Biodiesel als Chance für den Ölsaatenanbau - Biodiesel - Prospects for oilseed production
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Biodiesel als Chance für den Ölsaatenanbau . Biodiesel – Prospects for oilseed production Christoph WALLA Zusammenfassung Dieser Beitrag beschäftigt sich mit dem Markt für Biodiesel in Europa. Vorgestellt werden wesentliche Entwicklungen im Treibstoffsektor in der Vergangenheit und in der Zukunft, insbesondere wird auf Biodiesel wegen der großen Bedeutung für die Agrarmärkte eingegangen. Es ist anzunehmen dass es in den nächsten Jahren zu einem knapperen Angebot an Ölsaaten und Pflanzenölen kommt, wodurch höhere Erzeugerpreis erwartet werden können. Schlagworte: Treibstoffbedarf, Biodiesel, Ölsaaten, Raps Summary This paper deals with the market for biodiesel in Europe, presenting the main trends and developments in the past and present use of road fuels. Due to its significance for agricultural markets, particular emphasis is placed on biodiesel. The paper ends with a discussion of the impact on the European oil seed production. Keywords: Road fuel demand, Biodiesel, Oilseeds, Rape 1. Einleitung Die Europäische Union (EU) ist der zweit größte Energieverbraucher und der größte Energieimporteur der Welt. Im Grünbuch „Energie für die Zukunft“ aus 1996 setzt sich die Europäische Union das Ziel einer stärkeren Nutzung erneuerbarer Energieträger (EC, 1996). Der Anteil in der EU soll bis 2010 von 6% auf 12% erhöht werden. Im Weißbuch „Energie für die Zukunft – Erneuerbare Energieträger“ aus 1997 präsentiert die Europäische Kommission einen Aktionsplan um faire Marktchancen für erneuerbare . Erschienen 2006 in: I. Darnhofer, C. Walla und H.K. Wytrzens (Hrsg.). Alternative Strategien für die Landwirtschaft. Wien: Facultas, S. 165-171.
166 Walla Energieträger zu schaffen und die gesetzten Ziele zu erreichen (EC, 1997). Im Grünbuch „Strategie zur Energieversorgungssicherheit“ der Europäi- schen Kommission aus 2000 werden Strategien vorgestellt, die Energiever- sorgungssicherheit zu erhöhen (EC, 2000). Ein bedeutender Punkt ist die stärkere Nutzung erneuerbarer Energieträger. Für die Erreichung der Ziele im Treibstoffmarkt wurde die „Richtlinie zur Förderung der Verwendung von Biokraftstoffen oder anderen erneuer- baren Kraftstoffen im Verkehrssektor“ erlassen (2003/30/EG). Die Mitglied- staaten sollen den Anteil von Biokraftstoffen am Treibstoffverbrauch auf 5,75% energetisch bis 31.12.2010 steigern. Die Biotreibstoffe können sowohl aus fester Biomasse wie zB. Holz, Stroh, Getreide als auch aus flüssiger Biomasse wie zB. Pflanzenölen erzeugt werden. In der EU-Richline sind folgende flüssige oder gasförmige Treib- stoffe die aus Biomasse erzeugt werden gennant: Bioethanol, Biodiesel, Biogas, Biomethanol, Biodimethylether, Bioethyltertiärbutylether (Bio- ETBE), Biomethyltertiärbutylether (Bio-MTBE), synthetische Biokraftstoffe, Biowasserstoffe und reines Pflanzenöl. 2. Treibstoffmarkt in der EU Bei der Beschreibung des Treibstoffmarktes wird nur das Segment des Straßenverkehrs betrachtet. In den Ländern der Europäischen Union gibt es seit Jahrzehnten höhere Mineralölsteuern für Benzin als für Diesel (Metschies, 2005, 51). 4,5 4 Millionen Barrels pro Tag 3,5 B enzinverbrauch 3 2,5 Dieselverbrauch 2 1,5 1 0,5 0 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 Abb. 1: Entwicklung des Treibstoffverbrauchs in der EU Quelle: Wood Mackenzie, 2006
Biodiesel als Chance für den Ölsaatenanbau 167 Der günstigere Verbraucherpreis für Diesel und der geringere Kraftstoff- verbrauch der Dieselfahrzeuge führten zur „Dieselisierung“ Europas (vgl. Abbildung 1). Benzin und Diesel werden üblicherweise aus Rohöl bei der fraktionier- ten Destillation hergestellt. Die Ausbeuten der beiden Produkte stehen in einem engen Verhältnis, das sich nur wenig beeinflussen lässt. Die europäi- schen Raffinerien versuchen die Dieselnachfrage aus eigener Produktion zu decken und produzieren dabei Überschüsse an Benzin, die in der Regel nach Nord Amerika verkauft werden. Im Jahr 2005 konnte die Dieselnachfrage nicht mehr vollständig von den europäischen Raffinerien gedeckt werden. Analysen von Wood Mackenzie (2006) zufolge wird das Defizit an Diesel in den nächsten Jahren weiter zunehmen. 2.1 Dieselmarkt Der Dieselverbrauch der Europäischen Union betrug im Jahr 2004 rund 185 Mio. Tonnen (Eurostat, 2006). Die Länder mit dem höchsten Verbrauch sind Frankreich und Deutschland (vgl. Abbildung 2). 35000 30000 Dieselverbrauch in 1.000 t 25000 20000 15000 10000 5000 0 CY M PL NL IRL L F I CZ SF E GB B P S DK SK LV D GR H SLO AT LT EW Abb. 2: Dieselverbrauch in der EU 25 im Jahr 2004 Quelle: Eurostat 2006 Nach Schätzungen von Wood Mackenzie (2006) wird der Dieselmarkt in Europa zwischen 2003 und 2015 mit zirka 2,5% pro Jahr wachsen.
168 Walla 2.2 Biodieselmarkt Biodiesel ist ein Fettsäuremethylester und wird durch die Umesterung von Pflanzenöl hergestellt. Dabei werden ca. 10% des Pflanzenöls als Glyzerin abgetrennt und durch Methanol ersetzt. Eine Produktion ist aber auch aus Altspeiseöl und Tierfetten möglich. Für die Produktion von einer Tonne Biodiesel wird eine Tonne Pflanzenöl benötigt (Mittelbach et al., 2004, 9ff). Der europäische Biodieselmarkt besteht aus zwei Segmenten: • B5 (Beimischung zum fossilen Diesel im Ausmaß von zirka 5%), • B100 (Verwendung in reiner Form, 100% Biodiesel). B5 ist von allen europäischen Fahrzeuganbietern anerkannt, es sind keine Umbauten oder Zusatzausrüstungen nötig. B5 darf ungekennzeichnet in verkehr gebracht werden. Fahrzeuge die mit B100 betrieben werden müssen vom Hersteller freigegeben werden. In Europa erlauben alle Hersteller von Nutzfahrzeugen und einige PKW Hersteller den Betrieb mit B100 ohne Zusatzausrüstung. Derzeit ist die EU-Biokraftstoffrichtlinie in 20 Ländern umgesetzt worden. Die jeweiligen Gesetze sehen eine freiwillige Beimischung von Biodiesel auf Basis von Steuerbegünstigungen vor (EC, 2006b, 18). In Deutschland wurde eine verpflichtende Biodieselquote per Gesetz verordnet (BMF, 2006). Bei vollständiger Umsetzung der EU-Biokraftstoffrichtlinie würde sich für B5 bis 2010 ein Markt von rund 14 Mio. Tonnen Biodiesel pro Jahr entwickeln. Das Segment B100 ist derzeit nur in Deutschland und Österreich etabliert, in einigen anderen europäischen Ländern ist die reine Verwen- dung nur von selbst erzeugtem Biodiesel möglich. Berichte über das Markt- volumen gibt es derzeit nur von Deutschland: im Jahr 2005 wurden 1,18 Mio. Tonnen an Biodiesel in reiner Form verwendet (vgl. Evers, 2006, 10). Seit 1.8.2006 ist Biodiesel in Deutschland nicht mehr von der Mineralölsteuer befreit (BGBL. I 33/2006). Welche Auswirkungen die Besteuerung von B100 auf die Nachfrage und das Marktsegment hat ist derzeit nicht abschätzbar. 3. Rohstoffe für Biodiesel Biodiesel der in der EU vermarktet wird muss der Norm EN-14214 entsprechen. Es sind 28 Eigenschaften von Biodiesel genormt, unter anderem die Jodzahl, eine Kenngröße für die Anzahl ungesättigter Fettsäuren und das Kälteverhalten. Die Jodzahl ist mit einem Maximum von 120 g Jod je 100 g beschränkt. Für das Kälteverhalten sind der CP, jene Temperatur bei der der Biodiesel Trüb wird und der PP, jene Temperatur bei der der Biodiesel fest wird genormt. Der CP muss kleiner als -2°C und der PP kleiner als -9°C sein (EN-14214 und Knothe et al., 2005, 82). Tabelle 1
Biodiesel als Chance für den Ölsaatenanbau 169 zeigt die Eigenschaften von Biodiesel der aus unterschiedlichen Rohstoffen hergestellt wurde. Biodiesel aus Rapsöl (Rapsmethylester) erfüllt alle genormten Eigenschaften. Sonnenblumenöl und Sojaöl sind reich an ungesättigten Fettsäuren wodurch die Jodzahl größer als der Normwert ist. Tab. 1: Eigenschaften von Biodiesel unterschiedlicher Rohstoffe Eigenschaft Raps- Sonnenblumen- Soja- Altspeisöl- methylester methylester methylester methylester Jodzahl (in g/100g) 108 124 125 107 Kälteverhalten CP (in °C) -3 -3 -2 -2 PP (in °C) -15 -8 -5 -6 Quelle: Mittelbach et al., 2004, 301f ;Wörgether et al., 2006, 32f 4. Ölsaaten- und Pflanzenölproduktion In der EU wurden im Jahr 2005 auf rund 7 Mio. Hektar Ölsaaten angebaut. Die Produktion betrug 19,7 Mio. Tonnen, davon waren rund 75% Raps. In die EU wurden 19 Mio. Tonnen importiert, Sojabohnen hatten den gößten Anteil mit mehr als 80%. Der Verbrauch an Ölsaaten lag bei 38,7 Mio. Tonnen. In Tabelle 2 sind die drei häufigsten Ölsaaten angeführt (FAO, 2006; Oil World, 2006). Tab. 2: Ölsaatenanbau, Produktion und Handel in Europa im Jahr 2005 Ölsaat Raps Sonnenblumen Sojabohnen Anbaufläche (in ha) 4,732.837 2,022.369 280.116 Produktion (in t) 14,979.702 3,898.286 920.969 Exporte (in t) 289.000 109.000 11.000 Importe (in t) 161.000 754.000 15,443.000 Lagerbestand (in t) 1,220.000 250.000 1,180.000 Quelle: FAO, 2006; Oil World, 2006 Prognosen der Europäischen Kommission zur Folge wird die Ölsaaten- produktion bis zum Jahr 2010 auf 24,3 Mio. Tonnen ansteigen. Die Produktionssteigerung wird hauptsächlich durch Flächenausweitung und Ertragssteigerung bei Raps erreicht (vgl. EC, 2006a, 19). Im Jahr 2005 wurden in der EU rund 17,6 Mio. Tonnen Pflanzenöl erzeugt. Die Exporte beliefen sich auf 1,8 Mio. Tonnen und die Importe auf 7,8 Mio. Tonnen. Der Verbrauch betrug 23,3 Mio. Tonnen, wovon rund 85% als Lebensmittel verbraucht werden. Zur Produktion von Biodiesel rund 2,4 Mio. Tonnen oder rund 10% verwendet. Da es sich fast ausschließlich um Rapsöl handelte wurde rund die Hälfte des verfügbaren Rapsöls zur Biodieselerzeugung genutzt. In Tabelle 3 sind die drei häufigsten Pflanzen-
170 Walla öle angeführt (Oil World, 2006). Tab. 3: Pflanzenölproduktion und Handel in Europa im Jahr 2005 Pflanzenöl Rapsöl Sonnen- Sojaöl Palmöl blumenöl Ölproduktion in der EU (in t) 5,458.000 1,751.000 2,597.000 - Exporte (in t) 139.000 131.000 490.000 133.000 Importe (in t) 33.000 824.000 191.000 4,449.000 Lagerbestand (in t) 305.000 130.000 174.000 240.000 Quelle: Oil World, 2006 5. Schlussfolgerungen Die EU-Biotreibstoffrichtlinie lässt offen mit welchen Biotreibstoffen die Beimischungsziele erfüllt werden. Die Trends im europäischen Treibstoff- markt zeigen ein wachsendes Defizit bei Diesel das durch die Beimischung von Biodiesel ausgeglichen werden könnte. Eine zusätzliche Marktent- lastung könnte durch die Verwendung von Biodiesel in reiner Form geschehen. Biodiesel kann aus einer Vielzahl unterschiedlicher Rohstoffe erzeugt werden. Die Anforderungen der Norm werden nur von Biodiesel aus Rapsöl erfüllt. Damit die Ziele der EU-Biotreibstoffrichtlinie erreicht werden sind bedeutend höhere Flächenausweitungen nötig als von der Europäischen Kommission prognostiziert werden. Die fehlenden Mengen an Rapsöl am Lebensmittelmarkt müssen durch andere Pflanzenöle gedeckt werden. Es ist anzunehmen dass es in den nächsten Jahren zu einem knapperen Angebot an Ölsaaten und Pflanzenöl kommt, wodurch höhere Erzeugerpreis erwartet werden können. Zweistellige Zuwächse der Biodieselproduktion werden besonders bei Raps und Rapsöl zu einer Verknappung führen. Literatur BMF - BUNDESMINISTERIUM DER FINANZEN (2006): Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Biokraftstoffquote durch Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und zur Änderung energie- und stromsteuerrechtlicher Vorschriften (Biokraftstoffquoten- gesetz - BioKraftQuG). www.bundesrat.de/nn_7218 (23.9.2006) EC - EUROPÄISCHE KOMMISSION (1996): Grünbuch – Energie für die Zukunft. DG Energie, COM(1996) 583. EC - EUROPÄISCHE KOMMISSION (1997): Weißbuch – Energie für die Zukunft – Erneuerbare Energieträger. DG Energie, COM(1997) 599. EC - EUROPÄISCHE KOMMISSION (2000): Grünbuch – Strategie zur Energieversorgungs- sicherheit. DG Energie, COM(2000) 769. EC - EUROPÄISCHE KOMMISSION (2006a): Prospects for Agricultural Markets and Income in the European Union. DG Landwirtschaft.
Biodiesel als Chance für den Ölsaatenanbau 171 EC - EUROPÄISCHE KOMMISSION (2006b): An EU Strategy for Biofuels. DG Energie, COM(2006) 34. EVERS, D. (2006): The German biodiesel market - Recent developments. http://www. biokraftstoffeverband.de/vdb/ (25.7.2006). FAO (2006): FAO-Database. http://faostat.fao.org/ (20.7.2006). METSCHIES, G. (2005): International Fuel Prices 2005. Eschborn: GTZ. MITTELBACH, M. und REMSCHMIDT, C. (2004): Biodiesel - The comprehensive handbook. Wien: Börsedruck OIL WORLD (2006): Oil World Statistics Update. www.oilworld.com (26.5.2006). KNOTHE, G.; KRAHL, J. und GERPEN, J. (2005): The biodiesel handbook. Champaign: AOCS Press. WOOD MACKANZIE (2006): The long and short of it - European product imbalances and their implications. Multi-client Study. Eigenverlag. WÖRGETHER, M., PRANKL, H., RATHBAUER, J. und BACOVSKY, D. (2006): Local and innovative biodiesel. Final Report, EU-ALTENER Project Nr. 4.1030/C/02-022. Anschrift des Verfassers DI Dr. Christoph Walla BIOLUX Biofuel Biotreibstoffproduktions- und Handels GmbH Wolfholzgasse 28, 2345 Brunn am Gebirge, Österreich eMail: c.walla@biolux.at
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