Publish or Perish und Google Scholar - ein Segen?

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Leibniz-Zentrum für Psychologische Information und Dokumentation

Publish or Perish und Google Scholar – ein Segen?

Clemens Fell

Leibniz-Zentrum für Psychologische Information und Dokumentation (ZPID)
Universität Trier, 54286 Trier

www.zpid.de

http://www.zpid.de/index.php?wahl=IuD&uwahl=publications
Publish or Perish und Google Scholar – ein Segen?                                               August 2010
Clemens Fell
Leibniz-Zentrum für Psychologische Information und Dokumentation (ZPID), Trier

8

Bibliometrische Kennzahlen beeinflus-                             ruflichen Fortkommens nicht mehr aus-
sen wissenschaftliche Karrieren (Bauer,                           reichend, zu publizieren und dies aufzu-
2003; Fröhlich, 2003). Beim wissen-                               zeigen; das Aufgreifen der Werke durch
schaftlichen Fortkommen (z. B. Beru-                              andere, das Zitiertwerden ist es, was
fungen, Habilitationen, Mittelvergaben)                           zählt. Und bei der Wahl einer Fachzeit-
hieß es bisher oft publish or perish                              schrift ist es vielerseits (mit-)
(Garfield, 1996). Quantitative Kennzah-                           entscheidendes Merkmal, wie häufig
len über die Publikationstätigkeit einer                          innerhalb eines Jahres die in den zwei
Person sollten Aussagen über die Quali-                           Vorjahren veröffentlichten Artikel, im
tät ihres wissenschaftlichen Tuns zulas-                          Verhältnis zu deren Anzahl, zitiert wor-
sen.                                                              den sind (Journal Impact Factor, JIF).
Koordination zwischen Wissenschaft-                               Dass solches Denken in vielerlei Hin-
lern erfolgt durch gegenseitige Bezug-                            sicht zu vereinfacht und höchstproble-
nahme. Sie stimmen die eigene Arbeit                              matisch ist, darauf wird immer wieder
mit der von Kollegen ab, indem sie an                             hingewiesen (z. B. Harzing, 2008;
deren Arbeiten anknüpfen. Dieses An-                              Krampen, Becker, Wahner & Montada,
knüpfen manifestiert sich in Zitationen.                          2007). Dennoch ist die Idee einer
Man könnte leicht folgern: Je häufiger                            scheinbar so einfachen, objektiven und
sich Wissenschaftler auf eine Publikati-                          quantitativen Evaluation wissenschaftli-
on berufen, desto wichtiger ist diese.                            cher Leistung wohl oftmals zu verlo-
Noch einen Schritt weiter: Je häufiger                            ckend.
Werke eines Autors insgesamt herange-                             Zum Zählen von Zitationen lassen sich
zogen – sprich: zitiert – werden, desto                           spezielle Zitationsdatenbanken nutzen
größer ist dessen wissenschaftliche Be-                           bzw. sie müssen genutzt werden. Die
deutsamkeit. Cronin (1984, S. 25) nennt                           Datengrundlage für Publikations- und
Zitationen auch „erstarrte Fußabdrücken                           v. a. für Zitationsanalysen liefert in aller
auf der Landkarte wissenschaftlicher                              Regel eine der beiden kostenpflichtigen
Errungenschaften“. Je mehr Fußabdrü-                              Datenbanken Scopus (Elsevier) oder
cke ein Wissenschaftler hinterlässt, des-                         Web of Science (Thomson Reuters).
to wichtiger scheint er wohl zu sein.                             Web of Science (WoS) ist derzeit wohl
Durch das „Zählen“ von Zitationen wird                            weiter verbreitet und Grundlage der,
in Zitationsanalysen dann zuweilen die                            ebenfalls von Thomson Reuters im
wissenschaftliche Bedeutsamkeit ein-                              Journal Citation Reports veröffentlich-
zelner Wissenschaftler, Wissenschaft-                             ten, jährlichen JIF-Berechnung für
lergruppen, Institute, Universitäten,                             8 000 Fachzeitschriften. So hat das Un-
Fachzeitschriften, Wissenschaftsdiszip-                           ternehmen Thomson Reuters mit seinen
linen oder gar ganzer Nationen zu mes-                            durchaus „kostspieligen“ Angeboten
sen versucht.                                                     zumindest indirekten Einfluss auf die
Für Wissenschaftler heißt das (Jasco,                             Bewertung wissenschaftlicher Leistung.
2009): „Publish, get cited or perish!“.                           2004 schien es manchem, als würde
So ist es zur Dokumentation eigener                               sich dies grundlegend ändern.
Bedeutsamkeit und Gewährleitung be-

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Seit 2004 (seit 2006 in deutscher Spra-                Software, die Google Scholar Ergebnis-
che) bietet Google seinen akademischen                 daten parst und auf Basis der [Google
Suchdienst Google Scholar an. Seither                  Scholar] Zitationsdaten der Treffer In-
kann jeder mit Internetzugang gezielt                  dikatoren berechnet“ (Tosques & Mayr,
und kostenlos wissenschaftliche Fachin-                2009, S. 117). Unter Parsen versteht
formationen recherchieren. Noruzi                      man die Analyse und Aufbereitung
(2005) nennt dies eine Demokratisie-                   textbasierter Daten (z. B. Ergebnisaus-
rung des Zugangs zu intellektuellen                    gabe von Goolge Scholar), in der Art,
Ressourcen.                                            dass sie von anderen Teilprozessen (z.
Neben der Auflistung von Fachpublika-                  B. PoP) weiterverarbeitet (z. B. Berech-
tionen, gibt Google Scholar auch die                   nung von Zitationsindizes) werden kön-
Zahl der Zitierungen jedes Eintrags an.                nen (InfoWissWiki, 2008).
Noruzi (2005, S. 172) beschreibt:                      PoP, quasi ein verlängerter Arm Google
„Google Scholar consists of articles,                  Scholars, und seine Ergebnisse sind nur
with a sub-list under each article of the              so gut wie die Datengrundlage selbst.
subsequently published resources that                  Es würde daher wenig Sinn machen, die
cite the article; Google Scholar shows                 Software isoliert zu betrachten; alles
who cited a given article at a later point             steht und fällt letztendlich mit Google
in time.” So ermöglicht Google Scholar                 Scholar.
erstens die Suche nach Fachinformatio-                 Mehrwert von PoP sind sein Parser, der
nen, zweitens forward chaining und                     Informationen aus Google Scholar so
drittens den Bezug von Daten zur Zita-                 umwandelt, dass sie zur Weiterverarbei-
tionsanalyse. Backward chaining, bei                   tung geeignet sind, und die Berechnung
dem Referenzen einer Publikation auf-                  verschiedener bibliometrischer Kenn-
gerufen werden, ist bei Google Scholar                 werte (Publikationszahl, Zitationszahl,
im Gegensatz zu vielen kostenpflichti-                 Zitationen pro Artikel, Zitationen pro
gen Konkurrenten nicht möglich.                        Autor, Artikel pro Autor, Hirschs h-
Eine Bedienung von Google Scholar ist                  Index, Egghes g-Index, contemporary h-
auch mit der Software Publish or Perish                index, individual h-index, age-weighted
(PoP, Harzing, 2010a) möglich. „Pub-                   citation rate, Verteilung der Autorenan-
lish or Perish is a software program that              zahl pro Artikel). Neben Exportmög-
retrieves and analyzes academic cita-                  lichkeiten von Analyseergebnissen bie-
tions. It uses Google Scholar to obtain                tet PoP zu jedem Eintrag die Möglich-
the raw citations, then analyzes these                 keit, diesen oder alle ihn zitierenden
and presents the following statistics                  Einträge in Google Scholar aufzurufen.
[…]” (Harzing, 2010b). PoP ist, verein-
facht gesagt, ein lokal zu installierendes
Suchinterface, das Queries an Google
Scholar weiterleitet – eine Program-
mierschnittstelle (Application Pro-
gramming Interface, API). Ein Parser
analysiert das Suchergebnis und bereitet
es auf, damit es innerhalb des Pro-
gramms wiedergegeben werden kann
(Abbildung 1). Es findet kein Direktzu-
griff auf Daten von Google Scholar
statt, denn „PoP ist eine Client-

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Abbildung 1: Ergebnis einer Autorensuche (heckhausen h) in Google Scholar via PoP
PoP schränkt die Nutzung von Google                    Thomson Reuters und Co auf? In ge-
Scholar insofern ein, als nicht mehr als               wisser Weise sicher. Doch auch Google
1 000 Publikationen aufgelistet werden                 Scholar hat Mängel, denen man sich als
können. Aufgrund der sehr umfangrei-                   Nutzer bewusst sein muss. Im Folgen-
chen, heterogenen Datenmenge, auf die                  den werden Grenzen und Möglichkeiten
Google Scholar zugreift, müsste diese                  von Google Scholar – und damit von
Grenze jedoch oft überschritten werden;                PoP – zusammengestellt und gegenüber
unter 90 zufällig ausgewählten Mitglie-                der konventionellen, kostenpflichtigen
dern der Deutschen Gesellschaft für                    Alternative WoS kontrastiert. Die Er-
Psychologie (DGPs) gab es bereits drei                 läuterungen schließen mit einem Fazit.
solcher Fälle. Bei WoS oder Scopus                     Die vorliegende Darstellung soll einen
sind hohe Trefferzahlen wegen der se-                  ersten Überblick verschaffen helfen.
lektiveren und stärker kontrollierten                  Ergänzend sei auf die zitierte und ver-
(z. B. Dublettenbereinigung) Daten-                    tiefende Literatur hingewiesen.
grundlage seltener. Außerdem können                    Bei der Nutzung von Publikations-/
mit WoS auch recht umfangreiche                        Zitationsdatenbanken treten generell
Suchergebnisse verarbeitet werden.                     Probleme auf (Tabelle 1), doch gibt es
Zurück zu Google Scholar. Sorgt es für                 auch solche, die WoS- (Tabelle 2) oder
mehr Transparenz in der Wissenschaft,                  Google Scholar-spezifisch sind (Tabelle
wie Pauly und Stergiou (2005) behaup-                  3, 4).
ten? Bricht es gar das Monopol von

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Tabelle 1: Generelle Probleme
Problem                   Beschreibung
Autorenunter-             Zur Unterscheidung von Autoren über den Nach-             Noruzi
scheidung                 namen hinaus werden lediglich die Initialen der           (2005)
                          Vornamen genutzt.
Languages Other           Nichtenglische Beiträge werden vernachlässigt,            Harzing
Than English              v. a. solche in nicht-europäischen Sprachen.              (2010b),
(LOTE)                                                                              Noruzi
                                                                                    (2005)
Parsing-Fehler            Referenzen werden zuweilen falsch analysiert,             Harzing
                          z. B. wegen ihrer inkonsistenter Formatierung;            (2010b)
                          dies macht händische Datenpflege notwendig.
Publikationstypen         Manche Publikationstypen werden vernachlässigt.           Harzing
                                                                                    (2010b)
Schreibweisen             Apostrophe, Diakritika und Ligaturen erschweren           Harzing
                          oftmals die Suche.                                        (2010b)
Tippfehler                Referenzen sind bereits in Originalarbeit falsch          Harzing
                          angegeben.                                                (2010b)

Tabelle 2: Probleme bei WoS
Problem                   Beschreibung
Unterschätzung            Publikationen außerhalb bestimmter (ISI-listed)           Harzing
individuellen             Fachzeitschriften finden kaum Beachtung; US-/             (2010b)
Impacts                   UK-Fachzeitschriften sind überrepräsentiert.
                          WoS-General-Search ist beschränkt auf ISI-listed
                          Fachjournals. Über WoS-Cited-Reference sind
                          auch von ISI-listed Fachzeitschriften zitierte nicht-
                          ISI-listed Fachzeitschriften indexiert.
Bei nicht-ISI-            Bei der Zählung von Zitationen (WoS-Cited-                Harzing
listed Fachzeit-          Reference) werden nur Erstautoren berücksichtigt,         (2010b)
schriften nur             was bei Koautoren für Impact-Unterschätzung
Erstautoren               sorgt.
Mangelhafte               Es gelingt oft nicht, Zitationen, die sich durch mi-      Harzing
Zitationsaggrega-         nimale Schreibfehler unterscheiden, zu aggregie-          (2010b)
tion                      ren und dem richtigen Werk zuzuordnen.

Auch bei Google Scholar haben Nutzer                   Maße, wie z. B. der von PoP berichtete
mit speziellen Problemen zu kämpfen                    hIndex, robust gegenüber vieler Knack-
(Tabelle 3). Harzing (2010b) führt zu                  punkte seien.
einer Vielzahl von ihnen empirische                    Eine Eigenheit Google Scholars und
Prüfungen an, die meist Google                         Ursache vieler der in Tabelle 3 be-
Scholars Vorteile untermauern. Außer-                  schriebenen Probleme ist, dass alle In-
dem betont sie, dass einige Impact-                    formationen vollautomatisiert durch

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Parser- und Crawler-Software zusam-                    Information und Dokumentation), be-
menstellt    werden.   Konventionelle                  treiben zusätzlich einen erheblichen
Publikations- und Zitationsdatenbank-                  händischen Pflegeaufwand, so dass die
anbieter wie WoS oder die psychologi-                  Datengrundlage hier wesentlich kontrol-
sche Referenzdatenbank PSYNDEX                         lierter ist.
(Leibniz-Zentrum für Psychologische
Tabelle 3: Probleme bei Google Scholar
Problem                   Beschreibung
Nichtwissen-              Es werden auch nichtwissenschaftliche Zitationen          Harzing
schaftliche Zita-         (z. B. in Hausarbeiten) gezählt.                          (2010b),
tionen                                                                              Noruzi
                                                                                    (2005)
Unklare, unglei-          Google gibt kaum etwas über die Abdeckung                 Harzing
che Abdeckung             preis; vollständig ist sie jedoch bei weitem nicht.       (2010b)
                          Bestimmte Fächer profitieren (z. B. Psychologie),
                          andere sind benachteiligt (z. B. Chemie). Auch
                          jüngere Publikationen (≥ 1990) profitieren.
Unsinnige                 Der Parser erzeugt gelegentlich sinnlose Ergebnis-        Harzing
Ergebnisse                se (z. B. unsinnige Autorennamen).                        (2010b)
Publikationstypen         Eine Unterscheidung zwischen verschiedenen                Noruzi
                          Publikationstypen ist nicht/ kaum (s. u.) möglich.        (2005)
Inkonsistente             Zitationen sind teilweise inkonsistent, z. B. hin-        Noruzi
Zitationen                sichtlich Schreibweise oder Vollständigkeit.              (2005)
Mangelnde Ver-            Suchmodi: Stichwortsuche (irgendwo, im Titel)             Noruzi
schlagwortung,            Autorenname, Publikationsname, Veröffentli-               (2005)
Klassifikation            chungsjahr, Domain, URL, Autor, Dateityp
                          Bei scholar.google.com zusätzlich:
                            - Artikel und/oder Patent
                            - Themenbereiche: Biology, Life Sciences, and
                              Environmental Science; Medicine, Pharmacol-
                              ogy, and Veterinary Science; Business, Admin-
                              istration, Finance, and Economics; Physics, As-
                              tronomy, and Planetary Science; Chemistry and
                              Materials Science; Social Sciences, Arts, and
                              Humanities; Engineering, Computer Science,
                              and Mathematics
                            - Legal opinion (US-Gerichte; US-Gerichte be-
                              stimmter Bundesstaaten) und/oder Fachzeitzeit-
                              schriften
Wenig komplexe            Suche nach Stoppwörtern (+), Ausschluss be-               Noruzi
Suchsyntax                stimmter Begriffe (-), Boolesches Verodern (OR,           (2005)
                          |), Phrasensuche („“)

ZPID IuD-Forschung: Veröffentlichungen
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Publish or Perish und Google Scholar – ein Segen?                                             6

Weil Vor- und Nachteile von WoS be-                    lich thematisch flächendeckende und
kannt sein dürften, seien hier lediglich               multidisziplinäre Recherchen möglich.
nochmals die Vorteile von Google                       Google Scholar kann (sollte) unter-
Scholar zusammengestellt (v. a. Noruzi,                schiedliche Varianten desselben Doku-
2005). Google Scholar weist eine inter-                mentes erkennen und Zitationen ent-
nationale(re) Abdeckung auf als seine                  sprechend aggregieren. Seine Nutzung
kostenpflichtige Konkurrenz. Es ist                    ist kostenfrei.
prinzipiell nicht auf bestimmte Informa-               Alles in allem könnte daher ein sehr
tionsressourcen, Publikationstypen oder                positives Fazit hinsichtlich Google
gar Zeitschriften beschränkt. So profi-                Scholar gezogen werden. Doch gibt es
tieren zwar bestimmte Fachbereiche                     auch kritische(re) Stimmen, die weitere
mehr als andere von Google Scholar                     Schwächen sehr pointiert offenlegen
bzw. haben mehr oder weniger Einbu-                    (Tabelle 4). Einer der bekanntesten Kri-
ßen gegenüber konventionellen Anbie-                   tiker ist der Informationswissenschaftler
tern hinzunehmen, doch sind grundsätz-                 Peter Jascó.
Tabelle 4: Probleme bei Google Scholar nach Jasco (2009)
Problem                 Beschreibung
Keine Nutzung           Google Scholar nutzt die Metadaten nicht, die wissenschaftliche
vorhandener             Verlage und indexing/ abstracting services bereits Google Books
Metadaten               zur Verfügung gestellt haben, sondern vollautomatisierte Crawler-
                        und Parser-Software, was zu einer Vielzahl von Fehlern führt.
                        Publikationen werden so z. B. Phantom-Autoren zugeschrieben,
                        weil Suchmenüoptionen u. ä. fälschlicherweise als Autorennamen
                        (P Login) interpretiert werden. Dadurch sinken die Publikations-/
                        Zitationszahlen der tatsächlichen Autoren.
Aggregation             Aufgelistete Publikationen sind oft Variationen/ Versionen einer
                        einzigen Publikation und ihre Zitationen schlecht aggregiert.
                        Die Nichtberücksichtigung solcher Dubletten wirkt sich auf
                        Publikations- wie Zitationszahlen aus. WoS und Scopus weisen
                        eine selektivere und stärker kontrollierte, weil zusätzlich händisch
                        gepflegte, Datengrundlage auf; zudem werden nur Master-Einträge
                        berücksichtigt.
Trefferzahlen           Trefferzahlen werden standardmäßig als Summe aus Publikationen
                        und Zitationen berichtet.
                        Es ist aber eine Anzeigeoption Mindestens Zusammenfassungen
                        vorhanden die verspricht, Zitationen auszuklammern.
Weiterreichung          Probleme von Google Scholar werden weitergereicht (eigene Zita-
                        tionszählung, PoP).
                        Gerade Tools wie PoP lassen immer mehr Menschen zu „Zitati-
                        onsanalysten“ werden. Probleme aber werden oftmals ignoriert
                        und z. B. Rankings erstellt, auf deren Grundlage wichtige Ent-
                        scheidungen getroffen werden.

ZPID IuD-Forschung: Veröffentlichungen
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Obwohl, laut Jasco (2009), Google                      (Completely Automated Public Turing
Scholar-Entwickler einige der aller-                   test to tell Computers and Humans
schlimmsten Fehler behoben hätten,                     Apart) eingeben wird. Diese Limitie-
existiere weiterhin viel Nonsense und                  rung durch Google Scholar ist auch der
komme immer neuer dazu. Jasco (2009)                   Grund, weshalb PoP keine Möglichkeit
zieht als Fazit, dass mit Google Scholar               des Query-Imports bietet, was umfang-
auch noch zu den ausgefallensten The-                  reicheren Analysen zusätzlich entge-
men einige gute Informationen recher-                  gensteht.
chiert werden könnten und es zur
Stichwortsuche geeignet sei. Jasco                     Literatur
(2009) warnt aber davor, Google Scho-                  Bauer, B. (2003). Habilitationskriterium Impact-
lar zur Analyse von Publikationsleis-                         Factor: Wie evaluieren medizinische Fa-
                                                              kultäten wissenschaftliche Leistungen
tung oder wissenschaftlichen Impacts zu
                                                              von Habilitanden? medizin - bibliothek -
nutzen.                                                       information, 3(2), 40-43. Verfügbar un-
Diese Einschätzung möchte ich vor dem                         ter: http://www.meduniwien.ac.at/agmb/
                                                              mbi/2003_2/bauer40-43.pdf
Hintergrund der nicht unerheblichen                           [30.08.2010]
Probleme, die auch mit der Nutzung
                                                       Cronin, B. (1984). Citation process: Role and
kostenpflichtiger Datenbanken ver-
                                                             significance of citations in scientific
knüpft sind, ergänzen. Grenzen der Bi-                       communication. London: Taylor Gra-
bliometrie – ob grundsätzlicher oder                         ham.
angebotsspezifischer Natur – müssen                    Fröhlich, G. (2003). Gegen-Evaluation: Der
systematisch untersucht und offengelegt                       Impact-Faktor auf dem Prüfstand der
werden (zur Übersicht siehe z. B.                             Wissenschaftsforschung. BUKO INFO,
Harzing, 2008; Krampen et al., 2007;                          1-4,     61-65.      Vefügbar     unter:
Schui, 2004). Allein wegen erheblicher                        http://www.oeaw.ac.at/ita/ebene5/Froehli
                                                              ch.pdf [30.08.2010].
Heterogenität zwischen wie innerhalb
einzelner Wissenschaftsfelder und Au-                  Garfield, E. (1996). What is the primordial
                                                              reference for the phrase 'Publish Or Pe-
torengruppen (z. B. Krampen, Schui &                          rish'? The Scientist, 10(12), 11. Verfüg-
Fell, 2010) sollten konventionelle An-                        bar       unter:      http://www.garfield.
gebote wie auch Google Scholar an-                            library.upenn.edu/commentaries/tsv
wendungs-, kontextspezifisch und ver-                         10(12)p11y19960610.pdf [30.08.2010].
gleichend evaluiert, statt pauschal                    Harzing, A.-W. (2008.). Google Scholar - a new
(ver)urteilt zu werden.                                      data source for citation analysis [web-
                                                             site].        Verfügbar            unter:
Schon aufgrund technischer Einschrän-                        http://www.harzing.com/pop_gs.htm
kungen eignet sich Google Scholar und                        [30.08.2010].
damit auch PoP jedoch noch nicht für                   Harzing, A.-W. (2010a). Publish or Perish (Ver-
umfangreiche bibliometrische Analy-                          sion 3.0.3813): Tarma Software Re-
sen. Sendet man in kurzer Zeit zu viele                      search. Jeweils aktuellste Version ver-
(ca. 100) Queries an Google Scholar,                         fügbar unter: http://www.harzing.com/
                                                             pop.htm#download [30.08.2010].
wird seitens Google Scholars die IP-
Adresse für mehrere Stunden von weite-                 Harzing, A.-W. (2010b, 18.07.). Publish or
                                                             Perish. [website]. Verfügbar unter:
ren Anfragen „ausgeschlossen“: Such-                         http://www.harzing.com/pop.htm [29.07.
anfragen per PoP werden dann nicht                           2010].
mehr bearbeitet und erzeugen Fehler-                   InfoWissWiki. (2009, 21. Juli 2008, 10:11
meldungen. Direkt über das Webinter-                         Uhr,). Parsen. [wiki]. Verfügbar unter:
face ist Google Scholar weiter nutzbar,                      http://wiki.infowiss.net/index.php?title=P
wenn vor jeder Anfrage ein CAPTCHA                           arsen&oldid=10923 [30.08.2010].

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                                                       D-54286 Trier
                                                       E-Mail: clemens.fell [ a t ] zpid.de

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