EEG 2021 - Chance für grüne Gase? - Biogasrat

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EEG 2021 - Chance für grüne Gase? - Biogasrat
DEKARBONISIERUNG – POLITIK

EEG 2021 – Chance für grüne Gase?
Janet Hochi

Für den Energiesektor ist der Ausbau der erneuerbaren Energien auf einen Anteil von 65 % am Bruttostromverbrauch
ein entscheidender Baustein zur Erreichung der sektorspezifischen Klimaziele. Mit dem aktuellen Gesetzentwurf der
Bundesregierung zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG 2021) wird das Ziel der Treibhausgasneutra-
lität für die gesamte Stromerzeugung und den Stromverbrauch in Deutschland bis zum Jahr 2050 gesetzlich verankert.
Zudem sollen zentrale Weichen für die Umsetzung des Klimaschutzmaßnahmenprogramms 2030 gestellt werden. Grüne
Gase können wesentlich zum Erfolg beitragen. Hierzu müssen die parlamentarischen Weichen entsprechend gestellt
werden.

Laut Bundes-Klimaschutzgesetz müssen
die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr
2030 um mindestens 55 % im Vergleich
zu 1990 sinken, gleichzeitig legt das Ge-
setz jährliche Minderungsziele durch die
Vorgabe von Jahresemissionsmengen für
die Sektoren Energiewirtschaft, Industrie,
Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft, Abfall-
wirtschaft und Sonstiges fest. Mit dem
Klimaschutzprogramm 2030 hat die deut-
sche Bundesregierung am 09.10.2019 ein
umfangreiches Maßnahmenprogramm zur
Minderung der Treibhausgasemissionen in
Deutschland beschlossen, um die Klima-
schutzziele im Jahr 2030 zu erreichen.

Nach jüngsten Untersuchungen des Um-
weltbundesamtes zur Abschätzung der
Treibhausgasminderungswirkung des Kli-
maschutzprogramms 2030 wird Deutsch-
land jedoch seine Klimaschutzziele für
2030 in allen Sektoren verfehlen. Allein
in der Energiewirtschaft wird die Zielver-         Biomethananlage in Arneburg, Sachsen-Anhalt
                                                  									 Bild: Weltec Biopower
fehlung trotz Stilllegung von Braun- und
Steinkohlekapazitäten und unter Einhal-
tung der Ausbauziele für erneuerbare             Grünen Gasen, wie Biogas und Bio-             weitaus stärker in die politische Wahr-
Energien rund 11 Mio. t CO2-eq. im Jahr          methan, kommt dabei eine besondere            nehmung rücken sollte.
2030 betragen.                                   Rolle zu. Denn im Gegensatz zu der vola-
                                                 tilen erneuerbaren Energieerzeugung aus       Darüber hinaus übernehmen die Biogas-
Klimaschutz braucht                              Wind und Sonne ist die Stromerzeugung         und Biomethanerzeugung wichtige Funkti-
grünes Gas                                       aus Biogas und Biomethan steuerbar, d.h.      onen im naturwissenschaftlich-agronomi-
                                                 sie ist sowohl grund- als auch spitzenlast-   schen System und sind fester Bestandteil
Vor diesem Hintergrund ist die aktuelle          fähig und damit flexibel und bedarfsge-       der landwirtschaftlichen und mittelständi-
Novelle des EEG 2021 wegweisend, da mit          recht für eine sichere erneuerbare Ener-      schen Wertschöpfung im ländlichen Raum.
der Ausgestaltung des Gesetzes die Grund-        gieversorgung nutzbar, zugleich liefert       Dort leistet die Biogaserzeugung Beiträge
lagen für einen konsequenten Ausbau der          sie erneuerbare Wärme und substituiert        zum Nährstoffmanagement, zur Landnut-
erneuerbaren Energien und für den Erhalt         damit fossile Energieträger in der Wär-       zung und zu Ökosystemdienstleistungen.
der bestehenden erneuerbaren Stromer-            meerzeugung. Mit Blick auf die Treib-         Des Weiteren liefern Biogasanlagen, z.B.
zeugung gelegt werden. Dabei kommt es            hausgasminderungsziele im Wärmesek-           durch die Nutzung von Gülle und Festmist,
darauf an, den hohen Klimaschutzbeitrag          tor (70 Mio. t CO2-eq. in 2030), die nach     Abfall- und Reststoffe Beiträge im Entsor-
erneuerbarer Energien schnell zu heben,          der Abschätzung des Umweltbundesamts          gungssektor und damit zur Treibhausgasre-
um zusätzliche Kosten für die Treibhaus-         ebenfalls, um rund 17 Mio. t, CO2-eq.         duktion und Erfüllung der klimapolitischen
gasminderung zu vermeiden.                       verfehlt werden, ist das ein Beitrag, der     Zielsetzungen in der Landwirtschaft.

ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN 70. Jg. (2020) Heft 12                                                                          27
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DEKARBONISIERUNG – POLITIK

EEG 2021 – Handlungs-                         ohnehin zu niedrigen Gebotshöchstwert         vorgesehene Änderung des Zuschlags-
bedarf für die Nutzung                        weiter absenkt und damit eine wirtschaft-     verfahrens bei den Ausschreibungen für
grüner Gase                                   liche Realisierung neuer Anlagen nahezu       bestehende und neue Biomasseanlagen, die
                                              unmöglich macht. Neuanlagen haben im          vorsieht, dass 50 % des Zuschlagsvolumens
Mit dem am 23.09.2020 im Bundeskabinett       Vergleich zu bestehenden Anlagen zusätzli-    bevorzugt in südliche Landkreise gehen
beschlossenen Gesetzentwurf zum EEG           che Kapitalkosten von durchschnittlich 2,0    sollen und bei Nichterreichung nicht auf
2021 sollen die Weichen für die Errei-        Ct/kWh. Um den wirtschaftlichen Betrieb       die übrigen Standorte in Deutschland über-
chung dieser Zielvorgaben für den Strom-      und die kostendeckende Stromerzeugung         tragbar sind.
sektor gestellt werden und tatsächlich ist    mit modernen hocheffizienten Biomasse-
im Vergleich zum Referentenentwurf des        Neuanlagen zu gewährleisten, sollten bei      Diese Regelung ist eine eklatante Wettbe-
Bundeswirtschaftsministeriums ein erster      der Festlegung der Gebotshöchstwerte          werbsverzerrung und diskriminiert beste-
Schritt in die richtige Richtung getan. So    diese zusätzlichen Kapitalkosten auch Be-     hende und neue Biomasseanlagen in den
haben die Anhebung des Gebotshöchst-          rücksichtigung finden und der im Gesetz-      verbleibenden Bundesländern Thüringen,
wertes für Biomassebestandsanlagen im         entwurf vorgesehene Gebotshöchstwert für      Sachsen-Anhalt, Sachsen, Brandenburg,
Rahmen des Ausschreibungsverfahrens           Neuanlagen im Ausschreibungsverfahren         Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen,
auf 18,4 Ct/kWh und die Aufhebung der         von 16,4 Ct/kWh auf 18,4 Ct/kWh und da-       Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein,
bislang geltenden Deckelung für die Flexi-    mit an den Gebotshöchstwert für Bestands-     Berlin, Bremen, Hamburg im Rahmen
bilisierung bestehender Stromerzeugungs-      anlagen angepasst werden. Zudem sollte        der Biomasseausschreibung. Das für Aus-
anlagen erste positive Signale gesetzt.       die im Gesetz vorgesehene Degression der      schreibungsverfahren klar formulierte wett-
Auch der Bundesrat hat am 06.11.2020          Gebotshöchstwerte zumindest solange aus-      bewerbliche Prinzip, nach dem in den Aus-
in seiner Stellungnahme zum EEG 2021          gesetzt werden, bis die Biomasseausschrei-    schreibungsverfahren die Anlagen den
deutliche Verbesserungen für die Stromer-     bungen erstmals überzeichnet sind.            Zuschlag erhalten sollen, die kosteneffi-
zeugung aus Biomasse gefordert, u.a. eine                                                   zient erneuerbaren Strom aus Biomasse
Anhebung des Ausbauziels für Energie          Biomethan-BHKW als                            erzeugen, wird außer Kraft gesetzt.
aus Biomasse auf 9,1 GW installierter Leis-   hochflexible System-
tung in 2030, die Änderung der Südquote       dienstleister                                 Zudem werden die getätigten Investitionen
sowie die Aussetzung der Degression im                                                      in bestehende Biomasseanlagen in den Re-
Biomasseausschreibungsverfahren.              Das neue Ausschreibungssegment für            gionen, die nicht als Südregion definiert
                                              hochflexible Biomethan-BHKW in den Süd-       sind, entwertet. Diesen bestehenden Anla-
Diese positiven Signale werden allerdings     regionen mit einem jährlichen Ausschrei-      gen wird durch die Südquote die Möglich-
nicht ausreichen, das Rennen um eine          bungsvolumen von 150 MW und einem Ge-         keit genommen, erfolgreich am Ausschrei-
klimafreundliche Energieversorgung zu         botshöchstwert von 19,0 Ct/kWh ist grund-     bungsverfahren teilzunehmen. Auch hier
gewinnen. Für die Weiterentwicklung der       sätzlich zu begrüßen, allerdings besteht      ist der Gesetzgeber im parlamentarischen
erneuerbaren Strom- und Wärmeerzeu-           auch hier dringender Änderungsbedarf.         Verfahren gefordert, für ein wettbewerb-
gung aus Biogas und Biomethan ist zu-         Die bislang im Gesetzentwurf vorgesehe-       liches und diskriminierungsfreies Aus-
nächst eine substanzielle Erhöhung des        ne Begrenzung der Bemessungsleistung          schreibungsverfahren zu sorgen.
Ausschreibungsvolumens für Biomasse           auf 15 % der installierten Leistung der
auf 800 MW/a erforderlich. Darüber hin-       Biomethan-BHKW (1.314 Volllaststunden         Einsatzstoffbegrenzung für
aus müssen moderne, hocheffiziente Bio-       im Jahr) macht Investitionen in neue An-      nachwachsende Rohstoffe –
masse-Neuanlagen stärker in den politi-       lagen wirtschaftlich unattraktiv, da keine    Fakten statt Fakenews
schen Fokus rücken. Die seit 2017 deutlich    sinnvolle Wärmenutzung möglich ist. Da-
unterzeichneten Ausschreibungsrunden          mit ein flexibler Betrieb der Biomethan-      Ein weiterer massiver Eingriff in die wett-
für Biomasse sind eindrücklicher Beweis       BHKW sichergestellt werden kann, der          bewerbliche und wirtschaftliche Souverä-
dafür, dass die höheren Investitions- und     die Betriebs- und Investitionskosten rea-     nität der Betreiber von Biogas- und Bio-
Kapitalkosten von Neuanlagen in allen         listisch abbildet und Investitionen in neue   methananlagen ist die im Gesetzentwurf
Leistungsklassen im Rahmen der bisher         Anlagen anreizt, ist eine Verdopplung der     zum EEG 2021 vorgesehene Begrenzung
geltenden Gebotshöchstwerte von zuletzt       Bemessungsleistung auf 30 % sowie die         des Einsatzes von Mais und Getreidekorn
14,43 Ct/kWh nicht gedeckt werden konn-       Streichung der einprozentigen Degression      für die Biogaserzeugung auf 40 Masse-
ten, und auch der jüngste EEG-Erfahrungs-     notwendig.                                    prozent im Jahr. Diese Begrenzung ist
bericht der Bundesregierung zu Biomasse                                                     mit Blick auf die Fakten unbegründet.
resümierte, dass die Gebotshöchstwerte für    Diskriminierung durch                         Deutschland verfügt über eine landwirt-
Neuanlagen die durchschnittlichen Kosten      „Südquote“ im                                 schaftliche Nutzfläche von 16,7 Mio. ha,
der Stromerzeugung nicht decken.              Zuschlagsverfahren                            der Anteil davon an Dauergrünland be-
                                                                                            trägt mehr als 4,7 Mio. ha. Im Jahr 2019
Verschärft wird diese Problematik durch       Auf großes Unverständnis innerhalb der        wurden 1,55 Mio. ha für den Anbau von
die seit 2018 geltende Degression, die den    Branche stößt auch die im Gesetzentwurf       Energiepflanzen zur Biogaserzeugung ge-

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nutzt, davon wurde Energiemais auf ledig-        Masseprozent pro Jahr im EEG 2021 ange-       toren zur Verfügung. Im aktuellen parla-
lich 0,97 Mio. ha angebaut (FNR 2019).           hoben werden.                                 mentarischen Verfahren zum EEG 2021
                                                                                               müssen deshalb die Voraussetzungen
Die Bioenergie-Potenziale in Deutschland         EEG 2021 muss Klimaschutz                     geschaffen werden, dass Biogas und Bio-
sind regional unterschiedlich groß und           mit Biogas und Biomethan                      methan ihren Beitrag zur Erreichung der
werden unterschiedlich stark genutzt.            möglich machen                                ehrgeizigen Zielvorgaben zur Reduzie-
Die Begrenzung von Substraten schränkt                                                         rung der klimaschädlichen Treibhausgase
den Handlungsspielraum der Branchen-             Mit Biogas und der Aufbereitung von Bio-      bis 2030 leisten können.
akteure pauschal ohne Würdigung der              gas zu Biomethan sowie der Einspeisung
regionalen Gegebenheiten massiv ein              in das bestehende Gasnetz steht ein gesi-
und verhindert, dass zusätzliche Kosten-         cherter, flexibler und saisonal speicherba-   J. Hochi, Geschäftsführerin des Biogasrat+
senkungspotenziale gehoben werden.               rer grüner Energieträger zum sofortigen       e.V., Berlin
Bereits mit der Novelle des EEG 2014             Einsatz in allen Energieverbrauchssek-        Janet.hochi@biogasrat.de
wurde die Sondervergütung für ausge-
wählte Einsatzstoffe zur Stromerzeugung
aus Biomasse gestrichen. Es besteht bei
Neuanlagen, ebenso wie bei Bestandsan-
lagen, die eine EEG-Anschlussförderung
erhalten, kein wirtschaftlicher Anreiz
mehr, einzelne Substrate verstärkt zur
Stromerzeugung aus Biomasse zu nutzen.
Durch diesen Mechanismus sind Fehl-
entwicklungen ausgeschlossen, die der
guten landwirtschaftlichen Praxis zuwi-
derlaufen. Die einsatzstoffunabhängige
Förderung der Stromerzeugung aus Bio-
masse, die einen gleichrangigen Einsatz
von Energiepflanzen und Reststoffen
vorsieht, ermöglicht den Marktakteuren,
regional verfügbare, kostengünstige Ein-
satzstoffe zu erschließen und damit eine
wesentlich kostengünstigere Versorgung
der Biogasanlagen, wodurch unmittelbar
Einsparungen bei den Stromerzeugungs-
kosten einhergehen.

Hinzu kommt, dass mit der Umsetzung
der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie in
nationales Recht im Jahr 2021 neue Bio-
gas- bzw. Biomethanerzeugungsanlagen
Treibhausgas-Minderungspflichten bei der
Strom- und Wärmeerzeugung erfüllen
müssen, die den Einsatz nachwachsender
Rohstoffe wie Mais und Getreidekorn be-
schränken, da sich diese nicht durch den
ausschließlichen Einsatz nachwachsender
                                                                     GEMEINSAM FÜR
Rohstoffe wie Mais zur Biogaserzeugung
erfüllen lassen. Des Weiteren ist Mais be-                           EINE KLIMANEUTRALE
sonders in Gegenden mit wenig Tierhal-
tung eine Bereicherung der Fruchtfolge                               INDUSTRIE
und ein wirtschaftliches Standbein für
Landwirte, die den Mais als Futter- und                                                                           WEITERE
Energiesubstrat veräußern können. Die                                                                         INFORMATIONEN
                                                                                   JETZT                          UNTER:
Einsatzstoffbegrenzung für die Nutzung                                             FOLGEN!
                                                                                                             www.in4climate.nrw
von Mais und Getreidekorn zur Stromer-
zeugung aus Biomasse sollte daher auf 60

ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN 70. Jg. (2020) Heft 12                                                                          29
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