2020 Die Sammlung Leo Schönecker - Ein Filmprogramm mit Filmen aus dem Archiv Schönecker 25. Januar bis 12. Dezember

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2020 Die Sammlung Leo Schönecker - Ein Filmprogramm mit Filmen aus dem Archiv Schönecker 25. Januar bis 12. Dezember
Die Sammlung
                        Leo Schönecker
                          Ein Filmprogramm mit Filmen
                           aus dem Archiv Schönecker
                            25. Januar bis 12. Dezember

                                         2020

Veranstalter
Edith Schönecker
Julia Schönecker-Roth
Joachim Steinigeweg

Gefördert durch
Leo Schönecker

Veranstalter:           Veranstaltungsorte:          Eintritt:
Edith Schönecker        Filmforum im Museum Ludwig   7,- Euro / 6,- Euro ermäßigt
Julia Schönecker-Roth   Bischofsgartenstr. 1         Karten an der Kinokasse
Joachim Steinigeweg     50667 Köln
                        www.filmforumnrw.de                                          Gefördert durch
Kontakt:                Traumathek
Joachim Steinigeweg     Engelbertstraße 45
Alteburger Str. 113     50674 Köln
50678 Köln              www.traumathek.de
Vorwort

Weitgehend unbekannt in der Öffentlichkeit existiert in Köln eine Filmsamm-
lung, die hohen Wert auf die Qualität der enthaltenen Filme legt und einen
weiten Überblick über das internationale Filmschaffen bietet.

Seit Mitte der Fünfziger Jahre engagierte sich der Kölner Leo Schönecker nicht
nur in Arbeitskreisen und Diskussionsrunden zu filmthematischen Fragen,
sondern er begann, selbst Filme zu sammeln, vorzuführen und zu verleihen.
Seine Sammlung wurde bis zu seinem Tod im Jahr 2013 beständig fortgeführt
und erweitert.

Unter Filmkennern und Kuratoren war die Sammlung bekannt, gerne griff man
auf die Bestände dort zurück. Insgesamt enthält das Archiv rund 1.200 Filme,
meistens im Format 16mm, etliche im Format 35mm. Neben bekannten Titeln
finden sich in der Sammlung seltene und unbekannte Filme, die selten öffent-
                                                                                  03
lich vorgeführt wurden.

Um dies nachzuholen, setzen wir nun schon im vierten Jahr die Filmreihe zur
Sammlung Leo Schönecker an zwei Spielstätten fort, im Filmforum im Muse-
um Ludwig und in der Traumathek. Im Programm sind einige Klassiker der
Filmgeschichte, die es lohnt, immer wieder anzusehen, aber auch Raritäten. Die
Vorführungen werden von Referenten begleitet, die in den Film einführen.

In den Kinos hat seit einigen Jahren die Digitalisierung Einzug gehalten. Eine
Vorführung von , richtigem“ Zelluloid hat inzwischen Ereignischarakter. Bei der
Vorführung von Zelluloid gibt es Artefakte, die jede Kopie einzigartig machen.
Es sind dies Gebrauchsspuren wie Schmutzpartikel, Kratzer, Bildstandsbewe-
gungen etc. In jede Filmkopie ist somit auch die Geschichte ihrer Aufführungen
mit eingeschrieben. Auch diesen Aspekt wollen wir vorstellen und die Vor- und
Nachteile digitaler und analoger Vorführungen sichtbar machen.
Samstag, 25. Januar 2020, 20.00 Uhr,             Samstag, 29. Februar 2020, 20.00 Uhr,
     Filmforum im Museum Ludwig                       Filmforum im Museum Ludwig

     Es herrscht Ruhe                                 Jonas
     im Land                                          BRD 1957
                                                      Regie: Ottomar Domnick, 81 Min., 16mm
     BRD 1975
     Regie: Peter Lilienthal, 103 Min., 16mm
                                                      In einer anonymen Stadt in den Fünfziger
     In Las Piedras, einer Kleinstadt in Südameri-    Jahren lebt der Einzelgänger und Drucke-
     ka, werden in der zum Gefängnis umgebau-         reiarbeiter Jonas. Schuldgefühle aus dem
     ten Kaserne politische Gefangene inhaftiert.     Zweiten Weltkrieg quälen ihn, denn auf
     Die Verwandten draußen organisieren ein          der Flucht aus dem Internierungslager hat
     Hilfskomitee, das überall auf angstvolle         er seinen verwundeten Kameraden im
     Sympathie stößt. Als einem Teil der Häft-        Stich gelassen, um sich selbst zu retten.
     linge durch eingeschmuggelte Waffen und          Auch die Verkäuferin Nanni, die Jonas Ge-
     Uniformen der Ausbruch gelingt, übernimmt        fühle und Zuneigung entgegenbringt, kann
                                                      ihn nicht aus seiner seelischen Ausweg-
04   das Militär die Macht in der Stadt. Es richtet
     nicht nur unter den zurückgebliebenen Häft-      losigkeit befreien. Er bleibt gefangen in
     lingen ein blutiges Massaker an, sondern         seinen Angstträumen, die sich in der Kälte
     sperrt nahezu die gesamte Zivilbevölkerung       der Großstadtkulisse widerspiegeln.
     in das örtliche Fußballstadion. So herrscht      Der Kunstsammler und Psychoanalytiker
     wieder Ruhe im Land.. .                          Ottomar Domnick charakterisiert die
     In den Siebziger Jahren wandte sich              Gefühlswelt der Hauptfigur nicht nur
     Lilienthal in mehreren Filmen den Problemen      mit kontrastreichen, geometrisierenden
     in Südamerika zu, die ihn seit seiner Jugend     Schwarz-Weiss-Bildern, sondern auch mit
     in Uruguay bewegten. Die Anspielungen            dem Einsatz der experimentellen Musik
     auf Chile sind in diesem Film offensichtlich     von Winfried Zillig. Lediglich die Liberian
     durch das dokumentarische Material von           Suite von Duke Ellington schlägt manch-
     Straßenkämpfen zwischen Angehörigen des          mal beruhigendere, hoffnungsvolle Töne an.
     chilenischen Militärs und der Bevölkerung.       In seiner neuartigen und irritierenden Film-
     Mit der sehr persönlichen Schilderung der        sprache setzt sich , Jonas“ kritisch mit der
     Geschehnisse aus der Perspektive der             Ästhetik des 50er-Jahre-Kinos auseinan-
     Protagonisten schafft es Lilienthal, den         der und ist leider bis heute wenig bekannt
     Zuschauer emotional in den Bann zu ziehen.       als Vorläufer des Neuen Deutschen Films.

     D ,Es herrscht Ruhe im Land“ erhielt 1976 den
        Deutschen Filmpreis.
Es herrscht Ruhe im Land
                                        05
Jonas

                             Peter
                           Lilienthal
                           Ottomar
                            Domnick
Lemmy Caution         godard
 gegen Alphaville 60
                        horne
                       keaton

06

 College
Donnerstag, 05. März 2020, 20.00 Uhr,          Samstag, 21. März 2020, 20.00 Uhr,
Traumathek                                     Filmforum im Museum Ludwig

Lemmy Caution                                  College
gegen Alphaville 60                            USA 1927
                                               Regie: James W. Horne/Buster Keaton,
Frankreich 1965
Regie: Jean-Luc Godard, 89 Min., 16mm,         62 Min., Stummfilm, 16mm
dt. Fassung
                                              Der Musterschüler Ronald hält zum
Geheimagent Lemmy Caution reist in            Schulabschluss eine flammende Rede für
die futuristische Stadt Alphaville, deren     die geistige Ertüchtigung und gegen den
Bewohner unter der rationalen Herrschaft      dümmlichen Sport. Damit erntet er das
des Computers Alpha 60 stehen. Entwickelt Missfallen seiner angebeteten Mary, der
wurde dieser von Professor von Braun,         beliebtesten Schülerin. Um ihr zu impo-
dessen Tochter Natascha auf den Eindring- nieren, schreibt sich Ronald wie sie am
ling Caution angesetzt wird. Liebe, Gefühle   Sportcollege ein und scheitert natürlich in
und Poesie sind in dieser unmenschlichen      allen Disziplinen. Mit Nebenjobs will er das     07
und fremdartigen Stadt verboten. Dennoch      teure Studium finanzieren, doch auch hier
bahnt sich zwischen dem unkonventionellen, hat er kein glückliches Händchen. Durch
unbeholfenen Privatdetektiv und der jungen einen Zufall wird Ronald kurzerhand als
Frau ein persönliches Verhältnis an. Gedreht Steuermann des Ruderteams eingesetzt
wurde der Film in den nächtlichen Straßen     und führt seine Mannschaft trotz einiger
der Pariser Aussenbezirke. Die modernen       Missgeschicke zum Sieg. Als er schließlich
Glas- und Betonfassaden mit ihren Neon-       seine Verehrte aus den Armen eines auf-
reklamen bilden die futuristische Kulisse     dringlichen Nebenbuhlers befreit, steht einer
für Godards ohne weitere Spezialeffekte       Hochzeit nichts mehr im Wege.
gedrehten Science-Fiction-Film. Zitate aus    Buster Keaton fasziniert auch in , College“
Literatur und Philosophie unterstreichen die mit seiner akrobatischen Körperbeherr-
symbolhaften Konnotationen des Thrillers,     schung, die er seit jüngster Kindheit auf der
der mit Eddie Constantine und Anna Karina Bühne trainiert hat. Sein Markenzeichen, die
glänzend besetzt ist.                         unerschütterlich stoische Miene, unter-
                                              streicht den klugen Humor dieser Komödie,
D ,Lemmy Caution gegen Alphaville 60“ gewann
                                              bei der man auch Tränen lachen kann.
  den Goldenen Bären der Berlinale 1965.
                                               D Die Vorführung wird vom Stummfilmpianisten
                                                  Wilfried Kaets begleitet.
Roberto
Rossellini   Donnerstag, 02. April 2020, 20.00 Uhr,
             Traumathek

             Rom, offene Stadt
             Italien 1945
             Regie: Roberto Rossellini, 93 Min., 16mm,
             dt. Fassung

             Rom im Jahr 1944: Das faschistische Italien
             ist von der deutschen Wehrmacht be-
             setzt, nachdem Italien das Achsenbündnis
             mit Deutschland aufgekündigt hat. Rom,
             eigentlich entmilitarisierte , offene Stadt“,
             steht unter dem Terror der SS. Doch bilden
             sich diverse Partisanengruppen, die gegen
             die Besetzung und auch den italienischen
             Faschismus Widerstand leisten. Der kom-
             munistische Ingenieur Giorgio Manfredi, Don
08           Pietro, ein katholischer Priester, der Drucker
             Francesco und seine schwangere Freundin
             Pina kämpfen im Untergrund. Als Giorgio und
             Don Pietro in Gefangenschaft geraten, gelingt
             es allerdings Gestapochef Major Bergmann
             auch mit schlimmster Folter nicht, seine
             Gegenspieler zum Verrat ihrer Organisation
             zu bewegen.
             Unmittelbar nach Abzug der Deutschen
             begann Rossellini mit den Dreharbeiten, bei
             denen das vom Krieg geprägte Rom mit
             seinen Ruinen und Menschenschlangen vor
             den Lebensmittelläden die perfekte Kulisse
             bildete. Er verknüpfte dokumentarische
             Begebenheiten mit Fiktionalem zu einer
             Geschichte, die zu Recht als Klassiker des
             italienischen Neorealismus gilt.
frank
Donnerstag, 28. Mai 2020, 20.00 Uhr,
Traumathek
                                                              beyer
Nackt unter Wölfen
DDR 1963
Regie: Frank Beyer, 116 Min., 16mm

Im Frühjahr 1945 kommt der Pole Jankows-        Frank Beyer verfilmte das 1958 veröffent-
ki mit einem Transport ins Konzentrations-      lichte Buch von Bruno Apitz , Nackt unter
lager Buchenwald. Er trägt einen Koffer bei     Wölfen“ 1963 für die DEFA. Apitz war selbst
sich, den er nicht aus der Hand geben will.     acht Jahre lang KZ-Häftling. Sein Roman
Als die Häftlinge ein Kind darin entdecken,     beruht auf eigenen Erlebnissen und auf
stehen sie vor einer schweren Entschei-         der Geschichte des mit drei Jahren nach
dung. Das Kind im Lager zu verbergen, ist       Buchenwald gebrachten Stefan Jerzy
nicht nur äußerst schwierig, es gefährdet       Zweig, die er allerdings nur vom Hörensa-
auch die Arbeit einer illegalen Widerstands-    gen kannte und in wesentlichen Punkten
gruppe. Unter Einsatz ihres Lebens retten       von den tatsächlichen Ereignissen abwei-
sie schließlich das Kind vor der Vernichtung.   chend darstellte.
                                                                                              09
Robert
                                                            bresson
                                                             Dušan
                                                           Makavejev
                                                            Thomas
     Samstag, 30. Mai 2020, 20.00 Uhr,                      Koerfer
     Filmforum im Museum Ludwig

     Tagebuch eines                                schen Ernährung herrühren. Voller Furcht
     Landpfarrers                                  und Selbstzweifel flüchtet er sich in die
     Frankreich 1951                               Niederschrift seines Tagebuchs, in dem er
     Regie: Robert Bresson, 115 Min., 16mm,        seine Gedanken und Betrachtungen notiert.
     dt. Fassung                                   Dieser Text, der auf dem gleichnamigen
                                                   Roman von Georges Bernanos basiert,
     Ein junger kränklicher Pfarrer tritt seinen   dominiert als Voice-Over den sparsam
     Dienst in einer armen nordfranzösischen       inszenierten Film.
     Landgemeinde an. Er ist fest entschlossen,    Bresson fand hier zu seinem einzigartigen
     die Bewohner zu ihrem Glauben zurück-         Stil, durch eine distanzierte Betrachtung
10   zuführen. Doch die Bauern und auch die
     ansässige gräfliche Familie begegnen dem
                                                   und das Mittel der Repetition Emotionen
                                                   und Empathie beim Zuschauer zu schüren.
     Geistlichen mit Misstrauen und Feindselig-
     keit. Zudem wird der junge Pfarrer immer      D ,,Tagebuch eines Landpfarrers“ erhielt 1951 den
     wieder von unerträglichen Schmerzen              Großen Preis der Jury auf den Filmfestspielen
     gequält, die scheinbar von seiner asketi-        in Venedig.
Samstag, 20. Juni 2020, 20.00 Uhr,             Samstag, 11. Juli 2020, 20.00 Uhr,
Filmforum im Museum Ludwig                     Filmforum im Museum Ludwig

Ein Liebesfall                                 Der Tod des
Jugoslawien 1967
Regie: Dušan Makavejev, 79 Min., 16mm,
                                               Flohzirkusdirektors
                                               Schweiz 1975
dt. Fassung
                                               Regie: Thomas Koerfer, 111 Min., 16mm

, Ein Liebesfall“ erzählt die tragische Lie-   Nach der Ermordung seiner hochbegab-
besbeziehung der lebenslustigen Isabella,      ten Tiere muss Ottocaro Weiss seinen
Telefonistin im Belgrader Fernmeldeamt,        Flohzirkus einstellen und nach einer neuen
mit dem Rattenfänger Achmed. Gleich            Betätigung Ausschau halten. Der festliche      11
zu Beginn nimmt die makabre Szene im           Trauerumzug in einem Dorf bringt ihn auf
Leichenschauhaus vorweg, dass die Affäre       eine skurrile Idee. Mit seiner Gehilfin Anja
zum Kriminalfall wird. Makavejev montiert      will er die Pest auf die Bühne bringen, um
die verschiedenen Erzählstränge wie eine       die Menschen aus ihrem trägen Konsum-
Collage: Vorträge eines Sexualwissen-          schlaf aufzurütteln. Pest bedeutet für ihn
schaftlers und eines Kriminologen unter-       Freiheit und Gleichheit aller Menschen. In
brechen in provokativer und entfremden-        Johannes Wagner findet er einen Mäzen,
der Weise den Handlungsverlauf ebenso          der allerdings ganz andere Ziele verfolgt
wie Sequenzen aus einem Pornofilm und          und aus einer Pestepidemie eigene
Szenen aus Dsiga Wertows , Donbass-            Vorteile zur Unterdrückung der Menschen
Sinfonie“ von 1927.                            ziehen möchte.
Mit seinem anarchischen Humor und              Das Spielfilmdebüt des Schweizer
seiner eigenen Filmsprache hat sich der        Regisseurs Thomas Koerfer erhielt den
2019 verstorbene Regisseur als system-         Josef-von-Sternberg-Preis, Mannheim,
kritischer Geist nicht nur im damaligen        für , die formal und inhaltlich gleich stark
Jugoslawien einen Namen gemacht.               überzeugende filmische Übersetzung eines
                                               individuellen Bewusstwerdungsprozesses
                                               innerhalb einer etablierten Gesellschaft“.
john
                                   schlesinger
                                       eric
                                     rohmer
     Samstag, 15. August 2020, 20.00 Uhr,            Donnerstag, 03. September 2020, 20.00 Uhr,
     Filmforum im Museum Ludwig                      Traumathek

     Nur ein Hauch                                   Liebe am Nachmittag
     Glückseligkeit                                  Frankreich 1972
                                                     Regie: Eric Rohmer, 97 Min., 16mm,
     Großbritannien 1962
     Regie: John Schlesinger, 107 Min., 16mm,        dt. Fassung
     dt. Fassung
                                                     Das Leben des erfolgreichen Anwalts
     Victor arbeitet als technischer Zeichner        Frédéric klingt wie aus einem Werbeslo-
     in einer nordbritischen Industriestadt.         gan: guter Job, großes Auto, und seine Frau
                                                     Hélène erwartet gerade das zweite Kind.
12   Er interessiert sich für die hübsche,
     zurückhaltende Ingrid, Schreibkraft im          Dennoch fühlt er sich zu der attraktiven
     selben Betrieb. Nach ersten Flirts und          Chloé hingezogen, die er von früher kennt
     Spaziergängen im dunklen Park kann er           und überraschend wiedertrifft. Er verbringt
     sie schließlich zum Sex überreden. Doch         immer mehr Zeit mit ihr und gerät darüber
     die folgende Schwangerschaft zwingt den         in den Zwiespalt zwischen der Liebe zu
     Träumer Victor, Verantwortung zu überneh-       seiner Frau und dem Verlangen nach der
     men. Ihre eher bedrückende Hochzeitsfeier       verführerischen Chloé.
     ist allerdings der Beginn eines zunehmend       , Liebe am Nachmittag“ ist der letzte Film von
     unerträglichen Familienlebens im Haus der       Rohmers sechsteiligem Zyklus der , morali-
     Schwiegermutter. Als Ingrid eine Fehlge-        schen Erzählungen“, bei denen es allerdings
     burt erleidet, will Victor sie verlassen.       weniger um Moral geht als um die mensch-
     Mit nüchterner Wahrnehmung und                  liche Selbstkontrolle. Hinter der einfach
     sparsamen Mitteln inszenierte Schlesinger       wirkenden Erzählung von Alltags- und Bezie-
     in seinem ersten Spielfilm die soziale, teils   hungsgeschichten bestimmt die Fähigkeit
     bittere Realität der einfachen Leute im         zur Reflexion die Aktionen der Protagonisten.
     englischen Arbeitermilieu.                      Eric Rohmer zählt zu den Hauptakteuren
                                                     der französischen Nouvelle Vague, die von
     D ,,Nur ein Hauch Glückseligkeit“ gewann
                                                     der Filmkritik zur Filmregie kamen, um
        den Goldenen Bären der Berlinale 1962.
                                                     die moderne Welt so auf die Leinwand zu
                                                     bringen, wie sie sie erlebten.
Nur ein Hauch Glückseligkeit

                               13
Liebe am Nachmittag
Samstag, 12. September 2020, 20.00 Uhr,
                                                   Filmforum im Museum Ludwig

                                                   The Lodger
                                                   Großbritannien 1927
                                                   Regie: Alfred Hitchcock, 91 Min.,
                                                   Stummfilm, 16mm, engl. Zwischentitel

14
     Ein Mörder versetzt die Bewohner Londons       ,,The Lodger“ war Hitchcocks erster Thriller
     in Angst und Entsetzen. Schon sieben jun-      und der Film, den er selbst später als
     ge, blonde Frauen sind ihm zum Opfer ge-       „,ersten echten Hitchcock-Film“ bezeichnen
     fallen. Jedes Mal hat er wie eine Visiten-     sollte. Sein geistreicher Humor und das
     karte einen Zettel mit dem Wort RÄCHER,        Grundmotiv des unschuldig Verfolgten, das
     eingepasst in ein Dreieck, hinterlassen. Es    er immer wieder variieren sollte, bleiben
     gibt zwar Zeugen, die den Täter als einen      prägende Elemente seiner Filme.
     großen, vermummten Mann beschreiben,
     aber immer kann er entkommen. Der              D D ie Vorführung wird vom Stummfilmpianisten
     neue Mieter eines Privatzimmers weckt             Wilfried Kaets begleitet.
     aufgrund seines merkwürdigen Verhaltens
     den Argwohn der Hausherrin. In seinem
     Zimmer sammelt er Zeitungsausschnitte
     über die Morde, und auf dem Stadtplan hat
     er die Tatorte mit einem Dreieck markiert.
     Ausserdem hat er ein Auge auf die Tochter               alfred
     des Hauses geworfen.
                                                           hitchcock
john
                                                             huston
Donnerstag, 08. Oktober 2020, 20.00 Uhr,
Traumathek

Der Malteserfalke                               Miles Frau Iva hatte. Auf der Suche nach
USA 1941
                                                dem wahren Mörder gerät Spade in ein Netz
Regie: John Huston, 100 Min., 16mm,
                                                aus Intrigen und Lügen. Bei nächtlichen Taxi-
dt. Fassung
                                                fahrten und häufigen Ortswechseln kommen
                                                schließlich immer mehr Personen ins Spiel,
Kaum hat die Privatdetektei Spade & Archer      die alle dem berüchtigten Kunstschatz, dem
den Auftrag der attraktiven jungen Ruth         Malteserfalken, auf der Spur sind.
Wonderly zur Suche nach ihrer verschwun-        Das Regiedebüt von John Huston gilt als
denen Schwester übernommen, wird Miles          Krimiklassiker, der das Genre des Film-Noir
Archer erschossen aufgefunden. Sam Spade,       begründete und Humphrey Bogart, der in
ein eher unsympathischer Typ, gilt zunächst     fast jeder Szene des Films zu sehen ist, zum
als Hauptverdächtiger, da er eine Liaíson mit   Star machte.

                                                                                                15
Götter der Pest
16

                       Aguirre, der Zorn Gottes
rainer werner
                                     fassbinder
                                       werner
                                       herzog
Samstag, 17. Oktober 2020, 20.00 Uhr,                     Samstag, 31. Oktober 2020, 20.00 Uhr,
Filmforum im Museum Ludwig                                Filmforum im Museum Ludwig

Götter der Pest                                           Aguirre, der Zorn Gottes
BRD 1970                                                  BRD 1972
Regie: Rainer Werner Fassbinder, 91 Min.,                 Regie: Werner Herzog, 91 Min., 16mm
16mm
                                                          Im 16. Jahrhundert unternehmen spani-
Mit dem Kommentar , bis zum nächsten                      sche Konquistadoren eine Expedition zum
Mal“ wird der Gewohnheitsverbrecher Franz                 sagenhaften Goldland Eldorado in den
Walsch nach längerer Haft aus dem Gefäng-                 Tiefen des Amazonasgebiets. Da der Urwald
nis entlassen. Doch er weiß nicht so recht,               zu unwegsam ist, erkundet ein kleiner
was er mit seiner Freiheit anfangen soll. Die             Trupp das Gelände vom Wasser aus. Es          17
alte Beziehung zu Joanna, Sängerin in einem               kommt zur Meuterei gegen den Anführer
Nachtclub, ist ihm lästig, weil er sich von               Don Pedro de Ursúa, und der fanatische Don
ihr eingeschränkt fühlt. Auch Joannas Geld                Lope de Aguirre übernimmt das Kommando.
will er nicht. Emotionslos und gleichgültig               Mit einem neuen, großen Floß macht sich
beginnt er eine neue Affäre mit Margarethe.               der Trupp vom Hauptheer selbstständig
Der Mord an seinem Bruder Marian berührt                  und versucht auf eigene Faust, Eldorado zu
ihn ebenfalls nicht. Im Gegenteil, mit dessen             erreichen. Obwohl Hunger, Krankheit und die
Mörder Günter, gesuchter Unterweltboss mit                Attacken der Ureinwohner die Mannschaft
Spitznamen , Gorilla“, plant er einen neuen               immer weiter dezimieren, läßt der größen-
Überfall auf einen Supermarkt. Die Polizei                wahnsinnige Aguirre nicht von seinem Vor-
ist ihnen aber schon auf der Fährte, und der              haben ab, mitten im Urwald Südamerikas
Coup endet in einem Blutbad. Mit seiner kar-              einen neuen eigenen Staat zu gründen.
gen Filmsprache interpretiert Fassbinder den              Werner Herzogs Drehbuch basiert auf
französischen und amerikanischen Gangs-                   wahren Begebenheiten. Die anstrengenden
terfilm wie eine melodramatische Tragödie.                Dreharbeiten vor Ort ohne jegliche Stunts
                                                          waren zudem von der unberechenbaren
D ,,Götter der Pest“ wurde 1970 mit dem Filmband in      Zusammenarbeit mit Klaus Kinski geprägt
   Gold für die darstellerischen Leistungen und für die   und geben auf großartige Weise den Wahn
   beste Kamera ausgezeichnet.                            Aguirres wieder.
Donnerstag, 03. Dezember 2020, 20.00 Uhr,     Samstag, 12. Dezember 2020, 20.00 Uhr,
     Traumathek                                    Filmforum im Museum Ludwig

     Erzählungen unter                             Lohn der Angst
     dem Regenmond                                 Frankreich, Italien 1953
                                                   Regie: Henri-Georges Clouzot, 148 Min.,
     Japan 1953
     Regie: Kenji Mizoguchi, 97 Min., 16mm,        16mm, dt. Fassung
     dt. Fassung
                                                   Las Piedras in Venezuela ist ein Ort fernab
     In seinem Meisterwerk , Ugetsu Monogatari“    jeglicher Hoffnung. Eine Ölgesellschaft ist
     erzählt Kenji Mizoguchi die Geschichte des    der einzige Arbeitgeber, doch die Jobs sind
     Töpfers Genjuro und seines Schwagers,         rar gesät, vor allem für die hier Gestrande-
     des Bauern Tobei, die Ende des 16. Jahr-      ten aus aller Herren Länder. Eines Tages er-
     hunderts mit ihren Frauen in einem kleinen    öffnet sich ihnen eine große Chance, denn
     Dorf mitten in einem von Bürgerkriegen        eine 500 Kilometer entfernte Ölquelle steht
     heimgesuchten Gebiet leben. Sie haben         in Flammen. Mit einer Ladung Nitroglyzerin
18   Ambitionen, aus den Wirren des Krieges
     Profit zu schlagen. Genjuro will mit seinen
                                                   könnte das Feuer gelöscht werden. Das
                                                   Problem ist nur, dass der hochexplosive
     Töpfen in die Stadt fahren und schnell viel   Sprengstoff mit zwei Lastwagen zum Ort
     Geld verdienen, Tobei als Samurai Ruhm        des Brandes gefahren werden muss. Viele
     und Ehre erlangen. Beide riskieren alles      melden sich freiwillig, vier werden ausge-
     – und verlieren ihre Familien. Das Streben    wählt: der Korse Mario, der Italiener Luigi,
     nach Geld und Ruhm geht unweigerlich mit      Bimba, ein Deutscher, der den Arbeitslagern
     dem Verlust innerer Werte einher.             der Nazis entkommen konnte, und Jo, der
     Obwohl die Geschichte überwiegend aus         Älteste von ihnen. Das Risiko, unterwegs in
     der Sicht der beiden Männer, insbesondere     die Luft zu fliegen, ist jedoch größer als die
     Genjuros, erzählt wird, sind die eigentli-    Chance, das Ziel zu erreichen: ein wahres
     chen Hauptfiguren die Frauen. Mizoguchi       Himmelfahrtskommando. bei dem Mut und
     versucht im Genre des historischen Films      Angst unweigerlich Passagiere sind.
     die Mechanismen der Unterdrückung und         Ohne jegliche Tricks und Spezialeffekte
     Gewalt in der japanischen Gesellschaft        drehte Henri-Georges Clouzot einen frühen
     aufzuzeigen. In langen Einstellungen, mit     Klassiker des Actionfilms, der weit über
     bewegter Kamera und Überblendungen ge-        das Genre hinausreicht und sich zugleich
     lingt es ihm dabei, Traum und Wirklichkeit,   als sozialkritisch erweist.
     Vergangenheit und Gegenwart miteinander
     zu verweben.
Erzählungen unter dem Regenmond

                                                  19

                                      Kenji
                                    Mizoguchi
                                  Henri-Georges
Lohn der Angst
                                     Clouzot
Programmübersicht
                                                                                                                    Programmänderungen vorbehalten

 Samstag, 25. Januar 2020, 20.00 Uhr, Filmforum                                 Samstag, 11. Juli 2020, 20.00 Uhr, Filmforum
 Es herrscht Ruhe im Land                                                       Der Tod des Flohzirkusdirektors
 BRD 1975, Regie: Peter Lilienthal                                              Schweiz 1975, Regie: Thomas Koerfer

 Samstag, 29. Februar 2020, 20.00 Uhr, Filmforum                                Samstag, 15. August 2020, 20.00 Uhr, Filmforum
 Jonas                                                                          Nur ein Hauch Glückseligkeit
                                                                                Großbritannien 1962, Regie: John Schlesinger
 BRD 1957, Regie: Ottomar Domnick
                                                                                Donnerstag, 03. September 2020, 20.00 Uhr, Traumathek
 Donnerstag, 05. März 2020, 20.00 Uhr, Traumathek                               Liebe am Nachmittag
 Lemmy Caution                                                                  Frankreich 1972, Regie: Eric Rohmer
 gegen Alphaville 60
 Frankreich 1965, Regie: Jean-Luc Godard                                        Samstag, 12. September 2020, 20.00 Uhr, Filmforum
                                                                                The Lodger
                                                                                Großbritannien 1927, Regie: Alfred Hitchcock
 Samstag, 21. März 2020, 20.00 Uhr, Filmforum
                                                                                Die Vorführung wird vom Stummfilmpianisten
 College                                                                        Wilfried Kaets begleitet.
 USA 1927, Regie: James W. Horne/Buster Keaton
 Die Vorführung wird vom Stummfilmpianisten                                     Donnerstag, 08. Oktober 2020, 20.00 Uhr, Traumathek
 Wilfried Kaets begleitet.                                                      Der Malteserfalke
                                                                                USA 1941, Regie: John Huston
 Donnerstag, 02. April 2020, 20.00 Uhr, Traumathek
 Rom, offene Stadt                                                              Samstag, 17. Oktober 2020, 20.00 Uhr, Filmforum
 Italien 1945, Regie: Roberto Rossellini                                        Götter der Pest
                                                                                BRD 1970, Regie: Rainer Werner Fassbinder
 Donnerstag, 28. Mai 2020, 20.00 Uhr, Traumathek
                                                                                Samstag, 31. Oktober 2020, 20.00 Uhr, Filmforum
 Nackt unter Wölfen
 DDR 1963, Regie: Frank Beyer                                                   Aguirre, der Zorn Gottes
                                                                                BRD 1972, Regie: Werner Herzog

 Samstag, 30. Mai 2020, 20.00 Uhr, Filmforum                                    Donnerstag, 03. Dezember 2020, 20.00 Uhr, Traumathek
 Tagebuch eines Landpfarrers                                                    Erzählungen unter dem Regenmond
 Frankreich 1951, Regie: Robert Bresson
                                                                                Japan 1953, Regie: Kenji Mizoguchi
                                                                                                                                                           Grafik: Alessandro Riggio

 Samstag, 20. Juni 2020, 20.00 Uhr, Filmforum                                   Samstag, 12. Dezember 2020, 20.00 Uhr, Filmforum
 Ein Liebesfall                                                                 Lohn der Angst
 Jugoslawien 1967, Regie: Dušan Makavejev                                       Frankreich, Italien 1953, Regie: Henri-Georges Clouzot

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