Anforderungen an Interdisziplinarität - Fachkongress der DGCC Mehr Beteiligung - Interdisziplinarität und Nutzerbeteiligung im Case Management ...

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Anforderungen an Interdisziplinarität - Fachkongress der DGCC Mehr Beteiligung - Interdisziplinarität und Nutzerbeteiligung im Case Management ...
Anforderungen an Interdisziplinarität
         14. Fachkongress der DGCC
              Mehr Beteiligung –
  Interdisziplinarität und Nutzerbeteiligung
            im Case Management

                Prof. Dr. Daniel Bieber

       iso-Institut Saarbrücken / Universität Heidelberg
                       Düsseldorf
                      22. Juni 2018
Anforderungen an Interdisziplinarität - Fachkongress der DGCC Mehr Beteiligung - Interdisziplinarität und Nutzerbeteiligung im Case Management ...
Agenda: Anforderungen an Interdisziplinarität

• Was ist das „Problem“?
• Begriffsklärungen
   – Disziplinen
   – Multidisziplinarität
   – Interdisziplinarität
   – Transdisziplinarität
   – Mode I- und Mode II-Wissenschaft
   – Theorie und Praxis
• Zum Beispiel „mobisaar“
• Lessons learned
   – Offenheit / Respekt
   – Zeit / Geld
   – Karrierepfade
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Zwei Beispiele für Probleme, die sich nicht „normal“ lösen lassen

1. Beispiel: Situation in Akutkrankenhäusern:
             Unerwünschte Vorkommnisse bei Demenz im Krankenhaus
 ▪ Nicht fachgerechte medikamentöse Ruhigstellungen (ca. 2,6 Mill./Jahr)
 ▪ Körpernahe Fixierungen (ca. 500.000/Jahr)
 ▪ Stürze von Demenzpatienten (ca. 725.000/Jahr)
 ▪ Entfernung peripherer Venenzugänge (ca. 1,7 Mill./Jahr)
 ▪ Entfernung von Verbänden (ca. 1,87 Mill./Jahr)
    (Projekt Sektorenübergreifender Einsatz von Betreuungskräften an der Schnittstelle von Krankenhaus und ambulanter
     Versorgung (SEBKam)                                                       Quelle: Pflegethermometer/ Isfort 2014)

                                                2. Beispiel:
                                          Einsamkeit –
                                          Gesundheit –
                                            Mobilität
                                               Projekt „mobisaar“
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Probleme einzelwissenschaftlichen Arbeitens

Allgemein
Probleme halten sich nicht an die wissenschaftliche Arbeitsteilung
                              =
Probleme lassen sich nicht mehr durch Rückgriff auf einzelne
   wissenschaftliche Disziplinen erklären – oder praktisch angehen

Der Blick muss über die Disziplin- oder Systemgrenzen hinaus
  geweitet werden.

Offen, wie man das macht:
• Durch Kooperation der Wissenschaft mit der Praxis
  (Wissenschaftsgetrieben - Interventionsforschung)
• Durch Kooperation der Praxis mit der Wissenschaft (Praxis- bzw.
  Problemgetrieben)
• Durch Kooperation zwischen (Einzel-)Disziplinen innerhalb
  des Systems der Wissenschaften (und der Praxis!)
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Wissenschaft / Disziplinen

Allgemein
Wissenschaftliche Aussagen sollen
• keinerlei Interessen verpflichtet sein (Neutralitätsgebot)
• neu
                                     Habe nun, ach! Philosophie,
• beweisbar                          Juristerei und Medizin,
• intersubjektiv nachprüfbar und Und leider auch Theologie
                                     Durchaus studiert, mit heißem Bemühn.
• reproduzierbar sein                Da steh ich nun, ich armer Tor!

                                       (Goethe, Faust I)

Zum Beispiel Medizin
Seit Jahrhunderten eigene Disziplin mit eigener Organisation und
tradierten Wissenskanon – obwohl ohne eigene grundlegende
Theorie und oft auf Erfahrungen basierend
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Neue Disziplinen

Zum Beispiel Psychosomatik
Bis zur Anerkennung als eigene Disziplin ist es oft ein langer Weg:
„Gesundheit und Krankheit müssen als ein komplexes, vielfach verwobenes Gefüge
verstanden werden, in dem biologische, psychologische und soziale Elemente von
Gesundheit und Krankheit als gleichwertige Bedingungen der menschlichen Exis-
tenzen zu begreifen sind.“
(Leitlinien für die Ausbildung zum „Arzt für Psychotherapeutische Medizin“)

Zum Beispiel Gesundheitsökonomie
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Multidisziplinarität

Merkmale
▪ Gemeinsames Problem, aber keine intensive Auseinandersetzung der
  beteiligten Disziplinen
▪ Jede Disziplin arbeitet mit ihren eigenen Ansätzen, kaum oder kein Austausch
  und keine Übernahme von Methoden
▪ Zusammenführung der Ergebnisse ex post, nicht strategisch durch
  gemeinsame Planung des Forschungsprozesses
▪ Schwächste Form der Kooperation innerhalb des Wissenschaftssystems
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Transdisziplinarität

Theorie – Praxis (boundary work)
Disziplingrenzen innerhalb des Systems der Wissenschaften werden
ebenso überschritten wie die Grenzen zwischen dem System der
Erkenntnisgewinnung und dem gesellschaftlichen oder politischen
System
Aushandlungsbasierte Kooperation von Wissenschaft und Politik
(boundary work) an den Schnittstellen zwischen Wissens-, Wert- und
Handlungsfeldern. Perspektive: Praktisch wirksame Veränderungen
Drei Phasen (nicht unbedingt trennscharf)
1. Problemidentifikation und Problemstrukturierung
2. Problembearbeitung
3. In-Wert-Setzung bzw. transdisziplinäre Integration.
Integration unterschiedlicher Sichtweisen / Aufgabe des Absolut-
heitsanspruchs der jeweiligen „Konstruktionen der Realität“
unabdingbar → Verständigung / Moderation / Kommunikation
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Interdisziplinarität

Merkmale
▪ Isoliertes, disziplinäres Problemlösen reicht erkennbar nicht aus –
  Zusammenarbeit unterschiedlicher Wissenschaften gefordert
▪ Entwicklung einer gemeinsamen Problemdefinition
▪ Gemeinsame Planung des Forschungsprozesses mit Erarbeitung einer
  gemeinsamen Sicht des Problems, wenn auch aus unterschiedlichen
  Perspektiven
▪ Dauerhafte Kooperation zwischen unterschiedlichen Disziplinen zunehmend
  zu beobachten – mit intensivem Austausch über Methoden
▪ Gemeinsame Sprache und gemeinsames Verständnis der unterschiedlichen
  Methoden und Ansätze – ohne das jede/r alles können muss
▪ Auch gemeinsames Verständnis über Erfolgskriterien notwendig

▪ Höchst schwierig und zugleich zentraler Erfolgsfaktor: Keine Dominanz einer
  Disziplin über die anderen
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Mode 1 und Mode 2

Wissenschaft im Mode 1
• hierarchisch
• disziplinär
• homogen
• akademisch
• Trennung zwischen wissenschaftlichen
  und gesellschaftlichen Akteuren

Wissenschaft im Mode 2
• kooperativ
• gesellschaftliche und ökonomische Themen definieren Probleme –
  und Auswahl der Fragestellungen
• projektförmig (zeitliche und budgetäre Begrenzungen)
• Antihierarchisch
• Qualitätssicherung nicht ausschließlich über
  akademisches System
Hightech-Strategie der Bundesregierung

1. Wir wollen eine Gesellschaft, die Neuem aufgeschlossen gegenübertritt und sich für
   Zukunftstechnologien und Innovationen begeistert.
2. Wir wollen eine Gesellschaft, die Unterschiede vor allem als Chancen begreift. Eine
   moderne Gesellschaftspolitik setzt dafür den Rahmen. Das innovative Deutschland wird
   von uns allen gemeinsam gestaltet.
3. Wir orientieren uns am Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung, die Innovationen in
   Verantwortung für die heutigen und kommenden Generationen generiert.
4. Wir wollen eine wettbewerbsfähige und beschäftigungsstarke Wirtschaft, die mit
   zukunftsfähigen Produkten und Dienstleistungen mit den innovativsten Wettbewerbern
   weltweit erfolgreich konkurriert. Dazu wollen wir eine neue Gründungsdynamik
   entfalten und die hierfür notwendigen Rahmenbedingungen verbessern.
5. Wir wollen weiterhin konsequent in Forschung und Innovation investieren. Von einem
   dauerhaft hohen Investitionsniveau in diesem Bereich hängen wesentlich die
   Grundlagen des Wohlstands in Deutschland ab. Wir wollen, dass Forschungsergebnisse
   schnell in innovative Produkte und Dienstleistungen überführt werden können.
6. Wir fördern Innovationen und Zukunftstechnologien nicht um ihrer selbst willen,
   sondern auch für einen klar erkennbaren gesellschaftlichen Nutzen. Wir integrieren in
   unsere Innovationskultur die Abschätzung von gesellschaftlichen Chancen und Risiken,
   die mit der Einführung neuer Technologien verbunden sind.
Hightech-Strategie der Bundesregierung 2

7. Wir wollen dazu beitragen, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
    kompetent, gesund, sicher und motiviert an neuen Produkten und
    Dienstleistungen arbeiten können. Denn eine hohe Qualifikation und gute
    Arbeitsbedingungen leisten einen wichtigen Beitrag dazu, dass Menschen
    innovativ sein können.
8. Wir wollen das Innovationspotenzial von Frauen und Männern gezielt nutzen. Nur
    wenn wir es Frauen und Männern gleichermaßen ermöglichen, ihre innovativen
    Ideen für neue Produkte, Dienstleistungen und Technologien umzusetzen, können
    wir unsere internationale Spitzenposition als Innovationsstandort weiter festigen
    und ausbauen.
9. Wir wollen den Wettbewerb um innovative Lösungen sowohl in der Wirtschaft als
    auch in der Wissenschaft weiter stärken. Ein intensiver Wettbewerb ist der
    wirksamste Motor für zukunftsweisende Innovationen.
10. Wir wollen gleichzeitig die Kräfte von Wissenschaft, Wirtschaft, Gesellschaft und
    Politik noch stärker bündeln und die daraus erwachsenden Synergien für höhere
    Wettbewerbsfähigkeit und nachhaltigen Wohlstand nutzen.
11. Wir wollen die Zusammenarbeit von Hochschulen, Forschungseinrichtungen mit
    Unternehmen und internationalen Partnern stetig ausbauen und neue
    Kooperationen fördern.
Quelle: https://www.hightech-strategie.de/de/Leitbild-13.php
Partner in „mobisaar“

In Zusammenarbeit mit
Ältere und Behinderte im ÖPNV

Einsamkeit –durch Mobilitäts-
einschränkungen möglicherweise
verschärft – produziert viel Leid
und hohe Kosten
Begleitdienste in Deutschland
Buchungsmöglichkeiten

✓ Telefonisch über
  Call-Center

✓ Handy-App

✓ Internet

✓ E-Mail
Technisches System

Das technische System hat vor allem folgende Aufgaben:

1.   Berechnung individueller, möglichst barrierearmer Routen für den Fahrgast
2.   Koordination der Fahrgäste und Lotsen („Matching“)
3.   Management und Planen der Lotsen-Einsätze („Travelling Salesman“)
4.   Aktuelle Informationen aller ÖPNV-Bestandteile bereitzustellen („Echtzeit“)
     über Busse, Straßenbahnen, Bahnen, Haltestellen, Aufzüge, Rolltreppen ...

                                                   Barrieren
                                                   berücksichtigendes
                                                   Routing
Lessons learned

Kooperation zwischen Disziplinen
▪ In vielen Feldern und Fällen unabdingbar – Ohne Überschreiten der Grenzen
  Produktion neuen Wissens nicht mehr möglich
   ▪ Und zwar in vielen Disziplinen
   ▪ Von Gleichen mit Gleichen – Niemand ist per se bedeutsamer als andere
   ▪ Im eigenen Feld zuhause – aber mit Nutzen für die Problemlösung wie für
       die eigene „Welt“sicht, die durch andere erweitert wird
Kooperation zwischen Theorie und Praxis
▪ In vielen Feldern/Fällen unabdingbar: „Aktions- oder Interventionsforschung“
   ▪ Anerkennung der Logiken der jeweils anderen Seite
Voraussetzungen
▪   Zeit
▪   Geld
▪   Respekt und Verständnis
▪   Karriereoptionen /-perspektiven
Projektbetrieb nicht gleich Dauerbetrieb
Vielen Dank für Ihre Zeit!

               Prof. Dr. Daniel Bieber
              iso-Institut Saarbrücken
           E-Mail: bieber@iso-institut.de
             Tel.: +49 (0) 681/95424-12
                                            www.mobisaar-veranstaltungen.com/tagungsdokumentation
PROJEKTTRÄGER
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