Besonderheiten der Pädiatrischen Palliative Care Wichtigste Symptome antizipieren und behandeln - Eva Bergsträsser Zürich, 18.9.2014
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Palliative Care Besonderheiten der Pädiatrischen Palliative Care Wichtigste Symptome antizipieren und behandeln Eva Bergsträsser Zürich, 18.9.2014
Gliederung 1. Zu erwartende Symptome nach Krankheitsgruppen 2. Symptomassessment Instrumente der Erw. Palliative Care 3. Symptombehandlung – Schmerzen – Dyspnoe – Schlafstörungen / Unruhe – Seltene Symptome – Fallbeispiel – Palliative Sedierung 2
Zu erwartende Symptome nach Diagnose Onkologie Neurologie 1.Schmerzen 1.Probleme Nahrungsaufnahme 2.Dyspnoe 2.Dyspnoe 3.Fatigue 3.Krampfanfälle 4.Ängste 4.Unruhe 5.Blutung 5.Dystonie / Spastizität Herzerkrankungen 1.Schwäche 2.Ermüdbarkeit 3.Appetitlosigkeit 4.Schmerzen 5.Atemnot 6.Übelkeit Wolfe J et al. NEJM 2000;342:326-33; Wolfe et al. JCO 2008;26:1717-23 3
Symptomassessment – Möglichst interprofessionell unter Einbezug Patient / Angehörige – Wenig belastend – Kontinuierlich – Im Erwachsenenbereich – SENS Modell1 ZITAT Über Jahre manövrierten wir beim systematischen Assessment zwischen medizinischen Diagnosen, pflegerischen Diagnosen und bio- psycho- sozialer- spiritueller „Problemliste“. – zu kurz kommt der Entscheidungsfindungsprozess Eychmüller S. SENS mach Sinn Assessment in Palliative Care Ther Umschau 2012 4
Gold Standard Framework / Ziele St. Gallen 1. Beste Hilfe zur Selbsthilfe bei belastenden Symptomen 2. Weitgehende Selbstbestimmung bei Entscheiden, klare Respektierung der Patienten-Prioritäten 3. Beste Sicherheit in einem „Netz“ aus kontinuierlich verfügbaren Fachpersonen 4. Beste Entlastungsmöglichkeiten und Support für das unmittelbare Umfeld, auch über den Tod hinaus http://www.goldstandardsframework.org.uk/About_GSF/TheEssentialsofGSF 5
Assessment im Erwachsenen Palliative Care Bereich – Edmonton Symptom Assessment Scale ESAS (verwendet in SG) – Kombinierbar mit anderen Scales wie Palliative Performance Scale – Im päd. Bereich noch keine validierten Instrumente – mögliche Grundlage könnte die Memorial Symptom Assessment Scale in Children (Collins JJ et al.) sein 6
http://www.npcrc.org/files/news/edmonton_s ymptom_assessment_scale.pdf Titel / Autor / Ort / dd.mm.yyyy 7
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Titel / Autor / Ort / dd.mm.yyyy 9
Gute Zusammenstellungen aus USA und England 10
Schmerzen – Häufiges Symptom unabhängig von der zugrundeliegenden Diagnose – Opioide spielen in der Schmerztherapie am Lebensende wie auch in der PPC eine wichtige Rolle – Auch bei Kindern mit schweren neurologischen Krankheitsbildern, Dystonien können sie hilfreich sein (niedrige Dosierungen) CHIPPS E-News 2008 - Friedrichsdorf 11
Einteilung der Opioide – Mittelstarke Opioide – Tramadol – Nalbuphin – Starke Opioide – Morphin – Hydromorphon – Methadon – Sehr stark wirksame Opioide – Fentanyl – Alfentanyl (Rapifen®) – Agonistisch-antagonistisch Opioid-Wirkung – Nalbuphin (parenteral) – Buprenorphin (auch Pflaster - Transtec®) 12
Analgetische Potenz der Opioide bei intravenöser Applikation (Morphin = 1) – Tramadol 0,1-0,2 – Morphin p.o. 0,3 – Morphin s.c. 0,5 – Nalbuphin 0,7 – Morphin i.v. 1 – Hydromorphon 5-6 – Methadon 1-3 (variabel) – Buprenorphin 20-30 – Fentanyl 100-150 Cave: analgetische Potenz bezieht sich auf Einzeldosen und gilt nicht bei Langzeittherapie! 13
Wichtigste Dosierungen Wirkstoff / Verabreichung Dosierung Maximaldosis Tramadol po Nicht-retardiert 8mg/kg/d O,5-1mg/kg/dosi alle 3-4 Std. Retardiert 2mg/kg/dosi alle 8-12 Std. Nalbuphin-HCL iv/sc 0,1-0,2mg/kg/dosi 0,2mg/kg/dosi, 1x/Std. iv Dauerinfusion (PCA) 0,3mg/kg/h 0,02-0,1mg/kg/h 4-6 Boli/h (Pause 5min.) Zusatzboli 0,02-0,1mg/kg/dosi Morphin-HCL Lsg. zur sc 0,03-0,1mg/kg/dosi alle 3-4 Std. keine Infusion Reservedosis 0,03-0,1mg/kg 1x/Std. 4-6 Boli/Std. (Pause 5min.) iv Dauerinfusion (PCA) 0,02-0,05mg/kg/h Zusatzboli 0,02-0,05mg/kg/dosi ev. Start mit Bolus 0,05-0,1mg/kg Morphin-HCL 2% po 0,1-0,3mg/kg/dosi alle 4 Std. Reservedosis keine rekt 0,1-0,3mg/kg 1x/Std. Fentanyl iv Dauerinfusion (PCA) keine 0,5-1μg/kg/h 4-6 Boli/Std. (Pause 5min.) Zusatzboli 0,5-1μg/kg/dosi 14
Behandlung mit Opioiden –Initiierung (langsam) für SI 4-6 (mittelstarker Schmerz) – Dosis-Wirkungskurve sehr individuell, deshalb vorsichtiger Beginn, v.a. bei „Opioid-naiven“ Patienten. – Startdosis Morphin (oder Aequivalent) 1-2mg/kg/24Std. po Bevorzugt: schnellwirksames Morphin p.o. alle 4 Stunden, vor dem Schlafen doppelte Dosis. Morphin Trpf. 2% (=20mg/ml; 1ml=20 Trpf; 1 Trpf = 1 mg) Sevredol Tbl. 10mg, 30mg – Reservedosis = 4-Std. Dosis max. 1x/Std. 15
Titrierung (schnell) für SI 7-10 – Bolus iv (Peak nach ca 15 min) – Dosis Morphin iv ca 0,05-0,1mg – Erneute Beurteilung nach 15 min (incl. AF, Sedierung) – Bei unveränderten oder stärkeren Schmerzen gleiche Dosis +20% – Bei SI 4-6 gleiche Dosis – Wenn Schmerzen deutlich besser (SI 0-3) Berechnung PCA oder Dauerinfusion (Reservedosis entspricht etwa Stundendosis) 16
Patienten-kontrollierte Analgesie (PCA) – P auch für Pflege und Parents (‚proxies‘) – Kinder ab 5-6 Jahren können die Pumpe selbst betätigen – Risiken: Atemdepression und neurologische Komplikationen
Überwachung bei Behandlung mit Opioiden – whd. Einstellung/Titrierung engmaschig – incl. Pulsoxy und Sedationstiefe – bei stabiler Einstellung und Langzeitbehandlung ohne Dosisänderung keine fixe Überwachung oder 1x/Schicht – Dokumentieren des Schmerzindexes – Nebenwirkungen vorausschauend behandeln, v.a. Obstipation, ggf. Antiemese i.R. 18
Behandlung Opioid-Nebenwirkungen – Juckreiz, Müdigkeit – Ggf. niedrigdosiert Naloxon 0,25-2ug/kg/h iv1 (Dosierung bei Zernikow nachschauen) – Schwere Obstipation – Macrogol – Natrium-Picosulfat – Methylnaltrexon – Übelkeit (v.a. whd. Einstellung, zu hoher Dosis) – Antihistaminika (Hydroxyzin - Atarax®) – Zofran (1) Hauer J Ped Pain Sympt Management Boston 2014 19
Adjuvante Schmerztherapeutika – Schwer zu kontrollierende Schmerzen zur Opioid-Einsparung – Neuropathische Schmerzen – Knochenschmerzen (Metastasen) – Medikamente meistens nicht evidence-based – Ketamin 0,1(-0,5) mg/kg/h – Antikonvulsiva – Gabapentin – einschleichen bis 15/20mg/kg/Tag in 3 ED – Steroide – α2-Agonisten Clonidin – Bisphosphonate (Knochenmetastasen, in frühem Stadium Bestrahlung) 20
Cannabinol – Adjuvant zur Schmerztherapie oder Behandlung (therapieresistente) Übelkeit – Erhältlich als Dronabinol 2.5% (THC) oder Cannabistinktur (10mg/ml) – Nur auf Antrag beim BAG – Mit Einverständnis Patient/Familie – Apotheke Fankhauser in Langnau – Dosierung: 0,02 mg/kg/Dosis (THC Anteil) – wdh. alle 6-8 Std. 21
Methadon – V.a. zur Beh. neuropathischer Schmerzen – N-methyl-D-aspartat Rezeptor Antagonist (NMDA) – Schlecht steuerbar wegen sehr langer und individuell unterschiedlicher HWZ (bis zu 100 Std.) – Vor Therapiebeginn EKG (QTc Verlängerung) – Umrechnung schwierig und je höher Morphin-Dosis desto niedriger ist die daraus errechnete Methadon-Dosis – Start-Dosis 0,3 mg/kg/d (po auch iv möglich) in 3-4 ED – Dosis bei Durchbruchschmerz 5-10% der 24 Std-Dosis Anghelescu DL et al. Methadone use in children and young adults J Opioid Manage 2011;7:353 22 Fast Fact ♯ 75,86
Dyspnoe – Häufig bei Kindern mit neurodegenerativen Erkrankungen – Sekret, Schwäche, fehlender Hustenreflex – Onkologie (Lungenmetastasen, Pleuraerguss) – Vorgehen – Ruhe, Position, frische Luft, Sauerstoffgabe, Physiotherapie – Medikamentös: Morphin, ev. kombiniert mit Sedativa – Lungenmetastasen – ev. Steroide – Erguss – Entlastung 23
Schlafstörungen – 50-80% der Kinder mit schweren neurologischen Erkrankungen – Folgen für Lebensqualität der Eltern und Geschwister – Fragebogen aus Datteln HOST (holistic assessment of sleep and daily troubles in parents of children with severe psychomotor impairment) – Medikamentös – Versuch mit Melatonin (beginnen mit 2-3mg/dosi; steigern bis 10 mg/dosi) Tietze AL et al The development and psychometric assessment of a questionnaire 24 Sleep Medicine 2013
Unruhe/Agitiertheit – Ursachen – bei neurologisch erkrankten, verbal nicht kommunizierenden Kindern häufig schwer zu ergründen – Angst – Behandlung – Nicht-medikamentös – Medikamentös: Benzodiazepine (Midazolam, Diazepam), Chloralhydrat, Levomepromazin (Neurontin), Risperidon 25
Neurologische Symptome – Enge Zusammenarbeit mit Neuropädiatern dringend empfohlen – Krampfanfälle, incl. Status epilepticus – Spastizität – Dystonie – Hypersalivation – Behandlung nur in enger Zusammenarbeit mit Neuropädiatern 26
Seltene Symptome – Singultus – Behandlung medikamentös mit Neuroleptika oder Dopamin- Antagonisten (Metoclopramid) 27
Fallbeispiel – 5 Monate alter Knabe mit Infekt der oberen Luftwege • zweiter IPS Aufenthalt • bei progredienten Verschlechterung genetische Abklärung – Diagnosestellung SMARD 1 • spinal muscular atrophy with respiratory distress type I – CPAP • verschiedene Masken (Gesichtsdeformationen) im Wechsel − Probleme • Atemnot • Unruhe • Ausscheidung 28
Ursachen 29
Atemnot nicht medikamentöse medikamentöse Massnahmen Massnahmen – Wechsel der Atemunterstützung –Anfänglich Nalbuphin - DT – Umlagerung –Umstellung auf Morphin - DT – Nicht allein lassen –Midazolam - DT – Magensonde offen lassen – Individuelle Pflegeplanung für ¾Regelmässige Anpassung CPAP-Maskenanpassung 30
Unruhe/Schmerz nicht medikamentöse medikamentöse Massnahmen Massnahmen – Nuggi/ Mundpflege – bei Schmerz Erhöhung – Spieluhr Morphin oder – Kopf streicheln oder Zusatzbolusgaben Händchen halten – zusätzliche Gaben von – Dasein, nicht allein lassen Midazolam – Umlagern/ Baden – Anpassung Chloralhydrat – Nahrungsgabe ¾Interventionen regelmässig überprüfen 31
Ausscheidung nicht medikamentöse medikamentöse Massnahmen Massnahmen – Auf Urinausscheidung –Flatulex achten –Duphalac Sirup •4-6stdl. •Katheterisieren − Darmrohr, Einlauf oder Mikroclyss 32
Subkutane Infusion 33
Palliative Sedierung – Ziel – Bewusste Verabreichung sedierender Medikamente in schwierigen Situationen am Lebensende (insb. therapierefraktäre Symptome) – Entscheidungsprozess und Ziel der Sedierung muss klar sein – Durchführung – Zunächst temporär, um mit dem Patienten überprüfen zu können, ob das Ziel erreicht wird; ggf. intermittierend, sonst kontinuierlich – Medikament: Midazolam (Dormicum®) – 0,05-0,1mg/kg/Std. steigern bis gewünschte Sedationstiefe erreicht Bigorio Empfehlungen 2005 34
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