Das Freibad Universalmuseum Joanneum

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Das Freibad Universalmuseum Joanneum
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    P A SS      Z E L
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        Das Freibad     1
Das Freibad Universalmuseum Joanneum
Das Freibad Universalmuseum Joanneum
Kein
Sommer
ohne
Freibad
Von Mai bis September, bei jedem halbwegs
passenden Wetter, pilgern Groß und Klein zu den
öffentlichen Schwimmanstalten.
Die ursprünglich städtisch-bürgerliche Institution
verbreitet sich im 20. Jahrhundert auch im
ländlichen Bereich. Fast jeder etwas größere Ort
besitzt ein Freibad, manchmal – zur besonderen
Freude der jungen Benutzer/innen – sogar
mit Wasserrutsche. Der Spaß an einer solchen
und – wenn sie hoch und steil genug war – der
Adrenalinkick ließen diese Bäder in die Kategorie
„Erlebnisbad“ aufsteigen – auch wenn dieses
Wort noch nicht zum Wortschatz der damaligen
PR-Strategen zählte.

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Das Freibad Universalmuseum Joanneum
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Das Freibad Universalmuseum Joanneum
Das Wasser zum Befüllen der Becken wird nach
Möglichkeit von nahen Flüssen oder Bächen
abgeleitet, seine Temperatur schwankt zwischen
kalt und eiskalt. Chlorierte Becken sind allerdings
auch nicht wärmer und nach längerem Gebrauch
des Wassers auch nicht sauberer. Umwälzpumpen
werden erst später erfunden.

Historisch betrachtet sind Freibäder eine relativ
junge Institution. „Frei“ an ihnen ist allerdings
                                                      Die r
nur der Himmel, unter dem sie angelegt werden.
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Ansonsten ist das Freibad alles andere als frei:
                                                      auch
Eingezäunt und abgeschirmt müssen Nutzer/innen
                                                      Badb
Eintritt zahlen und sich den Benimmregeln und
                                                      wird
Kleidervorschriften unterwerfen.
                                                      aner
Frühe Freibäder besitzen eine Vielzahl an Zonen,
                                                      Eintr
nicht nur für Schwimmer und Nichtschwimmer,
                                                      eröff
sondern auch für die Besucherinnen und
                                                      Mög
Besucher: Frauen, Männer, Kinder und Familien
                                                      Verfü
werden getrennt. Jedem seine eigene Parzelle und
                                                      dies
bitte keine Durchmischung – so ist es ursprünglich
                                                      Ort p
gedacht. Die Praxis sieht jedoch schon in der
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frühen Ära anders aus.
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Einen ersten regelrechten Freibadboom erleben
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Schwimmbegeisterte in der Zwischenkriegszeit.
Das Freibad Universalmuseum Joanneum
Die rege Bautätigkeit hat unterschiedliche Gründe:
Zum einen werden für die Errichtung und – wenn
auch in wesentlich geringerem Umfang – im
Badbetrieb Arbeitsplätze geschaffen. Zum anderen
wird Schwimmen als Teil der Gesundheitsvorsorge
anerkannt. Das sorgt nicht zuletzt für sinkende
Eintrittspreise in bereits bestehenden Freibädern und
eröffnet Arbeiterinnen und Arbeitern ebenfalls die
Möglichkeit der Nutzung.
Verfügt ein Bad über einen Sprungturm, wird
dieser oft zum Mittelpunkt der Anlage, zu einem
Ort peinlicher Niederlagen – wenn man sich doch
nicht aus 10 Metern herunterzuspringen traut – oder
persönlicher Triumphe. Oft ist der Wunsch, andere zu
beeindrucken, stärker als die Angst vor dem Aufprall
auf der Wasseroberfläche.

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Margaretenbad
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Als erstes Grazer Freibad im modernen Sinn
wird am 27. Juni 1928 das Margaretenbad
eröffnet. Wegen eines laufenden Rechtsstreits
mit einem Anrainer gibt es aber vorerst nur eine
Betriebsgenehmigung auf 15 Jahre. Nach Ablauf
dieser Frist – so die Auflage für die Betreiber – soll
das Bad auf eigene Kosten rückgebaut werden.
Zur allgemeinen Erleichterung wird 1933 jedoch
die unbefristete Betriebsgenehmigung erteilt.
Die Idee, ein Bad zu bauen, liegt in den 1920er-
Jahren in der Luft. Überall in Europa entstehen
in dieser Zeit Freibäder. Dahinter steckt nicht
nur die Überlegung, ein Angebot für die sich
entwickelnde Freizeitkultur zu schaffen, sondern
auch der Wunsch, die Volksgesundheit zu fördern.
Freibäder sind Kinder der Moderne. Sie erfüllen
die oft erhobene Forderung nach Licht, Luft und
Sonne in idealer Weise. Doch auch das Auge soll
nicht zu kurz kommen: Selbst wenn die Architektur
mit Ablaufdatum gedacht ist, soll sie anspruchsvoll
sein.
Bauherrin Jenny Zerkowitz, Architekt Eugen
Székely und der ausführende Bauunternehmer
Bruno Zerkowitz schaffen mit dem Margaretenbad
eine Anlage, die modernes Lebensgefühl
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vermittelt und komfortabel in der Nutzung
ist. Das Bad besteht nicht aus einem einzigen
Gebäude, in dem alles untergebracht wird,
sondern aus vielen separaten Baukörpern, die
sich je nach Funktion aneinanderreihen. Es bietet
alles, was das Herz begehrt: Buffet, Liegewiese,
Spiel- und Turnmöglichkeiten, Sprungtürme,
Umkleidekabinen, Warm- und Kaltduschen – was
braucht man mehr?
Der ungetrübte Badehimmel beginnt sich in den
1930er-Jahren zu verdunkeln. Bereits 1937 kommt
es zu einem antisemitisch motivierten Anschlag,
bei dem das Kassengebäude beschädigt wird.
Schlimmeres steht jedoch bevor. Nach dem
„Anschluss“ Österreichs an Hitlerdeutschland
im Jahr 1938 wird das Bad arisiert. Als jüdische
Familie haben nun die ihres Bades beraubten
ehemaligen Besitzer dort nicht einmal mehr
Zutritt. Der Ariseur Otto Bröder nutzt das Bad
ausschließlich als Einkommensquelle und
tätigt keinerlei Investitionen. Es ist daher schon
in schlechtem Zustand, als es von russischen
Soldaten zusätzlich verwüstet wird. Als die
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überlebenden Mitglieder der Familie Zerkowitz
das Bad zurückbekommen, finden sie eine Ruine
vor. Anny Zerkowitz, die Witwe des ermordeten
Bruno Zerkowitz, lässt sich jedoch davon nicht
abschrecken und übernimmt den Betrieb des
Bades. Sie veranlasst die notdürftige Behebung
der Schäden und im Sommer 1946 öffnet das
Margaretenbad erneut seine Tore.
15 Jahre lang bleibt das Bad, dessen Betrieb
immer schwieriger und unrentabler wird, im
Familienbesitz. Schließlich kann die Familie
Zerkowitz das Bad nicht mehr halten und übergibt
es nach langen Verhandlungen 1961 an die Stadt
Graz.
Nach mehreren Umbauten und Sanierungen
sind nur noch wenige Spuren des ursprünglichen
Bades erkennbar. Eine kleine halbovale Nische, die
für einen Trinkbrunnen im Bereich der Liegewiese
vorgesehen war, und die Duschanlagen sind letzte
Zeugnisse der Anfangszeit.
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Augartenbad
Seit 1914 gibt es im südlichen Teil des Grazer
Augartens ein städtisches Bad. Die Anlage ist
ursprünglich eher bescheiden und muss bereits
kurz nach der Eröffnung wieder geschlossen
werden, da zwei der Becken undicht sind.
Schon in den späten 1920er-Jahren genügt es
den modernen Standards in keiner Weise. Die
großzügig angelegte neue Anlage wird 1930,
zwei Jahre nach dem Margaretenbad, eröffnet.
„Graz hat nun ein Großstadtbad“, jubelt der
„Arbeiterwille“ anlässlich der Eröffnung am 29.
Juni. Die Errichtung des Bades sei eine Kulturtat
der Stadtverwaltung, so die Lobeshymne weiter.
Begründet wird diese Begeisterung einerseits
mit den moderaten Preisen, andererseits mit der
Erfüllung aller Anforderungen der modernen
Hygiene. Damit ist das neue Bad ganz im Geist der
Zeit als Beitrag zur Volksgesundheit gedacht.
Dem Schwimmsport wird mit einer
Sprungturmanlage (5 Meter und 3 Meter) und den
Maßen des Schwimmbeckens von 50 x 25 Metern
Rechnung getragen. Daneben besitzt das Bad
ein Planschbecken für Kinder, eine Laufschiene
für den Schwimmunterricht, eine Pritsche für das
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Sonnenbaden, Toiletten, Duschen und ein Buffet
mit alkoholfreien Getränken. Das Becken des alten
Augartenbades dient nun dem Schulschwimmen.
Eingebettet in eine großzügige Grünanlage
erscheint das neue Bad dem begeisterten Autor
des Zeitungsberichts als ideale Anlage.
In den 1970er- und 1980er-Jahren ist
das alte Bad nur noch ein Schatten des
einstigen Großstadtbades und dringend
renovierungsbedürftig. Nach langer Debatte
und immer wieder erfolgten Teilsanierungen
entschließt sich die neue Betreiberin, die
Grazer Stadtwerke AG, die das Bad 1985
übernommen hat, zu einer Neukonzeption der
Anlange. Am 4. Juni 1987 wird es neu eröffnet.
Wasserrutsche, Unterwassermassagedüsen,
Wasserfall und Wildbach entsprechen der neuen
Bäderphilosophie, die das Freibad als Erlebnisort
sieht. Das neue Nirostabecken erfüllt die aktuellen
hygienischen Standards. Auch an die Umwelt wird
gedacht: Die Erwärmung des Wassers erfolgt
mittels Fernwärme.
Als zusätzlichen Service bietet das Bad einen
neuen Saunatrakt und für dessen Nutzung zweimal
in der Woche längere Öffnungszeiten.
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Stukitzbad

1932 eröffnet Anna Stukitz das „Stukitzbad“ in
Andritz. Vom Schöcklbach gespeist, steht das Bad
Mitte der 1970er-Jahre kurz vor der Schließung
und soll durch eine Wohnanlage ersetzt werden.
Ein Schicksal, das in Zeiten mangelnder Rendite
vielen Bädern droht.
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Eggenberger Bad
Mit seiner Errichtung in den Jahren 1972/73
zählt das Eggenberger Bad zu den jüngeren
Grazer Bädern. Es wird von der Steirerin Herta
Frauneder-Rottleuthner entworfen und soll
vor allem dem Schul- und Schwimmsport
dienen. Dementsprechend wird das Bad mit
einem 50-Meter-Becken und einer kompletten
Sprungturmanlage versehen (zwei 1-Meter-,
zwei 3-Meter-Sprungbretter und zusätzlich ein
Sprungturm mit Plattformen in 1, 3, 5, 7 und 10
Metern Höhe). Daneben gibt es eine Sauna und
im Freibereich eine Liege- und eine Ballspielwiese.
Diese spartanische „Entertainment-Ausstattung“
genügt den zunehmend steigenden Ansprüchen
des Publikums bald nicht mehr und so wird 1982
mit einer Wasserrutsche und Spielautomaten
nachgerüstet. Hygienisch und feuerpolizeilich ist
man bereits seit 1977 auf dem neuesten Stand.
Anfang der 1990er-Jahre wird immer deutlicher,
dass das Bad auch für den Schwimmsport den
Anforderungen nicht mehr entspricht – das
50-Meter-Becken befindet sich im Freibereich–,
was schließlich zu einer Sanierung Mitte der
1990er-Jahre führt. Viel hat diese jedoch nicht
bewirkt, denn in den frühen Nullerjahren wird
immer wieder eine Schließung in Betracht
gezogen. Unterschriftenaktionen und Petitionen
der Nutzer/innen sind die Folge. 2007 wird
schließlich beschlossen, das alte Bad abzureißen
und durch einen Neubau zu ersetzen. 2011
eröffnet das neue Bad, die sogenannte „Auster“.
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Bad Strassgang

Das Bad Straßgang entwickelt sich aus einer
Lehmgrube, deren Ränder 1928 im Auftrag
des damaligen Straßganger Bürgermeisters
Fritz Schnideritsch begradigt werden. Der
Lehm wird für die Ziegelherstellung benötigt
und unter anderem in Straßgang abgebaut.
Die zurückbleibenden, mit Wasser gefüllten
Lehmgruben finden vielfältige Nutzung:
als Eis-, Fisch- oder eben als Badeteich.
Die immer freizügiger werdende Bademode
in den 1920er-Jahren sorgt für zunehmenden
Unmut, zumal das Bad in unmittelbarer Nähe des
Dechantsitzes liegt. Als Reaktion darauf folgt ein
spöttischer Artikel in der „Arbeiterzeitung“.
In unmittelbarer Nachbarschaft zum Bad
Straßgang befand sich ein ebenfalls aus einer
Lehmgrube entstandener Fischteich. Dieser
wurde in den 1960er-Jahren zugunsten des nun
angrenzenden Campingplatzes zugeschüttet.
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Bilderverzeichnis

Cover. Badebetrieb im Augartenbad, 1935, MMS/UMJ
S.05: Warteschlange vor einem Freibad, Uto Laur, ohne Datum, MMS/UMJ
S.07: Bad in Kindberg, Knollmüller, 1929, Slg. Feldbacher
S.08: Wagner-Jauregg-Bad in Puntigam, Uto Laur, ohne Datum, MMS/UMJ
S.09: Wagner-Jauregg-Bad in Puntigam, Uto Laur, ohne Datum, MMS/UMJ
S.11: Augarten- oder Stukitzbad, Muchitsch, ohne Datum, MMS/UMJ
S.13: Margaretenbad in den 1980ern, Slg. Claudia Beiser
S.14: Badebetrieb, 1937, Slg. Claudia Beiser
S.15: Tischtennis im Margaretenbad, 1959, Slg. Claudia Beiser
      Margaretenbad, Egon Blaschka, 1959, MMS/UMJ
      Margaretenbad in den 1980ern, Slg. Claudia Beiser
S.17: Margaretenbad, Uto Laur, ohne Datum, MMS/UMJ
S.18: Entwurfszeichnung, Eugen Székely, 1927, Slg. Claudia Beiser
S.19: Badebetrieb im Margaretenbad, 1959, Blaschka, MMS/UMJ
S.21: Badebetrieb im Augarten, Kinderplanschbecken, ohne Datum, MMS/UMJ
S.22: Augartenbad, Uto Laur, ohne Datum, MMS/UMJ
S.23: Augartenbad, Steffen, 1971, MMS/UMJ
S.25: Augartenbad, Steffen, um 1935, MMS/UMJ
      Badebetrieb im Augartenbad, Hauber, ohne Datum, MMS/UMJ
S.27: Das Stukitzbad in Andritz, ohne Datum, Steffen, MMS/UMJ
S.28: Badebetrieb im Stukitzbad, 1954, Blaschka, MMS/UMJ
S.29: Badebetrieb im Stukitzbad, 1954, Blaschka, MMS/UMJ
S.31: Eugen Hauber, Freibad Eggenberg, um 1960, MMS/UMJ
S.33: Bad Straßgang, unbekannter Fotograf, ohne Datum, Archiv Köberl
      Bad Straßgang, unbekannter Fotograf, ohne Datum, Archiv Köberl
S.34: Das spätere Bad Straßgang, ohne Datum, Glantschnigg, MMS/UMJ
Back cover: Bad Straßgang, unbekannter Fotograf, ohne Datum, Archiv Köberl

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HEFT ZUR AUSSTELLUNG
DIE STEIERMARK GEHT BADEN!
07.06–25.08.2019
Museum für Geschichte
Universalmuseum Joanneum
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