Arbeitsrechtliche Folgen einer Pandemie - Hinweise für die Praxis 28. Januar 2020 - DEHOGA ...

 
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Arbeitsrechtliche Folgen einer Pandemie
Hinweise für die Praxis

28. Januar 2020

                                                  weiterhin verpflichtet, die ihm übertragenen
Ausgangslage
                                                  Aufgaben zu erfüllen, sowie den Anordnun-
Zwar hat die Weltgesundheitsorganisation          gen der Vorgesetzten Folge zu leisten. Es ob-
(WHO) nach Auftreten des neuartigen               liegt dem Arbeitgeber, einzelne Arbeitnehmer
Coronavirus in China und den USA keine            in Ausnahmefällen (bei einer unmittelbaren
„gesundheitliche Notlage von internationaler      Gefahr für Leben oder Gesundheit) von ihrer
Tragweite" ausgerufen. Dennoch steigt die         Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung zu
Zahl der Infizierten weiter und auch in           entbinden.
Deutschland ist die erste Infektion mit dem
                                                  Ein          Zurückbehaltungsrecht           nach
Virus bestätigt worden.
                                                  § 273 Abs.1 BGB kommt für in Deutschland
Eine solche Pandemie kann Auswirkungen            tätige Arbeitnehmer bei der Rückkehr eines
auf das Wirtschaftsgeschehen in Deutschland       Mitarbeiters aus einer gefährdeten Region -
haben. Von ihrer Intensität hängt es ab, wie      einer Region, die von einer Reisewarnung be-
stark Betriebe im Einzelnen erfasst werden        troffen ist - ebenfalls nicht in Betracht. Der Ar-
und ob Arbeitsabläufe im gewohnten Umfang         beitgeber kann aber bei erkennbaren Risiken
sichergestellt bleiben. Ebenso stellt sich die    aufgrund seiner arbeitsrechtlichen Fürsorge-
Frage, welche Auswirkungen das Virus für          pflicht gehalten sein, mögliche Ansteckungen
den Einsatz von Arbeitnehmern außerhalb           durch zurückkehrende Arbeitnehmer über
Deutschlands hat.                                 Aufklärungs- und andere Vorsichtsmaßnah-
                                                  men zu verhindern.
Die folgenden Ausführungen geben einen
Überblick über arbeitsvertragliche Folgen,        Auf Wunsch des in Deutschland tätigen Ar-
wenn Arbeitnehmer wegen des Coronavirus           beitnehmers kann der Arbeitgeber diesen
nicht beschäftigt werden und über die Auswir-     ohne Bezahlung freistellen. Der Arbeitgeber
kungen auf Entsendungen von Arbeitneh-            ist bei dieser Entscheidung frei.
mern in das Ausland. Zudem wird dargestellt,
                                                  2. Betriebsrisiko
welche Vorbereitungshandlungen getroffen
werden können, um innerbetriebliche Folgen        Sollte der Arbeitgeber im Fall der Erkrankung
möglichst einzugrenzen.                           einer großen Zahl von Arbeitnehmern den Be-
                                                  trieb nicht aufrechterhalten können, trägt er
I. Arbeitsverhältnisse in Deutschland
                                                  das Betriebsrisiko, soweit Arbeitnehmer ar-
Nach Ausbruch einer neuartigen Virus-Er-          beitswillig und fähig sind. Folgende Maßnah-
krankungswelle stellen sich unterschiedliche      men können helfen, um übermäßige Belas-
arbeitsrechtliche Fragen, die die gegenseiti-     tungen abzuwehren:
gen Verpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag
                                                  ▪   Der Arbeitgeber kann in Abstimmung mit
betreffen.
                                                      dem Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 3
1. Pflicht zur Arbeitsleistung                        BetrVG Kurzarbeit anordnen, um den Be-
                                                      trieb durch Senkung der Personalkosten
Die Pflicht zur Arbeitsleistung wird grundsätz-       vorübergehend wirtschaftlich zu entlas-
lich nicht berührt. Dem Arbeitnehmer steht            ten. Sofern kein Betriebsrat vorhanden
kein generelles Zurückbehaltungsrecht zu,
                                                      ist, kommt Kurzarbeit in Frage, soweit
weil sich die Wahrscheinlichkeit einer Anste-
                                                      dies einzelvertraglich vereinbart ist.
ckung z. B. auf dem Weg zur Arbeit oder
durch Kontakte am Arbeitsplatz erhöht. Er ist
▪   Im Falle eines Zulieferstopps aufgrund                     die die Sicherheit und Gesundheit der Be-
    des Coronavirus ist die Gewährung von                      schäftigten bei der Arbeit gewährleisten und
    Kurzarbeitergeld zu prüfen. Es kann sich                   ihm möglich und zumutbar sind.
    um einen Fall der konjunkturellen Kurzar-
                                                               Der Arbeitgeber kommt seiner gesundheitli-
    beit handeln. Voraussetzung zur Gewäh-
                                                               chen Fürsorgepflicht unter anderem durch die
    rung von Kurzarbeit ist insbesondere der
                                                               Aufstellung und Durchführung von „Pande-
    erhebliche Arbeitsausfall mit Entgeltaus-
                                                               mieplänen“ nach.
    fall i.S.v. § 96 Abs.1 Nr.4 SGB III. Zudem
    muss der Betrieb alles Mögliche tun, um                    Die Arbeitnehmer sind nach §§ 15, 16 Arb-
    die Kurzarbeit zu vermeiden. Dies voraus-                  SchG verpflichtet, jede erhebliche Gefahr für
    gesetzt, stellt ein Zulieferausfall aufgrund               die Sicherheit und Gesundheit unverzüglich
    des Virus aber jedenfalls ein unabwend-                    dem Arbeitgeber zu melden und dessen ar-
    bares Ereignis i.S.v. § 96 Abs.1 Nr.1 SGB                  beitsschutzrechtlichen Weisungen nachzu-
    III dar.                                                   kommen.
▪   Ebenfalls ist der Arbeitgeber in besonde-                  4. Behördliche Maßnahmen
    ren Situationen, wie z. B. in Notfällen, be-
                                                               Im Falle des Ausbruchs einer Pandemie
    rechtigt, Überstunden einseitig anzuord-
    nen (BAG, Urteil vom 27.2.1981 – 2 AZR                     kann die zuständige Behörde diverse Maß-
    1162/78). Aufgrund seiner arbeitsvertrag-                  nahmen nach dem Infektionsschutzgesetz
                                                               (IFSG) treffen. Hervorzuheben sind dabei die
    lichen Treuepflicht ist der Arbeitnehmer in
                                                               Quarantäne und das berufliche Tätigkeits-
    diesen Situationen verpflichtet, Arbeiten
                                                               verbot gemäß §§ 30, 31 IFSG. Die zustän-
    auch über das arbeitsvertraglich Verein-
                                                               dige Behörde kann daneben allgemeine
    barte hinaus zu übernehmen.
                                                               Maßnahmen gemäß § 16 IFSG treffen.
    Unter einer „Notlage“ versteht das BAG
                                                               Gemäß § 56 Abs. 1 IFSG erhält derjenige,
    eine ungewöhnliche Gefährdung der Be-
                                                               der als Ausscheider, Ansteckungsverdächti-
    triebsanlagen, der Waren oder der Ar-
                                                               ger, Krankheitsverdächtiger oder als sonsti-
    beitsplätze. Darüber hinaus hat das BAG
                                                               ger Träger von Krankheitserregern im Sinne
    auch die Gefährdung der termingerechten
    Abwicklung eines Auftrags mit den o. g.                    von § 31 Satz 2 IFSG Verboten in der Aus-
    Folgen als besondere Situation aner-                       übung seiner bisherigen Tätigkeit unterliegt
                                                               oder unterworfen ist und dadurch einen Ver-
    kannt. Der Anordnung des Arbeitgebers
                                                               dienstausfall erleidet, eine Entschädigung in
    darf sich der Arbeitnehmer dann nicht ver-
                                                               Geld. Das gleiche gilt für Personen, die als
    schließen, wenn der Verzug der Abwick-
                                                               Ausscheider oder Ansteckungsverdächtige
    lung vom Arbeitgeber nicht verschuldet ist
    und der Arbeitnehmer bisher Überstun-                      abgesondert werden, bei Ausscheidern je-
    den geleistet hat.                                         doch nur, wenn sie andere Maßnahmen nicht
                                                               befolgen können. Regelmäßig dürfte es sich
▪   Um z. B. Ansteckungen zu vermeiden, ist                    dabei um Maßnahmen der zuständigen Be-
    der Arbeitgeber ebenfalls berechtigt, den                  hörde gegenüber Einzelpersonen handeln.
    Arbeitnehmer bei Verdacht einer Erkran-                    Diesen wird von der jeweiligen Behörde auf-
    kung unter Fortzahlung seiner Vergütung                    gegeben, sich z.B. für einen bestimmten
    einseitig von der Verpflichtung zur Erbrin-                Zeitraum in ihrer Wohnung aufzuhalten.
    gung der Arbeitsleistung freizustellen. Der
                                                               Gemäß § 56 Abs. 5 IFSG hat bei Arbeitneh-
    Beschäftigungsanspruch des Arbeitneh-
                                                               mern der Arbeitgeber für die Dauer des Ar-
    mers steht dem nicht entgegen. Der Ar-
                                                               beitsverhältnisses, jedoch längstens für
    beitgeber ist bei Vorliegen eines sachli-
    chen Grundes berechtigt, den Arbeitneh-                    sechs Wochen die Entschädigung anstelle
    mer von der Arbeitsleistung freizustellen.                 der zuständigen Behörde auszuzahlen. Der
                                                               Arbeitgeber hat gegen die Behörde einen Er-
3. Arbeitsschutzrechtliche Maßnahmen                           stattungsanspruch gem. § 56 Abs. 5 IFSG.
                                                               Dieser Antrag ist gem. § 56 Abs. 11 IFSG in-
Nach dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)
                                                               nerhalb von drei Monaten nach Einstellung
hat der Arbeitgeber die Pflicht, die erforderli-
                                                               der verbotenen Tätigkeit oder dem Ende der
chen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter
                                                               Absonderung geltend zu machen. Gem.
Berücksichtigung der Umstände zu treffen,
                                                               § 56 Abs. 12 IFSG ist dem Arbeitgeber ein

                    Arbeitsrechtliche Folgen einer Pandemie,
                    Hinweise für die Praxis

                    28. Januar 2020                                                                       2
Vorschuss zu gewähren. Im Übrigen wird die                    heit erheblichen Umstände im Einzelnen dar-
Entschädigung von der zuständigen Behörde                     zulegen. Verletzt der Arbeitnehmer diese
auf Antrag der betreffenden Einzelperson ge-                  Mitwirkungspflichten, so geht dies zu seinen
währt.                                                        Lasten.
Nach der Rechtsprechung des BGH kommt                         Insoweit ist der Arbeitgeber berechtigt, aus
ein solcher Entschädigungsanspruch aller-                     einem privaten Auslandsaufenthalt zurück-
dings nur dann in Betracht, wenn der Arbeit-                  kehrende Arbeitnehmer daraufhin zu befra-
nehmer einen Entgeltausfall erleidet. Dies                    gen, ob sie sich in einer gefährdeten Region
soll nicht der Fall sein, wenn der Arbeitgeber                aufgehalten haben. Der Anspruch ist dabei
aus anderen gesetzlichen oder vertraglichen                   regelmäßig auf eine Negativauskunft be-
Gründen zur Fortzahlung des Entgelts ver-                     schränkt. Der Arbeitnehmer ist nicht ver-
pflichtet ist (BGH, NJW 1979, 422, 424).                      pflichtet, Auskunft über den genauen Aufent-
                                                              haltsort zu geben.
Nach Ansicht des BGH kann ein Beschäfti-
gungsverbot gem. § 31 IFSG ein in der Per-                    II. Vorbeugende Maßnahmen
son des Arbeitnehmers liegendes, unver-
                                                              Zur Verhinderung größerer Betriebsstörun-
schuldetes Leistungshindernis nach § 616
                                                              gen können Vorkehrungen getroffen werden,
BGB darstellen und dementsprechend einen
                                                              welche die notwendigen Betriebsabläufe si-
gesetzlichen Anspruch auf Entgeltfortzah-
                                                              cher zu stellen helfen.
lung begründen (BGH, NJW 1979, 422, 423).
In diesem Zusammenhang geht der BGH da-                       Es empfiehlt sich, einen „Pandemieplan“ auf-
von aus, dass die Höchstfrist für die Fortzah-                zustellen bzw. eine Rahmenbetriebsverein-
lung von Entgelt auch im Fall einer Pandemie                  barung für den Pandemiefall mit dem Be-
jedenfalls sechs Wochen beträgt. Die Min-                     triebsrat abzuschließen. Solche Planungen
destfrist ist von der Art des Arbeitsverhältnis-              stellen sicher, dass das Unternehmen nicht
ses abhängig und dürfte bei einem unbefris-                   unvorbereitet von einer Pandemie überrascht
teten, ungekündigten Arbeitsverhältnis bei                    wird, sondern geeignete Krisenstrategien zur
ca. einer Arbeitswoche (fünf Werktagen) lie-                  Verfügung hat, die im Falle eines Falles kurz-
gen.                                                          fristig aktiviert werden können. Die Pande-
                                                              miephasen der WHO können dabei zur Orien-
Die Pflicht zur Fortzahlung des Arbeitsent-
                                                              tierung herangezogen werden. Folgende Re-
gelts nach § 616 BGB kann durch Einzel- o-
                                                              gelungen bieten sich an:
der Tarifvertrag ausgeschlossen werden. Für
den Fall des Vorliegens eines solchen Tarif-                  ▪   Sachlicher Geltungsbereich: Sämtliche
vertrages lebt die Entschädigungspflicht der                      Maßnahmen, die im Zusammenhang mit
jeweils zuständigen Behörde unmittelbar                           dem Auftreten einer Pandemie zum
wieder auf. Nur im Ausbildungsverhältnis ist                      Schutz vor Beeinträchtigungen von Leben
eine solche Abbedingung durch §§ 19, 25                           und Gesundheit der Mitarbeiter erforder-
BBiG untersagt.                                                   lich sind.
5. Entgeltfortzahlungsanspruch                                ▪   Die Ansteckungsgefahr durch Verhaltens-
                                                                  regeln reduzieren: Tragen von Schutz-
Ist der Arbeitnehmer infolge der Krankheit ar-
                                                                  masken, Tragen von Schutzkleidung, re-
beitsunfähig, so hat er Anspruch auf Fortzah-
                                                                  gelmäßiges Desinfizieren der Hände,
lung der Vergütung nach § 3 Abs.1 EFZG.
                                                                  Wechseln der Kleidung beim Betreten
Allerdings kommt ein Entgeltfortzahlungsan-
                                                                  des Betriebes, etc.
spruch nur dann in Betracht, wenn den Ar-
beitnehmer hinsichtlich der Erkrankung kein                   ▪ Es sollte vereinbart werden, dass der Ar-
Verschulden trifft.                                             beitgeber seinen Arbeitnehmern im Falle
                                                                einer Pandemie auch solche Arbeiten zu-
Ein Verschulden kommt u.a. in Betracht,
                                                                weisen darf, die vertraglich nicht geschul-
wenn der Mitarbeiter im Rahmen einer Pri-
                                                                det sind. Insofern kann sein Weisungs-
vatreise gegen eine Reisewarnung des Aus-
                                                                recht in örtlicher, zeitlicher und sachlicher
wärtigen Amtes verstoßen hat. Der Arbeit-
                                                                Hinsicht konkretisiert werden (Versetzun-
nehmer ist verpflichtet, auf Verlangen des Ar-
                                                                gen, Überstunden, Vertretungsregeln).
beitgebers die für die Entstehung der Krank-

                   Arbeitsrechtliche Folgen einer Pandemie,
                   Hinweise für die Praxis

                   28. Januar 2020                                                                         3
▪   Anordnung von Heim- bzw. Tele- oder                       Hält sich der Arbeitnehmer bereits im Aus-
    Kurzarbeit.                                               land auf, so sind die Ausführungen zu den
                                                              Arbeitsverhältnissen in Deutschland über-
▪   Es kann festgelegt werden, in welchem
                                                              tragbar: Dem Arbeitnehmer steht kein gene-
    Umfang Arbeitnehmer berechtigt sind,
                                                              relles Zurückbehaltungsrecht zu. Es obliegt
    Überstunden abzubauen, unbezahlten
                                                              dem Arbeitgeber, einzelne Arbeitnehmer in
    Urlaub zu beantragen etc.
                                                              Ausnahmefällen (bei einer unmittelbaren Ge-
▪   Geltungsdauer: Die Betriebsvereinbarung                   fahr für Leben oder Gesundheit) von ihrer
    sollte ab dem Zeitpunkt des behördlich                    Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung zu
    festgestellten Pandemiefalls gelten und                   entbinden.
    solange fortbestehen, bis die Pandemie-
                                                              Etwas anderes kann im Falle einer Reise-
    warnung aufgehoben wird.
                                                              warnung des Auswärtigen Amts gelten. Er-
Darüber hinaus bieten sich Informations- und                  streckt sich die Warnung auf eine Region o-
Aufklärungsbroschüren zur allgemeinen Infor-                  der ein Land, in dem der Arbeitnehmer seine
mation der Mitarbeiter an. Arbeitgeber sollten                arbeitsvertraglich geschuldete Leistung er-
stets auf ausreichende Hygienemaßnahmen                       bringt, kann dessen Pflicht zur Arbeitsleis-
bei den betrieblichen Abläufen achten. Um                     tung im Einzelfall nach § 273 Abs.1 BGB ent-
das Risiko von Pandemien möglichst gering                     fallen. Dabei kommt es darauf an, ob die ar-
zu halten, empfiehlt sich eine enge Zusam-                    beitsvertragliche Tätigkeit vom Schutzzweck
menarbeit mit den zuständigen Gesundheits-                    der Reisewarnung erfasst wird. Dies kann z.
behörden.                                                     B. an Orten mit erhöhtem Reise- und Publi-
                                                              kumsverkehr wie Flughäfen und Bahnhöfen
III. Arbeitnehmerentsendung                                   angenommen werden. Nur dort ist der Arbeit-
Grundsätzlich bleibt die Arbeitsleistung auch                 nehmer den gleichen Gesundheitsgefahren
in Territorien möglich, die in nennenswertem                  wie im Falle einer Entsendung ausgesetzt
Umfang von Ansteckungskrankheiten betrof-                     und die Leistungserbringung unzumutbar.
fen sind. Es sind allerdings einige Besonder-
                                                              Ob für Arbeitnehmer, die sich bereits im Aus-
heiten zu beachten.
                                                              land aufhalten, ein Anspruch auf vom Arbeit-
1. Zurückbehaltungsrecht                                      geber finanzierte Rückkehr besteht, hängt
                                                              ebenfalls vom Einzelfall ab. Dabei kommt es
Arbeitnehmern steht im Fall der Entsendung                    z. B. auf die geplante Aufenthaltsdauer des
in ausländische Gebiete, in denen das Virus                   Arbeitnehmers und die Perspektive im Hin-
auftritt, grundsätzlich kein Zurückbehaltungs-                blick auf die Ausbreitung der Krankheit in den
recht zu. Ein Zurückbehaltungsrecht besteht                   entsprechenden Regionen an.
nach § 273 Abs.1 BGB nur ausnahmsweise,
soweit die Leistung dem Arbeitnehmer unzu-                    Ein bloßer Sicherheitshinweis des Auswärti-
mutbar ist. Dazu muss die Erbringung der Ar-                  gen Amtes genügt nicht zur Annahme eines
beitsleistung unter Umständen erfolgen, die                   Zurückbehaltungsrechts des Arbeitnehmers
für den Arbeitnehmer mit erheblichen Gefah-                   nach § 273 Abs.1 BGB. Sicherheitshinweise
ren für Leben oder Gesundheit einhergehen.                    machen auf länderspezifische Risiken für
Solange keine Reisewarnung des Auswärti-                      Reisende und Deutsche im Ausland auf-
gen Amtes vorliegt, ist dies regelmäßig nicht                 merksam und enthalten lediglich die Empfeh-
der Fall.                                                     lung von Reisen in diese Regionen Abstand
                                                              zu nehmen. Dies ist zur Begründung eines
Soweit für einzelne Länder oder Regionen                      Zurückbehaltungsrechts oder eines An-
eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes                       spruchs auf Rückholung nicht ausreichend.
vorliegt, können Arbeitnehmer ausnahms-
weise berechtigt sein, einer Entsendung in                    2. Entgeltfortzahlungsanspruch
diese Gebiete zu widersprechen. Das Aus-                      Der Arbeitnehmer behält seinen vertragli-
wärtige Amt spricht Reisewarnungen aus,
                                                              chen Vergütungsanspruch nur, wenn er die
wenn generell vor Reisen in diese Regionen
                                                              Reise berechtigterweise nicht antritt. Der Ar-
gewarnt werden muss. Insofern werden auch
                                                              beitgeber kann diesem Arbeitnehmer dann
die dort lebenden Deutschen aufgefordert,
                                                              aufgrund seines Direktionsrechts eine an-
das Land zu verlassen.
                                                              dere Arbeit zuweisen.

                   Arbeitsrechtliche Folgen einer Pandemie,
                   Hinweise für die Praxis

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Hält sich der Arbeitnehmer bereits im Aus-
land auf und ist infolge der Krankheit arbeits-
unfähig, so hat er Anspruch auf Fortzahlung
der Vergütung nach § 3 Abs.1 EFZG, sofern
dessen Voraussetzungen erfüllt sind.

 Die BDA organisiert als Spitzenverband die sozial- und wirtschaftspolitischen Interessen der
 gesamten deutschen Wirtschaft. Wir bündeln die Interessen von einer Million Betrieben mit
 rund 20 Millionen Beschäftigten. Diese Betriebe sind der BDA durch freiwillige Mitgliedschaft
 in Arbeitgeberverbänden verbunden.

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