Der qualifizierte Mietspiegel 2021/2022 für Mannheim - Dokumentation der Mietspiegelerstellung 14.04.2021
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Der qualifizierte Mietspiegel 2021/2022 für Mannheim Dokumentation der Mietspiegelerstellung 14.04.2021
EMA-Institut für empirische Marktanalysen EMA-Institut für empirische Marktanalysen Waltenhofen 2 93161 Sinzing Internet: www.ema-institut.de Dr. Bernhard Schmidt Oliver Trinkaus (M.Sc.) Dipl. Volkswirt, Institutsleitung Mathematiker, Projektleiter E-Mail: schmidt@ema-institut.de E-Mail: trinkaus@ema-institut.de Lisa Schuhbießer (M.A.) Redaktionelle Bearbeitung 2
EMA-Institut für empirische Marktanalysen 1 Auftrag und zeitliche Abfolge der Mietspiegelerstellung 4 2 Gesetzliche Grundlagen 6 3 Erhebung der Daten 8 3.1 Grundgesamtheit 8 3.2 Stichprobenziehung 8 3.3 Datenerhebung 9 3.4 Zahlen zum Wohnungsmarkt und Rücklaufstatistik der Datenerhebung 14 3.5 Übertragung der Daten und Kontrollmaßnahmen 16 3.6 Datenschutz 16 4 Aufbereitung des Datenmaterials 18 4.1 Datenselektion 18 4.2 Einzeldatenanalyse und Datenumkodierung 18 4.3 Zugrundelegung eines einheitlichen Mietbegriffs 20 4.4 Gewichtung 22 5 Statistische Analysen, Auswertung der Daten und Ergebnisse 24 5.1 Der Gesamtansatz und das gewählte Modell 24 5.2 Die Grundstruktur des gewählten Regressionsmodells 25 5.3 Auswahl der Variablen 25 5.4 Die methodische Vorgehensweise bei der Schätzung 27 5.5 Ermittlung des durchschnittlichen Mietniveaus 28 5.5.1 Ermittlung des Einflusses der Wohnfläche 28 5.5.2 Darstellung des durchschnittlichen Mietniveaus 34 5.5.3 Ermittlung des Einflusses des Baualters 34 5.6 Ermittlung von Zu- und Abschlägen für weitere Wohnwertmerkmale 36 5.6.1 Ergebnis und Übersicht der Regressionsanalyse 36 5.6.2 Wohnungsausstattung- bzw. Beschaffenheit 40 5.7 Ermittlung von Spannbreiten 53 5.8 Nicht ansetzbare Merkmale im Mietspiegel 54 6 Schlussbemerkung 56 7 Literatur 57 8 Anlage – Fragebogen zur Mietspiegelerstellung 59 3
EMA-Institut für empirische Marktanalysen 1 Auftrag und zeitliche Abfolge der Mietspiegelerstellung Im Oktober 2019 wurde das EMA-Institut für empirische Marktanalysen beauftragt, einen Mietspiegel für die Stadt Mannheim neu zu erstellen. Am 22. November 2019 fand ein erstes vorbereitendes Treffen zwischen Vertretern der Stadt Mann- heim und Vertretern des EMA-Instituts statt. Hierbei wurde der zeitliche und inhaltliche Rahmen der Mietspiegelerstellung konkretisiert. Am 28. Februar 2020 tagten die Mitglieder der Arbeitskreis Mietspiegel. Dem Arbeitskreis gehören Vertreter der Vermieter (Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer-Verband Mannheim e.V.) und Mie- ter (Mieterverein Mannheim e.V), der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft (GBG – Mannheimer Wohnungsbaugesellschaft mbH), des mietspiegelerstellenden Instituts (EMA-Instituts) und der Stadt- verwaltung Mannheim an. Grundsätzlich sind zum Arbeitskreis Mietspiegel auch Vertreter der Land- und Amtsgerichtsbarkeit Heidelbergs geladen. Die eingeladene Richterschaft musste ihre Teilnahme am Arbeitskreis Mietspiegel aufgrund eines laufenden Verfahrens gegen den Mannheimer Mietspiegel 2016 aussetzen, um ein mögliches Aufeinandertreffen von Verfahrensbeteiligten zu vermeiden und ihrem strikten Neutralitätsgebot bei einem potenziell ähnlichen Verfahren im eigenen Bezirk Rechnung zu tragen. Die Beteiligung der Interessenvertreter von Mietern und Vermietern im Arbeitskreis Miet- spiegel erhöht die Akzeptanz des Mietspiegels. Zudem verfügen die Vertreter über Kenntnisse des lo- kalen Wohnungsmarktes, die es bei Fragebogenerstellung und Auswertung der erhobenen Daten zu beachten gilt. In der ersten Sitzung wurde die grundsätzliche Konzeption und Vorgehensweise zur Mietspiegelerstellung festgelegt. Diese umfasste vornehmlich die Festlegung der Art der Datenerhe- bung sowie eines ersten, richtungsweisenden Fragebogenentwurfs für die Datenerhebung. Als Art der Datenerhebung wurde einvernehmlich die schriftliche Befragung per Brief in Kombination mit einer Antwortoption über das Internet gewählt. Es wurden Vermieter und Mieter unterschiedlicher Woh- nungen befragt. Der Fragebogenentwurf wurde am 11. März 2020 in einer zweiten Sitzung durch den Arbeitskreis nahezu finalisiert. Die finale Abstimmung des Fragebogens mit den Interessenverbänden erfolgte vor dem Hintergrund der Coronapandemie telefonisch und per Mail. Die Ergebnisprotokolle der beiden Sitzungen wurden den Mitgliedern des Arbeitskreises am 09. März 2020 bzw. 25. März 2020 übersandt. Beide Protokolle wurden nicht beanstandet. Am 05. Mai 2020 wurden die Mitglieder des Arbeitskreises per E-Mail über den vorher mit ihnen abgestimmten finalen Fragebogen informiert, mit der Bitte, etwaige Rückmeldung bzw. Anmerkungen bis zum 12. Mai 2020 mitzuteilen. Da keine wei- teren Anmerkungen vor bzw. nach Ende der Frist eintrafen, wurde diese Fragebogenversion, mit Aus- nahme redaktioneller Anpassungen, als final angenommen. Die Befragungsaktion wurde im Zeitraum von Juni 2020 bis August 2020 bei Mietern und Vermietern durchgeführt. Der Versand der Briefe erfolgte stückweise vom 25. Juni 2020 bis zum 30. Juni 2020. Stichtag der abgefragten Mieten war der 01. Juli 2020. Die elektronische Erhebung der Daten bei Wohnbaugesellschaften und Genossenschaften erfolgte im gleichen Zeitraum. Während und kurz nach der Erhebungsphase fand die Erfassung bzw. Digitalisierung der Papierantworten auf elektronische Datenträger statt. Es wurden gleichzeitig Kontrollmaßnahmen hinsichtlich inhaltlicher Plausibilitäten für alle digitalisierten und online erfassten Datensätze durchgeführt. Bis Ende September 2020 erfolgte die Plausibilisierung der digitalen Antwortdatensätze der Wohnbaugesellschaften. Diese wurden an den bereits bestehenden Datensatz angefügt. Im Oktober und November 2020 erfolgte die Auswer- tung der Daten. Am 18. November 2020 wurden die ersten Mietspiegelergebnisse dem Arbeitskreis Mietspiegel vorgestellt. Nach Sammlung von Ergänzungen durch den Arbeitskreis Mietspiegel wurden 4
EMA-Institut für empirische Marktanalysen die Endergebnisse in ihrer Gesamtheit am 19. November 2020 an die Stadtverwaltung Mannheim übergeben. In der Sitzung des Gemeinderates vom 15. Dezember 2020 wurden die entsprechenden Beschlüsse zur Qualifizierung des Mietspiegels gefasst und der Mietspiegel 2021/2022 als qualifiziert anerkannt. Der Mietspiegel der Stadt Mannheim besitzt seine Gültigkeit als qualifizierter Mietspiegel vom 16. De- zember 2020 an für den Zeitraum von zwei Jahren. 5
EMA-Institut für empirische Marktanalysen 2 Gesetzliche Grundlagen Ein Mietspiegel ist gemäß §§ 558c und 558d Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) eine Übersicht über die gezahlten Mieten für nicht-preisgebundenen Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Be- schaffenheit und Lage einschließlich der energetischen Ausstattung und Beschaffenheit. Die ortsübli- che Vergleichsmiete setzt sich aus Mieten zusammen, die in den letzten sechs Jahren neu vereinbart oder, von Betriebskostenerhöhungen abgesehen, geändert worden sind („6-Jahres-Frist“). Es wird seit der Mietrechtsreform 2001 zwischen qualifizierten und einfachen Mietspiegeln unterschieden. An den qualifizierten Mietspiegel werden deutlich höhere Anforderungen gestellt als an den einfachen Miet- spiegel und gleichzeitig auch weitreichendere Folgen geknüpft. Qualifiziert ist ein Mietspiegel gemäß § 558d Abs. 1 und 2 BGB dann, wenn er 1. nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt, 2. nach zwei Jahren per Stichprobe oder Preisindex fortgeschrieben bzw. nach vier Jahren neu erstellt wird und 3. von der Gemeinde oder den Interessenvertretern von Mietern und Vermietern als qualifiziert anerkannt wird. Ein qualifizierter Mietspiegel impliziert die Vermutungswirkung, dass er die ortsüblichen Vergleichs- mieten richtig wiedergibt (§ 558d Abs. 3). Zudem muss ein Vermieter bei Mieterhöhungsverlangen auf einen qualifizierten Mietspiegel Bezug nehmen, sobald der Mietspiegel Werte für die entsprechende Wohnung enthält, auch wenn sich der Vermieter auf ein anderes Begründungsmittel nach § 558a Abs. 2 BGB beruft. Mit der Einführung des Instruments „qualifizierter Mietspiegel“ hat der Gesetzgeber die Bedeutung eines Mietspiegels hervorgehoben und dessen Qualitätscharakter gegenüber Sachverständigengut- achten und insbesondere der Heranziehung von drei Vergleichsmieten bei der Begründung eines Miet- erhöhungsverlangens betont. Der Gesetzgeber stellt fest, dass qualifizierte Mietspiegel zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete das beste und verlässlichste Instrument sind (Begründung zum Kabi- nettsbeschluss, Abschnitt II. 2a)1. Bei der Erstellung des neuen Mietspiegels der Stadt Mannheim wurden von Seiten der Mietspiegeler- steller die Voraussetzungen für die Anerkennung zum qualifizierten Mietspiegel geschaffen, indem die Erstellung des Mietspiegels nach anerkannten wissenschaftlichen Methoden bei der Datenerhebung und der Datenauswertung erfolgt ist. Die Datenerhebung basierte auf einer Zufallsauswahl von Woh- nungen, wodurch aus stichprobentheoretischer Sicht ein repräsentatives Abbild des Wohnungsmark- tes gesichert wird. Aus dieser Auswahl wurden nur die gesetzlich vorgeschriebenen mietspiegelrele- vanten Wohnungen berücksichtigt, sodass auch ein repräsentatives Abbild dieser Wohnungen für den mietspiegelrelevanten Mannheimer Mietwohnungsmarkt zugrunde liegt. Die Daten wurden über eine schriftliche Befragung in Kombination mit einer Onlineantwortmöglichkeit abgefragt. Als Auswertungs- methodik wurde die Regressionsmethode verwendet, die in der oben erwähnten Begründung zum Ka- binettsbeschluss als ein von der Wissenschaft anerkanntes statistisches Auswertungsverfahren ge- nannt ist2. Die einzelnen Arbeitsschritte im Rahmen der Mietspiegelerstellung sind in diesem Arbeits- bericht detailliert festgehalten. 1 Vgl. (Rips & Eisenschmid, 2001, S. 372) 2 Vgl. (Rips & Eisenschmid, 2001, S. 422) 6
EMA-Institut für empirische Marktanalysen Durch Anerkennung des Mietspiegels entweder durch die Gemeinde oder durch die Interessenvertre- ter der Vermieter und Mieter wird einem Mietspiegel der Status „qualifiziert“ zugewiesen. Qualifizierte Mietspiegel können gemäß § 558d Abs. 2 S. 3 BGB nach zwei Jahren mittels Verbraucherpreisindex oder einer Stichprobe fortgeschrieben werden, wodurch der Status der Qualifizierung um weitere zwei Jahre verlängert wird. Vier Jahre nach einer erfolgten Mietspiegelneuerstellung muss ein Mietspiegel neu erstellt werden, um die Ausweisung von aktuellen ortsüblichen Vergleichsmieten im Mietspiegel zu gewährleisten und den Status „qualifiziert“ zu erhalten. 7
EMA-Institut für empirische Marktanalysen 3 Erhebung der Daten 3.1 Grundgesamtheit Ein Mietspiegel soll die tatsächlichen Mieten von mietspiegelrelevanten Wohnungen wiedergeben. Alle mietspiegelrelevanten Wohnungen und deren Mietpreise zu erfassen ist sowohl im Hinblick auf ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis der Mietspiegelerstellung, als auch vor dem Hintergrund der schieren Anzahl der anzuschreibenden Haushalte kaum umsetzbar. Deshalb wird aus der Grund- gesamtheit aller Wohnungen eine Stichprobe gezogen, deren Mieter bzw. Vermieter Angaben zu miet- spiegelrelevanten Fragen machen sollen. Die Grundgesamtheit für die Mietspiegelerhebung bilden alle mietspiegelrelevanten Wohnungen. Zur Mietspiegelrelevanz von Wohnungen werden im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) nähere Ausführungen gemacht. Ein Mietspiegel gilt demnach nicht für: Preisgebundenen Wohnraum (z.B. Sozialwohnung mit Wohnberechtigungsnachweis oder sonstige Mietpreisbindung); Wohnraum, der (teil-)gewerblich oder nur kurzzeitig genutzt wird (maximal drei Monate pro Mieter); Wohnungen, die Teil eines Wohnheimes, einer sozialen Einrichtung oder einer Sammelun- terkunft sind (z.B. Studenten-, Jugend-, Alten-, Pflege-, Personalwohnheim, vorläufige Un- terbringung/Anschlussunterbringung (Geflüchtete), Behinderteneinrichtung, „Betreutes Wohnen“ oder soziale Wohngruppe). Diese Mietverhältnisse werden per Gesetz von der Grundgesamtheit ausgeschlossen, da sie nicht als typische Mietverhältnisse gelten. Aufgrund von Plausibilitäts- und erhebungstechnischen Überlegungen wurden einvernehmlich ein- zelne Sonderfälle von Wohnungen bzw. Wohnverhältnissen zusätzlich ausgeklammert. Dabei handelt es sich um: Wohnraum der mietfrei oder verbilligt überlassen wird, ohne dass diedie Höhe des Preis- nachlasses bekannt ist (z.B. wegen Dienst-, Arbeits-, Verwandtschaftsverhältnis); Wohnraum der (teil-)möbliert vermietet wird (Einbauküchen und/oder Einbauschränke zählen nicht als Möblierung). 3.2 Stichprobenziehung Zur Ermittlung der Grundgesamtheit muss auf zusätzliche Daten zurückgegriffen werden. Dabei wird die für den Zweck am besten geeignete und aktuellste Datengrundlage gewählt. Welche Daten das sind, kann von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich sein. Es ist üblich Daten aus Einwohnermelde- registern, Grundsteuer- oder Stromzählerdateien zu verwenden. In der Stadt Mannheim war die Stromzählerdatei der MVV Netze GmbH, bereitgestellt über die Konzerntochter Soluvia IT-Services 8
EMA-Institut für empirische Marktanalysen GmbH, die beste zur Verfügung stehende Datenquelle, um den mietspiegelrelevanten Wohnungs- markt zu bestimmen. Diese Datei beinhaltet die Stromzähler aller Mannheimer Wohngebäude und Wohnungen, unabhängig davon, von welchem Stromlieferanten die jeweilige Wohnung ihren Strom bezieht. Darüber hinaus lässt die Zählerdatei eine Unterscheidung zwischen Vermieter und Mieter ei- ner Wohnung zu. Die Zählersitzdatei bietet gegenüber Einwohnermelderegister- oder Grundsteuerda- ten den wesentlichen Vorteil, dass sie die zu untersuchende Beobachtungseinheit „Wohnung“ als zent- rale Variable beinhaltet und nicht Personen bzw. Haushalte als Hauptvariable beinhaltet. Bei der Stromzählersitzdatei kann davon ausgegangen werden, dass jede Wohnung die gleiche Wahrschein- lichkeit besitzt in die Stichprobe zu gelangen, was bei Einwohnermelderegister- oder Grundsteuerda- ten, die nicht Wohnungen, sondern Haushalte als zentrale Untersuchungsvariable ausweisen, nicht unmittelbar der Fall ist. Die kommunale Statistikstelle erhielt eine Datei mit 51.790 Netz-Anschlussobjekten (Gebäude) der MVV Netze GmbH (Stand: 19. Mai 2020), vermittelt über die Soluvia IT-Services GmbH, einer Shared- Service-Gesellschaft der MVV Energie. Die Datei der Netz-Anschlussobjekte umfasst alle Gebäude mit mindestens einem Stromzähler und somit implizit auch alle Wohnungen mit einem Stromzähler. Auf Basis von Adresslisten der städtischen Fachbereiche Arbeit/Soziales und Bildung kennzeichnete die kommunale Statistikstelle geförderte Wohnungen, Schulstandorte und Heimadressen in der Netz-An- schlussobjekte-Datei. Am 05. Juni 2020 wurde dieser erweiterte Datensatz an die Soluvia IT-Services GmbH rückübermittelt. Daraufhin zog die Soluvia IT-Services GmbH auf Basis eines Excel-basierten Tools zur Generierung zufälliger Daten eine Zufallsstichprobe von 30.000 Stromzählernummern (Wo- hungen). Dabei wurden die zuvor gekennzeichneten Wohnungen von der Ziehung ausgeschlossen. Die Soluvia IT-Services GmbH stellte der Stadt Mannheim am 09. Juni 2020 eine Zufallsstichprobe aus der Stromzählersitzdatei (Datenstand Mai 2020) zur Verfügung. Diese Datei wurde unter Einhaltung da- tenschutzrechtlicher Bestimmungen und in Einklang mit dem Auftragsverarbeitungsvertrag zwischen dem EMA-Institut und der Stadt Mannheim an das EMA-Institut übermittelt.“ Soweit dies auf Basis des Datensatzes möglich war, wurden Personen, welche in ihrem Eigentum woh- nen, vorab aus der Grundgesamtheit entfernt. Die Daten wurden ausschließlich zum Zweck der Mietspiegelerstellung erhoben (Primärdatenerhe- bung). Der Bruttostichprobenumfang innerhalb der Kommune ist in nachfolgender Tabelle dargestellt: Tabelle 1: Bruttostichprobe innerhalb der Kommune Kommune Bruttostichprobe Stadt Mannheim 22.628 3.3 Datenerhebung Anlaufadresse für die Mietspiegelerhebung waren private Mieterhaushalte und private Vermieter so- wie Vermietergesellschaften. Die zufällig ausgewählten Haushalte in der Stichprobe wurden mit einem Informationsbrief und einem darin enthaltenen Fragebogen vom EMA-Institut im Namen der Stadt Mannheim angeschrieben. 9
EMA-Institut für empirische Marktanalysen Die zufällig ausgewählten Bürgerinnen und Bürger konnten den ausgefüllten Fragebogen mit einem beigefügten Rückantwortkuvert kostenlos an das EMA-Institut zurücksenden. Der Vorteil einer schrift- lichen Erhebung gegenüber der mündlichen Befragung ist die hohe Flexibilität bezüglich des Ausfüll- zeitraums. Denn der Bürger kann sich jederzeit mit dem Fragebogen in Papierform beschäftigen. Ein Nachteil ist, dass bei der Datenbereinigung und -aufbereitung eine höhere Anzahl an Datensätzen mit fehlenden oder nicht verwertbaren Angaben aussortiert werden muss, weshalb bei der Stichproben- ziehung ein höherer Bruttostichprobenumfang zu berücksichtigen ist. Der Befragung lag ein Konzept mit zweiteiligem Aufbau zugrunde. Im ersten Teil wurde zunächst die Mietspiegelrelevanz der angeschriebenen Wohnung überprüft. Folgende Filterfragen wurden gestellt: Wird der Wohnraum mietfrei oder ermäßigt überlassen, ohne dass die Höhe des Preisnachlas- ses bekannt ist (z.B. wegen Dienst-, Arbeits- oder Verwandtschaftsverhältnis)? Unterliegt die Wohnung einer Mietpreisbindung (z.B. Sozialwohnung mit Wohnberechtigungs- nachweis oder sonstige Mietpreisbindung)? Ist die Wohnung Teil eines Wohnheimes, einer sozialen Einrichtung oder einer Sammelunter- kunft (z.B. Studenten-, Alten-, Pflege-, Personalwohnheim, vorläufige Unterbringung/An- schlussunterbringung für Geflüchtete, Behinderteneinrichtung, „Betreutes Wohnen“, soziale Wohngruppe)? Wird die Wohnung (teil-)möbliert vermietet? Einbauküche und/oder Einbauschränke zählen nicht als Möblierung Ist für die Wohnung eine (teil-)gewerbliche Nutzung oder nur kurzfristiger Gebrauch (maximal drei Monate pro Mieter) vorgesehen? Die Zustimmung zu einer der vorangegangenen Filterfragen führte zum Ausschluss der Wohnung aus der Mietspiegelauswertung. Nur falls sich eine Wohnung als mietspiegelrelevant erwies, kam der Hauptfragebogen zum Einsatz. Der Hauptfragebogen (s. Anlagen) enthielt Fragen zu folgenden Schwer- punkten: Mietpreis, Betriebskosten, Mietverhältnis Art und Alter des Gebäudes und der Wohnung Größe, Ausstattung und sonstige Beschaffenheit der Wohnung Nachträgliche Verbesserungen der Wohnungsqualität und energetischer Zustand Lage der Wohnung und des Gebäudes Um die Lagebeurteilung in Mannheim möglichst exogen und objektiv ermitteln zu können, wurde im Vergleich zu vorangegangenen Mietspiegelerstellungen auf Datenmaterial aus dem städtischen Geoin- formationssystem zurückgegriffen, das den verwertbaren Datensätzen zugespielt wurde. Es wurden nachfolgend aufgelistete Merkmale mit in die Untersuchungen zur Lage aufgenommen. 10
Nr. Merkmal Indikator Bemerkung Hinweis zu Ausgangsdaten 1 Zentraler Versorgungsbe- Distanz in m zu Eingängen Innen- Aus Fortschreibung Zentren- reich Innenstadt stadt konzept 2018 2 Stadtteilzentren Distanz in m zum nächsten Eingang Aus Fortschreibung Zentren- eines Stadtteilzent- konzept 2018 rums 3 Nahversorgungszentren Distanz in m zum nächsten Eingang Aus Fortschreibung Zentren- eines Nahversorgung- konzept 2018 zentrums 4 Quartierszentren Distanz in m zum nächsten Eingang Aus Fortschreibung Zentren- eines Quartierszent- konzept 2018 rum 5 Gewerbe/Industriegebiet Distanz in m zum Rand des nächs- Alkis Nutzung "IndustrieUnd- - Rand ten Gebietes Gewerbeflaechen" Stand September 2020 6 Gewerbe/Industriegebiet Distanz in m zum nächsten Eingang Alkis Nutzung "IndustrieUnd- - Eingang Gewerbeflaechen" Stand September 2020 7 Krippen Distanz in m zur nächsten Krippe Stand August 2017 8 Kitas Distanz in m zu nächster Kita Stand August 2017 9 Hort Distanz in m zum nächsten Hort Stand August 2017 10 Grundschulen Distanz in m zu nächster Grund- Ursprungsdatensatz von schule 2012, aktualisiert nach Stand 31.08.2020 11 Realschulen Distanz in m zu nächster Realschule Ursprungsdatensatz von 2012, aktualisiert nach Stand 31.08.2020 12 Gymnasium Distanz in m zu nächstem Gymna- Ursprungsdatensatz von sium 2012, aktualisiert nach Stand 31.08.2020 13 Privatschulen (GymReal) Distanz in m zur nächsten Privat- Privatschulen mit staatlicher schule Zulassung aus Layer Gymna- sium exportiert (z.T. Gymna- sium und Realschule) 14 Spielplätze Distanz in m zu nächstem Spielplatz Stand Mai 2020 15 Bushaltestellen Distanz in m zu nächster Bushalte- Von Verkehrsplanung; Stand stelle 17.01.2020 16 Straßenbahnhaltestellen Distanz in m zur nächsten Halte- Von Verkehrsplanung stelle 17 Hauptbahnhof Distanz in m zu Bahnhof Manuel gesetzter Punkt 18 S-Bahn/DB Haltestellen Distanz in m zur nächsten Halte- Von Verkehrsplanung, bear- stelle beitet (geplante Haltestellen entfernt) 19 Parks Distanz in m zu nächstem Park Parkanlagen und öffentliche Grünflächen; Stand Anfang 2019 20 KLRG - Stadtteil Nummer und des Stadtteils Stand Januar 2020 Name 21 KLRG - Statistischer Bezirk Nummer und des Statistischen Be- Stand Januar 2020 Name zirks 11
22 KLRG - Baublock Nummer des Baublocks Stand Januar 2020 23 Supermärkte/Nahversor- Distanz in m zu nächstem Markt Lebensmittelbetriebe aus gung Zentrenkonzept; Stand Okto- ber 2014 24 Supermärkte Distanz in m zu nächstem Markt Lebensmittelmärkte ab 300qm Verkaufsfläche; Stand 31.12.2019; Wenn Dopplung größere Entfernung verwen- det 25 Lärm Bahn 24h Lärmwert in liegt in Lärmzone Stand 2017 db 26 Lärm Bahn Nacht Lärmwert in liegt in Lärmzone Stand 2017 db 27 Lärm Straße 24h Lärmwert in liegt in Lärmzone Stand 2017 db 28 Lärm Straße Nacht Lärmwert in liegt in Lärmzone Stand 2017 db 29 Lärm Industrie 24h Lärmwert in liegt in Lärmzone Stand 2017 db 30 Lärm Industrie Nacht Lärmwert in liegt in Lärmzone Stand 2017 db 31 Paradeplatz (Fußweg, Distanz in m zum Paradeplatz Manuel gesetzter Punkt 1000, 2000, über 2000m) 32 Paradeplatz (Luftlinie Distanz in m zum Paradeplatz Manuel gesetzter Punkt exakt) Ausgehend von diesen Merkmalen wurden über 100 weitere Merkmalsdifferenzierungen sowie Merk- malskombinationen generiert und untersucht. Z. B. wurde das Merkmal „8- Kitas Distanz in m zu nächs- ter Kita“ in drei Distanzkategorien eingeteilt und untersucht. Von einer direkten Abfrage von Wohnla- gekriterien im Fragebogen und damit möglicherweise subjektiven Angaben bzw. Einschätzungen zur Wohnlage bei den Mieter-/Vermieterhaushalten wurde zugunsten dieser objektiven Geoinformations- daten abgesehen. Die Verwendung der Geoinformationsdaten bedarf einer entsprechenden Handhabung sowie Veran- schaulichung in der Praxis. Eigens hierfür wurde das von der Stadt Mannheim erstellte Zentrenkon- zept3, welches an die Struktur der Geoinformationsdaten gekoppelt werden kann, genutzt. Das Zen- trenkonzept wurde als Grundlage für die Definition und Beschreibung der im Mietspiegel untersuchten und ausgewiesenen Lagemerkmale „Zentraler Versorgungsbereich Innenstadt“, „Stadtteilzentren“, „Nahversorgungszentren“ und „Quartierszentren“ herangezogen (vgl. Tabelle 49). Diese vier Zentren- typen unterscheiden sich hinsichtlich der Merkmale „Einzugsbereich“, „Branchenmix“, „Angebots- schwerpunkt“, „Betriebszahl“, „Betriebsgrößen/Vielfalt“, „Magnetbetriebe“, „Branchen-/Typenmix“, „Preissegment“, „Ergänzende publikumsorientierte Dienstleistungen“ (vgl. Zentrenkonzept, S. 22 ff). Darüber hinaus unterscheiden sich die Zentrentypen darin, ob sie eine Versorgungsfunktion über den unmittelbaren Nahbereich hinaus erfüllen. Weitere Unterscheidungsmerkmale können dem Zentren- konzept entnommen werden. Für Rückfragen während der Datenerhebungsphase standen die Projektleitung des EMA-Instituts und die Stadtverwaltung allen Beteiligten telefonisch oder per E-Mail zur Verfügung. 3 Vgl. (Stadt Mannheim, 2018) 12
Es gibt bislang keine gesetzliche Verpflichtung zur Auskunftserteilung bei Mietspiegelerhebungen. Be- fragungsverweigerungen sind daher nicht außergewöhnlich. Um eine möglichst hohe Rücklaufquote zu erreichen, wurde in der lokalen Presse über die Mietspiegelerhebung und deren Bedeutung berich- tet. 13
EMA-Institut für empirische Marktanalysen 3.4 Zahlen zum Wohnungsmarkt und Rücklaufstatistik der Datenerhebung Tabelle 2: Wohnungskennzahlen lt. Zensus 2011 Kommune Stichprobe Einwohner Wohnungen Eigentum Miete Sonstige % Miete Stadt Mannheim 22.628 290.117 151.444 43.053 101.652 6.739 67% Die Rücklaufstatistik ist in nachfolgender Tabelle zu entnehmen. Tabelle 3: Rücklaufstatistik der angeschriebenen Haushalte Gesellschaft Stichprobenhöhe verwertbarer Rücklauf Rücklaufquote verwert- verwertbarer Rücklauf „6- Rücklaufquote „6- barer Rücklauf Jahre“ Jahre“ Wohnungsbaugesellschaft 750 741 99% 731 97% (GBG) Briefe/Online 22.628 2.727 12% 2.117 9% Gesamt (inkl. Wohnungsbau- 23.378 3.468 15% 2.848 12% gesellschaft GBG) 14
EMA-Institut für empirische Marktanalysen Der oben beschriebene verwertbare Rücklauf innerhalb der gesetzlichen „6-Jahres-Frist“ ergibt sich durch folgende Datenreduktionen: Tabelle 4: Ausschuss nicht relevanter Daten Rücklauf nicht relevante Datensätze verbleibende Datensätze Rücklauf gesamt 3.761 Rücklauf abzgl. Filterfragen 293 3.468 Rücklauf abzgl. „6-Jahres-Frist“ 620 2.848 Rücklauf abzgl. keine Angabe zum Baualter 175 2.673 Rücklauf abzgl. keine Angaben zum Mietpreis 15 2.658 4 Rücklauf abzgl. (statistische) Ausreißer 5 2.653 Rücklauf abzgl. doppelte Abfrage wegen Stichprobenkontrolle (vgl. 4.4) 71 2.582 Rücklauf abzgl. Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser 97 2.485 Die Rücklaufquote des Mietspiegels 2021/2022 entspricht den Rücklaufquoten voriger Mietspiegelerstellungen. Die Gesamtanzahl der Antworten lag bei 3.761 Datensätze, welche sowohl per Post als auch über das Onlineportal gesammelt wurden. Diese Antworten wurden um die in Tabelle 4 dargestellten Datensätze bereinigt. Es verblieben 2.485 Datensätze, mit denen die Auswertung fortgesetzt werden konnte. 4 Bei den definierten Ausreißern handelt es sich um Mietpreisangaben, welche nicht vollständig plausibilisiert werden konnten und daher völlig außerhalb des durchschnitt- lichen Mietmarktes lagen, z. B. die Nettomiete einer 86 m2 Wohnung von 5.100 € führt zu einer Nettomiete pro Quadratmeter von 59,30 €/m2. 15
EMA-Institut für empirische Marktanalysen 3.5 Übertragung der Daten und Kontrollmaßnahmen Nach Eingang der Fragebögen beim EMA-Institut wurde deren Inhalt auf elektronische Datenträger übertragen. Dies erfolgte mit Hilfe eines Hochleistungsscanners sowie der Datenerfassungssoftware „AbbyyFlexiCapture“, welche die weltweit führende Software zur Datenerfassung ist. Daraufhin lief innerhalb der Software eine eigens für den Mannheimer Mietspiegel programmierte Plausibilitätsprü- fung über die digitalisierten Daten. Dabei wurde geprüft, ob Daten vom Anwender falsch angegeben oder vom Scanner falsch ausgelesen wurden. Hierbei wurde insbesondere jede zahlenmäßige Angabe zunächst vom Programm geprüft und anschließend noch zweimal von einer eigens für diese Software geschulten Person manuell überprüft. Ein sehr einfaches Beispiel für einen derartigen Algorithmus sind sogenannte Prüfsummen, welche z.B. die Angaben der Bruttomiete, der Nettomiete sowie der Neben- kosten entsprechend der Logik, dass die Nettomiete niedriger sein muss als die Bruttomiete, oder die Bruttomiete die Summe aus Nettomiete und Nebenkosten bilden kann, untersucht und einen Fehler bei Verletzung dieser Logik berichtet. Datensätze, in denen im Falle eines Fehlers keine Klärung herbeigeführt werden konnte, wurden von den weiteren Analysen ausgeschlossen. Die statistische Analyse beinhaltete weitere Kontrollschritte hinsichtlich der thematischen Logik und Plausibilität. Ein Beispiel soll dies verdeutlichen: Wurde sowohl die Frage „kein abgeschlossenes Bade- zimmer vorhanden?“ als auch die Frage „Fußbodenheizung im Bad vorhanden?“ angekreuzt, lag eine nicht nachvollziehbare inhaltliche Plausibilität vor. Im Falle solcher logischer Widersprüche wurden Korrekturen vorgenommen, wenn diese aus anderen Angaben des Fragebogens abgeleitet werden konnten. Wenn die logischen Widersprüche nicht mit weiteren Angaben aus dem Fragebogen aufge- löst werden konnten, wurde der Fragebogen aufgrund fehlender Plausibilisierungsmöglichkeiten nicht weiterverwendet. Mit Hilfe von mathematisch-statistischer Spezialsoftware (SPSS) konnte nach Abschluss der Datenkon- trollmaßnahmen die statistische Analyse zur Erstellung des Mietspiegels vorgenommen werden. 3.6 Datenschutz Durch Trennung der Adressangaben von den sonstigen Angaben zum Mietverhältnis wurde eine Ano- nymisierung aller Daten bei der Auswertung gewährleistet. Das EMA-Institut erhielt von der Stadt Mannheim einen mittels Passwort geschützten Datensatz. Nach der in Abschnitt 3.2 beschriebenen Bereinigung der Adressen wurde aus dem Datensatz eine Stich- probe per Zufallsauswahl gezogen. Sodann erfolgte eine Pseudonymisierung der personenbezogenen Daten. Jedem Datensatz wurde eine Identifikationsnummer zugewiesen. Diese Identifikationsnummer diente nach Erhalt des ausgefüllten Fragebogens dazu, dass die darin enthaltenen Informationen ab dem Zeitpunkt der EDV-Erfassung ei- ner Nummer zugeordnet werden konnten. Zentraler Punkt für die Gewährleistung der Pseudonymität der abgefragten Daten war, dass auf den Fragebögen keine personenbezogenen Daten waren, sondern nur die jeweilige Identifikationsnummer. Ab diesem Zeitpunkt war zwischen Identifikationsnummer 16
EMA-Institut für empirische Marktanalysen und personenbezogenen Daten der Befragten keinerlei Beziehung mehr gegeben. Nach der Übertra- gung des Fragebogeninhalts auf elektronische Datenträger waren die Datensätze bei der Auswertung nur noch mit ihrer Identifikationsnummer, ohne Name und ohne Adresse, enthalten. Alle weiteren Analysen fanden ausschließlich mit diesen nicht mehr personenbezogenen Daten statt. Die verbliebe- nen Datensätze, in denen die sogenannten Erhebungs- und Hilfsmerkmale enthalten waren, wurden bis Abschluss des Projekts gesondert aufbewahrt und danach unwiderruflich gelöscht. Die gesamte Vorgehensweise war mit dem Arbeitskreis Mietspiegel abgestimmt und mit dem Auftrag- geber über einen Auftragsverarbeitungsvertrag entsprechend der DSGVO geregelt. 17
EMA-Institut für empirische Marktanalysen 4 Aufbereitung des Datenmaterials Die Aufbereitung des Datenmaterials für die statistische Auswertung erfolgte unter den Aspekten Da- tenselektion, Einzeldatenanalyse, Umkodierung und Bildung komplexer Merkmalskombinationen. 4.1 Datenselektion Bei einigen mietspiegelrelevanten Datensätzen fehlten teilweise Angaben zu Wohnwertmerkmalen. Die verwendeten statistischen Auswertungsverfahren erlauben die Berücksichtigung von Erhebungs- einheiten mit teilweise fehlenden Werten, sodass zumindest die vorhandene Information genutzt wer- den kann. Für die Auswertung wesentlich fehlender Angaben wurden, dort wo es möglich war, Impu- tationsverfahren („regression imputation“, „mean imputation“) eingefügt und die Datensätze somit vervollständigt. Imputationsverfahren können die Schätzungen der Zielvariable, hier die Nettomiete pro Quadratmeter, erheblich stabilisieren und verbessern. Eine Beschreibung der hier verwendeten Verfahren findet sich in folgenden Literaturangaben5 wieder: Auf die betreffenden Datensätze musste also nicht verzichtet werden, solange für die zu imputierende Variable die nötigen Informationen vor- handen waren. Diese Vorgehensweise lässt sich am einfachsten veranschaulichen, indem man die Ab- frage des Baujahres als Beispiel verwendet. War bei der Befragung das Baujahr nicht exakt bekannt, so konnte es in eine Baujahresklasse eingeordnet werden. Jede Baujahresklasse hat einen konkreten Mit- telwert, welcher aus den Datensätzen errechnet werden kann. Dort wo nun das Baujahr als exakte Angabe fehlte, konnte dann z. B. der Mittelwert dieser Baujahresklasse als konkretes Baujahr imputiert werden („mean imputation“). Diese Imputation wurde dann m. H. eines weiteren Imputationsverfah- rens, der s. g. Regressionsimputation („regression imputation“) überprüft. D. h. man schätzt das Bau- jahr einer Wohnung mit Hilfe der Regressionsanalyse anhand weiterer im Fragebogen angegebener Ausstattungsmerkmale und vergleicht das Ergebnis mit der zur vor beobachteten Klassenmitte. Wurde durch diese Vorgehensweise kein plausibles Ergebnis für einen Datensatz erzielt, wurde der Datensatz nicht weiterverwendet So verblieb es bei der Reduzierung um die in Abschnitt 3.4 dargestellten Datensätze. Für die Auswer- tung verblieben somit 2.485 Datensätze. 4.2 Einzeldatenanalyse und Datenumkodierung Um einen Eindruck von der Bedeutung und Häufigkeit einzelner Wohnwertmerkmale zu bekommen, wurden Häufigkeitsanalysen vorgenommen. Kreuztabellen und Korrelationsanalysen gewährten Ein- blicke in die Zusammenhangsstruktur einzelner Merkmale. Dies diente der Identifikation potenzieller Interaktionen einzelner Wohnwertmerkmale untereinander. Dieser Schritt ist unabdingbar, um über eine Entscheidungsgrundlage für die nachfolgende Merkmalsauswahl, Merkmalsumkodierungen und die Bildung komplexer Merkmalskombinationen zu verfügen. Grundsätzlich werden, nach Abschluss 5 Vgl. (Allsion, 2001); (Azur, 2011, S. 40-49); (Gelman & Hill, 2006); (Heckman, 1976, S. 475-492); (Little & Rubin, 2014); (Rubin, 1976, S. 581-592); (Van Buuren, 2018) 18
EMA-Institut für empirische Marktanalysen der Plausibilisierungsarbeiten des Datensatzes, alle gesammelten Wohnwertmerkmale in ihrer origi- nären Form dahingehend untersucht, ob genügend Häufigkeiten vorhanden sind. Die allgemeine Faustregel liegt hier bei mindestens 30 Häufigkeiten pro Merkmal. Merkmale, welche unter 30 Häufig- keiten aufweisen, werden entweder nicht weiter für das eigentliche statistische Modell (siehe Ab- schnitt 5.4) verwendet und fallen somit in die Spannenregelung (siehe Abschnitt 5.7) oder werden zu übergeordneten Variablen sachlogisch zusammengefasst. Liegen beispielsweise für die Bodenbeläge Parkett- und Dielenholzboden 15 und 40 Häufigkeiten vor, so können diese Bodenbelagsarten zu ei- nem neuen Merkmal zusammengefasst werden, welche als „hochwertiger Bodenbelag“ definiert wer- den kann. Ein weiteres Beispiel für das Zusammenfassen von Merkmalen bilden die Baujahresklassen (siehe Abschnitt 5.5.3). In einem weiteren Schritt werden die Merkmale dann hinsichtlich ihres Einflus- ses auf den Mietpreis untersucht. Je nach Verteilung und Skalierung der Variable kommen zwei be- kannte Korrelationskoeffizienten zur Anwendung: Für normalverteilte Variablen berechnet man übli- cherweise die Pearson-Korrelation6. Bei zu starken Abweichungen von der Normalverteilung muss auf einen anderen Korrelationsbegriff zurückgegriffen werden. Hierfür eignet sich dann z. B. der Spe- arman’sche Rangkorrelationskoeffizient7. Der Korrelationskoeffizient ist eine Abbildung in das reelle Intervall [-1,1]. Liegt der Korrelationskoeffizient zweier Variablen signifikant zwischen dem Wert -0,3 und -1 oder 0,3 und 1, so kann von einer starken Korrelation gesprochen werden. Liegt der Wert nahe bei 0, so korrelieren die Werte nur schwach oder gar nicht miteinander8. Für die weitere Betrachtung von Merkmalen im statistischen Modell wurden nur Variablen verwendet, welche eine starke Korrela- tion mit dem Mietpreis zeigten. Tabelle 5: Der Einfluss der Einbauküche in einer Mietwohnung auf den Nettomietpreis pro Quadratmeter weist ein Spearman'sches Rho von 0,338 auf. Dies bedeutet, dass zwischen den beiden Merkmalen ein positiver statistischer Zusammenhang besteht. Die Variable wurde für die weiteren Modelberechnungen verwendet. B3i3 – Einbauküche in einer Wohnung vor- handen Spearman- Nettomiete pro Korrelationskoeffizient 0,338 Rho Quadratmeter Sig. (2-seitig) 0,000 N 2.485 Tabelle 6: Einfluss der Gartennutzung in einer Mietwohnung auf den Nettomietpreis pro Quadratmeter weist ein Spe- arman'sches Rho von 0,038 auf. Dies bedeutet, dass zwischen den beiden Merkmalen kein statistischer Zusammenhang be- steht. Die Variable wurde von weiteren Modellberechnungen ausgeschlossen. B3p - Schließt der Mietvertrag die Nutzung eines Gartens oder einer Grünanlage ein? (mind. 10 m2 großes abgegrenztes Stück Land mit Pflanzen/Grünfläche) Spearman- Nettomiete pro Korrelationskoeffizient 0,038 Rho Quadratmeter Sig. (2-seitig) 0,107 6 Vgl. (Fahrmeir, Künstler, Pigeot, & Tutz, 2004) 7 Vgl. (Fahrmeir, Künstler, Pigeot, & Tutz, 2004) 8 An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass es in der Literatur verschiedene Definitionen von starker, mittlerer und schwacher Korrelation gibt. 19
EMA-Institut für empirische Marktanalysen N 2.485 Oben genanntes Schema wurde auf alle Variablen angewandt. In einem weiteren Schritt wurden so- dann die verwendbaren Merkmale dort zusammengefasst bzw. kombiniert, wo es die Sachlogik ver- langte. Z. B. wurde das Merkmale zur Einbauküche aus Tabelle 5 mit weiteren Merkmalen der Ausstat- tung der Küche zusammengefasst und erneut untersucht. Hierfür mussten die Variablen entsprechend umcodiert werden, um den Informationsgehalt adäquat speichern und analysieren zu können (vgl. Be- schreibung und Ergebnisse zu weiteren Merkmalen in Abschnitt 5.6). Erfahrungen aus der Erstellung früherer Mietspiegel in anderen Städten und die vorangegangene Da- tenanalyse zeigen, dass die Bildung einzelner neuer mietpreisdeterminierender Merkmale aus dem Primärmerkmalsbestand von Vorteil ist. Dies hat verschiedene Gründe. Zum einen stehen einzelne Merkmale oft für einen wesentlich komplexeren Sachverhalt. 4.3 Zugrundelegung eines einheitlichen Mietbegriffs Bei der Aufstellung eines Mietspiegels ist es notwendig, einen einheitlichen Mietbegriff zugrunde zu legen, um eine Vergleichbarkeit der Mieten zu gewährleisten. In Mietverträgen werden aber verschie- dene Mietbegriffe verwendet, die sich aus der unterschiedlichen Handhabung der Nebenkosten erge- ben: 1. Die Nettomiete, auch Nettokalt- oder Grundmiete genannt, stellt den eigentlichen Preis für die Überlassung einer Wohnung dar und enthält keine Betriebskosten gemäß Anlage 3 zu § 27 II. BV bzw. gemäß § 2 Betriebskostenverordnung, die seit dem 01. Januar 2004 gilt. 2. Die Bruttomiete, auch als Bruttowarm-, Pauschal- oder Inklusivmiete bezeichnet, enthält neben dem Preis für die Wohnungsüberlassung sämtliche Betriebskosten, einschließlich der Heiz- und Warmwasserkosten. 3. Die Bruttokaltmiete unterscheidet sich von der Bruttomiete dadurch, dass die Heiz- und Warmwas- serkosten nicht im Mietzins enthalten sind, wohl aber die übrigen Betriebskosten. 4. Eine Teilinklusiv- oder Teilpauschalmiete liegt vor, wenn ein Teil der Nebenkosten wie etwa ein- zelne Betriebskosten, Küchen-, Stellplatz-/Garagenmieten, Zuschläge für Möblierung oder Unter- vermietung, Anteile für Schönheitsreparaturen im Mietpreis enthalten ist, ein anderer Teil jedoch getrennt abgerechnet wird. Die Bruttokaltmiete stellt einen Spezialfall der Teilinklusivmiete dar. Von den in § 2 Betriebskostenverordnung aufgezählten Betriebskosten können die umlagefähigen Kosten für den Mieter als Nebenkosten in Frage kommen. Je nach Art der Abrechnung werden Be- triebskosten als umgelegt (einzeln abgerechnet) oder nicht umgelegt (undifferenziert in der Vertrags- miete enthalten) bezeichnet. Die folgende Abbildung veranschaulicht die einzelnen Mietzinsbegriffe und ihre Zusammenhänge. 20
EMA-Institut für empirische Marktanalysen Nettomietzins Nicht umgelegte umgelegte Betriebskosten Zuschlagszahlungen Betriebskosten Allgemeine Heiz- und (z.B. für Garage) Betriebskosten Warmwasserkosten Nettomiete Teilinklusivmiete Bruttokaltmiete Bruttomiete Bruttomiete inkl. Zuschläge Abbildung 1: Mietzinsbegriffe und ihre Bestandteile In Mietspiegeln werden üblicherweise durchschnittliche Nettomietbeträge als ortsübliche Entgelte ausgewiesen. Dies erweist sich auch in diesem Fall aus mehreren Gründen als sinnvoll: Zum einen bil- det die Nettomiete die Ausgangsbasis, um durch das Hinzuaddieren von Betriebskosten die individu- elle Vertragsmiete berechnen zu können. Andererseits ist den meisten Miethaushalten, nämlich ca. 95 Prozent, die Höhe ihrer Nettomiete laut Mietspiegelerhebung bekannt. Um bei der Auswertung aber nicht auf Fragebögen, in denen nur die monatliche Mietzahlung angege- ben war, verzichten zu müssen, war eine Rückführung der monatlichen Mietzahlung auf die monatliche Nettomiete erforderlich. Dazu wurden im Fragebogen die folgenden mit dem Mietpreis zusammen- hängenden Größen erfragt: Die gesamte monatliche Mietzahlung (einschließlich Nebenkosten, Zuschlägen) Die monatliche Nettomiete (ohne Zuschläge und Nebenkosten) Die Höhe des Betriebskostenabschlags Zuschläge Mietermäßigungen Eine der beiden erstgenannten Positionen wurde immer beantwortet. Falls die Angabe der Nettomiete verfügbar war, so fand diese Verwendung. Sofern nur die gesamte monatliche Mietzahlung vorlag, musste mit Hilfe von Zusatzangaben auf die entsprechende Nettomiete umgerechnet werden. Für alle Fälle, in denen sowohl die gesamte monatliche Mietzahlung als auch die Nettomiete vorlagen, konnten die Differenzen berechnet werden. Im Rahmen einer Regressionsanalyse wurde diese Differenz mit Hilfe einer Vielzahl von erklärenden Merkmalen (Wohnfläche, Baujahr, Ausstattungsmerkmale, Auf- zug, Heizungsart, Höhe der Nebenkosten usw.) beschrieben. Damit konnte dann auch in den Fällen mit fehlenden Angaben über die Nettomiete die geschätzte Differenz ermittelt und damit anhand von Durchschnittsangaben bei den Betriebskosten auf die unbekannte Nettomiete umgerechnet werden (siehe Abschnitt 4.1). 21
EMA-Institut für empirische Marktanalysen 4.4 Gewichtung Eine erste Gewichtung der Daten, bezeichnet mit Gewicht 1, wurde anhand der Rücklaufquoten der beiden Schichten private Mieter/Vermieter einschließlich anderer, nicht weiter unterschiedene Woh- nungsunternehmen, nachfolgend mit Schicht 1 bezeichnet, und der GBG – Mannheimer Wohnungs- baugesellschaft mbH, kurz GBG, nachfolgend mit Schicht 2 bezeichnet, vorgenommen, da diese in ho- hem Maße voneinander abwichen. Hierdurch soll ein überproportionaler Einfluss der von der GBG ver- mieteten Wohnungen auf die Ergebnisse des Mietspiegels ausgeschlossen werden (s. Rücklaufquoten in Tabelle 3). Die Rücklaufquoten zum nachfolgend genannten Gewicht 1 basieren auf den in Kapitel 3.4 dargestellten Zahlen zur Stichprobe und wurden wie folgt berechnet. ℎ 1 ≔ [ ü ( . ))/( ℎ ℎöℎ ( . ) / ü ] ⋅ ℎ ℎöℎ ) Gewicht 1: Rücklaufquote Schicht 1 (12%) vs. Rücklaufquote Schicht 2 (99%). Das Gewicht 2 basiert auf Zensuszahlen, welche dem EMA-Institut von der Stadt Mannheim zur Verfü- gung gestellt wurden. Diese können im Internet unter dem Stichwort „Zensus Stadt Mannheim“ nach- vollzogen werden. Hieraus ergibt sich, dass sich die oben genannten Schichten in 86,7 Prozent sowie 13,3 Prozent (Anteil der GBG) am frei finanzierten Mietwohnungsmarkt aufteilen. In der Nettostich- probe der Brief-/Onlinebefragung befanden sich insgesamt 2.727 Rückläufer, wovon 2.445 Mietwoh- nungen von privaten Mietern/Vermietern oder anderen Wohnungsunternehmen ausgefüllt wurden (Schicht 1) und 282 Mietwohnungen der GBG angehörten (Schicht 2). Diese Zahlen entsprechen 89,7 Prozent bzw. 10,3 Prozent. Das bedeutet, dass die Stichprobe den realen Marktanteil um etwa drei Prozent verfehlte. Diese Diskrepanz wurde ebenfalls als Gewicht berechnet und mit in die Analysen aufgenommen, analog wie schon bei der Mietspiegelerstellung 2016. Die Berechnung erfolgt mit Hilfe folgender Formel ü / Gewicht 2 ≔ % − Anteil am freifinanzierten Mietwohnungsmarkt der i − ten Schicht ⋅ ( ), ü für ∈ {1,2}. Gewicht 2: Marktanteil Schicht 1 vs. Marktanteil Schicht 2 in der Realität vs. Anteil Schicht 1 in der Nettostichprobe vs. Anteil Schicht 2 in der Nettostichprobe ohne die GBG Befragung. Der Anteil privater Vermieter vs. Wohnungsgenossen und -gesellschaften beträgt laut Zensus 65,8 Pro- zent bzw. 34,2 Prozent. Dieses Verhältnis auf dem Wohnungsmarkt wurde in der Nettostichprobe mit 65,5 Prozent bzw. 34,5 Prozent fast exakt wiedergegeben. Eine Korrektur anhand dieses weiteren Ge- wichtes war daher nicht nötig. Eine weitere Gewichtung auf Basis von Ziehungswahrscheinlichkeiten bzw. Inklusionswahrscheinlichkeiten wäre nur vollständig und sauber möglich gewesen, wären zu allen nicht-privaten Vermietern die entsprechenden Wohnungsbestände in der Stichprobe bekannt gewe- sen. Dies war nicht der Fall, da diese Information nicht vollständig aus der Stromzählerdatei entnom- men werden konnte. Daher wurde auch auf eine solche Gewichtung verzichtet. Die 71 sowohl in Schicht 1 als auch in Schicht 2 doppelt abgefragten Datensätze zur Kontrolle (siehe Tabelle 4: Ausschuss nicht relevanter Daten) wurden über die erhöhte Stichprobenziehung und damit hinsichtlich deren doppelten Vorkommens gewichtet. Nach Prüfung auf Antwortverzerrungen bei den vergleichbaren Merkmalen der jeweils doppelt vorliegenden Antwortdatensätze, konnten keine signifikanten Unter- schiede festgestellt werden. Aufgrund der umfangreicheren Angaben zu den Ausstattungs- und Be- schaffenheitsmerkmalen der Wohnungen, wurde entschieden, die Daten der privaten Mietverhält- nisse aus dem Datensatz zu entfernen. 22
EMA-Institut für empirische Marktanalysen Tabelle 7: Gewichtungsfaktoren Gewicht Gewicht Gewicht 1 Schicht 1 1,23093 ≔ (3.468/23.378/2.727) ⋅ 22.628 Gewicht 1 Schicht 2 0,15015 ≔ (3.468/23.378/741) ⋅ 750 Gewicht 2 Schicht 1 0,96700 ≔ 0,867 ⋅ (2.727/2.445) Gewicht 2 Schicht 2 1,28614 ≔ 0,133 ⋅ (2.727/282) Abbildung 2 zeigt den Verlauf sowohl der gewichteten (obere Kurve) als auch der ungewichteten (untere Kurve) Schätzung der Nettomiete in Euro pro Quadratmeter nur in Abhängigkeit der Wohnfläche der Stadt Mannheim. 23
EMA-Institut für empirische Marktanalysen 5 Statistische Analysen, Auswertung der Daten und Ergebnisse 5.1 Der Gesamtansatz und das gewählte Modell Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) definiert die ortsübliche Vergleichsmiete als „übliche Entgelte, die in einer Gemeinde oder vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstat- tung, Beschaffenheit und Lage einschließlich der energetischen Ausstattung und Beschaffenheit in den letzten sechs Jahren vereinbart oder, von Erhöhungen [der Betriebskosten] abgesehen, verändert wor- den sind“ (§ 558 Abs. 2 Satz 1 BGB). Damit werden durch den Gesetzgeber Festlegungen getroffen, die aber im Einzelfall noch viel Spielraum für weitere Präzisierungen lassen. Die beiden Schlüsselbegriffe stellen die „Vergleichbarkeit des Wohnraums“ und die „Üblichkeit der Ent- gelte“ dar. Die Aufgabe eines Mietspiegels besteht darin, für vergleichbare Wohnungen einen ortsüb- lichen Mietpreis in einem näher definierten Wohnungsmarkt auszuweisen. Bei der Mietspiegelerstel- lung hat man im Rahmen vorgegebener äußerer Restriktionen sowohl die Vergleichbarkeit des Wohn- raums als auch die Üblichkeit der Entgelte nach anerkannten Grundsätzen der Statistik zu quantifizie- ren. Dazu zählen z.B. finanzielle und zeitliche Ressourcen, die Datenlage, sowie die fehlende gesetzli- che Auskunftspflicht bei der Erhebung. Die eingangs des Kapitels definierte Aufgabenstellung ist eine typische Fragestellung der Regressions- analyse. Fundamental ist die Zugrundelegung einer sinnvollen Abhängigkeitsstruktur von Wohnwert- merkmalen mit dem Mietpreis. Diesem Mietspiegel liegt ein Regressionsmodell zugrunde, das in sei- nen Grundzügen dem in der Literatur beschriebenen „Regensburger Modell“ gleicht9. Dieses Modell ermöglicht die Ermittlung des vorliegenden lokalen Mietniveaus und den davon ortsüblichen Abwei- chungen über ein System von Zu- und Abschlägen je nach dem Vorhanden- oder Nichtvorhandensein spezieller signifikanter Wohnwertmerkmale. Dieser Regressionsansatz wird in seiner Grundkonzeption häufig verwendet, z.B. in Augsburg, Erding, Erlangen, Esslingen, Freiburg, Friedrichshafen, Fürth, Hei- delberg, Konstanz, Landshut, Münster, Nürnberg, Regensburg, Trier, Ulm und Villingen-Schwenningen. Bis zur Fertigstellung des Mietspiegels waren im Rahmen der statistischen Auswertungen verschiedene Arbeitsschritte erforderlich: 1. Aufbereitung des erhobenen Datenmaterials für die Auswertung 2. Umrechnung aller ermittelten Mietpreise auf einen einheitlichen Mietbegriff 3. Ermittlung des durchschnittlichen Mietniveaus 4. Ermittlung von Zu- und Abschlägen für einzelne Wohnwertmerkmale 5. Ermittlung von Spannbreiten 6. Darstellung der ermittelten Vergleichsmieten im Mietspiegel. Die Arbeitsschritte 1 und 2 wurden in den vorigen Kapiteln behandelt, die Arbeitsschritte 3 bis 6 und deren Resultate sind nachfolgend im Arbeitsbericht dargestellt. 9 Vgl. (Aigner, Oberhofer, & Schmidt, Eine neue Methode zur Erstellung eines Mietspiegels am Beispiel der Stadt Regensburg, 1993, S. 16-21); (Fahrmeier, 1999, S. 10) 24
EMA-Institut für empirische Marktanalysen 5.2 Die Grundstruktur des gewählten Regressionsmodells Seit Ende der 1980er Jahre wird für die Mietspiegelerstellung das multivariate statistische Verfahren der Regressionsanalyse angewendet, das als wissenschaftliches Berechnungsverfahren anerkannt ist. Von dem damaligen Lehrstuhlinhaber für Ökonometrie, Prof. Dr. W. Oberhofer der Universität Regens- burg und dem EMA-Institut für empirische Marktanalysen wurde speziell für die Mietspiegelerstellung eine multiplikativ-lineare Regressionsvariante entwickelt. Die gesuchte Variable im Regressionsansatz ist die „ortsübliche Vergleichsmiete“ in Form der Netto- miete. Der verwendete Modellansatz10 lautet: ≈ + ( ) ⋅ ( + + + … + ). Die Schreibweise ist eine Kurzschreibweise für ⋅ , also der Multiplikation des Koeffizienten a1 (Zu/Abschlag) mit der Variable x1 (Einflussfaktor bzw. Wohnwertmerkmal). Hier bezeichnet NM die Nettomiete, WFL die Wohnfläche, und x1 bis xn verschiedene weitere Wohnwertmerkmale. Die Größen (Koeffizienten) a, a0, ..., an stellen zu schätzende Parameter und die Terme f(WFL) sowie (a0 + a1x1 + a2x2 + … + anxn) noch näher zu spezifizierende Funktionen in Abhängigkeit der Variablen WFL und x1, x2, …, xn dar. Dieser Ansatz impliziert, dass die Nettomiete aus zwei Faktoren gebildet wird: Einem ersten Faktor, der nur von der Wohnfläche abhängig ist und einem zweiten Faktor, der den Einfluss des Baujahres zusammen mit dem Einfluss weiterer Merkmale, abgeleitet aus dem Begriff der ortsüblichen ver- gleichsmiete, erfasst. Die Wohnfläche liefert erfahrungsgemäß den größten Beitrag zur Erklärung der Nettomiete und interagiert sehr oft mit weiteren Variablen, die den Mietpreis bestimmen. Die Wohn- fläche allein hat bei dieser Mietspiegelerstellung ein Bestimmtheitsmaß (entspricht dem quadrierten Korrelationskoeffizienten, der den Gleichlauf von zwei Größen und damit den Zusammenhang misst) in Höhe von R2=0,651. Der erste Faktor bildet die „Basis-Nettomiete“, kurz die „Basismiete“. Die multiplikative Form des An- satzes bedingt prozentuale Zu- oder Abschläge. Wenn z.B. x1 für das Vorhandensein einer Einbauküche steht (x1=1: Einbauküche vorhanden und x1=0: keine Einbauküche vorhanden) und der zugehörige Ko- effizient a1 lautet 0,05, so bedeutet dies einen Zuschlag in Höhe von fünf Prozent für das Vorhanden- sein einer Einbauküche, bezogen auf die Basismiete für eine bestimmte Wohnfläche. So wird der Sum- mand a1x1 aus oben genannter Gleichung gebildet. Alle anderen Summanden berechnen sich auf die- selbe Art und Weise. Der hier vorliegende Ansatz bedingt insbesondere Interaktionen zwischen der Größe der Wohnfläche und allen weiteren Merkmalen (x1, x2, ..., xn), da letztere einen von der Basis- miete abhängigen Beitrag zur Nettomiete liefern. 5.3 Auswahl der Variablen Es besteht bei der Mietspiegelerstellung ein grundsätzlicher Unterschied zwischen Tabellenmethode und Regressionsmethode. Die Vorgabe für den Statistiker lautet in beiden Fällen: Für vergleichbare Wohnungen einen üblichen Mietpreis zu bestimmen. Die Konkretisierung der Vergleichbarkeit erfolgt 10 Vgl. (Aigner, Oberhofer, & Schmidt, Eine neue Methode zur Erstellung eines Mietspiegels am Beispiel der Stadt Regensburg, 1993, S. 16ff) 25
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