Zum Schwanzabriss bei der Katze
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Aus der Chirurgischen Veterinärklinik -Kleintierchirurgie- (Prof. Dr. E. Schimke)1 und dem Institut für Veterinär-Pathologie (Prof. Dr. M. Reinacher)2 der Justus-Liebig-Universität Gießen Zum Schwanzabriss bei der Katze O. LAUTERSACK1, A. HOLTHAUSEN1, M. KRAMER1, E. SCHIMKE1, S. SCHLEICHER1, W. BAUMGÄRTNER2 und B. TELLHELM1 Zusammenfassung Zum Schwanzabriss der Katze Der sogenannte Schwanzabriss der Katze führt in den meisten Fällen zu gestörtem Urinabsatz und Lähmung des Schwanzes. Bei 53 Katzen wurde die Erkrankung retrospektiv untersucht, um eine Korrelation zwischen klinisch-neurologischen, sowie radiologischen Befunden und der Prognose zu ermitteln. 62,3% konnten nach dem Trauma sofort oder im Laufe der Therapie wieder Urin absetzten, wobei kein Zusammenhang zwischen den neurologischen Ausfällen und der Prognose zu erkennen war. Die Lokalisation der Verletzung ist ohne Einfluss auf die Prognose, während die radiologisch erkennbare Dislokation des Schwanzes bei Verschiebung nach kranial in der untersuchten Patientengruppe mit einer besseren Prognose verbunden war. Ob Operation oder konservative Therapie die Behandlung der Wahl darstellt, konnte nicht abschließend geklärt werden. Schlüsselwörter: Schwanzabriss - Katze - Miktionsstörung - Schwanzlähmung - Therapie – Prognose Summary About the avulsion of the tail in the cat Avulsion of the tail in the cat mostly leads to impaired micturition and paralysis of the tail. The histories of 53 cats were studied to find correlations between neurological and radiological findings and prognosis. 62,3% of the cats showed normal micturition immediately after the trauma or during therapy without relations between neurological deficits and prognosis. The location of the fracture or luxation has no influence on the prognosis, whereas patients with cranial dislocation of the tail seemd to have a better prognosis. There was no definite conclusion, if operation or conservative management is the therapy of choise. Keywords: Avulsion of the tail - cat - impaired micturition - paralysis of the tail - therapy - prognosis Einleitung Durch Fraktur oder Luxation von Kreuzbein- oder proximalen Schwanzwirbeln wird der kaudale Rückenmarksbereich, die Cauda equina oder der Plexus pelvinus geschädigt. Dadurch entsteht das klinische Bild des sogenannten Schwanzabrisses der Katze, das durch 1
Symptome wie Schmerzhaftigkeit, Lähmung des Schwanzes oder der Hintergliedmaßen und Urinabsatzprobleme geprägt sein kann (Abbildung 1). In seltenen Fällen kommt es zu klinisch relevanter Koprostase oder Kotinkontinenz (DeLahunta, 1983). Das Trauma entsteht in den meisten Fällen bei Autounfällen durch Fixation des Schwanzes und gleichzeitiges Wegrennen der Katze (Anderson und Coughlan, 1997). Im proximalen und distalen Schwanzbereich treten Hämatome auf und an der Abrissstelle wird Krepitation mit abnormer Beweglichkeit palpiert. Zusätzliche Verletzungen wie Frakturen der Gliedmassen oder abdominale und thorakale Traumata können das klinische Bild des Schwanzabrisses überlagern. Anatomische und physiologische Grundlagen Das Os sacrum besteht bei der Katze aus drei Wirbeln, die meist bis zum Alter von etwa 1 ½ Jahren verwachsen. Es umschließt die Cauda equina, die den Conus medullaris bei der Katze meist zwischen siebtem Lenden- und kranialem Teil des 1. Sakralwirbels verlässt (Frewein und Vollmerhaus, 1994) und sich aus dem 7. Lendennerven, drei Nervi sacrales und fünf Nervi coccygeales zusammensetzt (Nickel et al., 1992). Von besonderer klinischer Bedeutung sind die Sakralnerven, da ihre Funktion den Urin- und Kotabsatz gewährleistet. Ihre Kerne liegen bei der Katze zwischen der Mitte des 7. Lendenwirbels und dem kranialen Drittel des Os sacrum (Goller, 1959; Nickel et al., 1992; Frewein und Vollmerhaus, 1994). Nach Kot et al. (1994) soll das Sakralmark der Katze im 5. und 6. Lendenwirbel liegen. Die efferente Blasen- und Harnröhreninnervation erfolgt über sympathische, parasympathische und somatische Nervenbahnen. Der Urinabsatz und die Speicherung setzten das komplizierte Ineinandergreifen dieser Steuerungsbahnen voraus. Der Musculus detrusor vesicae wird durch den hauptsächlich parasympathischen Nervus pelvinus über cholinerge Muskarinrezeptoren innerviert. Er hat im sakralen Miktionszentrum (S1-3) seinen Ursprung und zieht zur Harnblasenwand, wo er an der Bildung der intramuralen Plexus vesicales craniales und caudales beteiligt ist (DeLahunta, 1983; Nickel et al., 1992). Die sympathische Steuerung der Blase und Harnröhre erfolgt durch das Miktionszentrum im Lendenmark (L2-5, Oliver et al., 1969; L1-2, Moreau, 1982). Über den sympathischen Grenzstrang ziehen Fasern ins Ganglion mesentericum caudale. Im Nervus hypogastricus verlaufen die postganglionären Fasern zum Plexus pelvinus in der dorsalen Beckenhöhle, um von dort an die α- und β-Rezeptoren der intramuralen Plexus vesicales zu ziehen (Nickel et al., 1992). Die sympathischen Nervi splanchnici sacrales des Plexus pelvinus bewirken zusätzlich die Kontraktion der Harnröhrenmuskulatur (DeLahunta, 1983; Nickel et al., 1992). An Blase und Urethra finden sich alle vier Untergruppen von sympathischen Rezeptoren (α1, α2, β1 und β2). Die Erregung von α-Rezeptoren führt zur Verengung von Blasenhalsbasis und Urethra, während β-Rezeptoren vor allem die Erschlaffung des Musculus detrusor bewirken. Die Kombination beider Funktionen ermöglicht die Urinretention (Moneau und Lees, 1989). Die somatische Innervation der Blasen- und Harnröhrenmuskulatur erfolgt durch den Nervus pudendus, dessen Kerne im sakralen Miktionszentrum (S1-3) liegen. Die somatischen Stränge ziehen in den Plexus sacralis, aus dem sich der Nervus pudendus isoliert und im weiteren Verlauf den Nervus perinealis profundus abgibt, der den quergestreiften Teil des Musculus urethralis über cholinerge Nikotinrezeptoren innerviert (DeLahunta, 1983; Nickel et al., 1992). Der Steuerung auf Reflexebene sind supraspinale Zentren übergeordnet. Die willkürliche Kontrolle wird durch das Cortex cerebri vermittelt, während die unbewusste Koordination durch Basalganglien, den Thalamus und den Vermis cerebelli erfolgt. Sie kontrollieren über 2
efferente Bahnen das Harnblasenzentrum in der Pons, das dem sakralen Miktionszentrum übergeordnet ist (Kuru, 1965; DeLahunta, 1983; O´Brien, 1988). Die afferente Innervation der Blase erfolgt von Mechanorezeptoren über die Nervi pelvini und den Plexus pelvinus zum sakralen Miktionszentrum. Zusätzlich befinden sich in der Blasenwand Nozizeptoren, die Reize über die Nervi pelvini und die Nervi hypogastrici ins Rückenmark vermitteln. Schmerzhafte Überdehnung der Blasenwand kann daher über die Nervi hypogastrici auch bei starker Traumatisierung des Sakralmarks wahrgenommen werden. Der Harnfluss, Dehnungszustand und schmerzhafte Reize in der Urethra werden über den Nervus pudendus ins Rückenmark geleitet (Fletcher und Bradley, 1978; DeLahunta, 1983; O´Brien, 1988; Nickel et al., 1992). Die Innervation von Mastdarm und Rektum erfolgt über entsprechende Bahnen. Zusätzlich besteht jedoch eine autonome Steuerung über das intramurale Nervensystem. Der Musculus sphincter ani externus wird über den Nervus perinealis profundus und rectalis caudalis innerviert, der aus dem Nervus pudendus hervorgeht (DeLahunta, 1983; Nickel et al., 1992). Material und Methoden Von 1992 bis Januar 2001 wurden an der Chirurgischen Veterinärklinik, Kleintierchirurgie, der Justus-Liebig-Universität Gießen 53 Katzen mit Schwanzabriss vorgestellt. Der Heilungsverlauf der entlassenen Patienten wurde durch telefonische Befragung (n=32) und klinische Nachuntersuchung (n=5) ermittelt. 16 Katzen wurden in der Chirurgischen Veterinärklinik der Universität Gießen euthanasiert. 47 europäische Kurzhaarkatzen (EKH), drei Perserkatzen, zwei Siamkatzen und eine Norwegische Waldkatze waren betroffen. Das Alter der Patienten lag zwischen 6 Monaten und 13 Jahren (Ø 3,4 Jahre, Median: 2,0 Jahre). 13 Tiere waren männlich (24,5%), 19 männlich kastriert (35,8%), 11 weiblich (20,8%) und 10 weiblich kastriert (18,9%). Alle vorgestellten Tiere wurden klinisch-orthopädisch und klinisch–neurologisch untersucht. Anschließend wurden bei allen Tieren Röntgenaufnahmen der kaudalen Wirbelsäulen- und proximalen Schwanzabschnitte im latero-lateralen und bei 24 Katzen zusätzlich im ventro- dorsalen Strahlengang angefertigt. 43 Patienten (81,1%) wurden konservativ behandelt, während 10 Katzen (18,9%) chirurgisch versorgt wurden. Alle 53 Tiere erhielten Boxenruhe und wurden je nach Befund antibiotisch behandelt. Bei fehlendem Urinabsatz wurde die Blase zwei bis drei mal täglich manuell entleert und die Patienten erhielten Phenoxybenzamin1 und Bethanechol2. In 5 Fällen wurde die Amputation des Schwanzes vorgenommen, wobei zwei Katzen der Schwanz zwischen dem vierten und fünften, sowie sechsten und siebten Schwanzwirbel amputiert wurde. Bei zwei Tieren erfolgte die Amputation zwischen S3/Cy1 und bei einer im zweiten Schwanzwirbel. Bei drei Tieren (S2/3-Fraktur: n= 2; S3/Cy1-Luxation: n=1) wurde eine Hemilaminektomie mit zusätzlicher Fixation durch Drahtcerclagen durchgeführt. Bei einer Katze mit S3-Fraktur und S3/Cy1-Luxation wurde eine Laminektomie mit Weichteilnaht und bei einer weiteren mit S2/3-Fraktur nur eine Hemilaminektomie angewandt. 1 Dibenzyran ® 5/10mg, Kapseln; Procter & Gamble Pharmaceuticals, Dr.-Otto-Röhm-Str.2-4, 64331 Weiterstadt, Deutschland 2 Myocholine-Glenwood ® 10/25mg, Tabletten; Glenwood GmbH Pharmazeutische Erzeugnisse, Riedener Weg 23,82319 Starnberg, Deutschland 3
Der Beobachtungszeitraum bei gestörter Miktion lag bei erfolgreich behandelten Tieren im Durchschnitt bei 33,1 Tagen (3 bis 201 Tage), während die behandelten, aber euthanasierten Patienten über 22,9 Tage therapiert wurden (8 bis 108 Tage). 9 Patienten (17,0%) wurden auf Wunsch des Besitzers oder wegen zusätzlicher Verletzungen ohne Therapie euthanasiert (0 bis 2 Tage). Um objektivierbare Kriterien zur prognostischen Bewertung des sogenannten Schwanzabrisses zu ermitteln, wurde die Dislokation des frakturierten oder abgerissenen Teils des Kreuzbeins oder Schwanzes auf den Röntgenbildern ausgemessen. Die Höhendislokation wurde in einer senkrechten Linie vom kaudalen Ende des Spinalkanalbodens des kranialen Fragments zum kranialen Rand des Wirbelkanals des kaudalen Fragments gemessen (Abbildung 2). Zwischen Dislokation nach dorsal oder ventral wurde nicht differenziert Die Breitenverschiebung entsprach der Distanz des gleichseitigen lateralen Wirbelrands am kranialen und kaudalen Fragment (Abbildung 3). Die Länge wurde durch Subtraktion des Abstands der Mitte beider Wirbelkörper/Fragmente und dem physiologischen Abstand errechnet. Dabei beschreibt ein positiver Wert die Dislokation nach kaudal (Distraktion) und ein negativer Wert die Dislokation nach kranial (Abbildung 4). Ergebnisse Lokalisation der Verletzung In unserem Patientengut trat der Schwanzabriss nach der Häufigkeit zwischen dem Os sacrum und dem ersten Schwanzwirbel (S3-Cy1: n=24), zwischen dem zweiten und dritten Kreuzwirbel (S2/3: n=12), als Fraktur des dritten Kreuzwirbels (S3: n=7) und zwischen dem ersten und sechsten Schwanzwirbel (Cy1/2, Cy2/3, Cy 2-6: n=7) auf. Am seltensten kamen Frakturen zwischen dem ersten und zweiten sowie des zweiten Kreuzwirbels (S1/2: n=2; S2: n=1) vor (Diagramm 1). 24 25 20 12 15 7 10 3 3 2 0 1 1 5 0 S1 S1/2 S2 S2/3 S3 S3/Cy1 Cy1/2 Cy2/3 Cy2-6 Diagramm 1: Lokalisation des Schwanzabrisses (n= 53) 18 der 53 Katzen (34,0%) konnten nach dem Trauma selbständig Urin absetzen. Bei 10 dieser Patienten (55,5%) lag ein Abriss zwischen dem dritten Kreuz- und ersten Schwanzwirbel, bei drei (16,6%) eine Fraktur des dritten Kreuzwirbels, bei zwei (11,1%) ein Bruch zwischen dem zweiten und dritten Kreuzwirbel und bei je einem (5,6%) eine Fraktur zwischen dem ersten und zweiten Kreuzwirbel oder eine Luxation zwischen dem ersten und zweiten sowie zweiten und dritten Schwanzwirbel vor. 4
9 Tiere (17,0%) wurden sofort wegen weiterer Verletzungen oder auf Wunsch des Besitzers euthanasiert. 26 Katzen zeigten eine gestörte Miktion und wurden behandelt. 15 dieser Patienten (57,7%) konnten nach durchschnittlich 30,9 Tagen (3 bis 201 Tage) wieder Urin absetzen, während 11 Katzen wegen fehlender Besserung nach 22,9 Tagen (8 bis 108 Tage) euthanasiert wurden (Diagramm 2). 10 8 9 8 6 7 6 5 3 Genesung 4 2 2 2 Euthanasie 3 1 1 1 2 0 0 0 0 0 0 0 1 0 3-7 8-14 15-30 31-60 61-90 91-120 121-150 >150 Diagramm 2: Behandlungsdauer bei gestörter Miktion in Tagen (n=26) Vergleich von sakrokokzygealer Luxation und Kreuzbeinfraktur 22 der 53 Katzen (41,5%) wiesen Frakturen des Os sacrum auf. 6 Tiere zeigten nach dem Trauma eine normale Miktion, während 7 Patienten zwischen 4 und 201 Tagen (Ø 53,3 Tage) keinen Urin absetzen konnten. Drei Katzen wurden auf Wunsch des Besitzers sofort und 6 nach 10 bis 108 Tagen (Ø 30 Tage) wegen fehlender Besserung euthanasiert (Diagramm 3 und 4). Sofort Euthanasie Erhaltener 13,6% Urinabsatz 27,3% Euthanasie nach Therapie 27,3% Temporär gestört 31,8% Diagramm 3: Urinabsatzfähigkeit bei Kreuzbeinfrakturen (n=22) 5
220 201 200 180 160 108 140 21 77 120 100 34 14 42 80 10 13 60 5 10 4 14 40 20 0 S2 Euthanasie S2/3 Euthanasie S3 Euthanasie S2/3 S2 S3 Diagramm 4: Behandlungsdauer (in Tagen) bis zum selbständigen Urinabsatz oder zur Euthanasie (n=13) 31 von 53 Patienten (58,5%) wurden mit sakrokokzygealer oder kokzygealer Luxation vorgestellt. 12 Katzen konnten nach dem Trauma Urin absetzten, während 8 Tiere zwischen 3 und 150 Tagen (Ø 34,1 Tage) eine temporäre Miktionsstörung zeigten. 6 Katzen wurden auf Besitzerwunsch sofort und 5 nach 8 bis 25 Tagen (14,4 Tage) wegen fehlender Besserung euthanasiert (Diagramm 5 und 6). Sofort Euthanasie 19,4% Erhaltener Urinabsatz Euthanasie 38,7% nach Therapie 16,1% Temporär gestört 25,8% Diagramm 5: Urinabsatzfähigkeit bei sakrokokzygealen oder kokzygealen Luxationen (n=31) 150 160 140 120 90 100 80 25 60 8 14 9 40 4 11 3 45 8 20 0 S3/Cy1 Euthanasie Cy1/2 Euthanasie Cy2/3 & Euthanasie kaudal Cy2/3 & S3/Cy1 kaudal Cy1/2 6
Diagramm 6: Behandlungsdauer (in Tagen) bis zum selbständigen Urinabsatz oder zur Euthanasie (n=13) Defäkationsstörungen 28 von 53 Katzen (52,8%) zeigten nach dem Trauma einen normalen Kotabsatz, während 15 Tiere (28,3%) Koprostase und zwei (3,8%) Kotinkontinenz zeigten. Bei 8 Patienten (15,1%) konnte retrospektiv der Kotabsatz nicht beurteilt werden (Diagramm 7). 4 3 Geringgradig 2 Mittelgradig Hochgradig 1 0 S1/2 S2/3 S3 S3/Cy1 Cy2/3 Diagramm 7: Häufigkeit von Koprostase in Bezug zur Traumalokalisation (n=15) Eine Katze mit geringgradiger Koprostase (S3/Cy1-Luxation), drei mit mittelgradigen (S2/3- Fraktur: n=2; S3-Fraktur: n=1) und zwei mit hochgradigen Kotabsatzproblemen wurden wegen ausbleibender Besserung von Miktion und Defäkation nach 8 bis 108 Tagen (Ø 29,2 Tage) euthanasiert. Klinisch-neurologische Befunde 9 Katzen hatten nach dem Trauma erhaltenes Schmerzempfinden im Schwanz. 7 dieser Tiere hatten eine sakrokokzygeale Luxation, wobei 6 selbständig Urin absetzen konnten. Eine Katze zeigte nach 4 Tagen wieder normale Miktion. Bei zwei Patienten war der dritte Kreuzwirbel frakturiert, wobei eine keine Absatzstörung aufwies und die andere nach 77 Tagen wieder Urin absetzen konnte. 23 Katzen zeigten kein Schmerzempfinden im Schwanz. 6 dieser Tiere hatte keine Urinabsatzstörung (S1/2-Fraktur: n=1; S2/3-Fraktur: n= 1; S3-Fraktur: n=2; S3/Cy1-Luxation: n=2) und bei 7 verschwanden die Miktionsprobleme während der Therapie (S2/3-Fraktur: n=3; S3/Cy1-Luxation: n=1; Cy1/2-Luxation: n=1; Cy2/3-Luxation: n=2). Zwei Patienten (S1/2-Fraktur: n=1; S3/Cy1-Luxation: n=1) wurden ohne Therapie auf Wunsch des Besitzers und 8 im Laufe der Behandlung euthanasiert (S2/3-Fraktur: n=2; S3- Fraktur: n= 2; S3/Cy1-Luxation: n=4). Bei 21 Tieren konnte das Schmerzempfinden retrospektiv nicht mehr ermittelt werden. 4 Patienten zeigten eine Paraparese (S3-Fraktur: n=1; S3/Cy1-Luxation: n=3), wobei zwei Katzen mit S3/Cy1-Luxation normal Urin absetzen konnten und die beiden anderen wegen ausbleibender Besserung nach 8 und 108 Tagen euthanasiert wurden. Vergleich radiologischer und klinischer Befunde Die Dislokation der Fragmente wurde unabhängig von ihrer Lokalisation auf Röntgenaufnahmen in latero-lateralem und ventro-dorsalem Strahlengang ausgemessen und 7
verglichen. Dabei zeigte sich, dass Frakturen oder Luxationen mit Dislokation nach kranial (negative Längendislokation) eine deutlich günstigere Prognose zu haben scheinen als vergleichbare Verletzungen mit Dislokation nach kaudal (positive Längendislokation). Von 12 Katzen mit einer Verschiebung des kaudalen Fragments nach kranial zeigten 6 keine gestörte Miktion und drei konnten nach drei (n=1) und vier Tagen (n=2) wieder normal Urin absetzen. Bei einer Katze musste die Blase über 60 Tage bis zum selbständigen Urinabsatz manuell entleert werden. Zwei Tiere wurden sofort auf Wunsch des Besitzers euthanasiert. Von 41 Tieren mit Dislokation des Fragments nach kaudal (positive Längendislokation) konnten 12 nach dem Unfall sofort und drei innerhalb einer Woche normal Urin absetzen. 9 benötigten länger als eine Woche und 11 Tiere wurden innerhalb von drei bis 108 Tagen eingeschläfert. 7 Katzen wurden sofort euthanasiert, so dass bei diesen keine Beurteilung möglich war. Therapie 10 Katzen (18,7%) wurden chirurgisch versorgt. Alle hatten im gesamten Schwanz distal der Traumastelle kein Schmerzempfinden. Bei drei Patienten war vor der Operation der Urinabsatz erhalten, 5 zeigten postoperativ nach 8 bis 201 Tagen (Ø 67,6 Tage) normale Miktion. Zwei Katzen wurden nach 14 und 21 Tagen auf Wunsch des Besitzers euthanasiert. Bei zwei Tieren mit Fraktur zwischen dem zweiten und dritten, beziehungsweise im dritten Kreuzwirbel wurde eine Laminektomie mit Fixation des Fragments durch Weichteilnaht durchgeführt. Dabei erholte sich die Katze mit S2/3-Fraktur innerhalb von 201 Tagen, während die andere wegen schwerer Wundheilungsstörungen nach 6 Tagen euthanasiert werden musste. Bei drei weiteren Patienten wurde das abgerissene Fragment durch Verdrahtung des Prozessus spinosus des zweiten Kreuzwirbels mit den Prozessus artikulares des dritten Kreuzwirbels fixiert. Durch die Fixation kam es zur Rotation des kaudalen Wirbels nach ventral, die zu iatrogener Einengung des Wirbelkanals führte. Zwei der Katzen wurden wegen unveränderter Urinabsatzstörungen nach zwei und sechs Wochen auf Besitzerwunsch euthanasiert, während die dritte nach 90 Tagen begann, selbständig Urin abzusetzen. Die Zeit bis zum selbständigen Urinabsatz (n=5) betrug nach der Operation durchschnittlich 135,2 Tage (8 bis 201 Tage), während die euthanasierten Katzen (n=2) im Schnitt nach 14 bis 21 Tagen (∅ 17,5 Tage) noch keine Erholung zeigten. Pathologisch-histologische Ergebnisse 5 Katzen wurden nach der Euthanasie seziert und das kaudale Rückenmark histologisch untersucht. Zwei Tiere wurden wegen einer Fraktur zwischen dem zweiten und dritten Kreuzwirbel und drei nach sakrokokzygealer Luxation euthanasiert. Eine Katze mit Luxation S3/Cy1 wies geringgradige histologische Veränderungen des Myelons auf, während 4 Tiere Malazie des Sakral- und kaudalen Lendenmarks zeigten. Eine der Katzen mit S2/3-Fraktur wies Malazien der grauen und weißen Substanz im Bereich der kaudalen Lendensegmente mit Abräumreaktionen und herdförmiger Gliose auf. Bei der zweiten wurden im kaudalen Lenden- und Sakralmark, der Cauda equina und beiden Nervi ischiadici eine herdförmige, aber massive, degenerative Myelopathie gefunden, die von ausgeprägtem Faseruntergang, herdförmiger Gliose, Dilatation der Myelinscheiden und Lipophagenansammlung im Sinne einer Malazie begleitet war (Abbildung 5). Bei zwei der drei sezierten Tiere mit Luxation S3/Cy1 zeigten sich ebenfalls ausgeprägte Malazieherde im Sakral- und Lendenmark, die bei einer der Katzen bis zum ersten Lendenmarksegment (L1) reichten. Dabei war bei einem der Tiere die graue und weiße 8
Substanz betroffen und wies einen breiten peripheren Gitterzellsaum im Sinne einer demarkierenden Abräumreaktion auf. In den kaudalen Lendenmarkabschnitten waren geschwollene Axone, Sphaeroide und Makrophagen innerhalb der Myelinscheiden erkennbar, die als beginnende aufsteigende Malazie interpretiert werden können (Abbildung 6). Das Rückenmark der zweiten Katze wies ausgeprägte subdurale Blutungen bis zum ersten Lendenwirbelkörper und intramedulläre Blutungen bis in die Intumescentia lumbalis auf. Histologisch lag eine vollständige Malazie von L1 bis zum Filum terminale vor. Die dritte Katze mit sakrokokzygealer Luxation zeigte außer geringgradigen subduralen Blutungen zwischen dem ersten und dritten Lendenwirbelsegment keine weiteren Rückenmarksveränderungen. Diskussion In der Literatur finden sich nur wenige Arbeiten über die Einteilung des Schwanzabrisses der Katze. Nach den eigenen Untersuchungen ist vor allem der kaudale Bereich des Os sacrum und der Schwanzansatz betroffen, während kraniale Kreuzbeinverletzungen seltener vorkommen. Auch Sinzinger (1998) konnte unter 13 Katzen mit Schwanzabriss nur Luxationen des dritten Kreuz- und ersten Schwanzwirbels feststellen. Im Gegensatz dazu fand Dorn (1998) bei 276 Katzen in 73,6% der Patienten Kreuzbeinfrakturen und in nur 26,4% sakrokokzygeale Luxationen. Kuntz (1995) schlägt ein modifiziertes Schema für Frakturen des Os sacrum des Hundes vor, wobei er zwischen axialer und abaxialer Fraktur unterscheidet. Anderson und Coughlan (1997) modifizierten die Einteilung nach Bonnin (1945), indem sie 5 Frakturtypen des Os sacrum unterschieden. Dorn (1998) unterscheidet in ihrer Untersuchung ebenfalls zwischen abaxialen und axialen Kreuzbeinfrakturen. Von 70 Katzen mit abaxialer Kreuzbeinfraktur hatten nur zwei (2,6%) zeitweise Urinabsatzprobleme, eine blieb dauerhaft inkontinent und 6 (7,7%) konnten wegen sofortiger Euthanasie nicht beurteilt werden. In unserem Patientengut fanden sich nur Quer- und Schrägfrakturen des Kreuzbeins sowie sakrokokzygeale und kokzygeale Luxationen, so dass diese differenzierte Untergliederung der anderen Autoren nicht angewandt und Ergebnisse verglichen werden konnten. Die Miktionsstörung bei Katzen mit abaxialen Frakturen könnte gegebenenfalls durch Schädigung des Plexus pelvinus entstanden sein und würde damit eine Komplikation der meist begleitenden Beckenfraktur statt des Wirbelsäulentraumas darstellen. Wir schlagen deshalb vor, abaxiale Kreuzbeinfrakturen von der Definition des Schwanzabrisses der Katze auszuschließen, um eine anatomisch orientierten Vermischung von verschiedenen Krankheitsbildern zu vermeiden. Die klinisch-neurologische Untersuchung unserer Patienten ergab eine unzureichende Korrelation zur Prognose. Die Haltungs- und Stellreaktionen, sowie die spinalen Reflexe sind beim Schwanzabriss nur in seltenen Fällen beeinträchtigt. Der Analreflex wird durch Schmerzen im kaudalen Bereich häufig unterdrückt, während der Perinealreflex bei der Katze nur schwierig auszulösen und damit ungeeignet ist. Lediglich erhaltenes Schmerzempfinden im Schwanz ist mit einer guten Prognose verbunden. Alle Patienten konnten Urin absetzen oder erlangten die Fähigkeit dazu innerhalb von 4, 10 und 77 Tagen wieder. Die Auswertung der Röntgenaufnahmen zeigte eine deutlich günstigere Prognose bei Dislokation des kaudalen Fragments nach kranial. Zwischen der Weite der Dislokation nach kaudal, dorso-ventral und lateral konnte kein Zusammenhang zum weiteren Krankheitsverlauf hergestellt werden. Die Entscheidung zur Therapie oder Euthanasie in Abhängigkeit von der Länge des entstehenden Fraktur- oder Luxationsspalts scheint uns daher nicht sinnvoll. Bislang können wir den günstigeren Verlauf bei kranialer Dislokation nicht erklären. Falls 9
sich der Befund jedoch durch größere Patientenzahlen bestätigen lässt, wäre damit eine Möglichkeit zur prognostischen Bewertung gegeben. 34% unserer Patienten konnte nach dem Trauma Urin absetzen und 28,3% waren nach Behandlung wieder dazu in der Lage. Damit überlebten 62,3% der Katzen den Schwanzabriss. Dorn (1998) fand übereinstimmend mit den eigenen Ergebnissen bei 198 Katzen mit vergleichbaren Verletzungen in 60,6% (n=120) erhaltenen Urinabsatz oder temporäre Dysfunktion. Wir konnten in Bezug auf die Fähigkeit zum selbständigen Urinabsatz keinen deutlichen Unterschied innerhalb der Gruppe mit Fraktur des Os sacrum sowie zwischen dieser und Patienten mit sakrokokzygealer Luxation feststellen. 59,1% der Tiere mit Kreuzbeinfraktur und 64,5% der Katzen mit sakrokokzygealer oder kokzygealer Luxation zeigte nach dem Trauma oder im Laufe der Behandlung wieder normale Miktion. Damit stimmen die Ergebnisse mit denen von Dorn (1998) überein, die bei 62,4% der Katzen (n= 78) mit axialer Kreuzbeinfraktur und 65,8% (n=48) der Patienten mit sakrokokzygealer oder kokzygealer Luxation vorhandenen Urinabsatz oder Heilung feststellte. Kotabsatzprobleme sind nach sakrokaudaler Verletzung selten zu beobachten (DeLahunta, 1983). 17 von 53 Patienten (32,1%) unserer Untersuchung zeigten nach dem Schwanzabriss Kotabsatzprobleme, die bei 9 Patienten klinisch relevant waren. 7 dieser Tiere wurden trotz Therapie euthanasiert. Dorn (1998) fand nur in 1,6% der Katzen mit Kreuzbeinfraktur und 8,2% mit sakrokokzygealer Luxation Koprostase oder Inkontinenz. Wir konnten keine Korrelation zwischen dem Auftreten von Kotabsatzproblemen und der Traumalokalisation herstellen. Dorn (1998) vermutet, dass Frakturen kaudal des zweiten Kreuzwirbels zu einer isolierten, mechanischen Schädigung des dritten Kreuznerven sowie der Schwanznerven führen könnten, der für die Blaseninnervation wichtige erste und zweite Sakralnerv jedoch nicht beschädigt wird. Diese Theorie konnte durch ihre Untersuchung jedoch nicht bestätigt werden. Im Gegensatz dazu gehen wir auf Grund unserer klinischen und pathologisch-histologischen Ergebnisse davon aus, dass die neurologischen Ausfälle nicht nur durch mechanisch-primäre Traumatisierung, sondern vor allem auch durch sekundäre Schäden des Sakral- und kaudalen Lendenmarks verursacht werden könnten. Die klinischen Symptome bei Kreuzbeinfrakturen und sakrokokzygealen Luxationen sind in Art, Häufigkeit und Dauer ähnlich. Ebenso wurden bei Verletzungen an beiden Lokalisationen malazische Veränderungen im Lendenmark gefunden, die durch mechanische Traumata nicht zu erklären sind. Bei S3/Cy1-Luxation sind die abgehenden Äste des Nervus pudendus und pelvinus in den Foramina sacralia relativ geschützt und fixiert. Durch den Abriss des Filum terminale entsteht jedoch am Conus medullaris ein schweres Trauma, das zu Ödematisierung und Ischämie, Demyelinisierung, Radikalbildung, Calpainaktivierung (Ca+-abhängige, intrazelluläre Enzyme) und Membrandegeneration führt. Die Vorgänge sind Teil der sekundären Schädigungsmechanismen, wie sie allgemein bei Traumata des zentralen Nervensystems auftreten und zum Untergang der Neuronen und Gliazellen führen. In der Folge dieser Vorgänge ist damit zu rechnen, dass es auch beim Schwanzabriß zur Induktion von Apoptose von Neuronen und Gliazellen kommt (Demopoulos et al., 1982; National Institute of Neurological Disorders and Stroke, 1999). Durch aufsteigende Malazie des Rückenmarks sind die Kerne des ersten bis dritten Sakralnerven und weiter proximal gelegene Gebiete betroffen. Diese Theorie könnte malazische Herde bei drei Patienten mit sakrokokzygealer Luxation erklären, die bis in die Lumbalsegmente reichten. Weitere pathologisch-histologische Untersuchungen müssen folgen, um diese Theorie zu belegen. Diese Theorie führt zu einem medikamentellen Therapieschema, das bei traumatischen Schädigungen des Rückenmarks angewandt wird. Das Ziel ist die möglichst schnelle Unterbindung der sekundären, das Rückenmark schädigenden Mechanismen. Durch die Gabe von Methylprednisolon Sodium Succinate (MPSS) wird versucht, die Sekundärschäden zu 10
minimieren. Antioxidantien (Vitamin C, Vitamin E, Selen) sollen den schnellen Verbrauch der im Plasma vorhandenen Radikalantagonisten abpuffern und so der Membranoxidation entgegenwirken. Aus experimentellen Studien und empirischer Erfahrung ist bekannt, dass die Applikation von MPSS nur im frühen Stadium effektiv ist. Bei Rückenmarkverletzungen, die länger als 24 Stunden zurückliegen, sollten keine Kortikosteroide mehr angewandt werden (Braughler und Hall, 1982; Demopoulos et al., 1982; Braughler und Hall, 1984; Anderson et al., 1985; Holz et al., 1990; Bracken et al., 1992, 1997). Ein allgemeines Behandlungsschema ist in Tabelle 6 wiedergegeben (Brown und Hall, 1992). Methylprednisolon* Antioxidantien Zeitpunkt Dosierung Wirkstoff Dosierung Dauer Initial 30 mg/kg KM Vitamin E 30 mg/kg KM 14-21 Tage Nach 2 Stunden 15 mg/kg KM Vitamin C 30 mg/kg KM 14-21 Tage Nach 6 Stunden 15 mg/kg KM Selen 0,2-0,4 mg/kg KM 3-4 Tage Anschließend 2,5 mg/kg KM/Stunde für 24 Stunden * nur bei Traumata < 24 Stunden Tabelle 1: Allgemeines Therapieschema bei akuten Traumata des zentralen Nervensystems Bei 10 Katzen führten wir Operationen durch. Das Ziel dabei war, stark traumatisiertes und nekrotisches Gewebe durch Wunddebridment zu entfernen, eventuell noch vorhandenem Zug des Filum terminale am Conus medullaris vorzubeugen und Traumatisierung oder Automutilation des abgerissenen Schwanzes zu verhindern. Der Eingriff ist einfach durchführbar und hat gegenüber dem konservativen Vorgehen den Vorteil, endogener Toxinbildung durch fortschreitende Nekrose im abgerissenen Schwanzteil vorzubeugen, sowie das geschädigte Gebiet direkt beurteilen zu können. Zusätzlich wird durch weitere Informationen die Möglichkeit der Prognosestellung verbessert (Abbildung 7). Ebenso kann durch Adaptation entsprechender Gewebeschichten ein besserer Schutz umliegender Strukturen (z.B. des Rektums) vor entzündlich-nekrotischen Prozessen gewährleistet werden (Abbildung 8). Als Komplikation der Stabilisation kam es durch die Verdrahtung des Processus spinosus von S2 mit den Processus articulares des dritten Kreuzwirbels bei zwei Patienten (22,3%) zur Rotation des kaudalen Wirbelkörpers, der eventuell weitere Schäden bewirkt hat (Abbildung 9 und 10). Sinzinger (1998) beschreibt die Fixation durch gekreuzte und parallele Spickung der Wirbelkörper mit Kirschnerbohrdrähten, sowie die Stabilisation durch Cerclagen an den Wirbelquerfortsätzen. Diese Methoden wurden von uns bisher nicht angewandt. Bei der konservativen Therapie oder zu weit kaudal durchgeführter Amputation können die Fragmente in unphysiologischer Stellung verwachsen, wodurch der Kotabsatz beeinträchtigt werden kann. Diese Fehlstellung trat bei einer Katze mit Fraktur zwischen dem zweiten und dritten Kreuzwirbel auf, bei der das Schwanzfragment wegen Mumifikation im vitalen Bereich zwischen dem sechsten und siebten Schwanzwirbel amputiert wurde (Abbildung 11). Die nachträgliche Korrektur dieser Verwachsung ist schwierig, da es zu weiteren neurogenen Schäden oder aszendierender Wundheilungsstörung kommen kann. Schlussfolgerungen Die Prognose beim Schwanzabriss der Katze muss vorsichtig gestellt werden. Ein großes Problem stellt bei fehlendem Urinabsatz die mangelnde Korrelation klinischer und 11
radiologischer Befunde mit der Prognose dar. Über 60% der Patienten konnten nach dem Trauma oder im Laufe der Behandlung selbständig Urin absetzen, wobei zwischen den unterschiedlichen Lokalisationen keine deutlichen Unterschiede bestanden. Wir haben bisher nur eine kleine Patientengruppe operativ versorgt. Wegen der geringen Zahl ist noch keine Aussage über Vor- und Nachteile von verschiedenen Operationsverfahren gegenüber konservativer Therapie möglich. Wir sehen jedoch angesichts der beschriebenen Vorteile häufig die Indikation zur Operation gegeben. Die Defäkation war nur in seltenen Fällen gestört. Somit scheint der Kotabsatz beim Schwanzabriss der Katze nicht im Vordergrund der Problematik zu stehen. Dennoch ist die Beurteilung des voraussichtlichen Heilungsverlaufs bei Koprostase oder Kotinkontinenz ebenso schwierig wie bei Miktionsproblemen und darf nicht vernachlässigt werden. Anschrift des Verfassers: Oliver Lautersack, Chirurgische Veterinärklinik (Kleintierchirurgie) der Justus-Liebig-Universität Gießen, Frankfurter Str. 108, 35392 Gießen Literatur 1. Anderson DK, Saunders RD, Demediuk P. Lipid hydrolysis and peroxidation in injured spinal cord; partial protection with methylprednisolone or Vitamin E and selenium. CNS Trauma 1985; 2: 257-267. 2. Anderson A, Coughlan AR. Sacral fractures in dogs and cats: a classification scheme and reviev of 51 cases. J Small Anim Pract 1997; 38: 404-409. 3. Braughler JM, Hall ED. Correlation of methylprednisolone levels in cat spinal cord with ist effects on Na-K-ATPase, lipid peroxidation, and alpha motor neuron function. J Neurosurg 1982; 56: 838-844. 4. Braughler JM, Hall ED. Effects of multi-dose methylprednisolon sodium succinate administration on injured cat spinal cord neurofilament degradation and energy metabolism. J Neurosurg 1984; 61: 290-295. 5. DeLahunta A. Veterinary Neuroanatomy and Clinical Neurology. 2nd edition. Saunders Company, Philadelphia, 1983. 6. Demopoulos HB, Flamm ES, Seligman ML. Further studies on free radical pathology in the central nervous system disorders: effects of very high doses of methylprednisolone on the functional outcome, morphology and chemistry of experimental spinal cord impact injury. Can J Physiol 1982; 60: 1415-1424. 7. Dorn N. Diagnose, Therapie und Prognose neurogen bedingter Harn- und Kotabsatzprobleme bei Hund und Katze. Diss med vet, München, 1998. 8. Fletcher TF, Bradley WE. Neuroanatomy of the bladder-urthra. J Urol 1978; 119: 153- 160. 9. Frewein J, Vollmerhaus B. Anatomie von Hund und Katze. Blackwell Wissenschaftverlag, Berlin 1994. 10. Goller H. Vergleichende Rückenmarkstopographie unserer Haustiere. Tierärzt Umsch 1959; 14: 107-110. 11. Holz A, Nystrom B, Gerdin B. Effect of methylprednisolone on motor function and spinal cord blood flow after spinal cord compression in rats. Acta Neurol Scand 1990; 82: 68-73. 12. Kot W, Partlow GD, Parent J. Anatomical survey of the cat´s lumbosacral spinal cord. Progr Vet Neurol 1994; 5: 162-166. 12
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Anhang Legende der Abbildungen Abbildung 1: Gelähmter Schwanz und Parese der Hintergliedmaßen nach Schwanzabriss Abbildung 2: Dislokationsgrad in der Höhe Abbildung 3: Dislokationsgrad in der Breite Abbildung 4: Dislokationsgrad in der Länge Abbildung 5: Malazischer Herd mit herdförmiger Nekrose und ausgeprägter Infiltration von Gitterzellen Abbildung 6: Herdförmig degenerative Myelopathie mit dilatierten Axonen, Sphaeroiden und einzelnen in Myelinscheiden gelegenen Makrophagen Abbildung 7: Intraoperativer Befund: Abgerissenes Schwanzfragment mit von dorsal sichtbarem, freiliegendem Rektum und 4,8 cm im kranialen Bereich abgerissenes Filum terminale. Die Katze konnte selbständig Urin absetzen. Abbildung 8: Intraoperativer Befund: Abgerissener Schwanz mit starker Traumatisierung des umliegenden Gewebes und Blick auf das freiliegende Rektum von dorsal. Abbildung 9: Röntgenbild in latero-lateralem Strahlengang: Fraktur S2/3 mit Zustand nach Laminektomie und Fixation durch chirurgischen Draht Abbildung 10: entsprechend Abbildung 10, ventro-dorsaler Strahlengang Abbildung 11: Verwachsung des abgerissenen Schwanzes in unphysiologischer Stellung mit sekundärer Koprostase 14
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