6 Fragen zur Bundestagswahl 2013
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6 Fragen zur Bundestagswahl 2013 Der Hartmannbund hat die Bundestagsparteien mit zentralen gesundheitspolitischen Fragestellungen konfrontiert. Hier sind die Antworten: (1) Krankenversicherung Mit der Gesetzlichen (GKV) und der Privaten Krankenversicherung (PKV) ruht das deutsche Gesundheitssystem auf zwei Säulen. Würden Sie dieses System weiterentwickeln oder halten Sie einen grundsätzlichen Systemumbau für erforderlich? CDU/CSU Wir bekennen uns zum Wettbewerb der Kassen als ordnendes Instrument für eine hochwertige wie effiziente Versorgung. Dazu zählt aus unserer Sicht auch die Möglichkeit der Kassen, sich bei Satzungsleistungen, Wahl- und Zusatztarifen sowie differenzierten Versorgungsangeboten zu unterscheiden. Den in den letzten Jahren eingeschlagenen Weg wollen wir fortsetzen. Eine staatliche Einheitsversicherung für alle lehnen wir entschieden ab. Die PKV und die ihr zugrunde liegende Idee der Bildung von individuellen Kapitalrücklagen, um die steigenden Kosten im Alter abzudämpfen, ist in unserem freiheitlichen Gesundheitssystem ein wichtiges Element der Nachhaltigkeit. FDP Alle Bürger profitieren vom historisch gewachsenen Nebeneinander von GKV und PKV. Der Systemwettbewerb um Preise, Leistungen und Qualität sorgt für eine medizinische Versorgung auf höchstem Niveau. Für einen Systemwechsel gibt es keinen Anlass. SPD Die SPD setzt sich für die notwendige Weiterentwicklung der dualen Gesundheitsfinanzierung zu einer solidarischen Bürgerversicherung in der Kranken- und Pflegeversicherung ein, um in Zukunft die Finanzierung der Versorgung gerechter zu gestalten. Dies ist notwendig, da uns der demografische Wandel und der medizinisch-technische Fortschritt vor enorme Herausforderungen stellen. Unser Modell einer Bürgerversicherung in der GKV setzt sich aus drei Beitragssäulen zusammen: Bürgerbeitrag, Arbeitgeberbeitrag und Steuerbeitrag. Der Bürgerbeitrag wird auf diejenigen Einkommensanteile erhoben, welche sich aus selbständiger und unselbständiger Tätigkeit oder Rentenbezug ergeben. Die Beitragsbemessungsgrenze wird entsprechend dem heutigen Niveau beibehalten und nach dem hergebrachten Verfahren fortgeschrieben. Zusatz- und Sonderbeiträge werden abgeschafft. PKV-Versicherte – insbesondere Rentnerinnen und Rentner, die heute durch PKV-Prämien enorm belastet sind – können über ihren Wechsel in die Bürgerversicherung binnen einer festzusetzenden Frist selbstständig entscheiden. Grüne Die Trennung von GKV und PKV führt vor allem im ambulanten Bereich zu schweren Fehlanreizen. Art und Ausmaß der Behandlung eines Patienten sind vielfach nicht von der Schwere seiner Erkrankung, sondern von der Art seines Krankenversicherungsschutzes abhängig. Auf Ärztinnen und Ärzte wirken massive Anreize, sich vor allem in Regionen mit vielen Privatversicherten niederzulassen – und nicht dort, wo sie dringender gebraucht
Seite 2 von 8 würden. Und ausgerechnet die wirtschaftlich leistungsfähigsten Bevölkerungsgruppen müssen sich nicht am Solidarausgleich beteiligen. Bündnis 90/Die Grünen setzen sich deshalb für die Einführung einer Bürgerversicherung ein. Dabei ist das heute insgesamt zur Verfügung stehende Honorarvolumen für die Ärztinnen und Ärzte und auch das für andere Gesundheitsberufe zu erhalten. Linke Das Nebeneinander von GKV und PKV als Vollversicherung ist unsinnig und einmalig in Europa. Die PKV schwächt nicht nur die Solidarität, sondern gefährdet auch die finanzielle Stabilität der GKV. Die PKV selbst ist als eigenständiges Versicherungssystem langfristig nicht überlebensfähig. Bereits derzeitig existierende Finanzierungsprobleme werden sich in Zukunft ohne neue junge Mitglieder verstärken. Außerdem führt sie bei nicht wenigen privat Versicherten zu sozialen Härten, wie der neue Notlagentarif der Bundesregierung erneut verdeutlicht. Wir schlagen eine gerechte und solidarische Finanzierung als Basis einer zukunftsfesten und hochwertigen Gesundheitsversorgung vor. Alle in Deutschland lebenden Menschen werden Mitglied der solidarischen Bürgerinnen- und Bürgerversicherung (BBV). Sämtliche erforderlichen Leistungen werden zur Verfügung gestellt. Der medizinische Fortschritt wird einbezogen. Alle entrichten den gleichen Prozentsatz ihres gesamten Einkommens. Niemand soll aus der Verantwortung entlassen werden – weder durch eine Privatversicherung, noch durch eine Beitragsbemessungsgrenze, die die höchsten Einkommen entlastet (vgl. Bundestagsdrucksache 17/7197). (2) Bürgerversicherung Ist nicht die Gefahr groß, dass gerade eine Bürgerversicherung zu einer Zwei-Klassen- Medizin führt? Durchschnittliche Versorgung für den Durchschnitt – bessere Versorgung für diejenigen, die sich zusätzliche Leistungen „erkaufen“ können? CDU/CSU Wenn immer wieder von einer Zwei-Klassen-Medizin die Rede ist, muss man klarstellen, das bei weitem nicht alle PKV-Verträge überhaupt die gleichen und nicht die besseren Leistungen anbieten als die GKV. Was immer wieder beschrieben wird, sind die unterschiedlichen Wartezeiten bei Ärzten. Hier haben wir im GKV-Versorgungsstrukturgesetz geregelt, dass der Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen auch beinhaltet, Versicherten in einem angemessenen Zeitraum fachärztliche Versorgung zukommen zu lassen. Damit ist in den Gesamtverträgen auf Landesebene zu regeln, welche Zeiten im Regelfall und im Ausnahmefall noch eine zeitnahe fachärztliche Versorgung darstellen. FDP Die Gefahr einer Zweiklassenmedizin steigt, wenn man den Wettbewerb ausschaltet, die Wahlfreiheit einschränkt und die Menschen zwangsweise in ein Einheitsversicherungssystem drängt, wie es die Bürgerversicherungsmodelle der Opposition vorsehen. In einem staatlich kontrollierten und verwalteten Einheitssystem kommt es viel eher zu Kürzungen des Leistungskatalogs und Rationierungen. Wer es sich leisten kann, kauft dann zusätzliche Leistungen. Das zeigt auch der Blick auf andere Länder, die das Gesundheitswesen über Einheitssysteme organisieren. SPD Die SPD setzt sich für eine einheitliche Honorarordnung ein. Die unterschiedliche Vergütung für alle Bereiche der Versorgung von gesetzlich und privat Krankenversicherten ist die Hauptursache für die Zwei-Klassen-Medizin. Durch die unterschiedliche Vergütung von privat Seite 2 von 8
Seite 3 von 8 und gesetzlich Versicherten werden falsche Anreize gesetzt, die im gesamten System zu Fehlentwicklungen führen. Denn nicht die Indikation ist der Hauptmaßstab für Zugang zu medizinischen Leistungen, sondern die Höhe der Vergütung. Die neue Honorarordnung wird für Versicherte in der GKV/Bürgerversicherung, wie für Bestandsversicherte der PKV gleichermaßen gelten. Gegenüber den Leistungserbringern sind Versicherte damit statusneutral. Dies ist die Voraussetzung für eine gleiche, indikationsbezogene Behandlung. Gesetzlich Versicherte müssen damit keine Diskriminierungen bei der medizinischen Behandlung mehr hinnehmen. Auch in Zukunft wird sich der Leistungskatalog an der Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit von Leistungen messen lassen müssen. Zusatzversicherungen werden sich lediglich auf persönliche Bedürfnisse erstrecken, die ausdrücklich nicht diesen Kriterien folgen. Die einheitliche Honorarordnung soll insgesamt nicht zu weniger Mitteln für die Versorgung führen. Dafür werden die Honorare entsprechend aufkommensneutral angepasst. Grüne Dahinter steht die These von der Rolle der PKV als vermeintlichem „Innovationsmotor“. Diese Auffassung teilen wir nicht. Patientinnen und Patienten müssen sich darauf verlassen können, dass die Therapien und medizinischen Produkte, die zu ihrer Behandlung eingesetzt werden, ihren Nutzen und ihre Sicherheit auch tatsächlich unter Beweis gestellt haben. Die dafür erforderlichen Regeln, Verfahren und Institutionen sind in der GKV aber ungleich besser ausgebaut als in der PKV. Sehr offensichtlich geworden ist das zuletzt im Arzneimittelbereich. Die PKV bedient sich der von der GKV durchgeführten Frühbewertungen neuer Arzneimittel, auf deren Grundlage Rabattverhandlungen mit den Herstellern stattfinden, weil sie selbst über keine entsprechenden Kapazitäten verfügt. Linke Das Gegenteil ist der Fall. Das derzeitige Nebeneinander von GKV und PKV hat eine Zwei- Klassen-Medizin manifestiert. Dabei sollte allein die medizinische Notwendigkeit über die Art und den Umfang einer Behandlung entscheiden. Nicht jedoch, ob die oder der Betroffene gesetzlich, privat oder im Basistarif versichert ist. Anspruch linker Gesundheitspolitik ist es, allen Menschen in Deutschland unabhängig vom Alter oder der Größe des Geldbeutels eine hochwertige Gesundheitsversorgung zu ermöglichen. Eine unabhängige Studie beweist: Mit der BBV lässt sich eine qualitativ hochwertige Versorgung langfristig sichern, obwohl die Beiträge auf 10,5 Prozent gesenkt werden könnten. Die BBV schafft auch die Voraussetzung für eine umfassende Reform und Aufwertung der ärztlichen Gebührenordnungen. (3) Freiberuflichkeit des Arztes Ärztliche Therapiefreiheit und freie Arztwahl sind wesentliche Pfeiler unseres Gesundheitssystems. Wie schätzen Sie die Risiken ein, dass immer stärkere Reglementierungen, zunehmende Eingriffe in die Freiberuflichkeit des Arztes und eine mögliche Einheitsversicherung diese Werte gefährden? CDU/CSU Die Therapiefreiheit, die freie Arzt- und Krankenhauswahl für die Patienten sowie die Unabhängigkeit der freien Gesundheitsberufe im Krankenversicherungssystem bilden für uns den Kern eines freiheitlichen Gesundheitswesens. Die Beschäftigten in den Kliniken, Praxen und ambulanten Diensten, niedergelassene Haus-, Fach- und Zahnärzte, Apotheker, selbstständige Gesundheitshandwerker, Hebammen und Heilmittelerbringer sind Garanten für eine qualitativ hochwertige, patientennahe Versorgung. Diese Strukturen gilt es zu bewahren und geänderten gesellschaftlichen Verhältnissen anzupassen. Seite 3 von 8
Seite 4 von 8 FDP Das Risiko schätzen wir als sehr hoch ein. Für uns Liberale sind Wahlfreiheit, Vielfalt und Wettbewerb unverzichtbare Grundlagen für ein funktionierendes und leistungsfähiges Gesundheitssystem. Mit uns wird es keine Beeinträchtigungen von freier Arzt-, Krankenhaus- und Kassenwahl oder der Freiberuflichkeit der Heilberufe geben. SPD Weder stellt die SPD die freie Arztwahl der Patientinnen und Patienten in Frage, noch haben wir uns für eine Einheitsversicherung ausgesprochen. Wir werben für unsere Vorstellungen einer Solidarischen Bürgerversicherung, die im Kern die Überwindung der dualen Finanzierung und die Schaffung eines Marktes der Krankenversicherungen vorsieht, in dem faire Wettbewerbsbedingungen herrschen. Unser Ziel muss dabei der Wettbewerb um die qualitativ beste Versorgung der Versicherten sein. Grüne In einem über Pflichtbeiträge finanzierten System, in dem es ein erhebliches Informationsgefälle zwischen den Patientinnen und Patienten und den Ärztinnen und Ärzten gibt, lassen sich Regulierungen zur Qualitätstransparenz oder auch zur Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung nicht vollständig vermeiden. Der mit ihnen verbundene Aufwand ist nicht durchgängig unnötig und zusätzlich, sondern vielfach ein notwendiger Beitrag zur dauerhaften Aufrechterhaltung einer für alle zugänglichen Gesundheitsversorgung. Allerdings haben Regulierungsdichte und bürokratischer Aufwand innerhalb des GKV-Systems überhandgenommen. Das ist wesentlich den falschen Anreizstrukturen geschuldet. Die ökonomischen Anreize sind zu wenig auf den Gesundheitsnutzen der Patientinnen und Patienten ausgerichtet. „Belohnt“ werden stattdessen diejenigen, die möglichst viel diagnostizieren und therapieren. Ökonomische und gesundheitsbezogene Zielstellungen fallen auseinander. Diese Schere wollen wir etwa durch Veränderungen in den Vergütungssystemen wieder schließen. Linke Die Auswirkungen der neoliberalen Gesundheitspolitik bekommen auch Ärztinnen und Ärzte zu spüren. Eingriffe in die Therapiefreiheit, die Beschränkung der freien Arztwahl, oder Fließbandmentalität akzeptiert DIE LINKE nicht. Das vertrauensvolle Arzt-Patienten-Verhältnis ist ein hohes Gut. Wir setzen uns für eine wissenschaftlich fundierte, evidenzbasierte medizinische Versorgung ein. Behandlungen sollten auf der Basis von Leitlinien stattfinden, es sei denn, dem stehen im Einzelfall trifftige Gründe entgegen. Finanzielle Anreize und Zwänge dürfen keinen Einfluss auf die Versorgung von Patientinnen und Patienten nehmen. DIE LINKE befürwortet eine transparente und demokratische Selbstverwaltung, obwohl wir durchaus Defizite bei der Transparenz, der demokratischen Legitimierung und zum Teil der Umsetzung der Gemeinwohlverpflichtung sehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss beweist, dass die Ausgestaltung des Leistungskataloges auf hohem Niveau durch die gemeinsame Selbstverwaltung erfolgen kann. Seite 4 von 8
Seite 5 von 8 (4) Krankenhäuser Die Krankenhäuser verzeichnen einen Investitionsstau in zweistelliger Milliardenhöhe. Mit welchen Maßnahmen werden Sie sicherstellen, dass die Länder ihrer gesetzlichen Investitionsverpflichtung nachkommen? CDU/CSU Aus unserer Sicht ist es wichtig, die Krankenhäuser auf finanziell solide Füße zu stellen. Dazu müssen möglichst schnell Länder, Kommunen, der Bund und die Krankenhäuser an einen Tisch. Und wir sollten zeitnah nach der Wahl beginnen, den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff umzusetzen. Das sind wir Angehörigen, Pflegerinnen und Pflegern und den Betroffenen selbst schuldig. FDP Es ist Tatsache, dass die Länder ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen. Das kann vom Bund auch nicht zwangsweise herbeigeführt werden. Wir werden aber alle Möglichkeiten ausschöpfen, die Länder zu bewegen, ihre Pflichten zu erfüllen. Wir würden ein monistisches System durchaus für sinnvoll halten. SPD Krankenhäuser brauchen eine leistungsgerechte und planbare Finanzierung. Die geteilte Finanzierungsverantwortung zwischen der GKV für die Behandlungskosten auf der einen und den Bundesländern für die Investitionskosten auf der anderen Seite erschwert die angemessene wirtschaftliche Absicherung vieler Krankenhäuser zunehmend. Es ist unser langfristiges Ziel, die Finanzierung aus einer Hand zu organisieren, um auf diese Weise mehr Planungssicherheit zu schaffen. Grüne Wir schlagen eine Reform der Investitionsfinanzierung vor. Länder und Krankenkassen sollen sich künftig die Investitionskosten teilen können. Auf jeden Euro, den die Länder bereitstellen, sollen die Krankenkassen einen Euro drauflegen. Linke DIE LINKE fordert eine öffentlich organisierte, angemessen finanzierte und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung. Die Länder müssen eine flächendeckende Krankenhausinfrastruktur mit ihren Investitionen sichern. Die Krankenkassen haben den Betrieb angemessen zu sichern. Die derzeit mangelhafte Investitionsfinanzierung liegt meist nicht am politischen Willen in den Ländern, sondern schlicht an fehlenden Mitteln. Auch deshalb fordern wir eine sozial gerechte Steuerpolitik des Bundes. Außerdem fordert DIE LINKE seit Jahren in den Beratungen zum Bundeshaushalt, dass der Bund die finanziell schlecht gestellten Länder 10 Jahre lang mit jährlich 2,5 Milliarden Euro zum Abbau des Investitionsstaus unterstützen soll, so die Länder weitere 2,5 Milliarden Euro kofinanzieren. Auf diese Weise könnte innerhalb von 10 Jahren mit insgesamt 50 Milliarden Euro der Investitionsstau abgebaut werden. Seite 5 von 8
Seite 6 von 8 (5) Ärztemangel Der Ärztemangel in Kliniken und in der ambulanten Versorgung ist ein akutes Problem. Welche Konzepte in der Familienpolitik und veränderte Strukturen im Gesundheitswesen können jungen Ärztinnen und Ärzten eine echte Perspektive eröffnen, wieder stärker in der kurativen Medizin – ambulant wie stationär – tätig werden zu wollen? CDU/CSU Bereits mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz wurden Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität des Arztberufes getroffen: Die Möglichkeit für Vertragsärztinnen, sich im zeitlichen Zusammenhang mit einer Entbindung vertreten zu lassen, wurde zum Beispiel von sechs auf zwölf Monate verlängert. Die Möglichkeit für die Beschäftigung einer Entlastungsassistentin bzw. eines Entlastungsassistenten wird für die Erziehung von Kindern für bis zu 36 Monate sowie für die Pflege von Angehörigen für bis zu sechs Monate eröffnet. Die Kassenärztlichen Vereinigungen erhalten die Möglichkeit, den 36- bzw. 6-Monatszeitraum zu verlängern. Bei der Auswahlentscheidung über die Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes in einem gesperrten Bereich werden Kindererziehungs- bzw. Pflegezeiten, durch die eine ärztliche Tätigkeit unterbrochen wurde, fiktiv berücksichtigt. In diese Richtung werden wir in der nächsten Legislaturperiode mit dem Ziel weiterarbeiten, jungen Ärzten eine attraktive Berufsperspektive zu geben. FDP Der Schlüssel liegt in der Planbarkeit der Arbeit und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die monetären Aspekte sind nach wie vor wichtig, aber nicht mehr allein ausschlaggebend. Mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz haben wir viele Erleichterungen schaffen können, zum Beispiel die Aufhebung der Residenzpflicht und die Flexibilisierung der Elternzeitregelungen. Gerade auch für junge Ärztinnen und Ärzte wird wichtig sein, dass die Betreuungsmöglichkeiten flächendeckend besser werden und die Angebotszeiten sich besser am Bedarf orientieren. SPD Die SPD will eine moderne Familienpolitik, die Familien dabei unterstützt, ihre unterschiedlichen Lebensentwürfe bestmöglich zu verwirklichen. Dafür brauchen wir vor allem eine familienfreundliche Arbeitswelt, gute Ganztagsbildungs- und -betreuungsangebote. Unsere moderne Familienpolitik orientiert sich an einem Dreiklang aus Infrastruktur, Zeit und Geld. Vor allem eine gute Infrastruktur wird uns unser Ziel einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie erreichen lassen. Mit Blick auf gute Arbeitsbedingungen und flexible Arbeitszeitmodelle sind besonders die Arbeitgeber gefragt. Aber auch die Kommunen und Länder müssen ihren Verpflichtungen nachkommen. Denn nur wenn die persönliche Lebenswirklichkeit mit der Realität am Arbeitsplatz von Beschäftigten im Gesundheitswesen in Einklang gebracht wird, kann eine qualitativ hochwertige Versorgung der Patientinnen und Patienten gesichert werden. Grüne Dass junge Ärztinnen und Ärzte in andere Bereiche abwandern, hat viel mit veränderten Erwartungen an die eigene Erwerbstätigkeit zu tun. Flache Hierarchien, flexible Arbeitszeiten und familienfreundliche Arbeitsbedingungen, zum Beispiel durch das Angebot betriebseigener Kinderbetreuung, sind heute wichtige Gründe, sich für oder gegen die Arbeit in einem Krankenhaus zu entscheiden. Und auch im ambulanten Bereich wirken sich die veränderten Erwartungshaltungen aus. Längst nicht mehr jeder junge Arzt oder jede junge Ärztin will sich möglichst schnell in einer Praxis niederlassen und sich so dauerhaft festlegen. Für Seite 6 von 8
Seite 7 von 8 Krankenhausträger, gemeinsame Selbstverwaltung und Politik heißt das: Interne Veränderungen in den Kliniken sind erforderlich, Ärztinnen und Ärzte müssen zeitweise oder auch dauerhaft als Angestellte arbeiten können, die Finanzierung der Weiterbildung sowohl im ambulanten und stationären Bereich muss geklärt werden – für die Krankenhäuser haben wir vorgeschlagen, einen von Krankenkassen und Krankenhäusern gemeinsamen getragenen Fonds einzurichten, aus dem arztbezogene Weiterbildungszuschläge finanziert werden – und die Versorgungsgrenzen zwischen den verschiedenen Sektoren müssen durchlässiger werden. Auch um jungen Ärztinnen und Ärzten Erfahrungen und Einblicke in verschiedene Versorgungsbereiche zu ermöglichen. Linke Es muss endlich sektorenübergreifend geplant und versorgt werden. Alle Gesundheitsberufe sollen einbezogen werden, auch die Pflegeberufe, die Heilberufe und die Hebammen. Die Ermittlung des gesundheitlichen Bedarfs muss auf eine wissenschaftliche Basis gestellt und kleinräumig organisiert werden. Die ineffektive und teure Trennung von ambulanten und stationären Einrichtungen ist schrittweise zu überwinden (vgl. Antrag zur Bedarfsplanung, BT- Drs. 17/3215). Aus Sicht der Partei DIE LINKE sollte es mehr poliklinische Strukturen geben. Dabei ist das Vordringen von Kapitalgesellschaften zu verhindern. MVZ-Neugründungen sollten in vorrangig unterversorgten Bereichen erfolgen. Die freie Arztwahl wie auch die Therapiefreiheit müssen erhalten bleiben. (6) Flächendeckende Versorgung Welche Maßnahmen halten Sie für notwendig, um die flächendeckende Versorgung für die Bevölkerung sicherzustellen? Ist dies auf Dauer auf dem Land überhaupt noch realistisch? Und ist die Möglichkeit von „Zwangsrekrutierungen“, wie sie sich im Sommer in Thüringen angedeutet haben, eine realistische Option? CDU/CSU Mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz haben wir schon weitreichende Möglichkeiten zur Förderung der Versorgung geschaffen. Hier nur ein Beispiel: Ärzte, die bereit sind, sich in unterversorgten Regionen niederzulassen, erhalten eine Vielzahl von finanziellen Anreizen. Sie werden von Begrenzungen der Vergütung ausgenommen, können Preiszuschläge für ihre Leistungen erhalten und von den Kassenärztlichen Vereinigungen über einen Strukturfonds gefördert werden. Unser Ziel ist auch weiterhin, die Anreize so zu setzen, dass die flächendeckende Versorgung gewährleistet wird. Beim Thema ärztliche Vergütung wurde die strikte Budgetierung zu einem flexiblen und regionalisierten vertragsärztlichen Honorarsystem weiterentwickelt. Dies bietet eine verlässliche und leistungsgerechte Vergütung, welche es für Ärztinnen und Ärzte deutlich attraktiver macht, sich an der ambulanten Versorgung in unterversorgten oder drohend unterversorgten Gebieten zu beteiligen. Auch sorgt der damit verbundene Bürokratieabbau für eine höhere Arbeitszufriedenheit der Ärztinnen und Ärzte. Uns ist wichtig, dass eine gute Versorgung durch Ärzte und Krankenhäuser auch in ländlichen Regionen gewährleistet bleibt. In dieser Legislaturperiode haben wir richtige und wichtige Anreize gesetzt. Wir werden diese Maßnahmen auf ihren Erfolg hin überprüfen und zielgerichtet weiterentwickeln. FDP Die wohnortnahe medizinische Versorgung der gesamten Bevölkerung hat für uns oberste Priorität. Dafür haben wir uns in dieser Wahlperiode eingesetzt und werden es auch in den kommenden vier Jahren tun. Zwang in jedweder Form wird uns dabei aber genauso wenig weiterhelfen wie zum Beispiel Honorarabschläge. Vielmehr müssen wir die Vereinbarkeit von Seite 7 von 8
Seite 8 von 8 Familie und Beruf weiter stärken, sinnvolle Anreize für die Niederlassung im ländlichen Raum setzen und die Planungs- und Nachfolgeregelungen weiter flexibilisieren. Einen wichtigen ersten Schritt sind wir mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz gegangen. Nun ist es Aufgabe der Selbstverwaltung, die Maßnahmen vor Ort zu konkretisieren und umzusetzen. SPD Im Rahmen der Diskussionen um das GKV-Versorgungsstrukturgesetz hat die SPD konkrete Vorschläge unterbreitet. Wir haben zahlreiche Maßnahmen vorgeschlagen, wie gerade die primärärztliche Versorgung gesichert werden kann, zum Beispiel: Aufkauf von Arztsitzen aus Mitteln der Kassenärztlichen Vereinigungen. arbeitsentlastende Maßnahmen für die betroffenen Ärztinnen und Ärzte. Anstellung von Entlastungs- und Dauerassistentinnen und -assistenten (nach §§ 32 und 32b ZV). Bei Nichtbesetzungsmöglichkeit ist der Arztsitz im Kreise der beteiligten Akteure auszuschreiben. Delegation des medizinischen Notfalldienstes in die Hände professioneller mobiler Notfallversorgungseinheiten. Praxis-Sharing: Wechselnde ärztliche Besetzung (Allgemeinmedizin und allgemeine fachärztliche Versorgung) Mobile Untersuchungseinheiten in unterversorgten Regionen. Patienten-Shuttles. Grüne Größer werdende Versorgungslücken sehen wir vor allem bei der hausärztlichen Versorgung. Um diese wieder zu schließen, wird ein ganzes Maßnahmenbündel erforderlich sein: Vom Aufbau von Ärztezentren in Kreisstädten, über das Angebot „rollender Arztpraxen“, bis hin zur stärkeren Beteiligung von Krankenhäusern an der ambulanten Versorgung. Darüber hinaus ist in der Primärversorgung eine neue Arbeitsteilung zwischen Ärzteschaft und qualifizierten Pflegekräften sowie anderen Gesundheitsfachberufen erforderlich. Linke Für DIE LINKE ist die Erreichbarkeit gesundheitlicher Leistungen von zentraler Bedeutung. Modelle wie fahrende und angemessen ausgestattete Arztpraxen, Shuttledienste zu Praxen oder Poliklinik und Gemeindeschwestern müssen ausgebaut werden. Ärztinnen und Ärzten muss das Arbeiten auf dem Land erleichtert werden. Einige Tätigkeiten, die heute von Ärtzinnen und Ärzten erledigt werden, können durch andere Berufsgruppen, beispielsweise durch Gemeindeschwestern, ausgeführt werden. Seite 8 von 8
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