2 Vol. 11 - allgemeine-psychologie.info

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2                         Vol. 11
          Psychologie
          des Alltagshandelns

          Psychology
          of Everyday Activity
JOURNAL

                                            Editor
                                            P. Sachse

          JOURNAL
          Psychologie des Alltagshandelns
          Psychology of Everyday Activity
          Vol. 11 / No. 2, December 2018
          ISSN 1998-9970
          innsbruck university press
Impressum

Herausgeber / Editor
Pierre Sachse, Innsbruck (A)

Redaktionsassistent / Editorial Assistent
Thomas Höge, Innsbruck (A)
Christian Seubert, Innsbruck (A)            Verlag / Publisher
                                            innsbruck university press (A)
                                            www.uibk.ac.at/iup
Mitherausgeber / Associate Editors
Dietrich Dörner, Bamberg (D)                Grafisches Konzept / Art Direction
Winfried Hacker, Dresden (D)                innsbruck university press (A)
Hartmann Hinterhuber, Innsbruck (A)
Oswald Huber, Fribourg (CH)                 Gestaltung / Layout
Wolfgang G. Weber, Innsbruck (A)            Carmen Drolshagen, Innsbruck (A)
Eberhard Ulich, Zürich (CH)
                                            Organisation / Organization
                                            Gertraud Kirchmair, Innsbruck (A)
Beirat / Advisory Board
Petra Badke-Schaub, Delft (NL)              Herstellung / Produced
Claudia M. Eckert, Milton Keynes (GB)       Sterndruck GmbH, Fügen
Jürgen Glaser, Innsbruck (A)
Birgit E. Schmid, Dornbirn (A)
Philip Strasser, Zürich (CH)                © 2018 Universität Innsbruck
                                            Alle Rechte vorbehalten. / All rights reserved.
Rüdiger von der Weth, Dresden (D)
Momme von Sydow, München (D)
Anton Wäfler, Olten (CH)                    ISSN 1998-9970
Inhalt

Präsentismus – Mobile Office im Fokus ......................................................................................... 5
Philip Strasser & Nora Varesco Kager

Insafing – new intellectual technology of group work ................................................................. 15
Yury Dus, Vladimir Razumov, Leonid Ryzhenko & Victor Sizikov

Der existenzielle Zugang in der zeitgenössischen Persönlichkeitspsychologie ....................... 25
Dmitry A. Leontiev

Menschenwürde zwischen Stammes-, Kultur- und Lebensgeschichte ...................................... 36
Sarah Bitschnau & Gerhard Medicus

Nachruf
Irenäus Eibl-Eibesfeldt und sein humanwissenschaftliches Umfeld in Seewiesen .................. 40
Gerhard Medicus
Präsentismus – Mobile Office im Fokus

Philip Strasser & Nora Varesco Kager
Swiss Life AG, Zürich

ZUSAMMENFASSUNG
Mobile Office findet in Unternehmen zunehmende Verbreitung und ermöglicht es als Element erweiterter Arbeitsformen,
die betrieblichen Anforderungen mit den individuellen Bedürfnissen der Mitarbeitenden in Einklang zu bringen. Bisherige
Erkenntnisse deuten darauf hin, dass im Mobile Office auch das Thema Präsentismus – gemeint ist die Anwesenheit am
Arbeitsplatz trotz gesundheitlicher oder anderweitiger Beeinträchtigung, die eine Abwesenheit legitimiert hätte – eine
Rolle spielen dürfte. Das Ausmaß und die Gründe für Präsentismus sind vielen Unternehmen noch kaum bekannt. Da die
mobile Arbeit weder örtlich noch zeitlich an einen fixen Arbeitsplatz gebunden und oft nur in einem begrenzten Zeitraum
geleistet wird, z. B. an einem Tag pro Woche, besteht eine große Herausforderung sowohl in der Erfassung als auch in
der Einordnung von Präsentismus. Anhand von Daten aus einer retrospektiven sowie einer Echtzeiterhebung bei einem
Versicherer aus der Schweiz sollen mögliche Unterschiede in Bezug auf Präsentismus zwischen Mitarbeitenden, welche
Mobile Office nutzen und jenen, die dies nicht tun, aufgezeigt werden. Im Mittelpunkt der Analyse stehen die Gründe für
Präsentismus sowie das Präsentismusverhalten. Im Gruppenvergleich zeigt sich, dass Mobile Office Mitarbeitende ganz
allgemein häufiger Präsentismus zeigen als Nicht Mobile Office Mitarbeitende. Mobile Office Mitarbeitende arbeiten
sowohl im Büro als auch im Mobile Office etwa gleich häufig gegen ärztlichen Rat. Für Mobile Office Mitarbeitende
scheinen Aspekte wie das Abschalten von der Arbeit sowie finanzielle Belange eine größere Rolle zu spielen als für
Nicht Mobile Office Mitarbeitende. Im erweiterten Sinne soll eine vertiefte Diskussion zu Risiken und Chancen sowie
Verantwortlichkeiten, was die Fürsorgepflicht der Unternehmen und die Treuepflicht der Mitarbeitenden im Mobile Office
anbelangt, angeregt werden. Eine Sensibilisierung der Mitarbeitenden, auch im Mobile Office auf Präsentismusverhalten
zu achten, scheint eine zu empfehlende Maßnahme zu sein.

Schlüsselwörter
Mobile Office – Präsentismus

ABSTRACT
As an element of extended working methods, the use of mobile office increases and offers the possibility to bring in line
both companies’ and employees’ individual needs. Prior research suggests that presenteeism – described as presence
at work despite health problems or other impairments that would justify absence – could be an important issue in the
mobile office context. Many companies are neither familiar with the extent nor the reasons of presenteeism. Regarding
the fact that work in the mobile office isn’t tied to fixed locations or times and is often only used during a limited period
of time, for example for one day a week, surveying and interpreting presenteeism is a major challenge. The aim of this
study is to point out possible differences regarding presenteeism between employees using mobile office and those who
don’t, using data from a restrospective and a real-time survey from a Swiss insurance company. The analysis focuses on
the reasons for presenteeism and the nature of the behavior associated with it. Group comparison shows that employees
using mobile office generally seem to engage in presenteeism more often than those not using it. Mobile office workers
practice presenteeism against medical advice to approximately the same extent in the office and in the mobile office. For
those working in the mobile office, aspects such as detachment from work and financial issues seem to play a major role
compared with those who don’t work in the mobile office. In a broader context, this paper aims to encourage an in-depth
discussion about risks, opportunities and responsibilities regarding the duty of care on the part of companies as well as
employees’ duty of loyalty with regard to mobile office. The sensitization of employees to remain mindful of presenteeism
not only in the office, but also in the mobile office, seems to be a recommendable measure.

Keywords
Mobile office – presenteeism

 2018 – innsbruck university press, Innsbruck
 Journal Psychologie des Alltagshandelns / Psychology of Everyday Activity, Vol. 11 / No. 2, ISSN 1998-9970
6                                                                                P. Strasser & N. Varesco Kager

1    Mobile Office und Präsentismus                        tig. Für die Außendienstmitarbeitenden, vertraglich
                                                           „Handelsreisende“, ist Mobile Office ein unabdingba-
Die fortschreitende Digitalisierung und Flexibilisie-      rer Bestandteil der Arbeitsanforderungen. Für Mitar-
rung der Arbeitswelt ermöglicht es vielen Mitarbeiten-     beitende im Innendienst ist seit 2016 im Rahmen der
den, ihre Arbeitsleistung an mehreren verschiedenen        Initiative „Berufsleben aktiv gestalten“ regelmäßiges
Arbeitsplätzen zu erbringen. Hierbei wird von Telear-      Mobile ­Office als individuelle Vereinbarung zwischen
beit gesprochen. Rudow (2014, S. 186) definiert Telear-    den Mitarbeitenden und direkten Vorgesetzten mög-
beit als „(…) jede auf Informations- und Kommunika-        lich. Als Kriterien für das Arbeiten im Mobile Office
tionstechnik gestützte Tätigkeit, die dauerhaft oder       gelten, dass die Funktion, Aufgaben und persönliche
zeitweise an einem außerhalb der zentralen Betriebs-       Fähigkeiten des Mitarbeitenden für Mobile Office ge-
stätte liegenden Arbeitsplatz verrichtet wird“. Eine       eignet sind und die betrieblichen Bedürfnisse gewahrt
Form der Telearbeit ist die mobile Telearbeit, bei der     werden.
die Arbeit an verschiedenen Orten, wie z. B. im Flug-            In der Schweiz geben gemäß dem FlexWork
zeug verrichtet wird (Rudow, 2014). In Unter­nehmen        Survey 2016 (Weichbrodt, Berset & Schläppi, 2016)
                                                           ­
wird mobiles Arbeiten, oft als „Home Office“ oder „Mo-     rund 38 % der Erwerbstätigen an, selten bis sehr häu-
bile Office“ bezeichnet, im Zuge von flexiblen Arbeits-    fig mobil zu arbeiten, wobei Männer und ältere Er-
und Entwicklungsmodellen zunehmend gefördert.              werbstätige häufiger mobil arbeiten als Frauen und
Damit soll unter anderem eine gute Vereinbarkeit von       jüngere Erwerbstätige. Zu den Gründen für mobile
Berufs- und Privatleben angestrebt und die betriebli-      Tätigkeit zählen u. a. die damit einhergehende Auto-
chen Anforderungen mit den individuellen Bedürfnis-        nomie, Ungestörtheit, Produktivität und Zeitgewinne.
sen der Mitarbeitenden in Einklang gebracht werden.        Interessant ist zudem der Vergleich zwischen jenen
Die Arbeitsfähigkeit, Motivation, Gesundheit und eine      Erwerbstätigen, die mobil arbeiten und jenen, die dies
optimale Leistung sollen erhalten und verbessert bzw.      gerne tun würden. Dabei geben letztere als Gründe u.
gestärkt werden. Neben den Vorteilen müssen auch           a. die bessere Vereinbarkeit von Arbeit und Familie
die Risiken flexibler Arbeitsmodelle beachtet werden,      sowie die Vermeidung der Hauptverkehrszeiten an,
beispielsweise durch die zunehmende Auflösung von          während diese Gründe für tatsächlich mobil Arbeiten-
Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit. Im Hinblick          de eine weniger wichtige Rolle spielen. Es scheint in-
auf Präsentismus – gemeint ist die „Anwesenheit am         sofern eine gewisse Differenz zwischen den Erwartun-
Arbeitsplatz trotz gesundheitlicher oder anderwei-         gen und der Realität der mobilen Tätigkeit zu beste-
tiger Beeinträchtigung, die eine Abwesenheit legiti-       hen. Ähnliche Erkenntnisse zur Verbreitung moderner
miert hätte“ (Ulich, 2013, S. 1212) – deuten bisherige     Arbeitsformen in der Schweiz finden sich in der Studie
Erkenntnisse (Gisin, Schulze, K   ­ nöpfli & Degenhardt,   zur Digitalisierung in der Schweizer Wirtschaft 2016
2013) darauf hin, dass dieses Thema auch im Mobile         (Bienefeld, Grote, Stoller, Wäfler, Wörter & Arvantis,
Office eine Rolle spielen dürfte. Das Ausmaß und die       2018), wonach 69.7 % der befragten Unternehmen
Gründe für Präsentismus sind vielen Unternehmen            keine mobile Tätigkeit und 51.8 % kein Home Office
noch kaum bekannt. Da die Arbeit im Mobile Office          anbieten. Insgesamt wird deutlich, dass entsprechen-
weder örtlich noch zeitlich an einen fixen Arbeitsplatz    de Arbeitsformen in modernen Dienstleistungsbetrie-
gebunden und oft nur in einem begrenzten Zeitraum,         ben häufiger genutzt werden als in anderen Branchen,
z. B. an einem Tag pro Woche, geleistet wird, besteht      doch selbst in den anbietenden Unternehmen nur
eine große Herausforderung sowohl in der Erfassung         schwach verbreitet sind.
als auch in der Einordnung von Präsentismus. Der                 Mobiles Arbeiten wird zudem als eine mögliche
vorliegende Beitrag beruht auf Daten einer retros-         Entlastung der Verkehrssituation gehandelt. Weich-
pektiven sowie einer Echtzeiterhebung zu Präsentis-        brodt, Sprenger, Steffen, Tanner, Meissner & ­Schulze
mus bei Swiss Life Schweiz (Strasser, Varesco Kager &      (2013) untersuchten in Zusammenarbeit mit der
­Häberli, 2017), einem führenden europäischen Anbie-       Schweizerischen Bundesbahn (SBB) und Swisscom
 ter von Vorsorge- und Finanzlösungen für Privat- und      Schweiz, ob es durch die Flexibilisierung der Arbeit
 Unternehmenskunden (Swiss Life, 2018). Bei Swiss          möglich ist den Arbeitstag so zu planen, dass weniger
 Life und insofern auch in diesem Beitrag, wird für die    Fahrten in den Hauptverkehrszeiten erfolgen. Ihre Po-
 mobile Tätigkeit der Begriff „Mobile Office“ verwen-      tentialanalyse ergab, dass eine Entlastung der Haupt-
 det, der jegliches Arbeiten in einer vom vertraglichen    verkehrszeit von 7 – 13 % möglich wäre, wenn alle,
 Arbeitsort ab­weichenden Örtlichkeit ohne Anpassung       die mobil arbeiten könnten und wollten, mindestens
 des Arbeitsvertrages meint und somit Arbeitsstunden       20 % ihrer Fahrten (2 Fahrten pro Woche) außerhalb
 betrifft, die z. B. Zuhause, in Generalagenturen, wei-    der Hauptverkehrszeiten legen würden.
 teren Unternehmensstandorten, bei Kunden oder un-               Die Arbeit im Mobile Office bringt neben bereits
 terwegs erbracht werden. Bei Swiss Life sind sowohl       erwähnten Vorteilen auch unterschiedliche Anforde-
 Außendienst- als auch Innendienstmitarbeitende tä-        rungen mit sich. So muss die jeweilige Person unter
Präsentismus – Mobile Office im Fokus                                                                           7

anderem ein hohes Maß an Eigenverantwortung und           len, die Verantwortung gegenüber den Kunden wahr-
Selbstdisziplin für die Erledigung und Sicherstellung     nehmen und die Kollegen nicht im Stich lassen zu wol-
der Qualität der Aufgabe wahrnehmen (Rudow, 2014).        len. Dies könnte ebenfalls als Zeichen von Loyalität
Zimmermann (2016) weist darauf hin, dass die mobile       gegenüber dem Unternehmen angesehen werden.
Tätigkeit auch Herausforderungen bezüglich e     ­inem          Es gibt aber auch als möglicherweise belastend
ausgeglichenen Verhältnis zwischen Arbeit und Erho-       empfundene Gründe für Präsentismus. Dazu gehö-
lung, insbesondere dem Pausenverhalten, birgt. Das        ren z. B. das Gefühl, nicht ersetzbar zu sein (Johan-
Verhalten von Mitarbeitenden im Mobile Office lässt       sen, Aronsson & Marklund, 2014) oder das Gefühl,
sich aufgrund der Abwesenheit vom üblichen Arbeits-       es werde erwartet trotz Beeinträchtigung zu arbeiten
platz ganz allgemein erschwert erfassen. Dieser Um-       (Krane et al., 2014). Ferner können das Gefühl, sich
stand betrifft insbesondere auch die Erfassung von        Fehlzeiten nicht leisten zu können (Johanson, Arons-
Präsentismus (Lohaus & Habermann, 2018).                  son & Marklund, 2014), der Druck, aufgrund von or-
     Während zu Präsentismus am fixen Arbeitsplatz        ganisationalen Prozeduren (z. B. Rückkehrgespräche)
zunehmend Daten vorliegen, gibt es kaum Erkennt-          zur Arbeit zu gehen oder die Befürchtungen vor ne-
nisse im Zusammenhang mit Mobile Office. Gisin,           gativen Konsequenzen (Baker-McClearn et al., 2010)
Schulze, Knöpfli und Degenhardt (2013) untersuch-         eine ­Rolle spielen.
ten in der Schweiz, in welchem Ausmaß Präsentismus              Den Autoren ist bisher keine Studie bekannt, wel-
im Home Office vorkommt. Durchschnittlich wurden          che untersucht, ob sich Arbeitnehmende, die zumin-
geringe bis mittlere Präsentismustendenzen berich-        dest teilweise im Mobile Office arbeiten, übergeordnet
tet, wobei 6.1 % der einbezogenen Personen berich-        in ihren Gründen für Präsentismus gegenüber jenen
ten, dass sie oft bis sehr oft trotz tatsächlicher oder   unterscheiden, welche dies nicht tun. Ziel der vor-
intendierter ärztlicher Krankschreibung arbeiten,         liegenden Arbeit ist es, erste Anhaltspunkte dazu zu
11 % manchmal und 82.9 % selten bis sehr selten. Im       erschließen. Zudem interessiert das Präsentismusver-
Vergleich dazu berichten Ulich und Nido (2014), dass      halten im Vergleich der beiden Gruppen, z. B. gegen
5.1 % von 1.183 befragten unselbständig Erwerbstä-        ärztlichen Rat zur Arbeit zu gehen oder die Erholung
tigen in der Schweiz angaben, innerhalb der vergan-       bis zum Wochenende aufzuschieben.
genen 12 Monaten zwei bis fünfmal oder häufiger ge-
gen den Rat ihres Arztes zur Arbeit gegangen zu sein,
wobei keine Differenzierung zwischen Mobile Office        2    Methoden und Hypothesen
und festem Arbeitsplatz vorgenommen wurde. Das
Arbeiten im Mobile Office trotz Beeinträchtigung wird     2016 wurden bei Swiss Life Schweiz eine retrospek-
möglicherweise als Kompromiss bzw. Alternative zur        tive sowie eine Echtzeiterhebung zu Präsentismus
krankheitsbedingten Absenz am üblichen Arbeitsort         durchgeführt (siehe Strasser, Varesco Kager & H­ äberli,
gesehen. Es ist insofern vorstellbar, dass im Mobile      2017).
Office häufiger gegen ärztlichen Rat gearbeitet wird            Wie in Abbildung 1 ersichtlich, konnten von den
als im Büro, da der entsprechende Tag anders gestal-      insgesamt 1.629 Teilnehmenden 498 Personen identi-
tet werden kann (z. B. Erholung durch mehr Pausen,        fiziert werden, die im Rahmen der dreiwöchigen Echt-
keine An- und Rückreise zum Arbeitsort).                  zeiterhebung Gründe zu ihrem Präsentismusverhalten
     Angesichts des Ausmaßes von Präsentismus             genannt hatten. Diese verhältnismäßig geringe Fall-
(Ulich & Wülser, 2018; Ulich & Nido, 2014) ist es         zahl ergibt sich durch eine technische Komplikation
wichtig, die Beweggründe für dieses Verhalten zu er-      in der Auswahl von Mehrfachantworten. Diejenigen
forschen. In der Literatur werden unterschiedliche        Teilnehmenden, die Gründe für Präsentismus angege-
Gründe für Präsentismus genannt. Dazu zählen z. B.        ben haben, bei denen aber möglicherweise nicht alle
Gründe, die als „gut gemeint“ interpretiert werden        Antworten korrekt erfasst werden konnten, wurden
können, wie Spaß an der Arbeit, Kollegen nicht belas-     hier ausgeschlossen.
ten (Johansen, Aronsson & Marklund, 2014) oder das              Aus der Teilmenge von 498 Personen werden Mit-
Verantwortungsgefühl gegenüber Kunden und Klien-          arbeitende ohne Mobile Office von jenen mit Mobile
ten wahrnehmen zu wollen (Krane et al., 2014). Auch       Office differenziert und im Hinblick auf ihre Gründe
Loyalität bzw. die Bindung zum Beruf (Krane et al.,       für Präsentismus untersucht.
2014) sowie Vorgesetzte nicht enttäuschen zu wollen,            Eine weitere Untersuchungsgruppe ergibt sich
der erhaltenen Wertschätzung gerecht werden sowie         aus den Mitarbeitenden, die Mobile Office nutzen
der Wille, die Arbeit zu Ende zu führen (Ulich & Nido,    (n = 1.145 retrospektiv, n = 831 Echtzeiterhebung) und
2014) werden genannt. Ein ähnliches Bild zeigte sich      deren Anteil an Personen, welche Präsentismus gegen
bei den bei Swiss Life durchgeführten Erhebungen          ärztlichen Rat angeben, sei es im Büro oder im Mobile
2013 und 2016. Zu den drei am häufigsten genannten        Office.
Gründen gehörten die Arbeit zu Ende führen zu wol-
8                                                                                        P. Strasser & N. Varesco Kager

Abbildung 1: Auswertungsschema zum Thema Präsentismus und Mobile Office; MO = Mobile Office; H1/2/3 = Hypo-
these 1/2/3. In der Echtzeiterhebung sind relativ hohe Fallzahlen bei den MEAN Werten aufgefallen. Diese ergeben
sich aus der Kombination der Teilnahme an den drei Wochen pro Person in der Echtzeiterhebung und den definierten
Einschlusskriterien, mind. einmal in drei Wochen teilgenommen zu haben.

Tabelle 1: Hypothesenformulierung

    Hypothese 1

    H1: Personen, welche im Mobile Office arbeiten, unterscheiden sich bezüglich ihrer Gründe für Präsentismus von
    jenen, die nicht im Mobile Office arbeiten.
    H0: Personen, welche im Mobile Office arbeiten, unterscheiden sich nicht bezüglich ihrer Gründe für Präsentismus
    von jenen, die nicht im Mobile Office arbeiten.

    Hypothese 2

    H1: Personen, welche im Mobile Office arbeiten, tun dies im Mobile Office häufiger gegen ärztlichen Rat, als sie dies
    im Büro tun.
    H0: Personen, welche im Mobile Office arbeiten, tun dies im Mobile Office nicht häufiger gegen ärztlichen Rat, als sie
    dies im Büro tun.

    Hypothese 3

    H1: Personen, welche im Mobile Office arbeiten, unterscheiden sich bezüglich ihrem Präsentismusverhalten von
    jenen, die nicht im Mobile Office arbeiten.
    H0: Personen, welche im Mobile Office arbeiten, unterscheiden sich nicht bezüglich ihrem Präsentismusverhalten von
    jenen, die nicht im Mobile Office arbeiten.

Als dritte Einheit werden Mobile Office (MO) Mit­                zu Arbeitsstunden im Mobile Office). In der retros-
arbeitende und Nicht Mobile Office Mitarbeitende                 pektiven Erhebung wird ein Präsentismusverhalten
(n = 1.145 MO bzw. n = 484 kein MO, retrospektiv und             von zweimal oder öfter innerhalb von 6 Monaten als
n = 831 MO bzw. n = 597 kein MO, Echtzeit) in Bezug auf          Präsentismus gezählt (vgl. Aronsson et al., 2000; Berg-
ihr Präsentismusverhalten miteinander ver­glichen.               ström et al., 2009). In der Echtzeiterhebung wird ein
     Als im Mobile Office arbeitend gelten in diesem             Präsentismusverhalten von mindestens einmal in
Beitrag jene Mitarbeitende, welche im Durchschnitt               3 Wochen gezählt (bei den berechneten MEAN Variab-
mind. eine Stunde Mobile Office pro Woche angege-                len liegt der Cut-Off bei > 1).
ben haben (retrospektiv) bzw. mind. eine Stunde Mo-                    Für die erste Hypothese wurden die jeweiligen
bile Office in drei Wochen angegeben haben (Echtzeit)            Verteilungen der Gründe pro Gruppe (Mobile Office
(vgl. die von Gisin, Schulze, Knöpfli & Degenhardt,              vs. kein Mobile Office) deskriptiv verglichen. Für diese
2013 vorgenommene Kategorisierung der Angaben                    Hypothese wurden in Bezug auf Mobile Office nur die
Präsentismus – Mobile Office im Fokus                                                                               9

Angaben aus der Echtzeiterhebung berücksichtigt, da          b)    Präsentismus gegen ärztlichen Rat, Beispielitem
die Gründe für Präsentismus nur in der Echtzeiterhe-               „Ist es diese Woche vorgekommen, dass Sie gegen
bung erfasst wurden.                                               ärztlichen Rat im Mobile Office (z. B. zuhause, un-
     Für die zweite Hypothese wurden die Häufigkei-                terwegs) gearbeitet haben?“ und
ten und Prozentangaben der Mitarbeitenden, welche            c)    Aufschieben der Erholung bis zum Wochenende,
zumindest teilweise im Mobile Office arbeiten, in Be-              Beispielitem „Ist es in den vergangenen 6 Mona-
zug auf das Arbeiten gegen ärztlichen Rat im Mobile                ten vorgekommen, dass Sie trotz eingeschränkter
Office und im Büro ermittelt und deskriptiv miteinan-              Leistungsfähigkeit bis zum Wochenende gewartet
der verglichen.                                                    haben, um sich zu erholen?“
     Für die dritte Hypothese wurden Mann-Whitney-
U Tests für die retrospektive Erhebung durchgeführt,
ebenso für die Echtzeiterhebung, da dort trotz inter-        3     Ergebnisse
vallskalierter Daten die Voraussetzungen der Vari-
anzhomogenität sowie der Normalverteilung für den            3.1 Hypothese 1
T-Test nicht erfüllt waren. Die untersuchten Präsen-
tismusitems sind                                             Insgesamt geben 160 Mitarbeitende an, in keiner der
a) Präsentismus trotz des Gefühls ­einer gesundheit-         drei Wochen der Echtzeiterhebung im Mobile Office
     lichen Beeinträchtigung, Beispielitem „Ist es in        gearbeitet zu haben (< 1h in 3 Wochen), 338 geben
     den vergangenen 6 Monaten vorgekommen, dass             mindestens eine Stunde Mobile Office in den drei Wo-
     Sie im Büro gearbeitet haben, obwohl Sie das Ge-        chen an. In Tabelle 2 findet sich die Übersicht zu der
     fühl hatten, dies aus gesundheitlichen Gründen          Verteilung pro Gruppe nach der Reihenfolge der er-
     besser nicht zu tun?“                                   fragten Gründe.

Tabelle 2: Mobile Office: mind. 1 Stunde in 3 Wochen angegeben;
           n = Anzahl Nennungen; Mehrfachnennungen waren möglich.

 Was waren die Gründe, dass Sie in den vergangenen 3 Wochen                 kein Mobile Office      Mobile Office
 trotz eingeschränkter Leistungsfähigkeit gearbeitet haben?                        n                     n

 Ich wollte meine Arbeit zu Ende führen.                                            61                   130

 Ich wollte die Arbeitskolleginnen bzw. Arbeitskollegen nicht im
                                                                                    60                    40
 Stich lassen.

 Ich wollte meine Verantwortung gegenüber den Kunden bzw.
                                                                                    48                   150
 Klienten wahrnehmen.

 Ich wollte meine Vorgesetzten nicht enttäuschen.                                   16                    26
 Ich wollte der mir entgegen gebrachten Wertschätzung gerecht werden.               12                    25
 Ich wollte nicht negativ auffallen.                                                19                    16
 Ich wollte mir selbst volle Leistungsfähigkeit beweisen.                            2                    12
 Ich wollte nicht als ‚psychisch krank‘ gelten.                                      2                    6

 Ich wollte auf die mit der Arbeit verbundenen Kommunikations-
                                                                                     0                    6
 ­möglich­keiten nicht verzichten.

 Ich wollte anderen Belastungen aus dem Weg gehen.                                  10                    23
 Ich wollte mich nicht schon wieder krankmelden.                                    18                    14
 Ich war unsicher, ob man sich wegen „so etwas“ krankmelden darf.                   27                    19
 Ich hatte das Gefühl, es wird von mir erwartet.                                    30                    70
 Ich war lieber am Arbeitsplatz als anderswo.                                       10                    26
 Ich wollte den Arbeitsplatz nicht verlieren.                                       18                    20
 Um die Provision nicht zu verlieren.                                                1                    36
 Ich muss ja sowieso immer an meine Arbeit denken.                                   9                    60
 Andere Gründe                                                                      79                   150
10                                                                                   P. Strasser & N. Varesco Kager

3.2 Hypothese 2                                               4    Diskussion

Von den Mobile Office Mitarbeitenden der retrospek­           Unternehmen ermöglichen ihren Mitarbeitenden im
tiven Erhebung (n = 1.145) geben 79 Mitarbeitende             Rahmen von erweiterten Arbeitsmodellen zunehmend
(6.9 %) an, in den vergangenen 6 Monaten gegen ärzt-          mobiles Arbeiten. Im vorliegenden Beitrag wird nicht
lichen Rat im Büro und 92 Mitarbeitende (8 %) gegen           im Detail zwischen den Mitarbeitenden im Innen-
ärztlichen Rat im Mobile Office gearbeitet zu haben.          dienst und denjenigen im Außendienst unterschieden.
Von den Mobile Office Mitarbeitenden der Echtzei-             Es muss aber in Betracht gezogen werden, dass es Un-
terhebung (n = 831) geben 31 Mitarbeitende (3.7 %)            terschiede geben kann. Während regelmäßiges Mobile
an, gegen ärztlichen Rat im Büro gearbeitet zu haben,         Office bei Swiss Life für den Innendienst offiziell seit
28 (3.4 %) geben an, gegen ärztlichen Rat im Mobile           2016 möglich ist, ist mobiles Arbeiten für Mitarbei-
­Office gearbeitet zu haben.                                  tende im Außendienst integrierender Bestandteil ih-
                                                              rer Tätigkeit. In Anbetracht der möglichen negativen
                                                              Folgen von Präsentismus (Voermans & Ahlers, 2009)
3.3 Hypothese 3                                               ist die Frage zu erörtern, inwiefern auch bei Mitarbei-
                                                              tenden im Mobile Office Präsentismusverhalten eine
Retrospektive Erhebung                                        Rolle spielen könnte. In einer praxisnahen Betrach-
                                                              tungsweise ist beispielsweise nachvollziehbar, dass
Mobile Office Mitarbeitende geben signifikant häu-            im Home Office möglicherweise auch mit Fieber vom
figer an, gegen ärztlichen Rat zu arbeiten, sowohl            Bett aus noch E-Mails beantwortet werden, die Arbeit
im Büro (Mann-Whitney-U Test: 252.072; p = .002;              im Büro mit Anreise zum Arbeitsplatz von der betrof-
r = .05) als auch im Mobile Office (Mann-Whitney-U            fenen Person aber unterlassen werden würde. Mobile
Test: 83.368,5; p = .000; r = .10) und schieben die Erho-     Office könnte sogar als Kompromiss oder Alternative
lung häufiger auf das Wochenende (Mann-Whitney-U              genutzt werden, wenn der betroffenen Person die Ar-
Test: 256.913,5; p = .015; r = .05) als Nicht Mobile Office   beit am festen Arbeitsplatz aufgrund einer vorliegen-
Mitarbeitende. Mobile Office Mitarbeitende arbeiten           den Beeinträchtigung nicht (mehr) möglich erscheint,
signifikant häufiger trotz des Gefühls gesundheitlicher       vgl. unten. Die Ergebnisse der drei Hypothesen legen
Beeinträchtigung im Mobile Office (Mann-Whitney-U             den Schluss nahe, dass Präsentismus im Mobile Office
Test: 61.274,5; p = .000, r = .18). Die Gruppen unter-        ein Thema ist und Mobile Office Mitarbeitende sogar
scheiden sich nicht signifikant für Präsentismus trotz        häufiger Präsentismus zeigen als Nicht Mobile Office
des Gefühls gesundheitlicher Beeinträchtigung im              Mitarbeitende. Mobile Office Mitarbeitende arbeiten
­Mobile Office im Büro (Mann-Whitney-U Test: 262.312;         sowohl im Büro als auch im Mobile Office etwa gleich
 p = .388, r = .02).                                          häufig gegen ärztlichen Rat. Die genannten Haupt-
                                                              gründe für Präsentismus unterscheiden sich nicht
                                                              zwischen Mobile Office und Nicht Mobile Office Mit-
Echtzeiterhebung                                              arbeitenden. Erst bei der weiteren Betrachtung der
                                                              Gründe können Nuancen ausgemacht werden. Im Fol-
Mobile Office Mitarbeitende arbeiten signifikant häu-         genden werden Erkenntnisse aufgeführt, die über die
figer trotz des Gefühls gesundheitlicher Beeinträchti-        Ergebnisse der drei Hypothesen hinausgehen. Bei der
gung im Mobile Office (Mann-Whitney-U Test: 187.605;          Interpretation ist entsprechende Vorsicht geboten und
p = .000; r = .20), gegen ärztlichen Rat im Mobile Office     die Aussagen müssen gegebenenfalls durch weitere
(Mann-Whitney-U Test: 233.608,5; p = .000; r = .05) und       Untersuchungen fundiert werden. Es soll damit aber
gegen ärztlichen Rat im Büro (Mann-Whitney-U Test:            eine erweiterte Diskussion und kritische Auseinander-
234.663; p = .000; r = .04) als Nicht Mobile Office Mit-      setzung angeregt werden.
arbeitende.                                                         Die Möglichkeit im Mobile Office zu arbeiten
    Kein signifikanter Unterschied zeigt sich für Prä-        wird von der Mehrheit der befragten Mitarbeitenden
sentismus im Büro trotz des Gefühls gesundheitlicher          genutzt. Insgesamt geben in der retrospektiven Erhe-
Beeinträchtigung (Mann-Whitney-U Test: 244.260,5;             bung 1.145 (70 %) der 1.629 befragten Mitarbeitenden
p = .643; r = .01) und dem Aufschieben der Erholung           an, zumindest gelegentlich im Mobile Office zu ar-
bis zum Wochenende (Mann Whitney-U Test: 233.084;             beiten. Dazu zählen 556 der 614 befragten Mitarbei-
p = .057; r = .05).                                           tenden im Außendienst (91 %) sowie 589 der 1.050
                                                              Innendienstmitarbeitenden (58 %). In der Echtzeiter-
                                                              hebung geben insgesamt 831 (51 %) Personen Arbeit
                                                              im Mobile Office an. Was in der Analyse auffällt, ist,
                                                              dass 80 Mitarbeitende in der retrospektiven Erhebung
                                                              im Durchschnitt weniger als eine Stunde Mobile O ­ ffice
Präsentismus – Mobile Office im Fokus                                                                           11

pro Woche angeben, in der Echtzeiterhebung aber            von Grenzen zwischen Berufs- und Privatleben fällt
mindestens eine Stunde in drei Wochen. Diese Unter-        auf, dass die Mobile Office Mitarbeitenden bereits an
schiedlichkeit könnte darauf hinweisen, dass die Echt-     vierter Stelle darauf hinweisen, dass sie sowieso im-
zeiterhebung die reale Situation genauer abbildet als      mer an ihre Arbeit denken müssen, wohingegen dies
eine retrospektive Erhebung, was auch die Erfassung        bei den Nicht Mobile Office Mitarbeitenden nur selten
von Präsentismus betrifft (vgl. Strasser, Varesco Kager    genannt wird. Die ständigen Gedanken an die Arbeit
& Häberli, 2017).                                          spielen bei Außendienstmitarbeitenden eine etwas
      Der Großteil der Mitarbeitenden, welche zumin-       gewichtigere Rolle als bei Innendienstmitarbeiten-
dest teilweise im Mobile Office arbeiten, tun dies 1 bis   den, wenngleich es auch dort vermehrt genannt wird.
8,5 Stunden pro Woche (n = 634), viele arbeiten zwi-       Dettmers, Vahle-Hinz, Bamberg, Friedrich und Keller
schen ein und zwei Tagen pro Woche im Mobile Office        (2016) weisen darauf hin, dass die Möglichkeit immer
(n = 233), 132 zwischen zwei und drei Tagen und 166        und überall zu arbeiten die Erwartungshaltung seitens
an mehr als drei Tagen. 30 % der Befragten geben an,       der Arbeitgeber verstärkt, dass Mitarbeitende auch au-
gar nicht im Mobile Office zu arbeiten. Mögliche Grün-     ßerhalb der festen Arbeitszeiten verfügbar seien. Mit
de dafür können aus den Kommentaren zur Erhebung           dem Begriff „extended work availability“ beschreiben
entnommen werden. Dort werden z. B. die Art der            sie einen Zustand, in welchem Mitarbeitende zwar of-
Tätigkeit und das fehlende Einverständnis von Vorge-       fiziell Freizeit haben, jedoch flexibel für Vorgesetzte
setzten als Hindernis für die Arbeit im Mobile Office      oder Arbeitskollegen zugänglich sind und von ihnen
genannt. Da aber keine Frage konkret gestellt wurde,       implizit oder explizit erwartet wird, dass sie auf die
um mögliche Hindernisse für die Arbeit im Mobile           Arbeitsanforderungen reagieren. In ihrer Untersu-
Office zu erfassen, ist bei der Interpretation Vorsicht    chung zeigt sich ein starker negativer Zusammenhang
geboten. Die fehlende Erlaubnis des direkten Vorge-        zwischen der erweiterten Verfügbarkeit und Detach-
setzten zeigt sich jedoch auch in der Untersuchung         ment. Insofern ist es vorstellbar, dass fehlende Regeln
von Weichbrodt et al. (2016) für 30 % der Befragten als    zur Arbeitszeit im Mobile Office dazu führen könn-
Hindernis für die mobile Tätigkeit.                        ten, dass Mitarbeitende selbst nach der innerhalb der
      Mitarbeitende, welche in der dreiwöchigen Echt-      Kern­ zeiten geleisteten, vereinbarten Arbeitszeit das
zeiterhebung zumindest teilweise im Mobile Office          Gefühl haben, erreichbar bleiben zu müssen. Entspre-
gearbeitet und Präsentismus gezeigt haben, geben           chend wären vonseiten des Unternehmens Regeln zu
als häufigsten Grund für Präsentismus das Verant-          formulieren und Verantwortlichkeiten zu klären. Ge-
wortungsgefühl gegenüber Kunden bzw. Klienten an           rade bei flexiblen Arbeitszeiten könnte die Erwartung
(Platz 3 bei Nicht Mobile Office Arbeitenden), gefolgt     an die Erreichbarkeit nach Bedarf gegeben sein, da
von dem Willen, die Arbeit zu Ende zu führen (Platz 1      kein einheitlicher Zeitpunkt des Feierabends definiert
bei Nicht Mobile Office Arbeitenden) sowie dem Ge-         ist, was eine mögliche Ursache für das Gefühl, ständig
fühl, es werde erwartet (Platz 4 bei Nicht Mobile Office   an die Arbeit denken zu müssen, sein könnte. Zudem
Arbeitenden). An vierter Stelle wird genannt, dass sie     zeigt Dettmers et al. (2016) Studie auf, dass die erwei-
sowieso immer an die Arbeit denken müssen (Platz           terte Verfügbarkeit mit beeinträchtigtem psychischem
13 bei Nicht Mobile Office Arbeitenden) und dass sie       und physischem Wohlbefinden und weniger täglichen
die Arbeitskolleginnen/-kollegen nicht im Stich lassen     Erholungserlebnissen assoziiert ist. Möglicherweise
möchten (Platz 2 bei Nicht Mobile Office Arbeitenden).     trägt ein solches reduziertes Wohlbefinden wiederum
Jene Mitarbeitenden hingegen, welche in den drei Wo-       zu Präsentismus bei, im Sinne eines Zusammenhangs
chen nie im Mobile Office gearbeitet haben, geben an       zwischen Arbeit im Mobile Office, Detachment und
fünfter Stelle an, dass sie unsicher waren, ob man sich    Präsentismus.
wegen „so etwas“ krankmelden darf – dieser Grund                 Auch spielt die Befürchtung, die Provision zu
tritt bei den Mobile Office Mitarbeitenden erst an         verlieren bei Mobile Office Arbeitenden als Grund für
12. Stelle auf.                                            Präsentismus eine größere Rolle als bei Nicht Mobile
      Mitarbeitende mit und ohne Mobile Office schei-      Office Arbeitenden. Letzteres bedingt einen variab-
nen sich in Bezug auf ihre Gründe für Präsentismus         len Lohnanteil, der im vorliegenden Kontext vorwie-
zumindest teilweise zu unterscheiden, wobei zwar           gend bei den im Außendienst tätigen Mitarbeitenden
beide Gruppen die Verantwortung gegenüber Kunden           vorkommt. Im Vergleich der Gründe bei Innendienst-
bzw. Klienten, den Willen, die Arbeit zu Ende zu füh-      und Außendienstmitarbeitenden bestätigt sich dies.
ren, die Arbeitskolleginnen/-kollegen nicht im Stich       Die Angst vor Arbeitsplatzverlust wird von Nicht Mo-
lassen zu wollen sowie das Gefühl, es werde erwar-         bile Office Mitarbeitenden an siebter Stelle genannt,
tet, unter den ersten fünf Gründen für Präsentismus        wohingegen Mobile Office Arbeitende diesen Grund
nennen, diese aber in unterschiedlicher Reihenfolge.       erst an 11. Stelle nennen. Eine vertiefte Differenzie-
Im Kontext der zunehmenden mobilen und flexiblen           rung von unterschiedlichen Anstellungsverhältnissen,
Arbeitswelt und der damit einhergehenden Auflösung         z. B. mit Einbezug von Leiharbeit, crowd working usw.,
12                                                                                  P. Strasser & N. Varesco Kager

in Bezug auf Präsentismus sowie dem Innen- und Au-           59 Mobile Office Mitarbeitende gegen ärztlichen Rat
ßendienst eines Unternehmens könnte die Analyse der          gearbeitet haben, lässt sich zudem vermuten, dass
Gründe vertiefen.                                            die Häufigkeit dieses Verhaltens in der retrospektiven
      Bei weiterer Analyse der Gründe fällt auf, dass        Erhebung über 6 Monate mit „nur“ 171 Mobile Office
die Verantwortung gegenüber Kunden und Arbeitskol-           Mitarbeitenden unterschätzt wurde und der tatsächli-
legen/innen, der Wille die Arbeit zu Ende zu führen          che Anteil noch höher liegt.
sowie zumeist das Gefühl, dies werde erwartet, gene-               Die Untersuchung des Präsentismusverhaltens
rell als Hauptgründe für Präsentismus genannt wer-           von Mobile Office und Nicht Mobile Office Mitarbei-
den, unabhängig vom Mobile Office, Führungsfunkti-           tenden zeigt, dass Mobile Office Mitarbeitende signi-
on, Alter und Geschlecht. Erst bei den weiteren Grün-        fikant häufiger im Mobile Office trotz des Gefühls ge-
den zeigen sich mögliche Differenzen, beispielsweise         sundheitlicher Beeinträchtigung (Retrospektiv: Mann-
scheint für Mitarbeitende ohne Führungsfunktion die          Whitney-U Test: 61.274,5; p = .000, r = .18; Echtzeit­
Angst vor dem Arbeitsplatzverlust relevanter zu sein         erhebung: Mann-Whitney-U Test: 187.605; p = .000;
als für jene mit Führungsfunktion, wobei letztere eher       r = .20) und gegen ärztlichen Rat (Mann-Whitney-
der entgegengebrachten Wertschätzung gerecht wer-            U Test: 83,368,5; p = .000; r = .10; Echtzeiterhebung:
den möchten. Im Altersvergleich wird deutlich, dass          Mann-Whitney-U Test: 233.608,5; p = .000; r = .05) ar-
Jüngere bis 25 Jahren die Unsicherheit, ob man sich          beiten als Nicht Mobile Office Mitarbeitende. Es über-
wegen „so etwas“ krankmelden darf, als Grund für             rascht, dass es offenbar Mitarbeitende gibt, die zwar
Präsentismus nennen, wobei diese Unsicherheit mit            angeben allgemein nicht im Mobile Office zu arbeiten,
zunehmendem Alter abzunehmen scheint und Frau-               dort aber Präsentismus zeigen und also doch zeitwei-
en diese Unsicherheit häufiger als Präsentismusgrund         se im Mobile Office zu arbeiten scheinen. Dies betrifft
nennen als Männer. Mitarbeitende in allen Altersgrup-        retrospektiv 16 Fälle für das Arbeiten trotz gesundheit­
pen ab 25 Jahren weisen darauf hin, dass sie ohnehin         licher Gründe, 2 Fälle gegen ärztlichen Rat sowie 10
immer an ihre Arbeit denken müssen und deshalb Prä-          Fälle für das Arbeiten trotz gesundheitlicher Gründe
sentismus zeigen, was bei den bis 25 Jährigen weniger        und 3 Fälle gegen ärztlichen Rat in der Echtzeiterhe-
genannt wird. Dies spiegelt sich auch in der Korrela-        bung, insgesamt somit 31 Fälle. Dies könnte ein An-
tionsanalyse wider, wonach ein positiver Zusammen-           zeichen für einen Kompromiss anstelle von krank-
hang zwischen dem Alter und erschwertem Abschal-             heitsbedingten Absenzen sein bzw. dass diese Mitar-
ten von der Arbeit besteht (p =.000; r = .115; n = 1.629).   beitenden die Arbeitsform Mobile Office explizit für
      Insgesamt fällt auf, dass die Kategorie „andere        Präsentismusverhalten wählen, sie also nur nutzen,
Gründe“ als eine der Häufigsten gewählt wurde. Dies          wenn ihnen die Arbeit am festen Arbeitsplatz aufgrund
kann darauf hindeuten, dass weitere zentrale Gründe          einer vorliegenden Beeinträchtigung nicht möglich
noch nicht erfasst wurden, oder aber die Teilnehmen-         erscheint. Um diese These zu erhärten wäre eine Un-
den diese Frage nicht beantworten wollten und man-           tersuchung einer solchen Verlagerungstendenz not-
gels einer für sie passenden Antwortoption diese Ka-         wendig.
tegorie gewählt haben. Eine Erhebung der Gründe im                 Zusätzlich zu Präsentismus im Mobile Office zei-
offenen Antwortformat könnte zu weiteren Einsichten          gen Mobile Office Mitarbeitende jedoch auch im Büro
führen. Zudem könnte eine getrennte Erhebung der             häufiger Präsentismus gegen ärztlichen Rat als Nicht
Gründe pro Präsentismusitem Einblicke in die Ent-            Mobile Office Mitarbeitende (Retrospektiv: Mann-
scheidungsmechanismen für Präsentismus im Mobile             Whitney-U Test: 252.072; p = .002; r = .05; Echtzeit-
Office ermöglichen.                                          erhebung: Mann-Whitney-U Test: 234.663; p = .000;
      In der retrospektiven Erhebung zeigt sich bei den      r = .04), wenngleich die Effektstärken darauf hinwei-
Mitarbeitenden, die Mobile Office nutzen, eine leichte       sen, dass dieser signifikante Unterschied gering ist.
Tendenz, dass sie im Mobile Office häufiger (6.9 %)          In Bezug auf Präsentismus trotz des Gefühls gesund-
gegen ärztlichen Rat arbeiten als im Büro (8 %). In der      heitlicher Beeinträchtigung und dem Aufschieben der
Echtzeiterhebung jedoch wurde sowohl im Büro als             Erholung bis zum Wochenende ergeben sich in der
auch im Mobile Office ungefähr gleich häufig gegen           retrospektiven Erhebung und der Echtzeiterhebung
ärztlichen Rat gearbeitet (3.7 % vs. 3.4 % der Mobile        uneinheitliche Ergebnisse, in keiner Präsentismus-
Office Mitarbeitenden). Hypothese zwei lässt sich so-        form aber geben Nicht Mobile Office Mitarbeitende
mit mit den vorliegenden Daten nicht eindeutig bestä-        signifikant mehr Präsentismus an als Mobile Office
tigen. Was jedoch auffällt, ist die Tatsache, dass sowohl    Mitarbeitende. Daraus lässt sich schließen, dass Mobi-
im Mobile Office als auch im Büro in bemerkenswer-           le Office Mitarbeitende im Allgemeinen mehr Präsen-
tem Umfang Präsentismus gegen ärztlichen Rat erfolgt         tismus zeigen als Nicht Mobile Office Mitarbeitende,
(14.9 % retrospektiv, 7.1 % Echtzeit der Mobile Office       da sie zusätzlich zum Präsentismus im Büro, den sie
Mitarbeitenden). Da die Echtzeiterhebung nur über            in etwa gleich häufig zeigen wie Nicht Mobile Office
drei Wochen stattfand und in diesem Zeitraum bereits         Mitarbeitende, auch noch Präsentismus im Mobile Of-
Präsentismus – Mobile Office im Fokus                                                                              13

fice angeben. Dies lässt sich auch in den Zusammen-         Literatur
hängen erkennen. So besteht ein signifikant positiver
Zusammenhang zwischen den durchschnittlichen                Aronsson, G., Gustafsson, K. & Dallner, M. (2000). Sick
Mobile Office Stunden (retrospektiv) und Präsen-
­                                                                but yet at work. An empirical study of sickness
tismus im Mobile Office (gegen ärztlichen Rat MO:                presenteeism. Journal of Epidemiol Community
p = .000, r = .264; trotz gesundheitlicher Gründe MO:            Health, 54, 502-509.
p = .000, r = .386) sowie Präsentismus gegen ärztlichen     Baker-McClearn, D., Greasley, K., Dale, J. & Griffith, F.
Rat im Büro (p = .000, r = .141). In der Echtzeiterhebung        (2010). Absence management and presenteeism:
besteht zwischen diesen Faktoren ebenfalls ein signi-            the pressures on employees to attend work and
fikant positiver Zusammenhang (gegen ärztlichen Rat              the impact of attendance on performance. Human
MO: p = .000, r = .158; trotz des Gefühls gesundheit­            Resource Management Journal, 20 (3), 311-328.
licher Beeinträchtigung MO: p = .000, r = .355; gegen       Baumeister, R. F., Bratslavsky, E., Muraven, M. & Tice,
ärzt­lichen Rat Büro: p = .000, r = .132). Dies könnte           D. M. (1998). Ego Depletion: is the active self a li-
daran liegen, dass sich für Mobile Office Mitarbeitende          mited resource? Journal of Personality and Social
an mehreren Arbeitsplätzen die Möglichkeit für Prä-              Psychology, 74 (5), 1252-1265.
sentismus ergibt. Das bedeutet gleichzeitig, dass sie       Bergström, G., Bodin, L., Hagberg, J., Aronsson, G. &
die Entscheidung für oder gegen Präsentismus mehr-               Josephson, M. (2009). Sickness presenteeism to-
fach fällen müssen. Baumeister, Bratslavsky, Muraven             day, sickness absenteeism tomorrow? A prospec-
und Tice (1998) beschreiben, dass willentlich gesteu-            tive study on sickness presenteeism and future
erte Aktionen, wie z. B. eine Entscheidung zu treffen            sickness absenteeism. Journal of occupational
oder sich selbst zu regulieren, auf dieselbe innere              and environmental medicine, 51, 629-38.
Energieressource zugreifen und dass die Ausführung          Bienefeld, N., Grote, G., Stoller, I., Wäfler, T., Wörter,
einer willentlichen Aktion diese Energieressourcen               M. & Arvanitis, S. (2018). Digitalisierung in der
reduziert, wodurch weniger Energie für die Ausfüh-               Schweizer Wirtschaft: Ergebnisse der Umfrage
rung der nächsten willentlichen Aktion bereitsteht.              2016: Teil 2: Ziele, berufliche Kompetenzen und
Im vorliegenden Kontext könnte dies bedeuten, dass               Arbeitsorganisation. KOF Studien, No. 99.
die Person sich unter Abwägung des persönlichen Für         Dettmers, J., Vahle-Hinz, T., Bamberg, E., Friedrich,
und Wider zunächst zwar willentlich gegen Präsentis-             N. & Keller, M. (2016). Extended work availability
mus im Büro entscheidet, infolgedessen aber weniger              and its relation with start-of-day mood and corti-
Energie für die nächste anstehende Entscheidung,                 sol. Journal of Occupational Health Psychology, 21
keinen Präsentismus im Mobile Office zu zeigen, zur              (1), 105-118.
Verfügung hat. Möglicherweise führt dieser reduzier-        Gisin, L., Schulze, H., Knöpfli, D. & Degenhardt, B.
te Energielevel dazu, dass die Person nicht mehr in              (2013). Schweizerische Umfrage “Home Office
der Lage ist, sich auch gegen das Arbeiten im Mobile             2012” – Aktuelle Bedingungen sowie Vor- und
­Office trotz gesundheitlicher oder anderweitiger Be-            Nachteile aus Sicht von Routiniers. Fachhoch-
 einträchtigung zu entscheiden.                                  schule Nordwestschweiz FHNW, Olten.
       Die Erfassung und Einordnung von Präsentismus        Johansen, V., Aronsson, G. & Marklund, S. (2014). Po-
 im Bereich Mobile Office stellt eine große Herausfor-           sitive and negative reasons for sickness presen-
 derung dar, ist im Kontext von multiplen Faktoren zu            teeism in Norway and Sweden: a cross-sectional
 betrachten und bedarf weiterer Analysen und Dis-                survey. BMJ Open, 4, 1-6.
 kussionen. Für den praktischen Umgang mit Präsen­          Krane, L., Larsen, E. L., Nielsen, C. V., Stapelfeldt, C.
 tismus im Mobile Office sind sowohl unternehmens-               M., Johnsen, R. & Risor, M.B. (2014). Attitudes
 spezifische Einflüsse, wie z. B. die Erwartung und Be-          towards sickness absence and sickness presen-
 lohnung lückenloser Anwesenheit, als auch individu-             teeism in health and care sectors in Norway and
 elle Faktoren, wie und wann sich jemand entscheidet,            Denmark: a qualitative study. BMC Public Health,
 trotz einer gesundheitlichen oder anderweitigen Be-             14, 1-13.
 einträchtigungen zur Arbeit zu gehen, zu berücksich-       Lohaus, D. & Habermann, W. (2018). Präsentismus.
 tigen. Eine klare Zuordnung von Verantwortlichkeiten            Heidelberg: Springer.
 (Fürsorgepflicht des Unternehmens, Treuepflicht der        Rudow, B. (2014). Die gesunde Arbeit: Psychische Belas-
 Mitarbeitenden), der Fokus auf (gesunde) Anwesen-               tungen, Arbeitsgestaltung und Arbeitsorganisation
 heit und eine Sensibilisierung aller Mitarbeitenden             (3. aktual. und erweit. Auflage). München: Olden-
 können dazu beitragen, dass das Bewusstsein für                 bourg Wissenschaftsverlag GmbH.
 ­Präsentismus beim mobilen Arbeiten gesteigert und         Strasser, P., Varesco Kager, N. & Häberli, D. (2017).
  die Vorteile von Mobile Office besser genutzt werden           Echtzeiterhebung von Präsentismus mit der App
  können.                                                        now@work ® – ein Praxisbericht. Journal Psycho-
                                                                 logie des Alltagshandelns, 10 (2), 36-50.
14                                                                                 P. Strasser & N. Varesco Kager

Swiss Life. (2018). Alles über Swiss Life in der Schweiz.   Weichbrodt, J., Sprenger, M., Steffen, M., Tanner, A.,
     Verfügbar unter https://www.swisslife.ch/de/ue-            Meissner, J. O. & Schulze, H. (2013). WorkAny­
     ber-uns.html (23.10.2018).                                 where. Swisscom (Schweiz) AG & SBB AG (Hrsg.).
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     Bremer Fachaustausch „Gemeinsam neue Wege“.            philip.strasser@swisslife.ch
     Bremen, 30.01.2009.
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     Work Survey 2016. Befragung von Erwerbstätigen
     und Unternehmen in der Schweiz zur Verbreitung
     mobiler Arbeit. Olten: Hochschule für Angewand-
     te Psychologie FHNW.
Insafing – new intellectual technology of group work

Yury Dus, Vladimir Razumov, Leonid Ryzhenko & Victor Sizikov
Omsk F. M. Dostoevsky State University, Russia

ABSTRACT
The article explores a new form of intellectual communication called „insafing“, which is a type of communication that
utilizes the elements of Activity Organizing Games, built in accordance with an in-advance-prepared sense scheme. The
scientific and methodological fundamentals of insafing based on the Theory of Dynamic Information Systems (TDIS) and
the methods of cognitive engineering are discussed in the article. The article also provides an example of insafing on the
realization of the project „The country of adventures and travels along Siberian Route“.

Keywords
Insafing – intellectual communication – Theory of Dynamic Information Systems (TDIS) – Activity Organizing Game
(AOG) – Categorical Systematic Methodology (CSM)

1       Introduction                                                  methods of Activity Organizing Games (AOG) have
                                                                      been in progress in the USSR and nowadays in mod-
Modern civilization faces the growth of the level of in-              ern Russia since 1980s (Shchedrovitskiy, 2004). Activ-
ner variety and complexity of projects. The intellectual              ity Organizing Games vary in developing of a script (it
saturation of inventions and their exploitation are in-               should ideally be original for every particular case),
creasing. The transition to intensive development and                 in presence of expert playing technicians and people
to the implementation of innovations requires forma-                  motivated to work in a team. The „immersion“ of par-
tion of new technology of intellectual activity where                 ticipants into the game is desirable, when it is held
the main factor of development is knowledge.                          beyond the work environment avoiding distractive
     From the antiquity, where mathematics and ax-                    office and personal factors. It is important for AOG to
iomatics-deductive approach to organizing the argu-                   schematize the activities needed for solving a problem.
ments appeared, the logic is being formed with forms                  Due to the development of the Internet technology and
of organizing the thinking and the patterns for knowl-                mobile communications online communities, distance
edge management, first of all, terms, views, definitions              learning and interacting systems (teleconferences,
and conclusions, the significant progress in techniques               webinars, etc.) are being formed. Quite positive envi-
of working with knowledge has not been achieved.                      ronment for advancement of teamwork methods is set
The mentioned constructions determine resolving                       up. Whereinto, serious intellectual potential might be
power of intellectual culture, where the key limitation               engaged.
is the adjustment of the listed forms of thought, speech                    In line with elaboration of new intellectual tech-
and writing, introduced, firstly, in a linearized form,               nologies that provide formation of innovative ways of
secondly, for working individually.                                   reasoning and creation of new forms of knowledge
      The introduction of forms for specialists team                  management, and that are implemented in the frame-
work on different issues, tasks and projects should be                work of Categorical Systematic Methodology (CSM)
relevant to the significant changes in intellectual ac-               (Razumov, 2004), Theory of Dynamic Information Sys-
tivity in XX century. The methods of solving the prob-                tems (DIS, TDIS) (Razumov & Sizikov, 2013), we will
lems by working in team include the following: „seri-                 give consideration to the new AOG – insafing (Dus et
ous games“ and their form „command post exercises“,                   al., 2014). Insafing was designed for organization of
„Workshop of the future“, „quality control group“,                    group work to solve the problems in different fields of
„foresight“, „brainstorming“. The methodology and                     knowledge, education, engineering and management.

    2018 – innsbruck university press, Innsbruck
    Journal Psychologie des Alltagshandelns / Psychology of Everyday Activity, Vol. 11 / No. 2, ISSN 1998-9970
16                                                                   Y. Dus, V. Razumov, L. Ryzhenko & V. Sizikov

2 TDIS                                                        mapping (on V); R+=[0;∞); A(k) – act PIF; S(k), FS(k) –
                                                              state and total state of DIS at the beginning A(k); rk(v),
TDIS began to form in the late 1990s accumulating             qk(v), lk(v) – value of the quantities of active and pas-
results gained in homeo-statics, which is a branch of         sive IF and the level of transformation of type-two IF
cybernetics (Gorskiy, 1998), in concept of intellectual       into type-one in v∈V; fkd(wd), fkc(wc) – value of relative
systems and intellects (Ladenko, 1994), CSM.                  conductivity of principal wd and dominant wc edges.
      In making an assessment of the results it develops            Structural parameters, value of transformation
that the common ground for the mentioned directions           levels and relative conductivity – functional para­
is searching for cognitive tools suitable for describing      meters – are orgraph G characteristics. And the se-
the processes of all kinds in the research area with the      quence {S(k)|k∈Z} – graph PIF DIS D.
help of universal language. Special attention is given              In a practical aspect, diversity of DIS may be inter-
to the work with visual schemes transmitting original         preted as a shell, in which a model object under study
sense content-rich characteristics of the objects. In         of any object region is inserted homomorphically. For
the course of searching for universal cognitive tools,        this purpose DIS is showed in categorical scheme (CS)
working with constructions developed on the basis of          in a format of orgraph with vertices relevant to cat-
organization knowledge elaboration of inartificial and        egories, and edges (principal, dominate), that helps to
artificial objects, the limitations were discovered. The      present the structure of research object. Mathematical
limitations touched upon the universalism on almost           properties of DIS are elucidated in TDIS. It is imple-
every type of schemes, for example, the schemes based         mented: at structural level in orgraph DIS morphology
on symbols of Chinese philosophy. Afterwards, the ac-         analysis; at functional level, where three acts of infor-
cents are shifted to the development of a mathematical        mation functioning process and typical regimes for DIS
framework for conceptual (qualitative) modeling. The          were determined; at imitation level leading to objects
task to design an analytic object in terms of the system      models construction in DIS formats with performing
of axioms was determined and solved. This object is           numerical computer experiments using them. Packag-
a multiuse cognitive shell for the models of objects of       ing knowledge in DIS forms makes it possible to docu-
any type. Thus, the class of information objects, called      ment sense content-rich characteristic of any object in
DIS, was identified.                                          order to transfer the results of mathematical analysis
      DIS is an analytically identified object that can be    of DIS formal construction on it, whereon the knowl-
presented in a form of oriented graph with vertices and       edge about the object under the study is projected. It
two types of edges (principal, dominant) whereon the          emerged that working with the help of class DIS mod-
process of information functioning is given.                  els is a convenient instrument for discussion organiza-
      Definition 1. DIS D is a pair (G, PIFG), where G –      tion of scientific, academic and project problems in a
orgraph with two types of edges, and PIFG={A(k)| k∈Z}         group. In this regard, insafing is being developed.
– PIF on it is a sequence of three types of acts of IF              Insafing as an intellectual communication of AOG
redistribution among the vertices of orgraph:                 participants uses the following operations of TDIS: de-
                                                              coding, folding, and mutation. Decoding – detalization
     G=(V, Rd, Rc), where V⊂ℜ, |V|
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