Basel III: Neue Risikogewichte für Kredite - profil.bayern

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Basel III: Neue Risikogewichte für Kredite
Die EU-Kommission hat die Eigenkapitalvorschriften CRR und CRD überarbeitet, um
die Basel III-Reform auch im EU-Recht zu vollenden. Vor allem beim
Kreditrisikostandardansatz ändert sich einiges. Was steht in den Gesetzesentwürfen
drin? „Profil“ fasst zusammen.

Autorin: Katrin Giersch, Genossenschaftsverband Bayern
Foto: picture alliance/Keystone/Georgios Kefalas

Nachdem die Corona-Pandemie die Veröffentlichung zunächst verzögert hatte, legte
die EU-Kommission am 27. Oktober 2021 ihre Entwürfe für die neue
Eigenkapitalverordnung CRR III und die dazugehörige Eigenkapitalrichtlinie CRD VI
vor. Damit sollen die im Dezember 2017 vom Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht

Profil – Das bayerische Genossenschaftsblatt – Ausgabe 01 2022
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vollendeten Basel III-Regeln in EU-Recht übertragen werden. Aufgrund der Corona-
Pandemie müssen die Banken die neuen Regeln erst ab 2025 anwenden und damit
zwei Jahre später als ursprünglich geplant.

Der Hauptfokus des CRR III-Entwurfs liegt auf der umfangreichen Überarbeitung
des Kreditrisikostandardansatzes (KSA). Des Weiteren wurden insbesondere die
Eigenmittelanforderungen für operationelle Risiken überarbeitet. Für Anwender,
deren Gewichtung des Kreditrisikos auf internen Ratings basiert (Internal Ratings-
Based; IRB), soll der sogenannte „Output Floor“ eingeführt werden. Dieser wird den
Nutzen der IRB-Modelle begrenzen.

Die Baseler Aufseher haben den KSA mit dem Ziel angepasst, die Risikosensitivität
zu erhöhen. Damit gehen jedoch diverse Änderungen bei den einzelnen
Risikopositionsklassen einher. Die EU-Kommission hat die Empfehlungen des
Baseler Ausschusses weitgehend übernommen. Allerdings hat sie einige Stellen neu
justiert, nachdem die Bankwirtschaft – darunter auch der Genossenschaftsverband
Bayern (GVB) – entsprechende Vorschläge an die EU-Kommission herangetragen
hatte. „Profil“ stellt die wesentlichen Änderungen des KSA im Einzelnen vor.

  Kurz erklärt: Die finalen Basel III-Regeln

  Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht setzt sich seit 1974 für die internationale
  Harmonisierung des Bankaufsichtsrechts ein. Damit seine Beschlüsse Rechtskraft
  erlangen, müssen sie jedoch in nationales beziehungsweise EU-Recht übernommen
  werden. Der Baseler Ausschuss ist bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich
  (BIZ) mit Sitz in Basel angesiedelt. Die BIZ versteht sich als „Bank der Zentralbanken“,
  die ihre Mitglieder durch internationale Kooperation dabei unterstützt, Preise und
  Finanzsysteme stabil zu halten. Das Cover-Bild dieses Beitrags zeigt die Aussicht aus
  dem 18. Stock des BIZ-Turms auf die Stadt Basel.

  Als Reaktion auf die Finanzmarktkrise 2008 haben die im Baseler Ausschuss für

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Bankenaufsicht zusammengeschlossenen Zentralbanken und Bankaufsichtsbehörden
  im Jahr 2010 sehr zügig das internationale Rahmenwerk für Bankenregulierung
  fortgeschrieben und „Basel III“ auf den Weg gebracht. Die neuen Regeln zielten unter
  anderem auf die Steigerung der Eigenmittelqualität- und -quantität ab. Im Dezember
  2017 vollendete der Baseler Ausschuss mit der Verabschiedung des Papiers „Basel III:
  Finalising post-crisis reforms“ die Reform der Bankenregulierung. Die neuen Regeln
  konzentrieren sich insbesondere auf die Ermittlung und Gewichtung von Kreditrisiken
  und ihre Unterlegung mit Eigenmitteln.

  Die Europäische Kommission hat sich gegenüber dem Baseler Ausschuss verpflichtet,
  die finalen Basel III-Regeln bis zum 1. Januar 2023 umzusetzen – wegen der Corona-
  Pandemie ein Jahr später als ursprünglich vorgesehen. Dafür werden die
  Eigenkapitalverordnung CRR II und die Eigenkapitalrichtlinie CRD V jeweils neu gefasst
  und als CRR III beziehungsweise CRD VI fortgeschrieben. Die EU-Kommission hat die
  entsprechenden Gesetzesvorschläge am 27. Oktober 2021 vorgelegt. Die Banken
  müssen die neue CRR und CRD erstmals im Jahr 2025 umsetzen. Wegen der Corona-
  Pandemie gewährte die EU-Kommission den Instituten zwei Jahre Aufschub.

Immobilienfinanzierungen

Wie bereits im Baseler Papier vorgesehen, wird die Unterscheidung zwischen Wohn-
und Gewerbeimmobilien bei der Risikogewichtung beibehalten. Zusätzlich wird nach
zwei weiteren Kriterien differenziert:

         Art der Kreditfinanzierung: Hängt die Rückzahlung wesentlich (IPRE) oder nicht wesentlich
       (non-IPRE) von den Cashflows ab, die durch die besicherten Immobilien generiert werden?

         In welcher Phase befindet sich die finanzierte Immobilie? Hier wird zwischen der Bauphase
       und einer fertigen Immobilie unterschieden.

Für Kredite an Unternehmen oder Zweckgesellschaften, die den Erwerb, die
Erschließung oder den Bau von Wohn- oder Gewerbeimmobilien finanzieren
(Acquisition, Development or Construction; ADC), wird ein spezifisches

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Risikogewicht von 150 Prozent zugewiesen. Diese Kredite bergen ein höheres Risiko,
da die Quelle der Rückzahlung zum Zeitpunkt der Kreditvergabe unsicherer ist. Für
„Wohnimmobilien-ADC-Kredite“ kann ein Risikogewicht von 100 Prozent angesetzt
werden, sofern bestimmte risikomindernde Bedingungen erfüllt sind. Dazu gehören
zum Beispiel ein bestimmter Anteil an Vorverkaufs- oder Vorvermietungsverträgen.

Immobilienfinanzierungen, die nicht die Bedingungen eines Realkredits erfüllen
(also nicht besichert sind), erhalten je nach Art der Finanzierung des Kredits
entweder das Risikogewicht des Schuldners (nicht abhängig von den Cashflows, non-
IPRE) oder ein Risikogewicht von 150 Prozent (abhängig von den Cashflows, IPRE).

Realkredite unterliegen weiterhin dem Realkreditsplitting, wenn national der
sogenannte „Hard Test“ eingehalten wird. Andernfalls ist für IPRE-Kredite der
Whole-Loan-Ansatz anzuwenden, wonach der gesamte Kredit ein Risikogewicht in
Abhängigkeit des Beleihungsauslaufs (Loan-To-Value Ratio; LTV) erhält. Das
Realkreditsplitting wird allerdings neu kalibriert, so dass die Beleihungsgrenze für
Wohn- und Gewerbeimmobilienkredite auf 55 Prozent herabgesetzt wird. Kredite,
die durch Gewerbeimmobilien besichert sind, erhalten ein Risikogewicht in Höhe
von 60 Prozent und Wohnimmobilienkredite ein Risikogewicht in Höhe von 20
Prozent.

  Wie viel Eigenkapital müssen Banken vorhalten?

  Eigenkapital ist eine Grundvoraussetzung für einen sicheren und soliden Bankensektor.
  Aus diesem Grund sind alle Banken dazu verpflichtet, bestimmte
  Eigenmittelanforderungen zu erfüllen. Grundlage sind die internationalen
  Bankenregeln Basel III und ihre Umsetzung in europäisches Recht (CRR/CRD). Die
  Eigenmittelanforderungen hängen von der Höhe der sogenannten risikogewichteten
  Aktiva (RWA) ab. Das sind die gesamten Aktiva (vor allem Kredite, Beteiligungen und
  Anleihen) einer Bank, multipliziert mit ihren jeweiligen Risikogewichten. Ein
  unbesicherter Kredit hat zum Beispiel ein höheres Risikogewicht als ein besicherter. Im

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Euroraum müssen die Banken folgende Eigenmittelanforderungen erfüllen (in Prozent
  der RWA):

            Mindestkapitalquote: 8 Prozent

            Kapitalerhaltungspuffer: 2,5 Prozent

          Eigenmittelzielkennziffer: bankindividuell 0 bis 10 Prozent (wird mit dem
         Kapitalerhaltungspuffer verrechnet)

           Bankaufsichtlicher SREP-Kapitalaufschlag: bankindividuell 0 bis theoretisch 9,5
         Prozent

            Antizyklischer Kapitalpuffer: aktuell wegen der Corona-Pandemie 0 Prozent

            Summe: bankindividuell 10,5 bis 27,5 Prozent.

KMU-Faktor

Der im Rahmen der CRR II beziehungsweise des sogenannten „CRR Quick Fix“ zum
Stichtag 30. Juni 2020 eingeführte erweiterte KMU-Faktor wird beibehalten.

Mengengeschäft

Die EU-Kommission hat das in den finalisierten Basel III-Regeln vorgesehene harte
Granularitätskriterium nicht übernommen. Allerdings hat die Europäische
Bankenaufsichtsbehörde (EBA) den Auftrag bekommen, einen Standard zur
Definition des sogenannten weichen Granularitätskriteriums auszuarbeiten. Nicht
abgesicherte Fremdwährungskredite an Privatkunden müssen zukünftig mit einem
zusätzlichen Risikofaktor in Höhe von 1,5 unterlegt werden.

Das Granularitätskriterium ermöglicht es Banken, kleinteilige Kreditportfolios mit
weniger Eigenkapital zu hinterlegen, da die Diversifizierung das Risiko senkt. So

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können die Banken unter anderem Mittelstandskredite zu günstigeren Konditionen
vergeben. Das in den finalen Basel III-Regeln definierte Granularitätskriterium sieht
vor, dass einzelne Kredite grundsätzlich nur dann dem Mengengeschäft zugeordnet
werden dürfen, wenn ihr Volumen weniger als 0,2 Prozent des gesamten
Mengengeschäfts beträgt. Bisher war dies jedoch nur eine Empfehlung des Baseler
Ausschusses („weiches“ Granularitätskriterium). Die finalisierten Basel III-Regeln
sehen dagegen vor, diese Regelung verbindlich zu machen, sie also zu „härten“. Dem
folgt die EU-Kommission jedoch nicht.

Beteiligungen

Das Standardrisikogewicht für Beteiligungen in Höhe von 250 Prozent wurde aus
dem Baseler Papier grundsätzlich übernommen, allerdings sieht die EU-Kommission
mehrstufige Übergangsbestimmungen bis 2029 vor. Im Rahmen der
Interessenvertretung konnte erreicht werden, dass Beteiligungen an Instituten, die
einer Sicherungseinrichtung unterliegen, weiterhin mit einem Risikogewicht von 100
Prozent unterlegt werden können. Darunter fallen auch die Volksbanken und
Raiffeisenbanken, da diese der Sicherungseinrichtung des Bundesverbands der
Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) angehören. Dies betrifft zum
Beispiel Aktien oder AT1-Anleihen der DZ Bank AG. Beteiligungen an
Tochterunternehmen, die nicht aufsichtsrechtlich vollkonsolidiert werden,
unterliegen gemäß aktuellem Entwurf einem Risikogewicht von 250 Prozent. Dazu
gehören zum Beispiel Waren- oder Versicherungstöchter.

Forderungen gegenüber Instituten

Gemäß den finalisierten Basel III-Regeln entfällt zukünftig die sogenannte
Sitzstaatenmethode, sodass eine Risikogewichtung anhand des externen Ratings des
Instituts erfolgt. Institute ohne Rating müssen gemäß dem Standardisierten

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Kreditrisikobewertungsansatz (SCRA) in eine von drei Gruppen A, B oder C
eingestuft werden. Kriterien sind zum Beispiel die Erfüllung der Eigenkapitalquoten
und der Verschuldungsquote (Leverage Ratio). Forderungen gegenüber Instituten,
die der Gruppe A zugehören, erhalten ein Risikogewicht in Höhe von 40 Prozent, die
der Gruppe B 75 Prozent und die der Gruppe C ein Risikogewicht in Höhe von 150
Prozent. Forderungen gegenüber Instituten, die der BVR-Sicherungseinrichtung
zugehören, wie zum Beispiel die DZ Bank AG oder die Primärgenossenschaften,
erhalten weiterhin gemäß Art. 113 Abs. 7 CRR ein Nullgewicht. Bei diesen wird
somit weder ein externes Rating noch der SCRA-Ansatz angewendet.

Jederzeit widerrufliche Kreditzusagen

Gleichlautend zu den finalisierten Basel III-Regeln erhalten zukünftig jederzeit
widerrufliche Kreditzusagen einen Kreditkonversionsfaktor von zehn Prozent statt
wie bisher null Prozent. Allerdings ist dieser erst ab 2030 anzuwenden und dann
auch erst sukzessive im Rahmen von Übergangsbestimmungen bis Ende 2032.

Nachrangige Forderungen

Bestimmte nachrangige Forderungen (zum Beispiel sogenannte Senior non-preferred
Anleihen) werden einer neuen Risikopositionsklasse zugeführt und erhalten ein
Risikogewicht in Höhe von 150 Prozent. Allerdings erhalten entsprechende Anleihen,
die von Instituten emittiert wurden, die der BVR-Sicherungseinrichtung angehören,
weiterhin gemäß dem sogenannten Verbundprivileg (Art. 113 Abs. 7 CRR) eine
Nullgewichtung.

Nächste Schritte

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Eine weitere Konsultation der Entwürfe zur CRR III und CRD VI zusätzlich zu den
bisherigen Stellungnahmen der Bankwirtschaft hat die EU-Kommission nicht
vorgesehen. Der Genossenschaftsverband Bayern (GVB) wird das
Gesetzgebungsverfahren im Jahr 2022 eng begleiten und die Interessen seiner
Mitglieder weiter mit Nachdruck vertreten.

Katrin Giersch ist Expertin für Bankaufsichtsrecht beim Genossenschaftsverband
Bayern.

  Der GVB unterstützt

  Der Genossenschaftsverband Bayern (GVB) unterstützt die bayerischen Volksbanken
  und Raiffeisenbanken in allen Fragen der Regulatorik und des Aufsichtsrechts, so auch
  zur Eigenkapitalregulierung. Aktuelle Meldungen finden die Kreditgenossenschaften
  gebündelt im GVB-Mitgliederportal. Kontakt zu den Spezialisten für Bankaufsichtsrecht
  beim GVB: bankaufsichtsrecht(at)gv-bayern.de oder 089 / 2868-3861.

WEITERFÜHRENDE LINKS

         Informationen der EU-Kommission zur Überarbeitung der CRR und CRD inklusive Verlinkung
       auf die Gesetzesentwürfe

         Aktuelle Meldungen und Rundschreiben zum Bankaufsichtsrecht und zur Regulatorik im GVB-
       Mitgliederportal

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