Blockpraktikum SP-2 an der Sonderschule Dra. Carolina Ana Mosca in Córdoba, Argentinien - PH Heidelberg

 
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Blockpraktikum SP-2 an der Sonderschule Dra. Carolina Ana Mosca in Córdoba, Argentinien - PH Heidelberg
Erfahrungsbericht

           Blockpraktikum SP-2
an der Sonderschule Dra. Carolina Ana Mosca
          in Córdoba, Argentinien.

          15. März bis 07. April 2010

                                                  Laura Laschet
                                          laura.laschet@web.de

                                            Anschrift der Schule:

                       Escuela Especial Dra. Carolina Ana Mosca
                                   Calle Brasil esquina Belgrano
                                                  Barrio Güemes
                               5000 Córdoba. Capital. Argentina.
                            escuelaespecialmosca@hotmail.com
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Gliederung
Planung und Vorbereitung
Córdoba
Die Schule und der Schulalltag
Schlusswort

Planung und Vorbereitung
Für mich war schon zu Beginn meines Studiums klar, dass ich die Möglichkeit, ein
Blockpraktikum im Ausland zu absolvieren, auf jeden Fall nutzen würde. Da ich nach
meinem Abitur bereits ein Jahr in Buenos Aires gelebt habe, sind meine
Spanischkenntnisse recht passabel und Argentinien war mir nicht vollkommen fremd.
Allerdings war es gar nicht so einfach, eine Sonderschule zu finden und mit ihr
Kontakt aufzunehmen, da dort das Medium Internet noch nicht so verbreitet zu sein
scheint und es somit schwierig ist, an Adresse, Telefonnummer, E-Mail usw. zu
kommen und Kontakt aufzunehmen. Ich hatte das Glück, dass eine sehr gute
Freundin von mir zu der Zeit gerade ein Auslandssemester in Córdoba machte. Sie
war eine sehr große Hilfe für mich. Sie hat Adressen möglicher Sonderschulen in
Erfahrung gebracht und ist persönlich zu den Schulen gegangen, um nachzufragen,
ob ein Praktikum möglich wäre. Sie kümmerte sich um alles, so dass ich die
ausgefüllten Praktikumsunterlagen rechtzeitig im Praktikumsamt einreichen konnte.
Nun habe ich nicht nur Adresse, sondern auch E-Mail-Adresse der Schule in
Erfahrung gebracht und hoffe, dass ich damit anderen interessierten Studenten
helfen kann, bei Bedarf Kontakt mit der Schule aufzunehmen.
Den Flug habe ich ungefähr drei Monate vor Praktikumsbeginn gebucht. Ich bin mit
LAN Chile ab Frankfurt am Main mit Zwischenlandung in Madrid nach Santiago de
Chile und zurück von Buenos Aires über Santiago de Chile, Stopp in Madrid nach
Frankfurt geflogen. Ich habe ziemlich genau 900 Euro für die Flüge bezahlt und war
mit der Fluggesellschaft LAN Chile sehr zufrieden: gute Maschinen, nettes Personal,
klasse Service. Ich habe mich rundum sicher und wohl gefühlt.
Als europäischer Staatsbürger darf man ohne ein vorher beantragtes Visum in
Argentinien (und anderen lateinamerikanischen Ländern) einreisen und bekommt bei
der Einreise ein Touristenvisum für 90 Tage in Form eines Stempels. Lediglich einen
neuen Reisepass musste ich vorher beantragen (dafür sollte man ca. vier Wochen
Zeit einplanen).
Mit der Suche nach einer Wohnmöglichkeit begann ich erst vor Ort. Zuerst ging ich
für einige Tage in ein Hostel. Letztendlich fand ich recht schnell eine Wohnung, in
der ich bleiben konnte (ich teilte sie mit einer Argentinierin), weil ich durch meine
Freundin, die in Córdoba studiert hatte, bereits einige Kontakte hatte. Aber auch
ohne diese Kontakte ist es nicht sehr schwierig, eine Wohnung zu finden. Es gibt
verschiedene Internetseiten mit WG-Angeboten ( http://www.compartodepto.com/)
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und zur allergrößten Not kann man immer noch vier Wochen im Hostel bleiben.
Meistens bekommt man bei einer so langen Zeit nämlich etwas Rabatt und es ist
letztendlich nicht teurer, als in einer WG unterzukommen.
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Córdoba
Córdoba hat rund 1,3 Millionen Einwohner und ist nach Buenos Aires die zweitgrößte
Stadt Argentiniens. Sie liegt im Zentrum des Landes und gilt als Studentenstadt. Auf
den Straßen im Zentrum ist eigentlich zu jeder Tages- und Nachtzeit etwas los und
es macht Spaß, die zahlreichen Kolonialbauten, Kathedralen, Plätze oder
Parkanlagen zu erkunden.
Auch rund um Córdoba gibt es viele interessante und attraktive Ausflugsziele.
Beispielsweise kann man mit einem Bus in die naheliegenden Sierras fahren, in
denen man gute Trekkingtouren machen kann. Oder man besucht das hübsche Dorf
Alta Gracia. Ernesto Che Guevara hat dort einige Jahre seiner Kindheit verbracht.
Das Haus seiner Familie wurde zu einem Museum umfunktioniert.
Córdoba liegt ungefähr 700 km nord-westlich entfernt von Buenos Aires. Die
Verkehrsanbindung ist sehr gut, man kann entweder die kostenintensivere, aber
schnellere Variante des Flugzeugs wählen (2 Stunden, ca. 80-90 Euro) oder dank
des gut ausgebauten Busnetzes mit einem Langstreckenbus fahren (9 Stunden, ca.
26 Euro). Ich habe mich in Argentinien immer für den Bus entschieden, da es
kostengünstiger und aufgrund der vielen angebotenen Nachtfahrten und des
komfortablen Service coche cama („Schlafwagen“) teilweise auch sehr bequem ist.
Im Übrigen erreicht man auch benachbarte Länder wie Chile oder Bolivien sehr gut
mit dem Bus – Langstreckenbusse sind in Südamerika das gängigste Reisemedium.

                         Die Kathedrale im Zentrum von Córdoba.

Die Schule und der Schulalltag
In Argentinien gibt es zweierlei Arten von Schulen: private und öffentliche Schulen.
Für private Schulen muss man bezahlen, sie werden somit hauptsächlich von
Schülern der Mittel- und Oberschicht besucht, deren Familien sich die Schulkosten
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leisten können. Die öffentlichen Schulen werden – leider sehr dürftig – vom Staat
finanziert und bleiben für die Menschen übrig, die sich die Schulgebühren nicht
leisten können.
Die Sonderschule Carolina Ana Mosca ist eine öffentliche Schule. Sie befindet sich
im Stadtteil Güemes in Córdoba Capital, eine Gegend, die zwar noch relativ nah am
Stadtzentrum liegt, aber schon etwas heruntergekommener ist. Viele Schüler
kommen aus den umliegenden Elendsviertel, „villas“, wie sie in Argentinien genannt
werden. Viele Kinder wachsen in teilweise sehr schlimmen Familienverhältnissen auf,
was sich natürlich in ihrem Verhalten wiederspiegelt. Einige der Schüler sind
aufgrund von schweren Verhaltensauffälligkeiten von der Regelschule geflogen und
in der Sonderschule gelandet. Andere sind in der Regelschule überfordert gewesen
und mussten somit auf die Sonderschule wechseln. Wenige wiesen geistige oder
körperliche Behinderungen auf. Ich würde die Schule deshalb als eine Mischung aus
Förderschule und Erziehungshilfe-Schule einordnen.

                   Der Flur zu den Klassenzimmern und den Werkstätten.

Die „primaria“, die Grundschule, geht in Argentinien sechs Jahre lang. Anschließend
folgen weitere sechs Jahre der „secundaria“, der weiterführenden Schule. In der
Carolina Ana Mosca entscheiden sich die Schüler nach den ersten sechs Jahren
„primaria“ für eine der drei Werkstätten, die es an der Schule gibt: der Schreinerei,
der Keramik- und Glaswerkstatt oder der Buchbinderei- und Papierwerkstatt. Dort
beginnen sie die ersten drei Jahre der „secundaria“, sich mit der Arbeit vertraut zu
machen, haben aber nebenher noch jeden Tag normalen Unterricht. Die letzten drei
Jahre der „secundaria“ arbeiten die Jugendlichen an drei Tagen der Woche in der
Werkstatt und haben nur noch an zwei Tagen Unterricht in den Fächern Mathematik,
Schrift und Sprache, Politik und Geschichte, Musik, Kunst und Sport.
Mir wurde am Anfang freigestellt, ob ich die drei Wochen in einer einzigen Gruppe
sein möchte oder ob ich jeden Tag in einer anderen Klasse hospitieren möchte, um
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einen Gesamteinblick in die Schule und die verschiedenen Gruppen zu bekommen.
Ich entschied mich für letzteres. Also erstellte mir meine Mentorin einen Plan und
teilte mich in die verschiedenen Klassen ein. Somit verbrachte ich fast jeden Tag in
einer anderen Klasse, arbeitete mit fast allen LehrerInnen zusammen und lernte die
Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppen, aber auch die unterschiedlichen
Arbeitsweisen der LehrerInnen kennen.
Ich begann mit der Vormittagsschicht, der „turno mañana“. Am Morgen kommen die
Klassen 3 bis 6 und die Ältesten der Werkstatt-Gruppen. Der Tag fängt morgens um
9.00 Uhr an. Alle treffen sich im Schulhof und stellen sich klassenweise in Reih und
Glied auf. Zuerst wird die argentinische Flagge von zwei Schülern gehisst und ein
Lied dazu gesungen. Anschließend werden die Schüler von der Direktorin begrüßt:
„Buen día chicos, como les va?“ (dt: „Guten Morgen Kinder, wie geht es euch?“) und
die Schüler antworten im Chor mit: „Buen día señora directora.“ (dt: „Guten Morgen
Frau Direktorin.“). Dann werden die Schüler zum Frühstücken geschickt.
Das Essen ist ein wichtiger Bestandteil der Schule. Sowohl die Kinder am Vormittag
als auch die Kinder, die nachmittags kommen, bekommen zwei Mahlzeiten in der
Schule: Frühstück und Mittagessen bzw. Mittagessen und „merienda“, einen kleinen
Imbiss am Nachmittag. Für viele Kinder sind diese zwei Mahlzeiten die einzigen, die
sie am Tag bekommen. Das Essen ist somit teilweise die größte Motivation für die
Schüler, in die Schule zu gehen bzw. für Eltern, ihre Kinder in die Schule zu bringen.

                                    Der Pausenhof.

Nach dem Frühstück gehen die Kinder mit ihren LehrerInnen in ihre Klassenzimmer
und der Unterricht beginnt. Nach zwei Mal 90 Minuten Unterricht und einer
halbstündigen Pause geht für die Schüler am Vormittag um 12.30 Uhr mit dem
Mittagessen der Schultag zu Ende.
Nachdem ich alle Gruppen des Vormittags kennengelernt hatte, wechselte ich in die
Nachmittagsschicht, in die „turno tarde“, für die Klassen 1 und 2 und die Gruppen der
ersten drei Jahre Werkstatt. Um 13.00 Uhr kommen die Kinder der „turno tarde“,
nehmen ihr Mittagessen zu sich und beginnen um 13.30 Uhr mit dem Unterricht. Um
ca. 16.40 Uhr dürfen die Kinder im Speisesaal die „merienda“ (meistens Milch, ein
Brötchen oder süßes Stückchen und eine Frucht) essen und versammeln sich
anschließend zum Abschluss im Pausenhof. In einem Moment der Stille wird die
argentinische Flagge von zwei Schülern wieder heruntergenommen. Danach darf
immer ein Kind ein paar Abschiedsworte sagen und es geht nach Hause. Viele
Schüler werden von einem Elternteil, Geschwistern oder Bekannten abgeholt, andere
fahren mit einem Schulbus nach Hause, die Ältesten gehen alleine nach Hause.
In der Schule arbeiten außerdem ein Psychotherapeut, eine Logopädin und eine
Sozialarbeiterin. Zudem werden für die älteren Schüler regelmäßig Exkursionen wie
Museumsbesuche oder Ähnliches angeboten. Die jüngeren Schüler dürfen an einem
Tag in der Woche zu einem naheliegenden Sportplatz gehen und bekommen
Unterricht in Tennis. Der „normale“ Sportunterricht findet auf dem Pausenhof statt
oder, bei schlechtem Wetter, in der Eingangshalle der Schule.

     Die Eingangshalle, in der unter anderem die Produkte für den Markt gesammelt werden.

Außerdem gibt es einmal im Monat einen Markt, der von der Schule organisiert wird.
Auf dem Markt werden die Produkte, die Schreinerei, Keramik- und Glaswerkstatt
und Buchbinderei im vergangenen Monat hergestellt haben, verkauft. Außerdem
sammeln die Lehrerinnen alte Klamotten, die sie oder Bekannte nicht mehr
benötigen und verkaufen sie zu sehr günstigen Preisen auf dem Markt. Das Geld,
das dabei eingenommen wird, kommt der Schule zugute, da die finanziellen Mittel,
die vom Staat geboten werden, bei weitem nicht ausreichen. Mit dem zusätzlichen
Geld können Unterrichtsmaterialien gekauft werden und beispielsweise
Verbesserungen am Gebäude wie undichte Stellen im Dach (wenn es regnet, bilden
sich stellenweise Pfützen auf dem Boden im Gebäude) durchgeführt werden.
Da es tatsächlich immer an Geld mangelt, überlegen sich die LehrerInnen ständig
Alternativen. Im Musiksaal beispielsweise gibt es nur eine (gekaufte) Trommel. Damit
aber jedes Kind mittrommeln kann, beschaffte man sich einfach leere Farbeimer, die
sowieso im Müll gelandet wären. Nun dienen diese Eimer umgedreht als Trommeln
und die Kinder haben eine Freude daran, mit Stöcken auf diese einzutrommeln und
bestimmte Rhythmen nachzumachen bzw. zu bestimmten Liedern mitzutrommeln.
Auch Rasseln wurden selbst hergestellt: die Schüler sammelten die Plastikdeckel
leerer Deodorants, füllten Reis hinein und klebten immer zwei Deckel mit Klebeband
zusammen. Ich finde es mehr als faszinierend, auf welche Ideen sie kommen und
wie viel man auch ohne Geld erreichen und anfertigen kann.

  In der Papierwerkstatt: ein Körbchen wird aus Zeitungspapier geflochten, anschließend angemalt.

Schlusswort
Ich bin sehr froh, dass ich mich dazu entschlossen habe, mein Blockpraktikum in
Córdoba zu absolvieren und somit einen Einblick in das argentinische Leben in der
Schule zu erhalten. Die Begegnungen mit Schülern und Lehrern, aber auch mit
anderen Menschen außerhalb der Schule und der argentinischen Kultur, sind nicht
nur für meine berufliche Laufbahn als Lehrerin, sondern auch für mich als Person,
eine wundervolle Erfahrung. Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich die Möglichkeit zu
diesem Praktikum hatte.
Ich denke, dass ich keine bessere Schule als die Escuela Especial Carolina Ana
Mosca hätte finden können. Ich habe viele Freiheiten bekommen, was meinen
Praktikumsablauf anging, meine Wünsche wurden immer berücksichtigt. Die
Schulleitung und Lehrerinnen waren sehr offen, interessiert und locker, aber dennoch
sehr bemüht. Sie berücksichtigten meine Wünsche, nahmen sich immer Zeit für
mich, meine Fragen ausführlich zu beantworten und fragten viel über Deutschland,
unser Schulsystem, usw. Für sie war es das erste Mal, dass sie eine ausländische
Praktikantin in der Schule hatten und es wurde oft betont, dass dieser interkulturelle
Austausch als sehr wichtig und sinnvoll angesehen wird und sie auch an weiteren
Praktikanten aus Deutschland oder anderen Ländern interessiert sind. Dadurch, dass
sie immer wieder auch argentinische Studenten in der Schule haben, war ihnen der
Umgang mit Praktikanten nicht vollkommen fremd.
Ich kann jedem, der es in Erwägung zieht, ein Praktikum im Ausland zu absolvieren,
egal an welchem Ort, nur dazu raten. Falls dabei die Sonderschule Carolina Ana
Mosca in Córdoba oder eine andere Schule in Argentinien in die nähere Auswahl
fallen, stehe ich natürlich jederzeit sehr gerne mit Rat und Tat beiseite. ¡No duden en
contactarme!
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