Biodiversitätsdaten, Citizen Science und Online-Erfassungssysteme - Überblick und Erfahrungsbericht
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Verschiedenes Abbildung 1 Peter K aufmann und Robert Lindner Mit Observation.org lassen Biodiversitätsdaten, Citizen Science sich Beobachtungen unter schiedlichster Organismen gruppen von der Flechte und Online-Erfassungssysteme – bis zum Säugetier erfassen und dokumentieren. Überblick und Erfahrungsbericht Dadurch werden wertvolle Daten für Forschung und Artenschutz gesammelt (Bilder aus Observation.org: Henrik Klar, Helmut Witt Das Haus der Natur dokumentiert seit über 20 Jahren Daten zur Flora und Fauna Salzburgs mann, Matthias Streitberger, in der Biodiversitätsdatenbank. Um vor allem den ehrenamtlichen Datenmeldern ein zeit Peter Kaufmann, Thomas gemäßes Erfassungssystem zur Verfügung zu stellen, wurden verschiedene Online-Melde Rücker, Hans Ehmann, plattformen evaluiert und vergleichend gegenübergestellt. Das in den Niederlanden entwi Johannes Reitsamer, Eva ckelte Portal Observation.org entsprach vor allem aufgrund der Funktionalitäten in Bezug Szekeres). auf Datenvalidierung und der weltweiten Eingabemöglichkeit zu allen Organismengruppen weitgehend den formulierten Ansprüchen. Dank der Kooperation mit Observation Internatio nal können Naturbeobachtungen nun online und mit dem Smartphone über Observation.org erfasst und in die Biodiversitätsdatenbank übernommen werden. Beobachtungen mit Foto können automatisch bestimmt und von Experten direkt überprüft werden. Biodiversitätsdaten sind eine grundlegende (Lindner 2003; L awrence & Turnhout 2010). Eine B asis für Schutz und Erforschung von Tier- und nachhaltige Dokumentation von Biodiversitäts Pflanzenarten, ihr tatsächlicher Wert entsteht daten bedingt, dass die Daten standardisiert jedoch erst durch Aggregation und Nutzbar erfasst und sie dann möglichst vielen poten machung. Einzelbeobachtungen werden erst in ziellen Nutzern verfügbar gemacht werden. der Zusammenschau mit Beobachtungen von Außerdem ist die Nutzbarmachung derarti anderen Personen zu relevanten Datenquellen ger Daten im Sinne des Naturschutzes eine ANLIEGEN NATUR 43(1), 2021 1
K aufmann & Lindner: Verschiedenes Biodiversitätsdaten, Citizen Science und Online-Erfassungssysteme Die Salzburger Biodiversitätsdatenbank Die Salzburger Biodiversitätsdatenbank wurde im Jahr 2000 vom Haus der Natur initiiert und seitdem in Kooperation mit der Naturschutzabteilung des Landes Salzburg und dem Nationalpark Hohe Tauern geführt. Derzeit umfasst die Datenbank knapp 1,9 Millionen Datensätze zu Tieren, Pflanzen und Pilzen. Neben den genannten Kooperationspartnern haben auch Nichtregierungsorganisationen (NGO), die Landesumweltanwaltschaft oder Projektplaner die Möglichkeit, auf diese Daten zuzugreifen. Die Daten fließen in regionale und nationale Atlanten und Rote Listen ein (Kyek & M aletzky 2006; Illich et al. 2010; Slotta-Bachmayr et al. 2012; Stüber et al. 2014; Zuna-K ratky et al. 2017) und sind auch Grund lage für akademische Forschung, etwa im Rahmen von universitären Projekten und Ab schlussarbeiten. Um die Daten auch der internationalen Wissenschaftsgemeinschaft zur Verfügung zu stellen, beteiligt sich das Haus am globalen GBIF-Netzwerk (Global Biodiver sity Information Facility) und betreibt dort zwei Datenknoten (www.gbif.org/publisher/ 7a070ba0-bafb-11d9-8e53-b8a03c50a862/metrics). wichtige Motivationsgrundlage für die beteilig (vergleiche Abbildung 2). Im Laufe der Zeit ten, oftmals ehrenamtlichen Datenmelder (siehe wurden sukzessive auch Daten aus der Litera L awrence & Turnhout 2010; Ganzevoort et al. 2017). tur, aus Forschungsarbeiten und Privatgutach Genau dieses Ziel verfolgt die Salzburger Bio ten – soweit verfügbar – in die Datenbank ein diversitätsdatenbank am Haus der Natur. Seit gepflegt. D arüber hinaus fließen Daten aus mehr als 20 Jahren werden hier Verbreitungs Kartierungen oder Monitoring-Projekten in die daten aus einer breiten Quellenbasis zu ver Datenbank ein. Der zahlenmäßig größte Teil schiedensten Organismengruppen im Bundes der Daten umfasst jedoch ehrenamtlich erho land Salzburg und darüber hinaus gesammelt bene Beobachtungen, vor allem der Mitglieder und verwaltet (Dämon et al. 2004). der Arbeitsg emeinschaften am Haus der Natur. Diese Arbeitsgemeinschaften sind selbstorga Der erste Ausgangspunkt der Salzburger Biodi nisierte Citizen Science-Gruppen, die sich mit versitätsdatenbank waren die Sammlungen am der Erforschung der Natur Salzburgs beschäfti Haus der Natur. Belege aus dem Herbar, der gen (siehe: www.hausdernatur.at/de/ entomologischen Sammlung sowie der Wirbel arbeitsgruppen.html). tiersammlung werden verortet und digitalisiert Abbildung 2 Während der Ursprung der Biodi versitätsforschung vielerorts im Sam meln von physi schen Präparaten liegt und diese für genetische und morphologische Studien zwar uner setzbar bleiben, ge winnen digitale Beobachtungsdaten in den letzten Jahr zehnten zunehmend an Bedeutung für Natur- und Arten schutz ( Foto: Robert Lindner). 2 online preview ANLIEGEN NATUR 43(1), 2021
K aufmann & Lindner: Biodiversitätsdaten, Citizen Science und Online-Erfassungssysteme Verschiedenes Um die ehrenamtlichen Kartierer in ihrer Tätig überprüfbar sein. Ein offener Umgang mit den keit zu unterstützen und zu motivieren ist es erfassten Daten war Grundvoraussetzung für wichtig, zeitgemäße und effektive Werkzeuge weitere Kooperationsüberlegungen. Tabelle 1 zur Datenerfassung zur Verfügung zu stellen. bietet einen überblicksartigen Vergleich der Die eigenen Beobachtungen selbstständig Datenplattformen hinsichtlich dieser Kriterien o nline eingeben und verwalten zu können, ist sowie unsere diesbezügliche Einstufung. ebenso wichtig, wie die Möglichkeit mit Exper ten zu interagieren und Rückmeldungen zu Im Hinblick auf die Qualität und Validierung der den Beobachtungen zu erhalten. Daten unterscheiden sich die Systeme grundle gend. Während auf iNaturalist und Naturgucker Da die Entwicklung und vor allem die langfristi alle Benutzer ohne Rücksicht auf ihre Qualifizie ge Sicherstellung des Betriebs eines eigenen rung über das Bestimmungsergebnis eines Be Online-Erfassungssystems aufgrund des hohen legfotos „abstimmen“ können, werden auf Ob Ressourcen- und Kostenaufwands für eine ein servation, Naturbeobachtung und Ornitho klare zelne Institution wie das Haus der Natur kaum Benutzerrollen definiert, sodass nur gewisse Be praktikabel und jedenfalls nicht nachhaltig ist, nutzer (Experten) ein Bestimmungsergebnis als begannen wir 2018, bestehende Online-Erfas korrekt einstufen oder gegebenenfalls korrigie sungssysteme zu evaluieren. ren können. Als Partnerorganisation ist es für uns maßgeblich, festlegen zu können, welche Vergleich Meldeplattformen Personen letztlich über das Bestimmungser Sehr rasch rückte Observation.org in den Mit gebnis einer Beobachtung entscheiden, da das telpunkt der Überlegungen. Es handelt sich Museum mit der Weiterverwendung der Daten um eine der weltweit größten Naturbeobach auch für dessen Qualität bürgt. tungsplattformen, die von der niederländi schen Stiftung Observation am Naturalis Mu Zur Beurteilung der Datenqualität wurde stich seum in Leiden (Niederlande) betrieben wird. probenartig überprüft, ob und wie viele nicht Vor der endgültigen Entscheidung galt es je plausible oder offensichtlich falsch bestimmte doch, diese Plattform mit der Vielzahl weiterer Daten gefunden werden konnten, die auf der regionaler und internationaler Citizen Science- jeweiligen Plattform als korrekt eingestuft wa Naturbeobachtungsplattformen zu verglei ren. Naturgucker schneidet hierbei mit vielen chen. In Österreich betreibt der Naturschutz nicht plausiblen Daten, die auch in GBIF einge bund naturbeobachtung.at, in Deutschland speist werden, vergleichsweise schlecht ab. Auf erfreut sich Naturgucker.de großer Beliebtheit. Naturbeobachtung und iNaturalist wurden nur Zu den gängigsten internationalen Systemen vereinzelt fälschlich validierte Belegfotos ge gehört die Vogelbeobachtungsplattform Orni funden und auf Ornitho konnten keinerlei feh tho, die in mehreren europäischen Ländern lerhafte Daten gefunden werden. Auf Observa verfügbar ist und in der Regel von den jewei tion sind in einzelnen Organismengruppen ligen nationalen Vogelschutzorganisationen oder Regionen zwar viele unsicher oder falsch betrieben wird. Die amerikanische Erfassungs bestimmte Meldungen zu finden, die allerdings plattform iNaturalist gewinnt in den letzten noch nicht validiert wurden und dementspre Jahren auch in Europa immer mehr Zulauf chend auch nicht weiterverarbeitet werden. (vergleiche auch G uariento et al. 2020). Für die Einstufung der Benutzerfreundlichkeit Diese Plattformen bieten auf den ersten Blick wurde versucht zu klassifizieren, wie umfang ähnliche Funktionen, unterscheiden sich je reich und intuitiv die Funktionen der Websei doch in ihrer Ontogenese und Ausrichtung. ten f ür den Benutzer sind. Während Naturbe Während manche Plattformen einen Schwer obachtung, Naturgucker und Ornitho eher punkt auf regionale Öffentlichkeitsarbeit und klassische Designs und komplizierte oder ein Bewusstseinsbildung setzen, haben andere geschränkte Abfragemöglichkeiten bieten, hat Plattformen die klare Zielsetzung, wissenschaft iNaturalist das modernste und ansprechendste lich verwertbare Daten zu generieren. Für die Interface, das sehr an soziale Netzwerke erin letztendliche Entscheidung waren für uns meh nert. Observation befindet sich gerade in einer rere Kriterien ausschlaggebend: Die Plattform Modernisierungsphase, sodass der internatio sollte die Möglichkeit bieten, Beobachtungen nale Einstieg bereits ein zeitgemäßes und be aller Organismengruppen möglichst weltweit nutzerfreundliches Layout bietet, wohingegen erfassen zu können. Die Qualität der erfassten die regionalen Subdomains noch im alten De Daten sollte durch ein Validierungssystem klar sign sind und eher nur Flachleute ansprechen. ANLIEGEN NATUR 43(1), 2021 online preview 3
K aufmann & Lindner: Verschiedenes Biodiversitätsdaten, Citizen Science und Online-Erfassungssysteme Plattform Naturbeobachtung.at Naturgucker.de Ornitho.de iNaturalist.org Observation.org Organisation Naturschutzbund naturgucker.de Dachverband Deut California Academy of Stiftung Observation Österreich gemeinnützige eG scher Avifaunisten / Sciences und National International Birdlife Geographic Betreiber Science4you Gemeinnützige eG Biolovision Forschungseinrichtung Gemeinnützige im Auftrag von NGO im Auftrag von NGOs Stiftung Sitz AT (+) DE (+) CH (+/–) USA (–) NL (+) Validierung Experten (+) Benutzer und Experten (+) Benutzer (+/–) Experten (+) Experten (+/–) Datenqualität Überwiegend gut (+/–) Fehlerhaft (–) Sehr gut (+) Überwiegend gut (+/–) Gut (+) Benutzer Mäßig (+/–) Mäßig (+/–) Mäßig (+/–) Sehr gut (+) In Modernisierung (+/–) freundlichkeit Organismen- Seit 2020 alle (+/–) Alle (+) Vögel (–) Alle (+) Alle (+) Gruppen Weltweite Ja (+) Ja (+) Nein (–) Ja (+) Ja (+) Eingabe Offene Daten Nein (–) Ja (GBIF) (+) Nein (–) Ja (Direktdownload Ja (GBIF) (+) und GBIF) (+) Aktueller Daten- AT DE DE, FR, CH, IT, ES, AT Nord- und Südamerika, NL, BE, ES, DE und AT schwerpunkt und PL Australien Daten ? 131.934 7 Millionen 233.216 276.304 Österreich Daten ? 8 Millionen 54 Millionen 1,2 Millionen 1,5 Millionen Deutschland Daten weltweit 589.461 12 Millionen > 160 Millionen 65 Millionen 147 Millionen Tabelle 1 Gegenüberstellung der gängigsten Erfassungs systeme für Biodiversi Alle evaluierten Systeme eignen sich prinzipi zentrale Datenschnittstelle ist jedoch gerade in tätsdaten im Hinblick ell zur Erfassung verschiedener Organismen Anbetracht der Vielzahl neuer Meldesysteme auf die für uns relevan ten Kriterien (Daten gruppen. Auf Naturbeobachtung.at werden eine entscheidende Chance, dem Problem der stand: Februar 2021). erst seit 2020 Pflanzen erfasst und Ornitho zunehmenden Datenstreuung entgegenzuwir konzentriert sich in den meisten Ländern auf ken und damit letztlich auch Konkurrenzsituati Vogelbeobachtungen. Zwar können theore onen zu vermeiden. tisch auch andere Organismengruppen mit Ornitho beziehungsweise deren App erfasst Im Sinne der nachhaltigen Verfügbarkeit sowie werden, allerdings werden diese Daten in den der Weiterentwicklungsmöglichkeiten der Platt meisten Ländern (außer beispielsweise Italien) form und ihrer Daten sind zusätzlich zu den derzeit nicht auf den Webseiten dargestellt oben genannten Kriterien auch das Organisati oder überprüft. onsmodell und die Finanzierung des Systems von Bedeutung. iNaturalist und Observation Auch der Umgang in Bezug auf Weitergabe werden direkt von den jeweiligen Organisatio und Offenlegung der Daten unterscheidet sich nen getragen und haben ihren Sitz jeweils an bei den verschiedenen Meldeplattformen. einem etablierten Museum. Naturgucker.de ist Während Observation, iNaturalist und Naturgu selbstständig als gemeinnützige eingetragene cker alle überprüften Daten in das GBIF-Netz Genossenschaft organisiert. Naturbeobachtung werk speisen und damit gebündelt jedermann und Ornitho werden hingegen von privaten Fir zur Nutzung bereitstellen, fehlen Ornitho und men betrieben, die im Auftrag der jeweiligen Naturbeobachtung hier derzeit noch. GBIF als NGO arbeiten. 4 online preview ANLIEGEN NATUR 43(1), 2021
K aufmann & Lindner: Biodiversitätsdaten, Citizen Science und Online-Erfassungssysteme Verschiedenes Abbildung 3 Observation.org Naturbeobachtung, Naturgucker und Observa Dieser Vertrag regelt, dass die Experten am bietet Smartphone- tion haben Organisationssitz und Server in der Haus der Natur und aus den Arbeitsgemein Apps, mit denen Europäischen Union. Biolovision Sàrl, die Orni schaften Observation.org nutzen und österrei Daten gesammelt und Fotos automa tho im Auftrag der jeweiligen Landesinstitutio chische Beobachtungen, soweit ihnen dies tisch bestimmt nen betreiben, haben ihren Sitz in der Schweiz möglich ist, überprüfen und validieren. Im Ge werden können. und iNaturalist hat Ursprung und Sitz in den genzug dazu dürfen diese Daten in die Bio Auf der Webseite Vereinigten Staaten. Im Hinblick auf europäi diversitätsdatenbank zur Weiterverarbeitung werden die erfass sche Digitalisierungsinitiativen sowie zur Stär übernommen werden. ten Daten von Ex perten überprüft kung einer eigenständigen europäischen For Erfahrungen mit Observation.org und validiert (Foto schungsinfrastruktur glauben wir, dass auch im und Bearbeitung: Zusammenhang mit der Erfassung von Biodi An Observation International arbeiten neben Peter Kaufmann). versitätsdaten europäischen Systemen der Vor den Niederlanden auch Partnerorganisationen zug gegeben werden sollte. Letztendlich wird in Belgien, Spanien, Österreich und Deutsch wohl auch im Hinblick auf die Einbindung von land (Nordrhein-Westfalen) mit. In der Regel Projekten und Initiativen in das Fördersystem betreiben diese Partner regionale Subdomains, der Europäischen Union die Nutzung europäi auf denen die Daten für das jeweilige Gebiet scher Dateninfrastrukturen zunehmend Bedeu gefiltert und abrufbar gemacht werden. Das tung erlangen. Haus der Natur betreibt mit hausdernatur. observation.org eine Schnittstelle für das Bun Unter Berücksichtigung dieser Kriterien hat sich desland Salzburg und die Region des National Observation für uns als vielversprechendste parks Hohe Tauern. So werden die Daten regio Datenplattform dargestellt. Die Kontaktaufnah nal e rfasst und validiert, aber international me mit der Stiftung war unkompliziert und das ges ammelt und verfügbar gemacht. Für viele Interesse an einer Kooperation groß. Nach ein G ebiete – so etwa Bayern – werden noch jähriger Testphase besteht seit Mitte 2020 ein Kooperationspartner gesucht. Die für Bayern offizieller Kooperationsvertrag zwischen dem erfassten Daten sind unter der Adresse bayern. Haus der Natur und Observation International. observation.o rg bereits abrufbar. ANLIEGEN NATUR 43(1), 2021 online preview 5
K aufmann & Lindner: Verschiedenes Biodiversitätsdaten, Citizen Science und Online-Erfassungssysteme Für erfahrene Beobachter bietet observation. vorhandenen oder selbst definierten Gebieten org die weltweite Erfassungsmöglichkeit von lassen sich abfragen. Tieren, Pflanzen und Pilzen via Webseite oder direkt im Gelände mittels Smartphone-Apps Um das Melden von Beobachtungen artenrei Obsmapp für Android und iObs für Iphone cher Organismengruppen via App im Gelände (vergleiche Abbildung 3). Für unerfahrene L aien zu vereinfachen, wurden für Weichtiere, Ge gibt es darüber hinaus die Bilderkennungs-App fäßpflanzen sowie Moose und Flechten Arten ObsIdentify, mittels der man über 22.000 Arten listen für Österreich erstellt. Dadurch kann die aus unterschiedlichsten Organismengruppen Auswahl an Arten eingeschränkt und die Einga bestimmen kann. Alle mit Observation erfass be beschleunigt werden. Da die internationa ten Daten sind prinzipiell öffentlich, sensible len und niederländischen Taxonomien nicht Daten können jedoch vom Nutzer versteckt immer zwangsläufig mit der in Österreich ver oder mit einem zeitlichen Embargo versehen wendeten Nomenklatur übereinstimmen, wer werden. Hochgeladene Bilder und Audiodatei den sukzessive zusätzliche Arten und regionale en sind standardmäßig unter Namensnennung Artenlisten im Observation-System angelegt. nach den Creative Commons (CC-BY-NC-ND) Für die Übernahme in die Biodiversitätsdaten nutzbar. Auch andere Lizenzo ptionen sind für bank wurden außerdem Synonymielisten er den Benutzer auswählbar. Es gibt zudem ver stellt, um die Taxa aus Observation auf die in schiedene Abfragemöglichkeiten, um sich Ver Österreich gültigen Artnamen zu referenzieren. breitungskarten, Bildkarteien oder Statistiken zu Arten und Gebieten anzeigen zu lassen (ver In den ersten beiden Jahren wurden durch die gleiche Abbildung 4). Auch Artenlisten zu Arbeitsgemeinschaften am Haus der Natur Abbildung 4 Auf der Webseite von Observation lassen sich Daten zu Arten und Ge bieten abfragen und einfache Ver breitungskarten er stellen (Quelle: observation.org). 6 online preview ANLIEGEN NATUR 43(1), 2021
K aufmann & Lindner: Biodiversitätsdaten, Citizen Science und Online-Erfassungssysteme Verschiedenes Abbildung 5 bereits mehr als 130.000 Beobachtungen auf stattfindet. Neben der Artenkenntnis bringen Neben der internatio nalen Seite Observation. Observation.org erfasst (vergleiche Abbil die Experten hier vor allem ihre regionale Ge org. gibt es auch eine dung 5). Es handelt sich um Beobachtungen bietskenntnis und ihr Wissen über die Verbrei Reihe von regionalen von über 6.100 Arten verschiedenster Organis tung der Arten in Salzburg und Österreich kon Subdomains, wie mengruppen. Es hat sich gezeigt, dass die struktiv mit ein. Belegfotos von Gefäßpflanzen, hausdernatur. Funktionen von Observation.org wesentlich Libellen, Schmetterlingen, Amphibien, Reptilien observation.org, die selbstständig von zur Motivation der Datenmelder beigetragen und Vögeln sind in Österreich fast vollständig Partnerorganisationen und der Datenrückfluss in den letzten beiden validiert. Andere Organismengruppen werden betreut werden. In Jahren deutlich zugenommen hat. Neben der bisher nur regional für Salzburg überprüft den ersten beiden Jah vereinfachten Datenerfassung, sind sowohl das oder von Experten anderer Länder punktuell ren wurden in Salzburg Ranking der Benutzer, aber auch die unmittel mitbetreut. schon über 130.000 Be obachtungen mit bare Rückmeldung durch regionale Experten Observation.org ein Motivationsfaktor. Datenmelder erfahren, Unter den bisher für Salzburg neu erfassten gesammelt (Quelle: dass Beobachtungen überprüft und berück Daten sind auch Nachweise hochgradig gefähr hausdernatur. sichtigt werden u nd haben auch die Möglich deter Arten, wie das Helm-Knabenkraut (Orchis observation.org). keit, mit den Validatoren in Kontakt zu treten. militaris), die Sumpf-Heidelibelle (Sympetrum Durch die Möglichkeit, Belegfotos verschiede depressiusculum) oder der Goldene Schecken ner Organismengruppen mit einem System zu falter (Euphydryas aurinia) (Abbildung 1). Auch erfassen, melden d ie Beobachter zunehmend Neufunde für Salzburg wie die Zwerglibelle Daten aus anderen Organismengruppen, jen (Nehalennia speciosa) wurden für auf diese Weise seits ihres eigenen Spezialinteresses. Dadurch b ereits dokumentiert. Zudem eignet sich die werden vermehrt Streudaten auch zu bislang Plattform auch für die Erfassung von Neobion untererfassten Arteng ruppen dokumentiert, ten, die sich gerade in Salzburg ausbreiten, für die es wenige Experten gibt. wie etwa der Blauflügeligen Sandschrecke (Sphingon otus caerulans) oder der Mauerei Darüber hinaus haben die Validatoren, das sind dechse (Podarcis muralis). einerseits Mitglieder der Arbeitsgemeinschaf ten am Haus der Natur oder auch Museums Zusammenfassend sind wir davon überzeugt, mitarbeiter, knapp 70.000 Fotos überprüft und dass digitale Beobachtungsdaten und insbe v alidiert. Eine Tätigkeit, die ähnlich wie das sondere Citizen Science-Daten in der Biodiver Melden der Daten größtenteils ehrenamtlich sitätsforschung weiterhin an Bedeutung ANLIEGEN NATUR 43(1), 2021 online preview 7
K aufmann & Lindner: Verschiedenes Biodiversitätsdaten, Citizen Science und Online-Erfassungssysteme gewinnen werden, sofern diese entsprechend Literatur überprüft und gepflegt werden. Die Zusam Dämon, W. & Krisai-Greilhuber, I. (2016): Die Pilze Öster menarbeit regionaler Forschungseinrichtun reichs. – Verzeichnis und Rote Liste, Österreichische gen mit internationalen Meldeplattformen Mykologische Gesellschaft, Wien. halten wir für einen vielversprechenden Weg, Dämon, W., Gros, P. & Medicus, C. (2004): Die Biodiversi von dem alle Beteiligten profitieren können. tätsdatenbank des Landes Salzburg am Haus der Datenstreuung oder Konkurrenz zwischen den Natur. – Mitteilungen aus dem Haus der Natur 16: Datenpattformen kann durch die Beteiligung 14–20. am GBIF-Netzwerk vermieden werden, da so Ganzevoort, W., van den Born, R. J. G., Halffman, W. et al. sichergestellt wird, dass die Daten schlussend (2017): Sharing biodiversity data: citizen scientists‘ lich an einem Punkt zusammenlaufen. concerns and motivations. – Biodiversity and Con servation, 26: 2821–2837. Guariento, E., Anderle, M., Colla, F. et al. (2020): Citizen Science for biological data in the Tyrol – South Tyrol – Trentino Euroregion: comparing options and a call for participation. – Gredleriana 19: 77–86; doi: 10.5281/zenodo.3565295. Autoren Illich, I., Werner, S., Wittmann, H. et al. (2010): Die Heu schrecken Salzburgs. – Salzburger Natur-Monogra Peter Kaufmann, MSc, phien 1, Haus der Natur, Salzburg. Jahrgang 1985. Kyek, M. & Maletzky, A. (2006): Atlas und Rote Liste der Amphibien und Reptilien Salzburgs. – Stand Studium der Ökologie von 2005 bis 2014. Seit Dezember 2005, Naturschutzbeiträge 33: 240 pp. 2012 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Haus Lawrence, A. & Turnhout, E. (2010): Personal meaning in der Natur und freiberuflicher Biologe im the public sphere: The standardisation and rationa B ereich Artenschutz. Seit 2015 Leiter der Her lisation of biodiversity data in the UK and the petologischen Arbeitsgemeinschaft (HerpAG) Netherlands. – Journal of Rural Studies, 26: 353–360. Salzburg. Seit 2020 Kurator der Biodiversitäts Lindner, R. (2003): Biodiversitätsdaten – Erfassen – Ver datenbank am Haus der Natur. Arbeitsschwer netzen – Darstellen. – NaturLand Salzburg Heft 3: punkte: Datenverwaltung und Auswertung, 26–27. Populationsbiologie, Amphibienschutz und Slotta-Bachmayr, L., Medicus, C. & Stadler, S. (2012): Biogeographie. Rote Liste der gefährdeten Burtvögel des Bundes landes Salzburg. – Naturschutz-Beiträge 38/12, Salzburg: 188 pp. Haus der Natur, Biodiversitätszentrum peter.kaufmann@hausdernatur.at Stüber, E., Lindner, R. & Jerabek, M. (2014): Die Säugetie re Salzburgs. – Salzburger Natur-Monographien 2, Haus der Natur, Salzburg: 272 pp. Zuna-Kratky, T., Landmann, A., Illich, I. et al. (2017): Die Mag. Dr. Robert Lindner, Heuschrecken Österreichs. – Oberösterreichisches Jahrgang 1966. Landesmuseum Linz. Studium der Zoologie an den Universitäten Wien, S alzburg, Sheffield. Von 2000 bis 2002 und ab 2007 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Haus der Natur. Seit dem Jahr 2000 beteiligt am Aufbau und Betreuung von Biodiversitäts datenbanken am Haus der Natur und auch an anderen Museen, Mitarbeit an der Software entwicklung (BioOffice). Seit 2009 Leiter des Biodiversitätszentrums und der wissenschaft lichen Sammlungen am Haus der Natur, stell Zitiervorschlag vertretender Direktor. K aufmann, P. & Lindner, R. (2021): Biodiversitäts daten, Citizen Science und Online-Erfassungs Haus der Natur, Biodiversitätszentrum systeme – Überblick und Erfahrungsbericht. – robert.lindner@hausdernatur.at ANLiegen Natur 43(1): online preview, 8 p., Laufen; w ww.anl.bayern.de/publikationen. 8 online preview ANLIEGEN NATUR 43(1), 2021
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