Checkliste zur Beurteilung von Belastungen bei Jugendlichen und Erwachsenen - (Text in Zusammenarbeit mit AUVA-HUB)
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Checkliste zur Beurteilung von Belastungen bei Jugendlichen und Erwachsenen (Text in Zusammenarbeit mit AUVA-HUB)
Impressum MedieninhaberIn, VerlegerIn und HerausgeberIn: Bundesministerium für Arbeit (BMA) Sektion II - Arbeitsrecht und Zentral-Arbeitsinspektorat Favoritenstraße 7, 1040 Wien arbeitsinspektion.gv.at Wien 2021 Erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit
Belastungen des Muskel- und Skelettsystems Die Zunahme von Muskel-Skelett-Erkrankungen (MSE) in den vergangenen Jahrzehnten stellt ein Paradoxon dar. Obwohl die technischen und ergonomischen Arbeitsbedingungen sich stetig verbessert haben, ist die Zahl der Krankenstandstage aufgrund von MSE weiterhin sehr hoch (21,3% laut Fehlzeitenreport 2020). Beschwerden/Erkrankungen des Muskel-Skelett-Apparates sind in der Regel nicht monokausal, sondern entstehen aufgrund verschiedener Ursachen und Einflüssen. Sowohl physische (körperliche) als auch psychosoziale Belastungen am Arbeitsplatz, aber auch im privaten Bereich, können das Risiko für das Auftreten, bzw. die Wahrnehmung von Muskel-Skelett-Beschwerden erhöhen. Dies Checkliste wurde für die Unterstützung eines Schwerpunktes der Arbeitsinspektion entwickelt und wird auch den Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zur Verfügung gestellt. Sie soll den ersten Einstieg in das Thema ermöglichen, in dem im Betrieb festgestellt werden soll, ob Handlungsbedarf auf Grund von Belastungen überhaupt besteht. Die Checkliste unterscheidet bei den Belastungsgrenzen erforderlichenfalls zwischen Ju- gendlichen und Erwachsenen. Die Schwerpunktaktion erfolgt im Rahmen des Europäischen Schwerpunktes „Gesunde Arbeitsplätze entlasten dich“. Hinweis: Bei der Beschäftigung von Jugendlichen ist immer dafür Sorge zu tragen, dass mLH-ähnliche Tätigkeiten aber auch Tätigkeiten in Körperzwangshaltungen, Tätigkeiten mit Ausübung von Ganzkörperkräften sowie Repetitive Tätigkeiten unter günstigen Haltungen und Ausführungsbedingungen durchgeführt werden. Gute Beratung - Faire Kontrolle 3
Heben, Halten und Intervention erforderlich bei Jugendlichen Beispiele betroffenen Tragen (HHT) (grüne Schrift) oder Erwachsenen Körperregionen Überschreitung bzw. Erreichung folgender • Auf-/Abladen von Säcken, Sortieren Gesamtes Muskel- Belastungen: von Paketen Skelett-System, • Beladung von Maschinen ohne große Muskelgrup- Jugendliche Hebehilfen pen und große Ge- – > 3 kg oder • Kommissionieren, lenke, insbesondere – < 3 kg öfter als 200mal / Tag oder • Umladen palettierter Waren aber Wirbelsäule – < 3 kg Halten, Tragen (> 5 s) Dauer über • Richtarbeiten am Dach von Hand 60 min • Kinderbetreuung in Kindertagesstätten Erwachsene • manueller Krankentransport • Mauern mit Zweihandsteinen • Zimmererarbeiten • Fahrzeuginstandhaltung • Tätigkeiten in der Kranken-/ Altenpflege • Gießereien/ Gussputzer, Metallbau (Anmerkung: Bei guten Ausführungs- bedingungen, Bandbreite berücksichtigt individuelle Eignung) Lastenhandhabungen mit jedenfalls er- höhter Belastung: – sehr hoher Häufigkeit bei niedrigeren Lastgewichten oder – höheren mit einer gewissen Regelmäßig- keit oder – ungünstigen Körperhaltungen Ziehen und Schie- Intervention erforderlich bei Jugendlichen Beispiele betroffenen ben (ZS) (grüne Schrift) oder Erwachsenen Körperregionen Arbeiten mit Ziehen oder Schieben von • Fortbewegen von Flurförderzeugen Gesamtes Muskel- Lasten (Container, Betten, Trolleys etc.) mit (z.B. Schubkarren, Einachskarren, Skelett-System, großer Kraftanstrengung: Trolleys oder Wagen mit 3 bis 6 große Muskel- Rädern), gruppen und Jugendliche • Ziehen und Schieben von Betten große Gelenke, – bei ungünstigen Körperhaltungen oder und Rollstühlen insbesondere aber – bei Lasten über 50 kg • Hausmüll Wirbelsäule und – über kurze Distanzen (< 10 m) • Hängebahnen oder Hängekräne mit Schulter-Arm- regelmäßig Muskelkraft Hand-Bereich – (ab 40 x pro Arbeitstag) – oder über längere Distanzen – (Gesamtstrecke ab 500 m pro Arbeitstag) Erwachsene – über kurze Distanzen (< 10 m) regelmä- ßig (ab 40 x pro Arbeitstag) – oder über längere Distanzen (Gesamt- strecke ab 500 m pro Arbeitstag) – bei Lasten über 100 kg und ungünsti- gen Körperhaltungen (z.B. mit gebeug- tem Oberkörper, bei einseitigem Ziehen, mit schnellen Richtungsänderungen) 4 Gute Beratung - Faire Kontrolle
Manuelle Intervention erforderlich bei Beispiele betroffenen Arbeitsprozesse (MA) Jugendlichen (grüne Schrift) oder Körperregionen Erwachsenen Repetitive Tätigkeiten mit Jugendliche • Montagetätigkeiten (z.B. Montage Direkt: Muskeln, hohen Handhabungs-frequen- Arbeiten mit ständig wiederkehren- von Elektrogeräten) Sehnen, Sehnen- zen (~Fließbandarbeit) den, gleichartigen Schulter-. Arm-, • Handel, Logistik und Post: Tätigkei- ansätze des Schul- Hand- Bewegungen mit hoher Kraft- ten in Verpackung und Versand ter-Arm-Hand-Be- einwirkung ab 1 Stunde • Sortieren, reiches, ggfs. • Löten, Knochen. Erwachsene • Nähen Indirekt: das Arbeiten mit ständig wiederkehren- • Ausschneiden, gesamte Mus- den, gleichartigen Schulter-. Arm-, • Kassieren, kel-Skelett-System Hand- Bewegungen mit erhöhter • händisch Kontrollieren durch erhöhte Krafteinwirkung oder in extremen • Pipettieren, Haltungsarbeit. Gelenkstellungen ab 1 Stunde • Mikroskopieren • Musizieren (z.B. Piano, Geige) Abschätzung für bestimmte • Fügen, Körperregionen • Drehen, Schulter > 2,5 mal/min • Schneiden Oberarm, Ellenbogen > 10 mal/min • Verschieben, Unterarm, Handgelenk > 10 mal/min • Drücken, Finger > 200 mal/min • Halten, Risikoerhöhung bei • Anheben, • hoher Kraftanforderung • Umsetzen, • hoher Geschwindigkeit • Wickeln • extremen Haltungen • langer Dauer Gute Beratung - Faire Kontrolle 5
Ausübung von Ganz- Intervention erforderlich bei Beispiele betroffenen körperkräften (GK) Jugendlichen (grüne Schrift) oder Körperregionen Erwachsenen Einsatz des Hand-/Arm-sys- Jugendliche • Montagearbeiten mit überwiegend Schulter-Arm-Hand- tems als Werkzeug Regelmäßiges Klopfen, Schlagen oder hohen Kräften Bereich Drücken mit der Hand bedingt durch • Verschrauben großer Bauteile die Arbeitsaufgabe • Kräftiges Schlagen mit der Hand Mittlere Kräfte (1/3 des Kraftaufwan- • Nutzung schwerer Hämmer (z.B. des von Erwachsenen) Vorschlaghammer) • Fleischzerlegung Erwachsene Regelmäßiges Klopfen, Schlagen oder Drücken mit der Hand bedingt durch die Arbeitsaufgabe Kraft-/Druckeinwirkung bei Jugendliche • Arbeiten mit Drucklufthämmern Alle Strukturen des der Bedienung von Maschinen Regelmäßig mittlere Kräfte oder • Arbeiten mit Kettensägen Muskel-Skelett-Sys- mittlere Druckeinwirkungen bei der • Bedienen von Winden, Schrauben tems der betroffe- Bedienung von Arbeitsmitteln • Gerüstbau nen Körperregion, Mittlere Kräfte (1/3 des Kraftaufwan- insbesondere des von Erwachsenen) Nerven Erwachsene Regelmäßig erhöhte Kräfte oder erhöhte Druckeinwirkungen bei der Bedienung von Arbeitsmitteln Achtung: Sofern Vibrationsbelastun- gen vorkommen, sind diese gesondert zu bewerten! 6 Gute Beratung - Faire Kontrolle
Körperzwangshaltungen Intervention erforderlich bei Beispiele betroffenen (KH) Jugendlichen (grüne Schrift) oder Körperregionen Erwachsenen Erzwungenes Sitzen Jugendliche • Mikroskopieren Gesamtes Muskel-Ske- • Kranfahren lett-System insbesondere Erwachsene • Endoskopie (Medizin) Nacken, Schulter, Arm bewegungsarmer, erzwungener Sitz- • Sitzen auf dem Boden Durchblutungsstörung haltung aufgrund der Arbeitsaufgabe der unteren Extremitäten bzw. Arbeitsgestaltung (z.B. fixierte Kopfhaltung aufgrund der Sehanfor- derungen) über längere Zeitabschnitte (ab 2 Stunden ohne wirksame Pause) für den überwiegenden Teil des Arbeitstages (Anmerkung: Kein Unterschied in diesem Zusammenhang zwischen Jugendlichen und Erwachsenen) Hocken, Knien, Schneidersitz, Jugendliche • Trockenbau Knie- und Hüftgelenke, Fersensitz, Kriechgang, Liegen Arbeiten im Hocken, Knien, Fersensitz • Raumausstattung Nacken, Wirbelsäule Kriechgang oder Liegen • Elektriker Nerven (Druckschädi- ab 1 Stunde pro Arbeitstag • Rohrleger gung peripherer Nerven) • Handschweißen Kreislauf (partielle Erwachsene • Fußboden-/Fliesenlegen Durchblutungsstörung) Arbeiten im Hocken, Knien, Fersensitz • Handwerkliche Montage und oder Kriechgang - ab 1 Stunde pro Instandhaltung Arbeitstag • Schiffsboden Arbeiten im Liegen - ab 2 Stunden pro • Behälterbau Arbeitstag • Erntearbeiten Ständiges / dauerhaftes Jugendliche • Verkaufspersonal Gesamtes Muskel-Ske- Stehen • Maschinenbediener lett-System insb. Erwachsene • Fleischzerlegung Lendenwirbelsäule, sowie dauerhaftem Stehen • Zimmerer Hüftgelenke, Knie und ab 4 Stunden pro Arbeitstag ohne Füße wirksame Bewegungsmöglichkeit Orthostatische (Anmerkung: Kein Unterschied in Kreislaufbeschwerden diesem Zusammenhang zwischen Durchblutungsstörung Jugendlichen und Erwachsenen) der unteren Extremitäten Gute Beratung - Faire Kontrolle 7
Körperzwangshaltungen Intervention erforderlich bei Beispiele betroffenen (KH) Jugendlichen (grüne Schrift) oder Körperregionen Erwachsenen Rumpfbeuge Jugendliche • Behälterbau Lendenwirbelsäule, Hüft- • Schweißen in engen Räumen gelenke, Knie, Füße Erwachsene • Betonbauer durch die Arbeitsaufgabe bedingter • Estrichleger deutlich erkennbarer Rumpfvorbeu- • Eisenflechter gungen über etwa 20° (ab 1 Stunde • Installateure pro Arbeitstag ohne wirksame Pause) • Maurer (Anmerkung: Kein Unterschied in • Gemüseernte, diesem Zusammenhang zwischen Pflanzenarbeiten Jugendlichen und Erwachsenen) Hinweis: Bei stärkerer Vorbeugung (über etwa 45) °sind auch geringere Expositionszeiten als erhöhte Be- lastung einzustufen (z.B. kann bei extremer Rumpfbeugehaltung grund- sätzlich von erhöhten Belastungen ausgegangen werden) Arme über Schulterniveau Jugendliche • Trockenbau Schulter, Arm, Hals-, Arbeiten oberhalb des Schulterniveaus • Raumausstattung Lendenwirbelsäule (insgesamt ab 1 Stunde pro • Malerarbeiten Arbeitstag) • Stukkateure und Verputzer • Elektromontage Erwachsene • Lüftungsbau Arbeiten oberhalb des Schulterniveaus • Instandhaltungsarbeiten über längere Zeitabschnitte (insge- samt ab 2 Stunden pro Arbeitstag) Auch bei geringeren Zeitanteilen er- höhte Belastungen gegeben, z.B. bei: – zusätzlichem Handhaben von Lasten, – Überkopfarbeit 8 Gute Beratung - Faire Kontrolle
Körperfortbewegung Intervention erforderlich bei Beispiele betroffenen (KB) Jugendlichen (grüne Schrift) oder Körperregionen Erwachsenen Einsatz des Hand-/Arm-sys- Bei Jugendlichen wahrscheinlich auf • Möbeltransport ohne Gesamtes Mus- tems als Werkzeug Grund der Tätigkeit größtenteils nicht Transporthilfen kel-Skelett-System, anwendbar, weil ev. unter Beschäf- • Krankentransport mit den Schwerpunk- tigungsverbote fallend, bzw. wegen • Besteigen von Turmdrehkranen, ten untere Extremi- Überschreitung der zulässigen Lasten Sendeanlagen täten und • Kontrollbegehungen in Kanälen Schulter-Arm-Hand- Erwachsene • Gehen auf der Baustelle bzw. im Bereich Mehrfach pro Arbeitstag Aufsteigen Wasserbau auf hohe Masten, Türme etc. • Wartungsarbeiten an Beleuchtungsanlagen • Wartungsarbeiten an Feuerstätten • Wartungsarbeiten in Schächten/ Tanks/Kanälen Gute Beratung - Faire Kontrolle 9
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