CO2-basierte Lkw-Maut für Klimaschutz im Güterverkehr

 
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CO2-basierte Lkw-Maut für Klimaschutz im Güterverkehr
POLICY BRIEF (11/2020) ZUR REVISION DER EUROVIGNETTEN-RICHTLINIE

CO 2 -basierte Lkw-Maut für Klimaschutz im Güterverkehr

Eine wirksame CO2-Bepreisung ist auch für den Klimaschutz im Straßengüterverkehr un-
erlässlich. Zentrales Instrument ist dabei die Lkw-Maut, die gemäß Klimaschutzplan durch
eine CO2-Differenzierung ergänzt werden soll. Um das zu ermöglichen, ist zunächst eine
Revision der Eurovignetten-Richtlinie notwendig und die Bundesregierung hat die
Chance, diesen Prozess noch während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft bis Ende
2020 entscheidend voranzutreiben. Der vorliegende Revisionsvorschlag wird bereits
mehrheitlich von Politik, Logistikbranche und Wissenschaft befürwortet, doch ausgerech-
net das deutsche Verkehrsministerium bremst im Rat aktuell die eigenen Klimaschutz-
maßnahmen aus.

Von Matthias Runkel und Mario Meyer

Klimaschutz im Verkehrssektor
Aus dem Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregie-            In den kommenden Jahren ist sowohl mit einem Anstieg
rung (2019) geht hervor, dass im Jahr 2018 19 % der gesam-   des Personen- als auch des Güterverkehrs zu rechnen
ten Treibhausgasemissionen in Deutschland im Verkehrs-       (siehe z. B. BMVI 2020). Daher ist schnelles und wirksames
sektor verursacht wurden. Davon machte allein der Stra-      Handeln von Seiten der Regierung notwendig, wenn die
ßenverkehr 96,4 % bzw. fast 160 Mio. t THG pro Jahr aus.     selbstgesteckten Ziele erreicht werden sollen. Das Bun-
Die Emissionen des Güterverkehrs durch leichte und           desministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur
schwere Nutzfahrzeuge lagen zuletzt bei fast 60 Mio. t       (BMVI) könnte und müsste den Klimaschutz im Güterver-
THG mit steigender Tendenz (vgl. Abbildung 1).               kehr vorantreiben. Stattdessen verlangsamt es derzeit
Im Klimaschutzplan 2050 beabsichtigt die Bundesregie-        zentrale Prozesse in Deutschland und auf EU-Ebene, die
rung (2016) eine Reduktion der THG-Emissionen im Ver-        für die Umsetzung zentraler Maßnahmen des Klima-
kehrssektor auf 95 bis 98 Mio.t CO2-Äq. bis 2030. Das ent-   schutzprogramms abgeschlossen werden müssen. So ist
spricht einer Reduktion um 40 bis 42 % ggü. 1990.            für den Güterverkehr die Weiterentwicklung der Lkw-
                                                             Maut zentral, die dafür notwendige Revision der Eurovig-
                                                             netten-Richtlinie hängt derzeit jedoch im BMVI fest.
CO2-basierte Lkw-Maut für Klimaschutz im Güterverkehr • Seite 2 von 6

Abbildung 1: THG-Emissionen des Straßenverkehrs                     Wichtiger Bestandteil einer solchen Reform ist die Einfüh-
                                                                    rung einer zusätzlichen CO2-Bepreisung in der Lkw-Maut.
             200
Mio. t THG

                                                                    Diese Komponente hätte unterschiedliche Wirkungsme-
             180                                                    chanismen. Eine Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene
                                                                    und die Binnenschifffahrt wäre aufgrund der relativen
             160
                                                                    Preisveränderungen zwischen den Verkehrsträgern zu er-
             140                                                    warten und der Anreiz zur effizienteren Auslastung der
                                                                    Fahrzeuge und der Vermeidung von Leerfahrten würde
             120
                                                                    steigen. Auch hätte das Instrument eine klare Lenkungs-
             100                                                    wirkung in Richtung emissionsärmerer und -freier Lkw. Für
              80                                                    diese Technologien sind klare politische Rahmenbedin-
                                                                    gungen und Preisanreize wichtiger Treiber. Durch eine
              60                                                    entsprechende Reform der Lkw-Maut kann von einer Re-
              40                                                    duktion der Lkw-Fahrleistung von rund 13 % ausgegangen
                                                                    werden, was einer THG-Minderung von 6,8 Mio. t im Jahr
              20                                                    2030 entspricht (Agora Energiewende 2018).
              0                                                     Die Lkw-Maut würde damit einen entscheidenden Beitrag
                                                                    zur Erreichung der Klimaziele leisten, der allein jedoch
                                                                    noch nicht ausreicht. Auch muss zunächst auf europäi-
                                                                    scher Ebene die Revision der Eurovignetten-Richtlinie
                   Sonstiger Straßenverkehr
                                                                    abgeschlossen werden, um die Klimakosten über einen
                   Pkw                                              CO2-Aufschlag bzw. eine CO2-Differenzierung der Maut
                   leichte Nutzfahrzeuge                            zu berücksichtigen.

                   Schwerlastwagen und Busse                        Weitere wichtige Bestandteile der Reform müssen die
                                                                    Ausweitung auf weitere Straßen und Fahrzeuge sein (adel-
Quelle: Eurostat (2020)                                             phi/FÖS 2019), um Lücken im System zu schließen. Auch
                                                                    muss die Maut in Einklang mit Energiesteuer und nationa-
                                                                    lem Emissionshandelssystem (nEHS) gebracht werden. Sie
Lkw-Maut als zentrales Instrument des                               hat im Gegensatz zu beiden Instrumenten den großen
Klimaschutzes im Straßengüterverkehr                                Vorteil, dass Ausweichreaktionen (z. B. durch „Tanktouris-
                                                                    mus“) nicht möglich sind.
Trotz vermehrter Anstrengungen, den Verkehr auf die
Schiene zu verlagern, werden im Güterverkehr weiterhin
mehr als 70 % des Verkehrsaufkommens (699 Mrd. Ton-                 Konsistente CO2-Bepreisung mit Lkw-Maut
nenkilometer) auf der Straße transportiert (UBA 2020).
                                                                    und nEHS
Daher sind konkrete Maßnahmen im Straßengüterverkehr
von besonderer Bedeutung. Ein zentrales Instrument ist              Mit dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG)
dabei die Lkw-Maut. Ab 2023 soll diese auch nach CO2-               wurde beschlossen, dass ab 2021 für die Bereiche Wärme
Werten differenziert werden (Bundesregierung 2016).                 und Verkehr ein nationales Emissionshandelssystem
                                                                    (nEHS) entstehen soll. Die Einführung eines CO2-Preises
Bisher werden in den streckenbezogenen Mautsätzen (in
                                                                    auf nationaler Ebene über ein Emissionshandelssystem
Cent/km) die Infrastrukturkosten sowie externe Kosten
                                                                    hat grundsätzlich den Vorteil, dass anders als bei einer
der Luftverschmutzung und der Lärmbelastung berück-
                                                                    CO2-Steuer eine Mengenbegrenzung möglich ist. Diese
sichtigt und differenziert. Die Differenzierung nach Schad-
                                                                    fehlt jedoch bis 2025, da die Emissionszertifikate zunächst
stoffklassen hat ihre Wirkung aber weitestgehend verlo-
                                                                    zu Festpreisen verkauft werden. Ab 2026 soll die Menge
ren, da bereits 95 % der bemauteten Fahrleistung von Lkw
                                                                    an Emissionszertifikaten zwar begrenzt werden, aber wei-
in den beiden günstigsten Schadstoffklassen (Euro
                                                                    terhin in einem Preiskorridor gehandelt werden. Erst 2027
5/EEV1 und Euro 6) erbracht werden. Diese Differenzie-
                                                                    werden die Zertifikate frei handelbar sein und damit eine
rung hat einen entscheidenden Beitrag zur Flottenverjün-
                                                                    Mengenbegrenzung stattfinden. Die beschlossenen Fest-
gung beigetragen (adelphi/FÖS 2019), muss nun aller-
                                                                    preise sind zu niedrig angesetzt und müssten deutlich an-
dings weiterentwickelt werden, damit die Lkw-Maut in Zu-
                                                                    gehoben werden, damit die angestrebte Reduktion der
kunft ein zentrales Instrument des Klimaschutzes werden
                                                                    THG-Emissionen auf europäischer Ebene erreicht werden
kann. Dazu müssen auch Wechselwirkungen mit anderen
                                                                    kann (FÖS 2020).
Instrumenten berücksichtigt werden.

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Im Kontext der Lkw-Maut argumentiert vor allem die Lo-          reduziert werden können. Alternativen, wie etwa eine
gistikbranche, dass die Gefahr einer Doppelbelastung, be-       Energiesteuererhöhung oder das nEHS, könnten dagegen
stehend aus einer CO2-Bepreisung über Lkw-Maut und              zu Ausweichreaktionen führen (z. B. „graue Importe“ bzw.
nEHS entstünde. Die konkrete Ausgestaltung beider In-           Tanktourismus).
strumente ist allerdings noch unklar, da im Falle des nEHS      Die Internalisierung externer Luftverschmutzungs- und
noch verschiedene Rechtsverordnungen verabschiedet              Lärmkosten stärkt das Verursacherprinzip. Beide Kompo-
und für die nationale Ausgestaltung der Maut zunächst die       nenten sind in der deutschen Lkw-Maut bereits enthalten
Revision der Eurovignetten-RL abgeschlossen werden              (die Luftverschmutzungskomponente wird nach Schad-
müssen. Konkrete Wechselwirkungen oder Inkonsisten-             stoffklassen der Euronorm differenziert), können aber wei-
zen der CO2-Bepreisung sind also noch nicht endgültig           terentwickelt werden, beispielsweise um Unterschiede in
auszumachen. Klar ist allerdings, dass das Ziel eine konsis-    den externen Kosten aufzugreifen: externe Kosten sind
tente CO2-Bepreisung in angemessener Höhe sein muss.            z. B. in Berg- oder Metropolregionen höher (vgl. i-MO-
Aufgrund des niedrigen Einstiegspreises des nEHS sind           NITRAF!/CIPRA 2020). Eine Stärkung des Verursacher-
die Bedenken der Branche allerdings nur bedingt gerecht-        prinzips führt gemäß der Europäischen Kommission (2017)
fertigt, denn die Instrumente ergänzen sich und bilden          zu einem nachhaltigeren und sozial gerechteren Straßen-
nach momentanem Stand selbst zusammen nicht die tat-            verkehr.
sächlichen Klimakosten der CO2-Emissionen ab.
                                                                In einem neu aufgenommenen Paragraphen soll zudem
Im Straßengüterverkehr gilt es in der Diskussion zu beach-      die Einführung einer Staugebühr, differenziert nach Ort,
ten, dass Deutschland ein Transitland ist. Ausweichreakti-      Zeit und Fahrzeugtyp, ermöglicht werden. Neben der Inf-
onen bei Erhöhung der Energiesteuer und/oder Einfüh-            rastrukturgebühr ermöglicht es eine solche Gebühr, die
rung des nEHS sind zu erwarten. Die Reichweite der meis-        hohen externen Kosten des Staus zu adressieren und das
ten Lkw ist so groß, dass eine Betankung der Fahrzeuge in       Stauproblem im außerstädtischen Verkehr konkret zu be-
Deutschland nicht notwendig ist und die Instrumente so-         kämpfen. Damit eine solche Staugebühr Nutzer*innen ein-
mit unwirksam bleiben. Der Problematik solcher „grauen          zelner Fahrzeugtypen nicht diskriminiert, muss diese Ge-
Importe“ bzw. des Tanktourismus kann mit der Lkw-Maut           bühr für alle Fahrzeugklassen in verhältnismäßiger Art und
besser begegnet werden, da die tatsächlich in Deutsch-          Weise erhoben werden. Beschränkt ist die Möglichkeit ei-
land gefahrenen Kilometer abgerechnet werden. Eine              ner solchen Erhebung auf Straßen, auf denen es regelmä-
CO2-Bepreisung im Güterverkehr kann über die Maut               ßig zu Stau kommt und auch nur in den Zeitfenstern in de-
also vermutlich effektiver und wirksamer umgesetzt wer-         nen diese Staus typischerweise auftreten (Europäische
den – was auch fiskalische Vorteile mit sich bringt.            Kommission 2017a). Die konkrete Umsetzung einer sol-
                                                                chen Gebühr ist dabei noch offen und muss weiter ausge-
                                                                arbeitet werden. Perspektivisch könnte eine solche Ge-
Revision der Eurovignetten-Richtlinie                           bühr eine sinnvolle Ergänzung sein und zur Internalisie-
Die EU-Kommission hat 2017 das Mobilitätspaket „Europa          rung beitragen.
in Bewegung“ verabschiedet und darin einen Vorschlag
zur Revision der Lkw-Maut vorgelegt. In diesem Vorschlag
                                                                Erweiterung auf weitere Fahrzeugklassen
finden folgende Veränderungen Berücksichtigung:
                                                                   Ausweitung auf Lkw ab 3,5 Tonnen
                                                                   Ausweitung auf leichte Nfz (leichter 3,5 Tonnen, also
Bepreisung externer Kosten                                          z. B. Kleintransporter und Kleinbusse; eine Ausnahme
   Berücksichtigung der CO2-Emissionen bei der Gebüh-              einzelner Gruppen soll nicht mehr möglich sein).
    rendifferenzierung                                             Ausweitung auf Busse
   Einbeziehung externer Luftverschmutzungskosten                 Ausweitung auf Pkw
    und/oder Lärmkosten
                                                                Eine Ausweitung der Maut auf Busse wird seit Jahren dis-
   Einführung einer Staugebühr, die für alle Fahrzeug-         kutiert, konkret vorangetrieben und wäre ein sachlich logi-
    klassen gilt und die Gebühren nach Ort, Zeit und Fahr-      scher Schritt der Weiterentwicklung – sowohl im Kontext
    zeugklasse differenziert                                    einer fairen Nutzerfinanzierung als auch mit Blick auf den
Für die Bepreisung externer Kosten, insbesondere der Kli-       Umweltschutz. Auf nationaler Ebene wird dieser Vor-
makosten, ist die Berücksichtigung von CO2-Emissionen           schlag parteiübergreifend begrüßt, und auch in den Be-
in der Gebührendifferenzierung zentral. Dabei soll in Zu-       schlüssen der Verkehrsministerkonferenz 2016 taucht die
kunft eine Differenzierung nach fünf CO2-Klassen erfol-         Forderung bereits auf (adelphi/FÖS 2019). Das BMVI
gen. Dies ist wichtig, da durch eine solche Differenzierung     lehnt solche Forderungen allerdings nach wie vor ab. Bei
zielgenau die absoluten und spezifischen CO2-Emissionen         der Ausweitung auf Busse geht diese Ablehnung aus dem

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Argument hervor, dass sich die Fernbusbranche noch im           Politischer Prozess
Aufbau befände und daher besonders geschützt werden
müsse. Diese Argumentation sorgt bei über 20 Mio. Fahr-         Die Umsetzung einer Neugestaltung der Lkw-Maut ist ein
gästen pro Jahr (Statistisches Bundesamt 2019) partei-          langjähriger Prozess, der sowohl national als auch auf eu-
übergreifend für Unverständnis.                                 ropäischer Ebene seit Jahren bearbeitet wird.
Der Einbezug leichter Nfz würde ebenfalls eine wichtige
Regulierungslücke schließen. Die Anzahl der Neuzulas-           Vorschlag der Europäischen Kommission
sungen dieser Fahrzeuge nimmt seit Jahren stark zu – sie        Bereits 2017 hat die Europäische Kommission einen Vor-
werden immer häufiger als Alternative zu mautpflichtigen,       schlag zur Änderung der Eurovignetten-Richtlinie (Richt-
schweren Lkw genutzt. Dieser Trend geht mit höheren             linie 1999/62/EG) erarbeitet. Darin heißt es: „Ziel der Initi-
THG-Emissionen der leichten Nfz (vgl. Abbildung 1) und          ative ist die Erzielung von Fortschritten bei der Anwen-
schlechteren Arbeitsbedingungen der Fahrer*innen ein-           dung des Verursacherprinzips („der Verursacher zahlt“)
her (Government Office for Science 2019). Der Einbezug          und des Nutzerprinzips („der Nutzer zahlt“), um so einen fi-
leichter Nfz in die Lkw-Maut würde diese negativen Aus-         nanziell und ökologisch nachhaltigen sowie sozial gerech-
weicheffekte adressieren (adelphi/FÖS 2019).                    ten Straßenverkehr zu fördern.“ (Europäischen Kommis-
Durch eine Erweiterung auf weitere Fahrzeugklassen wür-         sion 2017a, S. 3). Diese Initiative stellt einen Teil des Mobi-
den Verlagerungs- und Vermeidungseffekte vermieden              litätspakets „Europa in Bewegung“ dar. Die Agenda legt
und die ökologische Effektivität der Lkw-Maut gestärkt.         dar, wie die Transformation hin zu einer ökologisch und so-
                                                                zial nachhaltigeren Mobilität auf transnationaler Ebene er-
                                                                folgreich sein kann (Europäische Kommission 2017b). Eine
Erweiterung der Lkw-Maut über den                               CO2-basierte Lkw-Maut ist ein wichtiger Schritt in diese
Vorschlag der EU-Kommission hinaus                              Richtung und setzt die Erneuerung der Eurovignetten-RL
                                                                voraus.
   Ausweitung auf weitere Straßen
   Berücksichtigung weiterer THG-Emissionen
                                                                Überarbeitung durch das Europäische Parlament
Über den Vorschlag der EU-Kommission hinaus wäre es
sinnvoll, die Maut auch auf weitere Straßen auszuweiten.        Der Vorschlag der Europäischen Kommission wurde an-
Momentan gilt die Maut auf Autobahnen und Bundesstra-           schließend an das Europäische Parlament (EP) herange-
ßen. Durch die Erweiterung auf Länder- und Gemein-              tragen und dort im Ausschuss für Verkehr und Tourismus
destraßen würde ein weiteres Schlupfloch, die Nutzung           (TRAN) diskutiert und nochmals überarbeitet. Insbeson-
mautpflichtiger Straßen zu umgehen, vermieden. Die po-          dere wurden in der Version des EP die Elemente der exter-
sitiven Effekte sind mit dem steigenden Verwaltungsauf-         nen Kosten noch ambitionierter ausgestaltet. Im Oktober
wand abzuwägen (adelphi/FÖS 2019).                              2018 stimmte das Parlament dem Vorschlag in einer Ple-
                                                                narsitzung zu.
Darüber hinaus bedarf es eines Diskurses über die Berück-
sichtigung aller klimarelevanten Emissionen, beispiels-
weise N2O und CH4. Gerade gasbetriebene Fahrzeuge,              Deutsche Blockade im Verkehrsministerrat
die vergleichsweise geringe CO2-Werte aufweisen und bis         Seitdem liegt der Vorschlag dem Europäischen Verkehrs-
Ende 2023 von der Maut befreit sind, genießen durch die         ministerrat vor. Als Teil der Gesetzesinitiative muss die Re-
Fokussierung auf CO2-Emissionen eine nicht sachgemäße           vision der Eurovignetten-RL auf die Tagesordnung des Ra-
Bevorzugung.                                                    tes gesetzt werden. Da sich der Rat allerdings auf keine ge-
Aus juristischer Sicht ist der Gestaltungsspielraum zur Um-     meinsame Linie einigen kann, bleibt bis zum heutigen Tag
setzung der Lkw-Maut in Deutschland relativ groß. Die er-       eine offizielle Bearbeitung dieser Thematik auf der Tages-
hobenen Gebühren dürfen sogar höher sein als die Kosten,        ordnung aus.
die durch den Lkw-Verkehr verursacht werden. Die Len-           Unter deutscher Ratspräsidentschaft wäre es Aufgabe
kungszwecke sind verfassungsrechtlich nicht an die Kos-         des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infra-
tendeckung gebunden, solange die Vorteile in einem an-          struktur (BMVI), einen Vorschlag vorzulegen und sich so
gemessenen Verhältnis zu den Kosten stehen. Umso wich-          auf eine gemeinsame Linie im Verkehrsministerrat zu eini-
tiger ist daher eine zeitnahe Umsetzung der Revision der        gen. Doch statt dies zu tun und die seit Jahren notwendige
Eurovignetten-RL, um die geplanten Maßnahmen des Kli-           Revision voranzutreiben, brachte das BMVI einen Vor-
maschutzprogramms und zusätzlichen Weiterentwicklun-            schlag ein, die neue Verordnung auch auf Pkw auszuwei-
gen der Maut auf nationaler Ebene rechtzeitig umsetzen          ten und somit eine europaweite Pkw-Maut einzuführen.
zu können.                                                      Dieser Vorstoß stieß – wenig überraschend – sowohl auf

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CO2-basierte Lkw-Maut für Klimaschutz im Güterverkehr • Seite 5 von 6

nationaler Ebene (bei Umwelt- und Wirtschaftsministe-           sätzliche CO2-Differenzierung der Lkw-Maut, wie im Kli-
rium) als auch auf internationaler Ebene auf scharfe Kritik.    maschutzprogramm geplant, ab 2023 auf nationaler
Aus der Lkw-Branche hieß es in einem Brief von Scania und       Ebene einzuführen.
Volvo, dass die deutsche Ratspräsidentschaft versagt
habe. Das Vorgehen des BMVI ist in Anbetracht des brei-
ten Konsenses nicht nachzuvollziehen und könnte durch-          Handlungsempfehlungen an die
aus als Verzögerungsstrategie interpretiert werden.             Bundesregierung
Die Einführung einer fahrleistungsabhängigen, CO2-diffe-
                                                                   Einigung auf gemeinsame Position im Verkehrsminis-
renzierten Lkw-Maut wurde von der Bundesregierung im
                                                                    terrat noch während deutscher Ratspräsidentschaft;
Klimaschutzprogramm 2030 ab dem Jahr 2023 verankert
                                                                    rechtzeitige Einführung der zusätzlichen CO2-Diffe-
und auf europäischer Ebene im Mobilitätspaket „Europa in
                                                                    renzierung
Bewegung“ als klares Ziel definiert. Umso unverständlicher
ist daher die Blockadehaltung des BMVI. Nicht nur im po-           Behandlung von Gas-Lkw in Einklang mit EU-Recht
                                                                    bringen und Maut für alternative Antriebsformen vor-
litischen Diskurs findet die Erneuerung der Lkw-Maut
                                                                    bereiten
breite Zustimmung, sondern auch von der Logistikbran-
che. Der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und              Konsistenz zwischen nEHS und Lkw-Maut herstellen
Entsorgung (BGL) e.V. stellt sich beispielsweise eindeutig      Damit auf europäischer und nationaler Ebene die Klima-
hinter die ehrgeizigen Klimaschutzziele der Bundesregie-        schutzziele eingehalten werden können, ist ein schnelles
rung und spricht sich klar für eine CO2-differenzierte Lkw-     und konsequentes Handeln der Bundesregierung not-
Maut aus. Um Klarheit in der Technologieentwicklung zu          wendig. Von besonderer Bedeutung ist das Voranbringen
bekommen, brauche es eindeutige, richtungsweisende              des Prozesses im Verkehrsministerrat. Hier steht das BMVI
Regeln, die wettbewerbsneutral sind (BGL 2019).                 aufgrund der deutschen Ratspräsidentschaft in besonde-
Etwas überraschend wurde die Eurovignetten-Verord-              rer Verantwortung. Damit die nationale Einführung einer
nung bei der Sitzung des Verkehrsministerrats am 8. Okto-       CO2-Differenzierung der Lkw-Maut ab 2023 zeitlich nicht
ber 2020 (unter Leitung des BMVI), auch aufgrund des            in Gefahr gerät, ist eine Einigung auf eine gemeinsame
Vorstoßes des BMVI zur Erweiterung der Verordnung auf           Position in der Dezember-Sitzung von größter Bedeu-
Pkw, nicht thematisiert. Sie soll nun erst bei der nächsten     tung. Fahrzeughersteller und Logistikbranche brauchen
Sitzung am 8. Dezember 2020 besprochen werden. Bun-             klare politische Signale, um entsprechende Investitions-
desverkehrsminister Andreas Scheuer räumte allerdings           entscheidungen treffen zu können.
im Anschluss an die Sitzung im Oktober ein, dass sein Vor-      Ein weiterer Handlungsbereich ist die Aufhebung der
stoß einer europaweiten Pkw-Maut im Zuge der Revision           deutschen Mautbefreiung für gasbetriebene Lkw. Im Mai
der Eurovignetten-RL zunächst vom Tisch sei und dass die        2020 wurde die Maut-Befreiung (eigentlich bis Ende
Thematik im Dezember besondere Priorität habe.                  2020 vorgesehen) um drei Jahre verlängert. Diese Verlän-
                                                                gerung verstößt klar gegen geltendes EU-Recht. Schon im
Bevorstehender Trilog                                           Dezember 2018 hat die Kommission darauf hingewiesen,
                                                                dass diese Befreiung nur vorübergehend und nur bis Ende
Der Trilog, der eigentlich schwierigste Teil der Verhandlun-
                                                                2020 erhalten bleiben darf. Die Bundesregierung muss
gen, steht noch aus. Der Trilog ist eine gemeinsame Ver-
                                                                hier unverzüglich handeln und die Maut in Einklang mit
handlung des Europäischen Parlaments, des Europäi-
                                                                geltendem EU-Recht bringen. Auf lange Sicht wird es zu-
schen Rates und der EU Kommission, in dem die endgül-
                                                                dem wichtig sein, ein System zu schaffen, das auch alterna-
tige Fassung des Gesetzes verhandelt wird.
                                                                tive Antriebsformen angemessen berücksichtigt. In einer
Der Trilog soll Anfang 2021 beginnen. Um dies zu ermögli-       postfossilen Mobilität mit hohem Elektromobilitätsanteil
chen, ist jedoch eine Positionierung des Verkehrsminister-      müssen dabei neue Parameter in die Berechnung der Lkw-
rats nötig. Nachdem das Thema im Oktober von der Tages-         Maut einfließen, die weiterhin Anreize zu mehr Effizienz
ordnung gestrichen wurde, muss dies nun im Dezember             geben.
dringend passieren. Ob das BMVI bis dahin einen Vor-
                                                                In Bezug auf die Einführung des nEHS ist es wichtig, dass
schlag einbringt, der sowohl national als auch international
                                                                eine konsistente und angemessen hohe CO2-Bepreisung
akzeptiert wird, bleibt abzuwarten.
                                                                erzielt wird. Einseitige Überbelastungen sind zu vermeiden
                                                                und die beiden Instrumente durch Sonderregelungen in-
Umsetzung in deutsches Recht                                    einander zu integrieren. Relevanter scheint derzeit aber
Mit Sicherheit ist allerdings schon jetzt zu sagen, dass es     die Gefahr einer zu geringen Bepreisung aufgrund zu weit-
zeitlich zunehmend zu einer Herausforderung wird, die zu-       reichender Ausnahmen.

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WEITERFÜHRENDE INFORMATIONEN

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  jekte/2017/Klimaschutzszenarien/Agora_Verkehs-
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  wende_Klimaschutz_im_Verkehr_Massnahmen_zur_Er-
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   min/Daten_BMU/Download_PDF/Klimaschutz/klima-
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   schutzplan_2050_bf.pdf
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Bundesregierung (2019): Klimaschutzprogramm 2030
                                                                  kehr mit Bussen und Bahnen.
   der Bundesregierung zur Umsetzung des Klima-
   schutzplans 2050. www.bundesregierung.de/re-                UBA – Umweltbundesamt (2020): Fahrleistungen, Ver-
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   data.pdf?download=1                                           aufwand-modal-split#fahrleistung-im-personen-
                                                                 und-guterverkehr
BGL - Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und
  Entsorgung e.V. (2019) : Stellungnahme zum Entwurf
  eines Bundes-Klimaschutzgesetzes (KSG) und desbe-
  gleitenden Klimaschutzprogramms 2030. www.bgl-               IMPRESSUM
  ev.de/images/downloads/media_3386_1.PDF
                                                               Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS)
Europäische Kommission (2017a): Vorschlag für eine             Geschäftsführerin: Carolin Schenuit
   Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates
   zur Änderung der Richtlinie 1999/62/EG über die Er-
   hebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter            Förderhinweis (Stand 04.04.2018):
   Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge.
   KOM(2017) 275 final. Brüssel: Europäische Kommis-           Dieses Projekt wurde gefördert durch das Umweltbundes-
   sion. eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=cel-              amt und das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz
   lar:ffee0901-462a-11e7-aea8-                                und nukleare Sicherheit. Die Mittelbereitstellung erfolgt
   01aa75ed71a1.0002.02/DOC_1&format=PDF                       auf Beschluss des Deutschen Bundestages.
Europäische Kommission (2017b): EUROPA IN BEWE-
   GUNG: Agenda für einen sozial verträglichen Über-
   gang zu sauberer, wettbewerbsfähiger und vernetzter
   Mobilität für alle. ec.europa.eu/transpar-
   ency/regdoc/rep/1/2017/DE/COM-2017-283-F1-DE-
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Europäisches Parlament (2015): Umsetzung des Weiß-
                                                               Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung
   buchs Verkehr von 2011: Entschließung des Europäi-
   schen Parlaments vom 9. September2015 zur Umset-            liegt bei den Autorinnen und Autoren.
   zung des Weißbuchs Verkehr von 2011: Bestandsauf-

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