Das liebhaberorchester 12016 - BDLO
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1 2016 ISSN 0460-0932 60. Jahrgang Das liebhaberorchester Zeitschrift für das Liebhabermusizieren t i e V ielfal D im T he men ter der o rches uch a b e r a Liebh bestimmt der g lie verma deren Mitg rs e die an s Orchest Ihre taunen in S zen … r s e t zu ve Barock im Urwald Die Vielfältigkeit und Schönheit der Musik vermag uns in Staunen zu versetzen Weniger Geklimper, mehr Conversation
EULENBURG Editorial AUDIO+SCORE Die Studienpartituren mit CD Liebe Leserin, lieber Leser, diesmal gibt’s keinen Themenschwerpunkt in unserem schläge in den von mir selbst verfassten oder von mir Wer liest, Liebhaberorchester-Heft, sondern nur die Leichtigkeit redigierten Festschriften tatsächlich realisiert worden der Themenschwerpunktlosigkeit – denn es bot sich sind. Ich sag’s mal so: In den letzten 20 Jahren ha- keine Thematik an, die wir in den Mittelpunkt hätten ben die Festschriften unserer Orchester an Substanz, rücken wollen. Verschiedene Ideen haben wir zwar, an Inhalt und Vielseitigkeit, und auch an gestalteri- hört mehr etwa »Programmgestaltung«, »Orchesterreisen« oder scher Professionalität derart zugelegt, dass die her- »Konzertkritiken«, aber wie und an welchem Punkt pa- kömmlichen Schemata fragwürdig oder sogar schon cken wir sie an? Vielleicht gibt es ja Vorschläge Ihrer- überflüssig geworden sind. Ich habe mich bei der Be- seits? Wir sind offen und freuen uns über Anregungen schreibung dennoch an dem traditionellen Festschrift- zu diesen Themen. Oder schlagen Sie gern auch ganz Aufbau orientiert, weil viele unserer Orchester nicht andere Themenschwerpunkte für weitere Heftgestal- die Möglichkeiten und die Ambitionen haben, zu neu- tungen vor. en gestalterischen Ufern aufzubrechen. Ich hoffe, mit Im Laufe des ersten Halbjahres 2016 wird der BDLO meinen Beiträgen jedem Musikfreund, der vor den Her- die nächste Hundertergrenze überschreiten und dann ausforderungen eines Jubiläums steht, etwas Hilfestel- Die schönsten Meisterwerke die Dachorganisation von über 800 Mitgliedsorches- lung geben zu können. Meine eigenen Festschrift-Be- tern sein! Eine Gratulation in eigener Sache? Nun ja, mühungen fanden in früheren Jahrzehnten statt – und der Orchesterliteratur auf einen Griff – wir können uns freuen über das kontinuierliche Wachs- damit ist die [gar nicht gestellte] Frage hoffentlich be- tum unseres Verbandes, in dem nun bald 30.000 antwortet.« Joachim Conradi freut sich über die Zu- mit unseren Vorteilspaketen: musikbegeisterte Liebhabermusikerinnen und -musiker sendung weiterer, auch künftiger(!) Festschriften, bit- »organisiert« sind. Aber wir bemerken auch, wie wich- te direkt an ihn: Joachim Conradi, Schlegelstraße 14, tig es ist, regelmäßig und besser über die verschiede- 90491 Nürnberg – oder an die BDLO-Geschäftsstelle: nen BDLO-Dienstleistungsangebote zu informieren. Glashütter Straße 101a, 01277 Dresden. 10 klassische Meisterwerke 10 Meisterwerke der Sinfonik Das haben wir uns auf der letzten BDLO-Präsidiumssit- Ob Joachim Landkammer beim Schreiben seiner neu- für Studienanfänger und Liebhaber Beethoven: Sinfonien Nr. 5, 6 + 9 · Dvořák: Sinfonie Nr. 9 zung vorgenommen und nehmen einen neuen Anlauf en Folge »Die schöne Stelle« an »per aspera ad astra« Beethoven: Sinfonien Nr. 5 + 9 · Brahms: Sinfonie Nr. 4 · „Aus der neuen Welt“ · Grieg: Peer Gynt Suiten Nr. 1+2 · mit der Seite »Gut zu wissen«, ganz hinten im Heft. gedacht hat? Für alle Nicht-Lateiner: »Über Raues / Chopin: Klavierkonzert Nr. 1 · Dvořák: Sinfonie Nr. 9 „Aus Mendelssohn: Sinfonie Nr. 3 „Schottische“ · Mozart: Kommen die Hinweise zur Nutzung der BDLO-Websei- raue Pfade / Anstrengungen zu den Sternen«. Genau der neuen Welt“ · Händel: Wassermusik · Mozart: Sinfonie Sinfonien Nr. 40 + 41 „Jupiter“ · Smetana: Die Moldau · te verständlich rüber? So etwas ist ja immer eine Grat- das beschreibt er nämlich ab S. 22 – aber mehr sei hier Nr. 41 „Jupiter“ · Schubert: Sinfonie Nr. 7 „Unvollendete“ · Schumann: Sinfonie Nr. 3 „Rheinische“ Schumann: Klavierkonzert · Vivaldi: Die vier Jahreszeiten wanderung zwischen zu knapp und zu umständlich. noch nicht verraten. ISBN 978-3-7957-7262-8 Damit die Inhalte des gesamten Liebhaberorches- Welche Anstrengungen meistern Sie / meistert ihr ge- ISBN 978-3-7957-7259-8 EAS 13 · € 98,00 EAS 10 · € 98,00 ters gut lesbar sind, haben wir uns, nachdem verschie- rade oder demnächst in euren Orchestern, um auch dentlich der Hinweis auf die zu kleine und irgendwie als Liebhabermusiker/in dem Stern eines (mit)men- NEU! 4 Brahms-Sinfonien schlecht lesbare Schrifttype geäußert worden war, ent- schenwürdigen, willkommenheißenden Umgangs mit Die 10 schönsten Klavierkonzerte Sinfonie Nr. 1 in c-Moll · Sinfonie Nr. 2 in D-Dur · schlossen, die Schrift auf eine etwas schlankere und Geflüchteten / Vertriebenen näherzukommen? Der Beethoven: Konzerte Nr. 3 + 4 · Brahms: Konzert Nr. 2 · Sinfonie Nr. 3 in F-Dur · Sinfonie Nr. 4 in e-Moll etwas größere Type umzustellen. Und sind nun ge- Deutsche Musikrat hat in Zusammenarbeit mit dem Chopin: Konzerte Nr. 1 + 2 · Grieg: Konzert in a-Moll · ISBN 978-3-7957-7702-9 spannt, wie sie »ankommt«. Deutschen Musikinformationszentrum (MIZ) unter Liszt: Konzert Nr. 1 · Mozart: Konzert Nr. 23 · Schumann: EAS 154-1 · € 48,00 Konzert in a-Moll · Tschaikowsky: Konzert Nr. 1 Apropos »ankommen«: Kommen genügend Liebhaber- dem Leitspruch »Willkommen in Deutschland! Musik orchester-Hefte bei Ihnen / Ihrem Orchester an? Und macht Heimat« eine Umfrage gestartet, siehe S. 28. ISBN 978-3-7957-7260-4 EAS 11 · € 98,00 dort dann auch bei den Mitspieler/inne/n? Reicht die Es werden Beschreibungen von Projekten und Ideen Ebenfalls erhältlich: Anzahl der zugesandten Hefte? Sie können in der Ge- zur Förderung von Integration durch Musik gesammelt Box Set: Vol. 1-50 · 50 Partituren mit CD schäftsstelle in Dresden mehr ordern – für nur 1 Euro und veröffentlicht, um bereits bestehende Projekte be- Die 10 schönsten Violinkonzerte pro Heft! kanntzumachen und Anregungen für weitere Initiati- Bach: Konzerte in a-Moll + E-Dur · Doppelkonzert · ISBN 978-3-7957-6498-2 EAS 100-50 · € 399,00 Joachim Conradi analysiert weiter die im Laufe der ven zu geben. Wie ließe sich »Integration durch Musik« MA 1517-09 · 09/15 Beethoven: Konzert in D-Dur · Brahms: Konzert in D-Dur · Doppelkonzert · Bruch: Konzert Nr. 1 · Mendelssohn: Jahre gesammelten Jubiläumsschriften (erste Folge an Ihrem Ort, in eurem Orchester verwirklichen? Konzert in e-Moll · Tschaikowsky: Konzert in D-Dur · Ergänzungspaket: siehe letztes Heft) und gibt ab S. 6 Hinweise auf ge- Vivaldi: Die vier Jahreszeiten Vol. 51-75 · 25 Partituren mit CD lungene oder auch zu vermeidende (Selbst-)Darstellun- Anregende Lektüre in hoffentlich friedvoller Advents- ISBN 978-3-7957-7261-1 gen als Ausdruck des »Gedächtnisses des Orchesters«. und Weihnachtszeit wünscht ISBN 978-3-7957-7274-1 EAS 12 · € 78,00 EAS 100-60 · € 199,00 Mit Übersendung seines Manuskripts – soll heißen sei- ner Textdatei und natürlich per E-Mail – schrieb er: Ihr / euer »Fragen Sie mich nicht, wie viele meiner guten Rat- Michael Knoch Weitere Informationen sowie alle Titel von Eulenburg finden Sie unter www.eulenburg.de DAS LIEBHABERORCHESTER 1|2016 3
Adressen Impressum Inhalt BDLO-Geschäftstelle BDLO-Präsidium Nordrhein-Westfalen Herausgeber: 6 ie Jubiläumsschrift – Das Gedächtnis des D 30 Mitteilungen aus den Ländern Bundesverband Deutscher Bundesverband Deutscher Helge Lorenz (Präsident) Bernerstraße 7, 01217 Dresden, Dr. Elisabeth Birckenstaedt (Vorsitzende des Landesverban- Orchesters Teil 2: Inhalt und Aufbau 30 Bayern Liebhaberorchester e.V. Liebhaberorchester e.V. lorenz@bdlo.de des der Liebhaberorchester NRW e.V.) Habichtstraße 55, (Präsident: Helge Lorenz) Joachim Conradi 30 Berlin-Brandenburg Glashütter Straße 101a Dr. Elisabeth Birckenstaedt (Vizepräsidentin) Habicht 45134 Essen, Fon (0201) 84 39 99 39, Fax (0201) 43 95 33 00, Glashütter Straße 101a, 01277 32 Mecklenburg-Vorpommern 01277 Dresden straße 55, 45134 Essen, Fon (0201) 84 39 99 39, info@nrw.bdlo.de, www.liebhaberorchester-nrw.de Dresden, www.bdlo.org, 12 Barockmusik im Urwald Boliviens – zu Gast 33 Landesverband Nord bdlo@bdlo.de, (0351) 810 42 38 Fax (0351) 802 30 23 Fax (0201) 43 95 33 00, ebirck@bdlo.de im Indianerdorf Urubicha 34 Nordrhein-Westfalen Redaktion: www.bdlo.org Frauke Peuker-Hollmann (Vizepräsidentin) Walberlastraße 1, Nord Dr. Michael Knoch (Leitung) Christine Teske 35 Sachsen-Anhalt 91077 Neunkirchen a.B., Fon/Fax (09134) 76 26, Wulf Hilbert (Vorsitzender des Landesverbandes (030) 824 01 08, 35 Rheinland-Pfalz Mitarbeiter fraukepk@bdlo.de norddeutscher Liebhaberorchester e.V.) Berner Heerweg 183, redaktion@bdlo.de Christoph Bruckmann 14 3. Festival der Japanischen Amateur 4 Torsten Tannenberg Dr. Joachim Conradi, Schlegelstraße 14, 90491 Nürnberg 22159 Hamburg, Fon (040) 60 31 57 85 (p) / 42 88 53-288 (d), Dr. Michael Goldbach orchester in Kanazawa 2015 36 Vorgestellt: Neue Mitgliedsorchester Geschäftsführer Fon (0911) 59 13 09, Fax (0911) 59 48 36, conradi@bdlo.de Fax (040) 42 88 53-284, nord@bdlo.de, www.bdlo-nord.de Dr. Joachim Landkammer Paul Lindner 36 SinfoNeA – Sinfonik im Raum Neckar-Alb Fon (0351) 810 42 38 Dr. Michael Goldbach, Talstraße 18, 96120 Bischberg UMD Dr. Susanne Gläß (stellv. Vorsitzende Bremen) Torsten Tannenberg 37 musici emeriti hamburg – Noch ein neues tannenberg@bdlo.de Fon (0951) 60 16 53, goldbach@bdlo.de Mathildenstraße 8, 28203 Bremen, Fon (0421) 758 97 (p), Anzeigenverkauf: Torsten Tannenberg 15 Der »Tremulant« – Ein intuitiver Zugang zum Orchester in Hamburg? Dr. Michael Knoch, Blücherstraße 53, 10961 Berlin (0421) 21 86 01 09 (d), hb@bdlo.de (0351) 810 42 38, Vibrato Heike Heinz Fon (030) 824 01 08, redaktion@bdlo.de UMD Dr. Claudia Kayser-Kadereit (stellv. Vorsitzende tannenberg@bdlo.de Cord-Hinrich Flachsbarth 38 Orchesterjubiläen Erscheinungsweise: Mitgliederverwaltung/ Niedersachsen) Im Kamp 9, 49205 Hasbergen, 38 75 Jahre Collegium Musicum Jülich halbjährlich (Juni/Dezember) Buchhaltung Fon (05405) 80 89 47, Fax (05405) 80 89 48, nds@bdlo.de Redaktionsschluss: 16 Elegien für Streichorchester 39 60 Jahre Collegium musicum Branden- Landesverbände Fon (0351) 65 57 37 98 Wolf Tobias Müller (stellv. Vorsitzender Schleswig-Holstein) 15. April / 15. Oktober Michael Goldbach burg an der Havel heinz@bdlo.de Baden-Württemberg Sonntagsmoor 4, 25436 Uetersen, sh@bdlo.de Layout & Satz: Dr. Norbert Hill (Präsident des Landesverbandes Baden- Matthias Pagenkopf pagenkopf@bdlo.de 18 »Am farbigen Abglanz« – Uraufführung 40 Besprechungen Matthias Pagenkopf Württembergischer Liebhaberorchester e.V.) Rheinland-Pfalz Druck: Lößnitz-Druck GmbH e ines großen Orchesterwerks mitgestalten! 40 Prima vista – prima Stücke? Zeitschrift/Layout Ulrich Perschmann (Geschäftsführender Vizepräsident) Erdmann Hollborn (Vorsitzender des Landesverbandes Rhein- Auflage: 6.500 Christoph Bruckmann 41 Bücher Einzelheft: 5,– Euro Fon (0351) 65 57 37 99 Lämmleshalde 12, 70376 Stuttgart, info@bw.bdlo.de, land-Pfälzischer Liebhaberorchester e.V.) Jakobsgarten 8, 44 Noten Jahresabonnement: 7,50 Euro pagenkopf@bdlo.de www.lbwl.de 67069 Ludwigshafen, Fon (0621) 65 49 09, ISSN 0460-0932 18 » Die Vielfältigkeit und Schönheit der Musik vorstand@rp.bdlo.de Hinweise der Redaktion vermag uns in Staunen zu versetzen« 50 Aus der Arbeit der Orchester Letizia Turini Bayern Die Redaktion überlässt es Christoph Bruckmann sprach mit dem Konzertdokumentation 21. April – Notenbibliothek Frauke Peuker-Hollmann (Präsidentin des Landesverbandes Saarland den jeweiligen Autorinnen und Komponisten Inamori Yasutaki 20. Oktober 2015 Fon (0351) 65 57 37 58 Bayerischer Liebhaberorchester e.V.) Walberlastraße 1, Thilo Wieske (1. Vorsitzender des Saarländischen Landesver- Autoren, ob sie alte oder neue turini@bdlo.de 91077 Neunkirchen a.B., Fon/Fax (09134) 76 26, bandes der Liebhaberorchester e.V.) Schultze-Kathrin-Straße 9 Rechtschreibregeln anwenden wollen, denn immerhin schreiben 19 Leserbrief 57 Terminkalender: Kurse, Seminare, info@bayern.bdlo.de, www.liebhaberorchester-in-bayern.de 66119 Saarbrücken, Fon (0179) 121 04 50, sie ja hier nicht für ein Schul- Workshops & Orchestertreffen info@saarland.bdlo.de buch, sondern für eine Verbands- 20 Der Alte Text: Johanna Kinkel, Weniger Berlin und Brandenburg zeitschrift, die viele A nsichten und Haltungen repräsentieren eklimper, mehr Conversation (oder aber: G 60 Das Notenrätsel – Folge II Rainer Vogt (Vorsitzender des Landesverbandes Berlin- Sachsen möchte. Poesie)! Brandenburgischer Liebhaberorchester e.V.) Calandrelli Helge Lorenz (Präsident des Landesverbandes Sächsischer 61 Das Rätsel – Folge XXVIII straße 18 f, 12247 Berlin, Fon/Fax (030) 771 97 01, Liebhaberorchester e.V.) Bernerstraße 7, 01217 Dresden, Die Redaktion geht davon aus, 22 Die schöne Stelle, 1. Folge: Dadadadada – rainer-a-e-vogt@freenet.de, www.lbbl-ev.de Fon (0351) 403 48 17, Fax (0351) 40 43 69 60, dass Autor/inn/en der Veröffent lichung ihrer eingesandten Die Tonrepetition in der Baßlinie 62 Gut zu wissen: Der BDLO im Internet info@sachsen.bdlo.de, www.lslo.de Artikel und Bilder zustimmen, Joachim Landkammer Hessen und zwar im gedruckten Heft Erast von Jasienicki (Vorsitzender des L andesverbandes Thüringen Das Liebh aberorchester wie auch auf der Webseite des BDLO. 26 Mitteilungen des BDLO Hessischer Liebhaberorchester) Westring 46, Dr. Wolfgang Müller (Präsident des Landesverbandes Thürin- A ndernfalls bittet sie um ent 26 Internationale Amateur-Orchester- 65824 Schwalbach, Fon (06196) 10 88, Fax (06196) 10 44, ger Laienorchester e.V.) Südring 15, 98693 Ilmenau-Oberpör- sprechende Mitteilung. Ferner Festivals beleben Amateur-Orchester-Szene info@hessen.bdlo.de litz, Fon (03677) 87 75 70, info@thueringen.bdlo.de geht sie d avon aus, dass die auf in Italien den zur Veröffentlichung ein gesandten Fotos abgebildeten Helge Lorenz Mecklenburg-Vorpommern Personen mit der Veröffent- 28 Willkommen in Deutschland! Musik Volker Schubert (Vorsitzender des Landesverbandes der Lieb- lichung einverstanden sind. macht Heimat haberorchester in Mecklenburg-Vorpommern e.V.) Willi-Zachow- 29 Neue Orchester / Ehrungen Weg 9, 19370 Parchim, Fon (03871) 26 70 06, info@mv.bdlo.de 4 DAS LIEBHABERORCHESTER 1|2016 DAS LIEBHABERORCHESTER 1|2016 5
Jubiläumsschrift Jubiläumsschrift Die Jubiläumsschrift – Das Gedächtnis des Orchesters Teil 2: Inhalt und Aufbau Joachim Conradi Die »typische« Festschrift für ein Orchesterjubiläum gibt es nicht. Diese Quintessenz aus dem ersten Beitrag (L ieb - In diesem Zusammenhang ein kleiner Vorgriff auf die sätzlichen Abbildung dient nicht nur der visuellen Auf- haberorchester 2015 Heft 2 S. 22 ff.) gilt – mehr noch als für die Äußerlichkeiten wie Format, Umfang, Bebil- weiteren Inhalte: auch im Innern der Festschriften herr- lockerung, sondern auch der Aufwertung dieses Gra- derung, Impressum, Fremdinserate – für die Inhalte und die Darstellungsform. Aber Leitlinien für die Praxis her schen nüchterne und streng sachbezogene Titel oder tulanten. auszuarbeiten und Grundlagen für systematisches Herangehen zu bieten, sollte dennoch möglich sein. Was vor Zwischenüberschriften vor. Beim Abschnitt »Unser Di- jedem Konzert gilt: Üben, üben, üben – geht leider nicht beim Drumherum eines großen Orchesterjubiläums. Das rigent usw.« liest man als Außenstehender höchstens Müssen Grußworte überhaupt sein? Ja, das ist eine muß prima vista laufen! dann weiter, wenn man über irgendeinen früheren Be- fast eherne Regel – natürlich nicht ohne Ausnahmen, zug zu der fraglichen Person verfügt. Heißt es dagegen insbesondere bei »schlichten« Jubiläumsschriften, die Vorbemerkung »Der Laienbändiger« 6 , so signalisiert das von vornher- in Konzertprogramme eingebunden sind und von die- D er Autor sieht sich primär als Ideensammler, gegebenerweise mit etlichen weiteren Änderungen. ein originelle und lesenswerte Ausführungen. Ein Bei- sen dominiert werden. Gelegentlich wird aber tatsäch- weniger als Verfasser der folgenden Ausfüh- Und Christoph Willibald Gluck hat, von sich selbst ab- trag über die Bläser läßt sich ohne viel Gehirnschmalz lich auf die üblichen Grußworte kommunaler und regi- rungen. Die innovative Substanz der vorliegen- schreibend, an eher unauffälligen Stellen verschiede- durch Leitattribute unterschiedlichster Tendenz ergän- onaler Leitfiguren verzichtet. Als Ersatz gibt es dann den mehr als 100 Festschriften unserer Orchester aus ner Kompositionen eine weitgehend identische Me- zen: »Windige Gesellen«, »Frischer Wind im Orchester«, z.B. ein »Vorwort« des Orchestervorsitzenden oder des den letzten Jahrzehnten ist so groß, daß es eigener lodie placiert, die als »Furientanz« in den Olymp der »Windstärke 9 – Blech und Schlagzeug« usw. zuständigen Musikschulleiters, Kirchenvorstehers oder Geistesblitze gar nicht bedarf. Um dem Verdacht des Weltmusik eingegangen ist, was ohne diesen prägnan- einer anderen nahestehenden Persönlichkeit. Übri- »Ideenklaus« vollends zu entgehen, werden die Quel- ten Titel weit weniger wahrscheinlich gewesen wäre. gens können sich auch ehemalige oder aktive Orche Majestät spricht: Grußworte len in Anmerkungen genannt, wenn das auch in et- Ein paar Beispiele gibt es immerhin auch bei den Fest- sterspieler in die Schar der Grußwortgeber einreihen lichen Fällen – aus Zeitmangel – nur beispielhaft ge- schriften: »Über den Wolken des Alltags – 50 Jahre Als jemand, der Festschrifteninhalte interessant fin- – wenn es dann nicht zu viele werden. Zwei bis vier schehen ist. Die Quellenhinweise dienen auch der Orchester …«1. Oder: »50 Jahre Himmels- und Tonlei- det, lese ich meist recht genau, was drinsteht, studiere Grußworte sind die Regel. Wenn es mehr sind – und Rückkopplung und der Möglichkeit der Kontaktauf- tern – …-Kammerorchester«2 . Oder, schlicht und erdver- auch Namenstabellen, Aufführungslisten, das sonstige bei der üblichen stereotypen Präsentation – entsteht nahme der Orchester untereinander. Die angesproche- bundener: »Miteinander musizieren – 50 Jahre Kam- Drum und Dran – nur über die Grußworte blättere ich ein deutlicher Entwertungseffekt, der die Wirkung der nen Festschriften können bei Bedarf leihweise zur Ver- merorchester …«3, »Über die Liebe zur Musik – 50 Jahre schnell hinweg. Weil ich weiß, was drinsteht. Beru- Festschrift insgesamt herabmindern kann. fügung gestellt werden. Orchester der …« 4 . Oder auch bildungsbürgerlich-stil- hen Grußworte auf einem Naturgesetz, dessen Nut- voll: »Jubilate con amore«5. Der Sachtitel als obligater zen man als Laie nicht recht durchschaut, ähnlich wie Ein Ermüdungseffekt wird unabhängig von der An- Zusatz wird keineswegs vom Cover verdrängt, aber ein beim Blinddarm oder den Mandeln? zahl schon dadurch herbeigeführt oder befördert, daß Überblick kleines Motto als Aufhänger und Blickfang läßt das Natürlich ist das Grußwort mehr Beiwerk, aber als of- Grußworte traditionell am Beginn des Heftchens ste- Zunächst eine Aufstellung inhaltlicher Elemente, die Schriftstück sympathisch erscheinen, noch bevor man fensichtliche Pflichtübung muß es nicht erscheinen. hen und lückenlos aneinandergereiht sind, was au- dann im Einzelnen erläutert wird: Titel der Festschrift; es aufgeblättert hat. Leider kann ich – schon wegen der vorerwähnten Ig- ßerdem eine vielleicht gar nicht gewollte Rangfolge Grußworte; Chronik des Orchesters; Personalien; High- noranz – keine überzeugenden Gegenbeispiele lie- suggeriert. Insoweit scheint auch ein Naturgesetz zu lights, Interna, Humoriges; Kulturbeiträge; Mitglieder- fern, aber die Herangehensweise im Vorfeld ist, den- walten, das nicht einmal die Layouter zu hinterfragen listen und Konzertdokumentation; Weiteres Beiwerk ke ich, schon ein paar Überlegungen wert. Man bittet wagen. Ich sehe aber keinen Grund, an dieser Konven- wie Pressekritiken, Inserate, Sonstiges üblicherweise den Grußwortgeber um seinen »Segen« tion festzuhalten. Verteilen Sie die Grußworte auf den Dabei ergeben sich nur scheinbar Überschneidungen nebst Foto und Unterschrift, fügt die vorhandenen Anfang und das Ende oder verstreuen Sie sie in der mit den bereits behandelten »Äußerlichkeiten« der Festschrift-Manuskripte hinzu und bekommt dann – ganzen Schrift. Dann tun Sie sich auch leichter, in klei- Festschrift, denn der Blickwinkel ist nun ein anderer. wie sollte es anders sein – ein Paßfoto und bestenfalls nen Kommentaren vielleicht biographische Daten und die Erwähnung einiger Highlights aus dem Orchester- die Verdienste der »Patrons« zu erwähnen. leben, die ohnehin und authentischer auf den folgen- »Die gelbe Jacke« oder »Das Land des den Seiten dargestellt sind, also nur vor- oder nach- Lächelns« – Titel der Festschrift Chronik, Krimi – oder beides: gebetet werden. Jeder Grußwortgeber wird Ihnen den Die Orchestergeschichte »Festschrift zum xxx-jährigen Bestehen des yyy-Or- Gefallen tun, eine repräsentativ erscheinende Bege- chesters« ist der Standard-Festschriftentitel, der höch benheit zu erwähnen, die in der Festschrift ansons- Das Kernstück jeder Orchester-Festschrift ist der Kri- stens in der Wortreihenfolge Variationen aufweist. ten nicht vorkommt, insbesondere wenn Sie das in der tik und guten Ratschlägen weitgehend entzogen: Hier Quellenhinweise 1 Studio Ulmer Musikfreunde Unattraktiver und hölzerner geht es nicht. Vor allem: Vorkorrespondenz offen kommunizieren. Auch ein Paß- manifestiert sich die Individualität jedes Orchesters 2006 2 Günzburger Kammer Die einfallslose, wenn auch sachlich korrekte, Betite- foto muß es nicht unbedingt sein. Bitten Sie z.B. den und vor allem des Verfassers. Es kann eigentlich nur orchester 2012 lung überdeckt häufig genug, daß der folgende Inhalt BDLO-Vorsitzenden um ein Foto »in action«, also am auf allgemeine stilistische Grundsätze hingewiesen 3 Kammerorchester Wolfen büttel 2012 durchaus literarischen Rang oder wenigstens erhebli- Instrument oder bei der Vornahme irgendeiner Ehrung, werden: Auflockerung des Fließtextes durch möglichst 4 Orchester der Landesregie- chen kulturhistorischen Wert beanspruchen kann. Aus durchaus auch mit separater Bildunterschrift. Und passende Abbildungen, durch Zwischenüberschriften, rung Düsseldorf 1998 5 Alesund Symfoniorkester der Musikgeschichte ist bekannt, daß Lehar's Operet- wenn der Bürgermeister im Ornat und mit Amtskette durch transparente Gliederung, Vermeidung detail- (Norwegen) 1995 te »Die gelbe Jacke« ein Flop war, später jedoch als vielleicht zu hochgestochen wirkt: Das Stadtwappen reicher Abschweifungen und Vertiefungen. Eine gute 6 Orchesterverein Stuttgart 2007 »Das Land des Lächelns« zum Welterfolg mutierte, zu- oder das Rathaus oder auch die Amtskette in einer zu- Strategie kann es sein, die Chronik durch e xplizite4 6 DAS LIEBHABERORCHESTER 1|2016 DAS LIEBHABERORCHESTER 1|2016 7
Jubiläumsschrift Jubiläumsschrift Auslagerung von Schwerpunktthemen wie Orchester- meist nicht schwer. Nur: mit sich selbst kann und will genten sowie alle Konzertmeister und alle Vorsitzen- ne ich Darstellungen einzelner Tätigkeitsbereiche im reisen, Biographie und Würdigung des oder der Diri- das der Schreiber, der als Insider meist auf eigene Ver- den in einem Abschnitt »Personen« hintereinander mit Orchester, wie Konzertorganisation, Finanzen, Noten- genten und besondere Highlights des Orchesterda- dienste um das Orchester zurückblickt, nicht machen, biographischen Daten und ihren Leistungen für das verwaltung und vieles mehr, auch anekdotische Vor- seins zu entlasten. Das kann auch dazu führen, daß auch nicht mit seinen aktiven Vorstandskollegen. Es Orchester – meist auch mit Fotos – besprochen waren, kommnisse und z.B. die Arbeit und die Befindlichkei- die Orche stergeschichte auf eine fast tabellarische fehlt dann schlicht etwas, ein Ungleichgewicht in der insgesamt mehr als 20 Personen9. Je nach Geschmack ten in einzelnen Stimmgruppen. Darstellung mit stichwortartiger Erwähnung wichtiger Darstellung der personellen Trägerschicht entsteht. mögen das andere Betrachter als übertriebenen Per- Man kann sie als Beiträge zur »Orchestersoziologie« Ereignisse in chronologischer Reihenfolge reduziert Diese Disproportion fällt in vielen Festschriften auf. Es sonenkult abtun, der die weiteren Inhalte der Schrift kennzeichnen. Sie werden – sofern nicht im Rahmen wird. Vor- oder nachteilig ist keine der Varianten zu scheint, als ob die Augenblicke am Beginn und Ende quasi erdrückt. Man muß das auch nicht als vorbildlich der Chronik abgehandelt – fast immer von verschiede- bewerten. des Konzerts, wenn der Dirigenten den Beifall entge- einstufen, aber es macht deutlich, daß knappe, sachli- nen einzelnen Spielern abgefaßt, sind nicht lang und gennimmt, und die Spieler sich auf sein Kommando er- che, dabei durchaus umfassende biographische Noti- gewissermaßen als Farbtupfer über die ganze Schrift Der »Krimi« in der Zwischenüberschrift ist nicht nur rei- heben und wieder hinsetzen, das Leitbild für viele Fest- zen auch bei erheblichem Umfang den Eindruck von verstreut. Über die Intention hinaus, Unterhaltsames ßerisch gemeint: Fast alle Chroniken stellen das Or- schriften abgeben. Eigenlob oder platter Lobhudelei leicht auf Distanz und Vielseitigkeit zu fördern, lassen sie Qualitäten chester als heile Welt vor, in der es keine Konflikte und Die Orchester, in denen ich im Laufe von mehr als 50 halten können. der Gemeinschaft erkennen, nicht selten sprechen sie keine Sorgen gibt. Differenzen, Auseinandersetzungen Jahre mitgewirkt habe, waren durchweg demokratisch mehr oder weniger offen Defizite an, vor allem wenn und sonstige Disharmonien bleiben weitgehend uner- oder wenigstens strikt arbeitsteilig organisiert. Ich sie mit Humor gewürzt sind. Sie fehlen in kaum einer Highlights, Interna, Humoriges wähnt. Selbstkritisches Hinterfragen von Mangeler- habe zwar auch Orchester oder Phasen erlebt, in de- Festschrift, es ist sogar die Neigung zum Übermaß zu scheinungen wie Mitgliederschwund oder Geldarmut nen der Dirigent sich als Mädchen für alles betätigte Höhepunkte im Orchesterleben sind meist ausgepräg- konstatieren. Einzelheiten, die nur für die unmittelbar oder von Management-Fehlern findet kaum statt. Ich und den Laden tatsächlich als Einziger zusammenhielt te Gemeinschaftserlebnisse, seien es Konzert-Stern- Beteiligten Erinnerungswert haben, wie gemeinsame halte hier kein Plädoyer für eine in die Feststimmung (was zweifellos nicht nur in seiner eigenen Einbildung stunden, gemeinsame Reisen, Konzerte mit Partner-Or- Freizeitaktivitäten oder die Beschaffenheit auswär- hineinplatzende schwermütige Nabelschau, kritisiere dringend notwendig war), glaube aber nicht, daß die- chestern oder Partner-Chören im In- und Ausland oder tiger Nachtquartiere, sollten auf ihre Relevanz ge- auch nicht den Wunsch der Freizeitmusiker, sich beim se Struktur heute noch so weit verbreitet ist, wie viele Festivitäten aus seltenem Anlaß. Als Interna bezeich- prüft werden. Im Zweifel kann man es auch mal mit4 Jubiläum in einer heilen Welt wiederzufinden. Nur: Der Festschrifteninhalte es nahelegen. RZLiebhaberorch_Waldnymphe_Layout 1 27.10.15 14:03 Seite 1 Chronist sollte darauf achten, daß die Glaubwürdigkeit Anzeige erhalten bleibt, daß der Bezug zum Alltag nicht verlo- Es erfordert Geschick, über die Lichtgestalt des Diri- ren geht. »Über den Wolken des Alltags« schon, aber nicht ohne Wolken. Wo der Schuh drückt, muß ja kei- genten hinaus die weiteren »Macher« des Orchesters in meist nicht geringer Zahl mit ihrem Wirken vorzustel- HAPPY BIRTHDAY, JEAN SIBELIUS! Skogsrået (Die Waldnymphe) op. 15 ne Lupe eingesetzt werden, auch braucht es sich dabei len und dabei Langeweile und den Eindruck der Selbst- hrsg. von Tuija Wicklund nicht um Interna zu handeln. Freude und Frust mit Auf- beweihräucherung zu vermeiden. Aber es gibt genug (Urtext der Gesamtausgabe „Jean Sibelius Werke“) Studienpartitur PB 5564 € 13,90 NEU 2015 führungstantiemen und Notenverleihern, erfüllte oder Beispiele, wie man das positiv und sogar spannend ge- Aufführungsmaterial mietweise lieferbar unerfüllte Erwartungen an den Stadtkämmerer oder stalten kann. Das kann ein »gesprochener« Dialog z.B. an den Dachverband – nur heraus damit, eine gut auf- zwischen Dirigenten und Vorsitzendem sein, Darstel- gemachte Festschrift bietet die seltene Gelegenheit, lungen im Interview-Stil oder tatsächliche Interview- sich auch mit kritischen Themen über das Konzertpub- Aufzeichnungen7. Wenn es geht, lassen Sie die Haupt- likum hinaus bemerkbar zu machen. akteure direkt zu Worte kommen. Scheuen Sie sich nicht, die Aufforderung dazu mit einer Längenvorgabe zu verbinden und in Vorgesprächen die Herausarbei- Die Wohltäter: Personalien 150. Geburtstag tung von persönlichen Schlüsselerlebnissen zu beför- am 8. Dezember 2015 Bei der Würdigung, die Dirigenten, Orchestergründer dern. Wenn es vielleicht sogar gelingt, den Dirigenten und sonstige maßgeblicher Personen in der Festschrift – etwa unter dem Titel » (M)Ein Orchester« 8 – zur Dar- – unbestreitbar – erfahren müssen, stellt sich die so- stellung seiner Zielvorstellungen und der entsprechen- Es war schon eine kleine Sensation, als 1996 der Dirigent Osmo Vänskä die Partitur eben erhobene Forderung nach Objektivität und einer den Realisierungsversuche zu motivieren, dann ist der von „Skogsrået“ im Konzert und durch eine CD-Einspielung auf den Prüfstand stell- gewissen Distanz verstärkt ein. Es ist zu akzeptieren, Weg zu einer ausgewogenen und interessanten Fest- te. Wer hätte gedacht, dass es noch mehr als 20 Minuten beste Orchestermusik von Jean Sibelius zu entdecken gab? Dabei handelt es sich beileibe nicht um ein später 7 TonArt-Orchester Düsseldorf wenn die Aufbauarbeit eines Dirigenten und das wö- schrift fast geebnet. verschmähtes Jugendwerk. Die „Waldnymphe“ entstand 1895, also kurz nach der 2015; Akademisches Orchester chentliche mühevolle Herauslösen jedes Spielers aus Kullervo-Symphonie und der ersten Fassung von „En saga“. Halle 2007 Nach den ersten Aufführungen war es lange still um die „Waldnymphe“, bevor sie 8 Kammerorchester Wolfen Alltagstrott und heimischen oder beruflichen Sorgen, Gut hat mir die Festschrift eines altehrwürdigen Or- 1936 kurz ins Rampenlicht kam, um in Helsinki bei einem Staatsakt aufgeführt und büttel 2012; Kammerorchester nicht zuletzt auch die künstlerischen Fähigkeiten des chesters gefallen, in der die wichtigsten Personen – live im Rundfunk übertragen zu werden. Balingen 2003 9 Akademisches O rchester »Laienbändigers« hinreichend, also mit vielen Wieder- der Gründer und die langjährigen Dirigenten des Or- Alle lieferbaren Ausgaben und Zusatzinformationen Berlin 2008; ähnlich Städtischer Orchesterverein holungen, Komparativen und zuweilen Überschweng- chesters – im Rahmen der Chronik recht ausführlich im Prospekt „Jean Sibelius 1865–1957“. Dazu aktuelle Sibelius-Konzerttermine auf: www.breitkopf.de www.brei Breitkopf Offenburg 1984 lichkeiten gelobt werden. Autoren dafür zu finden ist vorgestellt und gewürdigt wurden, alle übrigen Diri- 8 DAS LIEBHABERORCHESTER 1|2016 DAS LIEBHABERORCHESTER 1|2016 9
Jubiläumsschrift Jubiläumsschrift e inem Auszug aus dem Reisetagebuch im Telegramm- Man kann – und sollte! – auch kulturelle Aktivitäten gar nicht so selten vorkommt 24 . Die Preisgabe des Le- sind der Phantasie kei- stil gut sein lassen10. Etwas Systematik ist auf jeden über den üblichen Proben- und Konzertbetrieb hinaus bensalters bei der listenmäßigen oder visuellen Vor- ne Grenzen gesetzt, auch Fall zu begrüßen. Gute Einblicke können z.B. zusam- in der Festschrift dargestellt finden, wie z.B. die Stif- stellung wird nicht nur bei Spielerinnen auf Ableh- wenn es dem Redakti- menfassende Berichte aus den einzelnen Stimmgrup- tung und alljährliche Verleihung eines Musikpreises nung stoßen; aber ein bißchen mehr als nur Name und onsteam nicht vergönnt pen vermitteln11. an junge Instrumentalisten, die dem Orchester (noch!) Instrument dürfen Sie schon verraten. Früher war es ist, sich auf die Musik- nicht angehören22 . Mag hier auch der Eigennutz mit- üblich, dem Namen immer auch die Berufs- oder Tä- branche beschränken zu Bitte: Keine abgestandenen Bratschenwitze, auch spielen, ist das dennoch ein schönes Beispiel für – zu- tigkeitsbezeichnung hinzuzufügen. Warum ist das aus können. Die Fans Ihres nicht die schon durch alle Welt gegeisterten Rationa- sätzliches – gesellschaftliches Engagement. der Mode gekommen? Die immer wieder betonte Stär- Orchesters fühlen sich lisierungsvorschläge eines Revisors abdrucken oder ke unserer Vereine liegt doch in der gesellschaftlichen vielleicht an den Haaren die tödliche Verletzung schildern, die sich Jean Bap- Integrationswirkung, und die läßt sich nicht anschau- abgeschleppt, wenn ein Rohdiamanten: Statistiken tiste Lully als Dirigent mit dem Taktstock selbst zufüg- licher herausstellen als durch eine Vorstellung der in Installationsbetrieb mit einem zu burschikosen Spruch te. Prominente Schicksale und bekannte Vorkommnis- Mitgliederlisten, Verzeichnisse der gespielten Werke der Gemeinschaft vertretenen Berufe oder Tätigkei- wirbt, wie »Heizt Ihnen das schwere Blech nicht ge- se des Musiklebens sowie Anekdoten jeder Art sind oder der Konzerte, der Vorstände, Dirigenten, Solisten, ten. Datenschützer auf dem Plan? Auch gut, nur nicht nug ein? Dann sind wir für Sie da«. Als problematisch zu Vergleichs- und Erläuterungszwecken durchaus er- der ehemaligen ∕ verstorbenen Spieler, der Förderer: Sie dieses sensible Thema per Mehrheitsentscheidung »er- ist wohl auch die Werbung eines Auto-Vertragshänd- wünscht, aber als reine und zusammenhanglose Lü- möchte ich als »nützliche Lückenfüller« bezeichnen ledigen« wollen. In einem kleinen Beitrag oder einer lers einzustufen: »Die kraftvollen CDI-Motoren … Da ckenfüller hinterlassen sie eher einen nachteiligen Ein- mit Betonung auf »nützlich«. Sie sind wichtig nicht Tabelle »Berufe und Altersstruktur« läßt sich das weit- freuen sich die Ohren«25. Aber die Richtung ist doch druck. nur als »Tätigkeitsnachweise«, sondern können auch gehend anonym abhandeln. nicht ganz falsch, oder? Bankhäuser, vor allem Spar- für die Wissenschaft von Bedeutung sein. Insbesonde- kassen, haben seit Jahrzehnten erkannt, daß sie ziel- re gilt das für die Konzertdokumentation. Das musik- gruppenorientiert werben müssen, und sie setzen das Über den Tellerrand hinaus: Ferner liefen: Weiteres »Beiwerk« wissenschaftliche Fach »Konzertkunde« oder »Auffüh- auch regelmäßig um. Und wenn ein Hotelbetrieb dem Kulturbeiträge rungskunde« gibt es meines Wissens noch nicht oder Pressekritiken als Ausschnitt-Reproduktionen oder – Orchester seinen herzlichen Glückwunsch zum Jubilä- Es überrascht, mit welcher Intensität und Sachkunde es ist nur schwach ausgeprägt (Widerspruch nehme seltener – in Fließtext-Wiedergabe sind gut, weil sie um entbietet und fortfährt »… Ihre Adresse für gemütli- sich manche Festschriften mit dem näheren und wei- ich gern entgegen!), aber man sollte in Betracht zie- die Außensicht auf das Orchester erkennen lassen – ches Beisammensein vor und nach dem Konzert«, dann teren Umfeld des Orchesters befassen. Freilich muß hen, daß – vielleicht in zehn, vielleicht erst in hundert falls es denn wirklich so ist und nicht ein Spieler als paßt das doch ganz gut. Sollte in Ihrem Orchester oder man sich da schon eine ganze Phalanx gesammelter Jahren – Interesse an der systematischen Auswertung »Ghostwriter« zugange war. Gazetten sollen bekannt- im Umfeld ein professioneller Werbeberater greifbar Schriften zu Gemüte führen. Einige Beispiele: von Konzertprogrammen vergangener Zeiten entste- lich nicht »genieret« werden, aber das Verhältnis zu ih- sein, kann der Sie über zeitgemäße Werbegestaltung »Stuttgart um 1857« (mit Schwerpunkt auf dem dama- hen könnte. Als solide Forschungsgrundlage taugen nen kann durchaus Gegenstand einer Erörterung sein, informieren. Es wird die potentiellen Inserenten ange- ligen Kulturleben)12, »Ein Spaziergang durch 150 Jah- Konzertdaten m.E. nur dann, wenn sie mindestens die auch wenn es auf eine »Nullmeldung« hinausläuft, wie nehm berühren, wenn Sie ihnen solche Erkenntnisse re Orchestergeschichte« (stadtkundlicher Beitrag)13, Fragen: was – wann – wo? beantworten. Die überkom- es in Großstädten zunehmend zur Regel wird. Übri- weitervermitteln und die Jubiläumsschrift gleichzeitig »Bemerkungen zur Physik der Holzblasinstrumen- mene alphabetische »Repertoire«-Liste mit Komponi gens habe ich nur sehr selten etwas über Rundfunk vor unfreiwillig komischen oder sonst abwegigen In- te«14 , »Polemisierende Gedanken eines dilettierenden sten und Werken ohne weitere Angaben ist insoweit und Fernsehen gelesen. Ich vermute aber, daß man bei halten schützen, so gut es eben geht. 10 Kammerorchester Amateurmusikers«15 , »Zur Frühgeschichte der Univer- nur zweite Wahl. Es ist besser, denke ich, und auch an- diesen Medien auf mehr Entgegenkommen und Flexi- Wolfenbüttel 2012 11/12 Orchesterverein sitätsmusik« und »Universitätsmusikdirektor Daniel schaulicher, vollständige Konzertdaten auf einen den bilität stoßen könnte als bei manchen Zeitungsredak- Stuttgart 2007 Sonstiges Gottlob Türk«16 , »Laienmusizieren, gestern – heute – Platzverhältnissen in der Schrift angemessenen Zeit- tionen. 13 Wilde Gungl München 2014 morgen«17 raum zu begrenzen, anstatt dem Leser ein scheinbar Nur noch eines am Ende – die CD mit Konzertmit- 14 Collegium Musicum Jülich 1991 komplettes, aber nur mit Mühe verifizierbares Konglo- schnitten auf der dritten Umschlagseite beginnt sich Inserate 15 Philharmonische Gesell- Dieser Kategorie wollen wir auch gemeinsame Erleb- merat anzubieten. einzubürgern. Dringende Empfehlung: Achten Sie schaft Düsseldorf 2000 16 Akademisches Orchester nisse oder Berührungen mit Berühmtheiten zurech- Ein notwendiges Übel, und das sieht man ihnen meist streng darauf, daß keine urheberrechtlich geschützten Halle 2007 nen, die in der »Hochliteratur« kaum dokumentiert sein überdeutlich an. Dabei ließen sich mit wenigen er- Werke darauf sind – oder lassen Sie sich die CD vorab 17 Gesellschaft der Musik- Verzeichnisse aktiver und ehemaliger 24 Homburger KammerSinfo- freunde Bad Soden 1999 dürften, beispielsweise mit Yehudi Menuhin18 , Wilhelm klärenden Hinweisen ihre Inhalte auf die Zielgruppe von der GEMA lizensieren. In diesem Zusammenhang nieORCHESTER 2008; Wiesba- 18 Collegium Musicum K refeld Mitglieder dener Orchesterverein 2003; Furtwängler19 und Simon Rattle20. »Liebhabermusiker« einstellen. Wenn ein Musikalien- komme ich noch einmal auf die – bisher kaum wahr- Orchester der Musikfreunde 2004 19 Orchesterverein München Bei den ebenfalls häufigen Besprechungen gespiel- »Das interessiert ohnehin keinen Außenstehenden« händler in seinem Inserat auf die von ihm geführte nehmbare – Zusammenarbeit mit Rundfunk und Fern- Bremen 1997 1880 e.V. 2005 25 Kammerorchester Bersen- 20 Sinfonie Orchester ter Werken und deren Komponisten gehe ich davon werden Sie vielleicht sagen. Richtig – aber die Mitglie- Chor- und Volksmusikliteratur und vielleicht auch noch sehen zurück: Vielleicht gibt es Aufnahmen, mit denen brück 1999, auch zu den fol- Schöneberg Berlin 2013 aus, daß ihnen wie bei der routinemäßigen Zusammen- der selbst und ihre Angehörigen oder Nachbarn inte- auf sein E-Gitarrensortiment hinweist, ist das schlicht man die Jubiläums-CD zu einem kleinen Hör- und Seh- genden „Werbe“-Beispielen 21 Akademisches Orches- 26 Homburger KammerSinfo- ter Berlin 2008; Studio Ulmer stellung von Konzertprogrammen nur wenig originel- ressiert es durchaus, wie sie gewürdigt werden. Es sei daneben. Es muß ihm halt gesagt werden, daß er statt- buch erweitern kann?26 nieORCHESTER 2008 Musikfreunde 2006 le Eigenleistungen des Autors zugrundeliegen. Anders nicht behauptet, daß nüchterne Mitgliederlisten »out« dessen bzw. zusätzlich die klassische Sinfonik und – 22 Strohgäu Sinfonieorchester Schwieberdingen 2000 ist das allerdings bei Präsentationen von Urauffüh- sind – aber viel schöner sind Fotos: in Kleingruppen wenn er darin Erfahrung hat – auch die Vermittlung 23 Kölner Orchester-Gesell- rungen, die zuweilen auch in Festschriften zu finden oder Stimmgruppen, die jedes Gesicht gut erkennen von Leihmaterialen erwähnen soll. Um den Inseren- schaft 2013; Münchner Orche sterverein Wilde Gungl 2014 sind21. lassen23, oder sogar Einzelfotos jedes Spielers, was ten zum Partner, ja fast zum Mitautor zu machen, 10 DAS LIEBHABERORCHESTER 1|2016 DAS LIEBHABERORCHESTER 1|2016 11
Barock im Urwald Barock im Urwald Barockmusik im Urwald Boliviens – zu Gast im Indianerdorf Urubicha V Christine Teske or einigen Jahren lernte ich während einer Or- schenkt – mit der Bitte, ganz schnell wiederzukommen Auf offenem Feuer wird Mais gebacken, Reis aus dem Früh übt sich, wer ein Meister- bläser werden will … chesterwoche des BDLO-Nord zwei Indianer in ihr Dorf. Tiefland wird gereicht und Köstlichkeiten Boliviens wie Foto: Christine Teske vom Stamm der Guarayo aus dem Dschun- Bolivien hat eine lange Musiktradition: Im 17. Jahrhun- Bananen, Avocados, Tomaten … So vergeht die Zeit gel Boliviens kennen, die aufgrund der Initiative eines dert kamen Jesuiten, die ihre Instrumente mitbrach- wie im Fluge, jeder Tag voller Abenteuer, voller interes- Freundes ein Jahr lang in Deutschland Musik studie- ten, als Missionare in die Dschungelorte. Sie stellten santer Begegnungen mit Menschen, für die Musik ein ren durften. Die beiden fielen auf durch ihr bescheide- sich mutig und schützend vor die Indianer, die damals hohes Kulturgut ist! Im Glauben der Indianer ist Mu- nes, freundliches Auftreten und ihre außerordentliche durch die Spanier versklavt werden sollten. Verzaubert sik das wichtigste Bindeglied und die Brücke zur »An- Musikalität. Sie berichteten von ihrem Urwalddorf, er- vom Klang der Musik lernten die Indianer das Spiel derwelt«: wenn der Mensch stirbt, muss er das andere zählten von ihrem Volk und ihrer Dschungelmusikschu- der europäischen Instrumente und sogar den Geigen- Ufer erreichen, das heißt, den Amazonas überqueren. le. Sie berichteten aber auch von ihrer großen materi- bau: Barockmusik eroberte ihre Herzen. Neue Kompo- Im Amazonas lauern aber Gefahren durch gefährliche ellen Armut. Am Ende luden sie uns ein, sie im Urwald sitionen entstanden – im Stil europäischer Barockmu- Tiere wie Kaimane und zu besuchen, um mit ihnen gemeinsam zu musizieren. sik. Doch die Spanier vertrieben bzw. ermordeten die Erste Station ist Santa Cruz. Nach langer Busreise Schlangen, die sich je- Verzaubert vom Klang der Musik Nur selten verirre sich ein Mensch aus den Industriena- Jesuiten, und die Indianer flohen in den Urwald. über durch starke Regenfälle aufgeweichte Dschun- doch durch gute Musik lernten die Indianer das Spiel der tionen in die Abgeschiedenheit ihres Dorfes … Durch einen Zufall fand man Anfang des vergange- gelpisten kommen wir zur Konzertaufnahme zusam- besänftigen lassen. Also europäischen Instrumente und so Nach einem Jahr der Vorbereitung (ich musste erst nen Jahrhunderts bei Renovierungsarbeiten in den men, müde und erschöpft. Doch kaum ertönt der erste übt man zu Lebzeiten, da- gar den Geigenbau: Barockmusik noch Spanisch lernen) und ausgestattet mit kostba- Grundmauern der Kirchen Aufzeichnungen indiani- Ton, sind alle Musiker wieder hellwach! Einen Tag spä- mit man gerüstet ist für eroberte ihre Herzen. ren Instrumenten und Zubehör von vielen Firmen, Or- scher Komponisten: Für die europäischen Architekten ter schon die nächste lange Busfahrt zum ersten Ver- diesen Tag oder um an- chestern und Privatpersonen, trat ich Ende 2012 mei- war nämlich extra eine Urwald-Toilette errichtet wor- anstaltungsort: am Nachmittag erst erreichen wir das deren beizustehen, die den Schutz für ihre letzte Reise ne erste Reise an. Von Santa Cruz aus muss man noch den, und ein aufmerksamer Architekt entdeckte auf Ziel, eine Art Jugendherberge mit Schlafsälen nimmt brauchen. Auch uns verabschiedet man mit Musik, da- neun bis zehn Stunden mit dem Bus durch immer dich- den zerrissenen Papieren, die als Toilettenpapier die- uns auf. Nur kurz ist die Pause, schon befinden wir uns mit die guten Geister uns tragen über den Ozean, uns ter werdenden Urwald nen sollten, "Hieroglyphen", die er als Noten erkann- in der Generalprobe für unser erstes Konzert. Wäh- sicher nach Hause begleiten. Der Abschied ist gleich- fahren, bevor man Urubi- te. In mühsamer Arbeit ist es einem polnischen Pater rend wir proben, füllt sich die Kirche mit Gästen – die zeitig ein Versprechen: Wir kommen wieder, geliebtes cha endlich erreicht. Uru- und Musiker dann gelungen, die Kompositionen wie- Urubichianer sind schließlich bekannt für gute Musik! Dschungeldorf, geliebte Freunde aus Urubicha. Mö- bicha heißt »viel Wasser«. der herzurichten und zu veröffentlichen: Jetzt kennt je- An 15 verschiedenen Orten gleichzeitig werden wäh- gen wir von beiden Seiten unseres Planeten das All Das bedeutet das ganze der indianische Musiker diese Musik, ehrt und liebt sie. rend des Festivals Konzerte gespielt, alle Orchester beschallen mit unserer Musik, mögen die Kontinente Jahr über schwüles Kli- Der Initiative und dem unermüdlichen Einsatz einzel- reisen täglich weiter, so dass jeden Tag an jedem Ort verschmelzen im Klang, sich näherkommen in gegen- ma mit stärksten Regen- ner Franziskanermönche ist es zu verdanken, dass die andere Musiker zu hören sind. Und die Indianer wer- seitigem Respekt. Es gibt keine bessere Völkerverstän- fällen und größter Hitze Musikkultur und auch der Instrumentenbau bei den In- den nicht müde, an jedem Tag ein bis zwei Konzerte digung als die Musik. zwischen November und dianern in Urubicha wiederbelebt worden ist. Schüler, zu hören – immer hat man ein begeistertes Publikum, Weitere Informationen über meine beiden Dschungel- Februar. Ca. 5.000 Ein- die ihre Schulbildung abgeschlossen haben, arbeiten das jedes Konzert mit lang anhaltendem Applaus be- reisen entnehme man bitte meinen Reiseberichten »Zu wohner leben dort, weit mittlerweile im gesamten Amazonastiefland als Mu- lohnt. Natürlich endet jedes Konzert unserer Urubichi- Gast im Indianerdorf Urubicha, Bolivien« und »Heim- über die Hälfte der Indi- siklehrer, gründen eigene Orchester und sorgen für die aner mit Zugaben aus ihrer ursprünglichen Volksmusik- kehr zu den Dschungelkindern in Urubicha«, die ich »Christine, wir wollen jetzt mit aner sind unter 20 Jahre Verbreitung »ihrer« Musik. kultur, die wir beiden Europäerinnen nun schon ganz gerne zuschicke. Von dem Erlös finanziere ich verschie- dir singen – die Harfe ist schon alt. Ihr größter Schatz ist selbstverständlich mitspielen. Sie sind uns – wie die dene Projekte, die dem Urwalddorf zugute kommen. da …« | Foto: Christine Teske die Musik- und Kunstge- Bereits ein Jahr später trat ich – gemeinsam mit ei- Menschen – ans Herz gewachsen! Nach jedem Konzert werbeschule, zu der fast ner Musikfreundin aus meinem Lüneburger Orches- in den Urwalddörfern wiederholt sich folgende Szene: alle Kinder täglich zum ter – erneut die Reise an, dieses Mal, um die Musi- Kaum ist der letzte Ton verklungen, stürmen die india- Unterricht kommen. Es ker aus Urubicha während einer Konzertreise durch nischen Zuhörer das Podium, um uns beiden Europäe- Indianischer Geigenbauer in gibt mehrere Orchester und Chöre sowie eine Geigen- die Dschungelortschaften zu begleiten. Der absolute rinnen zu danken dafür, dass wir ihr Volk ehren durch Urubicha beim Geigenbau bauschule und mittlerweile mehrere Geigenbauwerk- musikalische Höhepunkt ist nämlich ein alle zwei Jah- unser Mitwirken in den Konzerten. Dabei sind wir es, Foto: Christine Teske stätten. Jeden Tag habe ich gemeinsam mit Schülern re stattfindendes „Indianerbarockmusikfestival“. Zu- die den tiefsten Dank empfinden, dass wir dabei sein und Lehrern musiziert und beim Unterrichten gehol- nächst übten wir jeden Tag mit den Indianern bis weit dürfen, die Zeit mit diesen wunderbaren Menschen tei- fen. Ich habe Tanz unterrichtet und die Chöre zur in die Nacht – indianische – Barocksonaten und eine len, sie während ihrer Konzertreise begleiten dürfen! Stimmbildung angeleitet. Und ich habe Deutsch un- bolivianische Messe in lateinischer Sprache. Am Tag Draußen vor der Kirche, unserer Konzerthalle, erwar- terrichtet und im Gegenzug mein Spanisch verbes- vor Tourneebeginn dann ein Abschiedskonzert für das tet uns eine Überraschung: Die Indianer des Dschun- sert. Kein Tag endete vor Mitternacht. Viel zu schnell ganz Dorf: Alle kommen zusammen, alle singen zum gelortes, in dem wir gespielt haben, wollen uns eine verging meine Zeit mit den Indianern. Zum Abschied Abschied einen Segenswunsch mit der Bitte, dass die Freude bereiten – mit einer Tanzgruppe. So lernen wir bekam ich von einem der Geigenbauer eine wunder- Reise unter einem guten Mond stehen möge und alle indianische Tänze kennen, bis man uns abholt zu ei- schöne Urwaldgeige mit Papageienkopf-Schnecke ge- gesund heimkehren … nem gemeinsamen Abendessen unter freiem Himmel: 12 DAS LIEBHABERORCHESTER 1|2016 DAS LIEBHABERORCHESTER 1|2016 13
Festival in Japan Vibrato-Trainer 43. Festival der Japanischen Amateurorchester in Kanazawa 2015 Der »Tremulant« – Ein intuitiver Zugang zum Vibrato V Paul Lindner om 30.7. bis 2.8.2015 war Kanazawa der dies- tern geprobt werden konnte: auf der großen Bühne im Seit Kurzem ist ein Gerät mit dem Namen Tremulant Kopfhörer in Echtzeit dem Raumklang beigemischt Cord-Hinrich Flachsbarth jährige Austragungsort des 43. Festivals der Konzertsaal und auf der Probenbühne. auf dem Markt, mit dem Musiker das Vibrato erlernen werden. Dadurch wird der Musiker intuitiv animiert, Japanischen Amateurorchester. Passend zum Für reibungslose organisatorische Abläufe stand bzw. trainieren können. Der Autor kann über erste Er- das Gehörte zu imitieren und fängt an, selbst ein Vib- Festival war die knapp 500.000 Einwohner zählen- ein umfangreiches Personal im Konzerthaus zur Ver- fahrungen mit einem Prototyp berichten. rato zu entwickeln. de Stadt an der Westküste Japans in der Präfektur fügung. Dies trat nicht nur bei der Anmeldung oder Ishikawa im März 2015 an das Hochgeschwindigkeits- dem Bühnenumbau für die verschiedenen Orchester Vibrato ist bekanntlich ein wichtiges künstlerisches Ge- Der Autor, seit über 40 Jahren Amateurfagottist, ver- netz des Shinkansen angeschlossen worden, so dass bei Proben und Konzert in Erscheinung, sondern bei- staltungsmittel, um Töne oder Melodien so zu gestal- fügte bereits über die Fähigkeit, Vibrato zu erzeugen, der 450 Kilometer von Tokyo entfernte Austragungs- spielsweise ebenso bei der Ausgabe und Rücknahme ten, dass sie als lebendiger und »schöner« wahrgenom- allerdings nicht besonders kontrolliert. Schon während ort bequem in 2,5 Stunden erreicht werden konnte. der Leihinstrumente (Violoncelli und Kontrabässe), der men werden. Unter Vibrato verstehen wir geringfügige der ersten Sitzung mit dem Gerät konnte eine nach- Das moderne Konzerthaus »Ishikawa Ongakudo« in di- Organisation des Auftritts der Orchester während des Veränderungen des Klan- haltige Veränderung der rekter Nachbarschaft zum Bahnhof und das Hotel in Konzerts oder dem Einsammeln der Noten direkt nach ges durch wiederkehren- Man behält in Erinnerung, Tonbildung festgestellt der Nähe der alten Burganlage und dem Kenrokuen- dem Konzert. Die große Hitze mit über 30°C während de Schwingungen in der wie »es sich anfühlt«. werden. Die Sitzung wur- Garten bildeten für die deutschen Teilnehmer die wich- des Festivals tat den intensiven musikalischen Aktivi- Grundfrequenz, Toninten- de mit einer Videokame- tigen räumlichen Orientierungspunkte während der täten in den gut klimatisierten Räumen des Konzert- sität oder Tonfarbe. In der Praxis kommt häufig eine ra dokumentiert. Dabei wurde anhand einer Melodie Festivaltage. hauses keinen Abbruch. Mischung dieser Faktoren zur Anwendung. Das Erler- von 12 Sekunden Dauer zunächst das vorhandene Vi- Das Konzert am Sonntag, dem 2.8.2015, bot neben nen des Vibratos stellt nicht selten ein Problem dar: brato festgestellt und dokumentiert. Dann folgte eine Rachmaninoff und Orff in einem ersten Teil traditio- zum einen fällt es vielen Musikern schwer, theoretisch Übungsphase von 5 Minuten mit Tremulant, in welcher nelle japanische Musik, bestehend aus Chor und drei nachzuvollziehen, was und wie es zu tun ist, um den die Melodie mit kurzen Pausen 17 Mal wiederholt wur- Ansicht der Gerätevorderseite chorisch besetzten Instrumentengruppen mit Koto Ton zum Schwingen zu bringen, zum anderen ist es de. Unmittelbar danach konnte auch ohne Tremulant (Wölbbrettzither), Shamisen (Spießlaute), Shakuhachi nicht leicht, die erforderlichen Muskelgruppen so zu ein Vibrato beim Spielen erzeugt werden, zu dem der (Bambusflöte) mit ca. 100 Musikern. koordinieren, dass ein gleichmäßiges, schön gestalte- Autor in Bezug auf Qualität und Gleichmäßigkeit zu- Zu den beeindruckenden außermusikalischen Erlebnis- tes Vibrato entsteht. Folge kann sein, dass man sich vor nicht in der Lage war. Dieser Effekt hat sich nach sen des Festivals gehörten der Besuch des Kenroku- anstrengende Bewegungen bis hin zu Verkrampfun- mehrmaligem Üben mit dem Gerät gefestigt. en-Gartens, die Abendpartys nach der Probenarbeit gen angewöhnt, die dann mühsam wieder korrigiert in traditionellen japanischen Restaurants sowie der werden müssen. Empfang der Musiker durch die Schirmherrin des Festi- vals, eine der kaiserlichen Prinzessinnen, die ebenfalls Hier setzt der Grundgedanke der Tremulant-Methode im Konzert zugegen war. Zu den wichtigen musikali- an. Die Anregung des Vibratos geschieht nicht durch schen Erfahrungen für die deutschen Teilnehmer dürf- bewusst gesteuerte Bewegungen, was gedankeninten- ten sicherlich die Interpretationen europäischer Musik siv und damit das Spiel weiter verkomplizierend wäre. Wellenform (dB) vorher Traditionelles japanisches Insgesamt 300 Orchestermusiker und der Städtische durch japanische Musiker zählen, aber auch die zahl- Stattdessen wird dem Musiker eine Stimulation über Orchester mit Koto, Shamisen und Shakuhachi | Foto: Paul Chor Kanazawa bildeten ein großes Teilnehmerfeld für reichen persönlichen Kontakte untereinander und die das Gehör gegeben, aus der heraus er intuitiv zur Be- Lindner die Aufführung der 3. Sinfonie von Sergej Rachmani- Wiederbegegnungen mit Mitspielern von Bundesama- wegung findet und das Vibrato einfach mitmacht. Der Wellenform (dB) nach noff (Orchester A) sowie Carl Orffs »Carmina burana« teurorchestern in Hammelburg bzw. Weimar. erlernte Effekt ist schon nach kurzer Zeit auch ohne 5 Minuten (Orchester B, Chöre und Solisten). Auch Taiwan und Austragungsort des JAO-Festivals 2016 wird die Stadt den Tremulant-Apparat reproduzierbar, denn man be- China waren als Gastländer beim diesjährigen Festival Chiba nahe Tokyo sein. Vom 25. bis 28. August ste- hält in Erinnerung, wie »es sich anfühlt«. Natürlich ist es auch möglich, das Vibrato zu variieren. vertreten. Die Räumlichkeiten im Konzerthaus erwie- hen dann Sibelius’ »En Saga«, Strauss’ »Tod und Verklä- Hierzu gibt es am Gerät die Möglichkeit, für die jewei- sen sich als optimal, da gleichzeitig mit beiden Orches- rung« und Bruckners »6. Sinfonie« auf dem Programm. Der Tremulant ist ein kleines elektronisches Gerät von lige Übungssituation die Vibratofrequenz und die In- der Größe einer Kompaktkamera mit einem leichten tensität zu verändern. Headset, also einer Mikrofon/Kopfhörer-Kombination. Es ist mit einem Clip versehen, mit dem man es leicht Bei der Interpretation von Musikstücken gibt es an der Kleidung befestigen kann. Die Kopfhörer sind über den Einsatz von Vibrato unterschiedlichste ge- akustisch „offen“, man hört sich also selbst in einem schmackliche und künstlerische Meinungen. Grund- Mischklang aus Umgebung und Kopfhörertönen. Ver- sätzlich muss jeder Musiker selbst entscheiden, ob einfacht gesagt, gaukelt das Gerät dem Musiker vor, oder mit welchem Vibrato eine Komposition gespielt Weiterführende ausführliche er würde mit Vibrato spielen, obwohl er das zunächst werden sollte. Der Tremulant kann helfen, die notwen- Informationen finden Sie auf nicht macht. Dieser Effekt wird dadurch erzeugt, dass dige Technik in kürzester Zeit zu erlernen, um dem ei- der Website des E ntwicklers Rachmaninoff-Orchester kurz vor Aufführungsbeginn die durch das Mikrofon aufgefangenen Töne im Gerät genen Klangideal näher zu kommen. Andreas Schultze-Florey Foto: Paul Lindner elektronisch mit einem Vibrato versehen und über den unter www.tremulant.de 14 DAS LIEBHABERORCHESTER 1|2016 DAS LIEBHABERORCHESTER 1|2016 15
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