DER RAMADAN AUS DEM GESAMTWERK RISALE-I NUR - Bediüzzaman Said Nursi

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AUS DEM GESAMTWERK RISALE-I NUR

                  DER
                RAMADAN
                                  Bediüzzaman Said Nursi
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   Unser Dank gilt besonders Wolf Ahmed Aries, Hannover, der die Texte dieser Taschenbuchausgabe gegengelesen
hat. Die Endkorrektur wurde von Christian Szyska, Bonn vorgenommen. Die Texte dieser Ausgabe wurden den
Briefen „Mektubat“ ent-nommen.

                                                                                                 Die Redaktion
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    Titel:
    Der Ramadan
    Nursi, Bediüzzaman Said:
    © Köln, Istanbul, 2020
    (Aus dem Gesamtwerk Risale-i Nur; Islam, Kommentare zum Koran)

    Printed in Turkey, IMAK PRINT

    Überarbeitete Auflage ‚Ramadan`

   Dieses Buch wurde von einer Arbeitsgruppe besetzt aus Pädagog/innen, Student/innen und Gymnasiast/innen
übersetzt, durchgesehen, überarbeitet und korrigiert. Da-bei hat sich die Arbeitsgruppe große Mühe gegeben, dem
türkischen Original soweit wie möglich treu zu bleiben. Bei den Koranayaten wurden unterschiedliche Übersetzungen
verwandt, damit sprachlich ein möglichst enger Zusammenhang zum deutschen hergestellt werden konnte.
   Die `zwölfte überarbeitete Auflage „Ramadan“ ist (Ramazan im Band „Die Briefe/Mektubat“)

    © Übersetzung aus der türkischen und englischen Ausgabe.
                                                                                                       Redaktion

    www.risale-buecher.de      E-Mail: info@risale-buecher.de
    www.jamaatun-nur.eu        E-Mail: info@jamaatun-nur.eu
    www.sozler.com.tr          E-Mail: info@sozlernesriyat.com.tr
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INHALTSVERZEICHNIS
VORWORT .............................................................................................................................................................................. 5

Ramadan – Ein islamischer Festmonat .................................................................................................................................... 5

ÜBER DEN RAMADAN ............................................................................................................................................................. 7
    DER ERSTE PUNKT ......................................................................................................................................................................... 7
    DER ZWEITE PUNKT ...................................................................................................................................................................... 7
    DER DRITTE PUNKT ....................................................................................................................................................................... 8
    DER VIERTE PUNKT ....................................................................................................................................................................... 8

    DER FÜNFTE PUNKT ...................................................................................................................................................................... 8
    DER SECHSTE PUNKT ..................................................................................................................................................................... 9

    DER SIEBTE PUNKT ........................................................................................................................................................................ 9
    DER ACHTE PUNKT ...................................................................................................................................................................... 10
    DER NEUNTE PUNKT ................................................................................................................................................................... 11
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VORWORT
   Der Beginn des Ramadans richtet sich nach dem Mondkalender. Daher hat er im gregorianischen Kalender keine
feste Anfangszeit, wodurch sich der Beginn jedes Jahr um zehn Tage nach vorne verschiebt.
   Die Muslime fasten in diesem Jahr vom 2020: 24. April bis 23. Mai 2020 2020.
   Ramadan 2020: Beginn: 24. April 2020 - 23. Mai 2020
   Ramadan 2021: Beginn: 13. April 2021 - 12. Mai 2021
   Ramadan 2022: Beginn: 02. April 2022 - 02. Mai 2022
   Aus diesem Anlass hat die islamische Gemeinschaft Jamaat-un Nur (Gemeinschaft des Lichts) als Information diese
Broschüre herausgegeben.

RAMADAN – EIN ISLAMISCHER FESTMONAT
   Ein Festmonat als Fastenmonat? Das Fasten im Monat Ramadan ist eine der Fünfpfeiler des Islam. Es ist eine der
Schwerpunkte der islamischen Lebensweise.
   Der erwachsene Muslim isst im Ramadan von der Morgendämmerung bis zur Abenddämmerung nichts. Er trinkt
und raucht nicht und hat keinen Umgang mit Frau.
   Wenn der Ramadan in den Hochsommer fällt, dauert das Fasten von ca. 3.00 Uhr in der Frühe bis ca. 22.00 Uhr
abends.
   Im Winter beginnt das Fasten um 6.00 Uhr morgens und endet gegen 17.00 Uhr.
   Kinder, Kranke, Alte und Frauen im Wochenbett sowie stillende Mütter gelten Ausnahmen. Reisende können vom
Fasten entbunden sein. Chronisch Kranke und alte Menschen, die das Fasten nicht einhalten können, dürfen als Ersatz
dreißig Tage einen Bedürftigen versorgen. Das Fasten dauert ein Monat. In dieser Zeit gehen die Spen-den der
Gläubigen vor allen an Bedürftige (“Sadaka-ı Fıtır” -Armenabgabe). Zum abendlichen Fastenbrechen wer-den nicht nur
Arme und Bedürftige, sondern auch Freunde, Bekannte, Nachbarn u.a. eingeladen. Den Abschluss bildet ein dreitägiges
Fest(Bayram). Verwandte und Freunde besuchen sich gegenseitig und ältere Menschen wer-den nicht vergessen.
   Für Muslime birgt das Fasten viele Geheimnisse:

    -   Der Mensch, das Geschöpf Gottes wird sich besonders intensiv seines Schöpfers bewusst,
    -   Es dient der Stärkung des sozialen Empfindens.
    -   Es reguliert das persönliche Leben der Gläubigen.
    -   Es ist eine Schule der Selbstdisziplin.
    -   In diesen Tagen dankt der Gläubige Gott für die erhaltenen Gaben.

    Bediüzzaman Said Nursi sieht in der Schwäche des Glaubens an Gott die schwerste Krankheit, an der der Mensch
unseres Zeitalters leidet. Für ihn ist die Ursache der Krankheit in der Neigung begründet, technisches Wis-sen und
religiöse Weisheit als zwei getrennte und unversöhnliche Größen zu betrachten. Der Mensch in seiner Wirklichkeit ist
ein Wesen aus Materie und Geist. Jede einseitige Betrachtung des menschlichen Lebens, entweder allein vom
Gesichtspunkt der Naturwissenschaft aus oder nur vom Standpunkt der Geisteswissenschaften, führt zu einer
Verstärkung der Krise, in der sich der Mensch befindet. Das technische Wissen - im Abendland mit Vorrang behandelt
- zeigt seine hervorragenden Ergebnisse und Wirkungen unmittelbar. Leider ist das technische Wissen, trotz seines
Glanzes, völlig ausserstande die geistigen Wunden der Menschheit zu heilen. Im Ramadan fallen geis-tig – seelische
und materiell-körperliche Disziplinen zusammen. Im vierwöchigen Fasten kann der Mensch Hei-lung erfahren, Heilung
in seiner tiefen Krise.

                                                                                                    Redaktionsteam
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   Zum Fasten heißt es im Koran: „O, ihr die ihr glaubt, vorgeschrieben ist euch, zu fasten, sowie es denen
vorgeschrieben worden war, die vor euch lebten.“ 1

1   Koran: 2:183
7

ÜBER DEN RAMADAN

      Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Barmherzigen.

   „Der Monat Ramadan ist es, in dem der Koran herabgesandt wurde als Rechtleitung für die Menschen und als
deutliche Zeichen der Rechtleitung und der Unterscheidungsnorm.“ 2
DER ERSTE PUNKT
   Das Fasten im Ramadan ist eine der fünf Säulen des Islam, es ist eine der markantesten Äußerung der islamischen
Lebensart.
    Das Ramadan Fasten birgt viele Zwecke und Weisheiten, die sowohl auf die Herrlichkeit des Allmächtigen Gottes
als auch das gesellschaftliche Leben des Menschen, sein persönliches Leben und Erziehung seiner instinktiven Seele
gerichtet sind, ja auch auf seine Dankbarkeit für die Gnaden Gottes. Eins der vielen Beispiele der Weisheit, welche aus
der Sicht der Herrlichkeit des Allmächtigen Gottes im Ramadan liegen, ist folgendes:
   Der Allmächtige Gott hat die Oberfläche der Erde wie ein Tablett geschaffen, welches mit Wohltaten gefüllt ist. Auf
diesem Tablett sind alle Arten von Wohltaten angeordnet und zwar in der Form „Von wo er damit nicht rechnet.“3. Auf
diese Weise bestätigt es die Herrlichkeit Gottes, Seine Gnade und Seine Barmherzigkeit. Menschliche Wesen sind
unfähig dazu, die Wahrheit dieser Situation zu erkennen, solange sie sich in der Sphäre der Ursachen befinden, unter
dem Schleier der Achtlosigkeit. Manchmal vergessen sie es auch. Doch im Monat Ramadan werden die Menschen wie
ein wohlaufgestelltes Heer. Wenn sich der Sonnenuntergang nähert, zeigen sie eine Haltung der Verehrung, als ob sie
zum Bankett des Vorewigen Herren eingeladen worden wären und erwarten das Kommando „Bitteschön.“ Sie
begegnen so der barmherzigen, großartigen und allgemeinen Gnade durch umfassende, erhabene und geregelte
Verehrung.

DER ZWEITE PUNKT
  Einer der vielen Aspekte der Weisheit bezüglich der Dankbarkeit gegenüber den Gnaden des Allmächtigen Gottes,
welcher im Fasten während des gesegneten Monats Ramadan liegt, ist folgender:
   Wie im Ersten Wort festgestellt wurde, wird ein Preis für die Speisen gefordert, welche der Tablettträger aus der
königlichen Küche bringt. Aber, dem Träger des Tabletts ein Trinkgeld zu geben, und anzunehmen, diese Wohltaten
ohne einen Preis seien wertlos und nicht dem Einen zuzuerkennen, welche sie ihm gewährt hat, das wäre wohl eine
große Dummheit.
   Gott der Allmächtige hat unzählige Arten von Wohltaten für die Menschen über das Antlitz der Erde verstreut, für
die Er wiederum den Dank wünscht, als ein Entgelt für diese Wohltaten. Die offensichtlichen Gründe und Besitzer
dieser Wohltaten sind wie die Tablettträger. Wir zahlen ihnen einen gewissen Preis und sind ihnen etwas schuldig, und,
obwohl sie dies nicht verdienen, sind wir ihnen gegenüber mehr als respektvoll und dankbar. Doch der Wahre
Gewährer der Wohltaten verdient unendlich mehr den Dank also diese Gründe, welche letztlich nicht mehr als ein
Mittel für diese Wohltaten sind. Ihm zu danken bedeutet somit, anzuerkennen, dass die Wohltaten direkt von Ihm
kommen. Es bedeutet, ihren Wert anzuerkennen und sich darüber bewusst zu werden, dass man ihrer bedürftig ist.
  Das Fasten im Ramadan ist somit der Schlüssel für eine wahre, aufrichtige, intensive und allgemeine Dankbarkeit.
Was andere Zeiten im Jahr anbetrifft, so erkennen die Meisten derjenigen, die nicht in einer schwierigen Situation

2   Koran 2:185.
3   Koran 65:3.
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leben, nicht den Wert vieler Wohltaten, da sie keinen wirklichen Hunger empfinden. Diejenigen, deren Mägen voll
sind, und insbesondere, wenn sie reich sind, verstehen nicht den Grad der Wohltat, der in einem trockenem Stück Brot
liegt. Aber wenn die Zeit des Fastenbrechens kommt, so bezeugt der Geschmackssinn, dass das trockene Brot in den
Augen des Gläubigen die wertvollste Göttliche Wohltat ist. Im Ramadan bezeugt jeder, vom König bis hin zum Armen,
eine Art Dankbarkeit, indem er den Wert dieser Wohltaten versteht.
   Außerdem, da Essen während des Tages verboten ist, werden sie sagen: „Diese Wohltaten gehören nicht mir. Ich
besitze nicht die Freiheit, sie zu essen, denn sie sind der Besitz von jemand anderem und ein Geschenk. Ich warte auf
seinen Befehl.“ Sie erkennen an, dass die Wohltat eine Gnade ist und so werden sie danken. So ist das Fasten in vieler
Hinsicht wie ein Schlüssel zur Dankbarkeit, wobei die Dankbarkeit eine grundsätzliche Pflicht des Menschen ist.

DER DRITTE PUNKT
   Einer der vielen Aspekte der Weisheit, die im Fasten liegt, ist, aus der Sicht des gesellschaftlichen Lebens des
Menschen folgendes: Die Menschen wurden in Bezug auf ihren Unterhalt unterschiedlich geschaffen. Als eine Folge
dieses Unterschiedes, lädt Gott den Reichen ein, dem Armen zu helfen, so dass durch den Hunger, den der Reiche
während des Fastens spürt, er den Hunger und den Schmerz, unter dem der Arme leidet, wahrlich verstehen kann.
Gäbe es kein Fasten, so wären viele selbstsüchtige Reiche nicht in der Lage, wahrzunehmen, wie schmerzvoll Hunger
und Armut sind, wie sehr diejenigen der Barmherzigkeit bedürfen, die darunter leiden.
  In dieser Hinsicht bildet die Liebe zum Mitmenschen die Grundlage für die wahrhaftige Dankbarkeit gegen-über
Gott.
   Was auch immer für ein Mensch jemand ist, es wird immer jemanden geben, der in mancher Hinsicht ärmer ist als
er selbst. Er ist aufgefordert, dieser Person gegenüber barmherzig zu sein. Wenn er nicht selbst zum Hungern
gezwungen wäre, so wäre er nicht in der Lage, diesem Menschen – in barmherziger Weise – die Hilfe und den Beistand
zu geben, welche er zu leisten verpflichtet ist. Und selbst wenn er dazu in der Lage wäre, so wäre dies un-genügend,
denn er hätte den Zustand des Hungers nie selbst erfahren.

DER VIERTE PUNKT
    Ein Beispiel für die Weisheit, die bezüglich der Erziehung der Triebseele (Nefs) im Ramadan Fasten liegt, ist
folgendes: Die Seele möchte frei und unabhängig sein und sieht sich auch so. Entsprechend des Strebens in ihrer
Veranlagung wünscht sie eine eingebildete Herrlichkeit und möchte ihrem Willen entsprechend handeln. Sie möchte
sich nicht eingestehen, dass sie ein Wesen ist, welches durch unzählige Wohltaten unterstützt und erzogen wurde.
Insbesondere, wenn sie in dieser Welt Reichtümer und Macht besitzt und wenn Acht-losigkeit sie ermuntert. Dann
wird sie Gottes Wohltaten verschlingen in einer undankbaren Art und Weise. Doch im Monat Ramadan mag die Trieb-
Seele eines jeden Menschen, vom reichsten bis zum ärmsten, verstehen, dass sie nicht sich selbst gehört, sondern dass
sie völlig jemand anderen Besitzes ist. Er ist von Natur aus nicht ganz frei, sondern ein Diener. Sie begreift, dass sie,
wenn sie keinen Befehl erhält, noch nicht einmal in der Lage ist, die einfachste Sache zu verrichten. Sie kann noch nicht
einmal die Hand zum Wasser strecken. Ihre eingebildete Herrlichkeit ist somit erschüttert, sie verrichtet ihren
Gottesdienst und fängt an, Dank zu entrichten, was ihre wahre Pflicht ist.

DER FÜNFTE PUNKT
   Einer der vielen Aspekte der Weisheit, die im Ramadanfasten liegt, bezüglich der Verbesserung von Verhalten und
Führung der Trieb-Seele wie auch der Aufgabe ihrer aufrührerischen Gewohnheiten, ist folgender:
   Die menschliche Triebseele (Nefs) vergisst sich selbst aufgrund von Achtlosigkeit. Sie kann die absolute
Machtlosigkeit, ihre Ohnmacht und ihre Unvollkommenheit in sich selbst nicht sehen und möchte sie nicht sehen. Sie
denkt nicht darüber nach, wie schwach sie ist, und wie sie der Vergänglichkeit und den Katastrophen ausgesetzt ist,
noch denkt sie darüber nach, dass sie nur aus Fleisch und Knochen besteht, die schnell vergehen. Sie erschüttert die
Welt, als ob sie einen Körper aus Stahl besäße und stellt sich selbst als unsterblich und ewig vor. Sie wirft sich in die
Welt mit großer Gier und großem Eifer, leidenschaftlicher Zuneigung und Liebe. Sie ist gefangen durch al-les was ihr
Freude bereitet oder ihr nutzt. Ja, sie vergisst ihren Schöpfer, Der sie mit vollkommener Barmherzigkeit erhält, sie
überdenkt nicht die Folgen ihres Lebens und ihres Lebens im Jenseits. Wahrlich, sie wälzt sich in Unmoral.
   Doch das Fasten im Monat Ramadan richtet selbst beim Achtlosesten und Stursten die Aufmerksamkeit auf ihre
Schwäche, ihr Unvermögen und ihre Bedürfnisse. Durch den Hunger denken sie an ihre Mägen, sie begreifen das
Bedürfnis darin. Sie werden sich bewusst, wie unzuverlässig ihre schwachen Körper sind und begreifen, wie sehr sie
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auf Freundlichkeit und Barmherzigkeit angewiesen sind. So geben sie die Pharaonen-gleichen Aspekte der Seele auf,
und indem sie ihre absolute Machtlosigkeit erkennen, verspüren sie den Wunsch, am Göttlichen Hofe Zuflucht zu
suchen. Sie bereiten sich darauf vor, mit dankbaren Händen an die Tür der Gnade zu klopfen. So lange die Achtlosigkeit
ihre Herzen nicht zerstört hat...

DER SECHSTE PUNKT
   Einer der vielen Aspekte des Ramadanfastens aus der Sicht der Offenbarung des all-weisen Koran, unter
Berücksichtigung der Tatsache, dass der Monat Ramadan die wichtigste Zeit der Offenbarung war, ist folgender:
   Da der all-weise Koran während des Monats Ramadan offenbart wurde, bedeutet dies, dass man einen engels-
gleichen Zustand erreicht, indem man sich des Essens und Trinkens enthält, die niedrigen Wünsche der Seele, die
unwesentlichen Dinge vermeidet, um so diese himmlische Rede auf die beste Art und Weise zu begrüßen. Und den
Koran zu lesen und zu hören, als wäre er in diesem Moment offenbart worden, die Göttliche Rede zu hören, als höre
man sie von Gottes edlem Gesandten (Gottes Heil sei mit ihm), ja in der Tat vom Engel Gabriel, oder von dem Vor-
Ewigen Sprecher dieser Worte, dies bedeutet, den gleichen heiligen Zustand zu erreichen. Auf diese Wei-se zu handeln
bedeutet, als ein Überbringer zu handeln und andere dazu zu bringen, dem Koran zuzuhören und in einer gewissen
Weise die Weisheit zu zeigen, die in der Offenbarung des Koran liegt.
    Im Monat Ramadan verwandelt sich die islamische Welt gewissermaßen in eine Moschee.
   Es ist, als ob die Welt des Islams während des Monats Ramadan eine Moschee würde. In jeder Ecke dieser
mächtigen Moschee veranlassen Millionen von Rezitatoren (Hafiz), die den Koran auswendig können, die Erdbewohner
dazu, die himmlische Rede zu verkünden. Jeder Monat Ramadan verdeutlicht den Ayat „Der Monat Ramadan ist es, in
dem der Koran herabgesandt wurde“ 4 in eindrucksvoller strahlender Weise. Er beweist, dass der Ramadan der Monat
des Koran ist. Übrige Mitglieder dieser riesigen Versammlung hören in Ergebenheit auf den Vortrag der Hafize. Andere
lesen ihn still, jeder für selbst.
   Gibt man in solch einer heiligen Moschee den Wünschen der niederen Seele hin und verlässt den strahlenden
Zustand, indem man isst und trinkt, so ist dies sicher tadelnswert und verursacht den Abscheu der Versammlung
gegenüber dieser Person. Menschen, die denjenigen widersprechen, welche die im Monat Ramadan fasten, sind in
gleicher Weise Ziel des Abscheus der ganzen Welt des Islams.

DER SIEBTE PUNKT
  Einer der vielen Aspekte der Weisheit im Ramadanfasten aus der Sicht des Gewinns und des Nutzens für den
Menschen, der in diese Welt kommt, um für das Jenseits Ackerbau zu betreiben und zu handeln, ist folgender:
    Handlungen während des Monats Ramadan werden tausendfach belohnt. Nach5 einem Hadis hat jedes Wort des
all-weisen Koran zehn Verdienste, jedes wird als zehn Verdienste gerechnet und wird zehn Früchte im Para-dies
hervorbringen. Im Ramadan indes bringt jedes Wort nicht zehn Früchte hervor, sondern eintausend, und in Ayate wie
dem Thronayat6 Tausende für jedes Wort. Freitags im Ramadan sind es sogar noch mehr7. Und in der Nacht der
Macht, der leyle-i kadr, besitzt jedes Wort dreißigtausend Verdienste8.
   In der Tat, der all-weise Koran, dessen Worte jeweils dreißigtausend ewige Früchte hervorbringen, gleicht dem
strahlenden Tuba Baum, der im Ramadan für die Gläubigen Millionen dieser ewigen Früchte hervorbringt. So, kommt
und schaut euch diesen heiligen, ewigen und nutzbringenden Handel an, dann denkt darüber nach und versteht den
unendlichen Verlust, den diejenigen erleiden, die den Wert dieser Koranworte nicht schätzen.
   Um es einfach auszudrücken: der Monat Ramadan ist eine außerordentlich nutzbringende Ausstellung und ein
Markt für den Handel für das Jenseits. Er ist ein außerordentlich fruchtbares Stück Land für die Ernte des Jenseits. Er
wirkt auf das Wachstum und das Erblühen der Taten wie ein Aprilschauer im Frühjahr. Er ist wie eine strahlen-de
heiliger Promenade, welchen die Menschen zur Gottesverehrung begehen im Angesicht der Göttlichen Herrlichkeit.
Da dem so ist, wurde die Menschheit mit dem Fasten beauftragt, damit sie sich weder achtlos den tierischen
Bedürfnissen der niederen Seele ergebe indem sie isst und trinkt noch lustvoll dem Genuss und dem Appetit fröne.

4 Koran, 2:185.
5 Tirmidi, Fezailü’l-ül-Kuran,16; Mecmaü’z-Zewahid, 7:163.
6 Koran 37:180-2.
7 Deylemi, Müsnedü‘l Firdews, 3:130
8 Koran, 97:3.
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Indem der Mensch sich zeitweilig über das Animalische erhebt und sich von den Verlockungen der Welt abwendet,
erreicht er einen engelgleichen Zustand und nimmt den Handel des Jenseits auf. Indem er fastet, nähert er sich dem
Zustand des Jenseits und das einer Seele, die in körperlicher Gestalt erscheint. Es ist so, als würde der Mensch eine Art
Spiegel, die den Ewig Angeflehten reflektiert. Tatsächlich umfasst und erreicht der Monat Ramadan ein ewig
andauerndes Leben in dieser vergänglichen Welt und diesem vorrübergehenden Leben.
   Mit Sicherheit kann der Ramadan Früchte hervorbringen, die denen einer Lebenszeit von achtzig Jahren
entsprechen. Die Tatsache, dass, nach dem Koran, die Nacht der Macht (laylat-al Kadr) vielversprechender ist als tau-
send Monate, ist ein entscheidender Beweis dafür.
   So kann zum Beispiel ein Sultan bestimmte Tage zu Festtagen seiner Regierungszeit erklären, oder einen pro Jahr.
Entweder am Tag seiner Thronbesteigung oder an einem anderen Tag, welche die strahlende Erscheinung seiner
Souveränität manifestieren. An diesen Tagen behandelt er seine Untertanen mit besonderem Wohlwollen, jedoch
nicht im Bereich des Gesetzes, sondern durch besondere Wohltaten und Gefallen, durch seine unverschleierte
Anwesenheit und seine wunderbaren Handlungen. Und mit besonderer Rücksicht und Aufmerksamkeit schenkt er
denjenigen seiner Nation wohlwollende Aufmerksamkeit, die besonders ergeben sind und dieser Behandlung wert
sind.
   Auf die gleiche Art und Weise offenbarte der All-Glorreiche König der achtzigtausend Welten, Der Herrscher der
Vorewigkeit und der Nachewigkeit ist, die glänzende Verlautbarung des all-weisen Koran, der auf die achtzig-tausend
Welten schaut. Dann ist es eine Erfordernis der Weisheit, dass Ramadan wie ein besonderes Göttliches Fest sein sollte,
eine Ausstellung der Herrlichkeit und eine spirituelle Versammlung. Da Ramadan so ein Fest ist, wurde dem Menschen
befohlen, zu fasten, damit er zu einem gewissen Maße von niedrigen und tierischen Hand-lungen zu befreit wird.
   Die vollkommenste Form des Fastens jedoch ist die, die menschlichen Sinnesorgane, wie die Augen, die Ohren, das
Herz und die Gedanken zusammen mit dem Magen fasten zu lassen. Das bedeutet, sie von allen unerlaubten Dingen
und von Unwichtigem fern zu halten und sie dazu zu bringen, den ihnen eigenen Gottesdienst zu versehen.
    Um beispielsweise die Zunge vom Lügen abzuhalten, von übler Nachrede, obszöner Sprache fern zu halten und so
zu fasten, sie zu beschäftigen mit Aktivitäten wie den Koran zu rezitieren, zu beten, Gottes Namen zu preisen, um
Gottes Segen für den Propheten (Gottes Heil sei mit ihm) zu bitten und um die Vergebung der Sünden zu ersuchen.
Und zum Beispiel, die Augen daran zu hindern, Mitglieder des anderen Geschlechts, die nicht zum festgelegten Grade
der Verwandtschaft gehören, anzuschauen, die Ohren daran zu hindern, verletzende Dinge zu hören, die Augen zu
benutzen, um Lehren zu erhalten und die Ohren, um auf die Wahrheit und den Koran zu hören, dies heißt, die anderen
Organe ebenfalls fasten zu lassen. Da es eine Tatsache ist, dass der Magen die größte Fabrik ist, so wird er, wenn er
durch das Fasten von seiner Arbeit abgehalten wird, die anderen kleinen Werkstätten dazu bringen, ihm dabei leicht
zu folgen.

DER ACHTE PUNKT
     Eins der vielen Beispiele der Weisheit im Ramadan aus Sicht des persönlichen Lebens des Menschen ist folgendes:
    Es ist eine heilsame körperliche und geistliche Diät von wichtigster Art. Aus medizinischer Sicht ist das Fasten ein
Schutz. Wenn die Seele des Menschen dem Belieben nach isst und trinkt, ist dies vom medizinischen Stand-punkt aus
gesehen schädlich, und wenn sie sich auf alles stürzt, was ihr begegnet, ohne zu berücksichtigen, was erlaubt und was
nicht erlaubt ist, vergiftet sie ziemlich schnell ihr spirituelles Leben. Auch ist es für solch eine Seele schwierig, dem Herz
und dem Geist zu gehorchen. Sie nimmt eigenwillig die Zügel in die Hand. Der Mensch kann sie dann nicht reiten. Sie
reitet den Menschen. Durch den heiligen Ramadan gewöhnt sich die Seele durch das Fasten an eine Art von Diät, sie
bemüht sich, sich zu geziemen und lernt, den Geboten zu befolgen. Da sie in den schwachen Magen und den
Verdauungsapparat nicht Speise über Speise stopft, wird sie keine Krankheiten hervor-rufen. Indem sie selbst erlaubte
Handlungen unterlässt, so wie dies befohlen ist, erlangt sie die Fähigkeit, auf die Gebote der Scharia und des
Verstandes zu hören und so wird sie unerlaubte Handlungen unterlassen. Sie wird versuchen, das spirituelle Leben
nicht zu zerstören.
  Der größte Teil der Menschheit leidet oft unter Hunger. Darum brauchen die Menschen Hunger und Disziplin, eine
Übung für die Geduld und die Ausdauer. Das bedeutet: Das Fasten ist auch eine heilsame Behandlung für die Ungeduld
und fehlendes Durchhaltevermögen, welche das Leiden des Menschen verdoppeln.
   Darüber hinaus sind in der Fabrik des Magens viele Arbeiter beschäftigt. Auch stehen viele der menschlichen Organe
mit ihm in Verbindung. Wenn die Seele für einen Monat während des Tages keine Ruhepause einlegt, so lässt sie die
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Arbeiter der Fabrik ihre speziellen Aufgaben vergessen. Sie beschäftigt sie dann mit sich selbst, so dass sie, die Arbeiter,
unter ihrer Tyrannei bleiben. Auch verwirrt sie den Rest der Organe im menschlichen Körper durch den Lärm des
Räderwerks und den Rauch in der ideellen Fabrik. Sie zieht ständig die Aufmerksamkeit auf sich und lässt die Arbeiter
zeitweise ihre Pflichten vergessen. Darum haben sich seit Jahrhunderten diejenigen, die Gott am nächsten stehen, an
Disziplin gewöhnt und daran, wenig zu essen und zu trinken um vollkommen zu wer-den.
   Durch das Fasten im Ramadan verstehen die Fabrikarbeiter, dass sie nicht allein für die Fabrik geschaffen wurden.
Die übrigen Organe erfreuen sich, anstatt sich mit den niedrigen Freuden der Fabrik zu vergnügen, an en-gelhaften
und geistlichen Vergnügungen und daran, dass sie den Blick auf diese richten. Darum erfahren die Gläubigen während
des Monats Ramadan Erleuchtung, Wohltaten und spirituelle Freude entsprechend ihrer Stufen. Ihre feinfühligen
Sinne wie das Herz, der Geist und der Verstand schreiten mit Hilfe des Fastens in diesem gesegneten Monat voran.
Obwohl der Magen weint, lachen sie in erhabener Weise.

DER NEUNTE PUNKT
    Eines der Beispiele der Weisheit im Fasten des Ramadans bezüglich der Zerstörung der angemaßten Herrlichkeit
der Triebseele und die Weisheit darin, dass ihre Schwäche und ihr Gottesdienst bekannt gemacht wird, liegt in
folgendem:
   Die Triebseele (Nefs) möchte ihren Herrn nicht anerkennen, sie möchte ihre eigene, pharaonengleiche Herrlichkeit.
Was auch immer für Qualen sie erleidet, diese Tendenz bleibt vorhanden. Doch durch den Hunger wird dieser
Charakterzug gebrochen. Somit versetzt das Fasten im gesegneten Ramadan dem tyrannischen Aspekt der Seele (Nefs)
einen schweren Schlag, es bricht ihn. Es zeigt ihre Schwäche, ihre Unfähigkeit und ihre Armut. Es zeigt, dass sie ein
Diener ist und dass sie erschaffen wurde.
      Es gibt Hadise, die folgendes aussagen: Der Allmächtige Gott sagte zur Seele (Nefs):
      „Wer bin ich und wer bist du?“
      und die Seele antwortete:
      „Ich bin ich und du bist du.“
      Sie wurde gequält und in die Hölle geworfen und dann erneut gefragt:
      Sie antwortete wieder:
      „Ich bin ich und du bist du.“
   Was auch immer für eine Qual sie erlitt, sie gab ihren Egoismus nicht auf. Danach wurde sie durch Hunger gequält,
das heißt, sie bekam nichts zu essen. Sie wurde erneut gefragt:
      „Wer bin ich, wer bist du?“
      Sie antwortete:
      „Du bist mein gnädiger Herr, und ich bin dein unfähiger Diener.“ 9
   O Gott! Gewähre Segen und Heil unserem Meister Muhammed, so dass dir Zufriedenheit zuteilwerde und sein
Recht gewährt werde in der Zahl der Belohnungen entsprechend der Buchstaben des Koran im Monat Ramadan,
gewähre Segen und Heil auch seiner Familie und seinen Gefährten.
  „Preis sei dem Herrn, dem Herrn der Macht. [Er ist erhaben] über das, was sie schildern. Und Friede sei über den
Gesandten! Und Lob sei Gott, dem Herrn der Welten!“ 10

                                                             ***

9    El-Hablewi, Dürretü’l Vaizün, S,11.
10   Koran 37:180-182.
12

     Islamische Tradition und religiöser Dialog

    Die Erklärung der Gemeinschaft des Lichtes (Jama’at-un Nur) zu islamischen Traditionen und zum christlich-
islamischen Dialog

    Vom Begriff Islam werden drei Bereiche des menschlichen Lebens umschlossen: Der Glaube und die Religion; die
vom Islam geprägte Lebensweise (Orthopraxie) und die islamische Gesellschaftsordnung.
    Obwohl diese drei Kriterien gleichrangig sind, steht der Glaube obenan. Er verbindet die gesamte islamische Welt,
während die anderen Kriterien je nach Volk verschieden und unterschiedlich zum Tragen kommen. Auch in der
Diaspora begründet der Glaube an den Einen die islamische Existenz.
    Der islamische Glaube wiederum kennt sechs Grundartikel:
    -    Der Glaube an den einzigen Gott;
    -    Der Glaube an die Propheten Gottes;
    -    Der Glaube an die göttlichen Bücher und Schriften;
    -    Der Glaube an den Jüngsten Tag und an die Wiederauferstehung nach dem Tode;
    -    Der Glaube an Gottes Engel;
    -    Der Glaube an Gottes Vorhersehung und -bestimmung.
    Derjenige, der diese sechs Glaubensartikel annimmt, darf sich Moslem nennen. Aber das Akzeptieren alleine ist zu
wenig. Wie gesagt: “Ein Glaube ohne Tat ist wie ein Feld ohne Saat.” Deshalb hat jeder Muslim religiöse Pflichten. Die
Gelehrten fassen sie in fünf Sätzen zusammen. Es sind die fünf Pfeiler des Islam:
    1. Einen einzigen, barmherzigen und allmächtigen Gott und Muhammed als seinen Gesandten bezeugen;
    2. das tägliche fünfmalige Gebet;
    3. das Fasten;
    4. die Pilgerfahrt;
    5. Zakat: Die Abgabe beträgt %2,5 des jährlichen Einkommens.
    In dem der Gläubige diese fünf Sätze lebt, entwickeln sich jene Eigenschaften, die einen Muslim auszeichnet:
    -    Die Fähigkeit mitzuleiden;
    -    Respekt vor den Überzeugungen anderer Menschen zu haben;
    -    Zuverlässigkeit;
    -    Beachtung der göttlichen Gebote durch eine islamische Lebensweise;
    -    Beachtung der Gesetze und Normen, die sich die jeweilige Gesellschaft, in der man lebt, gegeben hat.
    In der Moderne wenden sich viele unserer Glaubensbrüder, insbesondere der jüngeren Generation aus Zweifel an
der Religion vom Glauben ab. Die Gründe dafür sind unseres Erachtens in dem Zustand zu suchen, dass in vielen
Familien die islamische Orthopraxie nicht mehr selbstverständlich leben, und der schulische Religionsunterricht fehlt.
In Folge dessen finden sie sich in der säkularisierten Welt nicht zurecht und laufen Gefahr, dem reinen Materialismus
und den vordergründigen Verlockungen der Spaßgesellschaft zu erliegen.
    In diesem Zusammenhang greifen wir Schüler Said Nursis gerne zum “Risale-i Nur”, dass sich in diesem
Zusammenhang mit dem Glauben an den Jüngsten Tag auseinandersetzt:
     Jeder Mensch ist eine kleine Welt für sich und sein persönlicher Umkreis, seine Familie, gleicht dem Paradies.
Wenn nun dieses persönliche Umfeld nicht auf dem Glauben an das Jenseits aufgebaut ist, kann es auf Dauer in
seelische Konflikte geraten, so dass das kleine Paradies sich in eine Hölle verwandelt. Er gleicht dem Vogel Strauß,
der seinem Jäger nicht entkommen kann und nun versucht, sich zu retten, indem er seinen Kopf in den Sand steckt.
Ebenso meinen viele Menschen, dass sie den Tod, die Zerstörung und Trennung aus ihren Gedanken verbannen
können, in dem sie sich betäuben.
    Eine Mutter zittert immer, wenn sie ihre Kinder gefährdet sieht. Ebenso verhält es sich mit den Kindern, wenn sie
hilflos einer Katastrophe gegenüberstehen, die auf ihre Eltern und Geschwister zukommt: Sie werden von Angst und
Kummer heimgesucht. Mit anderen Worten: Das anscheinend glückliche Leben einer Familie kann von den
Gegebenheiten und Realitäten des diesseitigen Lebens sehr schnell getrübt werden. Das diesseitige Leben reicht oft
nicht aus, um zu wahrer Hingabe und echter Aufrichtigkeit und Dienstbereitschaft zu gelangen.
    Anders verhält es sich dagegen, wenn der Glaube an die zukünftige Welt fester Bestandteil familiären
Zusammenlebens ist. In einem solchen Umfeld gedeihen Liebe, Zärtlichkeit, Hingabe und Nachsicht, da die
Überzeugung vorherrscht, dass die Diesseitigkeit familiären Zusammenlebens in den Zustand ewiger Glückseligkeit
ein-münden wird und das Zusammenleben fortdauert in der Familie der Zustand der Glückseligkeit.
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    Jede Stadt gleicht einer Familie. Wenn unter den Einwohnern der Glaube an das zukünftige Leben herrscht,
werden an die Stelle von Opportunismus, Parteilichkeit und Gerissenheit Charaktereigenschaften wie Aufrichtigkeit,
Hingabe, Opferbereitschaft in Gottes Willen und der Wunsch nach zukünftiger Belohnung.
    Ohne diesen Glauben kann das Leben einer Gemeinschaft vernichtet werden. Menschlichkeit wird zu einer
Maske, hinter der sich das Chaos und die Unmenschlichkeit verbergen. Kinder werden nicht mehr zum Fleiß an-
gehalten, junge Menschen werden unterdrückt.
    Es ist beispielspielweise eine Tatsache, dass vom Islam abgefallene Menschen eher zu Gottesleugnern werden, als
dass sie sich einer anderen religiösen Gemeinschaft anschließen, dass sie von der Ordnung ins Chaos fallen.
     Natürlich ist ein freiheitlicher und demokratischer Staat für gesellschaftliche Gefahren anfälliger als andere
Systeme. Als Beispiel kann die Bundesrepublik genannt werden, die allen Menschen ohne Unterschied
uneingeschränkt alle Freiheiten garantiert, d.h. auch solchen Menschen, die den demokratischen Staat und Seine
Ordnung ablehnen.
    Wir sind angesichts dieser Gefahren um die Zukunft unserer muslimischen Jugendlichen besorgt. Daher legen wir
Wert auf die Anerkennung der islamischen Religionsgemeinschaften durch die Bundesländer. Dazu gehört der
islamische Religionsunterricht an die öffentlichen Schulen als ordentliches Lehrfach gemäß Artikel 7(3) des GG und
die entsprechende Ausbildung an den Hochschulen, weil wir meinen, dass wir Schaden so von unserer Gemeinschaft
abwenden und auf diese Weise der Gesellschaft insgesamt dienen können.
    Der christlich-islamische Dialog, die Begegnung mit den evangelischen Landeskirchen und den deutschen
Diözesen, scheint uns in vielerlei Hinsicht wichtig zu sein, weil durch die gemeinsame Stärkung der ethischen und
moralischen Werte in unserer Gesellschaft die Wege, die zu Anarchie und Gewalt führen können, unterbunden
werden. Es gilt die Solidarität zwischen den muslimischen, christlichen, jüdischen und den anderen Bürgern unseres
Landes zu stärken.
    Die Gläubigen der abrahamischen Religionen unterhalten untereinander partnerschaftliche Beziehungen auf
gleicher Augenhöhe. So haben Belehrungen und Überheblichkeit haben keinen Platz in dieser Beziehung.
    Wir sind zu einem Dialog bereit, der geeignet ist, Brücken zwischen den Menschen, Christen und Muslimen, zu
bauen, weil wir glauben, dass ein solches Aufeinander zugehen zur Belebung der Frömmigkeit in aller Welt beitragen
kann.
    Als Angehörige der islamischen Minderheit in dieser Gesellschaft sehen wir uns aber auch deshalb zu Kontakten
mit den Christen verpflichtet, weil wir den Weg zu einer Art heiligen Allianz der beiden Religionen frei machen
möchten, um die Lebensrechte aller gläubigen Menschen sichern zu können.
    Unsere Erwartung besteht allerdings zunächst darin, dass die Muslime als gleichberechtigte Dialogpartner
anerkannt werden und bei der Lösung gesellschaftliche Probleme ebenso eingebunden werden wie die Kirchen.”

     Jama’at-un Nur (Gemeinschaft des Lichts),
     Medrese-i Nuriye Köln

     www.risale-buecher.de       E-Mail: info@risale-buecher.de
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