Konzeption und Leistungsbeschreibung Jugendhilfesystem Istanbul - Integration in das Leben "Yaşama Entegre" - LWL - Heilpädagogisches Kinderheim Hamm
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LWL – Heilpädagogisches Kinderheim Hamm Lisenkamp 27 - 59071 Hamm www.lwl-heiki-hamm.de Konzeption und Leistungsbeschreibung Jugendhilfesystem Istanbul Integration in das Leben „Yaşama Entegre“ Stand Februar 2009
Konzeption 1. Die Besonderheit des Angebotes 2. Kooperation mit Care Der 3. Zielgruppe 4. Vorbereitungsphase 5. Durchführung 6. Beschulung/Praktika 7. Elternkontakte 8. Aufgaben des Beraters in Deutschland 9. Dauer der Maßnahme 10. Hilfeplangespräche 11. Nachbetreuung 12. Notwendige Formalitäten 13. Rechtsgrundlage 14. Leistungsbeschreibung (Tabelle) 15. Ansprechpartner
1. Die Besonderheit des Angebotes Das LWL-Heilpädagogische Kinderheim Hamm bietet im Rahmen von Jugendhilfe eine Vielzahl von stationären und ambulanten Maßnahmen an. Das „Jugendhilfesystem Istanbul“ ist ein Angebot für Kinder und Jugendliche sowohl aus deutschen Familien wie auch aus Migrantenfamilien. Dieses Jugendhilfeangebot richtet sich an Jugendliche im Alter ab 12 Jahren, für die ein individueller und intensiver Betreuungsrahmen außerhalb Deutschland gesucht wird. Besondere indiziert ist es bei Auffälligkeiten wie Schulmüdigkeit, Schulängsten, erheblichen Familienkonflikten oder bei delinquentem Verhalten. Den Kindern wird in einer Erziehungsstelle ein Lebensraum auf Zeit angeboten, der ihre jeweiligen Bedürfnisse berücksichtigt. Das individuelles Setting, die herzliche Annahme in den Familien, Diagnose und Therapie sowie eine erlebnisorientierter Betreuung sollen sie verstehen und fördern. Die Kinder und Jugendlichen bekommen die Chance, einen neuen Anfang zu machen, losgelöst von vielleicht belastenden Familienkonstellationen oder sonstiger problematischer Bezugsrahmen. Deutsche Kinder werden in Familien mit deutscher Sprachkompetenz untergebracht. Das Leben in einer ganz anderen Welt schafft die Voraussetzung sich auf neue Bezüge und Verhaltensweisen einzulassen. Die Auseinandersetzung mit einer fremden Kultur baut Vorurteile ab und erweitert den Horizont. Die Chance des Aufbaus sozialer Kontakte durch das Erlernen einer neuer Sprache ist hier besonders wichtig. Für die Betreuung von Kinder und Jugendlichen aus Familien mit türkischen Zuwanderungshintergrund setzen wir in Deutschland möglichst Fachkräfte mit türkischer Sprachkompetenz ein. Bei einem kleineren Teil dieser Bevölkerungsgruppe aber zeigen sich bei stationären Maßnahmen spezifische Probleme, die nur bedingt mit den normalen Angeboten der Heimerziehung gelöst werden können. Zum Einen fällt es einigen türkischen Eltern besonders schwer, ihre Kinder aus dem familiären Umfeld heraus in die Verantwortung von fremden Erziehungspersonen zu geben. Hier mögen traditionelle Vorstellung von Familienverantwortung, Scham wegen eines evtl. „Gesichtsverlust“ vor anderen Familienmitgliedern und Nachbarn, Sorge um die religiöse Erziehung in einem christlichen Umfeld, mangelnder Informationsstand über die deutsche Rechtslage etc. eine entscheidende Rolle spielen. Eine Akzeptanz von Jugendhilfeangeboten durch die Eltern ist aber erfahrungsgemäß eine eminent wichtige Voraussetzung für einen positive Verlauf. Zum Anderen befinden sich türkischstämmige Kinder und Jugendliche oftmals in einem massiven kulturellen Zwiespalt. In der Auseinandersetzung zwischen der familiären türkischen Lebensweise und der sie umgebenden deutschen Kultur sind sie gezwungen, einen Spagat zu vollführen, der sie in der eigenen Identitätsbildung insbesondere während der Pubertätsphase häufig überfordert. Des Weiteren konservieren Teile einer sozialen Gruppe mit Zuwanderungshintergrund durch die kulturelle Isolation, in der sie sich befinden, u.U. Normen und Werte einer Gesellschaft, die sich im Herkunftsland längst verändert und weiterentwickelt haben.
Die Notwendigkeit, den beiden genannten Zielgruppen gerecht zu werden, veranlasste das LWL-Heilpädagogische Kinderheim, ein spezielles Angebot in der Türkei zu konzipieren, das den besonderen Bedürfnissen dieser Anspruchsberechtigten entspricht. 2. Kooperation mit Care Der Unserer Einrichtung nahm zu diesem Zwecke eine Zusammenarbeit mit der Organisation „Care Der“ in Istanbul auf. Care Der ist ein eigenständiger Jugendhilfeträger in der Türkei und wird geleitet von der Kinder- und Jugendpsychiaterin und Dozentin an der Universität von Istanbul, Frau Prof. Dr. Behiye Alyanak, Er bildet in mehreren Kursen Eltern, die in der Regel nicht pädagogisch geschult sind und ihre Familien in der Betreuung von verhaltensauffälligen Kindern und Jugendlichen für den Einsatz als Erziehungsstellen aus. Der/die Jugendliche wird als Familienmitglied in der Erziehungsstelle aufgenommen und in die familiäre Struktur integriert. Ein Team von Psychiatern, Psychologen, Pädagogen, Sozialarbeiten und gegebenenfalls Ärzten und Psychotherapeuten begleitet und unterstützt die Familien und die aufgenommenen Kindern in dem pädagogischen Prozess. Das LWL-Heilpädagogische Kinderheim trägt die Verantwortung für die Maßnahme, insbesondere für die Einhaltung des Hilfeplans. Der zuständige Berater führt alle vorbereitenden Gespräche mit den Eltern, dem Jugendlichen und den deutschen Behörden. Er stimmt die Inhalte der Hilfemaßnahmen mit dem Hilfeträger Care Der ab, hält den Kontakt zu den Eltern während des Hilfeprozesses, nimmt an den Hilfeplangesprächen teil und bereitet Anschlussmaßnahmen vor. 3. Zielgruppe Dieses Projekt ist ein Angebot für Kinder und Jugendliche ab ca. 12 Jahren aus deutschen Familien und aus Familien mit türkischem Zuwanderungshintergrund. Sowohl Jungen wie Mädchen können aufgenommen werden. Kinder und Jugendliche aus zerrütteten Familienverhältnissen, bei Therapiebedarf, bei Delinquenz, bei extremer Schulverweigerung, bei massiven Problemen in der sozialen Umgebung finden hier ein Angebot. Den Kindern und Jugendlichen mit Zuwanderungshintergrund soll die Maßnahme eine Hilfestellung bieten, ihre eigene kulturelle Identität entwickeln zu können. 4. Vorbereitungsphase Der Berater in Deutschland hinterfragt in Gesprächen mit dem Jugendlichen den Motivationsgrad. Eine grundsätzliche Bereitschaft, an dieser Maßnahme teilzunehmen, ist Voraussetzung für die Durchführung. Mit dem Jugendlichen werden Ziele vereinbart, die er sich selbst für diesen Lebensabschnitt stellt.
Mittels eines Fragebogens werden von den Eltern wichtige Faktoren der Sozialisation ihres Kindes ermittelt. Mit involvierten Institutionen (Schule, Ärzten etc.) werden Informationen ausgetauscht. Abschließend werden in Abstimmung mit dem zuständigen Jugendamt konkrete Inhalte der Hilfe festgelegt. Alle Informationen werden nun an Care Der weitergeleitet. Auf dieser Grundlage sucht das dortige Team eine Erziehungsstelle aus, die geeignet erscheint, der besonderen Problematik des Jugendlichen gerecht zu werden und ihm ein emotionales Zuhause für die Dauer der Maßnahme bieten zu können. Für den Jugendlichen wird ein Psychologe oder Pädagoge als fester Betreuer sowie ein Therapeut, für die Erziehungsstelle ein fester Berater festgelegt. 5. Durchführung Der vertraute Berater aus Deutschland fliegt mit dem Jugendlichen in die Türkei. Dort wohnen Beide zunächst im Gästehaus von Care Der. Zusammen mit dem zukünftig für ihn zuständige Betreuer aus dem Team von Care Der wird der Kontakt zu der Erziehungsstelle aufgenommen. Gemeinsame Ausflüge in die Stadt dienen dem Beziehungsaufbau und dem Vertrautwerden mit dem neuen Lebensraum. Nach 2 bis 3 Tagen erfolgt der Umzug in die Erziehungsstelle. Die Familie wird zunächst sehr engmaschig unterstützt. Ein Student der Universität wird dem Jugendlichen als „Pate“ angeboten. Nach erfolgter Eingewöhnung ist die Familie für die umfassende Versorgung des Jugendlichen zuständig. Die Herzlichkeit und Offenheit verschafft ihm das Gefühl von Angenommensein und Akzeptanz. Als Orientierungshilfe ist der Tagesablauf für alle Familienmitglieder transparent gestaltet. Gemeinsame Gespräche und Planung bzgl. der wöchentlichen Arbeitsteilung, Freizeitgestaltung und Aktivität finden regelmäßig statt. Die vorgelebte Kommunikationsform kann eine Alternative zu seiner bisherigen Lebensweise darstellen und eine Korrektur der bisherigen Sozialisation bewirken. Auch dient das Familiensystem als Vermittler, um einen Zugang zu der aktuellen Kultur in einer türkischen Stadt zu erlangen. Auf vielfältige Weise wird versucht, die Ressourcen des Betreuten zu fördern und eigene Interessen zu entwickeln. Die Integration in einen Sportverein oder andere Gruppen wird angestrebt. Falls erwünscht, wird das Erlernen eines Instrumentes ermöglicht. Seine „Familie“ wird versuchen, im gemeinsamen Miteinander, Erleben und Tun dem/der Jugendlichen positive Stärken und Vertrauen in sich zu vermittelt. Treten massive Störungen im Zusammenleben mit der Gastfamilie auf, die den Hilfevorlauf verunmöglichen, wird ein Wechsel in eine andere Familie vorgenommen. Das Team von Care Der bringt sich in folgender Weise in den Hilfeprozess ein: • Einmal wöchentlich ein Therapiegespräch eines Psychiaters mit dem Jugendlichen • Einmal wöchentlich ein Gespräch des Betreuers mit dem Jugendlichen • Einmal wöchentlich eine Unternehmung des Patens mit dem Jugendlichen • Einmal wöchentlich ein Gespräch des Beraters mit der Erziehungsstelle
• Alle 6 Wochen eine Supervision des Care Der-Teams 6. Beschulung/Praktika Bei ausreichender Kompetenz in der türkischen Sprache wird die Integration in eine Schule vor Ort angestrebt. Jugendliche mit deutscher Staatsangehörigkeit können die deutsche Schule in Istanbul kostenlos besuchen. Sind beide Optionen nicht umsetzbar, erfolgt die Beschulung über eine deutsche Fernschule. Hierbei ist ein stark individualisierter Ablauf möglich. Bei Interesse bzw. Neigung besteht die Möglichkeit, im verschiedenen Bereichen an Arbeitserprobungsmaßnahmen und Praktika teilzunehmen. Hier stehen zunächst Erfahrungsziele im Vordergrund. Es besteht weiterhin die Möglichkeit bei Interesse und entsprechender Eignung die Arbeitserprobung in Berufspraktika auszuweiten. Hier ist die Vermittlung von berufsspezifischen Kenntnissen und Fertigkeiten ausschlaggebend. 7. Elternkontakte Eltern und Kind können per Telefon, Bildtelfonie (z.B. Skype), E-Mails und Briefe nach Absprache Kontakt halten. Die Erziehungsstelle steht den Eltern ebenfalls für einen Austausch zur Verfügung. Besuche der Eltern auf eigene Kosten können nach Absprache im Hilfeplan nach einem halben Jahr erfolgen. 8. Aufgaben des Beraters in Deutschland Der Psychologe Canan Gelincik übernimmt die Projektleitung. Er hat folgende Aufgaben: • Regelmäßiger Kontakt mit dem Team in der Türkei • Regelmäßiger Kontakt mit den Erziehungsstellen • Regelmäßiger Austausch mit den Jugendämtern. • Vorlage eines Berichtes zum Hilfeplangespräch • Entwicklung der notwendigen Inhalte der Hilfe bei den Hilfeplangesprächen mit den Beteiligten • Initiierung und Begleitung alle die Herkunftsfamilie betreffenden Maßnahmen und Koordination diesbezüglich der Kontakte mit dem Projektteam in der Türkei. • Besuch zumindest vierteljährlich des Projektteams und der Erziehungsstellen in der Türkei. 9. Dauer der Maßnahme
Die Verweildauer in diesem Projekt beträgt mindestens ein Jahr. Eine kürzere Zeit ließe weder eine Sozialisationskorrektur noch eine wirkliche Auseinandersetzung mit dem Leben in der Türkei zu. 10. Hilfeplangespräche Zur Vorbereitung der Hilfeplangespräche werden Berichte über den Hilfeverlauf erstellt und dem zuständigen Jugendamt zugesandt. Einmal pro Jahr kann ein Hilfeplangespräch in Istanbul stattfinden. Die anfallenden Kosten werden vom LWL- Heilpädagogischen Kinderheim übernommen. 11. Nachbetreuung Das LWL-Heilpädagogische Kinderheim Hamm bietet bei einer Rückkehr des Jugendlichen nach Deutschland nach Bedarf eine Anschlussbetreuung an, die frühzeitig im Hilfeplan ausgearbeitet werden kann. 12. Notwendige Formalitäten • Deutsche Staatsbürger benötigen ein Visum der türkischen Behörden • Bei deutschen Staatsbürgern türkischer Abstammung stellt das türkische Konsulat auf Antrag einen türkischen Personalausweis aus. Dieser verliert seine Gültigkeit bei Erreichung der Volljährigkeit. Der junge Erwachsene muss sich dann für eine Staatsbürgerschaft entscheiden. • Bei türkischen Staatsbürgern stellt die zuständige Ausländerbehörde auf Antrag eine Rückkehrerlaubnis nach Deutschland gemäß § 51 Abs. 4 des Aufenthaltgesetz aus. • Aktueller Impfausweis • Bescheinigung eines Arztes über das Nichtvorliegen von ansteckenden Krankheiten • Stellungnahme eines Kinder- und Jugendpsychiaters o.ä. gemäß § 35a SGB VIII 13. Rechtsgrundlage Dieses Projekt stellt eine Jugendhilfemaßnahme gemäß § 34 SGB VIII dar.
Leistungsbeschreibung Jugendhilfesystem Istanbul Leistungsart Leistungsinhalt Leistungsumfang Intensivangebot Stationäres Angebot Jeweils 1 Platz in einer Therapie Erziehungsstelle Jungen und Mädchen Ca. 12-18 Jahren Mitarbeiter 1 Dipl. Psychologe als Berater 1 Erziehungsstelle das Team von Care Der Grundleistung Intensive Betreuung 24 / 7 / 365 Unterbringung in Einzel- oder Doppelzimmern
Ausgewogene Ernährung Unterstützung und Kontrolle im Hygienebereich Hin- und Rückflug Flug und Unterbringung bei HPG in Istanbul Strukturierung des Förderangebote, Individuell nach Alltags Freizeitangebote Förderplan aber grundsätzlich Diagnostik Psychiatrische und Grundsätzlich psychologische Diagnostik Therapie Auf den Einzelfall abgestimmte Therapie Individuelle Förderung Aufbau eines positiven Grundsätzlich Selbstwertkonzeptes Förderung der Beziehungs- und Gruppenfähigkeit Stärkung der Wahrnehmung Reintegration in Schule Unterstützung bei der Interessensfindung und im Freizeitbereich Intensive Elternarbeit, je nach Einzelfall Förderprogramme Sport, Musik etc. Grundsätzlich berufliche Praktika Erlebnispäd. Aktionen Gartenarbeit, Medizinische Versorgung Einleitung je nach Bedarf Grundsätzlich Diagnostik, Dokumentation Therapieplan, Grundsätzlich Verlaufsdokumentation, Vorlagen, Berichte etc.
Qualitätsentwicklung und Wöchentliche Regelmäßig -Kontrolle Teambesprechungen Beratungen mit der Regelmäßig Bereichsleitung Teambesprechungen Care Kontinuierlich Der Supervision Kontinuierlich Fort- und Weiterbildung Kontinuierlich Ausschlusskriterien Im Einzelfall zu klären
Ansprechpartner/in Jugendhilfesystem Istanbul: Canan Gelincik Projektleiter Tel.: 02593 957234 Mobil: .0172 2080690 E-Mail: canan.gelincik@lwl.org LWL - Heilpädagogisches Kinderheim Hamm Lisenkamp 27 59071 Hamm Tel: 02381/97366-0 Fax: 02381/97366-11 E-Mail: lwl-heikihamm@lwl.org Bereichsleitung: Mathias Kowitz Tel.: 02592 670711 Mobil: 0172 208 1949 E-Mail: mathias.kowitz@lwl.org
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