Bericht des Geschäftsführers 2020 - Kinderwerk Lima
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Bericht des Geschäftsführers 2020 Überblick In den sechs Projekten des KWL wurden 5.150 Schüler von 544 Mitarbeitern unterrichtet. Die Ausbildung umfasst in Südamerika und Burundi den zwei- bis dreijährigen Kindergarten und 11 (in Peru) bzw. 12 (in Paraguay und Burundi) Schuljahre. 886 Schüler erhielten an den vier Standorten in ihren letzten drei Schuljahren eine Berufsausbildung. 356 Jugendliche konnten ihre Schul- bzw. Berufsausbildung erfolgreich abschließen. Nach dem Ausbruch der Pandemie Covid 19 wurden in Südamerika ab Mitte März alle Schulen geschlossen. Ein Präsenzunterricht war das ganze Jahr nicht mehr möglich. In kürzester Zeit musste der Unterricht auf eine digitale Form umgestellt werden. Ein Teil der Schüler aus benachteiligten Verhältnissen verfügte jedoch über keinen digitalen Zugang. Dank umfangreicher Investitionen konnten ab Mitte des Jahres alle Schüler mit einem Zugang zum digitalen Fernunterricht versorgt werden. Der Schulbetrieb in Burundi lief normal. Im Folgenden wird exemplarisch der Umgang mit der Pandemie in den Schulen in Lima und Huanta, Peru bzw. Asunción, Paraguay dargestellt. Schulen und Kinderspeisung in der Pandemie in Lima Die peruanische Regierung verhängte ab dem 17. März einen der härtesten Lockdowns weltweit. Er dauerte mehr als vier Monate. Das öffentliche Leben kam zum Erliegen. Die Wirtschaft wurde extrem heruntergefahren. Teile der Bevölkerung kämpften ums Überleben; v.a. im informellen Sektor der Wirtschaft setzten sich die Menschen lieber dem Risiko einer Infizierung aus als zu hungern. Ab Mitte des Jahres war das Gesundheitssystem überlastet; Peru hatte mehrere Monate die höchste Mortalitätsrate weltweit zu beklagen. Die Familien befinden sich seit einem ganzen Jahr im Dauerstress, weil ihre Kinder seit März so gut wie nicht mehr das Haus verlassen dürfen. Kinder sind traumatisiert, Eltern überfordert, die häusliche Gewalt nimmt erschreckend zu. Erschwerend kam noch die politische Instabilität hinzu. Mehrere amtierende Präsidenten mussten wegen schweren Korruptionsvorwürfen zurücktreten; Minister konnten sich oft nur wenige Wochen im Amt halten. Die vom Kinderwerk unterstützten Gutenbergschulen waren wie fast alle anderen Schulen im Land nicht auf einen digitalen Unterricht vorbereitet. Ein Viertel der Gutenberglehrer waren digitale Analphabeten, die Hälfte der Schüler und Eltern verfügten weder über eine digitale Ausstattung noch entsprechende Kenntnisse. In einer breit angelegten Fortbildungsoffensive wurden die Lehrer im Umgang mit digitalen Medien geschult und ihnen mediendidaktische Kompetenzen vermittelt. Eine digitale Lernplattform wurde eingerichtet. Für 300 Schüler wurden Smartphones mit Internetvertrag gekauft und verliehen; 380 Schülern wurde der Kauf von Schulbüchern über einen digitalen Zugang finanziert. Ab August waren so 99% der Gutenbergschüler in der Lage, am digitalen Fernunterricht aktiv teilzunehmen. Diese Form des Unterrichts stellt jedoch sowohl an Lehrer als auch an die Schüler gesteigerte Anforderungen, die sie unterschiedlich gut bewältigten. Zum Schuljahresende war jedoch bei den meisten eine emotionale Erschöpfung zu beobachten. 1
Der Lockdown der Wirtschaft führte dazu, dass auch viele Eltern ihre Schulgeldzahlungen nicht mehr leisten konnten. Trotz einer Reduzierung der Beiträge um über 30% lag der Zahlungsverzug zeitweise bei 40%. 245 Schülern wurden zusätzliche Nachlässe auf ihre hoch subventionierten Schulgeldbeiträge gewährt. Diese finanzielle Schieflage konnte nur durch schmerzliche Einschnitte bei den Personalkosten ausgeglichen werden. Die Zahl der Mitarbeiter sank von 310 am Jahresanfang auf 257 zum Jahresende. Die Sicherstellung der materiellen Versorgung der Schul- und Kinderspeisungsfamilien mit Lebensmitteln hatte in der Pandemie höchste Priorität. Von April bis Dezember wurden acht umfangreiche Lebensmittelverteilaktionen für jeweils 5.000 Familien bzw. 23.000 Personen durchgeführt. Der Wert jedes Lebensmittelpaketes belief sich auf 10 Euro. Außerdem wurden in den Armensiedlungen der Kinderspeisung bei vier Aktionen jeweils 25 „comunidades“ mit 2.500 Personen mit Lebensmitteln versorgt. Die tägliche Kinderspeisung für die 2.500 Kinder konnte nicht stattfinden. Die Familien dieser Kinder, sowie die 300 Teenagermütter waren Teil der monatlichen Lebensmittelverteilaktionen. Mit Beginn des peruanischen Sommers im Dezember hatte sich die Pandemiesituation zunächst etwas entspannt. Nach Auftreten der Mutationen schnellten die Infektionszahlen jedoch wieder nach oben und ab Februar wurde ein erneuter totaler Lockdown im Land verhängt. Damit ist die Rückkehr in einen Präsenzunterricht in weite Ferne gerückt. Mindestens bis September 2021 werden die Schulen voraussichtlich geschlossen bleiben. Trotzdem werden alle Schüler zuverlässig an jedem Schultag unterrichtet – jedoch weiterhin nur online über die digitale Lernplattform. Schule in Huanta in der Pandemie In der Gutenbergschule in Huanta wurde ein leistungsstarker Internetknotenpunkt eingerichtet, um einen digitalen Unterricht zu ermöglichen. 100 Tablets wurden gekauft und an bedürftige Schüler ausgeliehen; außerdem wurden 26 Antennen für den Internetempfang von Schulfamilien zuhause installiert. Bei drei Lebensmittelaktionen mit Verteilung von Hygienesets wurden jeweils 2.500 Personen versorgt. Die Zeit, in der die Schulgebäude leer standen, wurde genutzt, um anstehende Reparaturarbeiten durchzuführen. Fenster und Türen wurden gestrichen, das Dach im Obergeschoss der Primaria gedämmt. Aufgrund des akuten Gesundheitsnotstandes in den ländlichen Gebieten im Hochland wurde die medizinische Hilfe auch auf die Gesellschaft ausgeweitet. Das städtische Krankenhaus in Huanta erhielt vier Sauerstoffkonzentratoren für ihre schwer erkrankten Covid 19-Patienten. Die Mitarbeiter in den lokalen Gesundheitsposten wurden mit 25 Messgeräten für den Sauerstoffgehalt im Blut, Schutzanzügen und weiterem medizinischen Bedarf versorgt. Schule in Asunción in der Pandemie Der Lockdown in Paraguay war ähnlich hart und lang wie in Peru. Es gab jedoch viel weniger Infizierte und vergleichsweise wenige Covid-19 Tote. Auch in der Gutenbergschule in Asunción wurde nach der Umstellung auf Fernunterricht zuerst in die Installation eines leistungsfähigen Internets investiert. In einer lokalen solidarischen Hilfsaktion wurden 450 Familien mit Lebensmitteln versorgt; einige Dutzend gebrauchte Smartphones wurden gespendet und an bedürftige Schüler weitergegeben. Ganz besonders gut ist die Kommunikation zwischen Schule – Lehrer – Eltern – Schülern gelungen. Von April bis Juni fanden in der schwierigsten Phase des Lockdown drei große, exzellent vorbereitete 2
Eltern- und Schülerversammlungen mit den 1.500 Gutenbergfamilien statt. Dabei wurde die Schulpolitik erklärt, musikalische Beiträge vorgetragen, Mut machende Botschaften der Pastoren weitergegeben, auch Beiträge von Schülern fanden Platz. Die wichtigste Botschaft, die Eltern und Schüler als Feedback gaben, war: „Die Schule hat sich während des Lockdowns um jeden von uns gekümmert.“ So entstand ein starkes Gefühl des Zusammenhalts der Schulgemeinschaft. Nur so ist zu verstehen, dass es in Gutenberg Asunción während des ganzen Pandemiejahres keine Schulabbrecher gab. In einer unglaublichen Kraftanstrengung gelang es, für die Abschlussklassen am Schuljahrende zwei Wochen Präsenzunterricht zu ermöglichen - unter Einhaltung der fast unerfüllbaren Hygienevorschriften des Ministeriums. Nach 14 Schuljahren sollten sie einen würdigen Schulabschluss erleben. Der Aufwand war riesig; statt zwei großen Abschlussfeiern mussten 14 kleine, festlich gestaltete Feiern mit Abstand durchgeführt werden. Bauliche Maßnahmen Anfang des Jahres wurden unmittelbar vor dem Lockdown in der Schule in Comas umfangreiche Renovierungsmaßnahmen durchgeführt. Ein 100 m langes Stück der Grenzmauer wurde zur Erdbebenprävention durch eine Armierung verstärkt; zur besseren Überwachung wurde ein Alarmsystem installiert; zum Schutz vor UV-Strahlung wurde der Sportplatz überdacht. Für die frühkindliche Förderung der Kleinkinder zwischen 18 Monaten und drei Jahren wurden in Comas zwei Räume in modularer Bauweise eingerichtet. Aufgrund der Pandemie konnten diese Räume bisher noch nicht für Präsenzveranstaltungen genutzt werden. Die jungen Mütter standen aber das ganze Jahr über wöchentlich in Kontakt mit den Erzieherinnen. Sie erhielten im Rahmen der digitalen Möglichkeiten das ganze Jahr über Programmangebote und Begleitung. Der geplante Bau des neuen Kindergartens in El Agustino musste wegen der Pandemie auf unbestimmt verschoben werden. Nach vielen Verzögerungen konnte am Ende des Jahres der Bau der Pausenhofüberdachung in der Schule in Huanta realisiert werden. Die Überdachung bietet sowohl Schutz vor der aggressiven UV- Strahlung im Andenhochland, als auch vor Nässe in der Regenzeit. In Asunción wurde der Versammlungsraum um 60 – 80 Personen erweitert. Künftig können bis zu 250 Personen an Veranstaltungen teilnehmen. Davon profitiert sowohl die Schule als auch die wachsende christliche Gemeinde, die sich dort sonntags versammelt. Gleichzeitig wurden weitere Büros und Kleingruppenräume für die Gemeindearbeit geschaffen. In Santani konnten die tragenden Stützpfeiler und das Dach für eine Turn- und Festhalle errichtet werden. Sie ist ausgelegt für bis zu 900 Besucher. In einem späteren Bauabschnitt sollen die Wände eingezogen, der Boden betoniert und die Innenausstattung ergänzt werden. Das Dach ermöglicht aber jetzt schon bei Großveranstaltungen Schutz vor Regen und Sonne. Beide Projekte in Asunción und Santani werden aus nationalen Mitteln finanziert. Schule und Dorfentwicklung in Burundi In Burundi gab es weder in den Schulen noch in den Dorfentwicklungsprojekten wesentliche Einschränkungen aufgrund der Pandemie. Die Schule fand ganzjährig als Präsenzunterricht statt. Hygieneregeln wurden eingeführt. Der langjährig autokratisch regierende Präsident Pierre Nkuruziza kandidierte nicht mehr für die anstehenden Wahlen im Mai. Ex-General Evariste Ndayishimiye trat die Nachfolge an. 3
Bei den nationalen Abschlussprüfungen in Klasse 9 erzielten die Schüler unserer Harvest- Partnerschule in Muramvya herausragende Ergebnisse. Obwohl erst der 2.Jahrgang das Examen ablegte, erreichten sie die besten Noten in der ganzen Provinz Muramvya und belegten landesweit den 5.Platz. Eine erstaunliche Erfolgsgeschichte nach so kurzer Zeit für eine noch im Aufbau befindliche Schule. Die 2019 gestartete Berufsschule wurde weiter ausgebaut. Zwei neue berufliche Ausbildungen kamen hinzu. Neben „Bautechnik“ und „Lebensmittelverarbeitung“ werden jetzt auch künftige „Näher“ und „Bauhelfer“ unterrichtet. Für die sportliche Betätigung und künftige Wettkämpfe wurde ein betonierter Volley- und Basketballplatz mit Zuschauertribüne angelegt. Eine Überschwemmungskatastrophe im April raubte den Menschen in weiten Teilen des Landes ihre Existenzgrundlage. Durch Bodenerosion wurde das Saatgut auf den Feldern weggeschwemmt. Die folgende Missernte bedeutete Hunger für die Menschen auf dem Land. Das KWL leistet Hungerhilfe. In vier Lebensmittelverteilaktionen leistete das KWL Hungerhilfe und sicherte für jeweils 4.500 Personen das Überleben. Im Dorfentwicklungsprojekt in Busiga konnte ein weiteres Stück Ackerland gekauft und den mittellosen Batwa-Familien zur Bewirtschaftung zur Verfügung gestellt werden. Diese Maßnahme dient der Ernährungssicherung und reduziert ihre Vulnerabilität. Die für März geplante Ausreise einer pädagogischen Fachkraft zur Unterstützung der Lehrer vor Ort musste wegen der Pandemie verschoben werden. Im Februar 2021 hat die Pädagogin Aurélie Hirschler aus Frankreich mit Unterstützung durch das Kinderwerk ihren Dienst in der Harvest- Partnerschule in Muramvya aufgenommen. Geistliche Arbeit Die Pastoren in den Schulen in Südamerika haben nach der Schulschließung sehr schnell auf Online- Formate umgestellt. Sie sendeten an jedem Schultag kurze ermutigende christliche Botschaften an die Schüler, die Eltern und die Lehrer. So vermittelten sie gelangweilten Schülern, überforderten Lehrern und gestressten Eltern, dass sie nicht alleingelassen sind und die Mitarbeiter der Schule ihnen zur Seite stehen. In vielen Tausend Telefonaten und Videogesprächen kümmerten sich neben den Pastoren auch die Psychologen, Sozialarbeiter und Lehrer ganz individuell und persönlich um die vielfältigen Sorgen und Nöte der Schulfamilien. Patenschaften Der Schulbesuch der Kinder und Jugendlichen aus benachteiligten Familien wird wesentlich durch Patenschaften aus D/CH finanziert. In Burundi erhielten fast alle Schüler ein Stipendium, in Peru 75%, in Paraguay knapp die Hälfte. In Peru nahm die Zahl der Schulabbrecher deutlich zu, Paten verloren ihr Patenkind. Das digitale Format des Unterrichts erfordert von den Schülern ein viel höheres Maß an Eigenmotivation und Durchhaltevermögen – damit sind manche Kinder überfordert, die von zuhause keinerlei Unterstützung erhalten. Von den insgesamt 2.071 Patenschaften in D/CH konnten 260 neu vermittelt werden. Zusätzlich wurden 139 Patenschaften von nationalen Paten und 38 von nationalen Firmen übernommen. 4
Internationaler Austausch und Öffentlichkeitsarbeit Vier Mitarbeiter aus Deutschland und der Schweiz sind nach Peru entsandt. Die sechs Volontäre in Asunción, Santani und Huanta mussten ihre Praktika im März nach wenigen Wochen wegen der Pandemie abbrechen. Alle Besuche und Begegnungen zum internationalen Austausch fielen der Pandemie zum Opfer. Auch der Missionsleiter konnte die Kontakte nach Südamerika und Burundi nur über virtuelle Konferenzen pflegen. Die Mitarbeiter des KWL präsentierten die Arbeit des KWL auf der Jugendmissionskonferenz in Stuttgart. Alle weiteren Großveranstaltungen wurden abgesagt. Auch das Jahresfest fand Online statt. Einsätze in Gemeinden und Schulen konnten nur in stark reduziertem Umfang wahrgenommen werden. Die Kommunikation mit den Freunden und Unterstützern wurde um digitale Formate erweitert. Zuerst wöchentlich, später vierzehntägig wurde in einem „KWL-TV-Magazin“ über die Arbeit berichtet. Die Präsenz des KWL auch in Monaten der strengen Kontaktbeschränkungen wurde von den Spendern äußerst positiv aufgenommen. 5
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