BENCHMARKING HR DIGITAL - (Wie) schafft HR die Transformation? - Personalwirtschaft STUDIE

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BENCHMARKING HR DIGITAL - (Wie) schafft HR die Transformation? - Personalwirtschaft STUDIE
Personalwirtschaft                            STUDIE

           BENCHMARKING HR DIGITAL
              (Wie) schafft HR die Transformation?

Eine Studie der Promerit AG in Zusammenarbeit mit Lufthansa Group, TNS Infratest, Universität Liechtenstein
BENCHMARKING HR DIGITAL - (Wie) schafft HR die Transformation? - Personalwirtschaft STUDIE
VORWORT

                                           M
                                                                  it der Digitalisierung erleben wir die größte Veränderung der Weltwirtschaft
                                                                  seit der industriellen Revolution. Kaum verwunderlich also, dass sich die
                                                                  meisten Unternehmen mittlerweile intensiv mit den Auswirkungen auf
                                                                  ihr Geschäft auseinandersetzen. Unternehmen fragen sich, wie sie die Digi-
                                                                  talisierung als Chance nutzen oder zumindest die damit entstehenden
                                                                  Risiken handhaben können. Wie sie sich verändern müssen, um der zuneh-
                                                                  menden Dynamik der Märkte begegnen zu können. Wie sie die Chancen
                                                 neuer Technologien und Arbeitsweisen nutzen können, ohne plötzlich von völlig neuen Wett-
                                                 bewerbern überrascht zu werden.

„   Digitalisierung ist
    zugleich Treiber und
    Enabler der Unterneh-
                                                 Viele Unternehmen spüren den Veränderungsdruck noch eher, als dass sie ihn bereits existenziell
                                                 erleben. Dabei verändert Digitalisierung unsere Gesellschaft und unsere Wirtschaft in einem
                                                 Tempo wie kein anderer Megatrend zuvor. Ganze Branchen werden umgekrempelt – zuerst
                                                 die Medien, dann der Handel, die Finanzindustrie, die Energiewirtschaft, die Fertigungsindustrie
    menstransformation.                          – es wird keine Ausnahmen geben.

                                                 Digitalisierung ist zugleich Treiber und Enabler der Unternehmenstransformation. Treiber
                                                 durch die zunehmende Dynamik: Veränderte Spielregeln und das Entstehen neuer Geschäfts-
                                                 modelle bedrohen etablierte Unternehmen mit sicher geglaubten USPs. Sie ist gleichzeitig
                                                 Enabler durch die Nutzung der Möglichkeiten, die mit ihr einhergehen. Im Kleinen ist das
                                                 die Nutzung neuer Technologien und Arbeitsweisen, die jedes Unternehmen sich zu eigen
                                                 machen kann. Im Großen ist es das Erweitern oder Erneuern des eigenen Geschäftsmodells,
                                                 bevor jemand anderes dies tut.

                                                 Mit der vorliegenden Studie wollen wir Antworten darauf finden, welche Rolle HR im Kontext
                                                 der Digitalisierung aktuell spielt und in Zukunft spielen sollte. Wie weit ist das Thema auf
                                                 der Agenda der HR Executives – und wie verstehen diese ihren Beitrag? Wo sehen sie das
                                                 höchste Digitalisierungspotenzial, wie sehen konkrete Maßnahmen aus?

                                                 DREI-STUFIGES UNTERSUCHUNGSDESIGN

                                                 Wir haben in drei Stufen die HR Practices von Unternehmen analysiert, um ihren Digitali-
                                                 sierungsgrad festzustellen und zu erfahren, wie sie ihre Organisation digital fit machen. Die
                                                 Grundlage unseres Benchmarkings ist eine quantitative Expertenbefragung durch TNS
                                                 Infratest. Das zweite Element der Studie ist ein DAX-Benchmarking, zu dem HR-Verantwortliche
                                                 aus DAX-Unternehmen ihre Practices im Rahmen einer ganztägigen Round-Table-Veranstaltung
                                                 vorgestellt haben. Als drittes Element der Studie wurden ausgewählte Unternehmen im
                                                 Silicon Valley besucht, deren HR-Management wir als Digital HR Best Practices ansehen
                                                 und in dieser Studie exemplarisch vorstellen.

                                                 Ein überraschendes Ergebnis ist, dass bereits mehr als die Hälfte der Unternehmen Digita-
                                                 lisierung sowohl in der Unternehmensstrategie als auch in ihrer HR-Strategie verankert hat,
                                                 wobei die DAX-Unternehmen hier weiter sind als andere Organisationen.

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HR DIGITALISATION UND HUMAN DIGITALISATION

Aus den unterschiedlichen Ansätzen, die wir in unserer Projektpraxis und den untersuchten
Unternehmen identifiziert haben, haben wir ein Modell abgeleitet, das die Hebel der HR-
Digitalisierung beschreibt und eine Bestimmung des Reifegrads ermöglicht. Auf dieser Basis
kann die Ausprägung der Digitalisierung sowohl in verschiedenen Dimensionen sowie
aggregiert für das gesamte Unternehmen als HR Digital Transformation Index bestimmt und
Handlungsfelder werden.

Wenn sich HR mit Digitalisierung beschäftigt, müssen zwei grundsätzliche Dimensionen
unterschieden werden. Die erste Handlungsebene ist die Digitalisierung von HR-Prozessen
und HR-Leistungen. Wir bezeichnen dieses Handlungsfeld als HR Digitalisation – die damit
verbundenen Aktivitäten sind nicht unbedingt neu, schließlich beschäftigen wir uns seit
mehr als 20 Jahren mit HR-IT-Systemen. Dadurch ist dieses Handlungsfeld meist zuvorderst
in den Köpfen der Akteure, wenn es um HR und Digitalisierung geht.

In dem zweiten Handlungsfeld geht es darum, welchen Beitrag HR für die Digitalisierung
des gesamten Unternehmens leistet. Das Bereitstellen digitaler Kompetenzen, einer digitalen
Kultur und eines entsprechenden Führungsverständnisses sowie die Voraussetzungen zu
schaffen für das, was wir als „New Work“ bezeichnen, ist die eigentliche Herausforderung
                                                                                                     „        Human Digitalisation
                                                                                                              wird das wichtigste
                                                                                                              Handlungsfeld für HR.
für HR. Wir bezeichnen dieses Handlungsfeld als Human Digitalisation.

Als Verfasser dieses Benchmarkings sind wir der Überzeugung, dass insbesondere die Human
Digitalisation das wichtigste Handlungsfeld für HR der nächsten Jahre sein wird. Viele Orga-
nisationen haben das erkannt und sich auf den Weg gemacht. Im Herangehen an die damit
verbundenen Herausforderungen haben wir keinen Königsweg identifizieren können. Sicherlich
ist die strategische Auseinandersetzung mit dem Thema ebenso notwendig wie schnelle,
pragmatische Lösungen, mit denen demonstriert werden kann, dass HR seine Rolle verstanden
hat und beginnt, diese einzunehmen.

Kai Anderson                 Armin von Rohrscheidt        Prof. Dr. Dr. Sascha Kraus
Partner und Vorstand,        Partner, Promerit AG         wissenschaftlicher
Promerit AG                                               Studienpartner,
                                                          Universität Liechtenstein

                                                                                  Benchmarking HR Digital   www.personalwirtschaft.de   3
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MANAGEMENT SUMMARY

          #Strategie
          Mehr als die Hälfte der Unternehmen hat die Digitalisierung sowohl in ihrer Unternehmensstrategie als
          auch in ihrer HR-Strategie verankert. Weiterhin planen zwei Drittel der Unternehmen Initiativen zur
          Umsetzung oder haben damit bereits begonnen.

          #HR-IT-Systeme
          Bezogen auf die HR-IT-Systemlandschaft zeigt sich ein Wandel: Etwas mehr als die Hälfte der
          untersuchten Unternehmen befindet sich noch in der „alten“ Welt und setzt auf On-Premise Solutions in
          ihrer HR-IT-Systemlandschaft; 46 Prozent hingegen befinden sich schon in der Cloud – Tendenz steigend.

          #Treiber
          Der IT-Bereich wird als stärkster Treiber der digitalen Transformation gesehen (82 Prozent Ist,
          10 Prozent Soll), danach folgen Geschäftsleitung (74 Prozent Ist, 18 Prozent Soll) und HR (52 Prozent Ist,
          28 Prozent Soll). HR sieht sich selbst demnach stark in der Pflicht, während Business Development, Mar-
          keting und F&E eine weniger wichtige Rolle zugeschrieben wird. Rund ein Drittel der Unternehmen hat
          oder plant einen Chief Digital Officer. Der Betriebsrat hingegen wird von HR weder jetzt noch zukünftig
          in einer Treiberrolle gesehen.

          #HR Digital Transformation Index
          Übergreifend befindet sich der Reifegrad der befragten Unternehmen im Mittelmaß: Der Reifegrad der
          Digitalisierung von HR selbst (HR Digitalisiation) wird dabei geringer eingeschätzt als der Reifegrad
          der Digitalisierung des Gesamtunternehmens (Human Digitalisation). Es zeigt sich, dass HR die
          Digitalisierung der eigenen Prozesse und Services stärker vorantreiben muss als in der Vergangenheit.
          Insgesamt wird der mit Abstand höchste Reifegrad bei der Datensicherheit erzielt. Die größten
          Handlungsfelder sind das Führen virtueller Teams, transparente HR-Servicelevel, eine integrierte
          HR-IT-Landschaft, das Entwickeln digitaler Kompetenzen sowie People Analytics.

          #Einfluss HR Digital Transformation Index
          In Unternehmen mit höherem digitalen Reifegrad (= HR Digital Transformation Index) verlagern sich
          die HR-Leistungen deutlich von administrativen Aufgaben zu HR-Kernleistungen. In diesen Unterneh-
          men ist auch die Zunahme an Strategie-/Beratungsleistung als Trend erkennbar.

          #Digitalisierungspotenzial
          In den HR-Prozessen wird hohes, noch nicht ausgeschöpftes Digitalisierungspotenzial gesehen. Die
          DAX-Unternehmen sehen insbesondere Potenzial in den administrationsnahen Leistungen. In der
          Gestaltung neuer digitaler HR-Prozesse und HR-Services zeigt sich ein deutlicher Perspektivenwechsel
          hin zu mehr Anwenderorientierung und Unterstützung von Mobile Devices. Im Vergleich deutscher
          Best Practices mit Best Cases aus dem Silicon Valley wird deutlich, welcher Weg den deutschen
          Unternehmen noch bevorsteht, um das tatsächliche Potenzial zu heben.

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INHALTSVERZEICHNIS

               Vorwort                                                                                Seite 2

               Management Summary                                                                     Seite 4

Kapitel   1.   Einleitung: HR Digital Transformation Model                                            Seite 6

Kapitel   2.   Studiendesign und Methodik                                                            Seite 10

Kapitel   3.   Ergebnisse der quantitativen Expertenbefragung                                        Seite 16
               Strategische Verankerung                                                                    17
               Einsatz von Software                                                                        18
               Treiber der digitalen Transformation                                                        18
               Human Digitalisation                                                                        19
               HR Digitalisation                                                                           20
               HR Digital Transformation Index                                                             22
               Von der Pyramide zum Diamanten                                                              24

Kapitel   4.   Ergebnisse vom DAX-Round-Table                                                        Seite 26
               Digitalisierung auf der strategischen Agenda                                                27
               HR Digitalisation                                                                           29
               Human Digitalisation                                                                        31
               Die Mitarbeiter mit auf die Reise nehmen                                                    34

Kapitel   5.   Digital HR Best Practices im Silicon Valley                                           Seite 35

Kapitel   6.   Fazit und Ausblick                                                                    Seite 39

               Kurzbeschreibung der Studienpartner                                                   Seite 43

                                                               Benchmarking HR Digital   www.personalwirtschaft.de   5
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KAPITEL 1
           HR DIGITAL TRANSFORMATION MODEL

6   Benchmarking HR Digital   www.personalwirtschaft.de
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HR DIGITAL TRANSFORMATION MODEL

D
                  ie Verfasser der Studie und Initiatoren des Benchmarkings beschäf-
                  tigen sich seit Längerem damit, welche Rolle HR im Kontext der
                  Digitalisierung spielen kann und soll. Aus der damit verbundenen
                  Recherchearbeit und den Projekten, in denen in unterschiedlicher
                  Form Teilaspekte behandelt wurden, formte sich ein Bild, das im
                  Rahmen des vorliegenden Benchmarkings seine Bestätigung gefunden
                  hat (siehe Abbildung 1).

HR DIGITALISATION

Wenn sich HR mit Digitalisierung beschäftigt, müssen zwei grundsätzliche Hand-
lungsebenen unterschieden werden. Die erste Handlungsebene ist die der Digitalisierung
                                                                                           Zentrale Hebel
von HR-Prozessen und HR-Leistungen. Wir bezeichnen diese Handlungsebene als HR
Digitalisation.

Die Handlungsfelder innerhalb einer Ebene bezeichnen wir als Hebel. Die Hebel für
HR Digitalisation sind die digitale HR-Organisation sowie digitale HR-Prozesse und
–Services. Beide Hebel sind nicht grundsätzlich neu – schließlich beschäftigen wir
uns seit mehr als 20 Jahren mit der richtigen Organisation der HR-Arbeit und HR-IT-
Systemen.

Als Merkmale einer digitalen HR-Organisation sehen wir in erster Linie die Nähe zum
Business als maßgeblich an. Für die meisten Unternehmen hat die Digitalisierung
aktuell höchste Priorität – ist HR nah genug am Business, können gemeinsam die
richtigen Lösungen gefunden werden. Wir haben aktuell keine bessere Organisati-
onsform als das Drei-Säulen-Modell gefunden – auch nicht in den Best-Practice-Unter-
nehmen Google oder Flex. Entschei-
dend ist das Funktionieren dieser
Strukturen im Sinne der Nähe zum
                                             DAS HR DIGITAL TRANSFORMATION MODEL                                                 Abbildung 1
Geschäft sowie eine deutliche Verlage-
rung von administrativen Services hin
zu Kernleistungen und strategischen
sowie beratenden Leistungen. Hier
sehen wir deutliche Unterschiede zwi-
schen den betrachteten Unternehmen.

DIGITALE HR-PROZESSE
UND -SERVICES
                                                                                                                                                   © Promerit AG, www.promerit.com

Digitale HR-Prozesse und –Services
bestimmen zunehmend die Art und
Weise, wie wir HR-Leistungen in die
Organisation bringen. Hier geht es
zuvorderst um die Automatisierung
einfacher HR-Tätigkeiten sowie die Ver-

                                                                                    Benchmarking HR Digital   www.personalwirtschaft.de        7
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HR DIGITAL TRANSFORMATION MODEL

                                                      lagerung von Tätigkeiten auf den Anwender. Verbunden mit einer Simplifizierung
Digitale HR-Prozesse                                  der HR-Prozesse und anwenderfreundlichen Oberflächen lässt sich die Akzeptanz für
und -Services                                         diese Maßnahmen sicherstellen. Neben der Effizienzsteigerung rückt die Anwender-
                                                      zentrierung als bestimmende Größe für diese Hebel zunehmend in den Vordergrund.
                                                      Gänzlich neue digitale HR-Services finden sich zuerst im Bereich People-Analytics,
                                                      wo wir mit Big Data zwar große Erwartungen aber noch wenig Ergebnisse im deutsch-
                                                      sprachigen Raum sehen. In den USA sind diese Services zum Beispiel in der Vorhersage
                                                      von Burn-out-Gefährdungen deutlich weiter vorangeschritten.

                                                      HUMAN DIGITALISATION

                                                      Auf der zweiten Handlungsebene geht es darum, welchen Beitrag HR für die Digita-
                                                      lisierung des gesamten Unternehmens leistet. In der Erkenntnis, dass die Technologien
                                                      vorhanden sind und ihr Nutzen nur durch deren Anwendung entsteht, besteht die
                                                      größte Aufgabe für HR. Letztendlich geht es darum, den Menschen mit der neuen
                                                      Arbeitsrealität in Einklang zu bringen. Wir bezeichnen dieses Handlungsfeld als
                                                      Human Digitalisation und sehen darin den Schlüssel für den zukünftigen Erfolg von
Digitale Kompetenzen                                  Unternehmen im Zeitalter der Digitalisierung. Die Hebel in diesem Handlungsfeld
                                                      stellen sich wie folgt dar: Um die Chancen der Digitalisierung zu nutzen, muss ein
                                                      Unternehmen sicherstellen, dass seine Mitarbeiter über entsprechende digitale Kom-
                                                      petenzen verfügen. Wir haben im Rahmen des Benchmarkings intensiv erörtert, ob
                                                      es sich hier um einen kleineren Adressatenkreis im Unternehmen handelt oder jeder
                                                      Mitarbeiter über gewisse Fertigkeiten verfügen muss. Betrachten wir Best Practices
                                                      wie Lufthansa, braucht es einen breiten Ansatz, der bei jedem Mitarbeiter die Vor-
                                                      aussetzung einer sinnvollen Beschäftigung mit modernen Arbeitsmitteln und -techniken
                                                      gewährleistet. Zugleich Anforderung und Arbeitgeberversprechen, kann damit die
                                                      individuelle Entwicklung und die Entwicklung der Organisation gleichermaßen bewirkt
                                                      werden. Unbenommen davon werden bestimmte Zielgruppen in der Organisation
                                                      (zum Beispiel Knowledge Worker und die Gestalter der digitalen Arbeitswelt) in
                                                      höherem Maß über diese Kompetenzen sowie über zusätzliche Skills verfügen müs-
                                                      sen.

                                                      Ist mit den digitalen Kompetenzen das „Können“ adressiert, braucht es auch das
Agile Kultur                                          „Wollen“ um die Chancen der Digitalisierung zu nutzen. Eine agile Kultur ist die Vor-
                                                      aussetzung dafür, die Veränderungen zu gestalten, die mit der digitalen Transformation
                                                      verbunden sind. Neugierde, Offenheit und Veränderungsbereitschaft sind die Basis
                                                      für den Weg zur digitalen Organisation. Eine konsequente digitale Transformation
                                                      erfordert eine entsprechende strategische Ausrichtung, die jedem Teil der Organisation
                                                      und jedem Mitarbeiter vermittelt werden muss. Kommunikation, Dialog und Role
                                                      Models auf höchster Führungsebene sind die Mittel, die in Kombination eingesetzt
                                                      werden müssen.

                                                      Eng verbunden mit einer agilen Unternehmenskultur ist eine neue Form der Führung
Digital Leadership                                    – nennen wir sie Digital Leadership. Führung wird zu Leadership, das heißt, das
                                                      Selbstverständnis der Führungskräfte ändert sich. Aus disziplinarischen Vorgesetzten
                                                      werden Coaches und Mentoren. Verantwortungsabgabe, Delegation und Vertrauen
                                                      sind Grundvoraussetzungen für die Selbstbestimmung und Verantwortungsübernahme
                                                      der Mitarbeiter. Mit den damit verbundenen Freiheitsgraden entstehen neue Lösungen,
                                                      die die Digitalisierung des Unternehmens befeuern.

8     Benchmarking HR Digital   www.personalwirtschaft.de
BENCHMARKING HR DIGITAL - (Wie) schafft HR die Transformation? - Personalwirtschaft STUDIE
HR DIGITAL TRANSFORMATION MODEL

Den Rahmen unserer zukünftigen Tätigkeiten bestimmt die sogenannte New Work
                                                                                          New Work
Order. Der digitale Arbeitsplatz der Zukunft kann überall sein. Die Art und Weise,
wie wir arbeiten und zusammenarbeiten, verändert sich gravierend. Treiber sind
sowohl neue Technologien (zum Beispiel Collaboration-Plattformen) als auch neue
Arbeitstechniken (zum Beispiel Scrum oder Design Thinking). Auch gebundene
Arbeitsplätze (beispielsweise im Service) sind in deutlichem Maß von diesen Verän-
derungen betroffen. Nicht immer vollständig im Gestaltungsraum von HR liegen hier
dennoch Aufgaben, die das Gelingen der digitalen Transformation in hohem Maß
beeinflussen.

HR DIGITAL TRANSFORMATION INDEX

Den Initiatoren und Verfassern des Benchmarkings war eine pragmatische Verortung
eines Unternehmens mit Blick auf die beschriebenen Hebel in den zwei Handlungs-
dimensionen wichtig. Dazu zählt einerseits eine Bestimmung des Digitalisierungs-
potenzials in den Hebeln und gegebenenfalls tieferliegend in beispielsweise einzelnen
Prozessen wie im Recruiting oder in der Personaladministration. Andererseits wollen
wir Unternehmen die Möglichkeit geben, ihren eigenen Reifegrad der Digitalisierung
in den verschiedenen Dimensionen und aggregiert für das gesamte Unternehmen als
HR Digital Transformation Index zu bestimmen, um entsprechende Handlungsfelder
und konkrete Maßnahmen abzuleiten.

                                                                                   Benchmarking HR Digital   www.personalwirtschaft.de   9
KAPITEL 2
                  STUDIENDESIGN UND STICHPROBE

10   Benchmarking HR Digital   www.personalwirtschaft.de
STUDIENDESIGN UND STICHPROBE

D
                  as Benchmarking HR Digital ist dazu angelegt, den Reifegrad der
                  Unternehmen in der digitalen Transformation aus Sicht von HR ein-
                  zustufen und den eigenen Wertbeitrag von HR – sowohl in Bezug
                  auf die Digitalisierung von HR als auch in Bezug auf die Digitalisie-
                  rung des Gesamtunternehmens – zu erheben. Hierfür hat Promerit
                  in Zusammenarbeit mit der Lufthansa Group, der Zeitschrift Per-
                  sonalwirtschaft, TNS Infratest und dem Lehrstuhl für Strategisches
Management & Entrepreneurship der Universität Liechtenstein als assoziierter wis-
senschaftlicher Partner ein umfangreiches Benchmarking mit Personalleitern und
HR-Verantwortlichen deutscher Unternehmen durchgeführt und internationale Best
Practices ermittelt.

Im Benchmarking mit HR-Vertretern wurde der digitale Reifegrad der Unternehmen
mittels des HR Digital Transformation Index erfasst so wie das noch bestehende Digi-
                                                                                            Benchmarking zum digitalen
talisierungspotenzial erhoben. Insbesondere wurde dabei die Rolle und Verantwortung
                                                                                            Reifegrad
von HR in der digitalen Transformation beleuchtet sowie die Frage, welche Unterneh-
mensbereiche die digitale Transformation vorantreiben und damit als Vorreiter bezie-
hungsweise Treiber den digitalen Wandel im Unternehmen gestalten. Als Outcome-
Variablen wurde die Unternehmensperformance, Veränderungsfähigkeit und die
aktuelle Situation hinsichtlich Umsatz und Personal erfasst. Das sowohl qualitative
als auch quantitative Vorgehen in der Datenerhebung entlang wissenschaftlicher Kri-
terien sichert die Validität der Ergebnisse und bietet die Grundlage für fundierte Aus-
sagen und Interpretationen.

Zur Beantwortung der Fragen zur digitalen Transformation in Unternehmen wurde
eine Telefonbefragung mit HR-Experten durchgeführt sowie ein moderierter DAX-
Round-Table mit HR-Verantwortlichen von DAX- und ähnlich starken Unternehmen
aus Deutschland veranstaltet. Darüber hinaus wurden Digital HR Best Practices von
ausgewählten Unternehmen mit hohem digitalen Reifegrad aus den Bereichen Human
Digitalisation und HR Digitalisation aus dem Silicon Valley analysiert.

In der telefonischen Befragung sind die Daten mithilfe eines Fragebogens strukturiert
und standardisiert erhoben worden. Sowohl die telefonische Befragung als auch der
Round Table wurden anonymisiert durchgeführt und ausgewertet, sodass die Ergebnisse
in diesem Studienband bis auf auf einige wenige ausgewählte Best Practices in ano-
nymisierter Form beschrieben werden.

QUANTITATIVE EXPERTENBEFRAGUNG

Zunächst wurde eine Vorstudie mit zehn Teilnehmern aus unterschiedlichen Unter-
nehmen durchgeführt, um den neu konzipierten Fragebogen in Hinblick auf Ver-
ständlichkeit der Inhalte zu erproben. Basierend auf den Erkenntnissen der Vorstudie
konnte der Fragebogen angepasst und finalisiert werden. Die Hauptstudie wurde in
Form einer standardisierten telefonischen Befragung durch geschulte Mitarbeiter des
Marktforschungsinstituts TNS Infratest durchgeführt. Die rund 20-minütigen Telefon-

                                                                                     Benchmarking HR Digital   www.personalwirtschaft.de   11
STUDIENDESIGN UND STICHPROBE

                                                       interviews fanden in einem vierwöchigen Zeitraum von April bis Mai 2016 statt. Die
                                                       Stichprobe wurde vom Studienpartner TNS Infratest mittels der Hoppenstedt Datenbank,
                                                       die Zugriff auf Daten von über 850 000 Unternehmen ermöglicht, generiert.

                                                       Zusätzlich zu den befragten Experten nahmen HR-Verantwortliche von 16 DAX-
                                                       notierten Unternehmen an der quantitativen Befragung teil. Die Befragung wurde
                                                       von Consultants der Promerit AG entlang des gleichen Fragebogens analog zur Exper-
                                                       tenbefragung durchgeführt und ebenfalls im Online-Fragebogen erfasst.

                                                       AUFBAU DES FRAGEBOGENS

                                                       Der Fragebogen zur quantitativen Datenerhebung umfasst insgesamt 45 Items zu den
                                                       drei Themenblöcken „Status quo und Rolle von HR“, „HR Digital Transformation Index“
                                                       als Ausmaß der Digitalisierung sowie „Auswirkungen der digitalen Transformation“.

                                                       Im ersten Themenblock wurden die Treiber der Digitalisierung erfasst. Dabei sollten
Status quo und Rolle                                   vorgegebene Unternehmensbereiche (Topmanagement, Business Development/Strategie,
von HR                                                 Forschung & Entwicklung, Chief Digital Officer, Marketing, HR, IT, Betriebsrat) in die
                                                       folgenden Kategorien eingeteilt werden: Bereich ist Treiber der Digitalisierung, Bereich
                                                       soll Treiber der Digitalisierung werden, weder/noch und nicht vorhanden. Des Weiteren
                                                       wurde gemessen, in welchem Maße sich HR in der Verantwortung für die Gestaltung
                                                       der folgenden Themen sieht (auf einer fünfstufigen Likert-Skala von 1 = stimme gar
                                                       nicht zu bis 5 = stimme voll und ganz zu): HR ist verantwortlich für die Gestaltung
                                                       digitaler Kompetenzen und Skills im Unternehmen, eines digitalen Mindsets (DNA/Kul-
                                                       tur) im Gesamtunternehmen, von digitaler Führung und Leadership, von Arbeitsplatz
                                                       und Zusammenarbeit der Zukunft und einer agilen Organisation als Netzwerkorga-
                                                       nisation. Anhand von jeweils vier Items zur strategischen Verankerung von Digitali-
                                                       sierung und der Rolle von HR in der digitalen Transformation wurde der Status quo
                                                       eingeschätzt. Darüber hinaus wurde eine prozentuale Verteilung (von 100 Prozent)
                                                       der HR-Leistungen in administrationsnahe Leistungen, Kernleistungen (Talent Mana-
                                                       gement, Recruiting, Entwicklung et cetera) und Strategie/Beratungsleistungen vor-
                                                       genommen.

                                                       Ergänzend wurde die aktuelle HR-IT-Systemlandschaft erhoben. Dafür sollte angegeben
                                                       werden, welche HR-IT-Systeme aktuell zur Abbildung der HR-Prozesse genutzt werden
                                                       und wie hoch das Digitalisierungspotenzial für die Ausführung von HR-Prozessen
                                                       ganz generell eingeschätzt wird sowie inwieweit das Digitalisierungspotenzial im
                                                       eigenen Unternehmen bereits ausgeschöpft ist. Das eingeschätzte Digitalisierungs-
                                                       potenzial wie auch dessen aktuelle Ausschöpfung wurde für die Bereiche Personal-
                                                       planung, HR Reporting und Controlling, HR Administration & Services, Training, Per-
                                                       formance Management und Recruiting anhand der fünfstufigen Likert-Skala angegeben.

                                                       Im zweiten Themenblock wurde der HR Digital Transformation Index erfasst.
HR Digital Transformation                              Basierend auf dem vorgestellten HR Digital Transformation Model (siehe Abbildung 1,
Index                                                  Seite 7) wurde der Reifegrad der beiden Komponenten HR Digitalisation und Human
                                                       Digitalisation gemessen. HR Digitalisation bezieht sich dabei insbesondere auf die
                                                       Themenbereiche HR-Struktur und -Organisation (Digital HR Organisation) sowie
                                                       HR-Prozesse und -Systeme (Digital HR Processes). Human Digitalisation hingegen
                                                       fokussiert die Bereiche der Gesamtorganisation und nimmt die Themen digitale
                                                       Kompetenzen und Skills (Digital Competencies), agile Unternehmenskultur und
                                                       Führung (Agile Culture und Digital Leadership) sowie die neue Arbeitswelt (New
                                                       Work) in die Betrachtung.

12     Benchmarking HR Digital   www.personalwirtschaft.de
STUDIENDESIGN UND STICHPROBE

Diese sechs Teilbereiche wurden in insgesamt 22 Best-Practice-Formulierungen mit
jeweils drei bis vier Items pro Skala (wie zum Beispiel „People Analytics ist fester
Bestandteil des HR Reportings“) operationalisiert und anhand einer fünfstufigen
Likert-Skala gemessen. Der HR Digital Transformation Index ergibt sich final aus der
Ermittlung über alle Items dieses Themenblocks hinweg.

Im letzten Themenblock wurde die Unternehmensperformance erhoben, um diese
mit dem HR Digital Transformation Index in Verbindung bringen zu können. Die             Auswirkungen der digitalen
Teilnehmer wurden gebeten, ihr Unternehmen anhand folgender Charakteristika im           Transformation
Vergleich zu den wichtigsten Wettbewerbern anhand der fünfstufigen Likert-Skala
zu verorten: innovativer, agiler/veränderungsbereiter, profitabler, wachstumsstärker
am Markt, höhere Mitarbeiterzufriedenheit und höhere Arbeitgeberattraktivität.
Darüber hinaus sollte angegeben werden, in welcher Situation sich das Unternehmen
zurzeit hinsichtlich Umsatz und hinsichtlich Personal befindet (1 = Wachstum,
2 = Stagnation/Stabilisierung, 3 = Abnahme).

Als demografische Angaben wurden am Ende der Befragung personenbezogene Daten
wie die aktuelle Funktion und unternehmensbezogene Daten wie Umsatz- und Per-
sonalsituation erhoben.

ZUSAMMENSETZUNG DER
STUDIENTEILNEHMER                              STUDIENTEILNEHMER NACH BRANCHEN                                                 Abbildung 2

Für die quantitative Expertenbefragung
wurden Unternehmen mit einer Mindest-                        5%
größe von 500 bis zu über 50 000 Mit-                   6%                                                  Dienstleistungen
                                                                                    49 %
arbeitern ausgewählt. Damit bildet die                                                                      Verarbeitendes Gewerbe
Zielgruppe sowohl Familienunternehmen,                                                                      Handel
Mittelstand als auch Großkonzerne und                                                                       Sonstige
deren Tochtergesellschaften ab. An den
Telefoninterviews nahmen 110 HR-Exper-          40 %
ten unterschiedlicher Unternehmen sowie
16 HR-Verantwortliche aus DAX-notierten
Unternehmen teil. Wie der Abbildung 2
zu entnehmen ist, repräsentieren die ins-                                                               n = 126
gesamt 126 Teilnehmer unterschiedliche
Branchen mit dem Schwerpunkt auf
Dienstleistungen (49 Prozent) und ver-
                                               UNTERNEHMENSGRÖSSE NACH ANZAHL DER MITARBEITER                                  Abbildung 3
arbeitendes Gewerbe (40 Prozent). Handel
(sechs Prozent) und sonstige Branchen
(fünf Prozent) sind weniger stark vertre-                    10 %
                                                                                                            500 – 1000
ten.                                                                              45 %
                                                       7%                                                   1001 – 5000
                                                                                                            5001 – 10 000
Die Unternehmen unterscheiden sich auch           4%
                                                                                                            10 001 – 50 000
in Bezug auf ihre Mitarbeiterzahl, die in                                                                   >50 000
vier Kategorien geteilt werden können (siehe
Abbildung 3): 500 – 1000 Mitarbeiter (45
Prozent), 1001-5000 Mitarbeiter (34 Pro-         34 %
zent), 5001–10 000 Mitarbeiter (vier Pro-
zent), 10 001– 50 000 Mitarbeiter (sieben
                                                                                                        n = 126
Prozent) sowie mehr als 50 000 Mitarbeiter
(zehn Prozent).

                                                                                  Benchmarking HR Digital   www.personalwirtschaft.de    13
STUDIENDESIGN UND STICHPROBE

                                                                                                           Die Zusammensetzung der Teilnehmer im
     FUNKTION DER TEILNEHMER                                                                 Abbildung 4
                                                                                                           Hinblick auf die Position im Unternehmen
                                                                                                           zeigt ein klares Bild (siehe Abbildung 4).
                                                                                                           Mehr als die Hälfte der Teilnehmer sind
                   11 %                                                    Leiter HR-Operations            als Leiter HR-Operations (33 Prozent) oder
                                                    33 %                   Leiter HR
            6%                                                                                             Leiter HR (25 Prozent) im Unternehmen
                                                                           Leiter HR-Strategie
                                                                                                           tätig. Darüber hinaus leiten 10 Prozent der
         6%                                                                Leiter PE
                                                                           Leiter HR-Transformation
                                                                                                           Teilnehmer HR-Strategie. Mit jeweils weni-
                                                                           Leiter HR+IT                    ger als zehn Prozent waren spezifischere
         9%                                                                Sonstige                        HR-Leitungsfunktionen vertreten: Leiter
                                                                                                           PE (neun Prozent), Leiter OE/HR-Transfor-
                                                                                                           mation (sechs Prozent) und Leiter HR+IT
          10 %
                                                      25 %                                                 (sechs Prozent).
                                                                        n = 125
                                                                                                           Auf die Frage nach dem Umsatz in den jewei-
                                                                                                           ligen Unternehmen gab ein Großteil der
                                                                                                           Befragten (63 Prozent) an, sich im Wachstum
     UMSATZENTWICKLUNG                                                                       Abbildung 5
                                                                                                           zu befinden. Weitere 31 Prozent gaben an,
                                     Prozent                                                               sich in einer Phase der Stagnation bezie-
                                                                                                           hungsweise Stabilisierung zu befinden und
      Wachstum                         63 %
                                                                                                           lediglich fünf Prozent befinden sich in einer
      Stagnation/Stabilisierung        31 %
                                                                                                           Degressionsphase (siehe Abbildung 5).
      Abnahme                           5%

                                                                                                n = 112    Bei der Personalsituation zeigt sich ein
                                                                                                           ähnliches Bild. Wie der Abbildung 6 zu
                                                                                                           entnehmen ist, gaben 48 Prozent der
                                                                                                           Befragten an, dass sich ihr Unternehmen
     PERSONALPLANUNG                                                                         Abbildung 6
                                                                                                           hinsichtlich des Personals im Wachstum
                                                                                                           befindet, 44 Prozent in einer Stagnation
                                     Prozent                                                               und acht Prozent in einer Abnahmepha-
      Wachstum                         48 %                                                                se.
      Stagnation/Stabilisierung        44 %
                                                                                                           DAX-ROUND-TABLE
      Abnahme                           8%

                                                                                                n = 125Im Anschluss an die Expertenbefragung
                                                                                                       wurde im Mai 2016 eine ganztägige Round-
                                                                                                       Table-Veranstaltung mit 23 HR Executives
                                                                                                       aus 14 DAX-notierten Unternehmen sowie
                                                             drei weiteren deutschen Unternehmen mit ähnlicher Wirtschaftsstärke durchgeführt,
                                                             um gemeinsam über die Hebel der Digitalisierung und deren Reifegrad zu diskutieren.

                                                             Nach einem Impulsvortrag zum Thema Benchmarking HR Digital, in dem auch
                                                             das Studiendesign vorgestellt wurde, erhielten die Teilnehmer Einblicke in die
                                                             Ergebnisse aus den Telefoninterviews, die vorab auch mit den HR-Verantwortlichen
                                                             im DAX geführt wurden. In zwei Gruppen wurden dann die jeweiligen Ansätze
                                                             und Practices zur Digitalisierung der 17 teilnehmenden Unternehmen vorgestellt
                                                             und diskutiert. Die Präsentationen folgten einer einheitlichen Struktur: Vorstellung
                                                             HR-Organisation, Ansatz und Strategie bezüglich Digitalisierung, digitale HR-Ser-
                                                             vices und -Prozesse sowie definierte Handlungsfelder hinsichtlich der digitalen
                                                             Transformation.

                                                             Basierend auf den moderierten Diskussionen in den Round Tables wurden sowohl
                                                             die Ergebnisse aus der Expertenbefragung validiert und vertieft als auch neue Erkennt-

14         Benchmarking HR Digital   www.personalwirtschaft.de
STUDIENDESIGN UND STICHPROBE

nisse bezüglich konkreter Digitalisierungsinitiativen in den DAX-notierten Unternehmen
gewonnen.

Die zentralen Erkenntnisse des Round Tables werden in Kapitel 4 beschrieben
(siehe Seite 26). Weiterhin wurden aus den Präsentationen der 17 auf dem Round
Table vertretenen Unternehmen vier Best Practices für Digitalisierungsinitiativen
in unterschiedlichen Bereichen identifiziert, welche als „Snapshots“ vorgestellt
werden.

DIGITAL HR BEST PRACTICES
Im Rahmen des Benchmarkings HR Digital Transformation wurden ausgewählte
Unternehmen im Silicon Valley besucht und Digital Best Practices in HR vorgestellt
                                                                                           Exploration Silicon Valley
und diskutiert. Zwei der besuchten Unternehmen, deren HR-Management als Digital
HR Best Practices bezeichnet werden kann, werden in dieser Studie exemplarisch
vorgestellt. Die Best Practices ermöglichen einen detaillierten Einblick in konkrete
Digitalisierungsmaßnahmen von erfolgreichen Unternehmen und sind Teil der qua-
litativen Erhebung in der Studie.

LIMITATION DER STUDIE

An dieser Stelle soll auf die Grenzen des Studiendesigns aufmerksam gemacht werden:
Das Benchmarking HR Digital Transformation beruht einerseits auf einer Stichprobe,
die nicht repräsentativ ist in Bezug auf Unternehmensgröße und Branchenzugehörigkeit.
Andererseits basieren die Ergebnisse auf einer Selbsteinschätzung von HR, weswegen
die Werte nicht uneingeschränkt interpretierbar sind.

                                                                                    Benchmarking HR Digital   www.personalwirtschaft.de   15
KAPITEL 3
                               ERGEBNISSE QUANTITATIVE
                                 EXPERTENBEFRAGUNG

16   Benchmarking HR Digital   www.personalwirtschaft.de
QUANTITATIVE EXPERTENBEFRAGUNG

E
                     ine wichtige und grundlegende Frage ist zunächst, inwiefern eine
                     Organisation das Thema Digitalisierung in der eigenen Strategie
                     verankert hat und somit ein gemeinsames Verständnis schafft, was
                     Digitalisierung für das jeweilige Unternehmen bedeutet. Ist die Stra-
                     tegie erst einmal gesetzt und wurden die Ziele daraus abgeleitet,
                     können konkrete Initiativen gezielt und strukturiert angetrieben
                     und umgesetzt werden.

STRATEGISCHE VERANKERUNG

Insgesamt zeigt sich ein klares Bild: Mehr als die Hälfte der Unternehmen hat Digi-
talisierung sowohl in der Unternehmensstrategie als auch in der HR-/HR-IT-Strategie
                                                                                                         DAX-Unternehmen sind
verankert und bereits konkrete Initiativen zur Digitalisierung von HR auf den Weg
                                                                                                         anderen voraus
gebracht. Vergleicht man die Teilnehmer der DAX-Unternehmen mit den Teilnehmern
der anderen Unternehmen, zeigt sich, dass DAX-Unternehmen bei der Verankerung
von Digitalisierung in der Unternehmensstrategie den Nicht-DAX-Unternehmen voraus
sind. Ebenso konnte eine höhere Ausprägung bei dem Vorhandensein konkreter Initia-
tiven ermittelt werden.

Während bei 57 Prozent der befragten Experten Digitalisierung in der Unternehmens-
strategie verankert ist, zeigt der DAX mit 69 Prozent eine signifikant stärkere Aus-
prägung in diesem Bereich. Bei der Verankerung von Digitalisierung in der HR/HR-
IT-Strategie liegen die beiden Vergleichsgruppen gleichauf (DAX: 67 Prozent
Zustimmung; Experten: 63 Prozent Zustimmung). Auffallend ist der signifikante
Unterschied im Vorhandensein konkreter Initiativen zur Digitalisierung: Hier stimmen
66 Prozent der befragten Experten und 94 Prozent der DAX-Unternehmen zu (siehe
Abbildung 7).

  STRATEGISCHE VERANKERUNG VON DIGITALISIERUNG – VERGLEICH DAX- VS. ANDERE UNTERNEHMEN                                                              Abbildung 7

                                                                               Prozent
   Verankerung Digitalisierung in Unternehmensstrategie (Experten ohne DAX)      57                       22            21             M = 3,53; SD = 1,30
   Verankerung Digitalisierung in Unternehmensstrategie (DAX)                    69                               31                   M = 4,25; SD = 0,93

   Verankerung Digitalisierung in HR-/HR-IT-Strategie (Experten ohne DAX)        63                          13        25              M = 3,88; SD = 1,09
   Verankerung Digitalisierung in HR-/HR-IT-Strategie (DAX)                      67                               22             11    M = 3,88; SD = 1,31

   Vorhandensein konkreter Initiativen zur Digitalisierung von HR (Exp. ohne DAX) 66                           16           19         M = 3,82; SD = 1,38
   Vorhandensein konkreter Initiativen zur Digitalisierung von HR (DAX)          94                                                6 M = 4,56; SD = 0,63

      Zustimmung (= 4-5)               teils, teils (= 3)       keine Zustimmung (= 1-2)   M = Mittelwert, SD = Standardabweichung                    n = 124

                                                                                                  Benchmarking HR Digital        www.personalwirtschaft.de      17
QUANTITATIVE EXPERTENBEFRAGUNG

     ON-PREMISE VS. CLOUD-BASED SOLUTIONS                                                Abbildung 8
                                                                                                       EINSATZ VON HR-SOFTWARE

                                                                                                       Ein Indikator der Digitalisierung in Unter-
                                                                                                       nehmen ist die Nutzung von Informations-
                                                                        On-Premise-Lösungen
                                                   55 %                                                technologien zur Unterstützung der Pro-
                                                                        Cloud-basierte Lösungen
                                                                                                       zesse. Mit Fokus auf HR stellt sich die
                                                                                                       Frage, inwiefern HR-Prozesse wie Recui-
                                                                                                       ting, Performance Management oder Nach-
                                                                                                       folgeplanung über HR-IT-Systeme unter-
       45 %                                                                                            stützt werden. Dabei kann unterschieden
                                                                                                       werden, ob ein System On-Premise-basiert
                                                                                                       oder Cloud-basiert ist. Bei vielen Vorteilen,
                                                                                                       die eine On-Premise-Lösung auszeichnen,
                                                                                                       ist ein Unternehmen damit dennoch weni-
                                                                                                       ger flexibel in der Anwendung und Anpas-
                                                                                                       sung an Neuerungen in Prozessen sowie
                                                                                                       bei einer einheitlichen Lösung mit welt-
                                                                                                       weitem Zugriff. Die Ergebnisse zur Veror-
     EINSATZ UNTERSCHIEDLICHER HR-IT-SYSTEME                                             Abbildung 9
                                                                                                       tung der aktuellen HR-IT-Systemlandschaft
                                                                                                       im Unternehmen ergaben, dass alle befrag-
                           Prozent
                                                                                                       ten Unternehmen die HR-Prozesse IT-
      SAP On-Premise        43 %
                                                                                                       gestützt durchführen.
      SuccessFactors        17 %

      Oracle Cloud/Taleo    10 %                                                  Insgesamt zeigt sich ein zweigeteiltes Bild:
   Umantis     5%                                                                 Etwas mehr als die Hälfte der Befragten
                                                                                  (55 Prozent) gab an, On-Premise-Lösungen
   Workday     0%
                                                                                  zu nutzen und bei fast der Hälfte der Unter-
   Andere     39 %                                                                nehmen (46 Prozent) ist eine Cloud-basierte
                       n = 126, Anzahl der Nennungen, Mehrfachnennungen möglich   Lösung im Einsatz (siehe Abbildung 8).
                                                                                  Dabei sind bei den meisten Unternehmen
                                                                                  für unterschiedliche Bereiche sowohl On-
                                                                                  Premise als auch Cloud-Lösungen im Ein-
                                    satz. Die meist genutzte On-Premise-Lösung bei den Befragten ist SAP (43 Prozent).
Cloud- und On-Premise-              Bei den Cloud-basierten Lösungen wurden SAP SuccessFactors™ (17 Prozent),
Lösungen                            Oracle Cloud/Taleo (zehn Prozent) und Haufe umantis (fünf Prozent) am häufigsten
                                    genannt. Auffallend ist, dass keines der befragten Unternehmen derzeit eine ganz-
                                    heitliche Cloud-basierte Lösung wie Workday® nutzt. Mit Blick auf eine vollständig
                                    digitalisierte HR-Organisation zeigt dieses Ergebnis, dass die Digitalisierung von HR-
                                    Prozessen zwar bereits gestartet ist, jedoch auch noch viel Raum für neue Möglichkeiten
                                    bietet.

                                                           TREIBER DER DIGITALEN TRANSFORMATION

                                                           Eine wesentliche Frage in Transformationsprozessen ist jene nach Treibern und
                                                           Getriebenen. Wer gestaltet eine Veränderung mit und wer lässt sie geschehen?
                                                           Sind es die Bereiche in Unternehmen, die am stärksten von Digitalisierung
                                                           betroffen sind, die sie letztendlich auch vorantreiben, oder ist es doch die IT, in
                                                           deren Bereich Digitalisierung inhärent verwurzelt ist. Digitalisierung ist ein klas-
                                                           sisches Querschnittsthema: Es betrifft letztendlich alle Mitarbeiter im Unternehmen,
                                                           dennoch sind die Rollen und Verantwortlichkeiten nicht per se geklärt. In vielen
                                                           Unternehmen muss daher zunächst definiert werden, wer sich diesem Thema
                                                           annimmt. Da Digitalisierung alleine nicht funktioniert, sondern es immer um
                                                           Mensch-Maschine-Interaktion geht, wäre es naheliegend, das Thema digitale

18        Benchmarking HR Digital    www.personalwirtschaft.de
QUANTITATIVE EXPERTENBEFRAGUNG

Transformation HR zuzuschreiben. Aber
                                                TREIBER DER DIGITALEN TRANSFORMATION                                                      Abbildung 10
wird das auch von HR so gesehen? Die
Sicht von HR auf die eigene Rolle und
                                                                                 Prozent
die Rolle von anderen Bereichen im
Unternehmen ist daher die eigentliche           IT                               82                                                     10        6 2
Ausgangsfrage. Die Teilnehmer sollten           Geschäftsleitung                 74                                                18             9
hierzu angeben, wer in ihrem Unterneh-          HR                               52                                   28                18             2
men bereits Treiber der digitalen Trans-
                                                Strategie/Business Development   43                             11     23            23
formation ist (= IST) und wer ihrer Mei-
nung nach Treiber der digitalen                 Marketing                        38                        17          36                      10

Transformation sein sollte (= SOLL).            Forschung und Entwicklung        26                7    25                 42
                                                Chief Digital Officer            26                8    13       53
IT wird als der größte Treiber der digitalen
                                                 Betriebsrat                   6 15     69                                                        10
Transformation eingeschätzt: 82 Prozent
schreiben IT schon jetzt die Treiberfunk-            IST Treiber  SOLL Treiber      weder/noch      nicht vorhanden
tion zu und weitere zehn Prozent der
Befragten geben an, dass IT Treiber der
digitalen Transformation werden sollte.
Offen bleibt an dieser Stelle, welche Erwartungen HR in diesem Zusammenhang an
IT hat und ob HR und IT überhaupt ein gemeinsames Verständnis von digitaler Trans-
                                                                                          IT ist der größte Treiber
formation haben. Daneben wird Digitalisierung zur Chefsache: Die Geschäftsleitung
ist mit 74 Prozent bereits weitestgehend Treiber der digitalen Transformation und
soll bei 18 Prozent der restlichen Befragten zum Treiber der Digitalisierung werden.
Auch HR sieht sich hier selbst in der Pflicht. Mehr als die Hälfte der Befragten
(52 Prozent) hat bereits begonnen, das Thema im Unternehmen mitzugestalten und
gut ein Viertel (28 Prozent) hat vor, dies zu tun.

Auffallend ist, dass 18 Prozent der befragten HR-Verantwortlichen HR – und somit
sich selbst – diese Rolle nicht zuschreiben. Dieser Anteil steigt noch weiter an, wenn
                                                                                                  Nicht alle Personaler erkennen
es um die Rolle von Business Development/Strategie (23 Prozent), Marketing (36
                                                                                                  die Chance
Prozent) und Forschung und Entwicklung (25 Prozent) geht. In diesen drei Bereichen
zeigt sich kein homogenes Bild: Die Befragten sind fast unentschieden, ob beispielsweise
Marketing bereits Treiber der digitalen Transformation ist oder kein Treiber werden
sollte (38 Prozent versus 36 Prozent). Daher stellt sich die Frage, ob die HR-Leitung
vielleicht zu weit von diesen Unternehmensbereichen entfernt agiert.

Ein Viertel der Unternehmen hat bereits einen Chief Digital Officer installiert (26
Prozent), weitere acht Prozent scheinen diese Funktion in Planung zu haben und über
die Hälfte der Befragten verfügt aktuell nicht über eine solche Position im Unternehmen.
Auffälliger ist die eingeschätzte Rolle des Betriebsrats: Insgesamt ein Viertel der HR-
Leiter gibt an, dass der Betriebsrat entweder aktuell schon Treiber ist (sechs Prozent)
oder Treiber werden sollte (15 Prozent). Demgegenüber stehen 69 Prozent der Befragten,
welche den Betriebsrat weder als jetzigen noch zukünftigen Treiber der digitalen
Transformation sehen (siehe Abbildung 10).

HUMAN DIGITALISATION

HR stuft sich selbst als einen der drei großen Treiber der digitalen Transformation
im Unternehmen ein. Dabei nimmt HR, bezogen auf die Gesamtstichprobe, die Ver-
                                                                                                  HR übernimmt Verantwortung
antwortung für die Gestaltung der Hebel für das Gesamtunternehmen an. Somit
                                                                                                  für zentrale Hebel
werden die relevanten Eckpfeiler der Digitalisierung von und mit HR gestaltet. Das
Ausmaß, in dem HR sich für die Gestaltung der einzelnen Hebel einsetzt, ist hoch
(siehe Abbildung 11). HR sieht sich vor allem bei der Gestaltung einer neuen Arbeitswelt

                                                                                           Benchmarking HR Digital    www.personalwirtschaft.de            19
QUANTITATIVE EXPERTENBEFRAGUNG

     VERANTWORTUNG VON HR FÜR DIE GESTALTUNG DER                                                               und bei den digitalen Kompetenzen und
                                                                                                Abbildung 11
     TRANSFORMATIONSHEBEL                                                                                      Skills in der Verantwortung (Mittelwerte
                                                                                                               3,82 beziehungsweise 3,23; Standardab-
      Gesamtstichprobe                                          Mittelwert                                     weichungen 1,21 bzw. 1,17). Aber auch
      … digitale Kompetenzen und Skills                          3,66                                          die anderen Themen, digital Mindset,
      … digitales Mindset (DNA/Kultur)                           3,23                                          Führung/Leadership und agile Organisa-
      … digitale Führung und Leadership                          3,45                                          tion als Netzwerkorganisation möchte HR
                                                                                                               mitgestalten. Somit ändern sich die Rolle
      … von Arbeitsplatz und Zusammenarbeit der Zukunft          3,82
                                                                                                               und die Verantwortlichkeiten von HR von
      … einer agilen Organisation als Netzwerkorganisation       3,47
                                                                                                               einem Fokus auf Personalentwicklung
                                                                                                    n = 126    mehr und mehr hin zu einem breiteren
      Mittelwerte (M) auf einer Skala von 1 = stimme gar nicht zu bis 5 = stimme voll und ganz zu              Fokus und Mitverantwortung für Organi-
                                                                                                               sationsentwicklung (siehe Abbildung 11).

     VERGLEICH DAX- VS. ANDERE UNTERNEHMEN BEZÜGLICH VERANTWORTUNG                               Bei einer vergleichenden Betrachtung der
                                                                                                Abbildung 12
     VON HR FÜR DIE GESTALTUNG DER TRANSFORMATIONSHEBEL                                          Einschätzung der Verantwortlichkeiten von
                                                                                                 HR zwischen Teilnehmern an der Exper-
                                                              Mittelwert                         tenbefragung und den befragten DAX-
  … digitale Kompetenzen und Skills                             3,58                             Unternehmen sind insbesondere zwei
                                                                4,19                             Effekte auffällig (siehe Abbildung 12):
  … digitales Mindset (DNA/Kultur)                              3,17                             Während alle Unternehmen sich insgesamt
                                                                3,63                             in der Verantwortung der beschriebenen
  … digitale Führung und Leadership                             3,32                             Hebel sehen, sehen sich die DAX-Unter-
                                                                4,31                             nehmen signifikant mehr in der Verant-
  … von Arbeitsplatz und Zusammenarbeit der Zukunft             3,77
                                                                                                 wortung für die Gestaltung digitaler Kom-
                                                                4,19
                                                                                                 petenzen und Skills (DAX: Mittelwert 4,19
  … einer agilen Organisation als Netzwerkorganisation          3,44
                                                                                                 mit einer Standardabweichung 0,98; andere
                                                                3,63
                                                                                                 Unternehmen: Mittelwert 3,58 mit Stan-
   Mittelwerte (M) auf einer Skala von 1 = stimme gar nicht zu bis 5 = stimme voll und ganz zu
                                                                                                 dardabweichung 1,22) sowie für das Thema
    Expertenbefragung (ohne DAX), n = 110              DAX, n = 16                               digitale Führung und Leadership (DAX:
                                                                                                 Mittelwert 4,31 mit Standardabweichung
                                                                                                 0,60; andere Unternehmen: Mittelwert 3,32
                                                                                                 mit Standardabweichung 1,20). Dieser
                                                        Trend gibt erste Anzeichen für die Themenstellungen und Zielsetzungen, mit denen
Die Großen gehen voran                                  sich die HR-Leiter in DAX-Unternehmen beschäftigen.

                                                           DIGITALISIERUNG VON HR

                                                           Spricht man über die Digitalisierung von HR, ist die Einschätzung des Digitalisie-
Luft nach oben in Bezug auf                                rungspotenzials relevant. Digitalisierungspotenzial bezeichnet die prinzipielle Mög-
Administration und Recruiting                              lichkeit, Prozessschritte und HR-Leistungen überhaupt technologisch abbilden zu
                                                           können. Hierfür wurden fünf wesentliche HR-Prozesse fokussiert: Personalplanung,
                                                           HR Reporting und Controlling, HR Administration und Services, Training, Performance
                                                           Management und Recruiting.

                                                           In einem ersten Schritt wurde das Digitalisierungspotenzial der HR-Prozesse ganz
                                                           generell eingeschätzt und in einem zweiten Schritt der momentane Grad der Aus-
                                                           schöpfung des Digitalisierungspotenzials im eigenen Unternehmen abgefragt (siehe
                                                           Abbildung 13).

                                                           Insgesamt zeigt sich, dass das Digitalisierungspotenzial generell (rote Balken)
                                                           bezogen auf die fünf HR-Prozesse mit einem Gesamtmittelwert von 3,99 (Standard-

20        Benchmarking HR Digital   www.personalwirtschaft.de
QUANTITATIVE EXPERTENBEFRAGUNG

abweichung 0,64) als sehr hoch einge-
                                                           AUSMASS DIGITALISIERUNGSPOTENZIAL (EINGESCHÄTZT VS. AUSGESCHÖPFT)                               Abbildung 13
schätzt wird. Dahingegen sieht HR noch
in allen Bereichen Nachholbedarf, was                                                                                             Mittelwert
die Ausschöpfung des Potenzials angeht                       Personalplanung, HR Reporting und Controlling                            3,38
(Gesamtmittelwert 3,06; Standardabwei-                                                                                                4,41
chung 0,67). Der Vergleich von einge-                        HR Administration & Services                                             3,39
schätztem Potenzial zu ausgeschöpftem                                                                                                 4,29
Potenzial zeigt bezogen auf alle fünf Pro-                   Training                                                                 2,63
zesse einen hoch signifikanten Effekt                                                                                                 3,54
                                                             Performance Management                                                   2,75
(p
QUANTITATIVE EXPERTENBEFRAGUNG

     REIFEGRAD: HR DIGITAL TRANSFORMATION INDEX                                                            Abbildung 15
                                                                                                                           HR DIGITAL TRANSFORMATION INDEX

                                                                                                       Insgesamt zeigt der HR Digital Transfor-
                                          HR Digitalisation                   2,95                     mation Index auf der zugrunde gelegten
      HR Digitalisation

                         Digital HR Organisation             3,15                                      fünfstufigen Skala mit einem Mittelwert
                         Digital HR Processes                2,74                                      von 3,17 (Standardabweichung von 0,58)
                                                                                                       ein durchschnittliches Ergebnis. Die Resul-
                                                                                                       tate der Gesamtstichprobe zeigen einen
                         Human Digitalisation                3,39
                                                                                                       signifikanten Unterschied im Ausmaß der
      Human Digitalisation

                         Digital Competencies                3,69                                      beiden Teilbereiche HR Digitalisation und
                         Digital Leadership                  3,26                                      Human Digitalisation (siehe Abbildung
                         Agile Culture                       3,36
                                                                                                       15, roter Balken). HR Digitalisation wird
                                                                                                       dabei mit einem Mittelwert von 2,95 sig-
                         New Work                            3,25
                                                                                                       nifikant schwächer ausgeprägt wahrge-
                                                                                                       nommen als die Digitalisierung im
                         HR Digital Transformation Index     3,17                                      Gesamtunternehmen mit einem Mittel-
                                                                                                       wert von 3,39 (Standardabweichungen
      Mittelwerte auf einer Skala von 1 = stimme gar nicht zu bis 5 = stimme voll und ganz zu n = 126  von 0,87 bzw. 0,56). Es könnte sein, dass
                                                                                                       sich HR selbst kritischer bewertet als das
                                                                                                       Gesamtunternehmen. Wenn dieser Bias
                                                                                                       jedoch nicht vorliegt und die Einschätzung
                                                            die tatsächliche Realität abbildet, dann sollte HR dringend an der Digitalisierung
                                                            des eigenen Bereichs arbeiten, um als Treiber der Digitalisierung ernst genommen
                                                            zu werden.

                                                                             Digital HR Processes ist der am schwächsten eingeschätzte Bereich (Mittelwert 2,74).
HR Digitalisation schwächer                                                  Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass People Analytics nicht als fester
als Human Digitalisation                                                     Bestandteil des HR Reportings eingestuft wird, es wenig transparente HR-Servicelevel
                                                                             gibt und es in HR-Abteilungen an integrierten Prozessen und Systemen mangelt.
                                                                             Die Digital HR Organisation hingegen wird etwas reifer eingestuft (Mittelwert 3,15).
                                                                             Die HR-Organisationen folgen überwiegend dem Drei-Säulen-Modell und sind
                                                                             dezentral und nah am Business aufgestellt. Allerdings werden Jobwechsel aus dem
                                                                             Business in HR und umgekehrt noch nicht als gelebte Praxis wahrgenommen.

                                                                             Den insgesamt höchsten Wert in der Einschätzung hat das Cluster Digital Competencies
                                                                             (Mittelwert 3,69). Während die Fähigkeit und Bereitschaft zur Nutzung neuer Infor-
                                                                             mationstechnologien und das Vorhandensein von Kompetenzen zur Gestaltung der
                                                                             digitalen Welt als durchschnittlich bewertet werden, beruht der insgesamt relativ
                                                                             hohe Wert insbesondere auf dem eingeschätzten verantwortungsvollen Umgang mit
                                                                             Daten und Datensicherheit. Dagegen sind digitale Skills und neue Arbeitsmethoden
                                                                             (wie Scrum oder Design Thinking) in den Unternehmen noch kaum vorhanden. In
                                                                             dem Ausmaß von Digital Leadership (Mittelwert 3,26), Agile Culture (Mittelwert 3,36)
                                                                             und New Work (Mittelwert 3,25) gibt es keine Unterschiede.

                                                                             Während das Item zu Datensicherheit als Top Score mit Abstand den höchsten Mittelwert
                                                                             aufweist (4,74), sind die am niedrigsten bewerteten Items in den Bereichen Führen
                                                                             virtueller Teams (2,23), definierte und transparente Servicelevel in HR (2,39), Integrierte
                                                                             HR-IT-Landschaft (2,4), digitale Skills und neue Arbeitsmethoden wie Scrum und Design
                                                                             Thinking (2,4) und People Analytics als Bestandteil im HR Reporting (2,53) zu finden.

                                                                             Vergleicht man die Ausprägungen zwischen DAX- und anderen Unternehmen, werden
Vergleich DAX- versus                                                        zwei signifikante Effekte deutlich (siehe Abbildung 16): Während DAX-Unternehmen
andere Unternehmen                                                           ihre Digital HR Organisation signifikant reifer einschätzen (Mittelwerte 3,67 versus 3,07)

22                           Benchmarking HR Digital   www.personalwirtschaft.de
QUANTITATIVE EXPERTENBEFRAGUNG

ist bei den anderen Unternehmen das Ausmaß der Agile Culture höher ausgeprägt
(Mittelwerte 2,71 versus 3,45). Diese Effekte machen deutlich, dass DAX-Unternehmen
sich um eine Neuaufstellung der HR-Organisation dezentral, nah am Business und
überwiegend nach dem Drei-Säulen-Modell gekümmert haben. Den anderen Unter-
nehmen aus der Expertenbefragung gelingt es jedoch besser, eine positive Fehlerkultur,
das heißt, einen proaktiven Umgang mit Fehlern, bereichsübergreifendes Teilen von
Ideen, Experimentierfreude und ein iteratives „Trial-and-Error-“Mindset im Unternehmen
zu etablieren.

AUSWIRKUNGEN DES HR DIGITAL TRANSFORMATION INDEX

Der HR Digital Transformation Index gibt zunächst Auskunft über den Status quo
der digitalen Transformation in HR-Abteilungen und im gesamten Unternehmen.
Welche Auswirkungen hängen damit zusammen?

Zunächst gibt es Unterschiede zwischen
Unternehmen mit geringem und hohem
HR Digital Transformation Index in Bezug
auf die Einschätzung und Ausschöpfung
                                               REIFEGRAD: EXPERTEN VS. DAX-UNTERNEHMEN                                                                Abbildung 16
des Digitalisierungspotenzials von HR-
Prozessen: Unternehmen mit hohem HR
                                                                                                             2,9
Digital Transformation Index schöpfen                                       HR Digitalisation
                                                                                                            3,29
                                                HR Digitalisation

das Digitalisierungspotenzial in ihrem                                                                      3,07
                                                                            Digital HR Organisation
eigenen Unternehmen nicht nur signifi-                                                                      3,67
kant höher aus (Index gering: Mittelwert                                    Digital HR Processes            2,72
                                                                                                            2,91
2,75; Index hoch: Mittelwert 3,38), sie                                                                     3,41
                                                                            Human Digitalisation
schätzen das Digitalisierungspotenzial                                                                      3,27
auch generell signifikant höher ein (Index                                  Digital Competencies            3,67
                                                Human Digitalisation

                                                                                                            3,86
gering: Mittelwert 3,88; Index hoch: Mit-
                                                                            Digital Leadership              3,29
telwert 4,09).                                                                                              3,08
                                                                            Agile Culture                   3,45
                                                                                                            2,71
Im Vergleich zu Unternehmen mit gering
                                                                            New Work                        3,23
ausgeprägtem HR Digital Transformation                                                                      3,42
Index erleben jene mit höher ausgepräg-                                     HR Digital Transformation Index 3,15
tem HR Digital Transformation Index                                         (Reifegrad gesamt)              3,28

das eigene Unternehmen innovativer                                                           Expertenbefragung ohne DAX, n = 110                   DAX, n = 16
und agiler im Vergleich zu relevanten           Mittelwerte auf einer Skala von 1 = stimme gar nicht zu bis 5 = stimme voll und ganz zu
Wettbewerbern (Index gering: Mittel-
wert 3,40; Index hoch: Mittelwert 3,91).
Darüber hinaus verorten Unternehmen
                                               EINFLUSS REIFEGRAD AUF PERFORMANCE                                                                     Abbildung 17
mit höher ausgeprägtem HR Digital
Transformation Index sich auch als pro-
                                                                                                           Mittelwert
fitabler und wachstumsstärker (Index
                                                Innovativer/agiler                                            3,4
gering: Mittelwert 3,25; Standardabwei-
                                                                                                             3,91
chung 1,04; Index hoch: Mittelwert 3,72;        Profitabler/wachstumsstärker                                 3,25
Standardabweichung 0,79) und nehmen                                                                          3,72
eine höhere Mitarbeiterzufriedenheit            Höhere Zufriedenheit/Arbeitgeberattraktivität                3,53
und Arbeitgeberattraktivität wahr (Index                                                                     4,03
gering: Mittelwert 3,53; Standardabwei-
                                                               Digital HR Transformation Index gering      Digital HR Transformation Index hoch       n = 126
chung 0,82; Index hoch: Mittelwert 4,03;
Standardabweichung 0,70) (siehe Abbil-         Mittelwerte auf einer Skala von 1 = stimme gar nicht zu bis 5 = stimme voll und ganz zu
dung 17).

                                                                                                         Benchmarking HR Digital   www.personalwirtschaft.de     23
QUANTITATIVE EXPERTENBEFRAGUNG

                                       PROZENTUALE VERTEILUNG DER HR-LEISTUNGEN                                            Abbildung 18
                                                                                                                                          VON DER PYRAMIDE ZUM DIAMAN-
                                                                                                                                          TEN: LEISTUNGSVERSCHIEBUNGEN
                                                                                                                                          BEI HR
                                              22 %                                                 Administrationsnahe Leistungen         Betrachtet man die prozentuale Verteilung
                                                                                                   Kernleistungen (Talent Management,
                                                                                       43 %                                               der HR-Leistungen, so kann die klassische
                                                                                                   Recruiting, Entwicklung etc.)
                                                                                                                                          Pyramidenform bestätigt werden. Im
                                                                                                   Strategie/Beratungsleistungen
                                                                                                                                          Durchschnitt über alle Unternehmen hin-
                                                                                                   n=122                                  weg zeigt sich folgendes Bild: 43 Prozent
                                                                                                                                          der HR-Leistungen entfallen auf adminis-
                                                                                                                                          trationsnahe Leistungen, 35 Prozent der
                                          35 %
                                                                                                                                          HR-Leistungen werden als Kernleistungen
                                                                                                                                          (Talent Management, Recruiting, Entwick-
                                                                                                                                          lung etc.) eingeordnet und die restlichen
                                                                                                                                          22 Prozent sind Strategie und Beratungs-
                                                                                                                                          leistungen (siehe Abbildung 18).
                                       VON DER HR-PYRAMIDE ZUM HR-DIAMANTEN                                                Abbildung 19
                                                                                                                                          Ein klassisches Modell sagt voraus, dass
                                                                                                                                          Digitalisierung und Automatisierung von
                                                                                                                                          Prozessen zu einer Abnahme insbesondere
                                                                                                                                          von administrationsnahen Leistungen und
                                                                                                                                          Kernleistungen führen und sich somit die
                                                                                                                                          Pyramidenform mit Zunahme an Digitali-
                                                                                                                                          sierung in eine Diamantstruktur ändert
                                                                                                                                          (siehe Abbildung 19).

                                                                                                                                          Dieser Zusammenhang konnte als Trend
© Promerit AG, www.promerit.com

                                                                                                                                          bestätigt werden (siehe Abbildung 18): Mit
                                                                                                                                          ansteigendem HR Digital Transformation
                                                                                                                                          Index verlagern sich HR-Leistungen von
                                                                                                                                          administrationsnahen Leistungen (unteres
                                                                                                                                          Perzentil: 53 Prozent; oberes Perzentil: 41
                                                                                                                                          Prozent) zu Kernleistungen (unteres Per-
                                                                                                                                          zentil: 28 Prozent; oberes Perzentil: 36 Pro-
                                                                                                                                          zent). Auch die Zunahme an Strategie/Bera-
                                                                                                                                          tungsleistung ist als Trend erkennbar
                                                                                                                                          (unteres Perzentil: 19 Prozent; oberes Per-
                                                                                                                                          zentil: 23 Prozent).

                                                                                           Während die beschriebenen Effekte Auswirkungen des HR Digital Transformation Index
                                  Strategische Verankerung                                 darstellen, gibt es auch Faktoren, die einen Einfluss auf den HR Digital Transformation
                                  von HR führt zu höherem                                  Index haben. So konnte die strategische Verankerung von Digitalisierung als ein
                                  Digitalisierungsgrad                                     relevanter Prädiktor für das Ausmaß des Digitalisierungsgrads identifiziert werden.
                                                                                           Sowohl die Verankerung von Digitalisierung in der Unternehmensstrategie als auch
                                                                                           die Verankerung von Digitalisierung in der HR-/HR-IT-Strategie (Verankerung nein:
                                                                                           Mittelwert 2,98; Verankerung ja: Mittelwert 3,40) führen zu einem signifikant höheren
                                                                                           HR Digital Transformation Index (Standardabweichungen von 0,59 bzw. 0,47).

                                                                                           Neben der strategischen Verankerung hat auch die Rolle von HR einen wesentlichen
                                                                                           Einfluss auf den Digitalisierungsgrad des Unternehmens: Sieht sich HR als Treiber
                                                                                           der Digitalisierung (Treiber HR nein: Mittelwert 3,08; Treiber HR ja: Mittelwert 3,45),
                                                                                           zeigt sich ein höherer HR Digital Transformation Index als wenn HR diese Treiberrolle
                                                                                           nicht einnimmt (Standardabweichungen von 0,55 bzw. 0,53).

                                  24       Benchmarking HR Digital   www.personalwirtschaft.de
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