz: Esau);
  Erarbeitung neuer Satzungen.
• Barkhausen hatte in Berlin, München, Göttingen studiert,
  bei H.Th. Simon promoviert: „Das Problem der Schwingungs-
  erzeugung mit besonderer Berücksichtigung schneller
  elektrischer Schwingungen“ (1903); als Ass. hatte er auch an
  Felix Kleins Lehre zur angewandten Mathematik
  teilgenommen (Seminar Elektrotechnik, 1905).
• Das Prozedere der Preisverleihung (für Barkhausen)
  zog sich wiederum in die Länge.

• 23.3.1942 Paul Koebe an „Stiftungskommissar der Carl
  Zeiss-Stiftung, Herrn Staatsrat Dr. Esau“:
  - Die Vorschläge Bothe, Barkhausen seien nicht realisiert
  worden;
  - Es habe Veränderungen im Verlaufe der Zeit gegeben,
  weshalb er [Koebe] beabsichtige, „seine Ämter nunmehr zu
  neuer freien Verfügung niederzulegen“.
  [Geschäftsverwaltung des Preis-Kuratoriums;
  Mitglied im Fachausschuss Mathematik]
  - Koebe schlug vor, ein Archiv zum Abbe-Preis einzurichten
  und sandte alle Akten an Walther Bauersfeld (1879-1959).

• 23.1.1943 [Abbe-Geburtstag]:
  Preisverleihung an Heinrich Barkhausen im Abbeanum,
  Vortrag von B.: „Der Siegeszug der Elektronenröhre und
  seine Grenzen“.
Zum 100-jährigen Jubiläum
der Begründung des Ernst Abbe-Gedächtnispreises
• Das Thema der Preisverleihung spiegelt sich in den Akten noch
  1944 und 1946.

• Bestrebungen durch die Carl Zeiss-Stiftung in Oberkochen,
  den Preis aufleben zu lassen, wurden nicht realisiert.

• Die Kammer der Technik (der DDR) verlieh von 1946 bis 1992
  als höchste Auszeichnung eine Ernst-Abbe-Medaille für
  besondere ingenieurtechnische Leistungen.

• Der Freistaat Thüringen vergibt seit 2009 einen Ernst-Abbe-
  Preis für innovatives Unternehmertum (100.000 EUR).
  Preis 2020 für Kategorie „Tradition & Zukunft“: Hochgenauen
  Sternsensor ASTRO XPJena-Optronik GmbH I Jena (plus 4)

Gewusst? A main-belt asteroid discovered by Paul G. Comba in 1997 was
  named after Felix Klein.
Seit 1973:
       The Ernst Abbe Memorial Award
       of the New York Microscopical Society

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
• Zum 100-jährigen Jubiläum der Begründung des Ernst Abbe-
  Gedächtnispreises
• Renate Tobies (Friedrich-Schiller-Universität Jena)
• Im Jahre 2021 jährt sich die Begründung des Ernst Abbe-Gedächtnispreises
  zum 100. Male. Die Analyse von Akten aus dem Thüringischen Haupt-
  Staatsarchiv Weimar und aus dem Carl-Zeiss-Archiv in Jena ermöglichte,
• - die Initiative des Mathematikers Paul Koebe und des Physikers Max Wien
  aufzudecken;
• - die Reaktion auf diese Initiative durch Rudolf Straubel – promovierter
  Mathematiker und Geschäftsführer den Firma Carl Zeiss in der Nachfolge
  von Ernst Abbe – zu erkennen;
• - alle Träger des Preises, der für Mathematik, Physik und deren
  Anwendungen verliehen wurde (von Felix Klein bis Heinrich Barkhausen),
  herauszufinden;
• - die politische Einflussnahme während der NS-Zeit aufzuzeigen sowie
• - das Beharren auf der Auszeichnung für höchste wissenschaftliche
  Leistungen durch den mathematischen Initiator Paul Koebe und dessen
  bemerkenswerten Rücktritt vom Amt 1942, als er das nicht mehr
  gewährleistet sah.
• Zum 100-jährigen Jubiläum der Begründung des Ernst
  Abbe-Gedaechtnispreises"

• Der Preis wurde anlaesslich des Mathematiker- und
  Physikertages 1921 in Jena initiiert, vom Mathematiker
  Paul Koebe und Physiker Max Wien.
  Das Geld verfuegte die Carl Zeiss-Stiftung; der erste
  Preis ging an Felix Klein; durch juengste Archivstudien
  konnten erstmals auch alle Preistraeger identifiziert
  werden
  (das ist eine interessante Geschichte, die bis 1942
  reicht...).
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