BRAHMS - GLA BE LIEBE H FFN NG - Ballett - Tanzfilm von Guido Markowitz - Theater ...

Die Seite wird erstellt Kevin Behrens
 
WEITER LESEN
BRAHMS - GLA BE LIEBE H FFN NG - Ballett - Tanzfilm von Guido Markowitz - Theater ...
Ballett —
      Tanzfilm von
      Guido Markowitz

BRAHMS –
GLA BE
LIEBE
H FFN NG
BRAHMS - GLA BE LIEBE H FFN NG - Ballett - Tanzfilm von Guido Markowitz - Theater ...
BRAHMS - GLA BE LIEBE H FFN NG - Ballett - Tanzfilm von Guido Markowitz - Theater ...
BRAHMS – GLAUBE LIEBE HOFFNUNG
                              Choreografie, Inszenierung und Filmkonzept –
                              Guido Markowitz

    11. JUNI                  Musik – Johannes Brahms, 1. Sinfonie (1876)

      2021                    Sounddesign – Fabian Schulz
                              Kamera – Philipp Contag-Lada, Paul Hoffer
    PREMIERE
                              Schnitt und Regie – Michael Maurissens
  GROSSES HAUS
THEATER PFORZHEIM             Es spielt die Badische Philharmonie Pforzheim
                              unter Leitung von GMD Robin Davis
                              Uraufführung des Balletts: 5. Juni 2021,
                              Congress-Center Villach
                              Dauer: ca. 60 min
                              Mitschnitte des Films und sonstige Aufzeich-
                              nungen (Video/audio/Foto) sind untersagt.

      Der Glaube — Yannis Brissot
      Die Liebe — Mei Chen
      Die Hoffnung — Hyeon-Woo Bae

      Ensemble — Elena Cattardico, Stella Covi, Elise de Heer,
      Fabienne Deesker, Selene Martello, Eleonora Pennacchini, Mirko
      Ingrao, Willer G. Rocha, Emanuele Senese, Dario Wilmington

      Choreografie, Inszenierung und Filmkonzept — Guido Markowitz
      Choreografische Assistenz — Damian Gmür

      Bühnenbild und Videoinstallation — Philipp Contag-Lada
      Kostüm — Erika Landertinger
      Lichtdesign — Andreas Schmidt
      Maske — Sandra Bandeen-Sczepan

      Dramaturgie — Alexandra Karabelas
      Visuals — Mirko Ingrao
      Texte — Yannis Brissot, Mei Chen, Elise de Heer, Mirko Ingrao,
      Willer G. Rocha, Dario Wilmington
      Fotos: Andrea D´Aquino

                                  3
BRAHMS - GLA BE LIEBE H FFN NG - Ballett - Tanzfilm von Guido Markowitz - Theater ...
BRAHMS – GLAUBE LIEBE
HOFFNUNG
 Hoffnung ist ein kalter horizontaler Spiegel, in den ich
                 mit dem Kopf voran tauchen möchte.

Die Handlung
1. Satz                              der Glaube in Kontakt mit der
An einem felsigen Ort. Der           Liebe. Auch die Hoffnung tritt
Glaube tritt auf: Majestä-           erstmals auf. Der Glaube,
tisch, herrisch, stolz und           die Liebe und die Hoffnung
wütend. Er ist voller Kraft.         tanzen zusammen. Nach dem
Die Gruppe der Frauen tritt          Auftritt der Gruppe finden die
auf. Unter ihnen: die reine          Liebe und der Glaube erneut
Liebe. Sie stellt sich neben         zu einem Duett. Die Liebe
den Glauben, hinter ihn und          lockt ihn, umstrahlt ihn. Er
springt auf ihn. Doch der            spürt sie und sein großes
Glaube bleibt zunächst fest,         Verlangen nach ihr. Er möch-
stolz und in sich gefangen. In       te nach ihr greifen, aber die
einem langen Duett kommt             Liebe ist frei. Sie geht.

                                     2. Satz
                                     Die Hoffnung führt zwei
                                     Menschen zueinander. Doch
                                     bereits im unschuldigen An-
                                     fang ihrer Beziehung steckt
                                     das Ende. Der Glaube fühlt
                                     sich magisch von der Frau
                                     angezogen. Sie zieht es zu
                                     ihm. Er mischt sich in ihre
                                     Beziehung ein.
                                     Im Hintergrund zeigt sich
                                     erstmals die von der Liebe zer-
                                     brochene Frau. Der Glaube hat
                                     mit ihr ein leichtes Spiel.
                                     Da führt ihn die Liebe von ihr
                                     weg. Das Liebespaar wird ge-
                                     trennt. Der Glaube nimmt den
                                     Platz an der Seite der Frau ein.
                                     Die zerbrochene Frau irrlich-
                                     tert durch die Landschaft.

                                 4
BRAHMS - GLA BE LIEBE H FFN NG - Ballett - Tanzfilm von Guido Markowitz - Theater ...
Intermezzo I                         Sie sind schwer. Alle gehen
                                     unterschiedlich damit um. Der
3. Satz                              Glaube versucht sich als ein-
Die zerbrochene Frau beginnt         ziger, sich am Boden entlang
eine neue Liebe. Sie ist nicht       kriechend davonzustehlen.
mehr das Opfer, sondern wird         Zum Schluss erkennt er, dass
zur Täterin. Fröhlich tanzen         er den größten Stein von allen
die Liebe und die Hoffnung           vor sich herschiebt.
derweil zusammen. Voller Wut
bringt der Glaube die Erde           4. Satz
zum Beben. Die zebrochene
Frau muss sich mit ihrem ei-         Wie Sisyphos müht sich der
genen Schatten konfrontieren.        Glaube mit Steinbrocken ab.
Behende verteilt die Liebe an        Er steht auf und wendet sich
alle Steine.                         einer neuen Frau zu, die sein
                                     Herz wieder zum Schlagen
Intermezzo II                        bringt. Es erklingt das Haupt-
Jeder hat Steine im Leben.           motiv aus Beethovens´ 9.

                                 5
BRAHMS - GLA BE LIEBE H FFN NG - Ballett - Tanzfilm von Guido Markowitz - Theater ...
6
BRAHMS - GLA BE LIEBE H FFN NG - Ballett - Tanzfilm von Guido Markowitz - Theater ...
Symphonie. Die Freude tanzt.        zerbricht. Im Folgenden nimmt
Währenddessen geraten zwei          der Glaube die Steine des am
Liebende in einen immer             Boden liegenden Mannes zu
schlimmer werdenden Macht-          sich und findet dabei für sich
kampf. Einer legt dem anderen       wieder die Liebe und die Hoff-
immer mehr Steine auf, bis er       nung. Diese setzen ihm seine
unter der Last seiner Bürden        Krone auf. Eine Stimme spricht:

Liebe,
ich weiß dass Du da bist.
Nimm von mir, was Du willst, was Du brauchst.
Aber Liebe, bitte bleib bei mir.

                                7
BRAHMS - GLA BE LIEBE H FFN NG - Ballett - Tanzfilm von Guido Markowitz - Theater ...
WIE IN DIE LIEBE KOMMEN?
Über Guido Markowitz´Ballett
„Brahms - Glaube Liebe Hoffnung“

Die beiden Sätze gehören zu               Betrachtens, Befragens und
den berühmtesten Stellen in               Erkennens dieser drei inneren,
der Bibel: „Nun aber bleiben              univeralen Haltungen des Men-
Glaube, Hoffnung, Liebe, diese            schen sowie ihrer Beziehungen
drei; aber die Liebe ist die größte       untereinander:
unter ihnen“ (1 Korinther 13).
Guido Markowitz stellt sie ins            „Was ist Glaube, wenn er
Zentrum seines neuen Balletts;            ohne Liebe ist? Entsteht dann
im Titel fällt dabei die leichte          Hoffnungslosigkeit? Wie sehe
Akzentverschiebung auf, die               ich die Hoffnung? Wie ist die
der Choreograf vorgenom-                  Liebe? Und wie vermag der
men hat: Die Hoffnung steht               Mensch, wieder in die Liebe zu
an dritter Stelle und die Liebe           kommen?“ – Guido Markowitz
befindet sich in der Mitte. Für
Markowitz eröffneten sich so              Der Choreograf entwickelte im
Räume und Prozesse inneren                Laufe des Kreationsprozesses

                                      8
BRAHMS - GLA BE LIEBE H FFN NG - Ballett - Tanzfilm von Guido Markowitz - Theater ...
gemeinsam mit den Tänzerin-
nen und Tänzern des Ballett
Theater Pforzheim drei signi-
fikante Figuren. Während die
Liebe, verkörpert von Mei Chen,
und die Hoffnung, kreiert für
Hyeon-Woo Bae, als Allegorien
erkennbar werden, agiert der
Glaube als Doppelfigur: als alle
überstrahlende, sinnbildliche
und symbolträchtige Darstel-
lung sowie als menschlich han-
delnder Charakter.

„Mein Gedanke war: Wenn ich
eine Figur wäre, die „Glaube“
verkörpert, wie würde ich die
Welt sehen? - Ich glaube, ich
wäre wütend. Meine Figur des

                                   9
BRAHMS - GLA BE LIEBE H FFN NG - Ballett - Tanzfilm von Guido Markowitz - Theater ...
Glaubens charakterisiert eine          Im Gegensatz dazu durchlau-
große Sehnsucht nach Erlö-             fen die Liebe und die Hoffnung
sung. Er ist voller Kraft, aber        im Ballett keine seelische Ent-
innerlich verletzt, und er             wicklung, sondern stellen diese
verändert andere Menschen              selbst dar:
und Beziehungen mit seiner
Energie. Während des ganzen            „Die Liebe ist frei und strahlt
Stückes versucht er, die Hoff-         facettenreich wie ein Prisma.
nung und die Liebe, die ihm            Sie ist überall. Einzelne Aspekte
fehlen, zu finden. Am Ende             der Liebe habe ich im Laufe
muss er sein Handeln verant-           des Kreationsprozesses dann
worten und er erkennt, dass            fokussiert und als Rollen
er Glaube, Liebe und Hoff-             auf andere Tänzerinnen und
nung in sich selbst entdecken          Tänzer übertragen: Das Phä-
muss.“ – Guido Markowitz               nomen der verlorenen Liebe,
                                       der leidenschaftlichen Liebe,

                                  10
der besitzergreifenden Liebe           Begegnungen und Episoden
oder der zerbrochenen Liebe.“          gewobene, durchkomponierte
– Guido Markowitz                      Tanzerzählung, die stilistisch ein
                                       breites Spektrum abgreift. Kühn
Und die Hoffnung?                      mischen sich in die physisch

 „Die Hoffnung ist für mich
kindlich und fröhlich. Sie ist
voller Unschuld und Hingabe.
Sie verströmt Reinheit und
Zuversicht. Im Ballett ist sie
immer wieder diejenige, die
die Menschen zueinander
bringt, damit sie die Liebe le-
ben, auch wenn der Glaube in
diese entstehenden Beziehun-
gen eingreift um sie zu zerstö-
ren“. – Guido Markowitz

Das Ballett „Brahms – Glau-
be Liebe Hoffnung“ erscheint
so als eine aus vielen einzel-
nen Momenten, Stationen,

                                  11
herausfordernde zeitgenössi-           „Sie stehen für mich für die
sche Choreografie Bewegungs-           Sünden in der Welt. Sie sind
sequenzen, die neoklassisch            schwer. Jeder Mensch hat
anmuten oder der Tradition des         Steine im Leben. Mit Steinen
Tanztheaters entnommen sind.           kann man töten. Steine bergen
Angesiedelt an einem zerklüf-          Weisheit. Meine Hauptfigur
teten Niemandsort zwischen             nimmt am Ende die schweren
Felsen führt das Stück durch           Steine zu sich, in der Hoffnung
ein Dickicht seelischer Erfah-         auf Erlösung, weil er akzep-
rungen, innerer Verstrickungen         tiert, dass er die Liebe und
und daraus folgender emoti-            die Hoffnung in sich zulassen
onal angetriebener Handlun-            muss“. – Guido Markowitz
gen. Immer wieder kulminiert
das Stück in archetypischen            Der Tanzfilm „Brahms – Glau-
Bildern. Das Motiv des Steins          be Liebe Hoffnung“ greift
steht im Mittelpunkt. Für Guido        einen einstündigen Ausschnitt
Markowitz sind Steine das Sym-         aus dem Ballett heraus. Er
bol für Probleme in zwischen-          verbindet das klassische
menschlichen Beziehungen.              Erlebnis einer Aufführung mit

                                  12
13
Einblendungen in das Backs-
     tage-Geschehen und weiteren
     Einspielungen von parallel
     ablaufenden Tanzszenen. Ein
     markantes Element bildet
     die Präsenz der Badischen
     Philharmonie Pforzheim auf
     der Bühne mit Generalmu-
     sikdirektor Robin Davis als
     Alter Ego des Glaubens. Ihre
     Begegnung auf der Bühne
     steht am Beginn des Tanzfilm
     und kreiert eine weitere Deu-
     tungsebene. Yannis Brissot
     als Glaube rennt auf seine
     Zuschauer zu, Davis hebt den
     Taktstock. Alles, was sich
     danach auf der Bühne ereig-
     net, kann auf diese Weise als
     getanzter Ausdruck der Musik
     definiert werden; die Rolle des
     Glaubens als Dirigent eines

14
Orchesters des Lebens inter-           von Guido Markowitz im
pretiert werden.                       Frühjahr 2020 an verschiede-
                                       nen Orten in Pforzheim sowie
Emotionale Nähe im Rahmen              dem Trailer zum Ballett in
eines eher klassischen Um-             Schwarzweiß-Optik von Mirko
gangs mit dem Genre Tanzfilm           Ingrao setzen der Ballettdi-
zu schaffen, war ein Anliegen          rektor und sein Ensemble mit
Markowitz´. Hierfür arbeitete          dem Tanzfilm „Brahms – Glau-
der Pforzheimer Ballettdirektor        be Liebe Hoffnung“ ihre Be-
mit den Video-Bildnern und             schäftigung mit der Verwand-
Tanz-Regisseuren Philipp Con-          lung von neuen Kreationen in
tag-Lada und Michael Mauris-           Film fort.
sens zusammen. Nach „Being
Human“, einem filmischen Site
Specific-Reenactment des Bal-
letts „Die vier Jahreszeiten“

                                  15
„SIE HAT VOM GEFÜHL HER
EINE GEWALTIGE GRÖSSE“
GMD Robin Davis im Gespräch mit
Alexandra Karabelas über die 1. Sinfonie
von Johannes Brahms
Robin Davis ist Mathematiker, Pianist und Generalmusikdirektor
der Badischen Philharmonie am Theater Pforzheim. Er dirigierte
die 1. Sinfonie von Johannes Brahms für die Premiere des Tanz-
films „Brahms – Glaube Liebe Hoffnung“.

Herr Davis, wie kamen Sie              1. Sinfonie ist vor allem am
darauf, Brahms´ Sinfonie vor-          Anfang rau und ungeformt
zuschlagen?                            und hat viel Power. Es ist eine
                                       Energie vom Anfang aller Zeit.
Nachdem klar war, dass wir             Ich wusste: Sie würde uns al-
wegen der Pandemie auch                len viele Möglichkeiten geben,
Ludwig van Beethovens 9.               viele verschiedene Emotionen
Sinfonie nicht als choreogra-          auszudrücken.
fische Neuinterpretation wür-
den aufführen können, habe             Brahms´ 1. Sinfonie gleicht
ich Guido Markowitz gefragt,           einer schroffen, zerklüfteten
in welche Richtung er gehen            und zugleich weiten, sehn-
möchte. In jedem Fall sollte           suchtsvollen Landschaft.
die Musik etwas sehr Tiefes            Was erleben Sie, wenn Sie sie
und Intensives haben. Johan-           hören?
nes Brahms´ 1. Sinfonie schien
passend.                               Wenn man ein Musikstück
                                       einstudiert, kommen Bilder
Weshalb?                               in den Kopf. Diese Bilder und
                                       Eindrücke sind subjektiv. Sie
Sie hat vom Gefühl her eine            basieren auf keinem Pro-
gewaltige Größe. Als Werk              gramm, da Brahms dem Werk
weist sie viele Ebenen und ein         bewusst keines beigefügt
breites Spektrum auf, dass ich         hat. Höre ich den ersten Satz
dachte: Diese Komposition              dieser 1. Sinfonie, spüre ich
passt zur Energie von Guido            absolute Verzweiflung, aber
Markowitz; zu dem, was er              auch Wut. Der ganze erste
sucht und will. Die Energie der        Satz steht wie unter Strom.

                                  16
17
Da ist etwas böse, traurig,            genau, wie der Kontrapunkt
voller Schmerzen, aber es ist          funktioniert. Trotzdem klingt
aktiv. Es gibt nicht auf. Dafür        seine Musik nie trocken.
erscheint mir der zweite Satz          Er hat die Struktur nur als
wie ein Gebet. Das ist etwas           Gerüst benutzt und hinter
Heiliges und hat eine große            einer wunderbaren Fassade
Wärme. Der dritte Satz hat             aus Emotionen und Gefühle
für mich etwas Frisches. Wie           versteckt. Man kann Brahms´
neuer Wind. Da kommen mir              Sinfonie sofort genießen.
Bilder vom Garten Eden mit
Adam und Eva – ein Ort der             Was reizt Sie an der 1. Sinfo-
Unschuld mit vielen Tieren.            nie als Dirigent?
Die Melodien sind tatsäch-
lich schlangenartig, so als            Ich bin jemand, der gerne ge-
ob sich das Böse in die Welt           wagt musizieren möchte. Ich
heranschleicht. Und der                möchte etwas riskieren. Das
vierte Satz – wow, was für             geht vielleicht schief, aber ich
ein Satz. Da sind wir plötz-           habe dann ein Angebot ge-
lich kurz wie am Anfang in             macht. Das bedeutet es auch
derselben Stimmung – in der            für mich zu musizieren: dass
Wut, in der Verzweiflung und           man bis an die Grenze der
im Schmerz. Dann aber spüre            Emotionen geht. Dieses Wag-
ich wieder diese Wärme. Es             nis habe ich in den Proben
ist wie bei einem Gewitter.            zu Brahms mit der Badischen
Die kleinen Pizzicati klingen          Philharmonie einzugehen
wie Regentropfen, die Pauken           versucht.
wie Donner und die Bläser
wie Blitzschläge, und dann
kommt das Horn mit einer
Melodie, als ob die Sonne aus
den Wolken hervortritt, und
die Welt ist wieder gut. Man
hat ein Gefühl von Glück und
Seligkeit, wenn man am Ende
ankommt.

Was ist das Besondere für Sie
an Brahms 1. Sinfonie?

Brahms schreibt hochemo-
tional, aber strukturiert und
akademisch. Das verlangt viel
Fleiß und eine hohe Intelli-
genz. Er hat die alte Musik
seiner Zeit studiert. Er wusste

                                  18
„ICH WERDE NIE EINE SINFONIE
KOMPONIEREN!“
Musikdramaturgin Inken Meents über
die Entstehung der 1. Sinfonie von
Johannes Brahms

Johannes Brahms kam 1833 als          in einer Sinfonie gesungen
Kind eines Orchestermusikers          wurde, schien es zunächst un-
im Hamburger Gänge-Vier-              möglich, weitere Werke der für
tel zur Welt. Zwischen seiner         namhafte Komponist*innen
dortigen Ausbildung im Kla-           wichtigen Gattung „Sinfonie“
vierspiel und in Komposition          zu komponieren:, wie einer
sowie seiner späteren Schaf-          Äußerung des Komponisten
fensperiode in Wien liegt eine        aus dem Jahr 1870 zu entneh-
von Selbstzweifeln geprägte           men ist:
Findungsphase als Komponist:
Nach Ludwig van Beethovens            „Ich werde nie eine Sinfonie
Werken, besonders dessen 9.           komponieren! Du hast keinen
Sinfonie, in der im Finalsatz         Begriff davon, wie es unserei-
erstmalig auf den Text von            nem zu Mute ist, wenn er im-
Schillers Ode „An die Freude“         mer so einen Riesen (Beetho-

                                 19
ven) hinter sich marschieren          weise, die ein zentrales Thema
hört.“ – Guido Markowitz              seiner 1. Sinfonie wird. Über
                                      den vierten Satz bemerkte sie
Brahms war zudem Zeit seines          1877 ergriffen:
Lebens Junggeselle, löste
Verbindungen oder ging sie            „Der letzte Satz mit seiner
gar nicht ein. Um ihn und sein        genialen Introduction pack-
Verhältnis zu Frauen, beson-          te mich ganz merkwürdig,
ders zur berühmten Pianistin          die Introduction so düster,
und Komponistin Clara Schu-           wahrhaft erschütternd klärt
mann, ranken sich zahlreiche          sich dann so nach und nach
Gerüchte. Schumann war                bis zu dem sonnigen Motiv
ihm jedoch eine lebenslange           des letzten Satzes, bei dem
Freundin und Gesprächspart-           sich das Herz einem förmlich
nerin in Sachen Musik. Brahms         erweitert, wie Frühlingsluft
sandte ihr 1868 aus der               nach langen trüben Tagen
Schweiz als musikalischen Ge-         erquickt.“ – Guido Markowitz
burtstagsgruß eine Alphorn-

I. Un poco sostenuto – Allegro
II. Andante Sostenuto
III. Un poco Allegretto e grazioso
IV. Adagio – Più Andante – Allegro non troppo, ma
con brio – Più Allegro

                                 20
Die Sinfonie kam nach län-
gerem Kompositionsprozess
1876 in Karlsruhe erfolgreich
zur Uraufführung. Für sie griff
Brahms Beethovens Konzept
auf, erweiterte es aber:

Zwar bediente sich Brahms
der etablierten Sonaten-
hauptsatzform für die Rah-
mensätze und liedhafteren
Formen für die Mittelsätze,
ließ jedoch satzübergreifend
und kleinteiliger Motive und
Themen aufflackern, wodurch
manche Abschnitte oft nicht
eindeutig benannt werden
können. Gleich der Stück-              Thema, sondern als damit
beginn mit dem pochenden               verwandte langsame Einlei-
Pauken-Rhythmus und chro-              tung. Darüber hinaus wird im
matischen Melodiegängen                vierten Satz zwar nicht wie
entpuppt sich nicht als erstes         bei Beethoven gesungen, aber

                                  21
es erklingen nach der erneut         des Ballett Theater Pforz-
langsamen Einleitung die             heim. Bis heute schuf er über
sangliche Alphornweise, ein          60 Choreografien für Ballett,
choralartiger Abschnitt und          Musiktheater und Schau-
vor allem das sehr sang-             spiel. Sein choreografisches
lich-hymnische Hauptthema,           Werk und sein Engagement
das sich vom Sinfonieverlauf         für den Zeitgenössischen
spürbar abhebt. Brahms ver-          Tanz wurden zuletzt 2018
mochte sich so vom „Riesen           mit dem Isadora-Preis der
Beethoven“ zu befreien. Er           Iwanson-Sixt-Stiftung in
schuf noch drei weitere Sin-         München geehrt. Das Ballett
fonien, bevor er 1897 in Wien        Theater Pforzheim wirkt als
starb.                               zeitgenössisches 14-köpfiges
                                     Spitzenensemble in Baden-
Guido Markowitz ist in               Württemberg in Deutschland
Villach geboren und auf-             und lebt das emotionale,
gewachsen. Er ist seit 2015          expressive Erlebnis Tanz pur
Direktor und Chefchoreograf          und als Gesamtkunstwerk.

                                22
LEITUNG                          IMPRESSUM

Intendant —
Thomas Münstermann

Verwaltungsdirektor —
Uwe Dürigen
                                 → Herausgeber
Generalmusikdirektor —           Theater Pforzheim
Robin Davis
                                 → Intendant
                                 Thomas Münstermann
Chefdramaturg —
Peter Oppermann                  → Verwaltungsdirektor
                                 Uwe Dürigen
                                 Spielzeit 2020/21,
                                 Großes Haus, Heft 6
                                 → Redaktion
                                 Alexandra Karabelas,
                                 Inken Meents
Ballettdirektor —
Guido Markowitz                  → Basisentwurf
                                 DMBO – Studio für Gestaltung
Stellvertr. Balletdirektor       Pforzheim
und Probenleiter —
Damian Gmür                      → Gestaltung
                                 Larissa Seither
Inspizienz —
                                 → Druck
Johannes Kriener
                                 Nunnenmann GmbH, Herxheim
Technischer Direktor —           → Textnachweise
Thomas Kalkofen                  Die Texte und das Interview mit
                                 Robin Davis sind Originalbeiträge
                                 von Alexandra Karabelas und
                                 Inken Meents für dieses Heft.
Theaterinspektoren —
Johannes Arnolds, Thomas Braun   → Fotos
                                 Alle Fotos stammen von Andrea
Leiter der Werkstätten —         D´Acquino. Abgebildet sind auf den
Sebastian Dierer                 Seiten 1,2, 4,6: Yannis Brissot; Seite
                                 7: Yannis Brissot, Mei Chen; Seiten
Gewandmeisterin — Ulrike Wenk    8, 10: Yannis Brissot, Hyeon-Woo
                                 Bae; Seite 9: Yannis Brissot, Elise de
Chefmaskenbildnerin —
                                 Heer; Seiten 9,11: Hyeon-Woo Bae,
Andrea Dengler-Heiermann
                                 Mei Chen; Seite 11: Yannis Bris-
Leitung der Requisite —          sot, Stella Covi; Seite 12,13: Willer
Annette Pagani                   G. Rocha, Mirko Ingrao; Seite 14:
                                 Selene Martello, Hyeon-Woo Bae,
Licht —                          emanuele Senese; Seite 15: Eleono-
Andreas Schmidt                  ra Pennacchini; Seite 19: Fabienne
                                 Deesker, Dario Wilmington. Das
Leitung der Tonabteilung —       Foto von Guido Markowitz stammt
Jörg Linke                       von Sebastian Seibel.
Sie können auch lesen