Jugend Masterplan - Jugendnetz Werra-Meißner-Kreis
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Masterplan Jugend Fur den Werra Meissner Kreis REGION hat Zukunft! Verein für Regionalentwicklung Werra-Meißner e.V.
Inhalt Seite Vorwort Landrat - Stefan G. Reuß 4 Vorwort Verein für Regionalentwicklung - Helga Kawe 5 1. Jugend ist Thema! Masterplan Jugend für den Werra-Meißner-Kreis 6 1.1 Erarbeitungsprozess 8 1.2 Kurzübersicht zum Bericht 12 2. Herleitung der Themen und Befragungsergebnisse 14 2.1 Provinz – Jugend auf dem Land 14 2.2 Struktur- und Datenanalyse 18 2.3 Eine Auswahl von Ergebnissen regionaler und überregionaler Jugendstudien 25 2.4 Kinder- und Jugendrechte 28 2.5 Quantitative Befragung 30 2.6 Qualitative Befragung 34 2.7 Online-Beteiligung 38 3. Forderungen aus Jugendsicht 40 3.1 Bildung 40 3.2 Beteiligung 42 3.3 Treffpunkte und Jugendkultur 45 3.4 Unterstützung 47 3.5 Digitalisierung 52 3.6 Mobilität 54 3.7 Weitere Themen 57 4. Umsetzung und Verstetigung 59 4.1 Projekte, die schon umgesetzt werden 59 4.2 Verstetigung 61 4.3 Abschlussbemerkungen aus der Präsentation des Masterplans 63 4.4 Kreistagsbeschluss 63 Impressum und Bildnachweis 65
Liebe Leserinnen, liebe Leser, wie gelingt es uns die Jugendli- Räumlichkeiten nutzen zu können chen stärker in unserer Region zu und auch eine Nutzung von Werk- verankern und sie langfristig für zeug, Instrumenten oder techni- eine Lebensperspektive im schen Ausstattungen zu er- Werra- Meißner-Kreis zu begeis- möglichen. Auch der Aufbau von tern? weiteren Netzwerken, verbesser- ten Mobilitätsmöglichkeiten und Der vor Ihnen liegende Master- Kommunikationssystemen waren plan Jugend für den Werra- Meiß- wichtige Themen. Die guten ner-Kreises wurde in den letzten Ideen und Forderungen sollten zwei Jahren mit vielen Jugendli- uns anspornen, Lösungsmöglich- chen, Akteuren aus der haupt- und keiten zu suchen, zu prüfen und ehrenamtlichen Jugendarbeit, Po- auch neue Wege für die Realisie- litikern und Bürgern erarbeitet. rung zu gehen. Der für den Mas- Es gab zahlreiche Veranstaltungen terplan gewählte Slogan „Landei sowie analoge und digitale Beteiligungsmöglich- 2020“ ist aus meiner Sicht ein gutes und passendes keiten zur Entwicklung des Masterplans. Bild, denn das Ei steht für den Anfang einer Ent- wicklung, aus dem etwas Großes werden kann. Und Nun liegen die Ergebnisse vor. In Workshops wurde ich freue mich auf die nun kommende Umsetzung, zu den Themen Bildung, Beteiligung, Unterstüt- mit der wir den Werra-Meißner-Kreis Stück für Stück zung der Jugendlichen, Treffpunkte, Jugendkultur, jugendgerechter machen wollen. Hierzu fordere ich Digitalisierung, Mobilität und auch Schule und nicht nur die Jugendlichen auf, sich weiter einzu- Beruf diskutiert und gearbeitet. Das breite Spek- mischen, sondern dies gilt für unsere Städte und trum zeigt, dass Jugendliche alle Lebensbereich be- Gemeinden, den Kreis und alle Organisationen, Ver- trachten und auch mitgestalten möchten. eine, Verbände und Netzwerke, die Angebote für Politische Themen, Prinzipien der Nachhaltigkeit Jugendliche entwickeln und weiterentwickeln. und der Klimawandel wurden ebenso aufgerufen, konnten aber in diesem Rahmen, wegen dem gro- Herzlich bedanken möchte ich mich bei allen, die ßen Umfang, nicht weiter bearbeitet werden. an dem Masterplan mitgewirkt haben. Mein beson- derer Dank gilt den Jugendlichen, die sich sehr en- Der Masterplan Jugend zeigt, die Jugend möchte gagiert mit eingebracht haben. Der Masterplan ihre Region mit gestalten, sie möchte an gesell- Jugend hat interessante neue Ideen für die Einbin- schaftlichen und politischen Themen beteiligt wer- dung und Beteiligung der Jugend aufgezeigt, die den und auf Augenhöhe mit handelnden Akteuren es gilt umzusetzen. Ich bin gespannt und freue zusammen arbeiten. Dafür muss es einen realisti- mich auf die Umsetzung unserer Ziele in die Praxis. schen Rahmen für Umsetzungsmöglichkeiten In diesem Sinne wünsche ich uns allen eine gute geben und die Beteiligung der Jugendlichen sollte und erfolgreiche Zukunft in unserer Region. immer eine Wertschätzung erhalten. Weitere For- derungen sind beispielsweise Ansprechpartner in Ihr Stefan G. Reuß den Kommunen für Jugendbelange zu haben, Landrat
Liebe Leserinnen und Leser, rund zwei Jahre haben zahlreiche passen zur Zielsetzung und Stra- engagierte Akteure an dem Mas- tegie des Regionalen Entwick- terplan Jugend gearbeitet. Es fan- lungskonzeptes, so dass wir als den zwei Auftaktveranstaltungen, LEADER-Region sicherlich dazu einmal nur für Jugendliche und beitragen können, das ein oder zum anderen für alle Akteure, vier andere Projekte umzusetzen. Workshops und über drei Exper- tentreffen statt. Zusätzlich wurde Das Engagement der jungen Men- ein digitales Tool zur Beteiligung schen ist ein wichtiger Beitrag für für die Erarbeitung des Master- die Entwicklung der Region, der plans genutzt. Die Ergebnisse nicht hoch genug geschätzt wer- wurden in einer ersten Veranstal- den kann. Dafür sollten wir den tung nur mit Jugendlichen ge- jungen Menschen mehr Unterstüt- prüft und dann in einer weiteren zung anbieten, Freiraum schaffen mit 100 Personen gut besuchten und sie ehrlich und auf Augen- Veranstaltung allen Akteuren der Region präsen- höhe mitgestalten lassen. Hier gibt es schon einige tiert, diskutiert und abgestimmt. Die Ergebnisse gute Ansätze, die weiter ausgebaut und ergänzt liegen nun vor und es gilt sie umzusetzen. werden sollten. Jugend sollte immer mitgedacht werden. Der Masterplan Jugend im Werra-Meißner- Im Masterplan wird besonders deutlich, dass Ju- Kreis ist eine gute Basis, um unsere Region jugend- gendliche bei der Entwicklung in ihrem Lebens- gerechter aufzustellen. umfeld, ihrem Ort, ihrer Region mitreden, gehört und auch mit gestalten möchten. Dafür sind sie Für die gemeinsame Arbeit an dem Masterplan Ju- auch bereit, Verantwortung zu tragen. Dies ist gend möchte ich mich ganz herzlich bei den Ju- eine Chance für unsere Region, sich zukunftsfähig gendlichen und den vielen engagierten Akteuren aufzustellen. Das Thema Jugend ist auch im Ver- aus den unterschiedlichsten Bereichen bedanken. ein für Regionalentwicklung seit vielen Jahren ein Ich freue mich auf die nächsten Schritte und auf die Thema, so haben wir beispielsweise im Rahmen Projekte, die umgesetzt werden. der Erstellung des letzten Regionalen Entwick- lungskonzeptes einen zweitätigen Jugendwork- Ihre Helga Kawe shop durchgeführt. Die jetzt vorliegenden Vorsitzende des Vereins für Regionalentwicklung Ergebnisse des Masterplans Jugend „Landei 2020“ Werra- Meißner e.V. Masterplan Jugend V F R W M K
1. Jugend ist Thema! Masterplan Jugend für den Werra-Meißner-Kreis Das Jugend- und junge Erwachsenenalter als ei- die spricht von der pragmatischen Generation im genständige Lebensphase braucht spezifische An- Aufbruch auf der Suche nach Orientierung und gebote und auch besondere politische einem verlässlichen Wertesystem in einer unüber- Aufmerksamkeit. Das ist die Überzeugung, die hin- sichtlichen globalisierten Welt. ter dem Masterplan Jugend für den Werra-Meißner- Tatsächlich hat Jugend seit vielen Jahren eine un- Kreis steht. Über kaum eine Bevölkerungsgruppe tergeordnete Rolle gespielt. Nach Pisa-Schock und hat man sich in den letzten zwei Jahrzehnten we- weiteren für Deutschland wenig schmeichelhaften niger Gedanken gemacht, wurde weniger disku- Bildungsvergleichen bekam die (frühe) Bildung die tiert und weniger geforscht als über Jugendliche. geballte Aufmerksamkeit und in der Demografie- Wenn es überhaupt mal Aufmerksamkeit gab, dann debatte rückten die Familien als beeinflussbare Abb.: Auftaktveranstaltung Masterplan Jugend, März 2018; Quelle: Jugendförderung Werra-Meißner aufgrund von als schräg, negativ oder bedrohlich Größe der Bevölkerungssteuerung landauf landab empfundenen Ausdrucks- und Verhaltensweisen. in den Mittelpunkt. Wobei unter Familie in der Regel Selten war „Jugend“ Gegenstand einer wertfreien Eltern mit kleinen Kindern in unterschiedlichsten Betrachtung, noch seltener äußerte sie sich selbst Konstellationen verstanden wurden. Erst der 14. Kin- vernehmbar in eigener Sache. Überregionale Ju- der- und Jugendbericht, der von einer Experten- gendstudien wie die Sinusstudie beschrieben sie in gruppe im Auftrag der Bundesregierung alle vier regelmäßigen Abständen, zuletzt als die „Genera- Jahre erstellt wird, bilanzierte, dass Familie auch im tion mainstream“: angepasst und pragmatisch, Leben von Jugendlichen eine Bedeutung hat. Der konservativ bürgerlich , lifestyle- und karriereori- 2017 erschienene 15. Bericht ist dann auch ein rei- entiert, zufrieden und materialistisch, nur einige an ner Jugendbericht geworden und trägt den Titel „Ju- den Rändern sind bereit, sich auffällig, rebellisch gend ermöglichen“- was den Umkehrschluss er- und experimentell zu geben oder aber perspektiv- laubt, dass das, was zukünftig ermöglicht werden los, auffällig und prekär zu verharren. Die Shell Stu- soll, bis jetzt so anscheinend nicht möglich war. 6
Der Bericht beschreibt die Jugendphase als eigen- teiligen wir Jugendliche an der Gestaltung ihrer heu- ständige Lebensphase mit spezifischen Entwick- tigen und zukünftigen Welt? Die Entwicklungen im lungsaufgaben. Jugend wird verstanden als letzten Jahr mit der Jugendbewegung "Fridays for gesellschaftlicher Integrati- Future" zeigt jedenfalls deut- onsprozess, der zwischen der lich, dass Jugend im ländli- immer früher einsetzenden Die Jugendlichen von heute sind die chen wie in urbanen Räumen Pubertät und dem Erreichen Erwachsenen von morgen. Was wir ihre Zukunft aktiv mit gestal- der wirtschaftlichen und ge- heute mit unserem Engagement für ten möchte. Neben den Kund- sellschaftlichen Eigenständig- Jugendliche ermöglichen und ent- gebungen fanden auch zahl- keit stattfindet, die heute oft scheiden, ist mitbestimmend dafür, reiche Aktionen im Sinne des erst am Ende des dritten Le- was für Menschen mit welchen Kom- Klimaschutzes statt, die von bensjahrzehnts erreicht ist. petenzen in 15 bis 20 Jahren in Wirt- den Jugendlichen organisiert schaft und Politik, in der und umgesetzt wurden. Die Jugendphase soll den Zivilgesellschaft wie in den Religio- Aufwachsenden drei elemen- nen, in der Bildung und unzähligen Die „Jugend“ heute zu be- tare Entwicklungsaufgaben weiteren Bereichen „den Laden mal trachten und zu bewerten mit ermöglichen: übernehmen.“ den Perspektiven und Maßstäben der eigenen er- • Qualifizierung wachsenen Biografie wird den Jugendlichen selten gerecht. Die Welt hat sich in - die soziale und berufliche Handlungsfähigkeit den letzten Jahren radikal verändert und die Ju- gendlichen selbstverständlich auch. Die Unüber- • Selbstpositionierung sichtlichkeit der Globalisierung und eine nicht zu - die Balance zwischen subjektiver Freiheit und überschauende Vielzahl an Entscheidungsmöglich- sozialer Zugehörigkeit keiten verlangen eine ständige Orientierung, die • Verselbstständigung meist von außen formulierten vermeintlichen oder realen Anforderungen führen zum ständigen Druck - die individuelle Verantwortungsübernahme der „Selbstoptimierung“ und die medialen Entwick- lungen schaffen die Möglichkeit einer permanenten Können die Jugendlichen, denen wir täglich begeg- Verfügbarkeit von Kontakten und Informationen. nen, diese Entwicklungsaufgaben hier wirklich be- wältigen? Bietet das Leben im Werra-Meißner-Kreis Um Jugendliche heute und hier zu verstehen, bleibt genug Orientierungsmöglichkeiten und Bildungs- nichts anderes als sie zu beteiligen und sich mit möglichkeiten? Haben Jugendliche hier genug Er- ihnen direkt auseinanderzusetzen. Und dies kann fahrungsfelder und Freiräume, um sich selbst nicht delegiert werden an Jugendarbeit, Vereine auszuprobieren? Finden sie genug Unterstützung, oder die Schule, sondern bleibt die Aufgabe für Hilfe und Reibungspunkte, wenn dies nicht alleine jeden Einzelnen und jedes Gremium, das mit Ju- gelingt? Ist der ländliche Raum dabei eher Ein- gend zu tun hat. Der Untertitel „ Nichts für uns ohne schränkung oder Möglichkeit? Welche Werte erle- uns“ beschreibt den einzigen Weg, den Werra-Meiß- ben Jugendliche hier und reicht das, um eine ner-Kreis mit seinen vielfältigen Strukturen für heu- eigene, auch regionale Identität zu entwickeln? tige Jugendliche und zukünftige Erwachsene zu Welche Erfahrungen und Erlebnisse ermöglichen wir einer Region zu entwickeln, in dem aus der Sicht Jugendlichen als Mitgestalter in Vereinen und Vor- von Jugendlichen „ländlicher Raum“ nicht ein Defizit ständen, welche Bildungserfahrungen und Möglich- beschreibt, sondern eine Chance in einem spezifi- keiten der Berufsorientierung bieten wir, wo schen Lebensraum mit besonderen Bedingungen. ermöglichen wir Vertrauen und wo reden wir ernst- Der genügend Erfahrungen und Freiräume bietet haft über Grenzen? Wo ermöglichen wir Zukunft und und nicht durch das Gefühl der ungleichen Chancen wo machen wir welche Tradition erfahrbar? Wo be- und fehlenden Möglichkeiten charakterisiert wird. 7
Bei dem das Weggehen auch zukünftig dazugehö- und es soll von Anfang an die Möglichkeit gegeben ren wird, wo aber das Wiederkommen aufgrund sein, konkrete Projekte bereits während des Prozes- vieler positiver Erfahrungen der „Selbstwirksamkeit ses umzusetzen. durch Mitbestimmung“ eine realistische Option bleibt. Das dies so wird, dafür haben viele Jugend- Die gesamte Erarbeitung wurde federführend vom liche und Jugendinteressierte ein Jahr lang mit viel Werra-Meißner-Kreis (Jugendförderung) in Koopera- Engagement, Ideen und Impulse gesammelt, Erfah- tion mit dem Verein für Regionalentwicklung Werra- rungen diskutiert und Vorschläge entwickelt. He- Meißner e.V. (LAG und Umsetzung des rausgekommen ist vielleicht nicht die eine Strategie Modellvorhabens Land(auf)Schwung) durchgeführt. für einen jugendgerechteren Werra-Meißner-Kreis, Projektbegleitend wurde eine kleine operative Ar- aber viele sehr konkrete Vorschläge für den Weg beitsgruppe mit 4-6 Personen sowie eine größeren dahin. Arbeitsgruppe mit über 20 Personen aus den Berei- chen Jugendförderung, Schulsozialarbeit, kommu- nale Jugendarbeit und einzelnen Verbänden und 1.1 Erarbeitungsprozess Institutionen eingerichtet. Die Medienpartnerschaft hat das medienWERK-Studio für Kommunikation Den Ausgangspunkt für die Überlegungen einen und Film im Werra-Meißner-Kreis übernommen. Masterplan Jugend zu erstellen, bildeten die „Ge- spräche über Jugendarbeit“, welche in 2016 statt- Die breite öffentliche Erarbeitung des Master- fanden. Dort trafen sich Akteure aus der Jugend- plans Jugend „Landei 2020“ startete ausschließ- und Kulturarbeit, um über die Rahmenbedingun- lich mit Jugendlichen am 2. März 2018. Zuvor gen, Zusammenarbeit und Inhalte zu sprechen. Ein wurden in einem Vorprozess mit der projektbe- zentrales Ergebnis des Treffens im Dezember war der Wunsch, einen Masterplan Jugend zu er- stellen. Speziell einen Master- plan, weil es sich hierbei um eine abgestimmte und bereits mehrfach im Kreis zu anderen Themen erprobte Strategie handelt. Das Ziel zur Erarbeitung des Masterplans Jugend für den Werra-Meißner-Kreis wurde dann im Jahr 2017 formuliert: Unter breiter Beteiligung von Ju- gendlichen mit unterschiedli- chen Formaten, soll eine Strategie für einen jugendge- rechteren Werra-Meißner- Kreis Gespräch über Jugendarbeit, Dez. 2016; Quelle: Jugendförderung Werra-Meißner erarbeitet werden. Der Master- plan als Ergebnis dieses Prozesses soll in der Politik gleitenden Arbeitsgruppe ein Vorschlag zur The- vorgestellt und beschlossen und anschließend im menauswahl erarbeitet sowie eine Zeitplanung Kreis sowie den Städten und Gemeinden umgesetzt und weitere Beteiligungsschritte entwickelt. An der werden. Gleichzeitig sollen verschiedene Netzwerke, 3-stündigen Auftaktveranstaltung in Bad Sooden- Vereine und Initiativen, die sich mit den Belangen Allendorf haben über 100 Jugendliche aus allen Tei- von Jugendlichen beschäftigen, einbezogen werden len des Kreises teilgenommen und in neun 8
parallelen Arbeitsgruppen zentrale Fragestellun- """ Fragen Ideen Forderungen gen, erste Ideen und erste Forderungen diskutiert. 1. Warum wird Mobilfalt 1. Stadtbusverkehr in ESW 1. Hessenticket für alle Um möglichst viele Jugendlichen zu erreichen schlecht angenommen? abends und am WE Schüler, kostenlos 2. Warum sind Busse so groß 2. Nachtbusangebote (von 2. ÖPNV muss günstiger und ihnen gleichzeitig ein Angebot für die Mitar- (kleine sind Disco nach Hause) 2 x pro werden (Jugend-dŝĐŬĞƚ͕͙Ϳ ökologischer..)? Nacht 3. Bessere Vertaktung über beit zu unterbreiten, wurde auf der Auftaktveran- 3. Warum werden jedes Jahr 3. Digitale Mitfahrbänke Bebra (morgens) und Neu die Buspreise rapide (Modell Fairfahrt) Eichenberg nach KS staltung im März 2018 erstmalig das „Projekt teurer? übertragen oder Mobilfalt ausweiten Startup“ (50 Euro pro Person für Jugendprojekte) 4. Führerschein billiger erprobt (s. Kap. 4.1.1). Thema: MOBILITÄT Im Mai und Juni wurden vier thematische Jugend- Abb.: Ergebnisse Thema Mobilität, Auftaktveranstaltung workshops in unterschiedlichen Teilräumen der Re- Masterplan Jugend, März 2018, eigene Darstellung gion angeboten, um die Themen der Auftaktveranstaltung intensiver zu diskutieren. Trotz der Bereitschaft zur weiteren Mitarbeit von von über der Hälfte der Jugendlichen, die bei der Auftaktveranstaltung im März teilnahmen, haben zwei der vier angebotenen Workshops nicht statt- gefunden, da keine Jugendlichen kamen. In den beiden Workshops wurden die Themen ver- tieft diskutiert, erste Umsetzungsideen entwickelt und vor allem die Forderungen inhaltlich geprüft und weiter konkretisiert. Aufgrund der geringen Bereitschaft zur kontinuier- lichen Beteiligung der Jugendlichen wurde das Be- Abb.: Expertenfrühstück Mai 2018: Jugend im ländlichen Raum, teiligungs- und Erarbeitungskonzept für den Akademie Junges Land e.V. Masterplan Jugend überarbeitet und geändert: Im Ergebnis wurden viele verschiedene Beteili- gungsformate angebo- ten, z.B. Befragung, Onlinebeteiligung, di- rekte Beteiligung zu Fragen des Masterplans im Rahmen der kom- munalen Jugendarbeit und große öffentliche Veranstaltungen. Die Strategie umfasste eine punktuelle thematische Beteiligung von Ju- gendlichen ergänzt um Onlineformate. Zur konsistenten Erar- beitung einer Jugend- strategie wurde der Masterplan Jugend mit Abb.: Werra-Rundschau, Juni 2018 einer Gruppe von ca. 20 9
Qualitative Befragung: Parallel zum Masterplanprozess wurde im Zeitraum von Juli 2018 bis Januar 2019 eine qualitative Befragung durch die Universität Marburg durchgeführt, bei der zwölf Ju- gendliche – sechs weibliche und sechs männliche – im Alter von 15 bis 19 Jahren befragt wurden. Um ein möglichst breites Spektrum ab- zudecken, erfolgte die Auswahl zudem angelehnt an die Sinus- Milieus1. Ziel war es, mehr über die Abb.: Auftaktveranstaltung Masterplan Jugend, März 2018; Lebenswelten von Jugendlichen Quelle: Jugendförderung Werra-Meißner im Werra-Meißner-Kreis zu erfah- ren, tiefere Einblicke in das Lebens- Expert*innen (Vertreter* innen der Jugendarbeit gefühl junger Menschen zu bekommen, mögliche sowie weiteren Personen) kontinuierlich begleitet weitere Themen für den Masterplan zu erfahren und und bei den jeweiligen Beteiligungsformaten mit weitere Zusammenhänge zwischen den Themenfel- Jugendlichen geprüft und ergänzt. dern zu erkennen (s. Kap. 2.6). Im Mai 2018 fand mit ca. 30 Akteuren aus der Ju- Am 20.06.2018 fand eine öffentliche Auftaktver- gend- und Schulsozialarbeit des Kreises ein Exper- anstaltung mit Jugendlichen und Vertreter*innen tenfrühstück zum Thema Jugend auf dem Land von Politik, Kommunen sowie der breiten Öffent- statt, zu dem ein Vertreter der Akademie Junges lichkeit mit über 100 Personen im E-Werk in Land e.V. eingeladen wurde. Ziel war es herauszu- Eschwege statt. Dabei wurden erste Zwischener- finden, in wie weit die ländliche Region als Rah- gebnisse aus den verschiedenen Formaten vorge- menbedingung bei der eigenen Arbeit eine Rolle stellt – u.a. auch eine Auswertung der Magistrats- spielt und gezielt berücksichtigt wird. Als Diskus- und Gemeindeversammlungsprotokolle, ob Jugend sionsgrundlage stellte Florian Grünhäuser (Akade- dort im Jahr 2017 ein Thema war. Dabei kam heraus, mie Junges Land) „Zehn Thesen für ein junges dass in 10 Städten und Gemeinden "Jugend" be- Land“ und die Ergebnisse zahlreicher Regionalana- sprochen wurde. In welchem Zusammenhang zeigt lysen und Beteiligungsprojekte vor. Hier exempla- die "Word Cloud" (s. Abb. "Word Cloud“ S. 11). risch drei der diskutierten Thesen: 1. Jugendliche brauchen Orte und nicht viel mehr 2. Jugendliche müssen nicht bleiben - aber zurückkommen 3. Wer junges Engagement will muss flexibel sein (s. auch Kap. 2.1). Quantitative Befragung: Im Zeitraum von April bis Juni 2018 wurde eine quantitative Befragung durch- geführt, an der sich über 400 Jugendliche im Alter von 11 – 24 Jahren beteiligten. Dabei standen die Themen Mobilität, Beteiligung, Treffpunkte und Abb.: Öffentliche Auftaktveranstaltung Masterplan Jugend, Juni 2018: Leben auf dem Land im Fokus (s. Kap. 2.4). Quelle: Jugendförderung Werra-Meißner 1 Das Modell der Sinus-Jugendmilieus ist ein Forschungsansatz zur Gruppierung von Jugendlichen. Kriterien sind dabei ihre Lebenseinstellung und der Grad ihrer Bildung. Das SINUS-Institut erforscht seit vielen Jahren jugendliche Lebenswelten. Siehe die Reihe „Wie ticken Jugendliche?" (2008, 2012, 2016). Quelle: www.sinus-institut.de 10
Jugendarbeit Schwimmbad Schwimmbad Jugendrat Beteiligung Jugendarbeit Jugendarbeit Posaunenchor Förderung Jugendzentrum Kinder- und Jugendschutz Hallenbad Hallenbad Jugendraum Jugendraum Partizipation Gründung Jugendzentrum Vereine Jugendzentrum Ferienspiele Freizeit Jugendraum Jugendfeuerwehr Ferienspiele Förderung Jugendrat AWO Jugendrat Jugendrat Gründung Partizipation Jugendzentrum Beteiligung Partizipation Jugendpflegerin Ferienspiele Posaunenchor Jugendarbeit Jugendarbeit Jugendrat Kinder- und Jugendschutz Kinder- und Jugendschutz AWO Vereine AWO Jugendpflegerin Vereine Förderung Schwimmbad Förderung Freizeit Posaunenchor Gründung Beteiligung Schwimmbad Hallenbad Kinder- und Jugendschutz Schwimmbad Jugendpflegerin Jugendraum Jugendarbeit Jugendpflegerin Beteiligung Förderung Gründung Hallenbad Partizipation Jugendpflegerin Jugendfeuerwehr Partizipation Hallenbad Freizeit Jugendarbeit Beteiligung Jugendraum Freizeit Jugendarbeit AWO Gründung Vereine Ferienspiele Vereine Posaunenchor Kinder- und Jugendschutz Gründung Kinder- und Jugendschutz Jugendfeuerwehr Partizipation Freizeit AWO Jugendrat Jugendzentrum Jugendarbeit Jugendfeuerwehr Jugendfeuerwehr Jugendarbeit Posaunenchor Abb.: Word Cloud: Thema Jugend in der Kommunalpolitik, Quelle: proloco 2019 Nach der Vorstellungen der Zwischenergebnisse wurden die bisher erarbeiteten Fragen, Ideen und LANDEI2020 | Masterplan Jugend Werra-Meißner-Kreis | Nichts für uns, ohne uns | Herbst 2018 ersten Forderungen aus den Bereichen „Treffpunkte %(7(,/,*81* 817(5677=81* und Jugendkultur“, „Beteiligung und Unterstüt- zung“ und „Freizeit und Bildung“ vorgestellt und in Kleingruppen weiter diskutiert. Die Themen „Mobi- lität, Digitalisierung und Landleben/Provinz“ wur- den dabei als Querschnittsthemen, die in allen Punkten eine Rolle spielen, besprochen. Am Ende der Veranstaltung gab es für die Teilnehmer*innen noch die Möglichkeit, konkrete Ideen und Projekte zu benennen und sich für die weitere Arbeit in the- matische Arbeitsgruppen einzutragen. Thematische Arbeitsgruppen: Im August 2018 wurden Arbeitsgruppen zu den Themen „Beteili- gung und Unterstützung“, „Treffpunkte und Ju- gendkultur“ sowie „Freizeit und Bildung“ mit Jugendlichen und Erwachsenen durchgeführt. An diesen nahmen zwischen 10 und 18 Personen (mehrheitlich Erwachsene) teil, welche die bisheri- Abb.: Auszug aus der Online-Befragung; gen Ergebnisse diskutierten und weiterentwickel- Quelle: https://landei2020.insights.us/ ten sowie erste Ideen für die Umsetzung der bisherigen Jugendprojekte und auch weitere Ideen Über ein Online-Tool gab es die Option, die Forde- sammelten. rungen zu kommentieren, zu bewerten und zu er- weitern (s. Kap. 2.7). Onlinebeteiligung: Im Zeitraum von Oktober bis November 2018 wurde öffentlich dazu eingeladen, Jugendgruppenkonferenz: Im Oktober 2018 fand die bisherigen Forderungen für einen jugendge- ein Brunch mit moderiertem Austausch der Ju- rechteren Werra-Meißner-Kreis online zu beraten. gendgruppen im Kreis statt, bei dem neben den 11
Abb.: Austausch der Jugendgruppen Oktober 2018, ; Quelle Werra-Meißner-Kreis Beratungs- und Unterstützungsangeboten für Neben der Diskussion um Inhalte gab es auch kon- Gruppen auch die bisherigen Ergebnisse des Mas- krete Unterstützung über die „Startup“-Förderung. terplans beratschlagt wurden. Besonders intensiv Der Jugendcheck war nach der Auftaktveranstaltung wurden folgende Punkte diskutiert: im März 2018 das zweite Format, bei dem diese Form 1. Information über Fördermittel & Ansprechpart- der Förderung Anwendung fand. „Startup“ stellte ner/Berater vor Ort. sich dabei insgesamt als gute Möglichkeit dar, Ju- 2. Eine Anerkennungskultur des freiwilligen Enga- gendliche einerseits zur Mitarbeit zu motivieren und gements, die sich nicht nur auf „Händeschütteln auch gezielt Jugendprojekte zu fördern. und Anstecknadeln“ beschränkt. 3. Vereinsförderung breiter und einfacher - Erwei- Den letzten Schritt zum vorliegenden Masterplan terung bzw. Änderung der Förderrichtlinien. bildete die Abschlussveranstaltung im Mai 2019 in Eschwege. Dort wurden die Ergebnisse, vor Jugendcheck der Forderungen: Im März 2019 fand allem aber die Forderungen aus Jugendsicht, von in Witzenhausen eine kreisweite Jugendkonferenz Jugendlichen vorgestellt und mit Landrat Stefan statt. Dort unterzogen ca. 100 Jugendliche die bis- G. Reuß sowie zwei Bürgermeistern (Herr Lenze, herigen gebündelten Ergebnisse und Forderungen Gemeinde Berkatal und Herr Eckhard, Stadt Son- einem „Jugendcheck“. Jugendcheck heißt, dass die tra) öffentlich diskutiert. In der regen Diskussion Ergebnisse und Forderungen mit Jugendlichen be- zeigte sich, dass die Themen und die dazugehöri- sprochen, kritisch überprüft, erweitert und auch gen Forderungen grundsätzlich richtig gesetzt priorisiert wurden, bevor sie in den Masterplan ein- waren. fließen. Diese erneute Überprüfung durch Jugend- Kurzübersicht zum Bericht liche war der entscheidende Meilenstein im Prozess, ohne den der Masterplan nicht hätte glaubwürdig 1.2 geschrieben werden können. Die drei wichtigsten Forderungen aus Jugendsicht waren dabei: In dem vorliegenden Bericht sind die Ergebnisse des gut einjährigen Prozesses dargestellt. Der 1. Jugendliche brauchen selbstgestaltbare Räume Schwerpunkt liegt auf Kapitel 3 „Forderungen aus 2. Regelmäßiges Nachtbusangebot am Wochenende Jugendsicht“, das in sechs unterschiedliche The- 3. Kreisweite Jugend-App mit Infos zu Veranstaltungen menbereiche unterteilt ist. Diese wurden von den und Mobilitätsangeboten. Jugendlichen auf der Auftaktveranstaltung im März 12
ausgewählt, sind durch die Befragung sowie die selbst den Hintergrund. Die Forderungen im Onlinebeteiligung geprüft worden und wurden Schwerpunktkapitel wurden bei dem "Jugend- für die Abschlussveranstaltung im Mai 2019 noch- check" nach ihrer Dringlichkeit priorisiert. Entspre- mal thematisch passend gegliedert. Ergänzt chend ist die Reihenfolge nicht zufällig, sondern wurde das Thema Ausbildung, da ihm eine hohe nennt die Forderungen in den einzelnen Abschnit- Priorität bei der qualitativen Befragung beigemes- ten zuerst, die einerseits die höchste zeitliche Prio- sen wurde. Der Anspruch war nicht alle Themen, rität haben (sie sollen in den nächsten 1-2 Jahren die für Jugendliche generell von Belang sind auf- umgesetzt werden) und andererseits aus Jugend- zunehmen, sondern die Themen vertieft zu disku- sicht zudem als realistisch eingeschätzt wurden. tieren, die aus Sicht der beteiligten Jugendlichen die größte Relevanz haben. Im abschließenden Kapitel 4 sind Aussagen zur Umsetzung und Verstetigung aufgeführt. Diese Entsprechend sind einleitend in Kapitel 2 die Grund- umfassen die konkrete Projektebene, also Jugend- lagen des Masterplans mit der Struktur- und Daten- projekte, die schon während der Laufzeit umge- analyse, dem Blick über den Tellerrand auf weitere setzt werden konnten, genauso wie Projekte, die in regionale und überregionale Studien, einer kurzen Zukunft umgesetzt werden sollen. Darüber hinaus Darstellung der rechtlichen Grundlagen sowie die wird im Kapitel Verstetigung auch benannt, wie die im Prozess vorgenommenen quantitativen und Ergebnisse von unterschiedlichen Institutionen qualitativen Befragungen zusammengefasst. Sie bil- und Einrichtungen (Jugendförderung des Werra- den zusammen mit der oben beschriebenen Priori- Meißner-Kreises, Jugendförderungen der Kommu- tätensetzung der Themen durch die Jugendlichen nen, etc.) künftig umgesetzt werden sollen. Abb.: Jugendcheck der Forderungen, März 2019, Quelle Werra-Meißner-Kreis 13
2. Herleitung der Themen und Befragungsergebnisse 2.1 Provinz - Jugend auf dem Land tuelle Lebensaufgabe die Suche nach Identität und die Entwicklung von Persönlichkeit ist, dann will ich Es ist schon ein paar Jahre her, da schallte der Ruf möglichst viele Optionen dafür haben. Kultur, “Macht die Provinz bunt und lebendig“ durch den Trends, Politik, Szenen, Moden, Vielfalt – alles das, Werra-Meißner-Kreis. Vor mehr als 30 Jahren ent- was Jugend (-kultur) ausmacht, entwickelt sich standen aus dieser Motivation heraus unter ande- nicht zuerst in der Provinz. rem Theatergruppen, Oral-History-Projekte, Jugendzentren und –räume, Film- und Theaterfes- Aber bedeutet das gleichzeitig, dass der ländliche tivals und nicht zuletzt das Open Flair. Junge Leute Raum eine Lebenswelt ohne aufregende Erfahrungs- arbeiteten daran, sich die Provinz als ihren Lebens- möglichkeiten ist, ohne die Chance auf die Entwicklung raum anzueignen und die hier herrschenden Le- zur Persönlichkeit und ohne die Option auf die Entwick- bensverhältnisse nach ihren Vorstellungen aktiv mit lung selbstbestimmter und hoffnungsfroher Zukunfts- zu gestalten. Seitdem hat sich vieles geändert, u.a. entwürfe? Während die Jugendlichen in den ist das Bewusstsein für Provinz als eigenständigem städtischen Räumen immer nur über ihre Möglichkei- Lebensraum mit besonderen Chancen und Mög- ten reden, können es die Jugendlichen in ländlichen lichkeiten abgelöst worden, von einer oft eher Räumen umsetzen, da es hier genügend Freiraum für durch das Hervorheben von Defiziten bestimmten Gestaltung und Vielfalt gibt. Die Einstellungen der Ju- Sichtweise. Neben objektiven Einschränkungen u.a. gendlichen zum Werra-Meißner-Kreis als ihrem Le- im Bereich der Berufsausbildung, der Arbeitsplatz- bensraum sind vielfältig und differenziert, in der wahl, der Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten hat Gesamtheit aber viel positiver als erwartet. Ein paar vor allem die Diskussion über die scheinbar unbe- Statements der Auftaktveranstaltung mögen das grenzten und attraktiven Möglichkeiten urbaner exemplarisch unterstreichen. Auf einer großen Lein- Lebensräume viele Einstellungen geprägt. Aus Ju- wand wurden digital und anonym Statements abge- gendsicht auch meist berechtigt: Wenn meine ak- geben zu: Ich bin gerne ein Landei (s. Abb. unten) „….weil ich mich hier nachts auf …da man auf …das JUz in die Hauptstraße legen und in den dem Land besser und einfacher …das beschte is… Sternenhimmel schauen kann.“ lebt… …..weil ich mich eigentlich auch ..ich ohne Führerschein Auto fahren …man hier gut in Ruhe sein ABI tagsüber auf die Hauptstraße legen kann machen kann…. kann… .. ich stolz auf unsere Region bin …die Mukke in der Schlossmühle Hallo Mama, ich bin im Fernsehn und mich hier wohl fühle fetzt… … ..weil man in der Stadt mit drei ..weil es in Dorf schön ist zu leben, … weil auf dem Dorf jeder darauf Bier betrunken ist und auf dem jeder kennt jeden. scheißt was man macht, egal ob Land der Fahrer… saufen oder sonst was Abb.: Äußerungen von Jugendlichen auf die Frage: Ich bin gerne ein Landei... , Quelle: Werra-Meißner-Kreis 2018 14
Jugendliche haben generell ein Recht darauf, gleich- zeptionen oder Zielgruppenansprache eine expli- wertige Bildungs- und Entwicklungschancen zu erle- zite Rolle spielt. Dabei stellte sich die Frage, in wie ben, um dadurch eine vergleichbare Ausgangs- weit „das Land“ wirklich als besonderer Lebensraum position für einen Start in eine selbstgestaltbare Zu- begriffen wird und in wie weit dies (auch) Auswir- kunft und auf Teilhabe am gesellschaftlichen Leben kungen auf spezifische Entwicklungsprozesse und zu haben. Wobei gleichwertige nicht gleiche Chan- das subjektive Werteempfinden der jugendlichen cen bedeuten muss. Es ist weder gewollt noch sinn- Bewohner*innen hat. Ist „das Land“ gleichzusetzen voll, die Möglichkeiten der städtischen Lebensräume mit Provinz? Mit nachfolgenden 10 Thesen haben wir auf dem Land zu kopieren und künstlich zu inszenie- uns dabei die Provinzbrille aufsetzen lassen und da- ren. Es gibt Lebensentwürfe, die besser in die Stadt rüber zum Teil heftig diskutiert. Die Akademie Junges oder auf das Land passen. Diese entscheiden sich an Land wertet seit 15 Jahren Sozialraumanalysen in Hobbies, Berufs- oder Ausbildungswünschen, aber ländlichen Gemeinden gezielt aus. Als Ergebnis sind auch an vorhandenen Freundeskreisen. Dabei ist Chancen und Herausforderungen für Jugendliche weder die Entscheidung für oder gegen das Land- bzw. Stadtleben besser oder schlechter. Sie be- Thesen der Akademie Junges Land: dingt nur einen gewollt unter- schiedlichen Lebensalltag, der 1. Wer junges Engagement will, muss flexibel sein. Beharren auf Routinen oder Traditionen verhindert das Engagement einer jungen wiederum auch nicht unumkehr- Generation, die notwendigerweise auch für eigene Wege und Veränderung steht. bar wäre. In der Provinz bleiben 2. Vereine sterben aus - obwohl Nachwuchs interessiert wäre. oder dorthin zurückkehren ge- Jugendlichen wollen sich engagieren, werden aber unzureichend angesprochen, lingt aber nur, wenn die Erfahrun- motiviert und unterstützt, und stellen fest, dass die „Alten“ ihre Territorien massiv gen und Erinnerungen an die verteidigen. Herkunftsregion mit einem Ge- 3. Für Neuzugezogene und Alteingesessene ... fühl der Dazugehörigkeit, der ... sind Engagement und Nachbarschaftshilfe wichtig für ein gutes soziales Klima im Dorf. Doch beide Parteien bleiben häufig unter sich. Möglichkeit der (Mit-)Gestaltung und einem Bewusstsein für die 4. Konkurrenzdenken schadet Vereinen und Gemeinden. Gemeinsame Aktionen über die Dorfgrenzen hinweg schaffen neue Möglichkeiten Chancen der Provinz verbunden und Ressourcen. Für Konkurrenz sind die Ressourcen überall zu begrenzt. sind. Provinz ist etwas Eigenes, und 5. Ein generationsübergreifender Wunsch: Raum für Begegnung ich will gerne (irgendwann) freiwil- Räume für Begegnung und gemeinsames Engagement können frei genutzt werden lig und engagiert darin leben. und stellen eine Alternative zu starren Vereinsstrukturen oder Gremien dar. 6. Jugendliche brauchen Orte- und nicht viel mehr als das. Um den Blick für die besonderen Jugendliche brauchen Räume, die sie eigenverantwortlich gestalten und wo sich frei Bedingungen des Aufwachsens entfalten können. Das stärkt auch die Identifikation mit der Heimat. im ländlichen Raum zu schärfen, 7. „Die Jugend“ gibt es nicht. haben die Steuergruppe und Auch Jugendliche auf dem Land haben breite Interessensgebiete, manche Jugend- szenen schließen sich aus und können nicht verallgemeinert angesprochen werden. weitere Interessierte an einem „Experten-Frühstück“ mit einem 8. Jugendliche müssen nicht bleiben - aber zurückkommen. Viele Jugendlichen wünschen sich nach dem weiteren Bildungsabschluss und ein Referenten der „Akademie jun- paar Jahren Erfahrung „wo anders“ eine Rückkehr in die Heimat. Hierfür müssen ges Land“ teilgenommen. Ex- Perspektiven und Angebote geschaffen werden. pert*innen aus der Jugendarbeit 9. Junge Familien im Blick: Lebensraum gestalten. im Werra-Meißner-Kreis haben Mit dem Blick auf junge Familien können Dörfer eine Zielgruppe von sich überzeu- sich damit auseinander gesetzt, gen, die sich meist langfristig aktiv ins Gemeindeleben integriert und engagiert. in wie weit die ländliche Region 10. Perspektivwechsel sind nötig und brauchen ständigen Austausch. als Rahmenbedingung bei der ei- Vor Ort braucht es Treffpunkte und Räume, bei denen alle Bürger*innen ihre Meinung loswerden und sich austauschen können. Doch Jugendliche finden nach eigener genen Arbeit bei Themen wie Auskunft weiterhin zu wenig Gehör. strukturellen Fragen, demografi- schem Wandel, Angebotskon- 15
und junge Bürger zusammengetragen und in 10 erreichen, sollte die regionale Identität durch das Thesen zusammengefasst worden: Einige Thesen Aufzeigen von Berufsperspektiven gefördert wer- wurden besonders intensiv diskutiert, andere nur den. Im Mittelpunkt dieser Kampagne sollten re- kurz erläutert. gionalspezifische Themen und Arbeitsfelder stehen. Außerdem sind positive Erfahrungen im These 1: Jugendalter immens wichtig. Wer junges Engagement will, muss flexibel sein These 10: Ein Perspektivwechsel ist nötig Es wurde gefordert, dass junges Engagement ge- und braucht ständigen Austausch sellschaftlich mehr anerkannt werden sollte – bei- spielsweise bei Arbeitgebern, Schulen oder Der Perspektivwechsel soll dabei helfen, Beteili- Vereinen. Eine Flexibilität kann durch einen Ausbau gung in verschiedenen Lebensbereichen einzufüh- der Möglichkeiten von Engagement beginnen. Jun- ren. Dies kann durch Strukturänderungen erfolgen, ges Engagement ist durch Projekte wie z.B. das Frei- die es Jugendlichen leichter machen, sich zu betei- willige Soziale Schuljahr (FSSJ) zu fördern. Derartige ligen und einzubringen. Gleichzeitig muss die Ju- Initiativen gilt es auszubauen und in der Finanzie- gend auch im politischen Diskurs ein Thema sein rung langfristig zu sichern. Es schafft verschiedene und bleiben. Die Meinungen von Jugendlichen Möglichkeiten sich einzubringen, zu sehen, welche sollten auch dort ernst genommen werden. Kleine Möglichkeiten der Werra-Meißner-Kreis oder die gemeinsam gestaltete Projekte machen die Zu- ländliche Region allgemein bieten. Auch sogenann- sammenarbeit mutmaßlich einfacher als große tes Mikro-Engagement (punktuell und zeitlich be- Projekte, in denen ggf. Einzelmeinungen nicht ge- fristet) ist sichtbar zu machen und anzuerkennen. hört werden können. Als wichtig wurde auch ge- sehen, dass die Erwachsenen als Vorbild agieren, These 6: so dass Jugendliche sich orientieren können. Jugendliche brauchen Orte und nicht viel mehr Selbst innerhalb des Kreises ist bereits ein Unter- schied in den Freizeitmöglichkeiten der Jugendli- Hier wurde diskutiert, ob die Orte, die Jugendarbeit chen zwischen den größeren Orten und den bietet, von den Jugendlichen überhaupt gewollt kleineren Gemeinden feststellbar. Häufig erreichen werden bzw. ob sich Jugendliche nicht selbst ihre die vorhandenen Angebote nicht die Dörfer und eigenen Orte schaffen. Jugendarbeit und ihre Hil- Gemeinden mit geringer Einwohnerzahl oder es ist festellung für dieses partielle Aufgabengebiet wur- den Jugendlichen nicht möglich, den Veranstal- den teilweise in Frage gestellt. Im Vordergrund tungsort zu erreichen. steht dort die Sorge der Jugendlichen vor Regle- mentierung an betreuten Orten. Außerdem wurde Als tatsächlicher Nachteil im Werra-Meißner-Kreis in der Diskussion festgestellt, dass der Ort der wird insbesondere der unterentwickelte Breitband- Schule für außerschulische Bildungsangebote für ausbau empfunden, der es Jugendlichen er- Jugendliche unattraktiv erscheint. schwert, Recherchen für Schulaufgaben zu erledigen und die Teilhabe an vielen bereits digita- These 8: lisierten Prozessen verwehrt (Schriftverkehr per Jugendliche müssen nicht bleiben Mail, Bankgeschäfte, Kontakt zu Freunden, Strea- - aber zurückkommen mingdienste für Musik und Filme, Informationen zu Veranstaltungen und Aktivitäten…) Die Frage um die Rückkehr von Jugendlichen nach einer Ausbildung oder dem Studium wurde einhel- Dennoch bietet ein Leben auf dem Land für Ju- lig positiv beantwortet. Dies ist ein großes Anlie- gendliche nicht nur Herausforderungen, sondern gen der ländlichen Region. Um dieses Ziel zu auch Chancen. Besonders geschätzt werden von 16
Abb.: Ergebnisse zum Thema: Ich bin in der Provinz, weil ...; Auftaktveranstaltung im Juni 2018, Quelle: Werra-Meißner-Kreis Jugendlichen und Experten der Jugendarbeit an Insgesamt muss in der Provinz an der Gleichwer- einem Leben im Werra Meißner Kreis: tigkeit der Entwicklungs- und Lebenschancen für Jugendliche kontinuierlich gearbeitet und diese • Vielfalt an Vereinen, die Angebote nicht nur für Vereins- ermöglicht werden. Gute Chancen für eine mög- mitglieder bieten, sondern auch für die Gemeinde und lichst individuelle Mobilität, die technischen Vo- den Ort z.B. organisierte Feste, Sportturniere, Tag der raussetzungen zur digitalen Teilhabe und eine Offenen Tür usw. realistischen Chance auf eine gute, den eigene Be- • flache Hierarchien: Bürgermeister und andere Politiker dürfnissen entsprechende Berufsausbildung sind sind meist mit Namen bekannt und die direkte Erreich- Jugendlichen dabei besonders wichtig und wer- barkeit häufig gegeben den ihre zukünftige Nähe zum Werra-Meißner- • Gemeinschaftsgefühl „Es ist schön im Dorf, jeder kennt Kreis massiv bestimmen. Dabei erleben jeden“ Jugendliche die Region aber auch als durchaus le- benswert, beschreiben Natur und Landschaft als • Informationen sind leichter zugänglich, die Ansprech- wichtig für sich, erkennen und nutzen die Chan- partner sind bekannt „Man lebt einfacher und besser cen, Möglichkeiten und die Freiheiten gerade auch auf dem Land“ der ungeregelten Räume und können dies gerade • hohes Sicherheitsgefühl „Ich kann nachts allein über dadurch, weil vieles bekannt und vertraut ist und die Straße laufen“ Sicherheit vermittelt. • Landschaft und Natur „Ich schätze unsere ländliche Re- Provinz ist mehr als „nicht Stadt“, stellt besondere gion und fühle mich wohl“ „Ich bin stolz auf die Region“ Anforderungen, bietet dafür aber auch besondere • Ruhe „Tatsächliches Durchatmen benötigt ein gesundes Möglichkeiten. Dies darf bei der Suche nach der Umfeld“ Strategie für einen jugendgerechten Werra-Meiß- • Platzangebot an Freiflächen und Möglichkeiten: Grill- ner-Kreis nicht aus dem Blick geraten. plätze, Wiesen, Seen, Parks,… 17
2.2 Struktur- und Datenanalyse Der Werra-Meißner-Kreis liegt in der geografischen Die Einwohnerzahl stieg bis 2018 auf ca. 101.000. Mitte von Deutschland, im Dreiländereck Hessen, Der Anteil der Jugendlichen an der Gesamtbevöl- Niedersachsen und Thüringen. Der Kreis gehört zu kerung im WMK liegt bei etwas über 14,3 % (2018), den strukturschwachen ländlichen Räumen Hessens. somit gehört jeder 7. zu dieser Altersgruppe. Der Entsprechend ging die Bevölkerung im Werra-Meiß- Anteil in den 16 Städten und Gemeinden variiert ner-Kreis im Zeitraum von 2008 bis 2014 zurück, von dabei zwischen unter 11 % (Neu-Eichenberg) und knapp 106.000 Einwohner*innen nahm die Bevölke- 18.8 % (Bad Sooden-Allendorf ) bzw. 15,9 % (Wit- rung um über 5.000 Einwohner*innen auf etwas zenhausen). Die hohen Anteile sind in den beiden mehr als 100.000 ab. Seit 2014 ist wieder eine posi- Städten vorhanden, in denen eine Hochschule bzw. tive Bevölkerungsentwicklung zu erkennen. Universität vorhanden ist. Abb.: Bevölkerungsentwicklung im Werra-Meißner-Kreis, 2008 bis 2018; Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt, 2018 Abb.: Anteil der Jugendlichen (14 bis 27 Jahre) in % an der Gesamtbevölkerung; Quelle: WMK: 31.12.2018 18
Das Wanderungssaldo im Zeitraum von 2010 bis im Jahr 2015 den Höchstwert mit fast 450 aufweist. 2014 ist in der Altersgruppe der 18 bis unter 25-Jäh- Dieser nimmt in den nächsten Jahren wieder deut- rigen negativ und schwankt zwischen mehr als -200 lich ab. Bei den beiden anderen Altersgruppen ist bis unter -100. Die Altersgruppe der unter 18-Jähri- ab 2013 bzw. 2014 eine ähnliche positive Entwick- gen weist bis auf im Jahr 2012 ein durchgängig po- lung zu erkennen. Die 18 bis unter 25-Jährigen er- sitives Wanderungssaldo auf. Dies kann als Indiz für reichen einen Wert von ca. 240 und die 25 bis unter eine wiedereinsetzende Suburbanisierung bzw. 30-Jährigen etwa 150. Ebenfalls ist auch bei diesen den anhaltenden Trend zur Eigentumsbildung in Altersgruppen eine negative Entwicklung des Wan- ländlichen Räumen interpretiert werden. derungssaldos in den darauffolgenden Jahren zu Ab 2012 kommt es zu einem starken Zuwachs, der erkennen. Abb.: Wanderungssalden in ausgewählten Altersgruppen (2010 bis 2017); Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Deutschland, 2019 Abb.: Zu- und Fortzüge in ausgewählten Altersgruppen (absolut); Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Deutschland, 2019 19
Die absoluten Wanderungszahlen zeigen, dass in Die Tabelle zeigt das Wanderungssaldo der 16 den Jahren 2013/2014 die Zahl der Zuzüge deutlich Städte und Gemeinden im Werra-Meißner-Kreis zunimmt. Dies ist auf den erhöhten Zuzug der Ge- nach unterschiedlichen Altersgruppen in ausge- flüchteten ab dem Jahr 2014 bis mind. 2016/17 zu- wählten Jahren. Aufgrund der geringen Anzahl an rückzuführen. Entsprechend sind durch das Personen in den einzelnen Städten und Gemeinden Sonderereignis „Flucht und Migration“ die Wande- sind die Einzeldaten mit Vorsicht zu interpretieren. rungsdaten nicht mit denen aus den Vorjahren zu Erkennbar für das Jahr 2017 sind die hohen abso- vergleichen. Aktuell zeigt sich, dass die Zu- und luten Zuwanderungszahlen in der Altersgruppe der Fortzüge wieder deutlich abgenommen haben und 18 bis 24-jährigen in Bad Sooden-Allendorf und sich dem bekannten Bild aus den Vorjahren (Wan- Witzenhausen (s.o.). derungsverlust) wieder annähern. Abb.: Wanderungssalden ausgewählter Jahre und Altersgruppen; Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2019 Zusammenfassung: Die Jugendlichen im Alter zwischen 14 und 27 Jahren haben einen kreisweiten Anteil von über 14% - entsprechend zählt jede 7. Person im Kreis zu dieser Altersgruppe. Bis 2014 ist – wie für ländliche Räume erwartbar - ein negatives Wanderungssaldo der unter 18 bis 30- Jährigen vorhanden. Die hohe Zahl der Zuzüge ab 2014 ist auf den Zuzug der Geflüchteten zurückzu- führen. Aktuell zeigt sich, dass die Zu- und Fortzüge deutlich abgenommen haben und wieder Wanderungsverlust erwartet werden. 20
Bevölkerungsprognose Die aktuelle Bevölkerungsprognose aus dem Jahr In Hinblick auf die Entwicklung der Zahlen der 14- 2019 nach gröberen Altersgruppen zeigt, dass die 27-Jährigen wird ein Rückgang prognostiziert. Es Bevölkerung in den Altersgruppen der 0 bis 9-Jäh- wird angenommen, dass die Anzahl der 14 bis 27- rigen, die der 60 bis 80-Jährigen und der über 80- Jährigen innerhalb von 8 Jahren von etwas mehr Jährigen zunehmen wird. Die Altersgruppen der 10 als 14.500 auf unter 13.500 abnehmen wird. Das bis 29-Jährigen und vor allem die der 30 bis 60-Jäh- entspricht einem Rückgang von rund 7,5 % rigen werden hingegen im Prognosezeitraum 2018 (2018=100 %). bis 2026 voraussichtlich abnehmen. Abb.: Bevölkerungsprognose nach Altersgruppen, 2018 bis 2026; Quelle: Werra-Meißner-Kreis auf Grundlage des Modells der Hildesheimer Planungsgruppe 2019 Abb.: Bevölkerungsprognose der 14-27-Jährigen, 2018 bis 2026; Quelle: Werra-Meißner-Kreis auf Grundlage des Modells der Hildesheimer Planungsgruppe 2019 Zusammenfassung: Nach der aktuellen Prognose wird die Bevölkerung insgesamt leicht steigen. Für die einzelnen Alters- gruppen wird von einem Zuwachs bei den über 80-Jährigen, den 60-80-Jährigen, aber auch den 0 bis 9-Jährigen ausgegangen. Der Anteil der jüngeren Altersgruppen, die der 10 bis 29 und der 30 bis 60- Jährigen wird abnehmen. Bei den 14 bis 27-Jährigen sogar um 7,5 %. 21
Ausbildung und Arbeit Die Jugendarbeitslosigkeit der 15 bis 19-Jährigen im wohl in Hessen allgemein, als auch im Werra- Werra-Meißner-Kreis ist seit dem Jahr 2015 geringer Meißner-Kreis deutlich höher als die der 15 bis 19- als im hessenweiten Vergleich. Sie ist von ehemals über Jährigen. Mit 5 % im Dezember 2018 im Werra- 4 % auf derzeit 2,3 % gesunken. Die vergleichsweise Meißner-Kreis liegt der Anteil um knapp 1 % über hohen Veränderungen von einem Jahr auf das nächste dem Hessenwert. Seit 2014 hat sich die Arbeitslo- sind der geringen Gesamtanzahl geschuldet. Die Ju- senquote jedoch von 7,8 % auf 5 % bis 2018 posi- gendarbeitslosigkeit der 20 bis 24-Jährigen ist so- tiv entwickelt. Abb.: Jugendarbeitslosigkeit der 15 bis 19-Jährigen in %, Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Arbeitslosenstatistik, 2019 Abb.: Jugendarbeitslosigkeit der 20 bis 24-Jährigen in %, Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Arbeitslosenstatistik, 2019 Zusammenfassung: Die Jugendarbeitslosigkeit der älteren Jugendlichen im Werra-Meißner-Kreis ist im Vergleich zum Land Hessen stärker ausgeprägt. In der Altersgruppe der 15-19-Jährigen ist sie geringer. Positiv ist, dass die Arbeitslosenquote seit 2014 rückläufig ist, ein Indiz dafür, dass das Thema Fachkräftemangel auch im Werra-Meißner-Kreis angekommen ist. 22
Übergänge, Berufsausbildung und Bewerbungen Der größte Anteil mit 44 % geht nach der Mittelstufe ca. 830 und 740. Von 2013 bis 2016 ist der Zahl der in eine weiterführende Schule über, 28 % machen Bewerber*innen zurückgegangen. Im Jahr 2017 ist eine berufliche Ausbildung, 15 % beginnen ein Stu- eine Zunahme an Bewerbungen zu erkennen, die je- dium, 4 % beschäftigen sich mit einer Freiwilligen- doch im darauffolgenden Jahr wieder rückläufig ist. maßnahme (Bundesfreiwilligendienst) und 7 % mit Der Anteil der unversorgten Ausbildungsbewer- der Berufsvorbereitung. In den vergangenen Jahren ber*innen im Kreis ist geringer als im Land Hessen hat der Anteil der Schüler*innen, die eine weiterfüh- und hat von 2013 bis 2015 von 1,5 % auf 3 % zuge- rende Schule besuchen, zugenommen – ähnlich nommen. Bis 2018 hat die Zahl wieder auf 1,7 % ab- dem bundesweiten Trend. genommen. In Hessen liegt der Anteil der Die Zahl der Ausbildungsstellenbewerber*innen im unversorgten Ausbildungsbewerber*innen zu die- WMK schwankt zwischen 2013 und 2018 zwischen sem Zeitpunkt bei 4 %. Abb.: Übergänge nach der 10. Klasse in …; Werra-Meißner-Kreis 2018; Quelle: Staatliches Schulamt Hersfeld-Rotenburg 2019 23
Abb.: Ausbildungsstellenbewerber Werra-Meißner-Kreis 2013-2018; Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Ausbildungsstellenmarkt, 2019 Abb.: Unversorgte Ausbildungsbewerber Werra-Meißner-Kreis 2013-2018; Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Ausbildungsstellenmarkt, 2019 24
Zusammenfassung: Der Anteil der Schüler*innen, die nach der Mittelstufe einen höheren Bildungsabschluss wählen und nicht eine berufliche Ausbildung anstreben, steigt seit vielen Jahren bundesweit und im Werra-Meiß- ner-Kreis. Folglich ist der Trend zum höheren Schulabschluss (Abitur) ungebrochen. Die Zahl der Ausbildungsstellenbewerber*innen schwankt seit 2013 – in der Tendenz ist folglich ein Rückgang vorhanden (2013 waren es 830 Bewerber*innen, 2018 sind es ca. 760). Bei einer Berufsaus- bildung wird vor allem die duale Ausbildung mit fast 80 % bevorzugt, 20 % sind schulische Ausbildun- gen. Der Anteil an unversorgten Ausbildungsbewerber*innen nimmt ab und ist im Vergleich zu Hessen deutlich niedriger. 2.3 Eine Auswahl von Ergebnissen regionaler und überregionaler Jugendstudien Bereits vor diesem Masterplanprozess haben sich Themen wie dem Umgang mit einer immer älter Fachleute, die regionalen Träger der Jugendarbeit werdenden Bevölkerung, der Entwicklung einer po- und die lokalen Jugendverbände und- initiativen sitiven Angebotsstruktur für Familien mit Kleinkin- Gedanken darüber gemacht, was Jugendliche im dern, dem Setzen von wirtschaftlichen Impulsen Allgemeinen und im Werra-Meißner-Kreis im Be- und dem Ausgleich von Strukturdefiziten kaum sonderen brauchen, um die Lebensphase „Jugend“ eine besondere Aufmerksamkeit erfahren. Aller- mit ihren spezifischen Herausforderungen erfolg- dings wurde diese angesichts einer begrenzten An- reich bewältigen zu können. zahl von Beteiligten und einer wenig ausgeprägten Vernetzung auch nie konsequent eingefordert. Spätestens mit dem sehr umfangreichen 15. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung vom Feb- Im Rahmen des ersten Masterplan „Region schafft ruar 2017, der die Jugend als eigenständige Lebens- Zukunft“ wurde 2010 mit dem „Projekt Z- Zukunft phase zum Thema hat, ist auch einer breiteren hier“ eine von Kindern und Jugendlichen erarbei- Öffentlichkeit deutlich geworden, dass „Selbstposi- tete Perspektive in den Prozess eingebracht. Kinder tionierung, Qualifizierung und Verselbständigung“ schätzten die Möglichkeiten naturnaher Wohnorte, als zentrale Aufgaben des Jugendalters eine spezi- befürchteten aber vernachlässigte Spielplätze, we- fische Aufmerksamkeit benötigen. Mit der Bereit- niger Freunde, lange Schulwege, starke Abhängig- schaft dieser Lebensphase mehr Aufmerksamkeit zu keit von der Mobilität der Eltern und weniger widmen, stieg auch die Bereitschaft zu einer diffe- Vereinsangebote bei abnehmender Bevölkerung. renzierteren Wahrnehmung der unterschiedlichen Dachverbände wie Jugendringe, Kreisjugendfeuer- Lebenswelten. Bis dahin wurde der Jugend im länd- wehr oder Sportjugend Werra-Meißner tauschten lichen Raum eher pauschal ein Aufwachsen in rela- sich über vergleichbare Schwierigkeiten wie u. a. die tiver Geborgenheit attestiert, verbunden mit der Abnahme frei verfügbarer Zeit, die Stabilisierung von Erwartung, dass ihre Lebensentwürfe sowieso nicht Vorstandsarbeit oder das Scheitern an komplexen in der Region angesiedelt sind und eine Abwande- Förderanträgen aus. Mit einer Berufsfachschulklasse rung fast sicher sei. wurden (Berufs-) Orientierungsmöglichkeiten zwi- schen eigenen Lebensperspektiven und regionalem Regionales Fachkräftemangel untersucht. Junge Menschen, die An der aktiven Auseinandersetzung mit der demo- den Kreis bereits i.d.R. aus Ausbildungsgründen ver- grafischen Entwicklung im Werra-Meißner-Kreis lassen haben, beteiligten sich an einer Diskussion war Jugend zwar meist beteiligt, hat aber ange- über bessere kontinuierliche Informationsmöglich- sichts der großen und scheinbar drängenderen keiten und Rückkehroptionen. 25
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