Beiträge zur Stufe 3 eines Integrierten Regionalen Energiekonzeptes (IRE) der Regionalplanung Ostthüringen - Hauptteil - Freistaat ...
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Institut für Geographie AG Regionalklima und Nachhaltigkeit Abschlussbericht zum Projekt Beiträge zur Stufe 3 eines Integrierten Regionalen Energiekonzeptes (IRE) der Regionalplanung Ostthüringen Februar 2011 Teil 1 Hauptteil
Institut für Geographie Arbeitsgruppe Regionalklima und Nachhaltigkeit Projektleitung Dr. habil. Martin Gude Unter Mitarbeit von Dipl.-Geogr. Heiko Griebsch Dipl.-Geogr. Uwe Kurmutz Dipl.-Geogr. André Ludwig Dipl.-Geogr. Osama Mustafa M.A. Dipl.-Ing. Heidi Pinkepank BA Geogr. Tim Buchner Dr. Matthias Mann Institut für Geographie Physische Geographie Arbeitsgruppe Regionalklima und Nachhaltigkeit Arbeitsgruppe Löbdergraben 32 07743 Jena Regionalklima und Nachhaltigkeit Im Auftrag von Regionale Planungsgemeinschaft Ostthüringen Puschkinplatz 7 07545 Gera Bearbeitungszeitraum: August 2009 bis Februar 2011 III
Institut für Geographie Arbeitsgruppe Regionalklima und Nachhaltigkeit Gliederung 1. Zielsetzung und Methoden.....................................................................................................1 1.1 Zielsetzung........................................................................................................................ 1 1.2 Methoden......................................................................................................................... 2 2. Raumordnerische Bedeutung erneuerbarer Energien.............................................................4 2.1 Technische Rahmenbedingungen und deren Veränderungen...........................................4 2.2 Rechtliche Rahmenbedingungen und deren Veränderungen............................................7 2.2.1 Supranationale Ebene und Europäische Union...........................................................8 2.2.2 Bundesebene.............................................................................................................9 2.2.3 Thüringen................................................................................................................. 11 2.3 Vorausschau künftiger regionalplanerischer Anforderungen...........................................11 2.3.1 Flächenschärfe, Standortbezogenheit und Raumwirksamkeit..................................12 2.3.2 Regionalplanung als Regionenmanagement.............................................................13 2.4 Querbezüge zwischen den verschiedenen Ebenen der Raumordnung...........................15 2.4.1 Die Regionalplanung - eine vermittelnde Planungsebene.........................................15 2.4.2 Erneuerbare Energien als Gegenstand der Regionalplanung....................................16 2.4.3 Mögliche regionalstrategische Zielsetzungen für erneuerbaren Energie..................18 2.5 Überprüfung von Steuerungsinstrumentarien für raumordnerische Aspekte.................20 2.5.1 Traditionelle Instrumente für erneuerbare Energien in der formellen Planung.........21 2.5.2 Neue Instrumente für erneuerbare Energien in der formellen Planung ...................22 2.5.3 Erneuerbare Energien in der informellen Planung....................................................22 2.6 Empfehlungen für Planungsgemeinschaft, Kreise und Kommunen................................23 2.6.1 Grundlagen und Rahmenbedingungen regenerativer Energien................................25 2.6.2 Beispiel zur informellen Regionalplanung.................................................................29 3. Informationssysteme und Netzwerkbildung.........................................................................31 3.1 WebGIS-basiertes Informationssystem zum Bestand von erneuerbaren Energien.........31 3.2 Internet-basiertes Informationssystem zu erneuerbaren Energien in Thüringen.............32 4. Methodik der CO2-Bilanzierung und Quantifizierung der Kohlendioxideinspareffekte durch erneuerbare Energien................................................................................................................ 38 4.1 Methodik für die Berechnung von CO2-Bilanzen.............................................................38 4.1.1 Einleitung................................................................................................................. 38 4.1.2 Inputdaten für die Erstellung einer CO2-Bilanz.........................................................40 4.1.3 Outputdaten der CO2-Bilanzierung...........................................................................47 4.2 CO2-Bilanzen für Ostthüringen.......................................................................................49 4.2.1 Einleitung................................................................................................................. 49 4.2.2 CO2-Bilanz im Strom- und Wärmesektor 2008.........................................................51 4.2.3 Monitoring erneuerbarer Energien in Ostthüringen vom Bestand 2008 zum Be- stand im Herbst 2010.........................................................................................................56 4.2.4 CO2-Bilanz im Strom- und Wärmesektor 2010.........................................................58 4.3 Vergleich des erneuerbaren Endenergieverbrauchs und der CO2-Einsparungen in Ostthü- ringen zwischen den Betrachtungsweisen zur ZPR-Blankenstein im Bestand erneuerbare Energien 2010........................................................................................................................ 65 4.4 Erfolge und Hemmnisse bei der Entwicklung der Potentiale für erneuerbare Energien. .69 V
Institut für Geographie Arbeitsgruppe Regionalklima und Nachhaltigkeit 4.4.1 Monitoring zum Ausbau erneuerbarer Energien.......................................................69 4.4.2 Erfolge beim Ausbau erneuerbarer Energien............................................................69 4.4.3 Hemmnisse beim Ausbau erneuerbarer Energien ...................................................71 5. Potentiale und Realisierungsszenarien erneuerbarer Energien in Ostthüringen....................73 6. Zusammenfassung............................................................................................................... 84 7. Literatur................................................................................................................................ 86 VI
Institut für Geographie Arbeitsgruppe Regionalklima und Nachhaltigkeit 1. Zielsetzung und Methoden 1.1 Zielsetzung Die Energielandschaft steht nicht nur international, sondern auch regional vor großen Struk- turveränderungen. Die tendenzielle Verknappung, Verteuerung und steigende Unsicherhei- ten bei der Versorgung fossiler Energieträger einerseits, und die politischen Regulierungen des Energiesystems hinsichtlich Klimaschutz andererseits setzen mehrere auf regionaler Ebene bedeutsame Entwicklungen in Gang. Insbesondere in weiten Teilen Ostdeutschlands geht dieser Umbau der Energiesysteme mit umfangreichen Umstrukturierungen einher, die sich durch Erschließung und Ausbau wirtschaftlich ertragreicher Sparten, demographischen Wandel und Umbau der Städte ergeben. Im Einzelnen sind folgende Entwicklungen insbe- sondere in Ostthüringen wahrscheinlich bzw. relativ sicher abzusehen, und sollten deshalb hinsichtlich ihrer raumplanerischen Relevanz analysiert und bewertet werden: • Erneuerbare Energien gewinnen an Bedeutung zu Lasten der fossilen Energieträger. Das betrifft besonders den Strombereich, wo das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) die Netzeinspeisung aus erneuerbaren Energien garantiert und bei Überangebot im Netz Kraftwerke mit fossilen Energieträgern herunter gefahren werden müssen. • Kostenlose und teils auch ubiquitäre Energiequellen wie Sonnenstrahlung, Wind und Erdwärme erlangen zunehmenden Einfluss, insbesondere dort, wo entweder durch Förderung (z. B. Photovoltaik und Windenergie durch EEG), oder ohne Förderung durch Netzparität, also marktkonforme Preise, der Absatz gesichert ist. • Die Energieeinsparung und der demographische Wandel werden zunehmend zu Fakto- ren in der Planung der Energiesysteme, so dass diese in zahlreichen Regionen nur durch einen Umbau (und im Einzelfall sogar durch Rückbau) als durch Ausbau ange- passt werden können. Initiiert und gelenkt werden diese Trends zwar global und national von den Energiekonzer- nen und den Klimaschutzprogrammen, aber auf regionaler und lokaler Ebene tragen diese Entwicklungen im Wesentlichen die Energie-Versorgungsunternehmen (EVU), Projektent- wickler und -betreiber von Anlagen erneuerbarer Energien, Kommunen und Konsumenten. Da zahlreiche diesbezügliche Entwicklungen raumwirksam in der regionalen Dimension sind, gilt es, mit regionalplanerischen Mitteln diese Prozesse zu gestalten und mit den planeri- schen Zielen in Einklang zu bringen. Unter den Akteuren kommt besonders den Kommunen, kommunalen Verbünden und Krei- sen in vielfacher Hinsicht große Bedeutung zu, z. B. in Funktion als: • Betreiber zahlreicher Einrichtungen mit Energieverbrauch; • Vorbild- und Beraterfunktion für Energiekonzepte und Klimaschutz; • Planer in den Bereichen Bau und Verkehr; • Miteigentümer von EVU. Tatsächlich fehlen insbesondere den mittleren und kleinen Kommunen und kommunalen Verbünden in Thüringen oft praxisnahe, anwendungsorientierte und die eigene Region be- treffende Informationen und Daten, aufgrund derer die oben beschriebenen Funktionen be- darfsgerecht geplant werden können. Gleichzeitig sind zahlreiche Aspekte der Energiesyste- me und des Klimaschutzes nicht nur auf kommunaler, sondern auch auf regionaler Ebene angesiedelt und bedürfen daher Konzepte, die nicht von den Kommunen separiert erarbeitet werden können und sollten. An diesem Punkt kann die Regionalplanung entscheidend bei- tragen, indem regionale Konzepte und Daten aufbereitet bereitgestellt werden. Der Um- 1
Institut für Geographie Arbeitsgruppe Regionalklima und Nachhaltigkeit stand, dass die Regionalplanung mit einer etwas geringeren räumlicher Auflösung arbeitet, als die kommunale Planung, stellt dabei kein grundsätzliches Problem dar. Mit dem hier vorgelegten Bericht sollen Beiträge für ein Integriertes Regionales Energiekon- zept (IRE) als Bestandteil der Regionalplanung in Ostthüringen geleistet werden. Im Rahmen der hier bearbeiteten 3. Stufe werden, aufbauend auf den bereits 2008 und 2009 erarbeite- ten Berichten, folgende Aspekte behandelt: • Rechtliche und technische Rahmenbedingungen für die Entwicklung eines modernen, zunehmend dezentralisierten und auf erneuerbare Energien fokussierten Energiesys- tems, • Raumordnerische Bedeutung der Untersuchungen zu erneuerbaren Energien und moder- nen, zunehmend dezentralisierten und auf erneuerbare Energien fokussierten Energie- systemen, • Informationssysteme und Netzwerkbildung für Akteure und Entscheidungsträger im Be- reich Energieeinsparung, Energieeffizienz und erneuerbare Energien in Ostthüringen, • Szenarien für Energieverbrauch und CO2-Bilanz für Ostthüringen. 1.2 Methoden Methodisch bedient sich diese Studie in den einzelnen Teilen zahlreicher unterschiedlicher Ansätze. Auf die diversen methodischen Details wird jeweils in den Kapiteln eingegangen, hier soll aber bereits ein Überblick gegeben werden. Die Analyse und Bewertung der technischen Rahmenbedingungen beruht zunächst auf der Auswertung der Entwicklung von erneuerbaren Energien und Energienetzen in den vergan- genen etwa zehn Jahren. In Ergänzung dessen wurden die marktreifen und marktnahen Technologien hinsichtlich ihrer potentiellen Einflüsse auf die Energielandschaft der nächsten etwa zehn Jahre anhand von Fachliteratur analysiert. Die rechtlichen Rahmenbedingungen wurden einerseits anhand der Klimaschutz- und Ener- giegesetze und -verordnungen analysiert, andererseits anhand der für die Regionalplanung relevanten Bundesgesetze, Landesgesetze und Verordnungen. In ähnlicher Weise erfolgte die Untersuchung der weiteren raumordnerischen Aspekte, wie die Steuerungsinstrumente und raumordnerischen Querbezüge. Zur Realisierung der Internet basierten Netzwerkstruktur für die Verbesserung des Informati- onsaustausches zu erneuerbaren Energien in Ostthüringen dient eine Internetplattform, die Elemente eines Datenbanksystems mit denen eines Internet basierten, öffentlichen Ent- scheidungsunterstützungssystemes verbindet. Im Internet basierten Bestands-, Potential- und Ausbauatlas zu erneuerbaren Energien, der auf einem Geographischen Informationssystem (GIS) fußt, werden neben den sachlichen vor allem räumliche Informationen aufbereitet und im Internet für die Öffentlichkeit angebo- ten. Die CO2-Bilanzen, die der Dokumentation der Emissionen mindernden Effekte von erneuer- baren Energien dienen, beruhen auf den aktuellsten Berechnungsmethoden des Umwelt- bundesamtes. Diese stehen im Einklang mit den internationalen Verfahren. Den Szenarien zur Projektion der zukünftigen Struktur des Energieverbrauchs und dadurch bedingter CO2-Emissionen liegt eine Methodik zugrunde, bei der zahlreiche Steuerungsfakto- ren für die zukünftige Entwicklung vergleichend bewertet und mit einem eigens entwickel- 2
Institut für Geographie Arbeitsgruppe Regionalklima und Nachhaltigkeit ten Verfahren berechnet werden. Das Berechnungsverfahren erfolgte in Anlehnung an bun- desweite Studien mit ähnlicher Fragestellung. Es muss an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass es im Vergleich zu den in den Jahren 2008 und 2009 durchgeführten Untersuchungen bzw. den in diesem Zusammenhang erstellten Berichten neue Erkenntnisse vorlagen, die dazu führten, dass frühere methodi- schen Ansätze überprüft und abgeändert werden mussten. Dieser Hinweis ist vor allen des- halb wichtig, da die Ersteller dieses Berichts im Ergebnis der geänderten methodischen Her- angehensweise vor allem bei der Ermittlung des Bestandes bei der Nutzung erneuerbarer Energien zu teilweise – dies betrifft nur den Bereich der Bioenergie – korrigierten Ergebnis- sen gekommen sind. 3
Institut für Geographie Arbeitsgruppe Regionalklima und Nachhaltigkeit 2. Raumordnerische Bedeutung erneuerbarer Energien 2.1 Technische Rahmenbedingungen und deren Veränderungen Für die Bewertung der bisherigen Etablierung erneuerbarer Energien in Ostthüringen im Ver- gleich zu anderen Regionen Deutschlands und für die Evaluierung zukünftiger Entwicklungs- chancen ist eine kritische Analyse des technologischen Fortschritts in der Vergangenheit und der technologischen Optionen der Zukunft elementar. Dabei muss allerdings besonde- res Augenmerk auf die in Ostthüringen marktfähigen, also tatsächlich etablierten und in grö- ßerem Umfang einsetzbaren Technologien gelegt werden. Hinsichtlich zukünftiger Technolo- gien werden ebenfalls nur marktnahe, realistisch in wenigen Jahren einsetzbare Technologi- en berücksichtigt. Die technologische Entwicklung im Sektor erneuerbare Energien erlebte auf internationaler Ebene in den vergangenen zwei Jahrzehnten zahlreiche Fortschritte. Bei der Analyse der operativen, also verbreitet genutzten, oder für die verbreitete Nutzung geplanten Technologi- en kann allerdings festgestellt werden, dass es sich vor allem um Weiterentwicklungen lan- ge bekannter Systeme handelt. Zwei Trends sind dabei vor allem zu konstatieren: die Erhö- hung der Effizienz der einzelnen Techniken der Energieumwandlung (bei Photovoltaik, Solar- thermie, Wärmepumpen, Kraft-Wärme-Kopplung, etc.) und die Miniaturisierung dieser Tech- niken für dezentrale, Verbraucher nahe Wärmenutzung (Block-Heizkraftwerke, Pelletkessel, etc.). Im Kern neue Technologien, wie BtL (Biomass to Liquid, Umwandlung von fester Bio- masse in flüssige Brennstoffe), oder solarthermische Kraftwerke, existieren teils erst in Ver- suchsanlagen, oder werden trotz Marktreife aus anderen Gründen nicht in Thüringen einge- setzt. Letzteres gilt z. B. für solarthermische Kraftwerke, da hier eine ausreichende Effizienz nur bei höherer Sonneneinstrahlung gegeben ist. Die einzelnen Sparten der erneuerbaren Energien durchlaufen derzeit und in naher Zukunft sehr unterschiedliche Entwicklungen, die im Folgenden hinsichtlich ihrer Relevanz für Ost- thüringen dokumentiert und bewertet werden sollen. Bioenergie • Die Einsatzpalette der verschiedenen Bio-Rohstoffe wird deutlich breiter, so dass mehr Biomasse aus bislang nicht oder nur wenig erschlossenen Biomasse-Quellen (Stroh, Bio- abfall, Grünpflege, etc.) auf zunehmend unterschiedliche Art energetisch genutzt werden kann. Das gilt insbesondere für Biogasanlagen. • Bei den Anlagen ist eine markant steigende Effizienz, insbesondere durch die Anwendung der Kraft-Wärme-Kopplung, zu verzeichnen und dies auch in Kleinstanlagen. Der Gesamt- wirkungsgrad z.B. einer Biogasanlage liegt mit 75 bis 90 % bei Kraft-Wärme-Kopplung deutlich höher als bei reiner Verstromung des Biogases, bei der nur ein Wirkungsgrad bis zu ca. 40 % erreicht werden kann. Die verfügbare Biomasse wird also zunehmend effizien- ter genutzt, so dass die Bioenergie-Produktion auch bei gleich bleibendem Biomasse-Ein- satz deutlich zunehmen kann und wahrscheinlich auch wird. Diese technologische Ent- wicklung wird durch gesetzliche Rahmenbedingungen (wie Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG)) und durch die begrenzte Verfügbarkeit von Biomasse gefördert. • Am Markt sind in zunehmendem Maße kleinere Anlagen mit hoher Effizienz und gleichzei- tig geringer Emissionsbelastung verfügbar. Bioenergie etabliert sich mehr und mehr im pri- vaten und kleingewerblichen Bereich in Form von Mini-Blockheizkraftwerken (BHKW) mit Holz-Pellets oder Hackschnitzeln als Brennstoff. Unterstützt wird diese Entwicklung durch die verschiedenen finanziellen Förderungen in Bundesprogrammen und die mittlerweile hohe Funktionalität, Automatisierung, Zuverlässigkeit und Wartungsarmut der Anlagen. Dieser Ausbau Verbraucher naher Stromerzeugung (in Verbindung mit Photovoltaik) verrin- 4
Institut für Geographie Arbeitsgruppe Regionalklima und Nachhaltigkeit gert tendentiell die Anforderungen an die Leistungskapazität der Stromnetze, erhöht aller- dings die Ansprüche an deren steuerungstechnische Leistungsfähigkeit. • Derzeit noch in nur wenigen Anlagen realisiert, aber in der technischen Entwicklung weit fortgeschritten sind Anlagen zur Aufbereitung von Biogas auf Erdgasqualität. Diese Tech- nologie bringt verschiedene bedeutende Entwicklungen mit sich. Einerseits werden die Erdgas-Netze mit erneuerbaren Energien neu in Wert gesetzt. Andererseits ergibt sich dar- aus eine bedeutsame Erhöhung der Effizienz, weil vermehrt nicht mehr das Biogas an der Produktionsstätte, in der Regel dem Bauernhof, verstromt werden muss, wo die Abwärme kaum Anwendung findet. Stattdessen kann das Biogas dorthin verteilt werden, wo es deutlich effektiver in Kraft-Wärme-Kopplung genutzt werden kann. Diese Entwicklung wird durch die zunehmende Verknappung von Biomasse und durch entsprechende gesetzliche Regelungen vorangetrieben. • Neben Haus integrierten Kleinstanlagen gewinnen auch kleinere BHKW weiter an Bedeu- tung. Auch hier liegt der Schwerpunkt auf Bioenergie. Dabei übernehmen einerseits ver- mehrt Nahwärmenetze die Verteilung der Wärme bei den Verbrauchern im näheren Um- feld. Andererseits wird auch eine zunehmende Wärmeeinspeisung in Fernwärmenetze aus Bioenergieanlagen erfolgen. Geothermie • Die Effizienz geothermischer Anlagen wird sich voraussichtlich nur moderat erhöhen, z. B. durch verbesserte Arbeitszahlen der Wärmepumpen oder Gas als Hilfsenergie. • Das zunehmend geringere Wärmeniveau, das bspw. in Niedrigenergiehäusern benötigt wird, erhöht die Effizienz ebenso. • Eine Erschließung tiefer Geothermie, insbesondere der Bergwerksstollen, ist mittelfristig sinnvoll und wahrscheinlich. Zudem ist abzusehen, das langfristig der technologische Fort- schritt auch die Nutzung von Tiefengeothermie über Bohrungen (insb. Hot-Dry-Rock-Ver- fahren) rentabel macht. Photovoltaik • Eine graduelle, aber stetige Erhöhung der Effizienz von Modulen, bei gleichzeitigen massi- ven Kostenreduzierungen in der Produktion, schafft wahrscheinlich die Voraussetzung für Netzparität (marktfähige Strompreise ohne Förderung) in einigen Jahren. • Innovationen mit Marktreife verbessern die optisch-gestalterische Anpassung an Stadt- landschaften deutlich, so dass gestalterische Vorbehalte insbesondere im Denkmalschutz deutlich an Hemmniswirkung verlieren. Solarthermie • Auch bei der Solarthermie sind technologische Fortschritte hinsichtlich Effizienz und ge- stalterischer Aspekte sehr wahrscheinlich. Zudem ist die Markteinführung von kombinier- ten Systemen zwischen Solarthermie und Photovoltaik abzusehen, was die Nutzung im Siedlungsumfeld deutlich intensivieren wird. • Sehr optimistische Annahmen gehen sogar davon aus, dass durch zusätzliche Innovation solarthermische Kraftwerke, die Strom aus Solarwärme produzieren, eine Effizienz errei- chen könnten, die die Nutzung unter hiesigen Einstrahlungsbedingungen rentabel macht. Daraus würden sich neue Nutzungsoptionen für siedlungsnahe Freiflächen ergeben. 5
Institut für Geographie Arbeitsgruppe Regionalklima und Nachhaltigkeit Wasserkraft • Bei der Wasserkraft ist in moderatem Umfang mit einer Erhöhung der Effizienz von Turbi- nen zu rechnen. Aufgrund der hohen Investitionskosten und langen Amortisationszeiten wird eine Markteinführung allerdings sehr langsam erfolgen. Windkraft • Der in der Windenergie bereits existierende Trend zur Erhöhung der Effizienz und Leistung von einzelnen Windkraftanlagen wird sich wahrscheinlich weiter fortsetzen. Ein Re- powering ist daher auch weiterhin rentabel. • Zusätzlich zu den großen Freilandanlagen etablieren sich am Markt zunehmend kleine Windkraftanlagen (wenige Meter bis ca. 20 m Höhe), die innerhalb oder am Rande der Siedlungsbereiche installiert werden können. Die diesbezügliche technologische Entwick- lung macht die Rentabilität solcher Kleinanlagen in einigen Jahren wahrscheinlich. Daraus ergeben sich die einzelnen Technologien übergreifende Trends, die die Struktur der Energieerzeugung, der Verteilung und des Verbrauchs im laufenden Jahrzehnt markant ver- ändern werden: • Mit der Miniaturisierung effizienter und Verbraucher naher Anlagen zur Erzeugung von Energie geht eine tendenzielle Dezentralisierung der Energiesysteme einher. • Die Energienetze verändern sich mit der Dezentralisierung hin zu modernen, mit vielfälti- gen Steuerungsmöglichkeiten ausgestatteten Netzsystemen (Smart Grids), die zuneh- mend den Ausgleich der Energieerzeugung zwischen den einzelnen Energieträgern und weniger die Verteilung der Energie von zentralen Erzeugungseinheiten leisten müssen. • Strom gewinnt zunehmend an Bedeutung als Energieträger gegenüber Brennstoffen – die Stromnetzinfrastruktur wird also tendenziell wichtiger. Damit steigt aber auch der Bedarf an einerseits flexiblen Erzeugungssystemen (z. B. Biogas), andererseits an Speichertech- nologien, um die Verbrauchsschwankungen auszugleichen. 6
Institut für Geographie Arbeitsgruppe Regionalklima und Nachhaltigkeit 2.2 Rechtliche Rahmenbedingungen und deren Veränderungen Resümee und Perspektiven 1.) Die Verknappung fossiler Brennstoffe und Umwelt- bzw. Klimaschutzgesichtspunkte haben weltweit, national und landesweit zur Ausarbeitung von Klimaschutzprogrammen geführt. Wesentlicher Bestandteil dieser Programme ist die Förderung erneuerbarer Ener- gien, wodurch auf verschiedenen Ebenen Konflikte in der Flächennutzung entstehen. • Supranationale Vereinbarungen (Konferenz von Rio de Janeiro, Kyoto-Protokoll, etc.) forcieren die Energiewende. • Die Erneuerbare Energien-Richtlinie der EU (EE-RL) setzt den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtportfolio bis 2020 auf 20 % fest. • Die EU-Biokraftstoff-Richtlinie setzte die Beimischungsquote von Biokraftstoff zu- nächst auf 5,75 %, aktuell sogar auf 10 % am Gesamtvolumen fest. • Auf Bundesebene zielen EEG und EEWärmeG darauf ab, bis 2020 den Anteil er- neuerbarer Energien auf 25-30 % (Strom) bzw. 14 % (Wärme) zu steigern. • Das Energiekonzept der Bundesregierung formuliert eine Langzeitstrategie zum Ausbau erneuerbarer Energien und zur Effizienzsteigerung. • Für Biomasse entsteht zunehmende Nachfrage, und dadurch Flächenkonkurrenzen mit vorrangig Natur, Nahrung und gewachsenen Kulturlandschaften (Landschafts- bild) sowie die Gefahren zunehmender Intensivierung im Ackerbau. • Bei der Photovoltaik ergeben sich Nutzungskonflikte insbesondere bei Außenanla- gen. 2.) Bei erneuerbaren Energien existiert bisher nur eine lückenhafte planungsrechtliche Op- tion zur Standortsteuerung. Unscharfen Gesetzen fehlen weitgehend Steuerungsinstru- mentarien. Über Umwelt- und Naturschutzgesetze lassen sich Ausschlusszonen formulie- ren, aber besonders bei der Bioenergie ist eine nachhaltige Standortsteuerung bisher schwer möglich. Daher empfiehlt sich eine Bündelung mit weiteren vorhandenen Instru- mentarien. • § 35 Abs. 3 BauGB privilegiert Wind- und Wasserkraft bzw. kleine Bioenergieanla- gen. Alle anderen erneuerbaren Energien sind nur indirekt über kommunale Flä- chennutzungsplanung beeinflussbar. • Teilweise lückenhafte Gesetze im Fachrecht geben der Regionalplanung (RP) nur indirekt Standortsteuerungsmöglichkeiten. Strukturförderungen sind standörtlich steuerbar. • Auf Landesebene sind Aussagen zu erneuerbaren Energien unscharf (LEP). Das ThürLPlG gibt keine Handlungsanweisungen vor. Die Energie- und Klimastrategie Thüringen konkretisiert Ziele bei erneuerbaren Energien, hat aber nur Absichtscha- rakter. Erwähnt werden sollte allerdings, dass gemäß Koalitionsvertrag der gegen- wärtigen Landesregierung der Anteil der erneuerbaren Energien am Stromver- brauch bis zum Jahr 2020 auf 35 % gesteigert werden soll. • Beim Bundesraumordnungsrecht ist die Nachhaltigkeit in den Zielen der Raumord- nung verankert (§ 1 Abs. 2 BROG). Nach § 4 Abs. 1 ist die RP dieser Aufgabe ver- pflichtet. 7
Institut für Geographie Arbeitsgruppe Regionalklima und Nachhaltigkeit Der aktive Klimaschutz als Reaktion auf den sich abzeichnenden Klimawandel stellt seit ge- raumer Zeit nicht nur eine feste Größe der Umweltpolitik auf den verschiedenen administra- tiven Ebenen dar, sondern besitzt auf Bundesebene klar Gesetzescharakter – verkörpert durch ein umfangreiches Paket von Gesetzen mit Anreizen und Vorschriften zum Klima- schutz auf diversen Handlungsebenen. Nicht nur innerhalb von Fachkreisen erhärtet sich die Auffassung, dass es einen deutlichen anthropogen verursachten Beitrag zur Wandelung des Klimas gibt. Aufgrund dessen hat so- wohl die nationale als auch die supranationale Ebene zum Teil ehrgeizige Klimaschutzpro- gramme ausgearbeitet, deren Hauptbestandteil bei der praktischen Umsetzung zumeist die Reduktion der Treibhausgasemissionen ist. Um dieses Ziel zu erreichen, setzt man – neben Energieeffizienz und Einsparung – auf die zunehmende Kompensation fossiler Energieträger durch erneuerbare Energien (EE) und deren möglichst effiziente Nutzung. Nicht zuletzt die zunehmende Verknappung und die daraus resultierende Verteuerung fossiler Medien tragen zu diesem Prozess bei. Diese Entwicklungen lassen sich – neben einer vermehrten Hinwendung zur nachhaltigen anthropogenen Bewirtschaftung von Ressourcen allgemein – als Hebel in Richtung eines breiten Einsatzes erneuerbarer Energien verstehen. Die Politik hat darauf bereits in vielfälti- ger Weise reagiert und Weichenstellungen vorgenommen, damit erneuerbare Energien zu- künftig auch vermehrt zum Einsatz kommen und langfristig fossile Energieträger gänzlich ab- lösen können. 2.2.1 Supranationale Ebene und Europäische Union Auf der supranationalen Ebene sind aktuell hauptsächlich die Klimakonferenz von Kopenha- gen, das Kyoto-Protokoll und die Konferenz von Bali zu nennen. Da der Klimagipfel von Ko- penhagen nicht den erhofften Durchbruch und die damit einhergehenden verbindlichen Ver- pflichtungen zur globalen Reduktion von Treibhausgasen brachte, ist ein neuer Gipfel Ende 2010 in Mexiko anberaumt worden. Von dieser Konferenz erhoffte man sich das, was in Ko- penhagen nicht erreicht wurde, nämlich die verbindliche Verpflichtung möglichst aller Staa- ten zur CO2-Reduktion und damit ein Anknüpfen an die bindenden Beschlüsse des Kyo- to-Protokolls, wo eine deutliche Absenkung der CO2-Emissionen gegenüber dem Referenz- jahr 1990 vereinbart wurde. Darüber hinaus war es erklärtes Ziel dieses Umweltgipfels, auch Staaten wie die USA und aufstrebende Schwellenländer (wie China, Indien, Brasilien) zu bin- denden CO2-Reduktionszielen zu bewegen (UNFCCC 2010). Diese Erwartungen wurden nur teilweise erfüllt: Deutschland verpflichtete sich als einziges Land, seine CO 2-Emissionen bis 2020 um 40 % im Vergleich zu 1990 zu reduzieren. Eine konkrete Zahl, wie stark die Emis- sionen bis 2020 absinken sollen, wurde in Cancun weiterhin nur für die Staaten vereinbart, die dem 1997 vereinbarten Kyoto-Protokoll angehören. Diese wollen sich am Weltklimarat IPCC orientieren, der ein Minus von 25 bis 40 % gegenüber 1990 gefordert hat. Große Emit- tenten wie China und die USA, die nicht dem Kyoto Abkommen unterliegen, nannten keine konkreten Reduktionsziele. Auf europäischer Ebene wurden ebenfalls Richtlinien erlassen, die den Ausbau einer regene- rativen Energieversorgung und damit eine CO2-Ausstoßminderung fördern sollen. Zu nennen wäre hier als wichtigste die Erneuerbare-Energien-Richtlinie (EE-RL) der EU. In Abs. 3 I (RL 2009/29/EG:L140:63) ist festgelegt, dass der Gesamtenergieverbrauch der EU bis 2020 zu einem Fünftel durch erneuerbare Energien gedeckt werden soll. Im Hinblick auf Biomasse, die derzeit mit etwa 70 % den größten Teil am Gesamtträgervolu- men erneuerbarer Energien in der Bundesrepublik abdeckt (BMU 2009a), erscheinen noch andere Verordnungen als relevant. So schreibt die EU-Biokraftstoff-Richtlinie bis 2010 eine Beimischungsquote von 5,75 % Biokraftstoffen an fossilen Kraftstoffen vor (RL 2003/30/EG: 8
Institut für Geographie Arbeitsgruppe Regionalklima und Nachhaltigkeit L123:45, ab 2011 gelten 10 %!). Angesichts des großen Bedarfes an Kraftstoffen vor allem für den Verkehr ist somit auch der Bedarf an Biokraftstoffen erheblich, bedenkt man, dass sich in diesem Bereich nahezu 100 % auf der Basis von Verbrennungsmotoren bewegen und alternative Antriebstechniken noch nicht massenmarktfähig sind. Der daraus abzuleiten- de hohe Flächenbedarf für den Energiepflanzenanbau führt zwangsläufig zu Konkurrenzen mit anderen Flächennutzungen (Nahrung, Natur). Deshalb sieht sich die Biomasse als Ener- gielieferant in letzter Zeit wachsender Kritik ausgesetzt. In der EU hat man darauf mit Art. 17 der EE-RL reagiert und Nachhaltigkeitskriterien für flüssige Kraftstoffe aus Biomasse formu- liert (RL 2009/28/EG:L140:18). Für gasförmige und feste Brennstoffe sollen derzeit ebenfalls Kriterien erarbeitet werden (ebd. Art. 19). Die Nachhaltigkeitsproblematik beim Energiepflanzenbau rückt in Verbindung mit der Regio- nalplanung auch die EU-Agrarpolitik in den Fokus. Es stellt sich die Frage, wie eine allzu in- tensive Landnutzung für Energiepflanzen zu ungunsten von Klima- bzw. Landschaftsschutz, Natur, Nahrung, Boden und Wasser durch regionalplanerische Koordination unterbunden werden kann (Thrän et al. 2009). Beispielhaft sei hier die Verengung von Fruchtfolgen durch den großflächigen und fortwährenden Maisanbau zu nennen, der die Biotop- und Erholungs- funktion einer Landschaft schädigen kann (Wiehe et al. 2009). Weiterhin stellt die Umwand- lung von Dauergrünland in Ackerflächen ein Problem dar, denn Dauergrünland fungiert in Mitteleuropa als CO2-Senke und weist bei extensiver Nutzung eine hohe Biodiversität auf. Außerdem geht von großflächigen Äckern eine gesteigerte Erosionsgefahr aus. Der Energie- pflanzenanbau unterliegt beim Pestizideinsatz auch nicht den strengeren Nahrungsmittelvor- schriften (SRU 2007). Ergo stellt die Art und Weise der Bewirtschaftung der Region einen Raum beeinflussenden Vorgang dar. Somit bilden EU-Agrarpolitiken ebenso einen Rahmen regionalplanerischen Agierens und Reagierens. Zu nennen wären hier u. a. die Cross Compliance 1 oder Agrarför- derungen (z.B. ILEK, LEADER+), die sich indirekt auf die Gestalt einer Region auswirken. Für die Regionalplanung ist es daher in Zukunft empfehlenswert, in Absprache mit den Fachbe- hörden Fachplanungen so durchzuführen, dass Schutzgüter durch den Energiepflanzenbau so gering wie möglich beeinträchtigt werden. Für eine wirklich effektive Standortsteuerung mit den Instrumenten der Landschaftsplanung sind allerdings auf europäischer wie auf Bun- desebene nach Ludwig (2010) umfangreiche Gesetzesänderungen notwendig. 2.2.2 Bundesebene Das wohl bedeutsamste Gesetz für die Nutzung erneuerbarer Energien ist das „Erneuerba- re-Energien-Gesetz“ (EEG), das mit Veränderungen seit dem Jahr 2000 in Kraft ist. Es soll „eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung […] ermöglichen und den Beitrag Er- neuerbarer Energien an der Stromversorgung deutlich […] erhöhen“ (§ 1 EEG). Von Anfang an garantierte das Gesetz eine fixe Vergütung für die Einspeisung von Strom in das Netz. Eine gesetzes-immanente Degression der Einspeisevergütung führt zu einer Anpassung an die sinkenden Kosten für die Anlagen (Photovoltaik-Module, Windkraftanlagen, etc.). 1 Cross Compliance bedeutet, dass die Herstellung im Einklang mit den unter der Überschrift „Um- welt“ aufgeführten Bestimmungen des Anh. II der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 vom 19.01.2009, ABl. Nr. L 30 S. 16, erfolgen muss. Dazu zählen im Wesentlichen die einschlägigen europäischen um- weltrechtlichen Vorschriften, wie z.B. die Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 79/409/EWG vom 2. April 1979, ABl. L 103 S. 1). Außerdem sind die Mindestanforderungen für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand im Sinne von Art. 6 i.V.m. Anh. III dieser Verordnung zu beachten. Bei- spielsweise müssen Landwirte „alle landwirtschaftlichen Flächen, insbesondere diejenigen, die nicht mehr für die Erzeugung genutzt werden, in gutem landwirtschaftlichen und ökologischem Zustand … erhalten“. 9
Institut für Geographie Arbeitsgruppe Regionalklima und Nachhaltigkeit Weiterhin beschloss die Bundesregierung auf ihrer Klausurtagung im Sommer 2007 ein Eck- punkte-Papier zum Klimaschutz (Meseberger Beschlüsse), aus welchem hervorgeht, dass der Anteil der erneuerbarer Energien an der Gesamterzeugung bis 2020 auf 25-30 % anstei- gen soll. Im Bereich der Wärmenutzung wurde Anfang 2009 das Erneuerbare-Energien-Wär- me-Gesetz (EEWärmeG) verabschiedet, das den Anteil der EE an der Wärmeerzeugung bis 2020 auf 14 % steigern soll und eine Nutzungspflicht bei Neubauten vorschreibt. Das „Energiekonzept für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energiever- sorgung“ der deutschen Bundesregierung vom September 2010 legt darauf aufbauend eine Langzeitstrategie zum Ausbau erneuerbarer Energien und zur Steigerung der Energieeffizi- enz vor. Bis 2050 sollen 60 % des Bruttoendenergieverbrauches gestaffelt (2030: 30 %, 2040: 45 %) aus erneuerbaren Energien gewonnen werden. Im gleichen Zeitraum soll der erneuerbare Anteil an der Stromversorgung mit Zwischenschritten im Jahr 2050 80 % betra- gen (2020: 35 %, 2030: 50 %, 2040: 65 %). Bis 2020 soll der Primärenergieverbrauch ge- genüber 2008 um 20 % und bis 2050 um 50 % sinken. Dazu wird ein massiver Ausbau der Windenergie und ein deutschland- und europaweiter Leitungsnetzausbau mit angeführt (BMWi, BMU 2010). Für den Bereich der Biomassenutzung ist annähernd analog zum EU-Recht auch in Deutsch- land ein Biokraftstoffquotengesetz in Kraft, das bis 2014 die Quote von 6,25 % festlegt (BGBl. I:3180) und auch für Deutschland verdeutlicht, dass zum Erreichen dieser Quote eine hohe Anzahl an landwirtschaftlicher Fläche in Anspruch genommen werden muss, woraus wiederum Konkurrenzen zu anderen Ackerkulturen entstehen. Schon jetzt wird der neue Ot- to-Kraftstoff „E 10“ eingeführt, der einen 10 %-igen Anteil an Biokraftstoff hat. In Gesetzen zur Raumordnung sind ebenfalls Vorgaben zur Nachhaltigkeit gemacht, aller- dings auf sehr allgemeinem Niveau. So besagt § 1 Abs. 2 BROG, dass das Prinzip der Nach- haltigkeit ein Leitbild der Raumordnung ist. Nach § 4 Abs. 1 BROG ist die Regionalplanung als Raumordnungsorgan dieser Vorgabe insofern verpflichtet, als dass sie alle raumbedeut- samen Planungen auch behandeln muss. Dies kann z. B. in formellen Plänen geschehen. Raumbedeutsam ist ein Vorhaben, durch das die räumliche Entwicklung oder Funktion eines Gebietes beeinflusst wird (vgl. § 3 Nr. 6 BROG). Im Hinblick auf Geothermie oder Wasser- kraft dürften mitunter auch schon mittlere Vorhaben raumwirksam sein, da sie geo- oder ökologisch erheblichen Einfluss auf die Umgebung haben können. Das BauGB ist ein weiterer zentraler Punkt bei der Rahmengestaltung für erneuerbare Ener- gien. Bis jetzt ist nur Wind- und Wasserkraft und mit Einschränkungen Bioenergie durch die- sen Gesetzestext nach § 35 Abs. 2 BauGB als privilegiert einzustufen. Nur privilegierte Vor- haben können ohne weitere kommunale Planung umgesetzt werden Durch § 35 Abs. 3 BauGB kommt hier der Regionalplanung direkt durch den so genannten Planungsvorbehalt eine Bindungswirkung gegenüber privaten Akteuren zu. Solarenergie und Geothermie wer- den danach nicht als privilegierte Vorhaben angesehen. Hier kann die Regionalplanung nur mittelbar Einfluss nehmen, nämlich über den § 1 Abs. 4 BauGB, der z. B. Gemeinden bei ih- rer Bauleitplanung zur Anpassung an die Ziele der Raumordnung verpflichtet. Im Bereich der Bundesregierung existieren offenbar Überlegungen, dies zu ändern. Ein vom Bundesministe- rium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) in Auftrag gegebenes Gutachten äußert sich zu Fragen der Geothermie in dieser Richtung (vgl. BMU 2009c). Weiterhin gibt die Bundesebene fachrechtliche Gesetze vor, an deren Vorgaben sich das re- gionalplanerische Instrumentarium auszurichten hat. Allem voran sind hier das Boden-, Was- ser- und Naturschutzrecht zu nennen, über welche sich z. B. Ausschlusskriterien zu be- stimmten Nutzungen für bestimmte schützenswerte Flächen formulieren lassen. Allerdings existieren bei diesen Gesetzen Lücken, die bei Fachbehörden oder der Raumordnung die ef- fektive Eindämmung eines übermäßigen Energiepflanzenanbaus erschweren. So fehlt z. B. in § 5 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG ein generelles Verbot des Grünlandumbruchs. Eine gewisse 10
Institut für Geographie Arbeitsgruppe Regionalklima und Nachhaltigkeit Steuerung der Installation von Energieanlagen ist über fachplanerische Elemente dennoch möglich. Die §§ 8ff. BNatSchG erlauben der Landschaftsplanung die Formulierung von Aus- schlusskriterien, wonach bestimmte Energiemedien in bestimmten Räumen von einer För- derung ausgeschlossen sind. Allerdings entbehrt die Landschaftsplanung der Außenwirk- samkeit. Nur die Überführung in Raumordnung und Bauleitplanungen führen zu verbindli- chen Grundlagen. 2.2.3 Thüringen In Thüringen sind erneuerbare Energien ebenfalls bei der Landesplanung enthalten (G 4.2.4 Landesentwicklungsplan - LEP Thüringen). Allerdings sind die Aussagen dort relativ unscharf und geben keine Anweisung zu konkreten Handlungen. Nur ein Anteil von 10 % erneuerbare Energien am Primärenergieverbrauch bis 2010 wird geplant. Ansonsten werden keine kon- kreten Aussagen gemacht. Ebenfalls unkonkret bleibt das Thüringer Landesplanungsgesetz, ermöglicht der Regionalplanung in Thüringen aber die Behandlung von raumbedeutsamen Vorhaben in Regionalplänen (§ 8 Abs. 3 ThürLPlG). Grundsätzlich sind damit alle raumbe- deutsamen Projekte gemeint, denn eine Einschränkung auf bestimmte Energieerzeugungs- arten ist aus diesem Gesetz nicht ersichtlich. Konkreter wird die „Energie- und Klimastrate- gie Thüringen 2015“, die konkrete Zielfestlegungen zu Steigerungsraten von erneuerbaren Energien macht. Bis 2020 soll ihr Anteil bei 22 % liegen (TMWAT 2009). Dabei wird schon wesentlich konkreter auf mögliche Handlungen eingegangen. Ihr fehlt allerdings der Geset- zescharakter. 2.3 Vorausschau künftiger regionalplanerischer Anforderungen Resümee und Perspektiven Die räumliche Steuerung erneuerbarer Energien ist mit jetzigen Instrumentarien oft nur indirekt und über Fachplanungen machbar. Dennoch kann und sollte eine überfachliche Standort- und Vernetzungsplanung mit großen Synergien und minimierten negativen Ef- fekten für Natur und Umwelt soweit möglich praktiziert werden. • Anders als bei der Landesplanung existieren auf der Regionalplanungsebene oft flä- chenscharfe, kartographische Gebietsfestlegungen. Dies erleichtert Abstimmungs- prozesse. Die Ausweisung von Flächen für bestimmte Nutzungen ermöglicht Stand- ortsteuerung und Ausgeglichenheit zwischen Raumfunktionen. • Die Regionalplanung eignet sich besonders zur überfachlichen und interkommunalen Koordination. Die Landesplanung erscheint zu grobräumig, Kommunalplanung zu we- nig regionsfokussiert. Daher besteht zukünftig die Aufgabe der RP im vernetzten Zu- sammenwirken mit Fachbehörden und Akteuren und im Einsatz formeller und infor- meller Instrumente, um im Konsens „best practice“-Lösungen zu finden. Der Regio- nalplaner wird zum Regionenmanager. • Die Standortbezogenheit und Raumbedeutsamkeit erneuerbarer Energien erfordern die vorausschauende Ausweisung geeigneter Flächen für alle Belange im Kontext moderner Energiesysteme im regionalen Konsens. Nur durch Überzeugung und Kon- sensbildung ist eine optimale Standortsteuerung gewährleistet. Dadurch wird die RP zur Informations- u. Servicestelle für Akteure. Ausgehend von den skizzierten rechtlichen Rahmenbedingungen wird im Folgenden darge- legt, welche zukünftigen Handlungsmöglichkeiten für regionalplanerisches Arbeiten daraus 11
Institut für Geographie Arbeitsgruppe Regionalklima und Nachhaltigkeit ableitbar sind. Wie die rechtliche Situation gezeigt hat, wird zwar immer wieder der politi- sche Wille gezeigt, den Ausbau der erneuerbaren Energien voranzutreiben, jedoch mangelt es an Instrumenten zur direkten und effektiven regionalplanerischen Umsetzung. Das Bei- spiel des Biomasseanbaus zeigt, dass ein unkontrollierter Ausbau dieser Art der Energiege- winnung ohne planerische Rahmensetzung oft nachteilige Folgen für Bevölkerung, Umwelt und Klima hat. Der ungebremste Wildwuchs von Bioenergiemonokulturen – gerade in den östlichen Bundesländern – begünstigt durch das Auslaufen von Pachtverträgen, dem Verkauf an meist bietende Investoren und die damit einhergehende Gefahr der Ausräumung vielfälti- ger Ökotope zeugen davon (Der Spiegel 43/ 2010). 2.3.1 Flächenschärfe, Standortbezogenheit und Raumwirksamkeit Zunächst bedarf es der Klärung der Frage, ob Planung, Umsetzung der Gewinnung und Nut- zung erneuerbarer Energien allein auf Bundes- und Landesebene diesem Anspruch in ent- sprechendem Maße gerecht werden, oder ob eine Planung auf regionaler Ebene nicht ihren Beitrag zu einer effektiveren Energieerzeugung einerseits und einer besseren Allokation der Energie andererseits leisten soll – wenn nicht sogar muss. Diese Notwendigkeit erschließt sich auch aus der zunehmenden Dezentralisierung moderner Energiesysteme, und damit der Zunahme regionaler Planung gegenüber überregionaler. Deshalb soll kurz darauf eingegan- gen werden, was die Regionalplanung von der übergeordneten Bundes- und Landesplanung unterscheidet und worin davon abgeleitet die Positiva regionalplanerischen Arbeitens in Be- zug auf erneuerbare Energien liegen. Zuerst soll auf das Kriterium der (relativen) Flächenschärfe eingegangen werden. Im Gegen- satz zum Bundesraumordnungsgesetz (BROG) und LEP bedient sich die Regionalplanung nicht nur eines Textteils für ihre formellen Ausarbeitungen. Es ist immer auch ein Kartenteil vorhanden, der textliche Festlegungen oft flächenscharf visualisiert. Mit GIS-Techniken lässt sich ein bestimmtes Gebiet sehr genau festlegen. Dies ist im Vergleich zu übergeordneter Planung ein großer Vorteil der regionalen Ebene, denn nachgeordnete Ebenen sind damit z.B. bei ihrer Flächennutzungsplanung ortsgenau über Vorgaben informiert bzw. daran ge- bunden. Der Abstimmungsaufwand verringert sich dadurch enorm und es liegt von Beginn an Klarheit vor. Auch in Bezug auf erneuerbare Energien kommt dem Element der Flächenschärfe heute und in Zukunft große Bedeutung zu. Mit diesem Instrument lassen sich auch jenseits fachplane- rischer Restriktionen Negativräume definieren, wo die Energieerzeugung aus regenerativen Quellen ausgeschlossen ist bzw. für andere Schutzgüter ein Vorrang eingeräumt wird. Bei- spielhaft sei hier auf Vorranggebiete für Waldmehrung verwiesen, die in Zusammenarbeit mit den Naturschutzbehörden aufgestellt werden könnten. Damit würde erstens flächen- scharf festgelegt, wo erneuerbare Energien gefördert werden können, und zweitens ließe sich damit ein „Wildwuchs“ von Kraftwerksstandorten begrenzen. Der damit verbundenen Landschaftsveränderung und dem Fortschreiten des Flächenverbrauchs werden somit Gren- zen gesetzt. Ein Landesentwicklungsprogramm kann dies nicht leisten, denn erstens fehlt die Flächen- schärfe und zweitens sind Aussagen u. a. zu erneuerbaren Energien und Nachhaltigkeit recht allgemein gehalten. Somit ist es in Zukunft umso mehr eine Anforderung an die Regio- nalplanung, mit Fachbehörden und lokalen Akteuren passgenau und überzeugend zusam- menzuarbeiten und die daraus entstehenden Synergien vorausschauend in eine ausgewoge- ne Regionalplanung umzusetzen. Somit können Fehlentwicklungen von Anfang an ausge- schlossen werden. (Ludwig 2010). „Nur der Überblick über das Ganze ermöglicht den Ver- gleich, lässt Defizite und etwaige Übertreibungen erkennen“ (Spitzer 1995). Hierin liegt der große Vorteil der Regionalplanung als mittlere Planungsebene. 12
Institut für Geographie Arbeitsgruppe Regionalklima und Nachhaltigkeit Damit einher geht der Begriff der Standortbezogenheit. Jede Ressource – und somit auch erneuerbare Energien – hat gewisse Anforderungen an den Raum. Andererseits treten mög- liche Konflikte mit anderen Nutzungen auf. Deshalb muss sich eine Standortsuche auf Räu- me mit geringem bis keinem Konfliktpotential beschränken. Auch eine räumliche Steuerung für solche Standorte kann damit erfolgen (Peters 2009). Allerdings bedarf nicht jede erneuerbare Energieerzeugungsform einer konkreten Standort- ausweisung; beispielhaft seien kleinflächige Photovoltaikanlagen genannt. Bei großflächige- ren Anlagen ist dagegen standortbezogen sehr wohl die Eignung der Fläche und die Verträg- lichkeit im Raum zu prüfen. Teils ist dies heute bereits Praxis (UVP, SUP, Naturschutzfachli- che Begleitgutachten), doch eine Prüfung etwa auf soziale Verträglichkeit findet nicht statt. Auch hier besteht in Zukunft die Anforderung an die Regionalplanung, dass die frühzeitige Zusammenarbeit mit allen beteiligten öffentlichen Akteuren verstärkt gesucht wird, um über das Fachrecht raumentwicklerisch wirken zu können und negative Entwicklungen möglichst ausgeschlossen werden. Kommunale oder Landesplanung kann dies aufgrund ihrer zugrun- de liegenden Maßstabsebene weniger gut leisten (Eggenberger 2002). Neben der Standortbezogenheit ist die Raumbedeutsamkeit eines Vorhabens relevant, da nur raumbedeutsame Projekte in den Aufgabenbereich der Regionalplanung fallen. Raumbe- deutsam sind in diesem Zusammenhang, wie bereits zuvor erwähnt, Vorhaben oder Planun- gen, „durch die Raum in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung oder Funkti- on eines Gebietes beeinflusst wird, einschließlich des Einsatzes der hierfür vorgesehenen öffentlichen Finanzmittel“ (§ 3 Abs. 6 BROG). Gleichwohl existiert keine allgemeingültige Definition, ab welcher Dimension ein Projekt raumbedeutsam ist. Damit ist immer eine Ein- zelfallprüfung notwendig. In Bezug auf Größenordnungen gilt ein Vorhaben ab etwa 10 ha Größe (im Einzelfall auch darunter) in Thüringen als raumwirksam. Allerdings ist der bloße Blick auf Größenordnungen bei erneuerbaren Energien einer voraus- schauenden Koordination wenig förderlich. Die Installation schon kleiner Anlagen kann je nach ihrer Art erhebliche Auswirkungen auf den Raum haben. Wasserkraftwerke verändern etwa die Strömungseigenschaften und die Wasserpegel eines Flusses nachhaltig. Windkraft sorgt für ein verändertes Landschaftsbild. Geothermische Anlagen können zu Schädigungen des Grundwassers führen und schließlich könnte eine kritische Masse selbst kleinster Bio- masseanlagen unsere Kulturlandschaft durch einen hohen Biomassebedarf nachhaltig verän- dern und verarmen (vgl. BFN 2009). Auch hieraus wird wieder eine zukünftig zu verstärken- de Koordinationsaufgabe der Regionalplanung ersichtlich, die nur in enger Zusammenarbeit mit Fachbehörden und lokalen Akteuren zu bewerkstelligen ist. Solange keine wesentlichen Gesetzesänderungen im Raumordnungsrecht geschehen, muss sich die Regionalplanung umso intensiver über Fachplanungen indirekt in die Regionenentwicklung einmischen, um ihrer koordinierenden und überfachlichen Aufgabe gerecht zu werden. (Ludwig 2010) 2.3.2 Regionalplanung als Regionenmanagement Wie in den vorigen Abschnitten bereits angeklungen, sind sowohl Fachplanungen im Einzel- nen als auch traditionelle Instrumente der Regionalplanung, wie formelle Vorrang-, Vorbe- halts-, Eignungsplanung und informelle Regionale Entwicklungskonzepte separat zur effekti- ven Beplanung einer Region in Bezug auf erneuerbare Energien nicht ausreichend wirksam. Die Gesetzeslage (Raumordnungsgesetze, Fachplanungsgesetze) ergibt keinen wirksamen „Werkzeugkasten“, mit dem eine Standortsteuerung und nachhaltiger Landschaftsschutz immer gewährleistet wäre. Nur das Planen nach Gesetzeslage ist also hier nicht zielführend. Vielmehr sollte regionalpla- nerisches Arbeiten hin zur Regionalentwicklung gehen, wo Probleme und Chancen erkannt und im Plan vorausschauend verarbeitet werden (Eggenberger 2002). Bei erneuerbaren 13
Institut für Geographie Arbeitsgruppe Regionalklima und Nachhaltigkeit Energien ist das Einschlagen dieses Pfades besonders wichtig, da die Abhängigkeit von den erneuerbaren Energien markant zunehmen wird und dies wiederum eine massenhafte In- stallation von Erzeugungsstandorten bedingt, die unser heutiges Landschaftsbild drastisch verändern werden. Um diese Entwicklung möglichst landschaftsschonend auszugestalten, gilt es, nach neuen Wegen zu suchen, die abseits von starren Rechtsverordnungen den Weg ebnen. Ein solcher Weg könnte das Selbstverständnis als Regionenmanagement sein. Hier steht das Bemühen im Vordergrund, mit Fachbehörden und teils auch privaten Akteuren ge- meinsam Lösungen zu entwickeln und kein starres Ziel nur vorzugeben. An einem Szenario des Biomasseanbaus soll dies kurz verdeutlicht werden. Biomassekraftwerke beanspruchen für die Ressourcengewinnung immer größere Flächen. Anstatt nur bejahend oder verneinend aufzutreten, ist es für die Regionalplanung auch ein gangbarer Weg, in Verbindung mit Fachbehörden und Gemeinden Kriterien zu entwerfen, die die Schädigung der Region durch eine solche Anlage minimieren, wobei im Vordergrund immer kontinuierliche und enge Zusammenarbeit, Kontaktpflege und das Schaffen einer Ver- trauensbasis stehen. Die geleistete Überzeugungsarbeit wird schließlich die Gemeinde und Fachbehörden dazu bewegen, dass das Bioheizkraftwerk nur gebaut werden darf, wenn die Biomasse aus der Region stammt, nachhaltig erzeugt wurde und dafür kein Dauergrünland umgebrochen wurde. Ansonsten wäre seitens Fachbehörde der Fluss von Fördergeldern nicht zu befürworten. Aus diesem Beispiel dürfte klar werden, dass hier die Regionalplanung alleine weniger hätte ausrichten können. Nur durch fundiertes Wissen und Beratung bzw. Vertrauen konnte dem Betreiber das Regelungswerk auferlegt werden und die Landschaft wurde vor Raubbau ge- schützt. Neben der verstärkten Kooperation mit anderen Behörden und der Öffentlichkeit sowie ei- nem konzertierten Wirken in eine Richtung (Clusterprinzip) und einem zunehmenden Selbst- verständnis als Servicestelle für Regionenentwicklung besteht für die Regionalplanung eine weitere Methode, direkt Einfluss auf den Standort Erneuerbarer Energien und hier beson- ders der Energiepflanzennutzung hinzuwirken: die Definition von Mengenzielen. In diesem Kontext ist es zwar noch kein gebräuchliches Mittel, aber die Formulierung von Mengenzie- len wird beim Wohnungsbau bereits angewendet. Die Analogie zeigt die prinzipielle rechtli- che Unbedenklichkeit und somit könnten die Mengenziele auch bei erneuerbaren Energien eingesetzt werden, um schädliche Wirkungen auf die Umwelt zu verhindern. Diese Methode soll im Kapitel 2.5.1 näher besprochen werden, da es sich um eine konkrete Planung han- delt. Aus diesen Gründen sollen im nächsten Kapitel die Notwendigkeit der regionalplanerischen Auseinandersetzung mit erneuerbaren Energien und die klaren Vorzüge einer effizienten re- gionalplanerischen Steuerung derer deutlicher herausgearbeitet werden. Ziel ist es, herauszufinden, ob und wie die Regionalplanung mit ihren Zielen, Instrumenten und Aufgaben tatsächlich zu einer Konkretisierung und Vereinfachung des Ausbaus von er- neuerbaren Energien in der Region beitragen kann. Daneben soll die Frage beantwortet wer- den, ob durch eine gezielt auf erneuerbare Energien ausgerichtete „informelle“ Regionalpla- nung für Kommunen nicht ein starker Impulsgeber zur Verankerung solcher Energieerzeu- gung in der Flächennutzungs- und Bebauungsplanung sein kann. Somit liegen eventuelle zu- künftige Anforderungen für die Regionalplanung darin, den Umbau weg von zentraler fossiler Energieversorgung und hin zu einer dezentralen Bedienung der Region auf der Basis von er- neuerbaren Energien effizient und koordinierend mitzugestalten und die Installation notwen- diger Anlagen gegen andere Schutzgüter abzuwägen. 14
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