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3 CD WHITE NIGHTS VIOLA MUSIC FROM SAINT PETERSBURG TATJ A N A M A S U R E N K O V I O L A R O G L I T I S H AY P I A N O S H O S TA K O V I C H R U B I N S T E I N P R O K O F I E V G L I N K A S T R AV I N S K Y G L A S U N O V T C H A I K O V S K Y
WEISSE NÄCHTE / WHITE NIGHTS MUSIK FÜR VIOLA UND KLAVIER AUS ST. PETERSBURG VIOLA MUSIC FROM ST. PETERSBURG CD 1 CD 2 Dmitri Shostakovich (1906 – 1975) Alexander Glasunov (1865-1936) Nikolai Rimsky-Korsakov (1844 – 1908) Sergey Prokofiev (1891-1953) Preludes op. 34 for viola and piano Elegy op. 44 for viola and piano Dance of the Buffoons (Tanets Skomorochov) Selected pieces from the ballet Romeo and Juliet (arranged by E. Strachov) 10 Allegretto 6:11 from the opera “Snow Maiden“ (Snegurochka) Arrangement by Vadim Borisovsky (1900-1972) 1 No. 10 – Moderato non troppo 1:53 for viola and piano 1 No. 1 Introduction. Andante assai 2:16 2 No. 14 – Adagio 2:32 (arranged by E. Strachov) 2 No. 2 The street awakens. Allegretto 1:40 Igor Stravinsky (1882 – 1971) 3 No. 15 – Allegretto 0:54 Elegy for viola solo (1944) 14 Vivace 3:59 3 No. 3 Juliet as a young girl. Vivace 3:07 4 No. 16 – Andantino 1:05 4 No. 5 Balcony scene. Andante 5:36 11 Lento 5:48 5 No. 17 – Largo 1:58 Piotr Tchaikovsky (1840 – 1893) 5 No. 4 Montagues and Capulets 6 No. 18 – Allegretto 0:51 Valse sentimentale, op. 51 no. 6 (Dance of the Knights). Allegro pesante 4:57 7 No. 24 – Allegretto 1:25 Igor Stravinsky (1882 – 1971) for viola and piano 6 No. 13 Farewell before parting & Juliet´s death 6:21 (arranged by V. Borisovsky) Andante –Adagio – Andante 12 Russian Song from the opera “Mavra“ Mikhail Glinka (1804 – 1857) for viola and piano 15 Tempo di valse 6:23 Sonata in D minor for viola and piano (arranged by K. Oznobishev) 4:11 Gennady Banshchikov (*1943) (completed by W. Michel and V. Borisovsky) Total time: 58:17 7 Sonata for viola and piano 7:11 8 Allegro 9:15 Nikolai Rimsky-Korsakov (1844 – 1908) Andante – Adagio – poco più animato – 9 Andante 7:19 Song of the Indian guest (Pesnia Indiyskogo gostia) Adagio – poco più mosso – Andante from the opera “Sadko“ for viola and piano (arranged by V. Borisovsky) Dmitri Shostakovich (1906 – 1975) 13 Andantino 4:28 Sonata for viola and piano op. 147 8 Moderato 9:07 9 Allegretto 7:30 10 Adagio 13:30 Total time: 61:20 2 3
White Nights nahme nicht auf meiner alten Viola von Testore Die Idee der CD-Reihe „White Nights“ entstand (Mailand, 1756), sondern auf einem neuen Inst- vor vielen Jahren im Zusammenhang meiner Auf- rument von Geigenbaumeister Jürgen Manthey tritte mit Roglit Ishay. Die erste Aufnahme wurde (Leipzig, 2020), den ich seit 25 Jahren kenne und 2010 veröffentlicht. Ich bin sehr glücklich, dass dessen Arbeit ich sehr schätze. In jüngster Zeit CD 3 hat sich meine Spielweise verändert. Ich spiele das Label „G.HänsslerProfil“ und der Deutsch- Anton Rubinstein (1829 – 1894) Igor Stravinsky (1882 – 1971) landfunk in Köln als Kooperationspartner mich das Repertoire des 19. Jahrhunderts heute mit 1 Romance „Die Nacht“, op. 44, no. 1 8 „Pastorale“ (1907) for viola and piano 1:43 über viele Jahre so tatkräftig unterstützt haben. stärker historischem Akzent. Aus diesem Grund for viola and piano 5:16 (Arrangement by V. Borissovsky) Herzlichen Dank! verwende ich in der vorliegenden Aufnahme (Arrangement by H. Wieniawski – T. Masurenko) Darmsaiten und einen Bogen des berühmtesten Alexander Glazunov (1865 – 1936) Der Untertitel der Aufnahmen lautet „Violamusik Bogenmachers aus dem 19. Jahrhundert, Nikolai Mikhail Glinka (1804 – 1835) aus St. Petersburg“. Ich bin in dieser herrlichen 9 „Meditation“ op. 32 for viola and piano 3:12 Kittel aus St. Petersburg (1856). Auch der Flügel Stadt aufgewachsen, dort habe ich studiert, dort 2 Variations on the theme of A. Aliabiev unserer Aufnahme ist ein historisches Instrument: „Nightingale“ for viola and piano 7:24 Pyotr Tchaikovsky (1840 – 1893) lebt meine Familie. Als Musikerin, die immer auf ein Blüthner von 1905 aus Leipzig. Der Blick zu- (Arrangement by V. Borissovsky) der Suche nach interessanten Neuentdeckun- 10 „Aveu passioné“ in E minor, TH 148 rück auf diese Musik aus St. Petersburg ist für mich gen ist, wollte ich diese Werke für Viola aufneh- for viola and piano 3:37 eine unerschöpfliche Quelle der Inspiration, der Anton Rubinstein (1829 – 1894) (Arrangement by V. Borissovsky) men. Hier werden Sie bekannte Stücke finden, künstlerischen Freiheit und Liebe. Ich wünsche 3 Melody in F major op. 3, no. 1 die schon lange zum Standardprogramm von for viola and piano 3:35 mir, dass Sie, liebe Zuhörer, diese Werke genauso BONUS Bratschisten auf der ganzen Welt gehören, aber (Arrangement by E. Kross – T. Masurenko) tief empfinden und genießen können. Dmitri Shostakovich (1906 – 1975) auch neue, unerwartete Bearbeitungen. Ich lege großen Wert auf die Erweiterung des Viola-Reper- Ihre Tatjana Masurenko Anton Rubinstein (1829 – 1894) 11 „Impromptu“ op. 33 for viola and piano 1:30 (Version of T. Masurenko) toires, deshalb spiele ich oft eigene Bearbeitun- Sonata for viola and piano op. 49 gen von bekannten Werken, vor allem Stücke, die CD 1 4 I Moderato 8:45 mich persönlich ansprechen. Die drei CDs der Total time: 56:45 5 II Andante 5:42 Weiße Nächte – Musik für Viola und Klavier 6 III Moderato con moto 7:01 Reihe „White Nights“ sind sehr unterschiedlich, aus St. Petersburg 7 IV Allegro assai 8:09 denn auch wenn wir uns selbst treu geblieben sind, haben wir uns im Laufe der Zeit doch wei- Werke von Schostakowitsch, Glinka, Glasunow, terentwickelt. Strawinskij, Rimskij-Korsakow und Tschaikowskij Anders als in den beiden ersten Aufnahmen Wenn es nachts nicht mehr richtig dunkel wird, dieser Reihe spiele ich in unserer jüngsten Auf- wenn die hochgezogenen Brücken von dem 4 5
späten Sonnenuntergang rot beleuchtet werden Beziehung zu St. Petersburg. Sie alle lebten in besitzt sowohl die brillanten Höhen einer Geige terhaltungsmusik steht neben Dramatischem, und Pärchen an den Ufern der zahllosen Flüsse Sankt Petersburg, komponierten dort ihre Wer- als auch sonoren Tiefen eines Cellos, und verfügt Groteskes neben Lyrischem. Die Stücke, die auf und Kanäle bis tief in die Nacht hinein spazieren ke, prägten bedeutend das Musikleben der dazu über einen eigenen dunkel getönten, erdi- die Musik Johann Sebastian Bachs zurückgehen, gehen – dann beginnen in Sankt Petersburg die nördlichen Metropole – und beeinflussten sich gen Klang, der dem menschlichen Gesang nahe erfreuten sich nach ihrer Uraufführung durch zauberhaften Weißen Nächte. Etwa zwei Monate dabei gegenseitig. Michail Glinka, der Gründer steht. Tatjana Masurenko gelingt es, alle Klang- Dmitrij Schostakowitsch eines beachtlichen lang – von Mitte Mai bis Mitte Juli – sehen die der russischen Nationalen Musikschule und möglichkeiten des Instrumentes zum Ausdruck Erfolges, bis auch sie, wie seine anderen Werke, Bewohner und Besucher der früheren Zarenstadt Verfasser der ersten russischen Oper inspirier- zu bringen. Die Farbpalette ihrer Musikemotionen von der Kulturbürokratie Stalins als „formalistisch” keine richtige Nacht. te den jungen Marineoffizier Nikolaj Rimskij- ist reich – Masurenkos Bratsche singt, lacht, weint abqualifiziert wurden. Ursprünglich für Klavier Verantwortlich für dieses Naturspiel ist die Lage Korsakow zu ersten Komponierversuchen. Auch und erzählt in jedem Stück über die unendliche komponiert, bekommen die Präludien in der der Stadt auf dem 60. Breitengrad – so hoch im für Peter Tschaikowksy war Glinka neben Mozart Schönheit ihrer Heimatstadt. Bearbeitung für Viola und Klavier neue Farb- Norden, wie die Südspitze Grönlands. Sankt Pe- das große Vorbild. Bei Rimskij-Korsakow studier- Für Dmitrij Schostakowitsch (1906 – 1975) schattierungen. Der mal wohlig-satte, mal sarkas- tersburg mit seinen fast fünf Millionen Einwoh- ten Komposition Alexander Glasunow und Igor spielte Sankt Petersburg eine schicksalhafte tisch-kratzende, mal lyrisch-singende Klang der nern ist damit die nördlichste Metropole der Welt. Strawinskij. Dmitrij Schostakowitsch war wiede- Rolle. Hier wurde er 1906 geboren, hier entwi- Bratsche bereichert die reiche Emotionspalette rum der Schüler von Alexander Glasunow. Die ckelte er schon früh seine pianistische Begabung der Präludien um einige neue Nuancen. Ob Zar Peter der Große an solche Superlati- Komponisten dieser CD sind allesamt Vertreter und wurde bereits 1919 auf Veranlassung von Michail Glinka (1804 – 1857) kam mit elf in ein ve gedacht hatte, als er die Stadt im Jahr 1703 von vier Generationen der Petersburger Schule. Alexander Glasunow in das Konservatorium auf- Internat nach St. Petersburg, um hier eine Diplo- gründete? Sicher nicht, denn Sankt Petersburg hatte für den mächtigen Zaren vorerst eine 1836 wurde Michail Glinkas Oper „ Ein Leben für genommen. 1926, mit knapp zwanzig, reichte matenausbildung zu erhalten. Doch schon bald strategische Bedeutung als Seehafen an der den Zaren“ in Sankt Petersburg uraufgeführt. Schostakowitsch seine 1. Symphonie als Diplom- zeigte sich, dass Glinka ein anderes Schicksal er- Ostsee. Im Laufe der Zeit wurde aber Sankt Knappe 100 Jahre später fand im bereits sozi- arbeit beim Konservatorium ein, die gleich von warten würde. Glinkas Kommilitone Nikolaj Mel- Petersburg vor allem zu einer Kulturmetropole, alistischen Leningrad die Uraufführung der 24 den Leningrader Symphonikern uraufgeführt gunow erinnert sich in seinen Memoiren, dass die dank ihrem besonderen Kunstflair schon im- Präludien op. 34 von Dmitrij Schostakowitsch wurde und Schostakowitsch schlagartig berühmt sich Glinkas Musikbegabung früh zeigte: mer große Maler, Dichter und Musiker magisch statt. Die CD „Weiße Nächte“ stellt also ein machte. Seine Oper Lady Macbeth von Mzensk, „..Während dieser sommerlichen hellen Dämme- anzog. Jahrhundert Petersburger Musik vor. Mit dieser die den internationalen Durchbruch herbeiführen rung, die jedem im Gedächtnis bleibt, der einmal Programmzusammenstellung möchte die aus sollte, war soeben in der Partitur abgeschlossen, ihre inspirative, nördliche Poesie genießen konnte, Dmitrij Schostakowitsch, Michael Glinka, St. Petersburg stammende Bratschistin Tatjana da entstanden im Frühjahr 1933 die 24 Präludien gab er sich dem Flug der freien Improvisation auf Alexander Glasunow, Igor Strawinskij, Nikolaj Masurenko in die besondere Musikatmosphäre op. 34. Es sind 24 Charakterstücke voller Witz und dem Klavier hin. In diesen Klängen, mit zitternder Rimskij-Korsakow und Peter Tschaikowskij – ihrer Heimatstadt einladen. Die Bratsche hat sich Experimentierfreude, doch auch voller Sarkas- Begeisterung erfüllt, drückte er seine kindlichen diese CD vereint sechs sehr verschiedene rus- erst im XX. Jahrhundert von dem unauffälligen mus. Die stilistische Vielfalt der Präludien reicht Träume, seine Trauer und lebendige Freude aus. sische Komponisten aus zwei Jahrhunderten, Zwischengeschoss des Streichergebäudes zum von lyrischen Themen russischer Volkslieder bis Jeder, der ihn, bei monderleuchteter Sommernacht die alle eine Gemeinsamkeit haben: eine enge Soloinstrument entwickelt. Die moderne Viola zu Mahlerschen Blaskapellen-Imitationen. Un- 6 7
sehen würde, jeder würde sagen – „Dieser ist Der den Uferlaternen entströmt wie ein Wahn ... einer Epoche also, in der sein spätromantischer mermusikbereich hat Strawinsky bedeutende geboren, um Künstler zu werden.“ Und erkenn ihn, den Tag, wie dezembrig er ist, Stil auf der Höhe der Zeit war. Die Kantilenen, Werke erschaffen. Die unvollendete Violasonate gehört zu den frü- Wo dem düsteren Teer sich ein Eigelb beimischt diese wehmütigen Melodielinien der Solopartie Die „Elegie“ für Viola schrieb Strawinsky 1944 in hen Werken des Komponisten. Glinka, der selbst Petersburg! Nein, ich will noch nicht sterben, passen nicht nur hervorragend zum Klangcha- Erinnerung an den verstorbenen Gründer des ein sehr guter Bratschist war, notierte die ersten noch nicht! rakter der Bratsche, sondern auch zur architek- „Pro-Arte-Quartetts“, Alphonse Onnou. Es ist ein beiden Sätze seiner Sonate 1825 und 1828. Das Denn du hast meine Nummern, Telefon, tonischen Bautonart Sankt Petersburgs. Die sehr inniges, konzentriertes Stück, das nach Vor- Finale sollte nach Aussage des Komponisten Nachricht. Elegie für Viola und Klavier kann man durchaus schrift des Komponisten mit Dämpfer gespielt auf einem volkstümlichen russischen Thema Petersburg! Denn ich hab noch Adressen auf mir, als Soundtrack zu einem romantischen Film werden soll. Konzipiert in der Art einer zweistim- basieren; es wurde jedoch nie komponiert. Be- Wo ich Tote noch finde, ihr Stimmengewirr...“ über Sankt Petersburg nehmen. Man stelle sich migen Invention, verbindet es in der spezifischen reits in diesem frühen Werk versucht Glinka eine Als der russische Dichter Ossip Mandelstam 1930 zu den Klängen die Eleganz der klassizistischen Art Strawinskys die strenge Bachsche Polypho- Verbindung von russischen Gesangsformen mit über seine Heimatstadt diese Zeilen verfasst, fein- Fassaden vor, die Großzügigkeit der Plätze, den nie mit der dissonanten Musiksprache des XX. Prinzipien der Sonatensatzform – ein Komposi- fühlig die Verwandlung des zaristischen Sankt mächtigen breiten Fluss Newa, an beiden Ufern Jahrhunderts. tionsweg, der ihn immer wieder beschäftigen Petersburg ins kommunistische Leningrad wahr- in edlen Granit verkleidet – und das alles in einem Nikolai Rimskij-Korsakow wurde 1844 in der wird. Die Russische Seele mit der europäischen nehmend, ist der „letzte russische Romantiker“ melancholisch anmutenden, mystisch-silbrigen kleinen Stadt Tichwin in der Nähe von St. Pe- Musikform zu verbinden – das wurde ein Leben Alexander Glasunow (1865-1936) bereits seit zwei Licht einer Weißen Nacht ... tersburg geboren. Mit zwölf Jahren tritt er in das lang Glinkas Ziel. Jahren im Pariser Exil. Bis 1928 hat der begabteste Igor Strawinsky (1882 – 1971) hat zwar den Groß- Petersburger Seekadettenkorps ein und wird 1862 Die Violasonate besticht vor allem durch die Schüler von Nikolaj Rimskij-Korsakow das Kon- teil seines Lebens außerhalb Russlands verbracht, als Seeoffizier für zwei Jahre auf hohe See ge- gesangliche Melodik – sowohl im sehnsüchtig servatorium in Sankt Petersburg geleitet. Doch er verließ Sankt Petersburg 1914 , um zuerst fran- schickt. Seine Liebe zur Musik war jedoch stärker. emporstrebenden Hauptthema des Allegro mo- als die stalinistische Diktatur ihr wahres Gesicht zösischer, dann amerikanischer Staatsbürger zu Er komponierte und trat dem berühmten Kreis derato, das sich Bratsche und Klavier gegensei- zeigt, verlässt Alexander Glasunow seine Heimat werden, doch gilt er als einer der universellsten des „Mächtigen Häufleins“ bei, dessen vielsei- tig zuspielen, als auch im wiegenden, liedhaften Sankt Petersburg und geht ins Ausland, um nie und vielseitigsten russischen Komponisten. Die tigster und zugleich gereiftester Musiker er wird. Duktus des Larghetto ma non troppo mit seiner wieder zurückzukehren. russische Kultur und russische Sprache inspirier- Diese Gruppe, zu der auch Mussorgskij, Balakirew, kontrapunktischen Verschränkung der beiden Man vergleicht Glasunows Rolle in der russi- ten ihn sein Leben lang. Im „Russischen Lied“ Cui und Borodin zählten, gründete sich 1862 in musikalischen Hauptgedanken. schen Musik mit der von Johannes Brahms in zeigt sich der Komponist als Lyriker und als tief St. Petersburg, um in der Nachfolge Glinkas für der deutschen. Die beiden galten als große und verbunden mit seinem Heimatland. das Russische in der Musik einzutreten. Doch „Meine Stadt find ich wieder, mir zum Weinen vertraut bewusste Bewahrer von Traditionen, als Akade- Strawinskijs Hauptfeld war die Orchester – und nur Rimksij Korsakow war es beschieden, zum Wie ein kindliches Fieber, wie ein Äderchen, Haut miker, die den Experimenten der Zeitgenossen Bühnenmusik, und er hat sich vor allem in diesem Gründer der so genannten Petersburger Kompo- Leningrad siehst du wieder – so schluck schon eher skeptisch gegenüber standen. Glasunows Genre als großer Meister der Symbiose von Klassik nistenschule zu werden. Über 200 Schüler hatte den Tran! Elegie op. 44 für Viola ist 1893 entstanden – in und Moderne hervorgetan. Doch auch im Kam- er – darunter Igor Strawinskij, Sergej Prokofjew 8 9
und Alexander Glasunow. Rimksij-Korsakow hat des 1862 gegründeten Petersburger Konservato- Durchsichtig-weißes Lichtgezitter, Bewusstseins zu rücken suchte. Darin ging Auer, als Professor des Petersburger Konservatoriums riums. 1893, kurz nach der Uraufführung seiner Wenn ich im Zimmer, traumerwacht, der selbst wesentlich von Joseph Joachim be- für Komposition sowie als Bearbeiter vieler Werke letzten, sechsten Symphonie „Pathetique“ ist Schreib, lese ohne Licht und Lampe, einflusst war, deutlich über Henryk Wieniawski von Modest Mussorgski in der Musikgeschichte Tschaikowskij in St. Petersburg gestorben und Wenn klar vor meines Fensters Rampe hinaus, der sein Vorgänger am Sankt Petersburger eine tiefe Spur hinterlassen. Die Farbigkeit seiner dort auch beigesetzt worden. Das helle Bild der Stadt entsteht, Konservatorium gewesen war. Orchesterpalette, die schillernde Instrumentie- Tschaikowskijs kompositorische Schwerpunkte Und von der Admiralität Am selben Konservatorium studierten dann rung, die bunten, prächtigen Harmonien waren waren Opern und Ballette sowie seine sechs Sin- Mich grüßt der Nadel Goldgefunkel, auch die Komponisten Sergei Prokofjew, Dmitrij eine Orientierung für das Schaffen vieler europä- fonien, Solokonzerte und andere Orchesterwerke. Und an dem goldnen Firmament Schostakowitsch und Gennadi Banschtschikow. ischer Komponisten, darunter Claude Debussy, Sein vielleicht bekanntestes Klavierstück ist der Die Dämmerung, kaum ward es dunkel, Die Stadt freilich wechselte den Namen. Nach Maurice Ravel und Ottorino Respighi. Vor allem Valse Sentimentale f – moll aus „Sechs Stücke“ op. In neuer Dämmerung entbrennt... der Revolution hieß sie zunächst Petrograd und ist Rimskij-Korsakow als Autor von 15 Opern be- 51. Die elegant geschwungene Auftaktmelodie (A. Puschkin. „Eherne Reiter“) schließlich für Jahrzehnte Leningrad, bevor ihr in kannt. Die beiden Beiträge von ihm auf dieser und die innige lyrische Stimmung des Werkes unseren Tagen der angestammte Name zurück- Julia Smilga CD sind Bearbeitungen von Opernausschnitten. machen den Walzer mit den berühmtesten Or- erstattet wurde. Das „Lied des indischen Gastes“ aus der Oper chesterwalzern Tschaikowskijs verwandt – wie Sergei Prokofjew. Große Werke sind immer „Sadko“ hat die für Rimskij – Korsakow so typische aus dem Ballett „Nussknacker“ oder der Oper CD 2 schon über ihre Schöpfer hinaus. Es eignet ihnen orientalistische Farbenpalette, die auch in seiner „Eugen Onegin“, die sich wie auch die spätere Weiße Nächte – Musik für Viola und Klavier ein utopisches Potenzial, das noch jede Gegen- symphonischen Suite “Scheherazade” zum Vor- Oper „Pique Dame“ zum Teil in Sankt Petersburg aus St. Petersburg wart hinter sich läßt. Prokofjews Ballett „Romeo schein kommt. Der „Skomorochentanz“ aus der abspielt. Beide Opern entstanden nach den Werke von Prokofiew, Banschtschikow und Julia“ Opus 64 aus dem Jahr 1936 zählt zu Oper „Schneeflöckchen“ ist feurig, energisch und Werken von Alexander Puschkin – des Dichters, und Schostakowitsch den wahrhaft großen Werken. Von Beginn an ent- lebensbejahend. Hier drückt sich die Liebe des den Tschaikowskij für den größten russischen Die dunklen Energien der Viola – sie neu zu be- wickelte es eigene, befremdliche Identität und Komponisten zur russischen Volksmusiktradition Literaten hielt, und mit dem er die Liebe zu der greifen, gelang vor allem der Musik des Zwan- behauptete seinen Reichtum an Utopie nicht und seine Unzertrennlichkeit von der russischen einzigartigen nördlichen Metropole zeit seines zigsten Jahrhunderts. Und in den letzten Jahr- zuletzt gegenüber dem Komponisten. Der war Natur und mit seinem Volk als einem Teil dieser Lebens uneingeschränkt teilte: zehnten der Sowjetunion entstanden Werke von mit der grandios-genialen Choreographie des Natur aus. Ich lieb dich, Schöpfung Peters, deine bewegender Fülle des Ausdrucks. Die Bratschistin Leonid Lawrowski nicht wirklich einverstanden. Im Leben von Peter Tschaikowskij (1840 – 1893) Gestrenge, einheitliche Pracht, Doch Lawrowski schuf fur die sowjetische Erstauf- spielte Sankt Petersburg ebenfalls eine Schlüs- Tatjana Masurenko hat ihre Wurzeln in der Sankt In dem granitenen Gesteine Petersburger Streichertradition. Die gründet sich führung am Leningrader Kirow-Theater im Januar selrolle. Hier in der nördlichen Metropole fasste Der Newa königliche Macht, 1940 einen Entwurf, der über Jahrzehnte hinweg der junge Tschaikowskij den folgenschweren auf den Geiger Leopold von Auer, der vor allem Und deine schmucken Eisengitter, auch das tiefe Erfassen musikalischer Texte und Maßstab blieb. Fraglich auch, ob dem Komponis- Entschluss, auf die Karriere eines Juristen zu ver- Und deiner nachdenklichen Nacht ten das unnachahmliche Port de bras der Galina zichten. Er wurde zu einem der ersten Studenten Zusammenhänge ins Zentrum des künstlerischen 10 11
Ulanowa in der Rolle der Julia konvenierte; eher vischen und melodischen Material, dem häufig sein: da geht einer seinen eigenen Weg. Ganz großer Freiheit, wobei im ersten, vergleichsweise war’s ihm doch wohl zu klassisch-idealisierend. genug die Energien und auch die Erhabenheit selbstverständlich tat Gennadi Banschtschikow langsamen Teil die extrem häufigen Taktwech- Indes: „Romeo und Julia“ gehörte ihm nicht mehr. des Archaischen innewohnen, und nutzte dazu bis in die jüngste Zeit etwas, was vor ihm auch sel für eine rhythmisch äußerst komplexe Ent- Der Erstdruck erschien übrigens erst sieben Jahre einerseits die kantable, ausdrucksstarke Mittella- Sergei Prokofjew und Dmitrij Schostakowitsch wicklung sorgen. Ständig ändert sich auch das nach dem Tod des Komponisten und wurde von ge der Viola, anderseits deren damals stark sich getan hatten: er schrieb Filmmusik. Sogar für Tempo, und der häufige Einsatz des Pizzicato Dmitrij Schostakowitsch betreut. Fast scheint es, erweiternden Diskant. Das geht bis hin zu Flageo- TV-Dokumentationen wie noch 1999 für „Russisk sorgt für Augenblicke, in denen die Musik im- als habe sich Prokofjew der eigenen Autorschaft lett-Sequenzen und atemberaubenden Stacca- Avant-Garde“ von Alexander Krivonos. mer aufs Neue vorwärts drängt. Durchgängig gelegentlich vergewissern wollen. 1936/37 filterte to-Passagen. Dem korrespondiert ein bisweilen Doch zu seinem umfangreichen Gesamtwerk ge- wird sie von Motiven bestimmt, in denen große er zwei Suiten(op.64a und 64b) aus „Romeo und polyphoner, häufig aber vollgriffig akkordischer hören neben Opern und Balletten etliche eltliche Intervalle vorherrschen, die immer wieder die Julia“, 1946 eine dritte op.101. 1937 entstand eine Klavierpart, der sich an Prokofjews pianistischem Kantaten und Symphonien, Kammermusik und Richtung wechseln: quasi ein stetes erregtes Krei- Sammlung „Romeo und Julia“. Zehn Stücke für OEuvre orientiert. Die Konzentration auf das We- Klaviersonaten. Mehrere Sonaten schrieb er für sen um sich selbst. Die Mitte der Komposition Klavier op. 75“; darin wurde das Material radikal sentliche wird besonders am iebenten Stück der das Knopfakkordeon Bayan. wird durch sechs Takte einer leidenschaftlichen reduziert. Sammlung deutlich, der „Balkonszene“. Darin faß- Melodie markiert. Auf eine Kadenz im dreifachen te Borisowski die Nummern 19 bis 21 des ersten Studiert hat er in Leningrad bei Boris Arapow, ei- 1961 bearbeitete der Bratschist Wadim Borisowski Forte folgt eine kurze Sequenz aus Flageoletts. Aktes zusammen. Die Bearbeitung setzt erst mit nem Komponisten, dessen Spätwerk zunehmend sieben Stücke aus „Romeo und Julia“ für Viola Eine entschiedene Steigerung zum Schluss hin dem Andante der Balkonszene ein, leitet dann dunkle und apokalyptische Züge annahm. Und und Klavier. 1977, fünf Jahre nach Borisowskis Tod, betont noch einmal den dramatischen Charakter uber zur Solovariation des Romeo (Nr.20. Alle- immer noch lebt Gennadi Banschtschikow, der wurden dieser Zusammenstellung noch weitere dieser Sonate. gretto amoroso) und schließt mit dem Aktfinale, 1943 in Kazan geboren wurde, in der Stadt an sechs Piecen aus dem Nachlass hinzugefügt. der Newa; die heißt seit zwei Jahrzehnten wieder Dmitrij Schostakowitsch. Am Ende seines Le- dem Grand Pas de deux (Andante). Das dreizehn- bens komponiert er eine ebenso große wie be- Borisowski, Jahrgang 1900 und Autor von Dut- Sankt Petersburg. te Stück bezieht das Material aus dem Abschied stürzende Sonate für Viola und Klavier. Es ist sein zenden von Bearbeitungen und Adaptionen, war Im Alter von 21 Jahren, also 1964, schrieb Banscht- zwischen Romeo und Julia, aus der Betäubungs- Opus 147. Da wird der Klangkosmos der Bratsche einer der großen Meister der Viola im 20. Jahr- schikow eine kurze einsätzige Sonate für Viola trank-Szene sowie aus Julias Todesszene und stellt neu durchmessen, wird die Intensität des Aus- hundert. Seit Gründung des Moskauer Beetho- und Klavier. 1992 wurde sie noch einmal überar- im Grunde eine Paraphrase über wichtige lyrische drucks noch einmal gesteigert. Der Klavierpart ven-Quartetts im Jahr 1923 bis Anfang der 1960er beitet. In diesem Werk nun schlägt sich in der Tat Themen und Motive des dritten Aktes dar. Jahre gehörte er diesem an. Zugleich wurde er der Einfluss Schoenbergs nieder. Immer wieder umfasst den kunstvollen Kontrapunkt Note zum bedeutenden Lehrer. Zu seinen Schülern Gennadi Banschtschikow. Im „Oxford Dictio- gegen Note so gut wie Klangballungen in den nary of Music“, Ausgabe von 1980, ist über den werden einzelne nicht systematisch auf einander zahlten Rudolf Barschai und Fjodor Druschi- bezogene Zwölfton-Reihen zu Kristallisationsflä- tiefsten Oktaven. Es gibt Zwölftonreihen, die nin; der letztere wurde im Beethoven-Quartett damals 37jahrigen sowjetischen Komponisten aber isolierte Ereignisse bleiben. Grundsätzlich zu lesen: „...influenced by R. Strauss and Schoen- chen der Musik. Bestimmt sind sie vor allem durch Borisowskis Nachfolger als Bratschist. Borisowski ihre je eigene innere Bewegung. steht die Sonate in C-Dur. Nach alter Art konnte schuf mehr als nur Arrangements. Er gewann berg“. Wann immer derart widersprüchliche Cha- man auch sagen: sie geht aus C. Eine Fülle von neue Formzusammenhänge aus einem moti- rakterisierungen auftauchen, kann man gewiß Zwischen diesen Flächen finden sich Augenblicke 12 13
Zitaten und Selbstzitaten lässt manches erst recht viers vergleichsweise hoch ein; ganz allmählich Totentanz. Dmitrij Kabalewski, ein gelegentlich und schließlich verklingen. Ein einfacher Schluss. rätselhaft erscheinen. Schostakowitsch schrieb an bewegen sich die an alten Vorbildern orientierten anpassungsfähiger Komponist, schätzte an sei- Einfach wie alles Große. diesem seinem letzten vollendeten Werk von Mai Melismen des Klaviers in immer tiefere Regionen, nem Kollegen Schostakowitsch unter anderem Norbert Ely bis Juli 1975. Die Handschrift spiegelt den körper- bis aus starker bewegten Motiven die ersten hef- dessen Fähigkeit zur bitteren Ironie. lichen Verfall. Zunehmend versagte die rechte tigen Ausbruche erwachsen. Vierzig Takte nach dem Monolog des Gawrjusch- Hand ihren Dienst. Die Krebserkrankung trat in CD 3 Das Allegretto ist ohne Zweifel ein Scherzo. Das ka taucht ein weiteres wichtiges Zitat auf: das das Endstadium. Den letzten Satz notierte der erste Viertel des Satzes ist der Einleitung zu der Thema aus Schostakowitschs Präludium zur Suite Weiße Nächte – Musik für Viola und Klavier Komponist Anfang Juli innerhalb weniger Tage. Oper „Die Spieler“ nach Nikolai Gogol entnom- op. 6 aus dem Jahr 1922. In einem Solo pielt die aus St. Petersburg Kurz darauf musste er sich in ein Krankenhaus be- men – nicht nur Zitat, sondern getreue Bear- Viola die absteigenden Quarten-Motive, und zwar Werke von Anton Rubinstein, Glinka, Strawinsky, geben. Anfang August konnte er noch Korrektur beitung für Viola und Klavier. Im Winter 1941/42 fortissimo und „espressivo“, und wenn sie wenig Glasunow, Tschaikowsky und Schostakowitsch lesen. Am 9. August starb er. Die Sonate hatte er hatte Schostakowitsch sich intensiv mit Gogols später den dritten Satz, ein Adagio, wiederum Fjodor Druschinin gewidmet, dem Bratschisten einaktiger Komödie beschäftigt. Wort für Wort allein beginnt, dann mit einer langen Melodie Wenn es um Sankt Petersburg und um Musik des Moskauer Beethoven-Quartetts. Der führte wollte er sie in Musik wandeln; schließlich gab aus eben solchen absteigenden, später aufstei- geht, darf ein bedeutender Name nicht fehlen: sie am 1. Oktober 1975 zusammen mit dem Pia- er das Vorhaben auf. genden Quarten. Beendet wird diese Einleitung Anton (Grigorjewitsch) Rubinstein (1829-1894). nisten Michail Muntjan in Leningrad zum ersten mit acht Pizziccato-Dreifachgriffen. Ein großes Der bereits mit 9 Jahren öffentlich am Klavier auf- Gogols Komödie handelt von einem halben Dut- tretende und mit elf Jahren auf eine erste Aus- Mal öffentlich auf. Rezitativ. Musikalische Rede. Unmittelbar darauf zend Falschspieler, die einander nach allen egeln landstournee gehende Rubinstein studierte mit Druschinin erinnerte sich später, der Komponist der Kunst betrugen. Im Opernfragment gibt es aber kehrt Schostakowitsch noch einmal zum habe anfangs von drei Sätzen mit programma- geliebten Beethoven zurück, zur Sonate op. seinem Bruder Nikolai ab 1844 drei Jahre Kompo- ein groteskes Adagio des Dieners Gawrjuschka sition in Berlin bei dem bekannten Kontrapunkti- tischen Titeln gesprochen: „Novelle“, „Scherzo“ mit Begleitung durch eine Bass-Balalaika: „Wie äu- 27,2(„Mondschein“). Die ist überschrieben: „So- und „Adagio zum Gedächtnis eines großen Kom- nata quasi una Fantasia“. Da fallen Sonate und ker Siegfried Dehn. 1848 kehrte er nach Russland ßerst klug, diese Herren! Doch für die Scheinchen zurück, wo er sich schließlich für Sankt Petersburg ponisten“. Am Ende beließ Schostakowitsch es schönsten Dank....“ Diesen Monolog griff Schost- Fantasie in eins, und das Denken bricht auf zu fer- bei den betont sachlichen Tempoangaben „Mo- nen neuen Dimensionen. Tatsächlich ist das Ad- entschied. Dort wurde er als Hofpianist der Groß- akowitsch auf. Die komisch-gravitatische Melodie fürstin Jelena Pawlowna und als Opernkomponist derato“, „Allegretto“ und „Adagio“. Der Kopfsatz findet sich im tiefsten Bass des Klaviers; die Viola agio der Form nach eine freie Fantasie, zugleich (Moderato) wird von einem Solo der Bratsche aber auch ein Religioso über letzte Dinge, ernst rasch bekannt. 1854 bis 1858 unternahm er eine wandelt sich an dieser Stelle zur Quasi-Balalaika. Westeuropa-Reise, die seinen hervorragenden eröffnet. Vier Takte lang intoniert sie im Pizzicato und tief. Aus der Auseinandersetzung mit dem Scherz? Satire? Tiefere Bedeutung? In der So- Ruf endgültig festigte. In seinem dreifachen Tä- ein weit gespanntes Melos, das vorwiegend aus Beethoven’schen Material erhebt sich ein endgül- wjetunion regierte Mitte der 70er Jahre eine tigkeitsfeld als herausragender virtuoser Pianist, Quintschritten besteht – hier werden die leeren tiges, schmerzlich zerrissenes Solo der Bratsche. korrupte Nomenklatura. An der Spitze die Ge- Dirigent und Komponist ist Anton Rubinstein an Saiten angerissen – und das den Anfang des Danach bleibt nur tiefe Resignation. Zehn Takte nossen Breschnew und Kossygin. Falschspieler künstlerischer Intensität mit dem 18 Jahre älteren Violinkonzerts von Alban Berg anklingen lässt. lang lässt die Viola die Terz von C-Dur über dem allesamt. Recht besehen ist das Scherzo auch ein Franz Liszt zu vergleichen. Danach setzt der zweistimmige Gesang des Kla- abgrundschwarzen Bass des Klaviers schweben 14 15
Auch in kulturpolitischer Hinsicht leistete Rubin- kaum zu finden sind in seinen Werken nationale, in Es-Dur, op. 44 Nr. 1 ist ein äußerst wirkungs- tiert im Dialog mit dem Klavier eine Art Rezitativ, stein für Sankt Petersburg Bedeutendes. 1859 russische Anklänge. Das „russische Thema griff volles und gelungenes Salonstück ursprünglich ein Vorspiel zur hinreißenden klavierbegleiteten unterstützte er mit Hilfe der Großfürstin die er vorwiegend im Kontext des eleganten Salons für Soloklavier. Die vorliegende Bearbeitung für Kantilene, die von der Viola vorgetragen wird. Gründung der Petersburger Russischen Musik- auf und färbte es nicht folkloristisch ein“ (zitiert Viola und Klavier stammt von Henryk Wieniawski Der Satz ist insgesamt von großer Intensität des gesellschaft, die er selbst leitete und aus deren nach Christoph Rueger). Jedoch sollte seine Be- und Tatjana Masurenko. Ausdrucks bestimmt. Musterklassen schließlich 1862 das erste Konser- deutung für die Ausbildung einer autonomen Gegenüber der durchweg schwebenden Ruhe, Als Scherzo gibt sich der dritte Satz Moderato con vatorium Russlands hervorging, dessen Direktor russischen Musik nicht unterschätzt werden, ab- welche die „Melodie“ op. 3/1 in F-Dur ausstrahlt, moto – vital, bewegt, durch seine unruhige Melo- er bis 1867 war. Eine zweite große Reise in die gesehen davon, dass er sich für den russischen spürt man jedoch hier die Beziehung der Ro- dik und Rhythmik geradezu etwas schelmenhaft westliche Welt unternahm er von 1867-1886, die Musikbetrieb einsetzte. Als Ausnahme-Pianist hat mance zum kunstvollen Lied: ein einzigartiger wirkend. Ein ruhig dahinfließender gewisserma- ihn auf dem Gipfel seines Erfolges zeigte. Er lei- er die Grundlagen für alle russischen Klavierschu- melodischer Monolog, ein Liebeslied mit gro- ßen Trioteil steht in der Mitte. tete die Wiener Philharmonischen Konzerte und len gelegt. Sinfonisch beeinflusste er Komponis- ßen Gesten, nahezu dramatischen Ausbrüchen, Sehr lebhaft und kraftvoll beginnt der Finalsatz begab sich anschließend gemeinsam mit dem ten wie Tschaikowsky oder Borodin. Tonartwechseln. Allegro assai. Die Bratsche „singt“ eine aufwüh- Violinisten Henryk Wieniawski auf eine ausge- Für sein künstlerisches und kulturpolitisches Wir- Neben der „Melodie“ und der „Romance“ wird lende Melodie. Nach dem bewegten Abschnitt dehnte Tournee durch Amerika, bei der er fast ken wurde Rubinstein zu Lebzeiten zum Kaiser- eine Originalkomposition für Viola und Klavier intoniert zuerst das Klavier ein zweites lyrisches täglich Konzerte gab. Zurück in Sankt Petersburg, lich Russischen Staatsrat geadelt. Er ist überdies präsentiert: Die Sonate op. 49 in f-Moll aus Thema, über dem die Viola erst figuriert und veranstaltete er seine legendären „Historische Träger des „Orden(s) Pour le Mérite“. dem Jahre 1855. Das Werk ist eines der wenigen dann das lyrische Thema als ausschwingende Klavierkonzerte“, hielt Vorlesungen am Konser- Musikliebhaber identifizieren die „Melodie“ in romantischen Originalwerke für diese Besetzung Kantilene aufnimmt. Anschließend erfolgt ein vatorium, ging dann abermals auf Konzertreisen F-Dur, op. 3 Nr. 1 mit dem Namen Anton Rubin- und bringt das Streichinstrument überzeugend intensives motivisch thematisches virtuoses Mu- nach Westeuropa und starb nach der Rückkehr stein schlechthin. Das ursprünglich für Soloklavier zur Geltung – in allen vier Sätzen. Das Werk be- sizieren zwischen beiden Instrumenten. Bis die 1894 im Peterhof, 30 km von Sankt Petersburg geschriebene kleine Stück ist zweifelsohne die ginnt mit einem groß angelegten Moderato, in Viola in einem virtuosen Übergang zu einem eher entfernt. berühmteste Komposition aus der Feder Rubin- dem die Viola sogleich in die Offensive geht und mystisch anmutenden, vom Klavier eingeleiteten Rubinsteins kompositorisches Œuvre ist beacht- steins – Salonmusik par excellence, aber von der der Bratschist seine Kunst virtuos zeigen kann. spannungsgeladenen Abschnitt führt. Aber dann lich und reicht vom Sololied und instrumentaler besten Sorte, hier für Viola und Klavier bearbeitet. Neben dem eher drängenden Ausdruck des ers- wird nach einer kurzen Zäsur der fulminante Ab- solistischer Musik für Klavier, über Kammermusik Die eingehende Melodie, die durch Schlichtheit ten Themas gibt das zweite zunächst dem Klavier schluss eingeleitet, in dem beide Instrumente zur bis hin zur Sinfonik und zu Oratorium und Oper. und gleichzeitige Eleganz besticht, ist wie ge- lyrischen Freiraum, danach übernimmt die Viola. Apotheose gelangen in der Art einer Stretta, die Rubinstein, ein großer Verehrer Beethovens, ist schaffen für den angenehmen wohligen Klang Dramatische Momente wechseln mit ruhigeren das Werk beendet. von der westlichen Musik des 19. Jahr-hunderts der Bratsche. Im Original liegt die Kantilene im Passagen, bis der Satz leise endet. Michail (Iwanowitsch) Glinka (1804-1857) gilt beeinflusst, von Mendelssohn-Bartholdy, Schu- Mittelregister. Im zweiten Satz, Andante, gibt das Klavier eine als „Vater der russischen Musik“: Als erster russi- mann, Chopin, Brahms oder Meyerbeer etwa, Auch die Bearbeitung der Romance „Die Nacht“ kurze ruhige Einstimmung. Die Bratsche präsen- scher Komponist verwendet er in seinen Werken 16 17
russische Volksmusik und tritt für eine bewusst von dem russischen Bratschisten Vadim Borisow- Petersburger Konservatorium und wurde 1905 Das Stück ist als Klavierkomposition ausgewiesen nationale Musik in Russland ein. Die Romanze sky, der mehr als 250 Kompositionen für Viola sogar dessen Direktor, ein Amt, das er bis 1928 und überliefert. Hier erklingt es wiederum in der „Die Nachtigall“ – nach dem Lied des Kompo- und Viola d’amore arrangierte, transkribierte und innehatte. Zahlreihe nationale und internationale Bearbeitung Vadim Borisowskys. nisten Alexander Aljabjew (1787-1851) auf den editierte. Ehrungen wurden ihm zuteil. Moderato mosso, molto rubato – so die Tempobe- Text des russischen Lyrikers Anton Delwig – hat Zu den Transkriptionen Borisowskys zählt auch Historisch gesehen vereinigten sich in Glasunow zeichnung. Die Komposition ist gesanglich und er gleich zweifach bearbeitet: als (die hier ein- die Version für Viola und Klavier von Igor Stra- die Traditionen der Schule von Sankt Petersburg leidenschaftlich vorzutragen, entsprechend des gespielten) Klaviervariationen (1833) sowie als winskys (1882-1971) „Pastorale“, ein Stück, das (Rimski-Korsakow, Borodin) und der Schule von Titels und der Vortragsbezeichnung cantabile Orchesterfassung (1856). Zu Beginn des 19. Jahr- Strawinsky als 25-Jähriger im Jahre 1907 kompo- Moskau (Tschaikowsky, Tanejew). Stilistisch gese- ed appassionato. Die etwas elegische Melodik hundert entwickelt sich in Russland die soge- nierte. Es handelt sich um ein Chant sans paroles, hen wurzelt Glasunow in der Musik der Romantik. wird zunächst von der Mittelstimme getragen, nannte „Russische Romanze“, vergleichbar mit um ein Lied ohne Worte also, das als Wiegenlied bis zu einem mit D-Dur eingeleiteten dolce es- So auch in der hier dargebotenen Méditation dem Kunstlied in Westeuropa, aber gleichzeitig im Sopran lediglich auf einen Doppelvokal ge- pressivo, der Beginn eines Mittelteils der von der op. 32, D-Dur für Violine und Klavier aus dem auch gekennzeichnet durch russische Folklore. sungen wird und im Klavier eine Art Dudelsack- Oberstimme bestimmt wird und zu einer Aus- Jahr 1891. Es ist eine musikpoetische Miniatur, die Michail Glinka, der in seiner Klaviermusik die begleitung hat. Der Komponist widmete das 1908 drucks-Steigerung führt, dann setzt der erste ein überzeugendes Beispiel für Glasunows star- Form der Variation häufig verwendet, schrieb vier in Sankt Petersburg uraufgeführte Stück Nikolai Teil, melodisch wieder in der Mittelstimme ein. ken melodischen und lyrischen Stil seiner Strei- schlichte Variationen für Klavier zu der Romanze Rimsky-Korsakows Tochter Nadia. Neben der hier Nach einer Pause mit Fermate folgt in einem zum cherkompositionen liefert. Die Melodik dieses (= Thema) Aljabjews. Das zweigeteilte innige The- eingespielten Transkription Borisowskys gibt es Schluss führenden Abschnitt Ermattung, Inne- musikalischen Kleinods umfasst die Spanne von ma (Andante con grazia e legato, e-Moll) ist in drei weitere Versionen von Strawinsky selbst. halten, leise, grüblerisch, mit weiteren Pausen den tiefen Saiten bis in die hohen Regionen des seiner Melodik russisch orientiert. Die im Thema durchsetzt, schließlich leise verklingend. Alexander (Konstantinowitsch) Glasunow (1865- Streichinstruments. Beide Instrumente agieren zu hörende Rhythmik mit einer langen und zwei 1936) genoss seine Ausbildung als Privatschüler vorwiegend im Piano – und Mezzobereich und Mit einem „Bonus-Track“ endet das Programm kurzen Noten ist gewissermaßen ein „Leitfaden“, bei Nikolai Rimski-Korsakow, der im Nachhinein lediglich zwei Agitato-Passagen bringen kurze auf der dritten CD des Albums. Es handelt sich der in allen Variationen wiederkehrt. In der 1. Vari- darüber schrieb: „Er brauchte nicht viel bei mir zu dynamische Steigerungen. um ein 2017 (!) in Moskau entdecktes, bis dahin ation wird die Melodie auf beide Hände verteilt. studieren; er entwickelte sich musikalisch nicht Das Stück trägt seinen Titel „Méditation“ zu Recht. unbekanntes Werk des Komponisten Dmitrij Variation 2 besticht durch Triolen – (Sextolen-Be- Tag für Tag, sondern Stunde für Stunde.“ Das Schostakowitsch (1906-1975), ein „Impromptu“ wegung). Die 3. Variation erfolgt „Cantabile“ in Eine weitere Miniatur finden wir in Pjotr Il- Ausnahmetalent Glasunow war erst 17 Jahre, als op. 33 für Viola und Klavier, gefunden im Nachlass Dur – sehr lyrisch und eingehend. Variation 4 jitsch Tschaikowskys (1840-1893) Komposition seine 1. Sinfonie durch Mili Balakirew und sein 1. Vadim Borisowskys, der 1972 gestorben war. Das schließlich (beinahe so lang wie Thema und Va- „Aveu passionné“ e-Moll (1891?). Im Tschaikow- Streichquartett vor Anton Rubinstein aufgeführt Autograph weist in einer Widmung für Alexander riationen 1-3) bringt reichhaltige Finalwirkungen sky-Werkverzeichnis des Russischen Musikarchivs wurden. Michailowitsch Rywkin auf der Titelseite den 2. mit einer ausgedehnten Coda. finden wir dazu die Anmerkung „Herkunft um- Obwohl Glasunow kein Konservatorium be- Mai 1931 und die (damalige) Stadt Leningrad auf, Die hier eingespielte Version der Nachtigall-Vari- stritten“. Es ist hier jedoch nicht der Platz, in die sucht hatte, lehrte er seit 1899 Komposition am als Schostakowitsch also 24 Jahre alt war. ationen von Glinka für Viola und Klavier stammt diesbezüglichen Spekulationen einzugreifen. 18 19
Wir haben somit seit Kurzem zwei Werke des ßen internationalen Festivals, als Solistin und als ritz von Gagern, Dimitri Terzakis, Wolfgang Rihm, Komponisten, die sich der Viola widmen: ne- Kammermusikerin. Hans-Christian Bartel, Luca Lombardi und Nejat ben der Sonate für Bratsche und Klavier, die der Geboren in Duschanbe (Tadschikistan), ent- Başeğmezler. Die Programme ihrer CDs wählt sie Komponist kurz vor seinem Tod komponierte, stammt sie einer russischen Familie von Wissen- von Beginn an mit künstlerischem Anspruch und das Impromptu von 1931. schaftlern und Jazz-Musikern. Bereits mit fünf Jah- größter Sorgfalt. Das sehr kurze Stück besteht aus zwei Teilen: Der ren bekommt sie in St. Petersburg Klavier – und Einige ihrer CD-Aufnahmen (Konzert von K. A. erste enthält eine von der Viola vorgetragene Geigenunterricht und kommt so von Anbeginn in Hartmann, British Viola Concertos mit Konzerten sehnsuchtsvolle Melodie und ihre Wiederholung den Genuss der traditionsreichen St. Petersburger von Walton, Beamish und Britten) wurden mit über dem simpel begleitenden Klavierbass. Dann Schule und der besten Lehrer ihrer Zeit. Es kostet dem Preis der deutschen Schallplattenkritik sowie jedoch folgt als Kontrast ein sehr kurzer, volks- sie zwei Jahre, den Lehrer (einen Bratscher) zu international mit dem Supersonic Award (Luxem- tanzartiger „Rausschmeißer“, der eher eine hu- überzeugen, das zarte zehnjährige Mädchen mit burg) und dem Diapason découverte (Frankreich) morvolle Seite Schostakowitschs zeigt. Tatjana Masurenko zählt zu den bedeutenden den kleinen Händen d o c h die Viola studieren zu ausgezeichnet. Jens Markowsky Bratschistinnen unserer Zeit. Ihre ausdrucks- lassen. In Deutschland setzt sie ihre Ausbildung Gegenwärtig widmet sich Tatjana Masurenko volle Spielweise, die intensive und tiefsinnige bei Kim Kashkashian und Nobuko Imai fort. Auf intensiv der historischen Aufführungspraxis und Auseinandersetzung mit der Musik prägen ihr der Suche nach neuen Ausdrucksformen, neuen dabei besonders der Spielweise des 19. Jahrhun- unverwechselbares Profil. Mit Charisma und ihrer Techniken und klanglichen Ideen haben sie vor derts und des romantischen Repertoires. Inspi- natürlichen Bühnenpräsenz verzaubert sie ihr allem die Freundschaften mit Boris Pergamen- riert von Jesper Christensens Ideen beschäftigt Publikum. Tatjanas weitgefächertes Konzertreper- schikow, György Kurtág, Brigitte Fassbaender und sie sich zusammen mit dem Pianisten Gilad Katz- toire beinhaltet neben den großen Konzerten Herbert Blomstedt geprägt und vorangebracht. nelson mit Interpretationsfragen dieser Musik, von Walton, Bartók und Hindemith auch Klassi- Die Weiterentwicklung der Viola als Solo-Instru- auch anhand von historischen Tondokumenten, ker der Moderne wie Schnittke, Gubaidulina und ment ist seit vielen Jahren ein zentrales Anliegen die sie 2017 auf der CD „Just a motion on the air“ Kancheli sowie selten gespielte Violakonzerte von in Tatjana Masurenkos Schaffen. In diesem Zu- veröffentlichten. Hartmann und Bartel. sammenhang ist auch ihr Engagement für die Tatjana Masurenko setzt sich mit Hingabe für die Als Solistin spielt Tatjana Masurenko mit Orches- zeitgenössische Musik zu verstehen. Die Brat- musikalische Nachwuchsförderung ein. Seit 2002 tern wie dem Gewandhausorchester Leipzig, schistin hat zahlreiche Werke zur Uraufführung ist sie Professorin für Viola an der Hochschule für dem Radio Symphonie Orchester Berlin, der gebracht, viele von ihnen sind ihr gewidmet und Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ NDR Radiophilharmonie sowie anderen führen- durch ihre Initiative entstanden. Zu den Kompo- Leipzig mit international bestem Renommee und den Orchestern in Europa und Asien. Seit vielen nisten, mit denen sie zusammenarbeitet, zählen seit 2019 in der gleichen Position an der Haute Jahren ist sie ein gern gesehener Gast der gro- u. a. die kürzlich verstorbene Gladys Krenek, Mo- Ecole de Musique de Lausanne in Sion, Schweiz. 20 21
Sie gibt Meisterkurse u. a. in Spanien, Kanada, den Berliner und Dresdner Festspielen und dem Skandinavien und ist künstlerische Leiterin des Moritzburg Festival teil. International Viola Camp in Iznik (Türkei) sowie Ihre Aufnahmen umfassen zahlreiche Trio-Ein- von Meisterkursen in Leipzig und Düsseldorf. spielungen, Aufnahme mit dem Cellisten Peter Viele ihrer Studierenden haben erfolgreiche Kar- Bruns, der Bratschistin Tatjana Masurenko, dem rieren aufgebaut und sind als Solisten, Professo- Klarinettisten Ron Chen Zion, der Geigerin Ariad- ren, Solobratschisten in großen Orchestern und ne Daskalakis sowie Duo-CDs mit Mira Wang und Kammermusiker in der Welt unterwegs. Kai Vogler. Die Aufnahmen sind bei den Labels Ihre Unterrichtsweise ist auf der St. Petersburger Hänssler, Hänssler Profil, OPUS 111/Helikon, Berlin Tradition des 19./frühen 20. Jahrhunderts auf- Classics, Bis, Tudor, Kontrapunkt und Carpe Diem gebaut und verschmilzt mit den neuen Ideen erschienen. und Empfindungen des 20./21. Jahrhunderts, vor Roglit Ishay Seit 2006 leitet Roglit Ishay die interkulturelle allem in der Interpretation von Barock und Klassik. Die israelische Pianistin Roglit Ishay gastierte Crossover Reihe „Musica Mundi Frankfurt” in der Tatjana Masurenko spielt eine Viola von P. Testo- als Solistin u. a. bei der Staatskapelle Dresden, Alten Oper Frankfurt. Als Komponistin schreibt sie re, Mailand 1756 und ein eigens für sie gebautes der Dresdner Philharmonie, der Scottish BBC sowohl im klassischen als auch in Weltmusikstil Instrument von Jürgen Manthey, Leipzig 2017, und dem Nationaltheater Orchester Mannheim, und tritt mit Bands wie Cairo Steps, Kolsimcha, der neue akustische und klangliche Bauweisen unter der Leitung von Dirigenten wie Giuseppe Bossarenova und dem Uwaga-Quartett auf. entwickelt hat, die seine Instrumente deutlich Sinopoli, Herbert Blomstedt, Lothar Zagrosek, 2011 wurde sie als Professorin für Klavier-Kam- von anderen unterscheiden. Außerdem spielt sie Martyn Brabbins, Jun Märkl, Ilan Volkov und Mar- mermusik an die Hochschule für Musik Freiburg eine Viola von Viola d‘amore von Charles Jacquot, tin Fischer-Dieskau. berufen. Sie gibt Meisterkurse in Deutschland, Paris 1849. Passend zur Stilrichtung wechselt sie Sie ist Mitglied des Israel Piano Trios (mit Mena- China, England und Israel. die Bögen. hem Breuer und Hillel Zori) und war Mitglied des Roglit Ishay studierte Klavier bei Madeleine und Dresdner Klaviertrios (mit Peter Bruns und Kai Walter Audäuser, Veronica Jochum und Richard Vogler). Mit den beiden Trios konzertierte sie in Goode und Philosophie an der Tel-Aviv Univer- fast ganz Europa, Israel, Russland und Südamerika. sität. Darüberhinaus trat sie solistisch und kammermu- sikalisch in Nordamerika, der Türkei und in Fernost auf. Sie nahm u. a. beim Marlboro Music Festival, 22 23
White Nights instrument by the violin-maker Jürgen Manthey the innumerable rivers and canals until the late erly city – and influenced one another recipro- The idea for the “White Nights” CD series came (Leipzig, 2020), whom I have known for 25 years hours, that means that the magical White Nights cally. Mikhail Glinka, the founder of the Russian about many years ago in connection with my and whose work I rate very highly. My playing have begun in Saint Petersburg. For around two national school of music and the composer of performances with Roglit Ishay. The first record- technique has changed recently. Nowadays I play months – from mid-May to mid-July – the inhab- the first Russian opera, inspired the young navy ing was released in 2010. I am very happy that the repertoire of the nineteenth century with more itants and visitors in the former city of the tsars officer, Nikolai Rimksy-Korsakov to try his hand at G. Hänssler Profil label and the Deutschlandfunk emphasis on the historical accent. For this reason, never see real night. composing. For Piotr Tchaikovsky too, Glinka, like radio station in Cologne have given me such on this recording I am using gut strings and a This natural phenomenon is caused by the city’s Mozart, was his great model. Alexander Glazunov sustained support over many years. Thank you bow made by the most famous nineteenth-cen- situation at a latitude of 60°N – as far north as and Igor Stravinsky studied composition under very much! tury bow-maker, Nikolai Kittel from St. Petersburg the southern tip of Greenland. This makes Saint Rimsky-Korsakov, while Dmitri Shostakovitch (1856). The grand piano we used on this recording Petersburg, with nearly five million inhabitants, was a pupil of Alexander Glazunov. Together, The sub-title for the recording is: “Viola music is also a historic instrument: a Blüthner of 1905 the most northerly metropolis in the world. the composers featuring on this CD represent from St. Petersburg”. I grew up in that wonderful from Leipzig. Looking back over this music from four generations of the St. Petersburg School. city; I studied there and my family lives there. Might Peter the Great ever have imagined such St. Petersburg, I see it as an inexhaustible source In 1836, Mikhail Glinka’s opera, A Life for the Tsar As a musician who is always on the lookout for superlatives when he founded the city in 1703? of inspiration, of artistic freedom and love. I do had its premiere performance in Saint Peters- interesting new discoveries, I wanted to record Almost certainly not; for the powerful tsar, Saint hope, dear listener, that you will derive just as burg. Nearly 100 years later, in the city which these works for viola. You will find some familiar Petersburg was first and foremost of strategic much profound satisfaction and enjoyment from had already become Leningrad under the So- pieces in my selection, works that have long been importance, as a sea port on the Baltic. Over the these works. cialist regime, the 24 Preludes op. 34 by Dmitri in the standard repertoire for violists the world course of time, however, Saint Petersburg devel- over, alongside new, unexpected arrangements. I Yours, Tatjana Masurenko oped into a cultural metropolis with an artistic Shostakovich was premiered. The album “White set great store by expanding the viola repertoire, Translation: Janet & Michael Berridge, Berlin atmosphere which never ceased to exercise an Nights” therefore presents one century of music which is why I often play my own arrangements almost magical attraction on great painters, poets from St. Petersburg. It is with this programme of well known works, especially ones that appeal and musicians. that the St. Petersburg-born viola player Tatjana CD 1 Masurenko invites you to share the special mu- to me personally. The three CDs in the “White Dmitri Shostakovich, Mikhail Glinka, Alexander Nights” series are very different from one another; White Nights – Music for viola and piano sical atmosphere of her home city. Only in the Glazunov, Igor Stravinksy, Nikolai Rimsky-Korsakov that is because even if we have remained true from Saint Petersburg twentieth century did the viola grow from being and Piotr Tchaikovsky – this CD brings together to ourselves, we have of course, over time, de- Works by Shostakovich, Glinka, Glazunov, an inconspicuous, intermediary member of the six very different Russian composers from two veloped further. Stravinsky, Rimsky-Korsakov and Tchaikovsky string family into a solo instrument. The modern centuries, all of whom have one thing in com- viola boasts both the brilliant heights of the violin Unlike in the first two recordings of this series, When the nights no longer get properly dark, mon: their close ties with St. Petersburg. They all and the sonorous depths of the cello, as well as in the latest one I am no longer playing on my when the raised bridges shine red in the late lived in Saint Petersburg, wrote their works there, possessing a dark-toned, earthy sound all of its old viola by Testore (Milan, 1756), but on a new sunset and couples stroll along the banks of left their mark on the musical life of that north- own which is similar to the human voice in song. 24 25
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