Presseinformationen - Mühlhäuser Museen
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PRESSEMITTEILUNG Einhörner und Drachentöter in Mühlhäuser Marienkirche Die Klassik Stiftung Weimar besitzt eine bedeutende Mittelaltersammlung. Über 60 kostbare Exponate werden in einem der größten gotischen Kirchenbauten Thüringens – der Mühlhäuser Marienkirche – für die kommenden Jahre in einer umfangreichen Schau der Mühlhäuser Museen zu mittelalterlichen Bildwerken aus Thüringen präsentiert. Mühlhausen. Eine Vorstellung des von Frömmigkeit und tiefer Religiosität geprägten Mittelalters erhalten Besucher, wenn am Montag, 12. November, um 18.00 Uhr die Schau „Von Einhörnern und Drachentötern – Mittelalterliche Kunst aus Thüringen“ in der Mühlhäuser Marienkirche eröffnet wird. Die Schau zeigt vom vollständigen Altarwerk bis zu einzelnen Gemälden und Heiligenskulpturen über 60 Werke bzw. Werkgruppen in der bislang umfangreichsten Exposition mittelalterlicher Bildwerke aus Thüringen. Sie stammen größtenteils aus den mittelalterlichen Sammlungsbeständen der Klassik Stiftung Weimar und waren von 2000 bis 2018 im Stadtschloss Weimar zu sehen. Im Zuge einer Gesamtinstandsetzung wird das Stadtschloss bis 2023 für die Öffentlichkeit geschlossen bleiben. Stattdessen wird die Sammlung zukünftig im Museum St. Marien in Mühlhausen neu präsentiert. Durch die Anordnung wertvoller Altäre, Skulpturen und Gemälde in der originalen gotischen Architektur wird der Eindruck eines reich ausgestatteten mittelalterlichen Kirchenraumes wieder erlebbar. Die hohe stilistische Qualität und Vielfalt der Weimarer Sammlung bietet dabei in seltener Vollständigkeit einen Querschnitt über die wichtigsten regionalen sowie überregionalen Kunstströmungen des mittelalterlichen Thüringen. In vier Themenbereichen illustriert die Ausstellung, welche Bedeutung religiöse Bildwerke für die Menschen des späten Mittelalters hatten. Werke aus den damaligen Thüringer Kunstzentren sowie Werkstätten und wichtige Künstler werden vorgestellt und in einen größeren künstlerischen Zusammenhang eingeordnet. Verschiedenste Darstellungen Gottes und der Heiligen bezeugen die mit ihnen verbundenen biblischen Geschichten und überlieferten Wunder. Jahrhundertealte Heiligenlegenden wie jene von Maria mit dem Einhorn sowie dem Drachen tötenden Georg veranschaulichen mittelalterliche Glaubenswelten. Ein weiterer Bereich stellt St. Marien als größtes fünfschiffiges Gotteshaus Thüringens sowie Predigtstätte des radikalen Reformators Thomas Müntzer und Wirkungsort Johann Sebastian Bachs vor. Darüber hinaus widmet sich ein eigener Ausstellungsbereich im Nord-Chor und der Sakristei dem Leben und Wirken Thomas Müntzers. Projektionen, moderne Skulpturen und Plastiken geben einen Einblick in die Interpretation Müntzers durch die bildende Kunst.
Für die baulichen Maßnahmen in der Marienkirche, die Ausstellungsgestaltung- und Vermittlung werden Fördermittel des Landes aus dem Kommunalen Investitionsprogramm in Höhe von 250.000 € zur Verfügung gestellt. Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff, Thüringer Kulturminister und Chef der Staatskanzlei, sieht in der Kooperation der Mühlhäuser Museen mit der Klassik Stiftung Weimar die Chance, Mühlhausen noch stärker als ein Zentrum für mittelalterliche Kunst aus Thüringen zu etablieren. Die museale Präsentation biete eine zusätzliche Gelegenheit für die wissenschaftliche Beschäftigung mit der mittelalterlichen Kunst aus Thüringen. Die Eröffnung der Ausstellung findet am Montag, dem 12. November, um 18.00 Uhr im Beisein Hoffs im Bauernkriegsmuseum Kornmarktkirche statt. Nach einer Begrüßung und thematischen Einführung folgt ein kurzer gemeinsamer Fußweg zum Museum St. Marien, wo die Ausstellung eröffnet wird. Kurator Friedrich Staemmler führt durch die Ausstellung. Ab 13. November öffnet die Schau für den Besucherverkehr. „Von Einhörnern und Drachentötern – Mittelalterliche Kunst aus Thüringen“ Eröffnung: 12. November 2018, um 18.00 Uhr Ort: Bauernkriegsmuseum Kornmarktkirche, Mühlhausen mit anschließendem Fußweg zum Museum St. Marien Laufzeit: 13. November 2018 – Ende 2023
V Ei h r er u d Drache t ter itte a ter iche u st aus Th ri ge Projektpartner Mühlhäuser Museen und Klassik Stiftung Weimar Ausstellungsort Museum St. Marien | Müntzergedenkstätte, Mühlhausen Eröffnung 12. November 2018, 18.00 Uhr, im Beisein des Ministers für Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei des Freistaates Thüringen, Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff Laufzeit 13. Nov. 2018 bis Ende 2023 Projektleitung: Dr. Thomas T. Müller, Direktor der Mühlhäuser Museen Dr. Gert-Dieter Ulferts, Leiter der Abteilung Kunstsammlungen und Stellvertreter des Direktors Museen der Klassik Stiftung Weimar Kuratoren: Friedrich Staemmler, Stellvertretender Direktor und Fachreferent Kunst der Mühlhäuser Museen Sarah Lösel, Fachreferentin Kultur/Geschichte der Mühlhäuser Museen Wissenschaftliche Beratung: Dr. Katharina Krügel, Kustodin Plastik Mittelalter bis 1860 der Klassik Stiftung Weimar Restauratorische Betreuung: Johannes Schaefer, Diplom-Restaurator, Altenburg Konrad Katzer, Chefrestaurator der Klassik Stiftung Weimar Anne Levin, Gemälderestauratorin der Klassik Stiftung Weimar Gestaltung, Realisierung: Artus Atelier GmbH, Erfurt: Carl-Ulrich Spannaus und Susanne Spannaus Ausstellungsfläche ca. 1.200 m² Objekte 62 Objekte, davon 5 vollständige Altäre, 31 Skulpturen, 18 Gemälde, 8 Glasmalereien, 16 Texttafeln Sammlung Klassik Stiftung Weimar (Leiter der Abteilung Kunstsammlungen und stellvertr. Direktor Dr. Gert-Dieter Ulferts) Finanzierung Thüringer Staatskanzlei: 250.000,– EUR Ausführende Firmen: Jugendberufsförderung Erfurt gGmbH, Erfurt Bau- und Möbeltischlerei René Heinemann, Witterda Elektromeister Heinz Renner, Erfurt elba Elektrobau, Bad Langensalza Grafikbüro Ole B., Erfurt
Videoton Stein und Schramm GmbH, Erfurt Glaserei Werner, Erfurt Schmiedemeister Stefan Schmidt, Erfurt WMP werbemittelpunktcom GmbH, Erfurt M. Becker Sicherheitstechnik GmbH, Bad Langensalza Malergeschäft Helbing GmbH & Co. KG, Rodeberg OT Struth Kontakt Mühlhäuser Museen Friedrich Staemmler M.A. Fachreferent Kunst und stellvertr. Direktor Kristanplatz 7 99974 Mühlhausen/Thür. Tel.: 03601/8566-16 E-Mail: staemmler@mhl-museen.de oder info@mhl-museen.de
Zur Ausstellung „Von Einhörnern und Drachentötern“ Von Einhörnern und Drachentötern – Mittelalterliche Kunst aus Thüringen Die Ausstellung „Von Einhörnern und Drachentötern – Mittelalterliche Kunst aus Thüringen“ ist ein Kooperationsprojekt der Mühlhäuser Museen mit der Klassik Stiftung Weimar und präsentiert die umfangreiche Sammlung mittelalterlicher Altäre, Skulpturen und Tafelgemälde aus dem Bestand der Stiftung in der Marienkirche zu Mühlhausen. Die hier vorgestellte Weimarer Sammlung bietet einen beispielhaften Einblick in die spätmittelalterliche Kunst Thüringens. Sie vermittelt mit ihren zahlreichen Marien-, Christus- und Heiligendarstellungen ein anschauliches Bild des von starker Religiosität geprägten Mittelalters. Circa 60 Werke bzw. Werkgruppen bilden aktuell den Grundstock der Sammlung. Zwei Drittel davon stammen aus Thüringer Kirchen und Kapellen bzw. sind in hiesigen Künstlerwerkstätten geschaffen worden. Der übrige Teil ist überwiegend den Nachbarregionen Franken und Sachsen zuzuordnen. Trotz dieser Heterogenität spiegelt die Sammlung nicht nur allgemein die Typologien mittelalterlicher Kunstwerke wider, sondern lässt auch wesentliche stilistische Strömungen von Schnitzer- und Malerwerkstätten innerhalb des Thüringer Raumes erkennen bzw. zeigt deren enge Verflechtung zu den benachbarten Kunstzentren auf. Durch die Anordnung wertvoller Altäre, Skulpturen und Gemälde in der gotischen Architektur der Marienkirche wird mit der Ausstellung nun der Eindruck eines reich ausgestatteten mittelalterlichen Kirchenraumes wieder erlebbar. Jahrhundertealte Heiligenlegenden wie jene von Maria mit dem Einhorn sowie dem Drachen tötenden Georg veranschaulichen damalige Glaubenswelten. Darüber hinaus ergibt sich für die Weimarer Sammlung ein enormes kunstgeschichtliches Forschungspotenzial mit den auch wissenschaftlich nach neuesten Erkenntnissen nachgezeichneten Verbindungslinien des künstlerischen Austausches zwischen Thüringen und Franken, etwa am Beispiel der Tafelmalerei bzw. Thüringen und Sachsen am Exempel der Schnitzkunst. Sie bietet nicht nur die Möglichkeit, anhand ihres Bestandes diese genannten überregionalen Bezüge zu verdeutlichen, sondern auch spezifisch thüringische Stilmerkmale, die sich trotz aller von außerhalb einströmenden Stileinflüsse daneben eigenständig entwickelt haben, aufzuzeigen. Sammlungsgeschichtlich interessant ist die Kollektion auch deshalb, weil J.W. Goethe sie begründet hat.
Museum St. Marien Als größtes fünfschiffiges Gotteshaus Thüringens sowie Predigtstätte des radikalen Reformators Thomas Müntzer und Wirkungsort Johann Sebastian Bachs ist St. Marien von überregionaler Bedeutung. 1243 erlangte der Deutsche Orden die Besitzrechte an der Hauptpfarrkirche der Mühlhäuser Neustadt. Der heutige Bau wurde bis zum Beginn des 15. Jh. errichtet. Stark von der französischen Kathedralbaukunst beeinflusst, vereint er in seinen architektonischen Details v. a. Vorbilder aus Südostdeutschland und Böhmen. Zwischen 1895 und 1903 wurde der bis dahin unvollendete Westturm durch den Architekten Wilhelm Röttscher zum höchsten Kirchturm Thüringens mit knapp 87 Metern ausgebaut. Für den traditionell in der Kirche vorgenommenen Ratswechsel, die Verabschiedung des alten und die Vereidigung des neuen städtischen Magistrats, komponierte Bach mehrere Kantaten. Heil und Erlösung Der tief verwurzelte christliche Glaube und die Frömmigkeit der Menschen fanden in Bau und Ausstattung der Pfarr- und Klosterkirchen ihren lebendigsten Ausdruck. Sie waren der Ort, an dem man im gemeinsamen Gebet und zahlreichen Gottesdiensten um das eigene Seelenheil und das der Verstorbenen Fürbitte hielt. Dabei wurden auch die Heiligen um ihre Fürsprache bei Gott angerufen. Der Heiligenkult spiegelt sich u.a. in den Namen der Gotteshäuser wider. So gibt es in Mühlhausen u.a. eine Marien-, Nicolai-, Jakobi- oder Blasiuskirche. Die großzügig angelegte Architektur und Ausstattung der Kirchen sollte ein Abbild des „himmlischen Jerusalems“ sein, in dem die Menschen nach der Apokalypse Frieden und Sicherheit finden.
Werk und Werkstatt Vermutlich bereits Anfang des 14. Jh. bildeten sich in Thüringen eigenständige Maler-, Bildschnitzer- und Steinbildhauerwerkstätten. Mit dem sog. Schönen Stil (ca. 1380–1440) entwickelte sich Erfurt zu einem künstlerischen Zentrum mit überregionaler Ausstrahlung. In der Spätgotik (ca. 1450–1525) setzte sich hier die Produktion hölzerner Bildwerke durch. Vor allem für die Herstellung von Flügelaltären waren die Werkstätten bekannt. Eine ökonomische Krise Erfurts gegen Ende des 15. Jh. führte zur Abwanderung vieler Künstler nach Saalfeld. Wegen des wirtschaftlichen Aufschwungs durch den Bergbau herrschte dort eine bessere Auftragslage. Bis zur Reformation etablierten sich auch in weiteren Thüringer Orten Künstlerwerkstätten, z. B. in Altenburg, Jena, Pößneck, Schleiz, Eisenach und Mühlhausen. Stiftung und Seelenheil Der Wunsch nach Absicherung des persönlichen Seelenheils im Jenseits bewirkte im Hoch- und Spätmittelalter das Aufblühen eines umfangreichen Stiftungswesens. Bis heute erhalten haben sich z.B. von Gläubigen finanzierte Altäre, Andachtsbilder, Taufsteine, Chorgestühle, Glasmalereien, Grabsteine und Messgewänder. Die Auftraggeber versprachen sich davon einen Erlass ihrer irdischen Sünden. Geistliche Orden und Bruderschaften stifteten solche Werke ebenso wie Zünfte, Adlige oder vermögende Bürger. In bestimmten Fällen wurde sogar die Einrichtung ganzer Seitenkapellen von Einzelpersonen gespendet. Häufig finden sich auf diesen Kunstwerken auch das Wappen und ein kleines Bildnis des Stifters, der anbetend vor den Heiligengestalten kniet.
Kult und Verehrung Für die Gläubigen war zur Erlangung des jenseitigen Seelenheils die Verehrung Gottes und der Heiligen unabdingbar. Die damit verbundenen biblischen Geschichten, zahlreichen Legenden und überlieferten Wunder schlugen sich in unterschiedlichsten Darstellungstypen nieder. Einer der wichtigsten war das sog. Andachtsbild, das sich im Verlauf des 14. Jh. als eigenständige Form etablierte und durch seine naturalistische Darstellung die Gefühlswelt des Betrachters ansprechen sollte. Thematisch beschränkte es sich hauptsächlich auf Darstellungen Mariens und des Gottessohnes. Einzelfiguren wie Jesus als Schmerzensmann oder Figurengruppen wie die Beweinung Christi durch Maria (Vesperbild oder Pietà) dienten neben der öffentlichen Anbetung auch der persönlichen Fürbitte. Zudem sollten sie den Betrachter zur Anteilnahme am Leid der Dargestellten aufrufen. Alle Bilddateien: siehe Seite Bildinformationen
Informationen zu Bilddateien Die folgenden Bilddateien können Sie gerne bei den Mühlhäuser Museen als druckfähiges Pressematerial erhalten oder über die Homepage der Klassik Stiftung Weimar herunterladen. Nr. Bilddatei Bildangaben 1 Triptychon mit Einhornverkündigung Erfurt, um 1430/40 Foto: Klassik Stiftung Weimar 2 Altarflügel mit Einhornverkündigung aus Heilsberg, Erfurt, Werkstatt des Meisters des Allendorfer Altars, um 1490 Foto: Klassik Stiftung Weimar 3 Martinsaltar aus Meckfeld Kiefernholz/Lindenholz, farbig gefasst, Tempera auf Holz Saalfeld, Meister des Meckfelder Altars, 1503 Foto: Klassik Stiftung Weimar 4 Heiliger Georg und Heiliger Hubert auf einem Altarflügel aus Ammerbach, um 1503 Foto: Klassik Stiftung Weimar
5 Heiliger Georg Lindenholz, farbig gefasst Altenburg, Werkstatt des Jacob Naumann unter Beteiligung von Franz Geringswalde (?), um 1505 Foto: Klassik Stiftung Weimar 6 Blick in die Ausstellung „Von Einhörnern und Drachentötern“ im Museum St. Marien Foto: Tino Sieland | Rechte: Mühlhäuser Museen 7 Blick in die Ausstellung „Von Einhörnern und Drachentötern“ im Museum St. Marien Foto: Tino Sieland | Rechte: Mühlhäuser Museen 8 Blick in die Ausstellung „Von Einhörnern und Drachentötern“ im Museum St. Marien Foto: Tino Sieland | Rechte: Mühlhäuser Museen 9 Blick in die Ausstellung „Von Einhörnern und Drachentötern“ im Museum St. Marien Foto: Tino Sieland | Rechte: Mühlhäuser Museen 10 Blick in die Ausstellung „Von Einhörnern und Drachentötern“ im Museum St. Marien Foto: Tino Sieland | Rechte: Mühlhäuser Museen
Th as t er Fa te u d Fi ti e Ausstellungsort Museum St. Marien | Müntzergedenkstätte, Mühlhausen Laufzeit ab 13. Nov. 2018 Projektleitung Dr. Thomas T. Müller, Sarah Lösel M.A. Kuratorin Sarah Lösel M.A. Gestaltung Artus.Atelier, Erfurt Ausstellungsfläche Sakristei und Nord-Chor, ca. 50 m² Objekte 35 Objekte Sammlung Spezialsammlungen Thomas Müntzer und Bauernkrieg der Mühlhäuser Museen Finanzierung Mühlhäuser Museen Kontakt Mühlhäuser Museen Sarah Lösel M.A. Fachreferentin Kulturgeschichte Kristanplatz 7 99974 Mühlhausen/Thür. Tel.: 03601/8566-27 E-Mail: loesel@mhl-museen.de oder info@mhl-museen.de
Zur Ausstellung „Thomas Müntzer – Fakten und Fiktionen“ Der radikale Reformator Thomas Müntzer polarisierte über Jahrhunderte. Als begnadeter Prediger gewann er vielerorts eine große Anhängerschaft. Von den jeweiligen Landesherren wurde er jedoch vertrieben und verfolgt. Der Versuch Müntzers, seine eigenen reformatorischen Ideen umzusetzen, kostete ihn schließlich das Leben. Die Ausstellung informiert über den Theologen und Reformator Thomas Müntzer, der 1525 auch in der Marienkirche predigte und mit Mühlhäuser Aufständischen in den Bauernkrieg zog. Als besonderes Exponat ist eine Replik des vermeintlichen Schwertes Thomas Müntzers zu sehen. Die Waffe trug wesentlich zur Legendenbildung um den Reformator bei, denn bis weit hinein ins 20. Jahrhundert galt Müntzer als „Unruhestifter“ und „Aufrührer“. In der DDR hingegen wurde er zum „Bauernführer“ stilisiert. So erschien sein Abbild auf zahlreichen Medaillen und Gemälden, zierte Gläser, Bierkrüge sowie Geldscheine. Die Anerkennung als Theologe und Reformator kam spät. Heute gilt Thomas Müntzer als eine der zentralen Figuren der deutschen Reformation. Projektionen, moderne Skulpturen und Plastiken ergänzen die Schau und geben einen Einblick in Interpretation der Person Müntzers in der bildenden Kunst. Thomas Müntzer – Fakten und Fiktionen Der radikale Reformator Thomas Müntzer polarisierte über Jahrhunderte. Als begnadeter Prediger gewann er vielerorts eine große Anhängerschaft. Von den jeweiligen Landesherren wurde er jedoch vertrieben und verfolgt. Der Versuch Müntzers seine reformatorischen Ideen umzusetzen, kostete ihn schließlich das Leben. Das von Martin Luther und seinen Anhängern negativ besetzte Bild Müntzers als „Aufrührer“ und „Unruhestifter“ wirkte weit hinein ins 20. Jahrhundert. In der DDR hingegen wurde er zum „Bauernführer“ stilisiert. Die Anerkennung als Theologe und Reformator kam spät. Heute gilt Thomas Müntzer als eine der zentralen Figuren der deutschen Reformation. Vorbildlich – Müntzer in der Kunst Eine breit angelegte Auseinandersetzung mit Thomas Müntzer und dem Bauernkrieg setzte in der bildenden Kunst erst mit der Staatsgründung der DDR ein. Die Verankerung Müntzers im neuen marxistischen Geschichtsbild der DDR hatte auch Auswirkungen auf die Kunst. So entstanden in den 1950er und 1970er Jahren zahlreiche Grafiken, Gemälde, Skulpturen, Büsten, Denkmale und Medaillen mit dem Abbild des angeblichen „Bauernführers“. Häufig griffen die Künstler dabei auf die älteste bekannte Abbildung Müntzers von Sichem aus dem Jahr 1608 zurück.
In der Regel wurden die Kunstwerke als staatliche Auftragsarbeiten geschaffen. Aber nicht immer wandten sich Künstler dem von der Regierung geförderten sozialistischen Realismus zu, sondern behaupteten sich wie Klaus-Michael Stephan durch ausdrucksstarke Bildideen, Formsprachen und Malweisen. Demgegenüber stand eine eher gering ausgeprägte künstlerische Auseinandersetzung mit der Person im Westen Deutschlands. Prediger am Ende der Zeiten Thomas Müntzer reformierte noch vor den Wittenberger Gelehrten den Gottesdienst grundlegend. In Allstedt und Mühlhausen teilte er das Abendmahl in beiderlei Gestalt aus und übersetzte theologische Texte aus dem Lateinischen. Für eine aktivere Beteiligung von Laien am Gottesdienst übertrug Müntzer auch die liturgischen Gesänge in die deutsche Sprache. Sahen Martin Luther und die Wittenberger Reformatoren den Glauben ausschließlich in der Heiligen Schrift begründet, wurden die Worte der Bibel für Müntzer erst durch den Geist Gottes lebendig. Die Theologie Müntzers war maßgeblich von einem endzeitlichen Zeitverständnis geprägt. Der Reformator verband mystisches und apokalyptisches Gedankengut und sah auch im Leid einen Weg zum Heil. Auf den erwarteten Zerfall der alten Kirche und das Ende der Welt wollte er die Menschen mit einer universalen Reformation und der Schaffung einer Gemeinde von „Auserwählten“ vorbereiten. Die unterschiedlichen Standpunkte zu zentralen theologischen Themen entfachten heftige Dispute mit anderen Reformatoren wie Martin Luther oder Philipp Melanchthon. Wandelnde Ansichten – Das Müntzerbild Historiker, Dichter und Publizisten beleuchteten erst ab dem ausgehenden 18. Jahrhundert auch das positive Wirken des bis dahin nahezu ausschließlich negativ bewerteten Reformators. Vertreter der Arbeiterbewegung wie Ferdinand Lasalle oder August Bebel verbanden in der Mitte des 19. Jahrhunderts die Erinnerung an Müntzer mit dem Streben nach Freiheit, Demokratie und sozialer Gerechtigkeit. Besonders nachhaltig wirkte Friedrich Engels Schrift „Der deutsche Bauernkrieg“ von 1850, die als Grundlage für die in der DDR entwickelte Deutung von Reformation und Bauernkrieg als „frühbürgerliche Revolution“ genutzt wurde.
Erinnerungskarte 1981: motorisiertes Schützenregiment „Thomas Müntzer“ der NVA in Mühlhausen Bilddatei: Mühlhäuser Museen Seit den 1950er Jahren schloss sich in der DDR eine propagandistische Instrumentalisierung und Überhöhung Müntzers an. In diesem Kontext wurden Straßen, Schulen, Betriebe und selbst Truppenteile der Nationalen Volksarmee nach dem Reformator benannt. Ebenso entstanden heute teils skurril anmutende Müntzer-Erinnerungsstücke wie Aschenbecher oder Bierdeckel. Die reformatorischen Ansätze Thomas Müntzers sowie sein theologisches Selbstverständnis spielten in der offiziellen Erinnerungskultur der DDR bis zur Mitte der 1980er Jahre nur eine untergeordnete Rolle. Unabhängig von politischen Instrumentalisierungen und teils widersprüchlichen Bewertungen gilt Thomas Müntzer heute als eine der zentralen Figuren der deutschen Reformation. Detail aus der Skulpturengruppe „Ruf – Leid – Aufbruch“, 1989, von Klaus-Michael Stephan Foto: Tino Sieland, Rechte: Mühlhäuser Museen
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