DER WATZ- MANN RUFT! Alpen-Rustical von Wolfgang Ambros, Manfred Tauchen & - BURGENFESTSPIELE NIEDERBAYERN - Landestheater Niederbayern

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DER WATZ- MANN RUFT! Alpen-Rustical von Wolfgang Ambros, Manfred Tauchen & - BURGENFESTSPIELE NIEDERBAYERN - Landestheater Niederbayern
Alpen-Rustical von
Wolfgang Ambros,
Manfred Tauchen &

DER
Joesi Prokopetz

WATZ-
MANN
RUFT!
BURGENFESTSPIELE NIEDERBAYERN
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DER WATZ- MANN RUFT! Alpen-Rustical von Wolfgang Ambros, Manfred Tauchen & - BURGENFESTSPIELE NIEDERBAYERN - Landestheater Niederbayern
DER WATZMANN RUFT!
   DER BERG UND DER MENSCH - EIN EWIGER KAMPF
                     Rustical von Manfred O. Tauchen
Musik von Wolfgang Ambros, Peter Koller, Gunter Dzikowski & Christian Kolonovits
             Liedtexte von Manfred O. Tauchen & Josef Prokopetz

                                ­
                       REGIE Marcus Everding
                 MUSIKALISCHE LEITUNG Bernd Meyer
                   AUSSTATTUNG Claudia Weinhart
                    DRAMATURGIE Dana Dessau

                         PREMIEREN
LANDSHUT 18.06.2021 | PASSAU 10.07.2021 | STRAUBING 29.06.2021

                          VORSTELLUNGSDAUER
                   ca. 2 Stunden, 10 Minuten, eine Pause

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BESETZUNG

Erzähler					Joachim Vollrath
Bauer					Reinhard Peer
Bub, sein Sohn				Stefan Sieh
Gailtalerin / Gams			                               Katharina Elisabeth Kram
1. Knecht           			Julian Ricker
2. Knecht           			Alexander Nadler
1. Magd					Antonia Reidel
2. Magd					Friederike Baldin
Chor der Knechte und Mägde		 Timm Mannott, Heinrich Wannisch, Daniela
					Neumeier, Judith Täubert
Band					 Bernd Meyer (Klavier/Keyboards), Uli
					Zrenner-Wolkenstein (Bass), Andrea Paoletti
					     / Christoph Huber (Drums), Andreas Blüml
					/ Robert Prill (Gitarre)

Oberspielleitung Wolfgang Maria Bauer Regieassistenz & Abendspielleitung Christiane
Silberhumer, Lara-Alina Maßmann Regie-Hospitanz Sophia Bechstädt Technische Leitung &
Licht-Design Uwe Niesig Beleuchtungsmeister Georg Grubwinkler, Christoph Wüst Ton Georg
Lehner, Markus Förster Video Florian Rödl Schneiderei Marina Bettarini, Klara Wiedmann, Theresia
Breiteneicher, Edith Huber, Johanna Dusch, Carolina Marek Maske Christian S. Kurtenbach, Christina
Dusch, Kateryna Danzer Bühnentechnik Stefan Dusch, Peter Gerstl, Andreas Günther, Jürgen Gün-
ther, Lucas Hütter, Ralph Kerschagl, Andreas Saewe, Andreas Trutanic, Miriam Fuß, Sonja Schneck Re-
quisite Frank Labus, Hannah Rothkopf Garderobe Christine Berleb, Gisela Judex, Martina Wimmer
Herstellung der Kostüme und Dekorationen Werkstätten des Landestheaters Niederbayern

Uraufführung Wiener Festwochen 1972
Aufführungsrechte S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main
Ton- und Filmaufnahmen während der Vorstellung sind nicht gestattet.

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DIE AUTOREN

Wolfgang Ambros (*1952), österreichischer Liedermacher und Rock-/Popsänger. Er zählt zu
den bedeutendsten österreichischen Musikern der Gegenwart und gilt als einer der Begründer
des Austropops. Nach einer abgebrochenen Ausbildung zum Siebdrucker begann er 1971 seine
musikalische Karriere mit der Veröffentlichung des von Joesi Prokopetz geschriebenen Songs Da
Hofa. Das Lied stieg damals in Österreich sofort auf Platz 1 der Ö3-Hitparade ein und blieb acht
Wochen auf dieser Position. Ambros arbeitete zu Beginn seiner Karriere oft mit Joesi Prokopetz
und Manfred Tauchen zusammen. Das bekannteste Werk des Trios ist das Konzeptalbum Der
Watzmann ruft aus dem Jahre 1974. Songs wie Zentralfriedhof oder Schifoan gehören mittlerweile
zum österreichischen Kulturgut. Zu den legendärsten Konzerten von Wolfgang Ambros zählen u. a.
die Konzerte im Wiener Weststadion 1983 (wo er von Rainhard Fendrich und Opus vor 20.000 Fans
unterstützt wurde) und auch das Rock on the Rocks im Gletscherschigebiet Kitzsteinhorn in Kaprun/
Österreich 1985, welches lange Zeit einen Weltrekord als höchstgelegenes Open-Air Rockkonzert
innehatte. 1997 gründete er zusammen mit Rainhard Fendrich und Georg Danzer das Trio Austria
3. Am 5. September 2008 trat er auf dem Wiener Donauinselfest vor rund 100.000 Zuhörern auf.

Manfred Tauchen (*1947) arbeitete bereits Anfang der 1970er Jahre zusammen mit seinem
damaligen Kabarett-Partner Joesi Prokopetz und mit Wolfgang Ambros in dem selbstkomponierten
Musical Der Watzmann ruft. Mit Prokopetz zusammen gründete er 1983 die Gruppe DÖF (Deutsch-
Österreichisches Feingefühl), die mit dem Titel Codo … düse im Sauseschritt einen großen Erfolg
hatte. Tauchen produzierte im Jahr 1986, nur wenige Monate nach dem DÖF-Album Tag und Nacht,
eine weitere Langspielplatte mit dem Titel Es brennt der Hut – Eine Reise nach Ödenteich. In den
1990er Jahren arbeitete Tauchen hauptsächlich als Kabarettist.

Der Watzmann ist der zentrale Gebirgsstock der Berchtesgadener Alpen. Der höchste Gipfel
ist die Watzmann-Mittelspitze (2713 m ü. NHN), zugleich der höchste Punkt im deutschen Teil
der Berchtesgadener Alpen. Um den Watzmann und seine Nebengipfel (Kleiner Watzmann bzw.
Watzmannfrau und Watzmannkinder) rankt sich die Watzmannsage. Die Watzmann-Ostwand ist die
höchste Wand der Ostalpen. Unter den deutschen Hauptgipfeln ist der Watzmann der dritthöchste.

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Probenfoto

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INHALT

Das Leben am Watzmann ist hart. Niemand              unzählige junge Männer vor ihm hört auch er
hält es hier lange aus. Die meisten Menschen         den Ruf des Watzmanns. Keiner ist je wieder
sind wieder ins Tal gezogen, wo das Leben            gekommen. Der Bauer fürchtet, seinen Sohn zu
einfacher ist. Einzig der Bauer ist geblieben.       verlieren und versucht alles, ihn am Aufstieg
Er lebt auf seinem Hof mit seinem Sohn, dem          zu hindern. Doch der Ruf des grausamen
Bub, und zwei Knechten und zwei Mägden.              Berges ist stärker. Verführt von der schönen
Deren Leben regiert er mit harter Hand. Doch         und geheimnisvollen Gailtalerin wagt der Bub
sein Sohn macht ihm Sorgen: wie schon                den Aufstieg...

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Dana Dessau
                                  DER WATZMANN

Der Watzmann liegt im äußersten Südosten              gipfel, die Mittelspitze (2713 Meter), mit der
Oberbayerns im Nationalpark Berchtesgaden             Südspitze (2712 Meter) und dem Hocheck
in den Gemeinden Ramsau und Schönau                   (2651 Meter). Abgesehen von diesen drei
am Königssee. Der Gebirgsstock hat eine               dominierenden Erhebungen sind vor allem
Grundfläche von rund 50 km². Der höchste              der östlich des Großen Watzmanns gelegene
Punkt, die Mittelspitze (2713 Meter), befindet        Kleine Watzmann („Watzmannfrau“, 2307
sich südwestlich von Berchtesgaden und                Meter) und die östlich der Mittelspitze an
südwestlich der am Alpennordrand gelegenen            einem Quergrat aufgereihten Watzmannkinder
Stadt Salzburg. Westlich des Watzmanns,               (max. 2270 Meter) bekannt. Der Abschnitt des
jenseits des Wimbachtals, erhebt sich der             Watzmanngrates nördlich der Mittelspitze,
Hochkalter (2607 Meter), nördlich, jenseits           die Watzmannkinder und der Kleine Watz-
des Tals der Ramsauer Ache, der Tote Mann             mann umschließen das Watzmannkar, an
(1392 m) und südlich der Schneiber (2330              dessen oberen Ende sich der sehr kleine
Meter). Östlich, jenseits des Königssees,             Watzmanngletscher befindet.
liegen der Jenner (1874 Meter) und der                Die Mittelspitze wurde im August 1800
Kahlersberg (2350 Meter). Der Watzmann                erstmals durch den slowenischsprachigen
ist nach den Gipfeln des Hochkönigstocks              Österreicher Valentin Stanič erstiegen.
(bis 2941 Meter) die höchste Erhebung                 Die Südspitze wurde erstmals 1832 von Peter
der Berchtesgadener Alpen, die zu den                 Karl Thurwieser über das Schönfeld bestiegen.
nördlichen Kalkalpen zählen. Der Zugang               Die erste Überschreitung des Großen Watz-
erfolgt meist von Norden, ausgehend vom               manns (Hocheck, Mittelspitze, Südspitze)
Ramsauer Ortsteil Wimbachbrücke oder aus              wurde 1868 vom Ramsauer Bergführer Johann
der Hinterschönau über das Watzmannhaus               Grill, dem „Kederbacher“, und Johann Punz
(1928 Meter). Ramsau bzw. Schönau liegen als          durchgeführt. Diese beiden erreichten auch den
Talorte mehr als 2000 Höhenmeter unter dem            Gipfel des Kleinen Watzmanns im Jahr 1852
Gipfel – damit weist der Watzmann eine für            als erste. Die Watzmann-Ostwand wurde zum
die Ostalpen bemerkenswerte Höhendifferenz            ersten Mal 1881 ebenfalls von Johann Grill mit
auf, die alpenweit oft nur von Viertausendern         seinem Gast Otto Schück durchstiegen.
übertroffen wird.                                     Grill war von 1888 bis 1905 der erste Wirt des
Das größte Teilmassiv des Watzmanns                   Watzmannhauses. Die Alpenvereinshütte liegt
wird Großer Watzmann genannt. Es besitzt              nördlich unter dem Hocheck auf 1930 m Höhe auf
einen etwa 4,5 km langen Hauptgrat, den               dem Falzköpfl und ist ein wichtiger Stützpunkt
Watzmanngrat. Dieser verbindet den Haupt-             für die Überschreitung des Gebirgsstocks.

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Probenfoto   Probenfoto

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Ludwig Bechstein
                                   DIE WATZMANN-SAGE

Südöstlich von Salzburg streckt, mit ewigem Schnee             zu Boden riß. Der König kam indes nahe heran,
bedeckt, hoch über sieben niedrigere Zinken ein Berg           sah das Unheil und stand und lachte.
zwei riesige Zackenhörner gen Himmel, das ist der              Plötzlich sprang der vom Gebell der Hunde, dem
über neuntausend Fuß hohe Watzmann. Von ihm                    Geschrei des Weibes erweckte Hirte aus der
erzählt das umwohnende Volk aus grauen Zeiten                  Hüttentüre und erschlug einen der Rüden, welcher
her diese Sage.                                                des grausamen Königs Lieblingstier war. Darüber
Einst, in undenklicher Frühzeit, lebte und herrschte in        wütend fuhr der König auf und hetzte mit teuflischem
diesen Landen ein rauher und wilder König, welcher             Hussa Knechte und Hunde auf den Hirten, der
Watzmann hieß. Er war ein grausamer Wüterich, der              sein ohnmächtiges Weib erhoben und an seine
schon Blut getrunken hatte aus den Brüsten seiner              Brust gezogen hatte und verzweiflungsvoll erst
Mutter. Liebe und menschliches Erbarmen waren                  auf sein zerfleischtes Kind am Boden und dann
ihm fremd, nur die Jagd war seine Lust, und da sah             gen Himmel blickte. Bald sanken beide zerrissen
zitternd sein Volk ihn durch die Wälder toben mit dem          von den Ungetümen zu dem Kinde nieder; mit
Lärm der Hörner, dem Gebell der Rüden, gefolgt von             einem schrecklichen Fluchschrei zu Gott im Himmel
seinem ebenso rauhen Weibe und seinen Kindern,                 endete der Hirte, und wieder lachte und frohlockte
die zu böser Lust auferzogen wurden. Bei Tag und               der blutdürstige König. Aber alles hat ein Ende und
bei Nacht durchbrauste des Königs wilde Jagd                   endlich auch die Langmut Gottes.
die Gefilde, die Wälder, die Klüfte, verfolgte das             Es erhob sich ein dumpfes Brausen, ein Donnern in
scheue Wild und vernichtete die Saat und mit ihr die           Höhen und Tiefen, in den Bergesklüften ein wildes
Hoffnung des Landmanns. Gottes Langmut ließ des                Heulen, und der Geist der Rache fuhr in des Königs
Königs schlimmes Tun noch gewähren.                            Hunde, die fielen ihn jetzt selbst an und seine Königin
Eines Tages jagte der König wiederum mit seinem                und seine sieben Kinder und würgten alle nieder, daß
Troß und kam auf eine Waldestrift, auf welcher                 ihr Blut zu Tale rann, und dann stürzten sie sich von
eine Herde weidete und ein Hirtenhäuslein stand.               dem Berge wütend in die Abgründe. Aber jene Leiber
Ruhig saß vor der Hütte die Hirtin auf frischem Heu            erwuchsen zu riesigen Bergen, und so steht er noch,
und hielt mit Mutterfreude ihr schlummerndes                   der König Watzmann, eisumstarrt, ein marmorkalter
Kindlein in den Armen. Neben ihr lag ihr treuer                Bergriese, und neben ihm, eine starre Zacke, sein
Hund, und in der Hütte ruhte ihr Mann, der Hirte.              Weib, und um beide die sieben Zinken, ihre Kinder - in
Jetzt unterbrach der tosende Jagdlärm den                      der Tiefe aber hart am Bergesfuß ruhen die Becken
Naturfrieden dieser Waldeinsamkeit; der Hund                   zweier Seen, in welche einst das Blut der grausamen
der Hirtin sprang bellend auf, da warf sich des                Herrscher floß, und der große See hat noch den
Königs Meute alsobald auf ihn, und einer der                   Namen Königssee, und die Alpe, wo die Hunde sich
Rüden biß ihm die Kehle ab, während ein anderer                herabstürzten, heißt Hundstod, und gewann so König
seine scharfen Zähne in den Leib des Kindleins                 Watzmann mit all den Seinen für schlimmste Taten
schlug und ein dritter die schreckenstarre Mutter              den schlimmsten Lohn und hatte sein Reich ein Ende.

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Valentin Stanič
         1800 - BERICHT ÜBER DIE ERSTBESTEIGUNG DES
                   WATZMANN-HAUPTGIPFELS

Hier sey es mir gegönnt, auch von dieser               ersten Male ganz erstiegene Großglockner
Exkursion auf den Wazmann etwas zu                     von einen gegen Süden liegenden höheren
melden. Ich erreichte mit einer sehr kleinen           Spiz des Wazmanns verdeckt wurde. – Diesen
Begleitschaft von Salzburg aus Abends den Fuß          sicher noch von keinem menschlichen Fuße
des Wazmanns, übernachtete zu Unternstein              betretenden Spiz entschloss ich mich zu
und ehe der lang erwartete Tag anbrach, waren          besteigen. Siegesgewohnt wollte ich auch
wir schon auf dem Wege. Noch vor 10 Uhr                dieses stolze Horn entkränzen ohnerachtet
erreichten wir auf sehr guten Fußsteige die            aller Entgegenvorstellungen meiner besorgten
höchsten Alpen. Nach erhaltener Erquikung              Begleiter.
und ländlichem Mahle von freundlichen                  Beladen mit meinen Messinstrumenten begann
Aelplerinnen dargereicht sezte unsere kleine           ich diesen nie gegangenen Weg. Schon der
Karavane von 5 Personen den Weg gegen die              Anfang war böse; denn ich musste über eine
Höhe fort. Bald wird der Wazmann ganz kahl             grosse steile Platte hinabglitschen an deren
und macht dem schlichternen Wanderer Bange.            Ende mich nur ein sehr kleiner Vorsprung vom
Nach dem sehr scharfen Rücken desselben                Sturze in die unermessliche Tiefe errette. Dann
verfolgt man den sich oft verlierenden Fußsteig        musste ich über ähnliche Platten wieder in
der Wallfahrter, und wir erreichten nach 1 Uhr         die Höhe steigen, wo nur ein kleiner Fehltritt
das Ziel der bisherigen Wazmannersteiger.              die vorige Folge nach sich gezogen hätte. Ich
Auf dieser Spitze steht ein grosses hölzernes          überstieg eine gefährliche Stelle, eine Kluft
Kreuz, welches von dem dahin wallfahrtenden            nach der andern; dachte auf besser werden
Landvolke aufgestellt wurde, und ein                   und es kam nur Schlimmes nach. Bald musste
Kapellchen, das den Wallfahrtenden zum                 ich mich auf einen schneidigen Rücken sizend
Altare ihres Gebethes dienet, und eigentlich           weiter bewegen, bald wie in Lüften schwebend
nur ein Opferstock mit einem Frauenbilde ist.          an steilen Wänden dahinklettern. Nun verlor
Die Aussicht ist schön (nur der des Göhls ist          ich mich aus dem nachstarrenden Gesichte
sie nicht zu vergleichen). Auf der westlichen          der bethenden Karavane. – Oft brauchte es
Seite liegt tief unten Windbach und südöstlich         beinahe übermenschlichen Muth, um nicht ein
in dem sehr schmalen Thale ruht der grüne              Raub der Zagheit zu werden; denn meistens
Königssee. Der Platz auf dieser Spitze ist sehr        musste ich auf den scharfen Rücken auf allen 4
klein, so daß wir bei einer Ortveränderung             dahinkriechen, wo links und rechts tausendfach
einander kaum ausweichen könnten. Ich                  verderbender Abgrund war. Wie ein Blitz
machte Barometrische etc. Beobachtungen;               durchfuhr mich kalter Schauer als ich bei so
aber die zollmannische Scheibe konnte ich              einem Kriechen durch ein kleines Anlehnen
da nicht recht brauchen, besonders da mein             des Barometers das Gleichgewicht bei einem
Passionspunkt, der vor einigen Tagen zum               Haare bald ganz verloren hätte, welches eine

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Sturz gegen 400 Klafter ganz in die Scharten            und mit größter Anstrengung erreichte ich
zwischen die auch von weiten sichtbaren                 über loses Gestein den höchsten Punkt des
Spitzen der östlichen Seite des Wazmanns                Wazmanns. Mit Erstaunen, Freude und Angst
nach sich gezogen hätte. In dergleichen Fällen          erblickten mich die Zurückgelassenen auf
ist schnellste Fassung und Geistesgegenwart             diesen in die Wolken stechenden Spiz. Unter
nöthig. In dem einzigen Punkte nur, wo man ist,         sovielen erstiegen Bergen und Spizen habe ich
muß die ganze Seele konzentriert seyn. Keiner           keine dieser ähnliche angetroffen. Ein Häufchen
auch der frömmste Gedanke darf da Statt                 verwitterten Kalksteines ist der einzige Punkt
finden; sondern jeder Tritt, jeder Finger muß           wo man sich aufhalten kann. – Noch bethete
streng dirigiert werden. Deßwegen spreche ich           die Karavane, und eh‘ ich mich zum Rückweg
meinen Gliedern immer Muth und Klugheit zu,             aufmachte, empfahl ich mich (denn wir konnten
ihnen die Nothwendigkeit vorstellend. – Dies            zusammen rufen) in ihre Andacht um glückliche
ist der größte meiner Vortheile, an gefährlichen        Rückkunft. Hier hinterließ ich drei Hölzer, die ich
Orten nicht zag zu werden. –                            zur Aufstellung meines Instrumentes brauchte,
Nun ward es etwas leidentlicher, zum Steigen            und diese seyen das Kennzeichen, daß Jemand
und ich befand mich in der sogenannten                  da gewesen ist.
Wazmannscharte, d. i. im tiefsten Punkte                Kaum hatte ich einige Schritte des Rückweges
zwischen den 2 Wazmannsz Spizen. Da ward ich            gemacht als es schon nicht mehr weiter wollte:
etwas überrascht. Eine gegen Süd hinlaufende            Denn an der Wand wo ich heraufgekommen
Kluft von größter Tiefe war vor mir und trennte         war konnte ich hinab nicht und mir blieb eine
eine Bergmasse von Millionen Zentnern von               Steinriese der einzige gehbare Weg. Sie war
dem festen Rücken. An einem Orte ist ein sehr           sehr steil und ich befürchtete, daß das losse
schmales Steinbrückchen über diese Kluft,               Gestein durch mich in Bewegung gebracht
und mir blieb kein anderer Weg übrig, als               werde. Wirklich geschah es auch so. Kaum
diese morsche Brücke zu passiren und weiter             war ich eine kleine Strecke hinabgegangen,
oben, wo die Verbindung grösser wird, wieder            als alles in Bewegung gerieth. Jetzt war
auf festes Land zu kommen. Wirklich sezte               nichts anders möglich als mich vor dem Falle
ich mit Schichternheit über diese Kluft, weil           zu hütten und mich gleichwohl hinabtreiben zu
die getrennte Masse mir zum Abfall so reif              lassen. Hinter mir geriethen die Steine in Lauf
schien, daß schon das unbedeutendste Gewicht            und versezten mir manches Unsanfte: Nun kam
sie zum Sturze bringen könnte! – Einst wird             ich immer weiter und schon stürzte der grosse
dieser Bergtheil hinab auf die südliche Seite           Schwall vor mir in den Abgrund hinab. Mit
des kleinen Wazmanns stürzen und Schrecken              allem Kraftaufwande und Geistesgegenwart
verbreiten. Nachdem ich wieder auf den festen           schwang ich mich im Laufe seitwärts auf ein
Theil gekommen war, ward der Weg sehr steil             festes Oertchen mit einem kalten: „Holla, da

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halte ich nicht mehr mit!“ und ließ diese             Anzahl durch 2 muntere Bauernburschen schon
fatale Kameradschaft mit fürchterlichen               zuvor vermehrt worden war. Auf der Alpe
Getöse neben mir in den Abgrund stürzen,              waren wir wieder guten Muths und der Klang
mich begnügend, ihr bloß mit dem Auge                 2 Schallmeyen brachte mehrere aus uns zum
nachzufolgen. Nun sezte ich sorgsam den Weg           Tanze. Da nicht nur 2 Senderinnen sondern
weiter, und kam nach einer halben Stunde              auch ein Frauenzimmer aus der Stadt die
erschöpft an Kräften mit allenthalb ruinierten        Wazmanns Spize erstiegen hatten so können
zu der nun frohlockenden Gesellschaft wieder.         Euer ect. schließen, daß der Wazmann nicht
Kälte hatte indessen dieser einen längeren            gar zu schwer zu ersteigen seyn müsste. –
Aufenthalt sehr erschwert, und so verliesen           Ganz munter erreichten wir noch diesen Tag
wir die Wazmanns Spize, nachdem unsere                Berchtolsgaden.

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Herrmann Rollett
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Dem König Watzmann, wild und stark,                  Die Meute springt in langem Satz
Durchrann die Adern Riesenblut,                      Auf‘s Kindlein in der Hirtin Schooß -
Er trug im Leibe Riesenmark.                         Der König ließ zu toller Hatz
Er trug im Herzen Riesenmuth.                        Mit „Hussah“ seine Hunde los.

Sein Weib das war, wie er, so wild,                  Die Hunde reißen aus dem Schooß
Und ihrer Kinder Siebenzahl                          Der Mutter das geliebte Kind, -
War frisch verjüngt der beiden Bild, -               Die ränge gern ihr Liebstes los,
Ihr Wohnsitz war in wildem Thal.                     Doch beide bald zerrissen sind.

Es lag da rings - in grauer Zeit -                   Sie lagen todt in ihrem Blut
Im Land, das licht der Inn durchbraust,              Noch eh‘ der Hirte konnt‘ herbei,
Des Watzmann Reich, und weit und breit               Und als er kam in Weh und Wuth,
Hat König Watzmann wild gehaust.                     Schlägt einem Hund er‘s Hirn entzwei.

Er kannte nichts als Keul‘ und Speer -               Der König Watzmann, der gelacht
Das Jagen war sein liebstes Ding -,                  Als Weib und Kind im Tode rang,
Und Weib und Kind lief nebenher,                     Mit Riesenwuth und Riesenmacht
Wenn König Watzmann jagen ging.                      Nun schäumend auf den Hirten sprang.

Wie Mähne flog von Haupt und Brust                   Er streckt mit seiner Keule Wucht
Dem König Watzmann hell sein Haar,                   Den Hirten todt zur Erde gleich,
Und seines Herzens höchste Lust                      Und hat dabei so laut geflucht,
War seiner Hunde zott‘ge Schaar.                     Daß rings es scholl im Königreich.

Und einstens, als der Weg vom Wald                   Doch sieh‘! da springt an selber Stell‘
Geführt in einen grünen Grund,                       Die Meute wild an Watzmann‘s Leib,
Da sah‘n sie eine Hütte bald                         Zerfleischend ihn mit Wuthgebell
Im Glanze goldner Abendstund‘.                       Und seine Kinder und sein Weib.

Ein Hirte vor der Hütte lag,                         Er röchelt laut in wilder Wuth
Der blies auf schnell geschnittnem Rohr              Noch lang, als schon der Hunde Schaar
In stille Ruh den lauten Tag -                       Sich badet in dem Strom von Blut,
Die Meute spitzt das zott‘ge Ohr.                    Der Weib und Kind entronnen war.

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Und sieh! mit seinem letzten Hauch                                          An seiner Seite ragt sein Weib
Da wächst der Watzmann berghoch auf,                                        Versteinert empor in‘s Lüftemeer,
Und Weib und Kinder wachsen auch                                            Und seiner sieben Kinder Leib
Bis in die Wolken hoch hinauf.                                              Ragt auf zu beiden - ringsumher.

Die Riesenleiber, hochgestreckt,                                            Und neben, wo im wilden Weh
Verwandeln sich in Felsgestein;                                             Zusammenfloß das Königsblut,
Und seit der Zeit ragt, eisbedeckt,                                         In stiller Ruh‘ der „Königsee“
Der „Watzmann“ in die Luft hinein.                                          Jetzt wogend wiegt die grüne Fluth.

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Bildnachweise Titebild & Probenfotos Peter Litvai. Alle Rechte vorbehalten.

Bildlegende        S. 3 Joachim Vollrath (Erzähler); S. 5 Reinhard Peer (Bauer); S. 7 Timm Mannott (Ensemble), Katharina Elisabeth Kram (Gailta-
                   lerin), Friederike Baldin (2. Magd); S. 9 oben Julian Ricker (1. Knecht), Alexander Nadler (2. Knecht); S. 9 unten Ensemble; S.
                   11 oben Antonia Reidel (1. Magd), Friederike Baldin (2. Magd); S. 11 unten Ensemble; S. 13 oben Julian Ricker (1. Knecht),
                   Stefan Sieh (Bub), Alexander Nadler (2. Knecht); S. 13 unten Ensemble; S. 15 Stefan Sieh (Bub), Katharina Elisabeth Kram
                   (Gailtalerin); S. 18 Joachim Vollrath (Erzähler), Reinhard Peer (Bauer); S. 21 Stefan Sieh (Bub), Reinhard Peer (Bauer) Probenfotos

Textnachweise S. 10 Dana Dessau Der Watzmann, Originalbeitrag für dieses Heft; S. 12 Ludwig Bechstein Die Watzmann-Sage, in: ders.,
              Deutsches Sagenbuch, Berlin 2016; S. 14 Valentin Stanic, 1800 – Bericht über die Erstbesteigung des Watzmann-Hauptgipfels,
              in: Hörst Höfler & Heinz Zembsch, Watzmann, Zürich 2001; S. 19 Herrmann Rollett, König Watzmann, in: der., Gedichte.
              Eine Auswahl, Leipzig 1866;

Spielzeit          2020/2021
Herausgeber        Landestheater Niederbayern Landshut Passau Straubing
                   Niedermayerstr. 101, 84036 Landshut, Telefon: 0871 / 922 08 0
Intendant          Stefan Tilch
Redaktion          Dana Dessau
Gestaltung         Dana Dessau
Layout             Peter Litvai
Druck              Forster Druck, Altdorf

                   Das Landestheater Niederbayern wird durch den Freistaat Bayern gefördert.

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Probenfoto
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