Rechtliche Herausforderungen des "Internet of Things" - Kaufmann Rüedi Rechtsanwälte AG
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64 Recht Digitalisierung Rechtliche Herausforderungen des «Internet of Things» Das sogenannte «Internet of Things», der Datenaustausch zwischen intelligenten Objekten, wird den menschlichen Alltag fundamental verändern. Mit den neuen Dimensionen im Datenverkehr sind sowohl Risiken als auch Chancen verbunden. Dieser Beitrag beleuchtet die rechtlichen Herausforderungen des «Internet of Things» mit Bezug auf «Smart Cars». ››Andreas Gmünder, Susanna Auf der Maur-Quinn Noch nie war die Welt so eng miteinan- nutzte Web 2.0 mit interaktiven Websei- oben genannte «Internet of Things», das der verbunden. Menschen mit Menschen. ten und Inhalten, welche über soziale den menschlichen Alltag dramatisch ver- Menschen mit «Things». «Things» mit Netzwerke geteilt werden, entwickelt sich ändern wird. Denn nach einer aktuellen «Things». Und die Entwicklung hat erst mehr und mehr zum Web 3.0. Und bei Studie des McKinsey Global Institute kann begonnen. Das Forbes-Magazin schätzt, dem Letzteren handelt es sich um das durch das IoT ein globaler wirtschaftlicher dass es bis zum Jahr 2020 bereits über 26 Mehrwert von bis zu elf Billionen Dollar Milliarden verbundene «Things» geben im Jahr 2025 geschaffen werden, was elf ! ›› wird. Dieses sogenannte «Internet of kurz & bündig Prozent der Weltwirtschaftsleistung ent- Things» (IoT) ist mehr als nur unsere Zu- spricht. Dabei kommen 90 Prozent des ge- kunft. Denn indem bereits heute viele Ge- Durch die Digitalisierung eröffnen samten Mehrwerts den Anwendern – also genstände des Alltags mit dem Internet sich neue Geschäftsfelder. Dabei Verbrauchern oder Unternehmen, welche verbunden sind, ist es auch schon ein birgt vor allem das IoT enorme IoT-Anwendungen nutzen – zugute, so wichtiger Bestandteil unserer Gegenwart. Chancen für Unternehmen, wel- beispielsweise durch günstigere Preise che jedoch die damit verbunde- oder Zeitersparnis. Zudem wird das IoT Dabei bietet das IoT enorme Chancen, nen Risiken und rechtlichen Her- die Grenzen zwischen Technologiefirmen insbesondere auch für KMU. Um für die ausforderungen auf keinen Fall und traditionellen Unternehmen aufwei- digitale Zukunft fit zu sein, sollten KMU aus den Augen verlieren dürfen. chen und neue, datenbasierte Geschäfts- daher unbedingt schon zum jetzigen Zeit- ›› Ein umfassender «Legal Check- modelle ermöglichen. punkt handeln. Ein umfassender «Legal up» bietet dazu das geeignete Check-up» bietet dazu das geeignete Ins Instrument, um die Risiken aus- Doch was ist das IoT überhaupt? Wesent- trument, um Risiken ausreichend zu iden- reichend zu identifizieren und re- lich für das «Internet of Things» ist der tifizieren und realisierbare Sicherungs- alisierbare Sicherungsstrategien Austausch von Daten zwischen intelli- strategien zu entwickeln. Dieser Beitrag zu entwickeln. genten Objekten, sogenannten «Smart widmet sich der aktuellen Thematik der ›› Neben dem Arbeitsplatz und der Objects» und auf Servern gehosteten Sys- «Smart Cars». Wohnung wird das Auto zum Le- temen über das Internet. Das bedeutet, bensbereich. Das Fahren entwi- dass anders als beim «klassischen» Inter- ckelt sich von einer zweckgebun- net, menschliche Nutzer miteinander Neue Dimension im Datenfluss denen Notwendigkeit zum pro- kommunizieren und beim IoT die Kom- IoT – ist das «klassische» Internet kalter duktiven Zeitfenster. munikation allein zwischen den «Smart Kaffee? Ganz im Gegenteil: Das bisher ge- Objects» stattfindet. Bei diesen kann es KMU-Magazin Nr. 9, September 2017
Recht 00 sich sowohl um kleine Geräte wie etwa Uhren als auch um grössere Maschinen wie Haushaltsgeräte oder gar Fortbewe- gungsmittel wie Autos handeln. Letztlich sind der Phantasie aber kaum Grenzen gesetzt und zunehmend werden vor al- lem Alltagsgegenstände mit Prozessoren, Sensoren und Netzwerktechnik ausgerüs- tet – von der App-gesteuerten elektri- schen Zahnbürste bis zum intelligenten Kleidungsstück. Die Schweiz rüstet auf Auch in diesem Jahr hat die Schweiz ihre Spitzenposition im Global-Competitive- ness-Index des World Economic Forum erfolgreich verteidigt. Es verwundert da- her wenig, dass die Schweiz ihre Stärken als hoch innovative Volkswirtschaft suk- zessive ausbaut und das Potenzial der Di- gitalisierung konsequent nutzt. Deshalb hat der Bundesrat bereits im April 2016 Automobilbegeisterte und Interessierte Massgabe des angepassten Strassenver- die Strategie «Digitale Schweiz» für die haben noch bis Herbst dieses Jahres Zeit, kehrsgesetzes teilnehmen. Legislaturplanung 2015 bis 2019 verab- eine Rundfahrt mit einem der vollauto- schiedet, da Informations- und Kommu- matisierten Busse durchzuführen. Auch wenn das neue Strassenverkehrsge- nikationstechnologien einen Innovati- setz nur einen ersten Schritt zu einer onsschub bringen sollen sowie zu Wert- rechtssicheren und wirtschaftlichen Nut- Deutschland schafft Grundlage schöpfung und wirtschaftlichem Wachs- zung des hoch- und vollautomatisierten tum führen könnten. Wie die Schweiz versucht auch Deutsch- Fahrens darstellt – § 1 c StVG bestimmt, land, die Chancen im Zusammenhang mit dass das Bundesministerium für Verkehr Jedoch handelt es sich bei der Thematik der Digitalisierung zu ergreifen. Dement- und digitale Infrastruktur die Anwen- des automatisierten und vernetzten Fah- sprechend hat die deutsche Bundesregie- dung der neuen Vorschriften nach Ablauf rens in der Schweiz nicht nur um eine Dis- rung bereits im August 2014 die «Digitale des Jahres 2019 auf wissenschaftlicher kussion theoretischer Art. Denn bereits Agenda 2014 – 2017» als zentralen Bau- Grundlage zu evaluieren hat – so hat der zum heutigen Zeitpunkt wird beispiels- stein der deutschen Wirtschafts- und In- deutsche Gesetzgeber damit jedenfalls weise mit dem Projekt «Smart Shuttle» novationspolitik mit dem Ziel beschlos- weltweit das innovativste Strassenver- des Mobility Lab Sion-Valais – ein virtu- sen, die Wettbewerbsfähigkeit des In- kehrsrecht geschaffen. Und mit der be- ellorganisatorischer Zusammenschluss dustriestandortes Deutschland in der di- reits im September 2015 eingerichteten der Post AG, des Kantons Wallis, der Stadt gitalen Welt dauerhaft zu sichern und «Digitalen Testfeld Autobahn» auf der Sitten, des EPFL sowie HES-SO Valais- auszubauen. Bundesautobahn A9 in Bayern, auf der in- Wallis – versucht herauszufinden, ob der novative Unternehmen und Forschungs- Einsatz von autonomen Shuttles im öf- Mit dem Motto «Alles, was digitalisiert einrichtungen moderne und zukunfts- fentlichen Raum technisch sowie betrieb- werden kann, wird digitalisiert. Alles, weisende Systeme und Technologien im lich realisierbar ist und einen Kunden- was vernetzt werden kann, wird ver- Verkehr erproben können, zeigt Deutsch- mehrwert bietet. netzt» des Bundesministeriums für Ver- land, dass es bei dem Wettlauf der Digita- kehr und digitale Infrastruktur wurde ein lisierung ganz vorne mit dabei sein will. Seit dem Sommer 2016 findet deshalb im besonderes Augenmerk auf das automa- Stadtzentrum von Sitten in verschiede- tisierte und vernetzte Fahren gelegt und Autonomes Fahren auf Route 66 nen Verkehrszonen der Testbetrieb mit vor wenigen Monaten die gesetzliche den zwei autonom fahrenden Bussen Grundlage dafür geschaffen. Seit Juni Im Gegensatz zu Deutschland offenbart «Arma» auf einer Rundstrecke von circa 2017 dürfen hoch- und vollautomatische sich in den USA der Digitalisierungstrend 1,5 Kilometer statt. Fahrsysteme auf deutschen Strassen nach im Bereich des autonomen und vernetzten KMU-Magazin Nr. 9, September 2017
66 Recht Fahrens trotz der überdurchschnittlich ho- Mit der Teilnahme von autonomen und tik der «Smart Cars» vertiefter annehmen hen Affinität zu Informations- und Kom- vernetzten Fahrzeugen auf Strassen wird und geeignete Regelungen erlassen. munikationstechnologien auf den ersten die Mobilität eine völlig neue, revolutio- Blick als äusserst schwieriges Unterfangen. näre Dimension bekommen: Neben Ar- Wichtige Fragestellungen Denn aktuelle Untersuchungen wie eine beitsplatz und Wohnung wird das Auto zu solche des Kelley Blue Book aus dem Jahr einem weiteren Lebensmittelpunkt wer- Durch die Digitalisierung eröffnen sich 2016 belegen, dass 80 Prozent der Ameri- den. Das Fahren entwickelt sich von einer neue Geschäftsfelder. Dabei birgt vor al- kaner stets die Möglichkeit haben wollen, zweckgebundenen Notwendigkeit zu ei- lem das IoT enorme Chancen für KMU, die ein Fahrzeug eigenhändig zu steuern. nem produktiven Zeitfenster. Echtzeit- jedoch die damit verbundenen Risiken Daten-Kommunikation zwischen Autos und rechtlichen Herausforderungen auf Noch stärker als die enorme Verbunden- und Infrastruktur macht Verkehr vorher- nicht aus den Augen verlieren dürfen. Da- heit und fast abgöttische Liebe der Ame- sehbar. Dadurch können zukünftig Staus her sollten KMU bereits heute im Rahmen rikaner zu ihren Autos ist allerdings de- und Unfälle vermieden werden. eines «Legal Check-up» unter anderem ren Streben nach Innovation, weshalb die folgende Fragestellungen überprüfen: Idee des autonomen und vernetzten Fah- Infolge der Vernetzung mit der Umge- rens in den USA mehr und mehr Befür- bung werden Fahrzeuge zu volldigitali- ››Ist das bestehende Geschäftsmodell worter findet. Dabei wurde die Akzeptanz sierten Mobilitäts-, Informations- und von der Digitalisierung unmittelbar be- auch durch den damaligen Präsidenten Kommunikationsplattformen. Auf diese troffen? Barack Obama unterstützt, der den Erlass Weise gelangt das «klassische» IoT damit ››Finden IoT-Anwendungen im Unter- von bundesstaatlichen Richtlinien zu weit über den Bereich eines blossen Un- nehmen bereits heute Verwendung? vollautomatisierten Fahrzeugen im Sep- terhaltungswertes hinaus, indem es im ››Wurden hinreichende technologische tember 2016 forcierte. Diese stiessen al- Lichte der «Smart Cars» tatsächlich als Vorkehrungen gegen mögliche Cyber- lerdings auf Kritik, weshalb die Richtli- ein «Internet of Things that Really Mat- attacken getroffen? nien gegenwärtig von der Trump-Admi- ter» erscheint. Aus diesem Grund ist es ››Wurde den jeweiligen datenschutz- nistration überprüft werden. Trumps Ad- unbedingt notwendig, dass sich die jewei- rechtlichen Vorgaben zudem ausrei- ministration aber möchte kein Hindernis ligen nationalen Gesetzgeber der Thema- chend Rechnung getragen? « sein, sondern ausdrücklich als «Katalysa- tor für eine sichere und effiziente Techno- logie» dienen. Porträt Seit Juni 2017 wurden insgesamt 14 Ge- Andreas Gmünder setzesentwürfe in den U.S.-amerikani- Rechtsanwalt schen Kongress eingebracht, welche der National Highway Traffic Safety Adminis- Andreas Gmünder ist Rechtsanwalt bei Kaufmann Rüedi tration (NHTSA) die Befugnis gäben, die Rechtsanwälte AG. Zahl der autonomen Fahrzeuge markant zu erhöhen (von 2500 auf 100 000). Auch wenn noch unklar ist, wie sich das Reprä- sentantenhaus und der Senat entscheiden werden, so würde eine bundeseinheitliche Susanna Auf der Maur-Quinn Regelung gegenüber einer Einzelstaaten- Rechtsanwältin, Partnerin lösung zu einer Vereinfachung führen. Susanna Auf der Maur-Quinn ist Rechtsanwältin und Part- 17 Bundesstaaten wie Kalifornien, Flo- nerin bei Kaufmann Rüedi Rechtsanwälte AG. Kaufmann rida und Nevada haben seit Anfang 2012 Rüedi Rechtsanwälte ist eine national und international Debatten über vollautomatisierte Autos tätige Wirtschaftskanzlei, inklusive Notariat, mit Büros in geführt. Diese Bundesstaaten sind zudem Luzern und Baar (ZG). die ersten, die solche Autos explizit er- laubt haben. Dennoch sind viele rechtlich relevante Fragestellungen im Bereich Kontakt Haftung, Offenlegung von gesammelten Daten und Schutz der Privatsphäre bis andreas.gmuender@krlaw.ch, susanna.aufdermaur@krlaw.ch, www.krlaw.ch anhin noch ungeklärt. KMU-Magazin Nr. 9, September 2017
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