Arbeitsrecht Highlights - Norton Rose Fulbright
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Financial institutions Energy Infrastructure, mining and commodities Transport Technology and innovation Life sciences and healthcare Arbeitsrecht Highlights Employment Newsletter Januar 2019 Schwerpunkte Das neue Recht auf Brückenteilzeit ab 01.01.2019 Die neue Urlaubsrechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) Neuerungen Bundeskabinett beschließt Sozialversicherungsrechengrößen 2019 Mindestlohn nun EUR 9,19 Mindestlohn in der Arbeitnehmerüberlassung Aktuelle Rechtsprechung Abschluss und Inhalt von Arbeitsverhältnissen Beendigung von Arbeitsverhältnissen Betriebsverfassungsrecht Terminvorschau BAG
Arbeitsrecht Highlights Editorial Liebe Leserin und lieber Leser, am 01.01.2019 tritt die sogenannte Anschließend erhalten Sie wie Brückenteilzeit in Kraft. Dadurch gewohnt einen Überblick über aktuelle wird Teilzeitbeschäftigten zukünftig arbeitsrechtliche Entscheidungen zu die Rückkehr in eine Vollzeitstelle den Themen „Abschluss und Inhalt von erleichtert. Den rechtlichen Arbeitsverhältnissen“, „Beendigung Voraussetzungen und Folgen der von Arbeitsverhältnissen“ und Brückenteilzeit haben wir uns in dieser „Betriebsverfassungsrecht“. Ausgabe der „Arbeitsrecht Highlights“ in einem Schwerpunktthema Wenn Sie Fragen und Anregungen zu gewidmet. unserem Newsletter haben, würden wir uns sehr freuen, wenn Sie sich die Zeit In einem zweiten Schwerpunktthema nehmen und sich bei uns melden. Die stellen wir aktuelle Entscheidungen Kontaktdaten Ihrer Ansprechpartner des Europäischen Gerichtshofs finden Sie auf der letzten Seite dieses (EuGH) zu den Themen „Verfall Newsletters. von Urlaubsansprüchen“ und „Urlaubsabgeltung“ vor. Der EuGH Viel Freude und Information beim hat sich in diesen Entscheidungen Lesen! mit der Vererbbarkeit von Urlaubsabgeltungsansprüchen und mit Ihr Arbeitsrechtsteam von dem Verfall von Urlaubsansprüchen Norton Rose Fulbright ohne vorherige Einreichung eines Urlaubsantrags von Seiten des Arbeitnehmers beschäftigt. 02 Norton Rose Fulbright – Januar 2019
Schwerpunkt Schwerpunkt: Das neue Recht auf Brückenteilzeit ab 01.01.2019 „Wir müssen in Deutschland dafür sorgen, dass die Monate vor beantragtem Beginn Arbeit zum Leben besser passt und nicht umgekehrt“, der Brückenteilzeit in Textform einzureichen (§ 8 Abs. 2 TzBfG n. F.), so sagte Hubertus Heil (Bundesminister für Arbeit und dass ein Antrag per E-Mail ausreicht. Soziales) in der Bundestagsdebatte zur Änderung des Eine Ablehnung durch den Arbeitgeber Teilzeit- und Befristungsgesetzes am 18.10.2018. An muss spätestens einen Monat vor dem beantragten Beginn schriftlich erfolgen, jenem Tag beschloss der Bundestag ein Gesetz zur ansonsten gilt die Zustimmung des Einführung der sogenannten Brückenteilzeit, welches Arbeitgebers als erteilt (§ 8 Abs. 5 S. 1, 2 TzBfG). Eine Ablehnung per E-Mail ist nun am 01.01.2019 in Kraft getreten ist. Durch eine demnach nicht ausreichend. Neuregelung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) soll Teilzeitbeschäftigten die Rückkehr auf eine Sperrfristen für eine erneute Antragstellung sind in § 9 Abs. 5 TzBfG Vollzeitstelle in Zukunft erleichtert werden. n. F. festgelegt. Arbeitnehmer, welche aus der Brückenteilzeit zurückkehren Ab dem 01.01.2019 erhalten Gemäß § 9a Abs. 2 S. 2 TzBfG n. F. oder deren Antrag unter Berufung auf Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis können ferner nur Arbeitnehmer eine Überschreitung der in § 9a Abs. länger als sechs Monate bestanden eines Unternehmens mit in der Regel 2 TzBfG genannten Höchstgrenzen hat, die Möglichkeit, ihre vertraglich insgesamt mehr als 45 Arbeitnehmern abgelehnt wird, können erst nach vereinbarte Arbeitszeit für eine Dauer verlangen, dass ihre vertraglich Ablauf eines Jahres erneut einen von einem Jahr bis zu fünf Jahren zu vereinbarte Arbeitszeit verringert Antrag auf Brückenteilzeit stellen; verringern (§ 9a Abs. 1 S. 1, 2 TzBfG wird. Darüber hinaus sieht § 9a nach einer Ablehnung des Antrags neue Fassung). Nach Ablauf dieser Abs. 2 TzBfG n. F. einschränkend wegen entgegenstehender betrieblicher Zeit gilt dann wieder die vertraglich vor, dass Arbeitgeber, welche in der Gründe ist eine Sperrfrist von zwei vereinbarte Arbeitszeit (§ 9a Abs. 1 S. 1, Regel 45, aber nicht mehr als 200 Jahren einzuhalten. 2 TzBfG n. F.). Arbeitnehmer beschäftigen, pro begonnene 15 Mitarbeiter jeweils nur Arbeitnehmer dürfen im Rahmen Ein solcher Anspruch auf zeitlich einem Arbeitnehmer Brückenteilzeit ihrer Anträge auch die gewünschte begrenzte Verringerung der Arbeitszeit bewilligen müssen. Verteilung der Arbeitszeit angeben. besteht gemäß § 9a Abs. 2 S. 1 TzBfG Im Gesetz ist nicht geregelt, ob sich n. F. allerdings nur, soweit betriebliche Ein entsprechender Antrag des die Verteilung der Arbeitszeit nur auf Gründe nicht entgegenstehen. Arbeitnehmers ist spätestens drei die vorhandene Arbeitszeit oder auch Norton Rose Fulbright – Januar 2019 03
Arbeitsrecht Highlights auf eine Monats- beziehungsweise Jahresarbeitszeit bezieht. Wie bereits im Falle bisheriger Teilzeit-Anträge wird man wohl davon ausgehen müssen, dass selbst ein Antrag auf Verteilung der Arbeitszeit über das gesamte Jahr oder sogar über mehrere Jahre hinweg möglich ist, so dass die Arbeitnehmer hierdurch auch blockweise Freistellungen über mehrere Monate oder ein zum Beispiel einjähriges Sabbatical wählen können. Aus Sicht der Arbeitgeber wird in solchen Fällen aber zu prüfen sein, ob betriebliche Belange einem solchen Antrag entgegenstehen. Es bleibt abzuwarten, in welchem Umfang Arbeitnehmer von dieser neuen rechtlichen Möglichkeit Gebrauch machen werden, zumal für die familiären Situationen, die eine zeitweise Reduzierung der Arbeitszeit erfordern, bereits nach bisherigem Recht die Möglichkeiten der Elternzeit nach dem BEEG, der Pflegezeit nach dem PflZG sowie der Familienpflegezeit nach dem FPfZG bestehen. In jedem Fall müssen Arbeitgeber aber nun damit rechnen, dass Mitarbeiter künftig auch unabhängig von solchen familiären Situationen für begrenzte Zeiträume nur noch eingeschränkt zur Verfügung stehen werden. 04 Norton Rose Fulbright – Januar 2019
Schwerpunkt Schwerpunkt: Die neue Urlaubsrechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) Das nationale Arbeits- und Urlaubsrecht wird eine Übertragung des Urlaubs auf inzwischen maßgeblich durch unionsrechtliche das nächste Kalenderjahr (jeweils bis zum 31.03.) nur statthaft ist, Vorgaben geprägt. In jüngster Zeit hat der EuGH die wenn dringende betriebliche oder Rechte von Arbeitnehmern hinsichtlich des Verfalls von in der Person des Arbeitnehmers Urlaubsansprüchen und im Hinblick auf das Bestehen liegende Gründe dies rechtfertigen. Diese Regelung hält der EuGH für von Urlaubsabgeltungsansprüchen erneut gestärkt. nicht unionsrechtskonform. Nach Dabei hat der EuGH betont, dass der Anspruch auf der Entscheidung des EuGH komme es nur dann zu einem Verfall von bezahlten Jahresurlaub ein besonders schützenswerter Urlaubsansprüchen, wenn Arbeitgeber und bedeutsamer Grundsatz sei. An die Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer sowohl rechtzeitig stellen die aktuellen Entscheidungen des EuGH zum dazu aufgefordert haben, ihre Urlaubsansprüche zu nehmen, als Teil erhebliche Anforderungen. auch rechtzeitig darüber informiert haben, dass der Urlaub am Ende Bereits mit seiner Entscheidung vom (EuGH v. 22.11.2011, C-214/10), sei des Bezugszeitraumes oder eines 29.11.2017 hatte der EuGH die Rechte in Fällen der vorliegenden Art nicht zulässigen Übertragungszeitraumes der Arbeitnehmer in Bezug auf den vorzunehmen. im Falle einer Nichtinanspruchnahme Verfall von Urlaubsansprüchen gestärkt verfällt. Arbeitgeber sollten daher ihre (EuGH v. 29.11.2017, C-214/16). Nach einer neuen Entscheidung Mitarbeiter künftig rechtzeitig und Hiernach können Urlaubsansprüche des EuGH vom 06.11.2018 nachweisbar auf die Urlaubsausübung von Scheinselbständigen unbegrenzt haben Arbeitgeber gegenüber ihrer Mitarbeiter hinwirken und übertragen werden, wenn der ihren Arbeitnehmern eine diese aktiv und unter Hinweis Arbeitgeber dem Arbeitnehmer keinen Informationspflicht betreffend den auf den möglichen Verfall des bezahlten Urlaub angeboten hat. Dies Verfall von Urlaubsansprüchen Urlaubsanspruchs zur Ausübung wurde von Seiten des EuGH damit (EuGH v. 06.11.2018, C-684/16). desselben auffordern. begründet, dass Unsicherheiten im Dieser Entscheidung zufolge verfallen Hinblick auf die Vergütung des Urlaubs Urlaubsansprüche entgegen der Schließlich hat der EuGH auch dem Erholungszweck zuwiderlaufen Regelung im deutschen Urlaubsrecht hinsichtlich der Urlaubsabgeltung und eine abschreckende Wirkung (§ 7 Abs. 3 S. 1 Bundesurlaubsgesetz die Rechte der Arbeitnehmer entfalten würden. Eine Begrenzung (BUrlG)) nicht stets ersatzlos, wenn sie und ihrer Erben gestärkt. Nach des Übertragungszeitraums auf 15 nicht bis zum Jahresende genommen einer Entscheidung des EuGH Monate, wie es für Urlaubsansprüche werden. Nach dem bisherigen vom 06.11.2018 verfallen angenommen wird, die ein deutschen Urlaubsrecht verfallen Urlaubsansprüche selbst im Falle Arbeitnehmer krankheitsbedingt nicht Urlaubsansprüche am Ende des des Todes von Arbeitnehmern nicht wahrnehmen konnte jeweiligen Kalenderjahres, wobei (EuGH v. 06.11.2018, C-569/16, Norton Rose Fulbright – Januar 2019 05
Arbeitsrecht Highlights C-570/16). Vielmehr seien und Elternzeitgesetz (BEEG)) als gehindert oder auch nur mittelbar Urlaubsabgeltungsansprüche vererbbar unionsrechtskonform anzusehen ist. davon abgehalten werden dürfen, den und zwar unabhängig davon, ob der ihnen zustehenden Mindesturlaub zu Erblasser bereits vor seinem Tod einen Eine weitere aktuelle Entscheidung nehmen. Urlaubsabgeltungsanspruch hatte des EuGH vom 13.12.2018 (C- oder nicht. Mit dieser Entscheidung 385/17) bezog sich auf eine Regelung Hinsichtlich einzelner Details und erteilte der EuGH der bisherigen zum Urlaub bei Kurzarbeit in Folgefragen bleibt abzuwarten, Rechtsprechung des BAG eine klare einem Tarifvertrag der deutschen wie die Gerichte die vom EuGH Absage. Das BAG hatte bislang Baubranche. Dort war geregelt, entwickelten Grundsatzentscheidungen die Möglichkeit einer Abgeltung dass bei „Kurzarbeit Null“ zwar der konkretisieren werden. Festzuhalten von Urlaubsansprüchen für Erben tarifliche Urlaubsanspruch in vollem bleibt aber, dass das deutsche nur in Fällen anerkannt, in denen Umfang bestehen bleibt, jedoch die Urlaubsrecht weiterhin einer im beim Verstorbenen bereits vor während des Urlaubs zu zahlende Wesentlichen vom EuGH angetriebenen dessen Ableben ein Anspruch auf Vergütung entsprechend anteilig stetigen Veränderung unterliegt. Urlaubsabgeltung entstanden war (BAG gekürzt wird. Dies hat der EuGH v. 12.03.2013, 9 AZR 532/11). jedenfalls für den europarechtlichen Mindesturlaubsanspruch von vier Entgegen dieser ansonsten restriktiven Wochen für unzulässig erklärt. Rechtsprechung zum Verfall von Nach Auffassung des EuGH wäre in Urlaubsansprüchen hat der EuGH solchen Fällen zwar eine Kürzung demgegenüber in einer Entscheidung des Urlaubsanspruchs, d.h. eine vom 04.10.2018 festgestellt, dass eine Reduzierung der Urlaubstage, Urlaubskürzung während der Elternzeit zulässig, die Höhe der während des europarechtskonform sei (EuGH v. Urlaubs gewährten Vergütung müsse 04.10.2018, C-12/17). Dies hat zur jedoch dem gewöhnlichen Entgelt Folge, dass auch die nach deutschem sprechen. Andernfalls könne der Recht vorgesehene Möglichkeit Arbeitnehmer veranlasst sein, seinen einer Kürzung des Erholungsurlaubs ihm zustehenden Jahresurlaub nicht während der Elternzeit um ein Zwölftel zu nehmen. Der EuGH hat auch mit für jeden vollen Kalendermonat dieser Entscheidung den Grundsatz (§ 17 Abs. 1 Bundeselterngeld- bekräftigt, dass Arbeitnehmer nicht 06 Norton Rose Fulbright – Januar 2019
Neuerungen Neuerungen Bundeskabinett beschließt Monat (2018: 5.800 Euro/Monat). Krankenversicherung möglich. Sozialversicherungsrechengrößen Die bundesweit einheitliche 2019 Beitragsbemessungsgrenze für • Die Bezugsgröße erhöht sich in den das Jahr 2019 in der gesetzlichen alten Bundesländern auf 3.115 Das Bundeskabinett hat am Krankenversicherung soll in Zukunft Euro/Monat (2018: 3.045 Euro/ 10.10.2018 die Verordnung über die 54.450 Euro jährlich (2018: Monat). Im Osten steigt sie auf Sozialversicherungsrechengrößen 53.100 Euro) beziehungsweise 2.870 Euro/Monat (2018: 2.695 2019 beschlossen. Mit der 4.537,50 Euro monatlich (2018: Euro/Monat). Die Bezugsgröße Verordnung werden die maßgeblichen 4.425 Euro) betragen. Die ist für zahlreiche Werte in der Rechengrößen der Sozialversicherung Beitragsbemessungsgrenze markiert Sozialversicherung von Bedeutung, gemäß der Einkommensentwicklung das Maximum, bis zu dem in den beispielsweise für die Festsetzung turnusgemäß angepasst. Die den Sozialversicherungen Beiträge der Beitragsbemessungsgrundlage Sozialversicherungsrechengrößen erhoben werden. Der über diesen für freiwillige Mitglieder in der 2018 zugrundeliegende Grenzbetrag hinausgehende Teil gesetzlichen Krankenversicherung Einkommensentwicklung im Jahr 2017 eines Einkommens ist beitragsfrei. sowie für die Beitragsberechnung betrug im Bundesgebiet 2,52 % (2,46 von versicherungspflichtigen % West und 2,83 % Ost). • Die bundesweit einheitliche Selbständigen in der gesetzlichen Versicherungspflichtgrenze in der Rentenversicherung. • Die Beitragsbemessungsgrenze in gesetzlichen Krankenversicherung der allgemeinen Rentenversicherung steigt auf 60.750 Euro (2018: steigt im Westen auf 6.700 Euro/ 59.400 Euro). Überschreitet Monat (2018: 6.500 Euro/ der Jahresverdienst die Monat) und in den neuen Versicherungspflichtgrenze, so ist Bundesländern auf 6.150 Euro/ eine Versicherung in einer privaten Die wichtigsten Rechengrößen für das Jahr 2019 im Überblick: Rechengröße West Ost Beitragsbemessungsgrenze für die allgemeine 6.700 Euro/Monat 6.150 Euro/Monat Rentenversicherung Beitragsbemessungsgrenze für die 8.200 Euro/Monat 7.600 Euro/Monat knappschaftliche Rentenversicherung Versicherungspflichtgrenze in der GKV 60.750 Euro/Jahr (5.062,50 Euro/Monat) Beitragsbemessungsgrenze in der GKV 54.450 Euro/Jahr (4.537,50 Euro/Monat) Bezugsgröße in der Sozialversicherung 3.115 Euro/Monat 2.870 Euro/Monat Norton Rose Fulbright – Januar 2019 07
Arbeitsrecht Highlights Die Sozialversicherungsbeiträge werden nach folgenden Prozentsätzen in Bezug zum Gehalt bzw. den beitragspflichtigen Einnahmen insgesamt berechnet: Sozialversicherung Gesamt in Prozent Anteil Arbeitgeber Anteil Arbeitnehmer in Prozent in Prozent Rentenversicherung 18,6 9,3 9,3 Arbeitslosenversicherung 2,5 1,25 1,25 Krankenversicherung (allgemeiner 14,6 + Zuschlag 7,3 + ½ Zuschlag 7,3 + ½ Zuschlag Beitragssatz) + Zuschlag Pflegeversicherung 3,05 1,525 1,525 Zuschlag für Kinderlose über 23 Jahre in der 0,25 0 0,25 Pflegeversicherung Mindestlohn nun EUR 9,19 Mindestlohn in der In den übrigen Bundesländern beträgt Arbeitnehmerüberlassung das Mindeststundenentgelt gemäß § Die Zweite 2 Abs. 2 lit. b LohnUGAÜV 3 in der Mindestlohnanpassungsverordnung Gemäß § 2 Abs. 2 lit. a LohnUGAÜV Zeit vom 01. April 2019 bis zum 30. wurde am 20. November 2018 im 3 beträgt das Mindeststundenentgelt September 2019 9,79 Euro und in der Bundesgesetzblatt verkündet. Danach in Berlin, Brandenburg, Mecklenburg- Zeit vom 01. Oktober 2019 bis zum 31. steigt der gesetzliche Mindestlohn zum Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt Dezember 2019 9,96 Euro. 01. Januar 2019 auf 9,19 Euro brutto und Thüringen in der Zeit vom 01. und zum 01. Januar 2020 auf 9,35 Januar 2019 bis zum 30. September Euro brutto. 2019 9,49 Euro und in der Zeit vom 01. Oktober 2019 bis zum 31. Dezember 2019 9,66 Euro. 08 Norton Rose Fulbright – Januar 2019
Aktuelle Rechtsprechung Aktuelle Rechtsprechung Abschluss und Inhalt von Klage, um feststellen zu lassen, dass Sachgrundes im Sinne des § 14 Arbeitsverhältnissen über den 31.12.2014 hinaus eine Abs. 1 TzBfG sei jedoch im zu Arbeitszeit von 74,67 % der tariflichen entscheidenden Fall nicht ersichtlich. Befristung einer regelmäßigen Arbeitszeit gilt. Die Arbeitszeiterhöhung der Klägerin Arbeitszeiterhöhung galt danach unbefristet fort. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) Die Befristung einer entschied zu Gunsten der Klägerin (BAG v. 25.04.2018 – 7 AZR 520/16) Arbeitszeiterhöhung in erheblichem und erachtete die Befristung der Umfang (mind. ca. 25 % einer Klägerin als unwirksam. Die Befristung Vollzeitbeschäftigung) ist ohne der Arbeitszeiterhöhung halte einer Tipp für die Praxis: Vorliegen eines Sachgrundes im Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB • Bei befristeten Änderungen einzelner Sinne des § 14 Abs. 1 TzBfG wegen nicht stand, sondern sei aufgrund einer Bedingungen des Arbeitsvertrages Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 BGB unangemessenen Benachteiligung sind Vorsicht und eine rechtliche unwirksam. der Klägerin unwirksam. Bei einer Prüfung geboten. Derartige Arbeitszeiterhöhung in erheblichem Befristungen sind unter Umständen Die Parteien stritten über die Umfang seien Umstände erforderlich, unwirksam, so dass die nur befristet Wirksamkeit der Befristung einer welche die Befristung eines beabsichtigte Regelung dann Arbeitszeiterhöhung. Die Klägerin war Arbeitsvertrags insgesamt nach gegebenenfalls dauerhaft gilt. zunächst in Vollzeit (38,5 Stunden) § 14 Abs. 1 TzBfG rechtfertigen und später zu 50 % der regelmäßigen könnten. Eine Arbeitszeiterhöhung Arbeitszeit bei der Beklagten in erheblichem Umfang sei ab einem beschäftigt. Für den Zeitraum vom Aufstockungsvolumen von mindestens 01.03.2012 bis zum 28.02.2013 25 % einer entsprechenden vereinbarten die Parteien eine Vollzeitbeschäftigung anzunehmen. befristete Erhöhung der Arbeitszeit von Eine geringfügige Unterschreitung 50 % auf 74,67 % der regelmäßigen dieses Wertes (24,67 %) sei Arbeitszeit. Die Arbeitszeiterhöhung ausnahmsweise unerheblich, wenn wurde auf Bitten der Arbeitnehmerin hierdurch lediglich die Errechnung für die Zeit vom 01.03.2013 bis zum einer täglichen Arbeitszeit mit einem 31.12.2014 nochmals verlängert. Die Bruchteil von Minuten vermieden Klägerin erhob vor dem Arbeitsgericht werden sollte. Das Vorliegen eines Norton Rose Fulbright – Januar 2019 09
Arbeitsrecht Highlights die Vertretungskette zwischen dem Befristung wegen mittelbarer vereinnahmte Gelder nicht in die Vertretenen und dem Vertreter Vertretung Registrierkasse gelegt hat. Der Beklagte darlegen, wobei eine schriftliche kündigte das Arbeitsverhältnis Dokumentation nicht erforderlich sei. Bei einer mittelbaren Vertretung daraufhin fristlos. Eine solche Vertretungskette hatte die hat der Arbeitgeber zur Darstellung Beklagte vorliegend nach Ansicht des des Kausalzusammenhangs die Das LAG Hamm hatte der BAG ausreichend dargelegt. Vertretungskette zwischen dem Kündigungsschutzklage der Klägerin Vertretenen und dem Vertreter stattgegeben. Das LAG Hamm hatte (BAG v. 21.02.2018 – 7 AZR 696/16) darzulegen. seine Entscheidung damit begründet, dass Videoaufzeichnungen nach Die Klägerin war vom 01.11.2010 Ablauf von nahezu sechs Monaten bis zum 15.07.2015 aufgrund von Tipp für die Praxis: nicht mehr rechtmäßig gespeichert zehn befristeten Arbeitsverträgen • Wenngleich eine schriftliche werden dürften und von da an einem bei der Beklagten, der Freien und Dokumentation der jeweiligen Beweisverwertungsverbot unterliegen Hansestadt Hamburg, als Lehrkraft Vertretungskette bei nur mittelbarer würden. Gemäß § 6b Abs. 5 BDSG im Unterrichtsfach „Darstellendes Vertretung rechtlich nicht erforderlich a. F. sind Daten unverzüglich zu Spiel“ tätig. Zuletzt war sie zur ist, so dürfte es sich empfehlen, löschen, wenn sie zur Erreichung des Vertretung der Lehrkraft Frau R mit eine entsprechende Notiz in die Zwecks nicht mehr erforderlich sind den Unterrichtsfächern „Bildende Personalakte aufzunehmen, oder schutzwürdige Interessen der Kunst“ und „Mathematik“ befristetet um spätere Unklarheiten oder Betroffenen einer weiteren Speicherung beschäftigt. Die Klägerin vertrat die Erinnerungslücken zu vermeiden. entgegenstehen. Lehrkraft Frau R nicht unmittelbar. Vielmehr wurden die Kurse von Frau R Offene Videoüberwachung Das BAG hat das auf unterschiedliche Lehrkräfte verteilt. Berufungsurteil hinsichtlich des Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Die Speicherung von Bildsequenzen Kündigungsschutzantrags aufgehoben Feststellung, dass die Befristung ihres aus einer rechtmäßigen und die Sache zur neuen Verhandlung Arbeitsvertrages unwirksam ist. Videoüberwachung wird und Entscheidung an das LAG nicht durch bloßen Zeitablauf Hamm zurückverwiesen. Sollte es Die Klage hatte keinen Erfolg. Vielmehr unverhältnismäßig. sich um eine rechtmäßige offene ist die Befristung nach Auffassung Videoüberwachung gehandelt haben, des BAG durch den Sachgrund der Die Klägerin war in einem von so wäre nach Auffassung des BAG Vertretung nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 dem Beklagten betriebenen Tabak- die Verarbeitung und Nutzung der TzBfG gerechtfertigt. Zwar erfordere und Zeitschriftenhandel tätig. einschlägigen Bildsequenzen nach § 32 der Sachgrund der Vertretung einen Dort installierte der Beklagte eine Abs. 1 S. 1 BDSG a. F. zulässig gewesen Kausalzusammenhang zwischen offene Videoüberwachung. Mit den und hätte nicht das allgemeine dem zeitweiligen Ausfall des Aufzeichnungen beabsichtigte er Persönlichkeitsrecht der Klägerin Vertretenen und der Einstellung sein Eigentum vor Straftaten zu verletzt. Auch habe der Arbeitgeber einer Vertretungskraft. Dieser schützen. Nachdem ein Fehlbestand das Bildmaterial nicht sofort auswerten Kausalzusammenhang sei aber bei Tabakwaren festgestellt worden müssen, sondern solange warten nicht nur bei einer unmittelbaren war, entschloss sich der Beklagte im dürfen, bis er dafür einen berechtigten Vertretung zu bejahen, sondern auch August 2016 zu einer Auswertung Anlass sah. bei einer mittelbaren Vertretung. Im der Videoaufzeichnungen. Diese Falle einer mittelbaren Vertretung Auswertung ergab, dass die Klägerin (BAG v. 23.08.2018 – 2 AZR 133/18) müsse der Arbeitgeber allerdings an zwei Tagen im Februar 2016 10 Norton Rose Fulbright – Januar 2019
Aktuelle Rechtsprechung Hemmung von Ausschlussfristen Die Klage hatte vor dem BAG Erfolg. Tipps für die Praxis: wegen Vergleichsverhandlungen Nach Auffassung des BAG hatte der • Die Parteien müssen nach dieser Kläger die dreimonatige Ausschlussfrist Entscheidung nicht allein zur Eine Ausschlussfrist ist in zur gerichtlichen Geltendmachung Wahrung der Ausschlussfrist bereits entsprechender Anwendung des seiner Ansprüche gewahrt, weil während der noch laufenden § 203 S. 1 BGB gehemmt, solange die Ausschlussfrist für die Dauer Vergleichsbemühungen Klage die Parteien außergerichtliche der Vergleichsverhandlungen erheben. Vergleichsverhandlungen führen. entsprechend der für die Verjährung Der Zeitraum während der geltenden Regelung (§ 203 S. 1 BGB) • Allerdings ist in derartigen Vergleichsverhandlungen wird gehemmt gewesen sei. Das Ende der Fällen kontinuierlich zu prüfen, entsprechend § 209 BGB in die Vergleichsverhandlungen könne ob beziehungsweise wann die Ausschlussfrist nicht eingerechnet. auf einen Tag datiert werden, an Verhandlungen gegebenenfalls welchem ein Telefonat zwischen den bereits als gescheitert zu betrachten Der Arbeitnehmer war vom anwaltlichen Vertretern der Parteien sind und dann unter Umständen 01.01.2014 bis zum 31.07.2015 stattgefunden habe, bei dem der sehr kurzfristig gerichtliche Schritte bei dem Beklagten beschäftigt. Sein Beklagte dem Kläger unstreitig ein eingeleitet werden müssen. Arbeitsvertrag enthielt eine Klausel, neues und letztes Vergleichsangebot der zufolge Ansprüche aus dem unterbreitet habe. Frühestens zu Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie diesem Zeitpunkt habe der Beklagte nicht innerhalb von drei Monaten ab die Fortsetzung der Verhandlungen Fälligkeit schriftlich geltend gemacht verweigert. Die Wirkung der Hemmung und bei Ablehnung innerhalb von ergebe sich aus einer analogen weiteren drei Monaten ab Zugang Anwendung des § 209 BGB. Danach der Ablehnung bei Gericht anhängig wird der Zeitraum der Hemmung gemacht werden. Mit Schreiben der Ausschlussfrist nicht in die vom 14.09.2015 forderte der Kläger Frist eingerechnet. § 203 S. 2 BGB, von dem Beklagten die Abgeltung der bestimmt, dass die Verjährung von 32 Urlaubstagen sowie von frühestens drei Monate nach dem 182,25 Überstunden, die sich bis zur Ende der Hemmung eintritt, finde auf Beendigung des Arbeitsverhältnisses arbeitsrechtliche Ausschlussfristen auf dem Arbeitszeitkonto des Klägers hingegen keine Anwendung. angesammelt hatten. Der Arbeitgeber lehnte die Ansprüche ab. Es folgten (BAG v. 20.06.2018 – 5 AZR 262/17) Vergleichsverhandlungen zwischen den Parteien, die bis zum 25.11.2015 andauerten, aber letztendlich erfolglos blieben. Daraufhin erhob der Kläger Klage, mit der er seine Ansprüche weiterverfolgte. Norton Rose Fulbright – Januar 2019 11
Arbeitsrecht Highlights Vorlagepflicht für erweitertes solche Pflicht bestehe aber nur, Arbeitstagen. Die Beklagte kündigte Führungszeugnis wenn das Informationsinteresse des das Arbeitsverhältnis mit Schreiben Arbeitgebers das Schutzinteresse des vom 22.08.2016 außerordentlich mit Eine Pflicht des Arbeitnehmers, Arbeitnehmers bezogen auf seine Auslauffrist zum 31.03.2017. Der dem Arbeitgeber ein erweitertes persönlichen Daten überwiege. Dies sei Kläger erhob Kündigungsschutzklage Führungszeugnis vorzulegen, kann regelmäßig der Fall, wenn der jeweilige und hatte in den ersten beiden sich aus dem Rücksichtnahmegebot Mitarbeiter bestimmungs- oder Instanzen Erfolg. des § 241 Abs. 2 BGB ergeben, wenn arbeitsplatzgemäß Kontakt mit Kindern das Informationsinteresse des und Jugendlichen habe. Bei einem Das BAG gab der Revision der Arbeitgebers das Schutzinteresse des Arbeitnehmer, der ausschließlich im Beklagten statt und wies die Sache zur Arbeitnehmers bezogen auf seine kaufmännischen Bereich tätig sei, neuen Verhandlung und Entscheidung persönlichen Daten überwiegt. überwiege hingegen regelmäßig dessen an das LAG Köln zurück. Dabei stellte Schutzinteresse. es fest, dass Arbeitsunfähigkeit Die Parteien stritten über die Pflicht in Folge von Krankheit einen des Arbeitnehmers, dem Arbeitgeber (LAG Hamm v. 26.01.2018 – 10 Sa wichtigen Grund im Sinne des § ein erweitertes Führungszeugnis im 1122/17) 626 Abs. 1 BGB darstellen könne. Sinne des § 30a Abs. 1 Nr. 2 lit. a Eine außerordentliche Kündigung Bundeszentralregistergesetz (BZRG) Beendigung von komme aber nur dann in Betracht, vorzulegen. Gemäß § 30a Abs. 1 Nr. 2 Arbeitsverhältnissen wenn die ordentliche Kündigung lit. a BZRG wird einer Person auf Antrag aufgrund tarif- oder einzelvertraglicher ein erweitertes Führungszeugnis Kündigung wegen häufiger Vereinbarungen ausgeschlossen sei. erteilt, wenn das Führungszeugnis für Kurzerkrankungen Die außerordentliche Kündigung eine berufliche oder ehrenamtliche mit notwendiger Auslauffrist Beaufsichtigung, Betreuung, Erziehung Eine Entgeltfortzahlung für mehr als könne gerechtfertigt sein, wenn oder Ausbildung Minderjähriger ein Drittel der jährlichen Arbeitstage aufgrund der zu erwartenden benötigt wird. Die im Bereich der bei häufigen Kurzzeiterkrankungen Entgeltfortzahlungskosten ein Jugendhilfe tätige Beklagte beschäftigt kann eine außerordentliche gravierendes Missverhältnis zwischen den Kläger als kaufmännischen Kündigung mit Auslauffrist Leistung und Gegenleistung Mitarbeiter. Der Kläger hat im Rahmen rechtfertigen. bestehe. Dies sei anzunehmen, seiner Tätigkeit weder Kontakt zu wenn für durchschnittlich mehr Kindern und Jugendlichen noch Der seit 1992 beschäftigte und als 1/3 der jährlichen Arbeitstage Zugriffsmöglichkeiten auf Akten von tariflich unkündbare Kläger hatte Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall Minderjährigen. in den zurückliegenden Jahren zu leisten ist. Krankengeld-Zuschüsse erhebliche und wiederholte sind dabei nach Auffassung des BAG Der Entscheidung des LAG Hamm Arbeitsunfähigkeitszeiten aufgewiesen. regelmäßig nicht zu berücksichtigen. zufolge kann sich aus dem allgemeinen In der Zeit vom 29.09.2011 bis Häufige Kurzzeiterkrankungen in Rücksichtnahmegebot des § 241 Abs. 2 mindestens zum 28.03.2013 fehlte der Vergangenheit können indiziell BGB zwar grundsätzlich eine Pflicht des er ununterbrochen. Im Übrigen für eine entsprechende künftige Arbeitnehmers ergeben, ein erweitertes handelte es sich jeweils um kürzere Entwicklung sprechen. Für die Führungszeugnis vorzulegen. Eine Zeiträume von zumeist höchstens zehn Erstellung der Gesundheitsprognose 12 Norton Rose Fulbright – Januar 2019
Aktuelle Rechtsprechung sei regelmäßig ein Referenzzeitraum Das BAG wies die Sache an das Fristlose Kündigung – von drei Jahren maßgeblich. Besteht LAG Hamm zurück. Bewusst Selbstwiderlegung der eine solche Prognose, so hat noch wahrheitswidriger Prozessvortrag Unzumutbarkeit durch eigenes eine umfassende Interessenabwägung eines Arbeitnehmers sei geeignet, die Verhalten des Arbeitgebers unter Einbeziehung unter anderem künftige Zusammenarbeit erheblich zu der Dauer der zunächst störungsfreien beeinträchtigen. Auf die strafrechtliche Bietet der Arbeitgeber nach dem Betriebszugehörigkeit des Mitarbeiters, Einordnung des Prozessvortrags und Ausspruch einer außerordentlichen einer betrieblichen Krankheitsursache, der Entscheidungserheblichkeit des Kündigung eine Weiterbeschäftigung möglicher Unterhaltspflichten, Vortrags komme es nicht an. für einen begrenzten Zeitraum schlechter Arbeitsmarktchancen und an, so lässt dies darauf schließen, des Lebensalters zu erfolgen. (BAG v. 24.05.2018 – 2 AZR 73/18) dass dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung zumutbar (BAG v. 25.04.2018 - 2 AZR 6/18) und die fristlose Kündigung nicht Tipp für die Praxis: gerechtfertigt war. Arbeitgeberseitiger • Im Rahmen eines Auflösungsantrag Kündigungsschutzverfahrens kommt Die Klägerin hatte an vier Tagen im es in der Praxis häufig zu unwahrem August und September 2017 den Bewusst wahrheitswidrige Vortrag der Klägerseite. Im Falle Arbeitsbeginn um insgesamt 135 Erklärungen des Arbeitnehmers eines bewusst unwahren Vortrags Minuten zu früh in einer Excel-Tabelle in einem Rechtsstreit mit seinem kann dies sowohl eine fristlose angegeben und so ihre Arbeitszeit Arbeitgeber können die Auflösung Kündigung wegen Prozessbetrugs vorsätzlich falsch dokumentiert. Am des Arbeitsverhältnisses nach § 9 als auch einen Auflösungsantrag 19.10.2017 erfolgte diesbezüglich eine KSchG rechtfertigen. rechtfertigen. Aus Arbeitgebersicht Anhörung. In diesem Rahmen erklärte erweist sich ein solches Vorgehen oft die Beklagte die außerordentliche Die Beklagte hatte das Arbeitsverhältnis als hilfreich und empfehlenswert. Kündigung mit dem Angebot, das der Parteien unter Berufung auf eine Arbeitsverhältnis könne bis Ende des Verletzung der Überwachungspflicht Jahres bestehen bleiben, damit die und einen Verstoß gegen das Klägerin ausreichend Zeit habe, sich betriebliche Rauchverbot gekündigt. eine neue Beschäftigung zu suchen. Im Kammertermin erster Instanz Der Kläger lehnte dieses Angebot ab versuchte der Kläger, den Ausgang und erhob Kündigungsschutzklage. des Kündigungsrechtsstreits durch bewusst falschen Tatsachenvortrag zu beeinflussen. Die Beklagte stellte daraufhin einen Auflösungsantrag. Das LAG Hamm gab der Kündigungsschutzklage statt und wies den Auflösungsantrag der Beklagten zurück. Norton Rose Fulbright – Januar 2019 13
Arbeitsrecht Highlights Die Kündigungsschutzklage hatte vor Tipp für die Praxis: dem LAG Berlin-Brandenburg Erfolg. • Im Falle der beabsichtigten Die außerordentliche Kündigung sei Erklärung einer außerordentlichen nicht gemäß § 626 BGB gerechtfertigt. Kündigung sollten Arbeitgeber dem Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann betroffenen Mitarbeiter keinen das Arbeitsverhältnis von jedem Aufhebungsvertrag anbieten, der Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne eine Weiterbeschäftigung des Einhaltung einer Kündigungsfrist Mitarbeiters bis zur Beendigung gekündigt werden, wenn Tatsachen des Arbeitsverhältnisses vorsieht. vorliegen, auf Grund derer dem Andernfalls kann der Mitarbeiter dies Kündigenden unter Berücksichtigung in einem gerichtlichen Verfahren als aller Umstände des Einzelfalles und Beleg dafür verwenden, dass eine unter Abwägung der Interessen beider Weiterbeschäftigung doch möglich Vertragsteile die Fortsetzung des und zumutbar war. Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Bei der Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls sei auch das eigene Verhalten des Arbeitgebers zu bewerten. Nehme ein Arbeitgeber einen bestimmten Kündigungssachverhalt nicht zum Anlass, das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung außerordentlich zu kündigen, sondern biete er dem Arbeitnehmer eine der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechende soziale Auslauffrist in der Absicht an, den Arbeitnehmer innerhalb dieser Frist zu beschäftigen, lasse das eigene Verhalten den Schluss zu, dass ihm auch eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar war. (LAG Berlin-Brandenburg v. 14.06.2018 – 15 Sa 214/18) 14 Norton Rose Fulbright – Januar 2019
Aktuelle Rechtsprechung Betriebsverfassungsrecht 2014 erfolgte eine Gehaltsanpassung Tipps für die Praxis: nur noch dann, wenn die Mehrzahl • Angesichts der in der Praxis Anspruch eines dieser Vergleichspersonen eine häufig unklaren und schwer zu Betriebsratsmitglieds auf Gehaltssteigerung erhielt. Der Kläger bestimmenden Vergleichsgruppe Vergütungsanpassung begehrt die Feststellung, dass ihm seit für die Entwicklung der 2014 eine höhere als die ausbezahlte Betriebsratsgehälter kann eine Bei einer kleinen Vergleichsgruppe Vergütung zusteht. einvernehmliche Festlegung von ist im Rahmen der Berechnung Vergleichsgruppen ein taugliches und der Entgeltentwicklung eines Das BAG hat die Sache zur weiteren sachgerechtes Mittel darstellen. Betriebsratsmitglieds deren Aufklärung an das LAG Köln Durchschnittsentwicklung zu Grunde zurückverwiesen. Gemäß § 37 Abs. • Das BAG hat ein solches zu legen. 4 S. 1 BetrVG dürfe das Gehalt Vorgehen nun im Grundsatz von Betriebsratsmitgliedern nicht gebilligt. Die Bestimmung und Der Kläger war seit 2002 ordentliches hinter demjenigen vergleichbarer die Zusammensetzung der Mitglied des Betriebsrats der Arbeitnehmer mit betriebsüblicher Vergleichsgruppen muss allerdings Beklagten. Bis zum Jahr 2014 wurde beruflicher Entwicklung zurückbleiben. unter Berücksichtigung der konkreten bei der Beklagten das Gehalt von Eine einvernehmliche Festlegung Tätigkeit und der Qualifikation des Betriebsratsmitgliedern jährlich einer Vergleichsgruppe sei prinzipiell einzelnen Betriebsratsmitglieds an den Durchschnittswert der möglich. Im Falle des Bestehens einer erfolgen. Gehaltssteigerungen dreier von kleinen Vergleichsgruppe dürfe es aber Arbeitgeberseite und Betriebsrat nicht darauf ankommen, in welchem einvernehmlich bestimmter Umfang die Gehälter der Mehrzahl Vergleichspersonen angepasst. Den angehoben werde. Vielmehr sei der Vergleichspersonen und dem Kläger Erhöhungsdurchschnitt maßgeblich. wurden in der Zeit zwischen Juli 2000 und dem 01.01.2014 regelmäßig (BAG v. 21.02.2018 – 7 AZR 496/16) anlässlich von Tariferhöhungen Gehaltssteigerungen gewährt, daneben erfolgten auch unregelmäßige individuelle Gehaltserhöhungen. Seit Norton Rose Fulbright – Januar 2019 15
Arbeitsrecht Highlights Keine Begünstigung eines wären, nämlich eine Abfindung in der Betriebsratsmitglieds durch einen genannten Höhe sowie die Gewährung Aufhebungsvertrag einer langen Auslauffrist. Es liegt keine nach § 78 S. 2 BetrVG Die Klage hatte vor dem unzulässige Begünstigung des Bundesarbeitsgericht keinen Erfolg. Der Betriebsratsmitglieds vor, wenn Aufhebungsvertrag sei nicht aufgrund der Arbeitgeber die Kündigung des einer unzulässigen Begünstigung Arbeitsverhältnisses mit einem des Klägers als Betriebsratsmitglied Betriebsratsmitglied beabsichtigt im Sinne von § 78 S. 2 BetrVG und die Parteien eine Vereinbarung nichtig. Gemäß § 78 S. 2 BetrVG über die Beendigung des dürfen Mitglieder des Betriebsrats Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung zwar wegen ihrer Betriebstätigkeit einer besonders hohen Abfindung weder benachteiligt noch begünstigt schließen. werden. Die Bedingungen einer Aufhebungsvereinbarung unterliegen Der Kläger war seit 1983 bei der aber der Vertragsfreiheit der Beklagten beschäftigt und seit 1990 Arbeitsvertragsparteien. Diese Betriebsratsmitglied. Seit 2006 war er werde grundsätzlich nicht durch das freigestellter Betriebsratsvorsitzender. Begünstigungsverbot des § 78 S. 2 Die Beklagte beantragte am 09.07.2013 BetrVG eingeschränkt. Eine Nichtigkeit die Ersetzung der Zustimmung des ergebe sich daher auch nicht aus einer Betriebsrats zur außerordentlichen besonders hohen Abfindungszahlung Kündigung des Arbeitsverhältnisses oder einer langen Auslauffrist. des Klägers nach § 103 Abs. 1 BetrVG wegen des Vorwurfs der Belästigung (BAG v. 21.03.2018 – 7 AZR 590/16) einer Mitarbeiterin. Am 22.07.2013 schlossen die Parteien einen außergerichtlichen Aufhebungsvertrag. Tipps für die Praxis: Dieser beinhaltete, dass das • Die Entscheidung des BAG sorgt Arbeitsverhältnis einvernehmlich mit für weitgehende Rechtssicherheit Ablauf des 31.12.2015 endet und dass jedenfalls in denjenigen Fällen, in der Arbeitnehmer von allen Ämtern denen der Arbeitgeber aus einem zurücktreten wird. Der Arbeitgeber konkreten Anlass eine Kündigung verpflichtete sich, den Mitarbeiter des Arbeitsverhältnisses eines bis zum 31.12.2015 freizustellen Betriebsratsmitglieds beabsichtigt. und ihm die vertraglich vereinbarte monatliche Vergütung sowie eine • Noch nicht abschließend geklärt ist, Abfindung in Höhe von 120.000 Euro ob sich der Arbeitgeber auch ohne zu zahlen. In der Folgezeit fühlte sich einen konkreten (Kündigungs-)Anlass der Kläger nicht mehr an die von ihm von einem Betriebsratsmitglied geschlossene Vereinbarung gebunden „freikaufen“ darf. Auch in diesen und machte mit seiner Klage den Fällen dürfte aber der Gesichtspunkt Fortbestand des Arbeitsverhältnisses der Vertragsfreiheit durchgreifen. über den 31.12.2015 hinaus geltend. Er begründete seine Klage im Wesentlichen damit, dass der Aufhebungsvertrag nichtig sei, da dieser ihn als Betriebsratsmitglied in unzulässiger Weise begünstige. Durch den Aufhebungsvertrag seien Ansprüche begründet worden, die ihm ohne Mandat nicht zugekommen 16 Norton Rose Fulbright – Januar 2019
Terminvorschau BAG + BVerfG Terminvorschau BAG Januar 2019 22. Januar 2019, 9. Senat Anspruch des Erben auf Urlaubsabgeltung bei Tod des Erblassers während des Arbeitsverhältnisses – Anwendung der Bollacke-Entscheidung des EuGH auf die Abgeltung tariflichen Mehrurlaubs 30. Januar 2019, 10. Senat Weisungsrecht – islamisches Kopftuch 30. Januar 2019, 5. Senat Anspruch auf Mindestlohn bei einem Praktikum – Berechnung der Praktikumsdauer Februar 2019 07. Februar 2019, 6. Senat Aufhebungsvertrag – Widerrufsrecht nach §§ 312, 312g BGB – Bedeutung der Ersetzung des „Haustürgeschäfts“ durch den außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag in Umsetzung der Verbraucherrichtlinie 12. Februar 2019, 1. Senat Verhältnis Nachteilsausgleich und Sozialplananspruch – Verrechenbarkeit 19. Februar 2019, 9. Senat Verpflichtung des Arbeitgebers zur Gewährung des gesetzlichen Urlaubs und des tariflichen Mehrurlaubs auch ohne Urlaubsantrag des Arbeitnehmers? – Verfall des gesetzlichen und des tariflichen Mehrurlaubs nach § 26 TVöD – Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers bei Verfall gesetzlicher und tariflicher Urlaubsansprüche 19. Februar 2019, 3. Senat Hinterbliebenenversorgung – Ehedauerklausel 20. Februar 2019, 2. Senat Kündigung des Chefarztes eines katholischen Krankenhauses wegen Wiederverheiratung Norton Rose Fulbright – Januar 2019 17
Arbeitsrecht Highlights März 2019 12. März 2019, 1. Senat Informations- und Unterrichtungsansprüche des Betriebsrats im Zusammenhang mit verunfalltem Fremdpersonal 14. März 2019, 6. Senat Stufenzuordnung im TV-BA – einschlägige Berufserfahrung für die Tätigkeit als Arbeitsvermittler – Berücksichtigung einer Tätigkeit als freier Handelsvertreter 19. März 2019, 9. Senat Untergang des gesetzlichen Urlaubs bei unbezahltem Sonderurlaub 19. März 2019, 9. Senat Kürzung der Urlaubsansprüche nach § 17 Abs. 1 S. 1 BEEG – Vereinbarkeit mit der Richtlinie 2003/88/EG und 2010/18/EU 18 Norton Rose Fulbright – Januar 2019
Kontakt Kontakt Für weitere Information zu den Themen dieses Newsletters oder für sonstige arbeitsrechtliche Fragen stehen Ihnen unsere Kolleginnen und Kollegen gerne zur Verfügung. Dr. Cornelia Marquardt Head of employment and labour Germany, Christoph Valentin München Associate, Hamburg Tel +49 89 212148 420 Tel +49 40 970799 149 cornelia.marquardt@nortonrosefulbright.com christoph.valentin@nortonrosefulbright.com Dr. Frank Weberndörfer Maria Siemens Partner, Hamburg Associate, Hamburg Tel +49 40 970799 149 Tel +49 40 970799 143 frank.weberndoerfer@nortonrosefulbright.com maria.siemens@nortonrosefulbright.com Claudia Posluschny Felix Eikenkötter Of Counsel, München Associate, München Tel +49 89 212148 449 Tel +49 89 212148 312 claudia.posluschny@nortonrosefulbright.com felix.eikenkoetter@nortonrosefulbright.com Stefanie Radina Senior Associate, München Tel +49 89 212148 477 stefanie.radina@nortonrosefulbright.com Über aktuelle arbeitsrechtliche Themen informieren wir regelmäßig in unserem globalen Employment and Labour Law Blog. Melden Sie sich hier an: www.globalworkplaceinsider.com Norton Rose Fulbright – Januar 2019 19
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