Betriebsräte im Visier - Dokumentation der sechsten bundesweiten Konferenz gegen BR-Mobbing - DGB Nordbaden

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Betriebsräte im Visier - Dokumentation der sechsten bundesweiten Konferenz gegen BR-Mobbing - DGB Nordbaden
Betriebsräte
im
Visier
Dokumentation der
sechsten bundesweiten Konferenz
gegen BR-Mobbing
am 1 9. Oktober 201 9 in Mannheim
Betriebsräte im Visier - Dokumentation der sechsten bundesweiten Konferenz gegen BR-Mobbing - DGB Nordbaden
Herausgeber:
Komitee „Solidarität gegen BR-Mobbing!“
Speyerer Str. 14, 68163 Mannheim
Email: info@gegen-br-mobbing.de
Netz: www.gegen-br-mobbing.de
V.i.S.d.P.: Hans-Ingo Marschner c/o Komitee „Solidarität gegen BR-Mobbing!“
Speyerer Str. 14 68163 Mannheim
Fotos: Helmut Roos (helmut-roos@web.de) .
Comic: Abbildung auf dem Umschlag aus der ersten Bildgeschichte zu BR-Mobbing. (Alle Rechte vorbehalten.)
Betriebsräte im Visier - Dokumentation der sechsten bundesweiten Konferenz gegen BR-Mobbing - DGB Nordbaden
Inhaltsverzeichnis
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Vorwort................................................................................................................................. 4
Konferenzbericht… ......................................................................................................... 5
Analyse I „Die IG Metall – aktiv
gegen Mobbing von Betriebsräten” ........................................................................... 7
Analyse II „Was macht die Gewerkschaft vor Ort?“ ........................................ 15
Analyse III Ergebnisse des Forschungsprojekts
„Kampf um die Mitbestimmung” ........................................................................... 23
Analyse IV „Wirksame Gegenwehr
im Betrieb – wie organisieren?“ ............................................................................... 32
Podiumsgespräch: „Netzwerke gegen BR- Mobbing
erfolgreich aufbauen“ ................................................................................................... 34
Impressionen von der Konferenz............................................................................ 41
Entschließung „Den fortgesetzten Rechtsbruch stoppen!“ .......................... 44

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Betriebsräte im Visier - Dokumentation der sechsten bundesweiten Konferenz gegen BR-Mobbing - DGB Nordbaden
VORWORT

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
am 19. Oktober 2019 hat im Mannheimer Gewerkschaftshaus die sechste
bundesweite Konferenz „Betriebsräte im Visier“ stattgefunden.
  Unsere Dokumentation enthält wesentliche inhaltliche Referate und
Stellungnahmen dieser erfolgreichen Tagung.
  Das Bossing und Mobbing von Betriebs- und Personalräten sowie von
Mitarbeitervertretungen breitet sich immer weiter aus. Es ist ein wichti-
ger Bestandteil der von Unternehmensführungen und ihren Helfershel-
fern betriebenen Gewerkschaftsbekämpfung.
  Die Gewerkschaften sind in der Pflicht, dagegen Widerstand zu orga-
nisieren. IG Metall, ver.di und der DGB haben entsprechende Beschlüsse
gefasst.
  Dennoch bleibt viel zu tun, um dem „Klassenkampf von oben“ wirk-
sam entgegentreten zu können.
  Wir bereiten in diesem Sinne die siebte Konferenz „Betriebsräte im
Visier“ vor. Sie wird am Samstag, den 17. Oktober 2020, wiederum im
Mannheimer Gewerkschaftshaus durchgeführt werden.
  Wir hoffen sehr aufEure Unterstützung und aufEure Beteiligung!
Wolfgang Alles (für das Komitee „Solidarität gegen BR-Mobbing!“)
                                            Mannheim, im Januar 2019

Konferenz BR im Visier, 19. Oktober 2019.

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Betriebsräte im Visier - Dokumentation der sechsten bundesweiten Konferenz gegen BR-Mobbing - DGB Nordbaden
KONFERENZBERICHT

Bundesweite „Konferenz Betriebsräte im Vi-
 sier” fordert Stopp der illegalen Bekämp-
   fung von Betriebsräten, Personalräten
        und Mitarbeitervertretungen
Am Samstag, den 19.10.2019, fand im Mannheimer Gewerkschaftshaus die 6.
bundesweite Tagung „Betriebsräte im Visier – Bossing, Mobbing & Co.” statt.
Rund einhundert Menschen aus sehr unterschiedlichen Branchen nahmen an
der Konferenz teil.
   Mit „Verdachtskündigungen”, mit Bespitzelung und Zersetzung des beruflichen
und privaten Umfeldes wird zunehmend gegen engagierte Betriebs- und Personal-
räte sowie Mitarbeitervertretungen vorgegangen. In der Folge kommt es bei Be-
troffenen zu schweren depressiven Erkrankungen und sogar zu Selbstmordver-
suchen. Nicht zuletzt entstehen existenzbedrohende finanzielle und familiäre Pro-
bleme.
   Diese skandalösen Rechtsbrüche haben Unternehmensleitungen und ihre Hel-
fershelfer in spezialisierten Anwaltskanzleien, Beratungsfirmen und Detekteien zu
verantworten.
   In der Öffentlichkeit wird diese bedrohliche Entwicklung bisher jedoch kaum
wahrgenommen.
   Auf der Konferenz kamen aktuelle Beispiele der Betriebsrats- und Gewerk-
schaftsbekämpfung in Deutschland zur Sprache. Ein Schwerpunkt war jedoch vor
allem die Diskussion über eine erfolgreiche Abwehr des Betriebsrats-Mobbings und
die Stärkung von gewerkschaftlicher Gegenmacht.
   Julia Friedrich (Bezirksgeschäftsführerin des DGB Baden-Württemberg) erläu-
terte die Position des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Sie unterstrich die Not-
wendigkeit, gegen die fortgesetzten Rechtsbrüche seitens der Mobbing-Branche
vorzugehen.
   IsafGün und Heike Madan vom IG Metall-Vorstand in Frankfurt referierten zum
Thema „Die IG Metall - aktiv gegen Mobbing von Betriebsräten”. Die mit 2,3 Mil-
lionen Mitgliedern größte Einzelgewerkschaft des DGB hat vor vier Jahren begon-
nen, sich kontinuierlich mit Analyse und Abwehr von BR-Mobbing und
Gewerkschaftsbekämpfung auseinanderzusetzen.
   Klaus Stein (1. Bevollmächtigter der IG Metall Mannheim) setzte sich mit der
Frage „Was macht die Gewerkschaft vor Ort?” auseinander. Er betonte die Notwen-
digkeit einer aktiven und aktivierenden Gewerkschaftsarbeit, um demokratische
Rechte und gewerkschaftliche Handlungsfähigkeit in Unternehmen verteidigen zu
können.
   Oliver Thünken (Technische Universität Chemnitz) stellte erste Ergebnisse aus
dem laufenden Forschungsprojekt „Kampfum die Mitbestimmung” vor. Die Studie
belegt wissenschaftlich, wie durch systematische und frühzeitige Unterstützung der

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KONFERENZBERICHT

Betroffenen Angriffe auf Interessenvertretungen erfolgreich abgewehrt werden
können.
  Weitere Themen der Versammlung waren konkrete Vorschläge für eine wirksa-
me Gegenwehr im Betrieb und ein intensiver Erfahrungsaustausch über den er-
folgreichen Aufbau von Netzwerken gegen BR-Mobbing.
  Eine einstimmig verabschiedete Entschließung kritisiert, dass „Politik, Medien
und Justiz [...] sich nur in seltenen Ausnahmefällen mit dem illegalen Treiben der
Branche der BR-Mobber und Gewerkschaftsgegner” befassten. Diese fühlten sich
dadurch „in ihrem kriminellen Verhalten bestärkt”.
  Organisiert wurde die Konferenz vom Komitee „Solidarität gegen BR-Mobbing!“
in Kooperation mit IG Metall Mannheim sowie AKUWILL Oberhausen, DGB Ba-
den-Württemberg, IG BCE Weinheim, Überbetrieblichem Solidaritätskomitee
Rhein-Neckar, ver.di Rhein-Neckar und work-watch Köln.
  Am 17.10.2020 soll eine weitere Folgekonferenz in Mannheim stattfinden.
  Pressemitteilung des Komitees „Solidarität gegen BR-Mobbing!“, 20. Oktober 2019.

Plenum der Konferenz.

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ANALYSE I:„IG M ETALL – AKTIV GEGEN M OBBING VON BETRIEBSRÄTEN”

      „Die IG Metall - aktiv gegen Mobbing von
                   Betriebsräten”
      Der folgende Foliensatz wurde der Konferenz von Isaf Gün und
       Heike Madan vom IG Metall Vorstand in Frankfurt präsentiert.

        IsafGün (IG Metall Vorstand            Heike Madan (IG Metall
        Frankfurtam Main).                     Vorstand Frankfurtam Main).

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ANALYSE I:„IG M ETALL – AKTIV GEGEN M OBBING VON BETRIEBSRÄTEN”

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ANALYSE I:„IG M ETALL – AKTIV GEGEN M OBBING VON BETRIEBSRÄTEN”

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Betriebsräte im Visier - Dokumentation der sechsten bundesweiten Konferenz gegen BR-Mobbing - DGB Nordbaden
ANALYSE I:„IG M ETALL – AKTIV GEGEN M OBBING VON BETRIEBSRÄTEN”

[Anm. des Hg.: Diese Folie wurde mit unverändertem Inhalt für das Layout angepasst, um sie lesbar darstellen zu können.]

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ANALYSE I:„IG M ETALL – AKTIV GEGEN M OBBING VON BETRIEBSRÄTEN”

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ANALYSE I:„IG M ETALL – AKTIV GEGEN M OBBING VON BETRIEBSRÄTEN”

         *Angaben beziehen sich aufdie befragten Betriebe/ 111 Fragebögen davon 49 mit Maßnahmen
         gegen BR.

         • In 7% Strafanzeige gestellt
         • 56% der Betriebe/ Unternehmen sind inhabergeführt
         • Bei 43% der Fälle waren Rechtsanwaltskanzleien involviert

[Anm. des Hg.: Diese Folie wurde mit unverändertem Inhalt für das Layout angepasst, um sie lesbar darstellen zu können.]

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ANALYSE I:„IG M ETALL – AKTIV GEGEN M OBBING VON BETRIEBSRÄTEN”

                 *Angaben beziehen sich auf die befragten Betriebe/ 111 Fragebögen davon 49
                 mit Maßnahmen gegen BR.
                 • In 57% der Fälle war der Betrieb inhabergeführt
                 • In 7% wurde Strafantrag gestellt
                 • Bei 48% der Fälle waren Rechtsanwaltskanzleien involviert

 [Anm. des Hg.: Diese Folie wurde mit unverändertem Inhalt für das Layout angepasst, um sie lesbar darstellen zu können.]

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ANALYSE I:„IG M ETALL – AKTIV GEGEN M OBBING VON BETRIEBSRÄTEN”

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ANALYSE II „WAS MACHT DIE G EWERKSCHAFT VOR O RT?“

   „Was macht die Gewerkschaft vor Ort?“
Der folgende Foliensatz wurde der Konferenz von Klaus Stein von
              der IG Metall Mannheim präsentiert.

                 Klaus Stein (IG Metall Mannheim).

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ANALYSE II „WAS MACHT DIE G EWERKSCHAFT VOR O RT?“

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ANALYSE II „WAS MACHT DIE G EWERKSCHAFT VOR O RT?“

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ANALYSE II „WAS MACHT DIE G EWERKSCHAFT VOR O RT?“

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ANALYSE II „WAS MACHT DIE G EWERKSCHAFT VOR O RT?“

Plenum der Konferenz.

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ANALYSE III: FORSCHUNGSPROJEKT „KAMPF UM M ITBESTIMMUNG”

         Ergebnisse des Forschungsprojekts
          „Kampf um die Mitbestimmung”
    Der folgende Foliensatz wurde der Konferenz von Oliver Thünken
             (Technische Universität Chemnitz) präsentiert.

                       OliverThünken (Technische UniversitätChemnitz).

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ANALYSE III: FORSCHUNGSPROJEKT „KAMPF UM M ITBESTIMMUNG”

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ANALYSE III: FORSCHUNGSPROJEKT „KAMPF UM M ITBESTIMMUNG”

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ANALYSE III: FORSCHUNGSPROJEKT „KAMPF UM M ITBESTIMMUNG”

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ANALYSE III: FORSCHUNGSPROJEKT „KAMPF UM M ITBESTIMMUNG”

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ANALYSE III: FORSCHUNGSPROJEKT „KAMPF UM M ITBESTIMMUNG”

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ANALYSE III: FORSCHUNGSPROJEKT „KAMPF UM M ITBESTIMMUNG”

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ANALYSE III: FORSCHUNGSPROJEKT „KAMPF UM M ITBESTIMMUNG”

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ANALYSE III: FORSCHUNGSPROJEKT „KAMPF UM M ITBESTIMMUNG”

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ANALYSE IV:„G EGENWEHR IM BETRIEB - WIE ORGANISIEREN ?“

        Wirksame Gegenwehr im Betrieb –
               Wie organisieren?
   Ein Gespenst geht in zunehmend                    von jedem/jeder Einzelnen ständig
mehr Unternehmen und Einrichtungen                   im Auge behalten?
um – die „Diktatur der Zahlen“.                 3.   Ist die Funktionsweise des Gremiums
   Betriebs- und Personalräte, Mitarbei-             demokratisch, kooperativ und für alle
tervertretungen, Gewerkschaften, Geset-              seine Mitglieder und die Belegschaft
ze und Tarifverträge werden immer                    transparent?
häufiger als Hindernisse für die Profit-        4.   Wird die Bedeutung des Aufbaus und
maximierung durch permanente „Kos-                   der Entwicklung eines „harten, wi-
tensenkung“ angesehen.                               derstandsfähigen Kerns“ im Betriebs-
   Hindernisse müssen aus einem solchen              rat (Personalrat, in der Mitarbeiter-
Blickwinkel mindestens umgangen, bes-                vertretung) kontinuierlich verfolgt?
ser aber noch beseitigt werden. Frei nach       5.   Findet eine geplante politische, recht-
dem Motto – legal, illegal, …egal.                   liche und fachspezifische Bildung des
   Wer bereit ist, sich in einer Interessen-         Gremiums statt (Verstehen von Stra-
vertretung zu engagieren, ist in der Regel           tegie und Taktik, Zeitmanagement,
auch motiviert, sich für Verbesserungen              Rhetorik, Kommunikation, Verhand-
des Arbeitsalltags einzusetzen.                      lungstechniken, EDV-Kenntnisse…)
   Dieses Engagement beinhaltet, grund-              und wird systematisch Wissen über
sätzlich auf die Einhaltung bestehender              das Unternehmen, die Branche und
Gesetze, Tarifverträge und Betriebsver-              das Wirtschaftssystem erworben?
einbarungen zu achten.                          6.   Gibt es eine strukturierte, prozessorien-
   Unter den gegebenen Bedingungen sind              tierte Organisation der BR-Arbeit mit
dann Konflikte vor allem mit der Gegen-              überprüfbaren Schwerpunktsetzungen?
seite, also dem Unternehmen und seinem          7.   Gelingt es, aus dem Hamsterrad des
Führungspersonal, vorprogrammiert.                   ständigen Reagierens auf die offenen
   Und: Selbst aktive Interessenvertretun-           und verdeckten Aktionen der Gegen-
gen können in solchen Auseinanderset-                seite auszusteigen und durch die Um-
zungen nicht auf eine automatische                   setzung einer eigenen Zeitplanung
Unterstützung durch „ihre“ Belegschaften             und inhaltlichen Agenda selbst zum
blind vertrauen.                                     Treiber zu werden?
   Um dem für aktive Kolleginnen und            8.   Gibt es ein praktisch wirksames Pro-
Kollegen spürbaren Druck auf Dauer                   jekt des Organizing, um den Organi-
Stand halten zu können und sich einen                sationsgrad und die Verankerung in
langen Atem bewahren zu können, sollten              der Belegschaft ausbauen zu können
folgende zehn Fragen beachtet werden:                (mit „Betriebsplan“, der gezielten Su-
1. Hat die Interessenvertretung ein ge-              che von UnterstützerInnen, dem Auf-
    meinsames Verständnis von ihrer Ar-              bau beziehungsweise Ausbau eines
    beit als Organ der Betriebsverfassung?           Vertrauenskörpers und der gewerk-
2. Wird die Balance Arbeit und Leben                 schaftlichen Nachwuchsförderung …)?

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ANALYSEI: IV:„G
ANALYSE           EGENWEHR IM B ETRIEB - WIEUND
            G EWERKSCHAFTSBEKÄMPFUNG                      ?“
                                                B R-M OBBING
                                             ORGANISIEREN

    9. Wird die Aktions- und Mobilisierungs-      ten zu erzielen.
        fähigkeit zu betrieblichen und gewerk-       Um diese entwickeln zu können, braucht
        schaftlichen Themen im Unternehmen        es Engagement und eine inhaltliche und
        bewusst entwickelt?                       organisatorische Strategie.
    10. Gelingt es, wirksame überbetriebliche        Sie muss konkret von dem ausgehen,
        Strukturen; Netzwerke und Verbin-         was im Unternehmen mit der vorhande-
        dungen aufzubauen und zu stärken –        nen Belegschaft und den bisher gemach-
        natürlich aufgewerkschaftlicher Ebene     ten Erfahrungen möglich und persönlich
        aber auch darüber hinaus?                 leistbar ist.
       Antworten auf diese oder andere Fra-          Vor allem aber braucht es Geduld!
    gen sind nicht schnell und mühelos zu            Nur mit Geduld lässt sich das Funda-
    finden. Es gibt unseres Wissens (bisher?)     ment für eine betriebliche Gegenmacht
    auch keine „App“ dafür.                       aufbauen und stärken.
       Im Kern geht es also nicht um eine            Nur so lässt sich Anerkennung für die
    aufopfernde und gut gemeinte Stellver-        Arbeit der Interessenvertretung in der
    treterpolitik. Sondern es geht darum, ge-     Belegschaft erreichen.
    meinsam mit möglichst vielen anderen             Nur so lässt sich vermeiden, dass die
    die Ängste, die Lethargie und die Spal-       gesteckten Ziele zu groß sind und die
    tungslinien in einer Belegschaft zu er-       eigene Kraft zu schnell verbraucht wird.
    kennen und zu überwinden.                        Der größte Fehler wäre es jedoch, mit
       Oder mit anderen Worten: Es geht dar-      dieser Arbeit zu warten.
    um, Freude am gemeinsamen Engage-                Um dem Druck durch BR-Mobber und
    ment zu wecken und aus den gemachten          Gewerkschaftsfeinde standhalten zu kön-
    Erfahrungen Kraft und Mut zu schöpfen.        nen, müssen wir uns besser bilden und
       Die Stärke einer Interessenvertretung      organisieren – im Unternehmen, in der
    hängt letztendlich vom Ausmaß der kol-        Gewerkschaft und in der Gesellschaft.
    lektiven Unterstützung durch die Beleg-          Nur gemeinsam sind wir stark!
    schaft ab. Größere und wirksame Erfolge          Komitee„SolidaritätgegenBR-Mobbing!“
    sind nur durch die reale Bereitschaft zur
    gemeinsamen Gegenwehr der Beschäftig-

                   Diskussionsteilnehmer

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PODIUMSGESPRÄCH :„N ETZWERKE GEGEN BR- M OBBING AUFBAUEN “

             „Netzwerke gegen BR- Mobbing
                 erfolgreich aufbauen“
   Ein weiterer Programmpunkt der Konferenz war das schon traditionelle Po-
   diumsgespräch, dieses Mal zum Thema „Netzwerke gegen BR-Mobbing er-
   folgreich aufbauen“. Aktive von AKUWILL Oberhausen, dem Mannheimer
   Komitee „Solidarität gegen BR-Mobbing!“ und work-watch Köln berichteten
   von ihren Erfahrungen.
                                    AKUWILL
   1. Wie ist Eure Struktur entstanden,         Arbeitsgericht besucht, Flugblätter ver-
   und welche Erfahrungen habt Ihr bis-         teilt und Artikel veröffentlicht.
   lang gemacht?                                   Auch in den Jahren danach haben wir
   2014 haben wir, Mitglieder verschiedener     hauptsächlich Öffentlichkeitsarbeit ge-
   Gewerkschaften, uns durch die gemeinsa-      macht: Sobald wir von solchen Fällen in
   me Teilnahme an Solidaritätsaktionen für     unserer Umgebung erfahren haben und
   (ehemalige) Beschäftigte der InterClean      die Möglichkeit hatten zu handeln. Dabei
   Gebäudereinigung und Gebäudedienste          sind wir gewöhnlich auf die betroffenen
   GmbH kennengelernt. Das Gladbecker           Betriebsräte zugegangen, andersherum
   Unternehmen war unter anderem mit der        kam es kaum vor. Dafür sind wir wohl
   Reinigung und dem Betrieb der Toiletten-     (noch?) nicht bekannt genug.
   anlagen des Einkaufszentrums „Centro“           Wir haben zu Arbeitsgerichtsprozessen
   in Oberhausen beauftragt.                    mobilisiert, wenn möglich selbst beob-
      Engagierte Gewerkschaftsmitglieder        achtend daran teilgenommen und an-
   wurden von der Unternehmensleitung           schließend darüber berichtet.
   systematisch schikaniert. Der Betriebsrat       Zu XXXLutz, der auch das Möbelhaus
   musste unter unzumutbaren Bedingun-          Rück in Oberhausen und Kröger in Essen
   gen arbeiten. Durch sein Modell, Trink-      übernommen hat, haben wir intensiv ge-
   gelder durch völlig unterbezahlte so-        arbeitet – innerhalb eines Netzwerks von
   genannte Sitzerinnen einsammeln zu           Initiativen und mit den Beschäftigten und
   lassen, um sie dann komplett einzukas-       ver.di zusammen.
   sieren, wurde InterClean zu der Zeit            Hier war es allerdings auch schon wäh-
   bundesweit bekannt.                          rend der laufenden Auseinandersetzung
      Wir haben den Aktionskreis gegrün-        so, dass der Betriebsrat bzw. die Beschäf-
   det, weil InterClean kein Einzelfall ist.    tigten von XXXL Rück nicht an den Tref-
   Solche Praktiken werden systematisch         fen oder an Aktionen von AKUWILL
   angewandt – und gegen organisierte An-       teilgenommen haben. Wir haben nur
   griffe hilft nur organisierte Gegenwehr.     mehr schlecht als recht miteinander ko-
      Wir haben die Machenschaften von          operiert. Da waren immer eine Distanz
   InterClean öffentlich gemacht und uns        und Berührungsängste, die wir nicht
   solidarisch mit den Betroffenen erklärt.     überwinden konnten.
   Wir haben die Verhandlungen vor dem             Öffentliche Aktionen haben wir auch

                                           34
PODIUMSGESPRÄCH :„N ETZWERKE GEGEN BR- M OBBING AUFBAUEN “

    organisiert bzw. uns an solchen beteiligt.       werkschaften:
    Zum Beispiel haben wir einen Flashmob               Die an der Entstehung von AKUWILL
    im Möbelhaus Rück gemacht – mit einer            maßgeblich beteiligte IG BAU ist – bislang
    kleinen Demo durch den ganzen Laden.             als einzige Gewerkschaft – offiziell Unter-
    Oder wir sind zu Streikkundgebungen ge-          stützerin unserer Initiative: ideell durch
    gangen. Die meisten Kundgebungen oder            eine entsprechende Erklärung auf unse-
    Infostände haben wir im Rahmen der von           rem Selbstverständnis-Flyer und personell
    der Aktion ./. Arbeitsunrecht initiierten        durch Mitarbeit. Finanzielle Unterstüt-
    „Schwarzen Freitage“ gemacht.                    zung erhalten wir nicht.
       Wir haben ein kleines Umfeld, das sich           Von Fällen wie oben angesprochen ha-
    an Aktionen beteiligt, wenn wir dazu auf-        ben wir aus anderen gewerkschaftlichen
    rufen. Und ein größeres Umfeld, das sich         Branchen (IGM) nur im Ansatz erfahren.
    dafür interessiert, was wir machen.              Diese sind meist intern behandelt und
    2. Welche Erfahrungen habt Ihr in bzw.           begleitet worden. Vermutlich weil es im
    mit Betrieben/betrieblichen Struktu-             Verständnis der jeweiligen Anlässe seitens
    ren/Gewerkschaften gemacht?                      der gewerkschaftlich Verantwortlichen
    AKUWILL ist aus der Zusammenarbeit               nicht die Wahrnehmung eines politisch-
    von Mitgliedern einer betrieblichen Inter-       gesellschaftlichen Problems gab und gibt.
    essenvertretung, Haupt- und Ehrenamtli-             Der räumlich zuständige Bezirksvor-
    chen einer Gewerkschaft und weiteren             stand von ver.di hatte unsere Anfrage
    interessierten Menschen hervorgegangen.          nach Unterstützung der AKUWILL-In-
    Diese erste Erfahrung, die Verstetigung von      itiative damals abgelehnt. Seiner Auffas-
    gelebter Solidarität, ist also eine positive.    sung nach sei AKUWILL ein Projekt der
       Allerdings haben die gemobbten BR-            IG BAU, und ver.di wolle sich nicht in die
    Mitglieder, die wir damals unterstützt ha-       Angelegenheiten einer anderen Gewerk-
    ben, nach dem Abschluss ihres Falls nicht        schaft einmischen.
    mehr in unserer Initiative mitgearbeitet            Ein weiteres Argument war, dass es sich
    und sich auch nicht mehr an unseren Ak-          bei BR-Mobbing bzw. Union Busting um
    tionen beteiligt.                                ein Problem handele, dass von allen Ge-
       Ähnliche Erfahrungen haben wir später         werkschaften – und genau ebendiesen –
    nach unseren Aktivitäten zu XXXLutz ge-          gemeinsam angegangen werden müsse.
    macht: Die Betroffenen hatten kein Inter-        Ver.di dürfe dem nicht vorgreifen. Der
    esse mehr an einer weiteren Zusammen-            DGB sei hier zuständig.
    arbeit, obwohl zumindest einigen von ih-            Entsprechende Aktivitäten bzw. Initia-
    nen klar war, dass das Vorgehen von              tiven seitens des DGB Mülheim-Essen-
    XXXLutz systematisch und kein Einzelfall         Oberhausen gibt es jedoch nicht.
    ist. Dass es viele weitere Menschen gibt,           Anstatt in AKUWILL eine Bündnis-
    die sich für die Interessen der Beschäftig-      partnerin zu sehen, mit der sie gemein-
    ten in ihrem Betrieb engagieren, denen es        sam gewerkschaftsfeindliches Handeln
    so ergeht, wie es zuvor ihnen selbst ergan-      von Geschäftsleitungen bekämpfen kann,
    gen ist. Und die in gleicher Weise Solidari-     stand offenbar die Befürchtung vor der
    tät benötigen.                                   Einmischung in „ihre“ Angelegenheiten
       Zur Frage unserer Erfahrungen mit Ge-         und vor Kontrollverlust im Vordergrund.

                                                35
PODIUMSGESPRÄCH :„N ETZWERKE GEGEN BR- M OBBING AUFBAUEN “

      Bisher sind wir den offensiven Schritt       uns weiterhin praktisch konzentrieren. Zur
   hin zu den anderen DGB-Gewerkschaften           Betreuung von Fällen über diese räumliche
   (beispielsweise bei Bekanntwerden eines         Grenze hinaus sieht sich die kleine, aber
   neuen Mobbingfalles in einem Betrieb)           stabile Aktivengruppe nicht in der Lage.
   noch nicht gegangen.                            Solidarische Unterstützung und Hilfe bei
      Hier haben wir Luft nach oben. Zumal         Aktionen schließt dies allerdings nicht aus.
   sich im Laufe der letzten drei oder vier           Unser Ziel bleibt die Aufklärung über
   Jahre einiges im öffentlichen Verständnis       derartige Vorkommnisse, deren Hinter-
   und in der Erfahrungswelt der Einzelge-         gründe und der Vermittlung der Erfah-
   werkschaften getan hat. Heute gibt es in        rungen im Abwehrkampf gegen diese
   den Gewerkschaften mehr Wissen über             Unternehmerpraktiken. Interessierte Ge-
   die Kapitalstrategien der systematischen        werkschafter und Kollegen aus Betrieben
   Bekämpfung von Gewerkschaften und               mittelbar anzusprechen, bleibt der wich-
   betrieblichen Interessenvertretungen so-        tigste Grund unserer Zusammenarbeit.
   wie der Notwendigkeit, Gegenstrategien             Zum Zweiten machen wir es uns zum
   zu entwickeln.                                  Ziel, Betroffenen konkrete Hilfe und Un-
      Die Kolleginnen und Kollegen erkennen        terstützung anzubieten. Das bedeutet u.a.,
   heute besser solche Machenschaften aus          innerhalb der DGB-Gewerkschaften dafür
   eigener Erfahrung, und sie wissen, dass es      Kräfte zur Solidarität und praktischen
   dringenden Handlungsbedarf gibt. So ist         Gegenwehr zu mobilisieren.
   zum gerade beendeten ver.di-Bundeskon-             In der folgenden Auflistung sind dem-
   gress durch die Inititiative von Aktiven der    nach unsere Prioritäten skizziert:
   Gruppe AKUWILL der Antrag „Aktiv ge-            1. Zuerst werden wir die Gewerkschafts-
   gen Mobbing von Betriebsräten/innen“                kontakte halten und erweitern. Daraus
   beim diesjährigen ver.di-Bundeskongress             folgt das Bemühen, eigene kleine ört-
   eingereicht worden.                                 liche Aktionen mit größtmöglicher
      Außerdem sind Einzelne in der (partei-           Medienwirkung durchzuführen.
   unabhängigen) ver.di-Linken NRW. Hier           2. Aber auch die Beteiligung an Aktionen
   stehen die Themen BR Mobbing bzw. Ge-               und Aktivitäten anderer themengleich
   werkschaftsbekämpfung auch immer                    arbeitender Gruppen – wie der Aktio-
   wieder aufder Tagesordnung.                         nen von Arbeitsunrecht zum „Schwar-
   3. Was sind Eure Perspektiven vor Ort               zen Freitag“.
   und zur Stärkung unseres bundeswei-             3. Mit kleinen Werbemaßnahmen wie
   ten Netzwerkes – wie besser und stärker             Aufklebern für Betriebe und Gewerk-
   werden?                                             schaftsräume möchten wir den Be-
      Perspektivische Grundlagen:                      kanntheitsgrad der Initiative AKUWILL
      AKUWILL legt seinen Schwerpunkt auf              und ihre Zielsetzung erhöhen.
   die politische Sensibilisierung für die         4. Ansprechpartner für gewerkschaftlich
   Praktiken des Betriebsrätemobbing und               organisierte und (noch) unorganisierte
   weitergehend des Union Busting diverser             Kolleginnen und Kollegen zu sein. Un-
   Unternehmen im näheren Einzugsgebiet                terstützung bei Anfragen zum Thema
   der Städte Mülheim-Essen-Oberhausen.                durch Betroffene, Betriebsräte, Gewerk-
   Aufdiesen räumlichen Bereich wollen wir             schaftsgruppen/Gliederungen.

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PODIUMSGESPRÄCH :„N ETZWERKE GEGEN BR- M OBBING AUFBAUEN “

    5. Entwicklung und Unterstützung von              Gremien und Konferenzen nutzen.
       Antragsbegehren von Gewerkschafts-             Beispiel Nr. 2:
       gliederungen an ihre eigenen Gewerk-           Die Unterstützung von Betroffenen bei
       schaften.                                      der Findung eines effektiven Rechtsbei-
       Hier sind auf den zurückliegenden              standes anhand von vorhandenen Adres-
    bundesweiten Konferenzen aus unserer              sen. Wir schlagen vor, die zu den letzten
    Sicht zwei sehr gute strategische Initia-         beiden Beispielen auf den Bundeskonfe-
    tiven vorgeschlagen worden, welche wir            renzen ausgetauschten Erfahrungen für
    gerne in unsere inhaltliche Arbeit auf-           alle Initiativen (elektronisch) zugänglich
    genommen haben:                                   zu machen und regelmäßig zu ergänzen
    Beispiel Nr. 1:                                   und zu vervollständigen.
    Die finanzielle und rechtliche Unterstüt-            Außerdem sollten Beschlüsse gewerk-
    zung von Betroffenen.                             schaftlicher Organisationen und Gliede-
       Genau hier lassen sich die bundes-             rungen (elektronisch) gesammelt und den
    weit gemachten Erfahrungen in Form von            Initiativen zur Verfügung gestellt werden.
    Antragsbegehren an Gewerkschaftsglie-
    derungen und Vorbereitung von Be-                 AKUWILL
    schlussvorschlägen an gewerkschaftliche

                       Diskussionsteilnehmerin

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PODIUMSGESPRÄCH :„N ETZWERKE GEGEN BR- M OBBING AUFBAUEN “

      Komitee „Solidarität gegen BR-Mobbing!“
   1. Wie ist Eure Struktur entstanden,            Grund, warum sie so entschieden be-
   und welche Erfahrungen habt Ihr bis-            kämpft werden. Sie verfügen deshalb auch
   lang gemacht?                                   über einen eigenen Erfahrungsschatz aus
   Im Jahr 2012 war der Gewerkschafter und         langen betrieblichen Auseinanderset-
   Betriebsrat Helmut Schmitt bei der Firma        zungen. Dieser ist für die Beratung neuer
   nora systems in Weinheim von der Ge-            Betroffener von großem Wert.
   schäftsleitung mit Unterstützung der               Der gezielte Austausch unter von BR-
   Mehrheit des Betriebsrats aus fadenschei-       Mobbing oder von Gewerkschaftsbekämp-
   nigen Gründen fristlos gekündigt worden.        fung Betroffenen wird nach unserer Infor-
      In der Folge entwickelte sich mit der        mation jedoch bisher kaum kontinuierlich
   Unterstützung von Betriebsrats- und Ge-         angeboten.
   werkschaftsmitgliedern aus der Region              Unser Schwerpunkt ist die Hilfe zur
   eine breite Solidarität innerhalb und au-       Selbsthilfe. Dabei geht es um den Aufbau
   ßerhalb des Betriebes.                          innerbetrieblicher Strukturen mit „harten
      Sie war erfolgreich, da die Rücknahme        Kernen“ von Personen, die in der Lage sind,
   der Kündigung und die Wiedereinsetzung          mittel- bzw. langfristig die Mobbingsituation
   von Helmut in den Betriebsrat durchge-          zu bekämpfen und die Situation im Betrieb
   setzt werden konnte. Das war die Geburts-       zugunsten der Belegschaften zu wenden.
   stunde unseres Soli-Komitees.                      Zu oft geht es aber auch darum, von
      Über die so gewonnenen Kontakte wur-         langjährigem Mobbing gezeichneten Be-
   den schnell weitere Fälle von BR-Mobbing        troffenen anzuraten, wie sie zunächst ihre
   in der näheren und weiteren Umgebung be-        Gesundheit wiedererlangen oder erhalten
   kannt (Bauhaus, Bilfinger, Bito, Borregaard,    können.
   GE, Hyundai, IKEA, Rhenus, XXXL …).                Wir erleben es immer wieder: Das Ziel
      In den regelmäßigen 14-tägigen Sitzun-       der Mobber ist die rücksichtslose Entfer-
   gen und in persönlichen Telefonaten be-         nung derjenigen, die dem Betrieb mit ih-
   sprechen wir auch heute noch mit den            rem Engagement für die Beschäftigten im
   Betroffenen die persönliche und betriebli-      Weg stehen. Da schrecken sie auch nicht
   che Situation vor Ort.                          vor der gesundheitlichen Zerstörung der
      Zudem organisieren wir praktische Un-        Menschen zurück.
   terstützung, zum Beispiel Soli-Aktionen            Darüber hinaus fordern wir die invol-
   vor Betrieben oder Begleitung zu Arbeits-       vierten Gewerkschaften zur Unterstützung
   gerichtsverfahren.                              auf, soweit dies noch nicht geschehen ist.
      Viele der Mitglieder des Soli-Komitees       Dies gilt sowohl für konkrete Fälle, als auch
   sind direkt betroffene oder ehemals betrof-     aufder überregionalen Ebene.
   fene Betriebsratsmitglieder oder Gewerk-           So waren wir zum Beispiel diejenigen,
   schafterInnen, die sich an vorderster Front     die den auf dem Gewerkschaftstag 2015
   für die Interessen der Belegschaft und für      gefassten Beschluss der IG Metall gegen
   eine starke gewerkschaftliche Gegenmacht        BR-Mobbing initiiert haben. Einen ähnli-
   engagieren oder engagiert haben.                chen Beschluss hat auf unsere Initiative
      Das ist in der Regel ein wesentlicher        hin auch der DGB gefasst. Diese Be-

                                              38
PODIUMSGESPRÄCH :„N ETZWERKE GEGEN BR- M OBBING AUFBAUEN “

    schlüsse fordern die Gewerkschaften zu          Mobbing-Angriffe bräuchte es aber viele
    nachhaltigem Handeln gegen BR-Mobbing           Austausch- und Unterstützungsstrukturen
    und Gewerkschaftsbekämpfung auf. Da             überall in der Republik, was wir natürlich
    dies noch längst nicht in allen Fällen aus-     nicht mehr leisten können. Aus diesem
    reichend passiert, lassen wir nicht locker.     Grund gibt es heute schon ein bundesweites
    2. Welche Erfahrungen habt Ihr in bzw.          Netzwerk von einigen örtlichen Initiativen,
    mit Betrieben/betrieblichen Struktu-            die sich regelmäßig miteinander in Tele-
    ren/Gewerkschaften gemacht?                     fonkonferenzen und Treffen austauschen.
    Ich fange mit den Gewerkschaften an.            Das reicht allerdings längst nicht aus.
    Sehr gute Erfahrungen machen wir mit               Wir sehen es als die ureigenste Aufgabe
    der IG Metall in Mannheim. Hier hat sich        der Gewerkschaften an, gerade diejenigen
    eine enge Zusammenarbeit entwickelt,            zu unterstützen, die an vorderster Front die
    was sich nicht zuletzt an der großzügigen       Belegschafts- und Gewerkschaftsinteressen
    Unterstützung unserer heutigen Konfe-           durchzusetzen versuchen und damit zu-
    renz gegen das BR-Mobbing durch die IG          nehmend ins Visier des Kapitals geraten.
    Metall zeigt.                                      Der bundesweite Aufbau von Austausch-
       Das gilt ähnlich für die Ortsgruppe          und Unterstützungsstrukturen ist somit eine
    Weinheim der IG BCE und die Arbeits-            wesentliche Aufgabe der Gewerkschaften.
    gruppe „Union Busting“ beim IGM-Vor-               Dieser Aufbau fällt nicht vom Himmel,
    stand. Wir stoßen hier auf ein großes           dazu muss viel von Vielen getan werden.
    Verständnis der Problematik des Mob-               Unter anderem dient diesem Ziel auch
    bings. Wir sind sehr froh, dass in den letz-    die Durchführung unserer heutigen Kon-
    ten Jahren auch ver.di Rhein-Neckar und         ferenz.
    der DGB Baden-Württemberg sich dem                 Viele Betroffene sind heute anwesend,
    brisanten Thema angenähert haben.               nicht zuletzt um sich auszutauschen.
       Ansonsten sehen wir durchaus noch               Wir würden uns sehr freuen, wenn dies
    große Verbesserungspotenziale. Viel zu oft      auch Anlass ist, um in anderen Städten den
    wird die Dimension der Angriffe der Ge-         Aufbau von Solidaritätsstrukturen anzu-
    schäftsleitungen nicht erkannt und dem-         gehen und deren Vernetzung zu stärken!
    zufolge auch nicht wirklich bekämpft.
    3. Was sind Eure Perspektiven vor Ort           Komitee „Solidarität gegen BR-Mobbing!“
    und zur Stärkung unseres bundeswei-
    ten Netzwerkes – wie besser und stärker
    werden?
    Zunächst geht es uns als Soli-Komitee um
    die Unterstützung derjenigen, die aktuell
    in den angesprochenen Auseinanderset-
    zungen sind und unsere Hilfe auch in An-
    spruch nehmen wollen. In unserer Region
    können und wollen wir das auch leisten.
       Vor dem Hintergrund ständig steigender

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PODIUMSGESPRÄCH :„N ETZWERKE GEGEN BR- M OBBING AUFBAUEN “

                                    work-watch
   1. Wie ist Eure Struktur entstanden,            schaften, zu geeigneten Rechtsanwälten,
   und welche Erfahrungen habt Ihr bis-            zu den Medien.
   lang gemacht?                                      Unsere Erfahrungen gehen also in bei-
   Wir haben infolge von journalistischen          de Richtungen: gute Unterstützung durch
   Berichten über Bossing und Union-Bus-           den gewerkschaftlichen Apparat bis hin
   ting einen Verein gegründet, der sich zum       zu völlig fehlendem Support oder sogar
   Ziel setzt, Betroffene zu begleiten, zu be-     Obstruktionspolitik.
   raten und Gegenwehr zu organisieren.            3.Was sind Eure Perspektiven vor Ort
      Zum (geringeren) Teil veröffentlichen wir    und zur Stärkung unseres bundeswei-
   die Konflikte über unsere Website. Unser        ten Netzwerkes – wie besser und stärker
   Hauptaugenmerk liegt auf der Unterstüt-         werden?
   zung betrieblicher Organisierung. Wenn es       Die Vernetzung wirkt hier besonders gut
   dafür sinnvoll und nützlich scheint, Veröf-     aufregionaler oder Branchenebene. Eine
   fentlichungen vorzunehmen, dann tun wir         bundesweite Vernetzung hat immer dann
   das. Aber auch nur, wenn die Betroffenen        positive Auswirkungen, wenn es darum
   ausdrücklich einverstanden sind.                geht, die Bossingmethoden und das Uni-
      Ein Teil der Kolleginnen und Kollegen,       on-Busting eines größeren Konzerns mit
   die wir beraten, haben wenig bis gar keine      vielen Filialbetrieben zu bekämpfen.
   gewerkschaftliche Unterstützung. Ande-          Darüberhinaus ist der bundesweite Aus-
   ren stehen hauptamtliche Gewerkschafter         tausch über gewerkschaftliche Aktivitäten
   zur Seite. Wir versuchen, die offizielle ge-    (Anträge auf Gewerkschaftstagen usw.)
   werkschaftliche Unterstützung zu verbes-        wertvoll und die Koordinierung von Ak-
   sern. Wenn das nicht möglich ist, arbeiten      tionen gegen überregional aktive Union-
   wir ohne diese Hilfe.                           Buster-Kanzleien.
   2. Welche Erfahrungen habt Ihr in bzw.
   mit Betrieben/betrieblichen Struktu-            work-watch
   ren/Gewerkschaften gemacht?
   Hauptamtliche Unterstützung der Kol-
   legInnen ist wichtig und essentiell. Wenn
   sie ausbleibt, fehlt es an organisatorischer
   Kraft. Wenn Hauptamtliche zeitlich nicht
   in der Lage oder politisch bzw. persönlich
   nicht willens sind, Unterstützung zu leis-
   ten, ist der Druck auf die KollegInnen,
   selber alles zu leisten, was der Apparat
   übernehmen könnte und müsste, enorm.
   Einen Teil des Drucks versuchen wir da-
   durch zu nehmen, dass wir gemeinsam
   mit den KollegInnen eigene Netzwerke
   aufbauen, also Kontakte zu anderen Be-
   triebsräten herstellen, zu anderen Beleg-

                                              40
I MPRESSIONEN VON DER KONFERENZ

TeilnehmerInnen des Podiumsgespräches.

                Ingo Marschner (Komitee „Solidarität gegen BR. Mobbing!“)

                                                                 41
I MPRESSIONEN VON DER KONFERENZ

Julia Friedrich (DGB Baden-Württemberg).

                                                    Diskussionsteilnehmer

Diskussionsteilnehmer

                                           42
I MPRESSIONEN VON DER KONFERENZ

                                      Dietrich Growe.

Roberto Rogler.

Plenum der Konferenz.

                                         43
Entschließung der 6. Bundeskonferenz „Betriebsräte im Visier”
Schluss mit der Bekämpfung von Betriebsräten, Personalräten
                und Mitarbeitervertretungen!
          Den fortgesetzten Rechtsbruch stoppen!
 BR-Mobbing und Gewerkschaftsbekämpfung haben Konjunktur. In der Öffentlichkeit wird –
 wenn überhaupt – nur die Spitze des Eisbergs wahrgenommen. Politik, Medien und Justiz
 befassen sich nur in seltenen Ausnahmefällen mit dem illegalen Treiben der Branche der BR-
 Mobber und Gewerkschaftsgegner. Diese fühlen sich dadurch in ihrem kriminellen Verhalten
 bestärkt – und machen sehr einträgliche Geschäfte.
    Die persönlichen Folgen des BR-Mobbing für die betroffenen Kolleginnen und Kollegen
 sind verheerend. Ihre Gesundheit, ihr soziales Umfeld, ihre berufliche Existenz und damit ihr
 Leben werden durch skrupellose und menschenverachtende Machenschaften zerstört.
    Auch aufder gesellschaftlichen und politischen Ebene sind die Folgen von BR-Mobbing und
 Gewerkschaftsbekämpfung extrem negativ. Zum einen werden demokratisch gewählte be-
 triebliche Interessenvertretungen von vorneherein verhindert. Zum anderen wird die Arbeit
 bereits existierender Gremien bewusst gestört und in der Konsequenz unmöglich gemacht.
 Damit verbunden sind in der Regel Angriffe aufdie gewerkschaftliche Organisierung am Ar-
 beitsplatz, aufdie Arbeitsbedingungen der Beschäftigten und aufdie Tarifbindung.
    Da diese Rechtsbrüche meist ungeahndet bleiben, wagen viele Aktive in der Folge nicht
 oder nicht mehr, sich für ihre verbrieften demokratischen Grund- und Menschenrechte ein-
 zusetzen. Das „Recht des Stärkeren“ wird zu einer Alltagserfahrung. Es gilt immer mehr als
 „Normalität“ – nicht nur am Arbeitsplatz, sondern zudem auch in vielen anderen Bereichen
 der Gesellschaft.
    Große Gewerkschaften wie IG Metall und ver.di haben sich ebenso wie der Deutsche Ge-
 werkschaftsbund (DGB) in den letzten Jahren zunehmend mit dieser sehr bedrohlichen Ent-
 wicklung befassen müssen.
    Es ist inzwischen erfreulicherweise eine Reihe von Beschlüssen zum Thema BR-Mobbing
 und Gewerkschaftsbekämpfung gefasst worden. Aber für ihre Umsetzung und die kontinuier-
 liche Entwicklung eines praktisch wirksamen und entschlossenen Widerstands gegen BR-
 Mobber und Gewerkschaftsfeinde gibt es noch viel Spielraum.
    Wir bekräftigen deshalb nicht nur unseren Mannheimer Appell gegen BR-Mobbing vom 11.
 Oktober 2014, sondern wir fordern zudem den DGB und die Einzelgewerkschaften auf,
    • allen Betroffenen schnelle und spürbare Unterstützung aufallen Ebenen zu gewähren
    • aktive Einsatzgruppen gegen BR-Mobbing zu bilden
    • und strategisch aktive betriebliche Gegenmacht zu fördern.
 Unsere von BR-Mobbing betroffenen Kolleginnen und Kollegen fordern wir auf:
    • Stärkt Eure betriebliche und überbetriebliche Organisierung und Vernetzung!
    • Verlangt öffentlich die Solidarität, die Euch zusteht!
                    Allein machen sie Dich ein! Nur gemeinsam sind wir stark!
              Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der 6. bundesweiten Konferenz
                                      „Betriebsräte im Visier“
                                 Mannheim, den 19. Oktober 2019

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