KERAMIKFASSADEN MIT KIPP-HUB-FENSTERN
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REPORT 43
*Dipl.-Ing. Klaus Lother
Löwenbräu-Areal in der Zürcher Innenstadt: Urbaner Mix mit historischer Substanz
KERAMIKFASSADEN
MIT KIPP-HUB-FENSTERN
1
Auf dem Areal der ehemaligen Kommerzielle, private und öffentliche Bereiche Schweizer Metropole. Weitere Besonderheiten
Brauerei Löwenbräu in der Zürcher sind durch die Fassadengestaltung klar zu unter- sind Lochfenster als Verbundfenster mit seitli-
Innenstadt wurde ein Gebäude scheiden: Rote Keramikfassaden kennzeichnen chen, vertikalen Lüftungsklappen, ein textiler,
komplex mit Büros, Wohnungen und ein 9-stöckiges Bürogebäude, schwarze Keramik- aluminiumbedampfter Sonnenschutz und bis zu
herausragenden Kunstmuseen errich- fassaden ein 20-stöckiges Wohnhaus und weis- 14 Quadratmeter grosse Lochfenster im Muse-
tet. Bei der Umnutzung des alten In- ser Sichtbeton das 4-stöckige Kunstmuseum. Die ums- und Galeriegebäude.
dustriegeländes wurde die historische glänzenden Keramikplatten, die speziell entwi-
Substanz eingebunden. So entstand ckelt, glasiert und profiliert wurden, stehen dabei
Wohnen, leben und arbeiten auf einem
ein urbaner Mix mit verschiedenen im Kontrast zum matten roten Backstein der his-
ehemaligen Industrieareal
Nutzern sowie eine Mischung aus torischen Bauten.
denkmalgeschützten Bauten und Neu- Eines der gläsernen Highlights sind neuentwi- An der Limmatstrasse in der Zürcher Innenstadt
bauten mit einzigartigen Fassaden, ckelte Kipp-Hub-Fenster, die elektronisch gesteu- baute Löwenbräu 1897 ein Brauereigebäude aus
die das Areal auch zu einem der be- ert werden und wie ein Garagentor an die Decke rotem Backstein, das sich zu einem Wahrzeichen
deutendsten Zentren für Gegenwarts- gleiten. In dem 70 Meter hohen Wohnturm öff- Zürichs entwickelte. Nachdem die nur wenige
kunst in der Schweiz machen. nen die grossformatigen Kipp-Hub-Fenster den Minuten vom Zürcher Hauptbahnhof entfernt
Wohnraum zum Aussenraum und ersetzen so gelegene Brauerei 1988 schliessen musste, ent-
Balkone und Loggien. Über die 2,6 × 2,1 Meter wickelte sich seit Anfang der neunziger Jahre
* Dipl.-Ing. Klaus Lother
Geschäftsführer grossen Fenster bietet sich den Bewohnern des dort ein Zentrum für zeitgenössische Kunst. 2004
Josef Gartner GmbH Wohnhochhauses ein spektakulärer Blick auf die kaufte die PSP Swiss Property AG das Areal, um
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1 Die geöffneten Kipp- Ansicht Vertikalschnitt
Hub-Fenster ersetzen
Balkone und Loggien im 70
Meter hohen Wohnturm
Löwenbräu Black. Die
beiden nebeneinander lie-
genden je 2,6 x 2,1 Meter
grossen Kipp-Hub-Fenster
werden elektronisch ge-
steuert und gleiten an die
Decke.
2 Konstruktionsschnitte
Kipp-Hub-Fenster.
3 Konstruktionsschnitte
Fassade Wohngebäude.
Kipp-Hub-Fenster
① Isolierverglasung ⑥ Keramikverkleidung
② Sicherheitsglas ⑦ Wärmedämmung
③ Wartungsflügel ⑧ Sonnenschutz
④ Aluminiumprofil ⑨ Brüstungs-Sicherheitsglas
⑤ Kipp-Hub-Flügel
Horizontalschnitt
Bildnachweis:
Bild 1:
Thies Wachter, Zürich
alle weiteren Fotos:
Stephan Liebl, Dillingen 2
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Ansicht Vertikalschnitt
Schnitte Wohngebäude
① Isolierverglasung ⑤ Lüftungsflügel
② Sicherheitsglas ⑥ Keramikverkleidung
③ Wartungsflügel ⑦ Wärmedämmung
④ Aluminiumprofil ⑧ Sonnenschutz
Horizontalschnitt
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auf dieser Fläche Gebäude für Dienstleistungen, Die Zürcher Architekturbüros Gigon/Guyon zentrums mit einer Gesamtnutzfläche von
kulturelle Nutzungen und Wohnungen zu bauen. und das Atelier ww, die sich zur ARGE Löwen- 32 000 Quadratmetern.
Sowohl die denkmalgeschützten Industriebauten bräu zusammenschlossen, entwarfen auf dem Im 2005 genehmigten Gestaltungsplan legte
wie die alten Stahlsilos sollten erhalten und auf- Löwenbräu-Areal ein Wohn- und Bürogebäude der Zürcher Gemeinderat mindestens 6000
wändig saniert werden. und eine Erweiterung des bestehenden Kunst- Quadratmeter Nutzfläche für Wohnungen fest.
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4 Löwenbräu Black kragt Mindestens 4500 Quadratmeter sollten kultu-
9 Meter über das denkmal- rell genutzt werden. Die Fassadenplanung über-
geschützte Backsteinge-
bäude aus nahm die gkp Fassadentechnik AG in Aadorf, als
Total- und Generalunternemer war die Steiner
5 Das Löwenbräu-Areal
besticht durch die Ver-
AG tätig.
bindung von denkmalge-
schützten Backsteinfassa-
den mit den Kerakmikfas- Löwenbräu White, Black und Red
saden der Neubauten.
«Löwenbräu White» auf der westlichen Areal-
6 Die untere Fensterreihe seite ist ein 4-stöckiges Gebäude aus weissem
von Löwenbräu Black zeigt
2 festverglaster Fenster Sichtbeton, das ans historische Brauereige-
mit seitlichen, vertikalen bäude gebaut wurde. In diesem Gebäude, das
Lüftungsklappen
im August 2012 eröffnet wurde, befinden sich
7–11 Bei den Kipp- die Kunsthalle Zürich und das Migros Museum
Hub-Fenster kann jede für Gegenwartskunst mit bedeutenden Werken
Öffnungsposition zwischen
geschlossen und vollstän- zeitgenössischer Kunst.
dig offen elektronisch «Löwenbräu Black» ist ein 70 Meter hohes
angefahren werden. Wohnhochhaus mit Wohnungen von 98 bis
Bewohner können bei
geöffnetem Fenster ohne 320 Quadratmetern, das 2013 fertiggestellt
störende Profile frei nach wurde. Das neue Wahrzeichen des Löwen-
außen blicken, da die Ele-
bräuareals hat einen L-förmigen, sechsge-
mente vollständig aus dem
Blickfeld verschwinden. schossigen Sockel und kragt neun Meter über
das alte Gebäude aus.
12 Über einen historischen
Bau ist Löwenbräu Black «Löwenbräu Red» ist ein 39 Meter hohes Büro-
mit Löwenbräu White und Gewerbegebäude, das ebenfalls 2013
verbunden fertiggestellt wurde, mit einer Nutzfläche von
5700 Quadratmetern. Dieser Komplex umfasst
auch das denkmalgeschützte Brauereihauptge-
4 bäude. Die rot glasierten Keramikplatten sollen
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am Wohnturm schwarz und am Bürogebäude rot grossformatigen Fenster mit einem zusätzlichen
glasiert sind. Rahmen wurde aus architektonischen Gründen
Nach dem Brennen wurden die Keramikplatten verzichtet, da eine durchgehende Scheibe die
komplett glasiert, so dass auch die Schnittkanten höchste Transparenz bietet und der Blick nicht
und Fugen glasiert sind. Die glänzenden Keramik- durch weitere Profile gestört wird.
platten prägen die optische Erscheinung der Neu- Im Fassadenzwischenraum ist ein textiler, mo-
bauten und drängen die Glasflächen in den Hinter- torisch betriebener Sonnenschutz integriert, der
grund. Die Unterkonstruktion der Keramikplatten wie eine Marquise von oben nach unten fährt
11 zwischen den Fenstern ist direkt an die Fenster und vor Blendung schützt. Dieser opake Sonnen-
geschraubt beziehungsweise bei grossflächigen schutz, der sehr homogen wirkt, ist aussen alu-
dabei die typischen Farben des Backsteingebäu- Keramikflächen auf den Beton gedübelt. miniumbedampft und erreicht so einen g-Wert
des neu interpretieren. In den Standardgeschossen sind die Lochfenster von 7 Prozent.
etwa 2,2 × 2,4 Meter gross, in den EG-Bereichen Im Westgebäude mit Museen und Galerien be-
bis zu 2,6 × 6,5 Meter. An den Südseiten des finden sich 25 bis zu 14 Quadratmeter grosse
Keramikfassaden mit grossformatigen Wohn- und Büroturms befinden sich Doppelele- Lochfenster. Sie können teils nach innen geöff-
Lochfenstern mente mit einer Breite von 5 beziehungsweise 6 net werden und sind teilweise mit einer aussen-
Metern. Die Lochfenster sind als Verbundfenster liegenden Vorverglasung als Absturzsicherung
Für den Wohnturm fertigte Fassadenbauer Gart- mit seitlichen, vertikalen Lüftungsklappen links ausgeführt.
ner unter anderem eine 3900 Quadratmeter oder rechts konzipiert. Diese 120 mm breiten
grosse Keramikfassade und 577 Fenster mit einer Lüftungsklappen lassen sich 90 Grad öffnen
Absturzsichernde Dreifach-
Fläche von 3800 Quadratmetern sowie für das und ermöglichen eine natürliche Belüftung der
Isolierverglasung
Bürogebäude eine 2600 Quadratmeter grosse Räume. Auf eine Klimaanlage konnte deshalb
Keramikfassade mit 333 Fenstern und einer Ge- verzichtet werden. Die zweischaligen Elemente Sowohl die Verbundfenster wie die Kipp-Hub-
samtfläche von 2200 Quadratmetern. Für den bestehen aus einem 3-fach isolierverglasten, fi- Fenster bestehen aus einer absturzsichernden
Brüstungs- und Stützenbereich wurden speziell xen Innenelement und einem aussenliegenden Dreifach-Isolierverglasung mit einem g-Wert
profilierte Keramikplatten entwickelt, die für die Wartungsflügel mit monolithischer Sicherheits- von 48% und einem U-Wert von 0,6 W/m2K.
einzelnen Gebäude unterschiedlich geformt und verglasung. Auf eine Zwischenprofilierung der Aufgrund besonderer Anforderungen für den
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Neuentwickelte 2,6 × 2,1 Meter
grosse Kipp-Hub-Fenster öffnen
sich wie Garagentore
Ein besonderes Erlebnis für die Bewohner bie-
ten die grossen Kipp-Hub-Fenster, die sich wie
ein Garagentor ins Rauminnere öffnen. Für das
gehobene innerstädtische Wohnen hatten die
Architekten nach einer neuen Lösung gesucht,
um auf Balkone und Loggien verzichten zu
können. Auch sollte die volle Verglasung zu
öffnen und der Blick nicht durch Profile etc.
eingeschränkt sein. Konventionelle Lösungen
wie Hebe-, Schiebe- oder Faltelemente schie-
den deshalb aus.
Die von Gartner entwickelte Beschlagkombina-
tion Kipp-Hub ist eine technische Neuheit auf
dem Fenster- und Fassadenmarkt. Sie bietet ein
besonderes Raumgefühl, da die zu öffnenden
Glaselemente nach oben an die Decke gleiten
und damit aus dem eigentlichen Blickfeld ver-
schwinden. Bewohner können so frei und unge-
stört nach aussen blicken und die Wohnung wird
quasi zum grossflächigen Balkon. Die Frischluft
kann frei dosiert werden, da jede Öffnungsposi-
tion zwischen geschlossen und vollständig offen
anfahrbar ist.
Für den Wohnturm fertigte Gartner 85 motorisch
betriebene Kipp-Hub-Fenster als Verbundfens-
ter mit integriertem Sonnenschutz. Diese bis zu
2,6 × 2,1 Meter grossen Fenster wiegen bis zu
450 Kilogramm. In die Betondecken sind Füh-
rungsschienen integriert, in denen die Fenster
beim Öffnen an der Wohnungsdecke entlang-
gleiten. Für den Antrieb der Flügel wird pro
Element lediglich ein Standard-Industriemotor
mit Stirnradantrieb benötigt. Die komplette An-
triebs- und Steuerungstechnik ist verdeckt mit ei-
nem Blech zwischen Fenster und Glasballustrade
angeordnet. In geschlossenem Zustand ist das
Kipp-Hup-Fenster einzig an den Deckenschienen
und an den beiden seitlichen Laufwagen zu er-
kennen.
Umfangreiche Funktions-
und Schalltests
Um die geforderte Dauerfunktion von 1000
Zyklen, die Schlagregendichtigkeit (nach DIN
12208-Klasse E900) und die Luftdichtigkeit (nach
12 DIN 12207-Klasse3) zu testen beziehungsweise
nachzuweisen, hatte Gartner im Werk Gundel-
Einbruchschutz besteht die Prallscheibe aus ser weisse Randsiebdruck ist nur von aussen fingen einen Teststand mit integriertem Muster-
8 mm ESG für die Normalbereiche und 10 bis sichtbar. An der Brüstung der Kipp-Hub-Fenster flügel gebaut. Bei hohen Windgeschwindigkeiten
12 mm VSG aus TVG für die EG-Bereiche. Alle befindet sich ein Glasgeländer aus 2 × 10 mm muss das Kipp-Hub-Fenster geschlossen werden.
Prallscheiben sind mit einem umlaufenden VSG aus TVG, um bei geöffnetem Fenster die Auch bei Regen und Temperaturen unter 0 Grad
Randsiebdruck in RAL 7035 versehen. Die- Brüstungshöhe zu gewährleisten. Celsius sollte das Fenster geschlossen bleiben.
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Dazu erscheint am Bedientableau ein entspre- Bedienung. Dafür hat der Nutzer ein Bedienta- Wohnungsbau und für Wohntürme an. Sie erset-
chendes Symbol. bleau im Sichtbereich des Fensters mit einem zen Balkone und Loggien und fördern ein neues,
Eine weitere Herausforderung war die Schweizer selbst rückstellenden AUF/ZU-Schalter. Der ge- grosszügiges Raumgefühl. Die neue Öffnungs-
Norm für Körperschall in angrenzenden Räumen samte Bewegungsablauf vom Entriegeln über technik im Wohnbereich verzichtet auf visuell
von unter 30 dB. So mussten alle Lagerungen das Kippen bis zum Heben läuft im Hintergrund störende Profile für Hebe-, Kipp- und Faltele-
des direkt am Rohbau befestigten Fensters mit automatisch ab. Bei einem Stromausfall kann das mente, die konventionell für grossflächige Raum-
speziellen Schwingungsisolierungen (Sylomer) Fenster über eine Kurbel im Brüstungsbereich be- öffnungen eingesetzt werden.
unterlegt werden, um den Schall zu dämpfen. dient werden.
Dazu wurden Schalltests mit dem Institut Mül-
ler BBM in München und der Schweizer EMPA
Fazit: Neue Fenstertechnik Bautafel
durchgeführt.
für Wohntürme
Bauherr:
Mit einer lebendigen Mischung aus denkmalge- PSP Swiss Property
Jede Öffnungsposition elektrisch
schützten Bauten und Neubauten mit Wohnun- Architekt:
anfahrbar
gen, Büros und Museen ist das Löwenbräu-Areal Arge Löwenbräuareal, Gigon / Guyer und
Bewohner können die Kipp-Hub-Fenster einfach ein gelungenes Beispiel für die Umnutzung al- Atelier ww, Zürich
über eine sogenannte Totmannsteuerung bedie- ter Industriegelände. Die Keramikfassaden der
nen, bei der sich das Fenster nur bei gedrückter Neubauten verbinden elegant die verschiedenen Total- und Generalunternehmer:
Steiner AG
Taste bewegt. Die Öffnungs- oder Schliessbe- Nutzungen und lassen das neue Areal als Einheit
wegung kann also an jeder Stelle unterbrochen erscheinen. Den Nutzern bieten die grossforma- Fassadenplaner:
werden. Auch die Fahrtrichtung kann jederzeit tigen Fenster mit einer durchgehenden Scheibe gkp fassadentechnik ag, Aadorf
gewechselt werden. Das Öffnen und Schliessen ohne Zwischenprofilierung höchste Transparenz.
Fassaden:
dauert jeweils rund 130 Sekunden. Geöffnet Vor allem die Kipp-Hub-Fenster bieten sich da- Josef Gartner GmbH
werden kann das Fenster nur über die manuelle bei als neue Fenstertechnik für den gehobenen
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