Das Projekt "Vorwärts bis 1933"

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Das Projekt "Vorwärts bis 1933"
Guercke, Das Projekt „Vorwärts bis 1933“

Das Projekt „Vorwärts bis 1933“
Digitalisierung und elektronische Repräsentation des
sozialdemokratischen Zentralorgans
Olaf Guercke, Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung

Zusammenfassung
Der Beitrag behandelt die Digitalisierung einer historischen Zeitung von der Papiervorlage bis zur
Web-Präsentation am Beispiel des „Vorwärts – Berliner Volksblatt“ (1891-1933). In einem auf drei
Jahre angelegten Projekt hat die Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) den über 200.000
Seiten starken Korpus des sozialdemokratischen Zentralorgans digitalisiert und der Öffentlichkeit
zur Verfügung gestellt. Sämtliche Ausgaben des „Vorwärts“ bis zum Verbot im Jahr 1933 sind nun
weltweit über eine strukturierte Web-Präsentation mit auf elektronischer Texterkennung (optical
character recognition, OCR) basierender Volltextsuche zugänglich. Das Projekt wurde zum 31.12.2017
abgeschlossen. Im Rahmen eines Nachfolgeprojekts werden seit dem 01.01.2018 weitere sozial-
demokratische Zeitungen digitalisiert und innerhalb des für den „Vorwärts“ entwickelten Portals
„Historische Presse der deutschen Sozialdemokratie online“ verfügbar gemacht. Eingeleitet wird der
Beitrag mit Informationen zum Gegenstand und zur Motivation der Digitalisierung. Anschließend
werden verschiedene Aspekte des in der Bibliothek durchgeführten Scanprozesses, der maschinel-
len Fraktur-Texterkennung und der Metadaten-Anreicherung betrachtet. Ein Schwerpunkt wird auf
die Präsentation der Zeitung im Web und die im Projekt entwickelten Suchfunktionalitäten gelegt.
Schließlich wird der begleitende Projekt-Blog betrachtet, auf dem erzählerisch aufbereitete Inhalte
mit „Vorwärts“-Bezug veröffentlicht und über Social-Media-Kanäle verbreitet werden. Der Beitrag
schließt mit einem kurzen Ausblick zum vorgestellten Angebot vor dem Hintergrund der jüngst ver-
öffentlichten „Empfehlungen zur Digitalisierung historischer Zeitungen in Deutschland (Masterplan
Zeitungsdigitalisierung)“.

Summary
The paper deals with the digitization of a historical newspaper from the paper original to the web pres-
entation using the example of the “Vorwärts - Berliner Volksblatt” (1891-1933). In a project spanning
three years, the Library of the Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) digitized the corpus of 200,000 pages of
the Social Democrats’ mouthpiece and made it available to the public. All editions of the “Vorwärts”
up to its ban in 1933 are now accessible worldwide via a structured web presentation with full-text
search based on optical character recognition (OCR). The project was completed on 31.12.2017. As
part of a follow-up project, more social-democratic newspapers have been digitized since 01.01.2018
and made available within the portal “Historical Press of German Social-Democracy Online”, which
was developed for the “Vorwärts”-digitization. The paper starts with information on the object and
the motivation for the digitization, followed by a discussion of various aspects of the library’s scanning
process, the electronic recognition of gothic fonts and metadata enrichment. Another focus is the
presentation of the newspaper on the web and the search functionalities developed in the project.
The blog accompanying the project is also covered. Here, articles with thematic connection to the
historical “Vorwärts” were published and distributed via social media channels. The paper concludes
with a brief outlook on the digitization project presented against the background of the recently

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Das Projekt "Vorwärts bis 1933"
Kongressbeiträge

published “Recommendations for the digitizing of historical newspapers in Germany (Master plan
for newspaper digitization)”.

Zitierfähiger Link (DOI): https://doi.org/10.5282/o-bib/2018H4S193-201
Autorenidentifikation: Guercke, Olaf: GND 1075462770
Schlagwörter: Zeitungsdigitalisierung; Sozialdemokratie; Vorwärts; Parteipresse; Weimarer Repu-
blik; deutsches Kaiserreich; OCR; Frakturschrift

1. Gegenstand und Motivation der Digitalisierung

Der „Vorwärts – Berliner Volksblatt“1, von 1891-1933 in Berlin erschienen, war als sozialdemokra-
tisches Zentralorgan der weitaus bedeutendste, keineswegs jedoch einzige sozialdemokratische
Pressetitel in seiner Erscheinungszeit. Er bildete das Zentrum einer breit gefächerten Landschaft
aus regionalen und überregionalen Parteiblättern, die um 1929 eine Gesamtauflage von bis zu 1,3
Millionen Exemplaren erreichten. 2 Schon von Beginn an erschien er täglich und erreichte 1912 eine
Auflage von 165.000 Exemplaren.3 Über die gesamte Zeitspanne der Weimarer Republik wurde er
zweimal täglich publiziert und konnte seine Auflage ab 1923 noch einmal auf bis zu 300.000 Exem-
plare steigern. 4

Eine Sonderstellung nimmt der „Vorwärts“ auch deshalb ein, weil er neben seiner Funktion als Zen-
tralorgan immer auch Berliner Lokalzeitung war und daher eine Fülle von Artikeln enthält, die das
kulturelle und soziale Leben in der deutschen Hauptstadt reflektieren. Diese Doppelfunktion führte
auch zu Problemen, da SPD-Vorstand und Berliner Parteiorganisation stets miteinander um Einfluss
auf die Linie des Blattes konkurrierten.5 Parteigeschichtlich bildet der „Vorwärts“ die wechselvolle
Geschichte der SPD in Kaiserreich und Weimarer Republik ab. Er wurde häufig zum Schauplatz inner-
parteilicher Debatten und nahm in der Zeit der Spaltung zwischen SPD und der Unabhängigen Sozi-
aldemokratischen Partei Deutschlands (USPD) den mehrheitssozialdemokratischen Standpunkt ein.

In der Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung war und ist der „Vorwärts“ stets Gegenstand zahlreicher
Anfragen von Nutzerinnen und Nutzern. Diese mussten zur Recherche bisher auf die drei inhaltlich
nicht erschlossenen Mikrofilmausgaben im Bestand der Bibliothek zurückgreifen. Insbesondere bei
Anfragen nach Artikeln, deren Veröffentlichungsdatum nicht genau bekannt war, oder bei thematisch
definierten Suchen über längere Zeiträume, führte das regelmäßig zu einem erheblichen Recher-
cheaufwand, der häufig weder auf Nutzerseite noch vom bibliothekarischen Personal geleistet werden

1   ZDB - Detailnachweis: Vorwärts. Berliner Volksblatt, Zeitschriftendatenbank, , Stand: 07.07.2018
2   Vgl. Koszyk, Kurt: Die Presse der deutschen Sozialdemokratie: Eine Bibliographie, Bonn 1980, S. 37. Die Zahl
    1,3 Millionen wird hier als Höhepunkt einer Auflagensteigerung im Jahr 1929 genannt. Anschließend sank die Auf-
    lage wieder.
3   Vgl. Schulze, Volker: Vorwärts, Leipzig/Berlin (1876-1933), in: Fischer, Heinz-Dietrich (Hg.): Deutsche Zeitungen des
    17. bis 20. Jahrhunderts, Pullach bei München 1972 (Publizistik-historische Beiträge), S. 329–348, hier: S. 337.
4   Vgl. ebd., S. 342.
5   Vgl. ebd., S. 334 ff.

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konnte. Des Weiteren verbrachten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die bei ihrer Arbeit
auf umfangreiche Recherchen im „Vorwärts“ zwingend angewiesen waren, bisweilen Wochen oder
gar Monate auf der Suche nach ihren Quellen vor den Mikrofilm-Lesegeräten.

Nicht zuletzt diese unbefriedigende Situation veranlasste die Bibliotheksleitung dazu, Anfang 2015
das Projekt „Vorwärts bis 1933“ ins Leben zu rufen, dessen Ziel es war, sämtliche 200.000 Seiten
des „Vorwärts“ mit OCR basierten Volltext-Suchfunktionen online verfügbar zu machen. Zusätzlich
ins Projekt aufgenommen wurde der von 1876 bis 1878 in Leipzig erschienene „Vorwärts“6, der bis
zum Inkrafttreten der „Sozialistengesetze“ als Zentralorgan der SPD fungierte.

2. Digitalisierung
2.1. Scanprozess
Zu Beginn des Projekts wurde die Entscheidung getroffen, den Scanprozess im Hause durchzuführen.
Grund hierfür war der zum Teil schadhafte und durchweg fragile Zustand der Papierausgabe und
deren diffizile Binnenstruktur. Nachdem ein geeigneter Aufsichtsscanner angeschafft worden war7,
wurden die insgesamt 172 Zeitungsfolianten einer Autopsie mit Erzeugung struktureller Metadaten
wie Seitenanzahl, Erscheinungsdatum und Ausgabennummer unterzogen. Hierbei wurden Schäden
und Lücken dokumentiert und selbständig nummerierte Beilagen identifiziert. 8 Dabei zeigte sich
auch, dass aufgrund der teils engen Bindung ein fachgerecht durchgeführtes Aufschneiden der bis zu
1.600 Seiten starken Folianten durch einen Buchbinder unumgänglich war, um die große Menge an
Zeitungsseiten ohne Textverlust in annehmbarer Qualität und in einem überschaubaren Zeitrahmen
zu scannen. Nach dem Scanprozess wurden die Zeitungsseiten jeweils quartalsweise in säurefreien
Archivkartons magaziniert.

Im eigentlichen Scanprozess wurden während der sorgfältigen Digitalisierung der einzelnen Zei-
tungsseiten bereits strukturelle Metadaten auf Ausgabenebene vergeben. Als vorteilhaft erwies
sich die Scanner-Software, die es ermöglichte, die erzeugten Images auf Basis dieser Metadaten
in nachvollziehbar strukturierten Ordnerbäumen zu exportieren, in denen jede Zeitungseite durch
einen sprechenden Dateinamen eindeutig identifizierbar ist. Da im Projekt lange nicht klar war, mit
welcher Software OCR und elektronische Repräsentation durchgeführt werden sollten, konnte so
ein universell einsetzbares digitales Exemplar des „Vorwärts“ hergestellt werden. Eingehende Anfra-
gen konnten mit Hilfe der durch ihre systematische Ordnung stets schnell verfügbaren Digitalisate
bereits vor Veröffentlichung des Online-Angebots sehr viel effizienter beantwortet werden, als zuvor.

6   ZDB - Detailnachweis: Vorwärts. Centralorgan der Sozialdemokratie Deutschlands, Zeitschriftendatenbank,
    , Stand: 13.07.2018
7   Vgl. Herstellerinformation: Zeutschel: We Digitize Your World - OS 12000 A1, , Stand: 13.07.2018
8   Bestandslücken wurden mit freundlicher Unterstützung der Universitäts- und Landesbibliothek Bonn und der
    Staatsbibliothek Berlin geschlossen. Für die höchst wertvolle Unterstützung durch beide Institutionen möchten wir
    uns an dieser Stelle herzlich bedanken.

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Erzeugt wurden auf diese Weise unkomprimierte TIFF-Dateien als Master für die Langzeitarchivie-
rung sowie JPEG-Derivate für den Einsatz in der Online-Präsentation.

Autopsie, Scanprozess und Qualitätskontrollen bildeten in den ersten 18 Monaten des Projekts einen
großen Teil der Arbeit und wurden bis zu dessen Ende im Dezember 2017 parallel zu den nach und
nach hinzukommenden weitergehenden Arbeitsschritten durchgeführt.

2.2. Metadatenanreicherung und OCR
Ab Mitte 2016 wurde damit begonnen, die OCR und die Anreicherung der einzelnen Ausgaben mit
weiteren Metadaten durch die Software „BCS2-Professional“9 und eine „ABBYY SDK 10 – Engine“10 für
Frakturschrift durchzuführen. Der hierzu notwendige Workflow mit Funktionalitäten zum Import von
Images und Metadaten wurde im Arbeitsprozess vom Hersteller aufgrund des Feedbacks seitens der
Bibliothek deutlich verbessert. Umfangreiche Metadaten11 für die einzelnen Ausgaben wurden hierbei
automatisch aus einer auf Grundlage der Autopsie-Daten erstellten CSV-Datei in BSC2 importiert.
Der Import der Images erfolgte jahrgangsweise per Batch aus der oben erwähnten Ordnerstruktur.

Der Vorgang der OCR, welcher viel Rechenleistung und damit Zeit kostete, zog sich bis zum Ende des
Projekts und wurde zuletzt mit zwei parallel laufenden Rechnern durchgeführt. Ergebnis ist eine zonale
OCR ohne Artikelsegmentierung, die das Hervorheben von Suchwörtern in der Web-Präsentation
ermöglicht und in proprietären XML-Dateien ausgeworfen wird. Qualitativ ist diese OCR gut, jedoch
nicht perfekt. Aufgrund der wechselnden Druckqualität der Vorlagen, der Heterogenität in Schriftart
und Schriftgröße und der grundsätzlichen Problematik elektronischer Auslesung von Frakturschrift
kommen Lesefehler regelmäßig vor.

Eine genaue Qualitätsanalyse und eine darauf aufbauende OCR-Optimierung konnten im Projekt aus
zeitlichen und finanziellen Gründen nicht durchgeführt werden. Ob dies angesichts des zunehmen-
den Interesses am OCR-Korpus des Vorwärts aus den Digital Humanities und der zu erwartenden
Ergebnisse aus dem DFG-Projekt OCR-D12 nachgeholt werden kann, lässt sich zum gegenwärtigen
Zeitpunkt noch nicht beantworten.13

9    Vgl. Herstellerinformation: BCS-2, Imageware Components GmbH, ,
     Stand: 08.07.2018
10   Vgl. Herstellerinformation: OCR SDK - API für Texterkennung und Dokumentenumwandlung | ABBYY, ,
     Stand: 08.07.2018
11   Erhoben werden folgende Metadaten: Titel, Untertitel, Jahrgang, Erscheinungsjahr, Ausgabennummer, Sammlung,
     Erscheinungsdatum, Erscheinungsort, Verlag, Körperschaft, beteiligte Person, ZDB-Nummer, ZDB-Nummer der
     Printausgabe, Medientyp, Interne Identifikationsnummer, Sprache, Bestandsbibliothek, Signatur, Copyright-Vermerk.
     Dieses Schema ließe sich beliebig erweitern.
12   Deutsche Forschungsgemeinschaft: OCR-D.de | Koordinierungsprojekt zur Weiterentwicklung von Verfahren der
     Optical Character Recognition (OCR), , Stand: 08.07.2018
13   Ausführlichere Informationen zum Workflow bietet ein zweiteiliger Werkstadtreport: Guercke, Olaf: Das Projekt
     „Vorwärts bis 1933“: Digitalisierung und elektronische Präsentation einer historischen Zeitung – Ein Werkstatt-
     Report: Teil 1: Scanprozess, Texterkennung und Metadatenanreicherung, in: b.i.t online 19 (6), 2016, S. 507–510.
     Online: , Stand: 07.07.2018 und
     Guercke, Olaf: Das Projekt „Vorwärts bis 1933“: Digitalisierung und elektronische Präsentation einer historischen
     Zeitung – Ein Werkstatt-Report: Teil 2: Präsentation der Zeitung im Web, in: b.i.t online 20 (1), 2017, S. 26–29.
     Online: , Stand: 07.07.2018

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3. Das Nachfolgeprojekt „Historische Presse der deutschen
   Sozialdemokratie online“
Nach Abschluss des Projekts am 31.12.2017 wurde beschlossen, das Angebot um einige zentrale
Zeitungstitel aus der Geschichte der Sozialdemokratie zu erweitern. Digitalisiert wurden der während
der „Sozialistengesetze“ im Genfer und Londoner Exil erschienene „Sozialdemokrat“ (1879-1890)14
und der von 1933 bis 1940 in Karlsbad und Paris erschienene „Neue Vorwärts“15, so dass nun die
SPD-Zentralorgane von 1876 bis 1940 ohne zeitliche Lücken verfügbar wurden. Des Weiteren wur-
den das Zentralorgan der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD) „Freiheit“
(1918-1922)16 und dessen Vorgänger „Mitteilungs-Blatt des Verbandes der sozialdemokratischen
Wahlvereine Berlins und Umgegend“ (1916-1918)17 dem Angebot hinzugefügt, um die historisch
bedeutende Spaltung der SPD im Zuge des 1. Weltkriegs auch aus Sicht der Kriegsgegner zu reprä-
sentieren. Dieses Projekt ist noch nicht abgeschlossen. Gegenwärtig werden bis zum Jahresende
die noch erhaltenen Jahrgänge des “Vorwärts“-Vorgängertitels “Berliner Volksblatt“18 (1884-1890)
bearbeitet und dem Angebot sukzessive beigefügt.

Da das bereits seit April 2017 freigeschaltete Online-Angebot nun mehrere Zeitungstitel enthält,
wurde es von „Vorwärts bis 1933“ in „Historische Presse der deutschen Sozialdemokratie online“
umbenannt und, wiederum in enger Zusammenarbeit mit dem Software-Anbieter, um eine neu ent-
wickelte facettierte Suche erweitert, die im folgenden Kapitel genauer beschrieben wird.

14 ZDB - Detailnachweis: Der Sozialdemokrat, Zeitschriftendatenbank, , Stand: 13.07.2018
15 ZDB - Detailnachweis: Neuer Vorwärts. Journal social-démocrate destiné aux réfugiés de langue allemande, Zeit-
   schriftendatenbank, , Stand: 13.07.2018. Hier handelt es sich
   um eine Zweitdigitalisierung. Der neue Vorwärts ist bereits Teil der Sammlung „Exilpresse digital“ der Deutschen
   Nationalbibliothek, wo er auf Artikelebene erschlossen, jedoch ohne OCR und in bitonalen Scans angeboten wird.
   Vor allem der zusätzliche Zugang über die OCR, der relativ geringe Scan-Aufwand und die inhaltliche Relevanz recht-
   fertigen aus unserer Sicht dennoch die Aufnahme ins Portal.
16 ZDB - Detailnachweis: Freiheit. Berliner Organ der unabhängigen Sozialdemokratie Deutschlands, Zeitschriftenda-
   tenbank, , Stand: 13.07.2018. Große Teile des Papierbestands
   der „Freiheit“ wurden uns von der Stadtbibliothek Mönchengladbach zur Digitalisierung zur Verfügung gestellt. Hier-
   für möchten wir uns an dieser Stelle herzlich bedanken.
17 ZDB - Detailnachweis: Mitteilungsblatt des Verbandes der Sozialdemokratischen Wahlvereine Berlins und Umge-
   gend. Organ des Bezirksverbandes Berlin-Brandenburg der USPD, Zeitschriftendatenbank, , Stand: 13.07.2018
18 ZDB-Detailnachweis: Berliner Volksblatt. Organ für die Interessen der Arbeiter, Zeitschriftendatenbank, , Stand 23.10.2018. Der Papierbestand wurde uns vom International
   Institute of Social History (IISH), Amsterdam, zur Verfügung gestellt. Hierfür möchten wir uns an dieser Stelle herz-
   lich bedanken.

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4. Elektronische Repräsentation

Das Portal „Historische Presse der deutschen Sozialdemokratie online“19 funktioniert auf Basis einer
Instanz des Datenbanksystems „MyBib eL (elektronischer Lesesaal)“20, welche auf dem Server des
Hochschulbibliothekszentrum des Landes Nordrhein-Westfalen (hbz) gehostet wird. Es bietet zwei
unterschiedliche Möglichkeiten des Sucheinstiegs:

Die einfache Suche verfügt über ein Suchfeld zur Eingabe von Stichworten, mit denen eine Volltext-
suche auf Basis der OCR durchgeführt werden kann. Suchergebnisse werden als Gesamttreffermenge
und in Facetten ausgeworfen, welche Verteilung der Treffermenge auf Titel und Zeiträume intuitiv
nachvollziehbar machen. Vorteilhaft ist dabei, dass auch Nutzerinnen und Nutzer, welche aus-
schließlich die einfache Suche verwenden, stets einen Überblick über die inhaltliche Bandbreite der
Datenbank bekommen. Die Treffermenge lässt sich an dieser Stelle bis hin zu einzelnen Jahrgängen
einzelner Zeitungstitel einschränken. 21

      Abb.1: Suchanfrage nach „Neukölln*“, eingeschränkt auf 1910 bis 1919

19 Friedrich-Ebert-Stiftung, Bibliothek der: Historische Presse der deutschen Sozialdemokratie online, Bibliothek der
   Friedrich-Ebert-Stiftung 2018, , Stand: 07.07.2018
20 Vgl. Herstellerinformation: Imageware Components GmbH: MyBib eL, , Stand: 08.07.2018
21 Vgl. Abb.1: Es fällt auf, dass vor 1912 nur ein Treffer zu Neukölln vorhanden ist, danach jedoch mehrere Hundert
   Treffer pro Jahrgang. Das liegt daran, dass Neukölln ursprünglich Rixdorf hieß und erst Anfang 1912 auf Beschluss
   des Stadtrats umbenannt wurde.

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Eine feinere Einschränkung kann in der erweiterten Suche vorgenommen werden. Per Voreinstellung
kann hier ein Zeitungs- oder Beilagen-Titel und ein tagesgenauer Zeitrahmen ausgewählt werden.
Über den auf diese Weise separierten Teilbestand können anschießend beliebig viele Suchanfragen
durchgeführt werden. Die erweiterte Suche bietet darüber hinaus die Möglichkeit, ohne die Verwen-
dung von Suchworten in bestimmten Ausgaben bestimmter Titel zu stöbern.

Ob ein Treffer die nähere Betrachtung lohnt, kann schon auf dieser Ebene anhand eines OCR-Snippets
entschieden werden, welches etwas Text in der Umgebung des Suchworts zeigt. Ein Klick darauf
führt zur Ausgabenebene, die sämtliche Seiten der entsprechenden Ausgabe als Thumbnails zeigt
und die Seite, auf der sich der Treffer befindet, mit einer roten Umrandung kennzeichnet. Klickt man
diese Seite an, wird das Suchwort in der Seitenansicht per Hervorhebung kenntlich gemacht.22 Es
besteht die Möglichkeit, die Seite als PDF herunterzuladen oder einen Link zu kopieren, der direkt
auf die Seite führt.

                     Abb. 2: Teils ironisch formulierter Artikel zur Umbenennung Rixdorfs in Neukölln.

Die Stichwortsuche ermöglicht den Einsatz von Trunkierungszeichen, Platzhaltern und Phrasen. Da
OCR-Lesefehler vorkommen, können keine verlässlichen Negativsuchen stattfinden. Man findet sehr
viel, kann sich aber nie sicher sein, ob man alles gefunden hat. Bisweilen lassen sich Suchergebnisse

22 Vgl. Abb.2, welche den vierten der auf Abb. 1 gelisteten Treffer zeigt.

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durch den Einsatz von Platzhaltern verbessern, wodurch vollständigere, aber ungenauere Treffer-
mengen erzielt werden.

Seit Anfang März 2018 werden im Rahmen der allgemeinen FES-Nutzungsstatistik auch die Zugriffe
auf die außerhalb gehostete „Historische Presse der deutschen Sozialdemokratie online“ gezählt. Es
hat sich gezeigt, dass das Angebot in den seither vergangenen 5 Monaten von 4.800 Besucherin-
nen und Besuchern aus 34 Ländern genutzt wurde. Leider ist die Erhebung weiterer Informationen
wie Verweildauer pro Zugriff oder Downloadstatistik aus technischen Gründen bisher noch nicht
möglich. Das große Interesse an dem Angebot drückt sich über die Zahlen hinaus in der intensiven
Kommunikation aus, die zwischen Nutzenden und Bibliothek in allen Phasen des Projekts stattfand
und weiterhin stattfindet.

5. Projekt-Blog

Als gute Möglichkeit, Aufmerksamkeit und Interesse für das Angebot zu generieren, hat sich die
Erstellung und redaktionelle Betreuung eines Projekt-Blogs erwiesen, welches von April bis Dezember
2017 auf den Seiten der FES veröffentlicht wurde und dort dauerhaft einsehbar ist. 23 Inhalt waren
neben aktuellen Meldungen zum Fortschritt im Projekt vor allem Artikel zu historischen Personen
und Ereignissen, die sich im historischen „Vorwärts“ wiederspiegeln, so dass innerhalb der Artikel
stets auf die Web-Präsentation verlinkt werden konnte. Redaktionell betreut wurde das Blog von
einem dreiköpfigen Redaktionsteam, welches auch den größeren Teil der insgesamt 28 Artikel
erstellte. Die durch diese Arbeit gesammelten Erfahrungen fließen gegenwärtig in ein allgemeines
Bibliotheksblog ein.

6. Ausblick: Der digitale „Vorwärts“ und der Masterplan
   Zeitungsdigitalisierung
Die jüngst veröffentlichten „Empfehlungen zur Digitalisierung historischer Zeitungen in
Deutschland“24, die im Rahmen des DFG-Projekts „Digitalisierung historischer Zeitungen“ erstellt
wurden, listen die Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung auf Platz 7 der Einrichtungen mit den
umfangreichsten Zeitungsbeständen in Deutschland. 25 Es bietet sich also an, die hier beschriebene
Digitalisierungslösung im Hinblick auf ihre Eignung für die Durchführung von DFG-geförderten
Zeitungsdigitalisierungsprojekten zu überprüfen. Ein entsprechend angepasster Workflow könnte
der Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung eine Beteiligung an den kooperativen Anstrengungen im
deutschen Bibliothekswesen ermöglichen, das in historischen Zeitungen vorhandene kulturelle Erbe
zu bewahren und für die Öffentlichkeit verfügbar zu machen. Neben dem Abschluss des Nachfol-
geprojekts ist die Anpassung des unabhängig entwickelten Workflows zur Zeitungsdigitalisierung

23 Vgl. Friedrich-Ebert-Stiftung, Bibliothek der: Historische Presse der deutschen Sozialdemokratie online: Projektseite,
   Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung, , Stand: 07.07.2018
24 DFG: Empfehlungen zur Digitalisierung historischer Zeitungen in Deutschland (Masterplan Zeitungsdigitalisie-
   rung). Ergebnisse des DFG-Projektes „Digitalisierung historischer Zeitungen“ Pilotphase 2013-2015, , Stand: 31.07.2018
25 Vgl. ebd., S. 9.

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Guercke, Das Projekt „Vorwärts bis 1933“

an die Kriterien von DFG-Projekten eine aktuelle Herausforderung, an deren Bewältigung zurzeit
intensiv gearbeitet wird.

Literaturverzeichnis

   ҄҄ DFG: Empfehlungen zur Digitalisierung historischer Zeitungen in Deutschland (Master-
      plan Zeitungsdigitalisierung). Ergebnisse des DFG-Projektes „Digitalisierung historischer
      Zeitungen“ Pilotphase 2013-2015, , Stand: 31.07.2018.

   ҄҄ Friedrich-Ebert-Stiftung, Bibliothek der: Historische Presse der deutschen Sozialdemo-
      kratie online: Projektseite, Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung, , Stand: 07.07.2018.

   ҄҄ Friedrich-Ebert-Stiftung, Bibliothek der: Historische Presse der deutschen Sozialdemo-
      kratie online, Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung 2018, , Stand: 07.07.2018.

   ҄҄ Guercke, Olaf: Das Projekt ‚„Vorwärts bis 1933“: Digitalisierung und elektronische Präsen-
      tation einer historischen Zeitung – Ein Werkstatt-Report: Teil 1: Scanprozess, Texterken-
      nung und Metadatenanreicherung, in: b.i.t online 19 (6), 2016, S. 507–510. Online: , Stand: 07.07.2018.

   ҄҄ Guercke, Olaf: Das Projekt ‚„Vorwärts bis 1933“: Digitalisierung und elektronische Präsen-
      tation einer historischen Zeitung – Ein Werkstatt-Report: Teil 2: Präsentation der Zei-
      tung im Web, in: b.i.t online 20 (1), 2017, S. 26–29. Online: , Stand: 07.07.2018.

   ҄҄ Koszyk, Kurt: Die Presse der deutschen Sozialdemokratie: Eine Bibliographie, Bonn 19802.

   ҄҄ Schulze, Volker: Vorwärts, Leipzig/Berlin (1876-1933), in: Fischer, Heinz-Dietrich (Hg.):
      Deutsche Zeitungen des 17. bis 20. Jahrhunderts, Pullach bei München 1972 (Publizistik-
      historische Beiträge), S. 329–348.

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