Des Teufels goldene Haare von Reinhold Harten

Die Seite wird erstellt Niklas-Daniel Götz
 
WEITER LESEN
Des Teufels goldene Haare
  von Reinhold Harten
Reinhold Harten: Des Teufels goldene Haare
                                                            http://lithes.uni-graz.at/texte.html

                                                                                     [U1 = 1]

                                 Reinhold Harten

            DES TEUFELS GOLDENE HAARE
                               Ein Handpuppenspiel

                                                                                     [U2 = 2]

Das Reichsinstitut für Puppenspiel eröffnet mit dem vorliegenden Heft die Reihe
„Das deutsche Puppenspiel“. Mit den Spielen dieser Sammlung wird im Sinne einer
gründlichen und volkstümlichen Pflege des gesamten deutschen Puppenspiels den
sowohl laienmäßig wie beruflich zum Puppenspiel stehenden Gruppen gutes und
handwerksmäßig brauchbares Material an die Hand gegeben. Die Spiele selbst
werden neue Stoffe für das Puppentheater erschließen. Überdies soll mit ihnen eine
stilgemäße Klärung der verschiedenen Formen des Puppenspiels erfolgen.

                    AUFFÜHRUNGSBESTIMMUNG!
Die Spiele der Reihe „Das deutsche Puppenspiel“ sind geistiges Eigentum des
Reichsinstitutes für Puppenspiel. Alle Rechte, insbesondere Aufführungen durch
Rundfunk und Berufsbühnen, sind vorbehalten. Laienmäßige Spieler und Spieler, die
ohne Eintrittsgeld spielen, erwerben das Aufführungsrecht durch Bezug eines
Exemplars für RM. 1.50 oder bei kleineren Spielen für RM. 1.– vom Arwed Strauch
Verlag in Leipzig C 1. Berufsmäßige Spieler, die vom Reichsinstitut für Puppenspiel
anerkannt sind (Liste der Reichsjugendführung und RSG. „Kraft durch Freude“),
erwerben das Aufführungsrecht für drei Aufführungen auf dieselbe Weise wie die
laienmäßigen Spieler. Für weitere Aufführungen ist eine einmalige Gebühr von RM.
5.– zu zahlen, die jeweils für 6 Monate gilt. Andere Berufspuppenspieler zahlen eine
Aufführungsgebühr von RM. 10.– für jeweils 6 Monate. Die über den Preis der
Texthefte hinaus fälligen Aufführungsgebühren werden laut obigen Bestimmungen
von den Abnehmern der Stücke direkt an das Reichsinstitut für Puppenspiel,
Postscheckkonto: Berlin Nr. 316 34 unter Angabe „Aufführungsgebühr für (Titel des
Stückes) vom ..... bis .....“ abgeführt.
Das Abschreiben der Texte ist verboten. Für die Aufführungen sind entsprechende
Leseexemplare vom Arwed Strauch Verlag zu beziehen.
Wer das Spiel gegen diese Bestimmungen aufführt, macht sich strafbar!
Reinhold Harten: Des Teufels goldene Haare
                                                             http://lithes.uni-graz.at/texte.html

                                                                                             [3]

                               SPIELFIGUREN.
Kasper.
Tetje.
Bürgermeister.
Schreiber.
Minister.
König.
Prinzessin.
Oberteufel.
Teufels Großmutter.
Zwei weitere Teufel.
Kröte.

                                 SPIELORTE.
1. Bild: Am Galgenberg.
2. Bild: Am Brunnen auf dem Marktplatz der Stadt.
3. Bild: Am Galgenberg.
4. Bild: In der Hölle.
5. Bild: Im Schloß.
                                                                                             [4]

                                  VORWORT.
Mit diesem Spiel legen wir eine echt kaspermäßige Fassung des Märchens vom
Teufel mit den drei goldenen Haaren vor. Daß die reichen und vielzweigigen Motive
des Märchens in die einfachste und damit typische Form gegossen werden mußten,
versteht sich von selbst. So ist z. B. nicht von einer Dreizahl der Städte die Rede,
sondern nur in einer Stadt wird der Brunnen von der darin heimlich verborgenen
Kröte befreit. Hier geschieht also einer dramatischen Straffung wegen wohl ein
Eingriff in die epische Welt des Märchens, der aber vom Spiel her zu verteidigen ist
und gerade für die eindeutige dramatische Fabel eines Kasperspiels sogar gefordert
werden kann. Reinhold Harten weiß, wie man Spiele für die Handpuppe schreibt.
Das beweisen nicht nur diese, sondern eine Fülle weiterer Einzelheiten. Man merkt,
hier kommt ein Spiel nicht vom Schreibtisch, sondern ein mit seinem Handwerk
vertrauter Puppenspieler hat es geschaffen mit Phantasie und einer schönen, aus
innerer Selbständigkeit schöpfenden Dialogführung. Jeder, der aus der Technik der
Handpuppe heraus wirklich einmal geschrieben hat, kommt und muß zwangsläufig
zu einer ähnlichen Spielform kommen, wie sie Harten hier bringt. In seinen Spielen
scheint uns die eigene „Dramatik“ des Kasperspiels, also der Handpuppe mindestens
schon in ersten Anzeichen glücklich erfüllt. Es erhalten jene Aktionen der vielen
Reinhold Harten: Des Teufels goldene Haare
                                                             http://lithes.uni-graz.at/texte.html

möglichen Haupt- und Nebensträhnen einer Handlung ihre besondere Bedeutung,
werden plastisch herausgearbeitet und im Spiel der Puppentypen dramatisch
verlebendigt, die durch die Handpuppe auch ihre unmittelbarste Wirkung zum
Ausdruck bringen können. Die andern, für das Spiel der Handpuppe also
unwesentlichen bleiben unbeachtet oder erfahren doch zumindest nur eine
nebensächliche Behandlung. Daß die übrigen Vorzüge eines guten Kasperspiels sich
diesem dramatischen Hauptziel ebenfalls dienstbar zeigen, beweist das Spiel in seinen
Einzelheiten selber. Die Typen werden gradlinig und eindeutig eingeführt und
bleiben auch im
                                                                                             [5]
Verlauf der Handlung eben Typen, ohne sich in charakterisierender oder gar
psychologisierender Weise in sich selbst zu zerspalten. Kasper ist ein positiver,
ganzer Kerl und kleiner Volksheld, und lebendig greift sein und der übrigen Figuren
Spiel hinüber über die Leiste und bezieht die Schauenden mit ein, ja läßt sie tätig mit
eingreifen.
Wir stehen erst im Anfang eines dramatischen Spielschaffens für die
Handpuppenbühne, d. h. also, daß wir wirklich mustergültige kleine, dramatisch in
sich geschlossene Werke für diese Puppenspielgattung fast noch gar nicht besitzen.
Hier, mit dem Spiel von Harten liegt jedoch immerhin eine Arbeit jetzt für den
praktischen Einsatz bereit, von der wir sagen können, daß sie unter den neueren
Spielen schon in einem erfreulichen Maße das zu verwirklichen sucht, was wir von
einem guten Handpuppenspiel fordern.
Jedes Handpuppenspiel vor allem ist neben seinen unterhaltenden und
künstlerischen Werten in jedem Falle (sonst ist es als Handpuppenspiel nur von
begrenzter Bedeutung) auch ein Stück politisches Spielgut. Gerade dem
Handpuppenspiel ist es ja möglich, über das Mittel des Stegreifspiels, des freien
Improvisierens, das Beantwortens aus den Schauenden heraufkommender Fragen,
die Ereignisse und Erlebnisse des politischen Tagesablaufs einzubeziehen, zu klären
und im lachenden Spiel zu kommentieren. So ist stets ebenfalls Maßstab eines guten
Spieles, wenn es diese unmittelbare und auf den gegenwärtigen und politischen Alltag
zu beziehende Fähigkeit im Ablauf der Handlung sowohl wie in der Typisierung der
Figuren schon in sich vorbereitet und vorgestaltet hat. In diesem Spiel bietet sich
beispielsweise in den Figuren des Tetje, des Schreibers oder des Ministers die
geschickt auswertbare Gelegenheit, unkameradschaftliches Verhalten oder unlauteren
Gelderwerb auf Kosten der Gemeinschaft an den Pranger zu stellen. Mit der Gestalt
des ballerigen und schnauzigen Bürgermeister ferner können aufs schönste überreizte
Schalterbeamte, unfreundliche Geschäftsleute und sonstige, sich schwer an neue
Einrichtungen und Notwendigkeiten Gewöhnende auf Korn genommen werden.

                                                                        Hermann Schultze
Reinhold Harten: Des Teufels goldene Haare
                                                                     http://lithes.uni-graz.at/texte.html

                                                                                                     [6]

                      ERSTES BILD: AM GALGENBERG.
KASPER pfeift ein Marschlied und kommt alleine an. Abteilung halt! Rührt Euch! Sieht sich um. Na
 nu, was ist denn das? Tetje! Tetje, wo steckt denn der? Sagt mal, Kinder, wißt ihr denn
 nicht, wo der abgeblieben ist? Mit so vielen sitzt ihr hier herum und dann könnt ihr nicht
 einmal auf Tetje aufpassen?! Wie heißt es hier überhaupt? Was? Dahin wollten wir ja gar
 nicht. Und die Kinder aus .... passen also nicht einmal auf, wenn hier Menschen so
 einfach verschwinden?! Und Erwachsene sitzen auch noch dabei und sagen nichts. Das
 scheint hier ja ein schöner Betrieb zu sein! Tetje! Tetje! Nun ruft doch wenigstens mal mit!
TETJE kommt völlig lahm angekrochen. O Mann, o Mann, laß mich an Land! Ich kann nicht
 mehr! Hier bleibe ich sitzen!
KASPER. Ne, Tetje, das geht nun wirklich nicht, du kannst doch nicht hier mitten in der
 Wildnis sitzen bleiben.
TETJE. Und warum denn nicht? Ne, Kasper, hier bleibe ich, oh, setzt sich das tut gut, mal
 wieder sitzen! Und schlafen. gähnt Uaaa. Du kannst dich auf den Kopf stellen, ich sitze.
KASPER faßt ihn an. Nun komm doch! Du mußt mitkommen. Wenn du nicht willst, weiß ich,
 was ich tu … Wendet sich zum Gehen.
TETJE. Kasper, was willst du??
                                                                                                     [7]
KASPER. Ich laß dich sitzen und hau ab!
TETJE hängt sich an ihn. Ach, Kasper, bleib hier, laß mich nicht allein.

        Sie laufen hintereinander her, um die Bühne herum, dabei stoßen sie an den Galgen.

KASPER. Nanu, was ist das?
TETJE will jetzt weg. Ängstlich. Kasper – – Kasper – – komm, schnell weg von hier!!
KASPER. Du bist ja eine komische Nummer. Zuerst wollte ich weg, da wolltest du nicht, nun
 will ich hierbleiben und du willst weg. Nun will ich nicht – – – nein, du hörst ja, ich will
 nicht. Den komischen Apfelbaum will ich mir erst einmal ein bißchen näher ansehen.
TETJE. Kasper, Kasper, das ist ein Galgen, o, wie gräßlich, da hängt ja schon einer dran.
KASPER. Tatsächlich, so ganz allein in der Gegend. Dem wollen wir man ein wenig
 Gesellschaft leisten.
TETJE. Kasper, ich sterb vor Angst. Faß ihn nicht an, Kasper. Ich kann das nicht sehen!
KASPER. Nun laß mich aber los, sonst werde ich ungemütlich. Schreit hier ’rum wie ein
 Wickelkind. Du bist doch nicht … (Name) Was sollen die Kinder von dir denken. Schämst
 du dich
                                                                                                     [8]
 eigentlich nicht? Er sieht plötzlich etwas ankommen. Pssst, still – wart mal eben! Psst, was ist
 denn das? Was kommt da für ein Schornsteinfeger. Igittigitt prrr! Komm schnell, Tetje,
 hier hinter den Busch, schnell.
TETJE. Das ist bestimmt der Teufel, ach nee, ach nee.
KASPER. Nun werd’ ich aber ungemütlich. Willst du das Maul halten!
Reinhold Harten: Des Teufels goldene Haare
                                                                 http://lithes.uni-graz.at/texte.html

                                             Beide ab

TETJE. O, was hab’ ich für eine Angst!
KASPER. Bist du ruhig!
TETJE. O – – O – – O!
KASPER. Pssssst. Hier – hier leg dich hin.

              Zwei TEUFEL kommen mit Teufelslärm. Sie treffen sich in der Mitte.

ERSTER TEUFEL. Guten Tag, Bruder!
ZWEITER TEUFEL. Guten Tag Bruder!
ERSTER TEUFEL. Da bin ich wieder!
ZWEITER TEUFEL. Da sind wir wieder!
ERSTER TEUFEL. Was macht das Geschäft?
ZWEITER TEUFEL. Macht sich, macht sich, in Teufels Namen! Und deines?
                                                                                                 [9]
ERSTER TEUFEL. Kann nicht klagen, in Teufels Namen! Was hast du geschafft?
KASPER. Mal raus damit, ich bin ja nicht neugierig, neee!
ERSTER TEUFEL. Jaha, ich hab’ wohl was beschickt! Zuerst, keiner wollte anbeißen, keine
 mickerige Seele, keine meckerige Gestalt. Es packt mich die Teufelswut. …
ZWEITER TEUFEL. Grad so ging’s mir. Ich wartete an den Ecken, lauerte in den Kneipen –
 nichts. Nichts, keiner biß an. Und was …
ERSTER TEUFEL. Da packt mich die Teufelswut, und ich machte einen Teufelsstunk im
 Dreiteufelsnamen. Hahahaha, alle Menschen in der Stadt denken an mich.
ZWEITER TEUFEL. Erzähl, Bruder, erzähle!
KASPER. Aber ein bißchen lauter!
ERSTER TEUFEL. Hahahaha, alle denken an mich. Sie haben keinen Tropfen klares Wasser
 mehr zu trinken. Es stinkt verteufelt!
ZWEITER TEUFEL. In der ganzen Stadt nur Teufelstrank?
ERSTER TEUFEL. In der ganzen Stadt. Hahahahaha!
KASPER. Was für eine Gemeinheit, nicht? Pfui Teufel!
                                                                                                [10]
ZWEITER TEUFEL. Und wie hast du das angestellt?
ERSTER TEUFEL. Psst, das darf keiner hören! Sind wir allein?
KASPER. Gewiß, wir zählen nicht mit!
TEUFEL gucken nur nach rechts und links. Die Luft ist rein.
ZWEITER TEUFEL. Pack aus, Bruder!
ERSTER TEUFEL. Unter dem großen Stein bei dem großen Brunnen liegt ein Teufelsvieh,
 eine dicke fette Kröte. Wenn sie die wegnehmen, haben sie wieder frisches Wasser. Aber
 sie kriegen sie nicht weg. Hahahaha, sie sitzt verteufelt fest.
ZWEITER TEUFEL. Sie sitzt fest, Bruder?
Reinhold Harten: Des Teufels goldene Haare
                                                                   http://lithes.uni-graz.at/texte.html

ERSTER TEUFEL. Nur wer den Spruch kennt: „Was da sitzt und was da stinkt, muß heraus,
 klar Wasser springt“ kann den Teufelsbann lösen!
TEUFEL. Hahahahahahahaha, das weiß keiner! Hahahaha!
TEUFEL. Das weiß keiner. Hahahaha! Das weiß keiner!
ERSTER TEUFEL. Und was hast du gehört, Bruder?
ZWEITER TEUFEL. Hahahaha! Köpfe rollen im Schloß, Köpfe rollen. Hahaha. Nummer eins
 – – – Kopf ab. Nummer zwei: Kopf ab. Nummer drei: Kopf ab. Kopf ab! Kopf ab! Kopf
 ab!
                                                                                                  [11]
ERSTER TEUFEL fällt mit ein. Sie tanzen danach. Kopf ab! Kopf ab! Kopf ab! Hahahahaha! Und
 wie hast du das gemacht?
ZWEITER TEUFEL. Das will ich dir sagen: Der Königstochter habe ich teuflisch mitgespielt,
 so daß sie krank ist. Hahaha! Und niemand kann ihr helfen. Und wenn einer kommt, und
 will sie heilen und kann es nicht, dann Kopf ab! Kopf ab! Kopf ab!
KASPER. Was für ein Vergnügen!
ERSTER TEUFEL. Kopf ab! Kopf ab! Kopf ab!
ZWEITER TEUFEL. Sind alle unser, alle. Und unser höllischer Meister gab seinen teuflischen
 Segen dazu! Wer sie erlösen will leise, der muß drei goldene Haare von unserm Meister aus
 der Hölle holen und …
ERSTER TEUFEL. Und??
KASPER. Und? Nun weiter!
ZWEITER TEUFEL. Und muß sie ihr als Pulver eingeben.
ERSTER TEUFEL. Drei goldene Haare vom Meister aus der Hölle, wer soll die wohl holen?
KASPER. Ich!
TEUFEL. Niemand! Hahahaha!
                                                                                                  [12]
KASPER. Abwarten!
TEUFEL tanzen miteinander. Kopf ab! Immer Kopf ab – Kopf ab!
ERSTER TEUFEL. In dreimal drei Tagen treffen wir uns wieder! Pfui Teufel! ab
TETJE noch hinter der Szene. Ich bin tot!
KASPER. Willst du das Maul so lange halten, bis die Luft rein ist. Sterb leise, wenn du tot bist,
 verstanden. Wenn sie dich hören … du weißt ja: Kopf ab!
TETJE. Oooooo, sei bloß still!
KASPER guckt hinter der Gardine heraus. Sind sie weg, die Brüder? Pfui Teufel, das waren ja
 verteufelte Teufel. Komm, Tetje, schnell raus aus dem Busch und dann die Beine in die
 Hand genommen. Er schleppt Tetje, der noch vor Angst zittert, hinaus.
TETJE. Leben wir denn noch, Kasper?
KASPER. Leben, du Dussel, das geht nun erst los! Hast du denn nichts gehört?
                                                                                                  [13]
TETJE. Ich? Ich hab’ mir die Ohren zugehalten!
Reinhold Harten: Des Teufels goldene Haare
                                                                 http://lithes.uni-graz.at/texte.html

KASPER. Was hast du? Dir die Ohren zugehalten?! Oh, du Nachtmütze! Und ich hab’ vor
 Aufregung auch nur die Hälfte verstanden. Pech, was? Aber ihr, aber ihr!! Das ist ja
 großartig! Wie war es noch mit dem schlechten Wasser in der Stadt?
 Jaja, aber ein Spruch war auch noch dabei.
                         Was da sitzt und was da stinkt,
                         muß heraus! Klar Wasser springt.
TETJE. Nun wissen wir alles?! Dafür gibt es doch sicher Belohnung. Was meint ihr? Geld,
 Geld, Kasper, Geld! rennt ab
KASPER. Was ist denn mit dir? Willst du dem Teufel in die Arme laufen?
TETJE zurück, zitternd. Meinst du, der Teufel? Aber Geld, Kasper, viel Geld.
KASPER. Du bist mir das richtige Geldgesicht. Hast nicht einmal aufgepaßt; aber das
 Geschäft willst du machen, was?! Hör lieber weiter zu, da war doch noch mehr. Ach ja, die
 kranke Prinzessin.
TETJE. Dann wirst du König, Kasper, und ich wird Minister und …
KASPER. Ja, Finanzminister für all das Geld, das willst du werden, was?! Aber Tetje, laß dir
 das noch erzählen, wer die Königstochter nicht gesund macht, bei dem geht’s: Kopf ab!
                                                                                                [14]
TETJE. Was denn? Kopf ab?! Dann laß uns lieber erst nach der Stadt, Kasper.
KASPER. Jaja, die Geschichte mit der Prinzessin ist ja auch gar nicht einfach. Die drei
 goldenen Haare als Pulver reiben und einnehmen lassen, das wollen wir wohl besorgen,
 aber erst besorgen, die Haare, erst haben.
TETJE. Laß das doch, Kasper, erst das Geld – das Geld!
KASPER. Jaja, du sollst deinen Willen haben. Nun weine man nicht. Zuerst geht’s in die Stadt
 und dann in die Hölle!
TETJE. Endlich wirst du vernünftig. Ich bin übrigens nicht so scharf auf die Hölle.
KASPER. Dann also auf in die Stadt. Antreten. Stillgestanden. Richt euch!
TETJE. Bauch ’raus, Kopf ’rein! Nase hoch! Rrrrrechts … um! Singen! Halt, alle mitsingen!
 Zwei drei …
                              Ab mit Gesang – ein Wanderlied

ZWEITES BILD: AM BRUNNEN AUF DEM MARKTPLATZ DER
                      STADT.
BÜRGERMEISTER kommt aufgeregt angelaufen, mit ihm der Stadtschreiber. Nein, nein und dreimal
  nein, gar nicht erst vorlassen, den Kerl, den Schwindel kennen wir. Wie sieht er denn aus?
SCHREIBER. Ein bißchen dumm und hier oben nicht ganz …
                                                                                                [15]
BÜRGERMEISTER. So ein Kerl wagt es! Pff, es ist doch unerhört. Wir werden ihn doch
 vorlassen, aber wir wollen einmal zeigen, wie wir mit Schwindlern umspringen. Sag ihm, er
 kriegte fünfundzwanzig hinten drauf, wenn es nicht klappte.
Reinhold Harten: Des Teufels goldene Haare
                                                                       http://lithes.uni-graz.at/texte.html

                                           SCHREIBER ab

BÜRGERMEISTER. Es ist schlimm, ganz schlimm, und es wird allerhöchste Zeit, daß endlich
  etwas geschieht. Seit einem Jahr gibt unser Brunnen hier keinen Tropfen reines Wasser.
  Gelb und braun und stinkig kommt es heraus. Wir haben alles versucht, und nichts hat
  geholfen. – Na, da kommt ja der Kerl. Wie sieht der aus. So ein Landstreicher, der will
  mehr können als die klugen Leute, die ihr Heil daran bisher versuchten. Das wäre ja zum
  Lachen.
TETJE mit dem Schreiber. Er ist furchtbar aufgeregt. Jaja, da ist ja der Brunnen. Das wollen wir
  wohl kriegen. Das ist ja ganz einfach, ganz einfach. Nun erst das Geld her.
BÜRGERMEISTER. Ich bin der Bürgermeister dieser Stadt.
TETJE. Ist ja ausgezeichnet, ist ja wunderbar. Was wollt ihr denn so ausgeben für die
  Kleinigkeit, hää?
SCHREIBER. Wie der Mensch schon redet!
BÜRGERMEISTER. Sehr viel Geld, wenn … es dir gelingt. Gelingt es dir aber nicht …
                                                                                                      [16]
TETJE. Wer redet denn davon. Her mit dem Geld. Erst will ich Geld sehen, sonst könnt ihr
  mich gern haben.
BÜRGERMEISTER. Wenn es dir nicht glückt, Bursche, wirst du ausgepeitscht und hinterher
  aufgehängt. Schreiber, die Peitsche!
SCHREIBER. Gewiß, Herr Bürgermeister! Holt eine Riesenpeitsche
TETJE. Das Geld, das Geld, wo bleibt das?
BÜRGERMEISTER. Kommt, wenn klares Wasser sprudelt.
TETJE. Erst das Geld …
BÜRGERMEISTER. Schreiber, hoch die Peitsche!
TETJE. Nicht schlagen, nicht schlagen. Ich will ja schon. Das ist ja ganz einfach. Da, der
  Stein muß da weg und dann, und dann brauch ich nur den Spruch noch – – den Spruch –
BÜRGERMEISTER. Los! Schlagen!
TETJE. Au – au – der Spruch – der fällt mir ja gleich ein!
SCHREIBER. Soll ich?
BÜRGERMEISTER. Bei drei! Eins, zwei …
TETJE. Er fällt mir gleich ein, gleich!
                                                                                                      [17]
KASPER erscheint auf der Bildfläche. Er nimmt dem Schreiber die Peitsche aus der Hand und langt Tetje
  bei Drei kräftig eine rüber. Drei!!
TETJE. Gnade! Gnade!
KASPER. Du bist mir ja ein feiner Kamerad! Hört auf zu prügeln Kneift einfach aus, wenn ich
  schlafe.
BÜRGERMEISTER. Nanu, was bedeutet das?
SCHREIBER. Mir so einfach mir nichts dir nichts die Peitsche aus den Händen zu nehmen.
KASPER. War es denn nicht richtig so? Na also, meine Herren.
TETJE. Ich wollte doch bloß …
Reinhold Harten: Des Teufels goldene Haare
                                                                       http://lithes.uni-graz.at/texte.html

KASPER. Mich anmelden, das kann ich mir denken. Also, da bin ich. Meinen Namen wissen
  die Kinder, und dies stinkige Loch da, das wollen wir mal gleich in Ordnung bringen.
BÜRGERMEISTER. Wir stellen Bedingungen …
SCHREIBER. Wenn es nicht gelingt …
KASPER. Nun werdet nur nicht pütscherig, Kinder.
BÜRGERMEISTER. Nach unserer Erfahrung …
KASPER. Stinkt das Wasser, und das soll aufhören. Richtig.
                                                                                                      [18]
SCHREIBER. Wenn es nicht gelingt, müssen wir …
KASPER. Weiter dreckiges Wasser saufen. Auch richtig. Aber nun hört mal zu, ihr beiden
  seid viel zu aufgeregt schiebt den Bürgermeister und den Schreiber hinaus, ihr stört geradezu. Ich
  sag Bescheid, wenn es fertig ist. Und wenn ihr mit Gewalt so lange etwas zu tun haben
  wollt, so könnt ihr ja schon das Geld besorgen.

                             BÜRGERMEISTER und SCHREIBER ab.

TETJE ist wieder mutig geworden. Ja, das Geld!
KASPER. Haha, schon wieder obenauf, was? Na, faß mal mit an! Da liegt der Stein. Und das
 stinkt verteufelt, als wenn die ganzen Teufelskinder … Puh, der ist aber schwer. Helft mal
 alle mit. Eins, zwei – halt, erst einmal in die Hände spucken, so pui, pui, und jetzt: eins,
 zwei, drei – hau ruck, hau ruck, hau ruck. Hoppla. Das ging aber!
TETJE. Igittigittigittigitt, prrrr. Da sitzt das große Biest!
KASPER. Nun komm mal ’raus, du Oberstinkdrüse, ’raus da!
TETJE. Ja guck, nun weißt du den Spruch auch nicht.
KASPER. Tatsächlich, den hätte ich fast vergessen. Wie heißt er doch noch? Kinder, wer hat
 ihn behalten? Richtig: „Was da sitzt und was da stinkt, muß heraus. Klar Wasser springt.“
 In Dreiteufelsnamen!

                        Das Untier richtet sich auf. TETJE türmt vor Angst.

                                                                                                      [19]
TETJE. Hilfe, Hilfe! Ein Krokofant! Ab
KASPER. Bist du aber hübsch! Schämst du dich gar nicht, so zu stinken?! Kille, kille, kille.
 Nana, nun aber friedlich, ja. Das Tier geht auf ihn los. Großer Bewegungskampf. So haben wir
 nicht gewettet. Ach, Kinder, ärgert die Stinkbombe doch mal ein bißchen so mit kss, ksss,
 damit ich inzwischen meinen Tröster holen kann. So ist es richtig! Ab
KINDER machen kss, ksss. Das Tier wird zu den Zuschauern hin wütend.
KASPER. So, da bin ich wieder. Sieh mal guck, kleiner Stinkadores, ich hab dir auch eine
 Zuckerstange mitgebracht. O, was hast du für schöne Beißerchen. Willst mal lutschen?
 Kampf und Sieg Warum sagst du denn gar nichts mehr? Sag wenigstens, ob du tot bist? Also
 du bist tot?
TETJE ist wieder da. Haben wir das nicht gut gemacht?!
KASPER ärgert ihn. Es lebt noch, es lebt noch!
Reinhold Harten: Des Teufels goldene Haare
                                                                    http://lithes.uni-graz.at/texte.html

                                    TETJE läuft, was er kann

KASPER zu den Kindern. Lacht ihn mal alle tüchtig aus!
TETJE. Ich wollte nur mal sehen, ob der Mann mit dem Geld noch nicht kommt. Ihr braucht
 gar nicht zu lachen. Geht dem Bürgermeister entgegen Da kommt er, da kommt er!

                     BÜRGERMEISTER und SCHREIBER kommen zurück.

                                                                                                   [20]
KASPER beim Brunnen beschäftigt. Sieh an, reines, klares Wasser. Spritzt den Bürgermeister naß Herr
  Bürgermeister, was sagen Sie nun?
BÜRGERMEISTER. Igitt, war das nötig?
SCHREIBER. Höchst überflüssig!
KASPER. Aber sauber! Also, das Geld haben Sie da. Ist gut. Geben Sie es nur meinem
  Mitarbeiter. Also, Tetje, du nimmst es in Verwahrung. Wehe, wenn du … du weißt ja
  Bescheid! Ich habe keine Zeit, meine Herren, ich muß schleunigst in die Hölle! Auf
  Wiedersehen! Leise zu den Kindern Wenn der Tetje zu viel schwindelt, sagt ihr immer nur
  „du lügst, Tetje“, verstanden?! Kasper ab
BÜRGERMEISTER. Tatsächlich reines klares Wasser. Herrlich! Hier sind die fünftausend Mark
  für Ihren Freund!
SCHREIBER. Oh, entsetzlich, ein Tier, ein Riesenungeheuer.
TETJE. Ja, danke für das Geld. Viel ist es ja nicht, aber immerhin! Ja, wie mein Freund da so
  beim Brunnen rumpütscherte, da habe ich das Biest so nebenbei erledigt.
KINDER. Tetje, du lügst.
TETJE. Jaja, so beinahe, wollte ich sagen, ganz allein konnte ich das natürlich nicht, das kann
  kein Mensch!
                                                                                                   [21]
BÜRGERMEISTER. Bestellen Sie Ihrem Freunde jedenfalls noch einmal, daß wir ihm
  außerordentlich dankbar sind und hoffen, ihn doch noch einmal wieder in unserer Stadt
  begrüßen zu können. Ab
TETJE. O bitte sehr, bitte sehr, ganz auf meiner Seite.
SCHREIBER. Nun sag aber mal, wie seid ihr denn eigentlich zu dem Geheimnis gekommen?
TETJE. Ach, weißt du, eigentlich ist es ja meine Erfindung …
KINDER. Tetje, du lügst!
SCHREIBER. So? Das habt ihr so ganz aus euch?
TETJE. Ja – nein – wir schnappten uns ein paar Teufel und pisackten sie so lange, bis sie uns
  alles verrieten!
KINDER. Tetje, du lügst!
SCHREIBER. Teufel? Wo traft ihr denn die Teufel?
TETJE. Am Galgenberg, ja da haben wir sie belauscht!
SCHREIBER. Am Galgenberg? War denn das nicht gefährlich?
TETJE. Ach was, ich hab’ doch keine Angst!
                                                                                                   [22]
Reinhold Harten: Des Teufels goldene Haare
                                                                   http://lithes.uni-graz.at/texte.html

KINDER. Tetje, du lügst!
TETJE. Ein bißchen unheimlich ist es schon. Aber wir schlugen die Teufel in die Flucht, als
  sie uns was wollten.
KINDER. Tetje, du lügst!
SCHREIBER. Also am Galgenberg?! Wann sind die Teufel da?
TETJE. Sie sagten, in dreimaldrei Tagen wollten sie wiederkommen.
SCHREIBER. Schwindelst du auch nicht?
TETJE. Ne, dieses Mal nicht, kannst die Kinder fragen.
SCHREIBER zu den Kindern. Stimmt das? Also, auf zum Galgenberg! Die will ich auch einmal
  belauschen! Aber allein. Ich will auch etwas werden: Bürgermeister oder mehr, und Geld
  will ich haben, viel Geld. Ab
TETJE. Da saust er ab. Was für ein geldgieriger Mensch ist das bloß, pfui Teufel. Aber ich
  will doch mal hinterher, mal sehen, vielleicht fällt da ja wieder ein klein wenig dabei ab!
  Aber das Geld, mein Geld, unser Geld will ich lieber nicht mitnehmen. Wer bewahrt es so
  lange auf? Aber nichts klauen? Vielleicht passen die Erwachsenen ja mal ein bißchen mit
  auf. Also, viel Glück! Danke schön. Ab

                                                                                                  [23]

   DRITTES BILD: AM GALGENBERG, WIE IM ERSTEN BILD.
SCHREIBER kommt vorsichtig sich umsehend an. Hier sollte es ja wohl sein. Aha, dort der Galgen.
  Schaurig! Brrr, hängt noch einer dran. Noch ist niemand hier. Unheimlich. Da – – da – –
  die Teufel! Die Teufel.

 Rennt weg und gerade TETJE in die Arme. Beide glauben, schon in der Gewalt der Teufel zu sein
                                       und schreien.

TETJE. Gnade, Gnade, ich war es nicht! Ich will es auch nicht wieder tun.
SCHREIBER. Gnade! Ich bin unschuldig, völlig unschuldig! merkt etwas
  Was ist denn los? Dummer Kerl, mir solchen Schreck einzujagen!
TETJE. Dummer Kerl, dummer Kerl? Paß nur auf, daß … sieht die Teufel kommen Da – – da –
  – ! Da sind sie! verschwindet
SCHREIBER. Verteufelt, die Teufel. Hilfe! Ach so, ich will sie ja belauschen. Hier ganz in der
  Nähe, dort hinter dem Busch will ich mich verstecken! Ab

                         Die zwei TEUFEL kommen wie im ersten Bild.

ERSTER TEUFEL. Guten Tag, Bruder!
ZWEITER TEUFEL. Guten Tag, Bruder!
                                                                                                  [24]
ERSTER TEUFEL. Da bin ich wieder!
ZWEITER TEUFEL. Da sind wir wieder!
Reinhold Harten: Des Teufels goldene Haare
                                                                http://lithes.uni-graz.at/texte.html

ERSTER TEUFEL. Was macht das Geschäft?
 Versaut das Geschäft, alles futsch, alles zum Teufel!
ZWEITER TEUFEL. Verteufelt! Was denn? Wie denn?
ERSTER TEUFEL. Das Wasser läuft wieder klar und schier!
ZWEITER TEUFEL. Das Wasser klar?! Das ist verraten worden, Bruder!
ERSTER TEUFEL. Verrat? Wer soll es verraten haben?
ZWEITER TEUFEL. Wenn uns nun einer belauscht hat?!
ERSTER TEUFEL. Belauscht, wo?
ZWEITER TEUFEL. Hier!
ERSTER TEUFEL. Hier? … Ha. Suchen, Bruder, suchen!
ZWEITER TEUFEL. Ja, suchen!

 Sie umkreisen tanzartig die Bühne und stürzen plötzlich auf das Versteck des SCHREIBERS zu
                                    und zerren ihn heraus.

ERSTER TEUFEL. Ha, da ist der, der Hund!
                                                                                               [25]
ZWEITER TEUFEL. Zerreiß ihn, zerreiß ihn!
SCHREIBER. Gnade, Gnade, der andere …
ERSTER TEUFEL. Komm ab, in die Hölle. Mit ihm ab.
ZWEITER TEUFEL. Der andere, hat er gesagt.
KASPER kommt gerade. Gewiß, ist gerade eingetroffen.
TEUFEL. Zum Teufel noch mal, was willst du, Kerl?
KASPER. Das trifft sich ja ausgezeichnet!
TEUFEL. Was soll das heißen?
KASPER. Ich freue mich, daß ich dich getroffen habe. Aber sag mal, was habt ihr für ein
  Geschrei gemacht, was war denn los?
TEUFEL. Wir haben einen Menschen gegriffen und in die Hölle gebracht.
KASPER. Und der hat so geschrien? Schade, daß ich das nicht gewesen bin!!
TEUFEL. Was? Du???
                                                                                               [26]
KASPER. Ja, schade, ihr habt doch sicher eine schnelle und bequeme Verbindung zur Hölle!
TEUFEL. Du willst in die Hölle?
KASPER. Ehrlich gesagt, ja, aber ich weiß nicht recht, wie ich es anfangen soll.
TEUFEL. Was, du willst, willst in die Hölle! Was willst du denn dort?
KASPER. Ach, man hört so viel davon, nun will ich mir das mal ein bißchen ansehen, die
 Teufel, die Kessel und so weiter.
TEUFEL. Du, das ist kein Vergnügen, hahahaha!
KASPER. Das sagst du von deinem eigenen Betrieb, schäm’ dich!
TEUFEL. Ich bringe dich in die Hölle, was willst du dafür haben?
KASPER. Was, hier gibt es noch was zu? Sonst muß man doch überall die Fahrt bezahlen?
Reinhold Harten: Des Teufels goldene Haare
                                                                http://lithes.uni-graz.at/texte.html

TEUFEL. Was soll ich dir geben, wenn du uns deine Seele verschreibst?
KASPER. Was willst du denn damit?
TEUFEL. Du mußt uns deine Seele verschreiben, sonst haben wir keine Gewalt über dich,
 und du kannst nicht in die Hölle!
                                                                                               [27]
KASPER. Ich will aber gern hin. Dann bleibt mir wohl nichts anderes übrig. Zu den Kindern
 Was meint ihr dazu? Nicht. Aber ich kann es ja ruhig tun, ich hab’ ja gar keine Seele, ich
 hab’ ja einen Holzkopf! Laut Ja, wenn es nicht anders geht, muß es wohl sein!
TEUFEL. Hier, schlag ein. Ich bringe dich in die Hölle und dafür habe ich Gewalt über deine
 Seele.
KASPER. Gut … Aber halt einmal, ist das auch kein Schwindel? Bist du überhaupt echt? Hast
 du einen Ausweis vom Obermeister?
TEUFEL. Nun aber Schluß. Willst du in die Hölle oder nicht?
KASPER. Warum schreist du denn so? Was ich gesagt habe, gilt. Aber wenn dir das nicht
 paßt, suche ich mir eine andere Fahrgelegenheit. Und du suchst dir andere Kundschaft.
 Damit basta!
TEUFEL. Also, schlag schon ein!
KASPER. Donnerwetter, hast du heiße Hände!
TEUFEL. Ja, wir Teufel sind hitziger Natur! Hat es wehgetan?
KASPER. Oh, ja nicht. Nun man los!
                                                                                               [28]
TEUFEL. So, stell dich hierher in die Mitte. Ich spreche den Spruch vor, und du saust ab.
 Unten wirst du schon den Eingang finden!
KASPER. Sicher, immer dem Gestank nach, nicht? Nun gib Gas, los!
TEUFEL. Sprich den Spruch nach: Teufels Knecht in Teufels Namen, trag uns nach der Höll’
 …
KASPER. Halt, halt, brems’ doch noch mal! Anker auswerfen!
TEUFEL. Was ist denn los?
KASPER. Haben wir vielleicht den Kindern Auf Wiedersehen gesagt? Da kann man sehen,
 daß ihr Teufel keine Bildung habt. Ihr seid ja auch nicht aus .... (Ort). Auf Wiedersehen,
 Kinder. Es wird schon schief gehen! Schreibt auch mal! Danke, danke! Abfahrt!
TEUFEL. Sprich nach: „Teufelsknecht und Teufelshund“.
KASPER. „Teufelsknecht, du bist ein Hund.“
TEUFEL. „Trag uns nach der Hölle Schlund!“
KASPER. „Trag uns nach der Hölle Schlund!“

                                 Mit furchtbarem Krach ab.

                                                                                               [29]
Reinhold Harten: Des Teufels goldene Haare
                                                                      http://lithes.uni-graz.at/texte.html

                        VIERTES BILD: IN DER HÖLLE.
          Des Teufels GROßMUTTER sitzt im Lehnstuhl und schläft. Sie schnarcht laut.

KASPER kommt hinter der Gardine heraus. Psst, Kinder still. Gut, daß ihr auch da seid! Hallo,
 wer ist denn das? Der Teufel? Immer, wenn sie laut schnarcht oder sich bewegt, versteckt Kasper sich
 wieder. Ach, das ist des Teufels Großmutter. Wie die schnarcht! Schnarcht eure Großmutter
 auch so? Großmutter, das tut man nicht, dann werden die Kinder bange.
GROßMUTTER. Ohnenene, au, au, mein Kissen, wo ist es denn, ach, ich kann ja nicht, oh, oh,
 oh!
KASPER. Ne, das kann ich nicht mit ansehen. Komm, Oma, so geht das nicht hilft. Komm,
 so, hier ist das Kissen. So, nun ist es richtig.
GROßMUTTER schnurrt wie eine Katze. Hach, so ist es schön, ja so. Aber – – aber – – es riecht
 hier doch – – es riecht hier doch nach Menschenfleisch!

                  Sie will hochkommen. KASPER drückt sie wieder in den Sessel.

KASPER. Oma, reg dich doch nicht auf, bleib erst mal sitzen.
GROßMUTTER. Sollst einen Süßen haben. Ja, mein Jung, komm. Faßt ihn um und küßt ihn
 Waaaaaaaas, was ist das? Ein Mensch!! Ein Mensch!
                                                                                                     [30]
KASPER. Oma, reg dich doch nicht auf, denk an deine Nerven, Oma.
GROßMUTTER. Was willst du hier, du Mensch?!
KASPER. Oma, ich hab dir doch geholfen, nicht? Da siehst du, daß ich ein netter Mensch
 bin, was, Kinder?
GROßMUTTER. Hmmm, hmmm, ja ja, du Mensch, du hast mir geholfen, und das
 Teufelspack läßt mich hier allein sitzen, und keiner hilft mir. Keiner! Sie schluchzt.
KASPER. Wein’ man nicht, Oma!
GROßMUTTER. Dich sollen sie nicht braten, dich ganz gewiß nicht. Du kannst dir etwas
 wünschen.
KASPER. Ach ja, wenn du mir einen kleinen Gefallen tun willst?!
GROßMUTTER. Na, sag es schon!
KASPER. Sieh mal, das ist nämlich so … Ich möchte … ich brauche drei von den goldenen
 Haaren vom Oberteufel, die könntest du mir eigentlich besorgen!
GROßMUTTER. Drei goldene Haare von meinem Sohn? Was willst du denn damit?
KASPER. Ich möchte, daß die Prinzessin wieder gesund wird.
                                                                                                     [31]
GROßMUTTER. Ich will sehen, was ich tun kann. Komm schnell, daß mein Sohn dich nicht
 zu sehen kriegt. Hierher, hinter meinen Stuhl. Paß auf, ich verwandle dich in einen Floh.
                      In Teufels Namen: Groß wird klein.
                      Schrumpf zusammen, Fleisch und Bein,
                      Mensch wird Floh!!
 Aber nicht beißen, nein, nicht beißen. Nicht da, da bin ich kitzlig. Schön still sitzen.
Reinhold Harten: Des Teufels goldene Haare
                                                                   http://lithes.uni-graz.at/texte.html

                                 Der OBERTEUFEL erscheint.

OBERTEUFEL er ist sehr brummig. Verdrehter Kram! Es geht auch alles schief! Es macht nun
 bald keinen Spaß mehr, Teufel zu spielen!
GROßMUTTER. Na, komm, sei nicht ärgerlich, komm, leg dich, ich werde dich kratzen. Tut es
 So …, so …, na, was ist denn?
OBERTEUFEL kommt hoch und schnuppert. Das riecht hier doch … nach … Menschen!
GROßMUTTER. Nach Menschen? Nach Menschen, ach so, ja, nun weiß ich schon, die
 Kleinen haben sich hier heute morgen mit Menschenknochen geworfen. So … so.
OBERTEUFEL. Alle gehen sie uns durch die Binsen, alle zusammen. Das Wasser läuft wieder
 klar in der Stadt. Wenn ich den einmal in die Finger kriege, der das zurechtgedreht hat, den
 will ich zwiebeln.
GROßMUTTER. Ist schon gut! Schlaf nur. So, so. Er schläft ein, sie reißt dem Oberteufel ein Haar
 aus.
                                                                                                  [32]
OBERTEUFEL. Au, au, auaaauuuu. Was ist? Was war das? Was soll das?
GROßMUTTER. Was … was. Was willst du denn? Ach so, ja, ich hab schlecht geträumt. Mir
 träumte, daß die kranke Prinzessin auch wieder gesund wäre! Was meinst du?
OBERTEUFEL. Was soll der Unsinn. Die und gesund, das kriegt niemand heraus! Laß mich
 doch schlafen!
GROßMUTTER. Dann ist ja alles gut! So, leg dich. So – so – ! Streichelt den Oberteufel und zieht
 ihm das zweite Haar aus.
OBERTEUFEL. Oh, oh, auuuuuuuu. Was ist denn nun schon wieder?
GROßMUTTER. Ich muß immer an die Prinzessin denken, wenn ihr nun doch einer die
 richtige Medizin gibt!
OBERTEUFEL. Zerbrich dir den Kopf, das hilft noch lange nicht. Huahh, was bin ich müde!
GROßMUTTER. Huah. Gähnt auch. Das ist nur gut, daß sie auch dann noch nicht gesund wird
 … das ist nur gut! Huah – huah – er schläft schon wieder. Nun das dritte Haar! Reißt.
OBERTEUFEL nun aber wütend. Au, au, aaaau. Warum reißt du mich denn immer in den
 Haaren? Knufft sie. Paß auf, du! Gleich werd’ ich grob!
                                                                                                  [33]
GROßMUTTER. Ach, mir geht das mit der Prinzessin immer noch durch den Kopf. Gibt es
 denn kein Mittel, sie ganz wieder gesund zu machen?
OBERTEUFEL. Natürlich, Mutter, aber das weiß ich allein. Wenn sie die Medizin
 eingenommen hat, muß man ihr dreimal auf den Rücken schlagen – und dabei sagen: Raus
 mit dem Teufel, raus, in die Hölle. Aber dann muß man noch etwas warten.
GROßMUTTER tut sehr beruhigt. Na, sieh, das kriegt keiner raus. Nun werden wir wohl
 schlafen! …

                            Hinter der Bühne Lärmen und Schreien.

OBERTEUFEL wütend hoch. Heute ist ja wohl alles durchgedreht. Nicht einmal die Mittagsruhe
 wird gehalten! Schreit Ruhe da draußen, Ruhe!
Reinhold Harten: Des Teufels goldene Haare
                                                                   http://lithes.uni-graz.at/texte.html

             Der Lärm wird stärker, ab. Man hört ihn schimpfen, dann wird es still.

GROßMUTTER allein. Die Luft ist rein. Wo ist denn mein kleiner Floh, wo ist er denn?
                        In Teufels Namen: Groß aus klein.
                        Reck und streck dich, Fleisch und Bein.
                        Floh sei wieder Mensch!
KASPER ist wieder verwandelt. Oma! Oma! Vielen Dank. Da, Oma, jetzt kriegst du sogar einen
 Süßen von mir, komm, Oma! Er tanzt mit ihr.

 Die GROßMUTTER tanzt auf dem Stuhl sitzend, d.h. eigentlich tanzt der Stuhl mit Großmutter
                               darauf mit KASPER.

                                                                                                  [34]
GROßMUTTER. Oh, Junge, hör auf, ich bin ganz aus der Puste. Hier hast du die drei
 goldenen Haare, und den Spruch hast du ja wohl behalten.
KASPER. Kinder, habt ihr ihn behalten? Oma, wie hieß der Spruch?
GROßMUTTER. Raus mit dem Teufel, raus, in die Hölle!
KASPER. Vielen Dank und auf Wiedersehen, Oma! Wiedersehen, Kinder! Ich komm’ mal
 wieder, Oma! Ab.
GROßMUTTER. Ein verteufelter Kerl. Schade, daß er kein Teufel ist!

                          FÜNFTES BILD: IM SCHLOß.
KASPER kommt eilig angelaufen. So, da bin ich wieder. Die drei goldenen Haare hab ich in der
 Tasche, und den Spruch wißt ihr ja. Wie heißt er noch? Ach so, ja „Raus mit dem Teufel,
 raus, in die Hölle! Raus mit dem Teufel, raus, in die Hölle, raus mit dem Teufel, raus, in die
 Hölle.“ Er tanzt danach herum und rennt den Minister um, mit dem er dann tanzt.
MINISTER. Kerl, ist Er verrückt. Total verrückt. Weiß Er denn nicht, wo Er sich befindet?
KASPER. Nein, leider weiß er das nicht, wo er sich befindet. Aber vielleicht weißt du, wo sie
 sich befindet?
MINISTER. Kerl, ich bin Minister! Richte Er sich danach!
                                                                                                  [35]
KASPER. Ach so, dann hab ich wohl zu schwer gefragt?!
MINISTER. Ich habe zu fragen. Wer ist Er, was will Er, wo kommt Er her, wo will Er hin,
 was ist seine Beschäftigung, wann ist Er geboren?
KASPER. Hör auf, hör auf, ich hab ihn noch nicht danach gefragt. Aber wenn du nicht
 einmal wissen solltest, wer ich bin, dann schäm’ dich mal ein wenig vor den Kindern hier,
 die wissen, wer ich bin. Sagt es dem Minister mal.
MINISTER. Ich verlange – – – –
Reinhold Harten: Des Teufels goldene Haare
                                                                  http://lithes.uni-graz.at/texte.html

KASPER. Still, nun komm ich, ich hab es nämlich eilig, du hast es auch eilig, und die
 Prinzessin hat es am eiligsten.
MINISTER. Kerl, was weiß Er von der Prinzessin?
KASPER. Mehr als die Leute, die sich nur einbilden, etwas zu wissen, und doch nichts wissen.
 Bringe mich zur Prinzessin!
MINISTER. Waaas? Er ungeschliffener Klotz will zur kranken Prinzessin?
KASPER. Damit sie endlich wieder gesund wird!
MINISTER. Kerl, das kostet ihm den Kopf, wenn Er Seine Späße mit uns treibt.
                                                                                                 [36]
KASPER. Und es kostet ihm den Kopf, wenn Er mich nicht auf der Stelle zu ihr führt.
MINISTER. Wie wagt Er mit mir zu reden?
KASPER. Noch ganz anders. Nimmt ihn beim Kragen und brüllt ihn an. Wenn du mich nicht
 sofort beim König meldest, laß ich dich am steifen Arm verhungern!
KÖNIG kommt durch den Lärm angelockt. Was ist denn? Was denn? Wer schreit? Wer macht
 hier solchen Lärm?
MINISTER. Dieser Kerl da …
KASPER. Dieser Kerl da will verhindern, daß die Prinzessin wieder gesund wird!
KÖNIG. Was muß ich hören?
MINISTER. Ein unfähiger Schwindler, wie alle bisher. Aber noch dazu ein unverschämter
 Kerl.
KÖNIG. Du weißt, wenn du nichts vermagst, schlagen wir dir den Kopf ab. Denn wir wollen
 in Frieden gelassen werden, da niemand unserer Tochter zu helfen imstande ist.
KASPER. Ich kann es! Die Kinder werden es bezeugen.
                                                                                                 [37]
KÖNIG. Wirklich, Kinder, wird der Mann hier meine Tochter gesund machen? So. Minister,
 habt Ihr es gehört? Was eilt Ihr nicht, was lauft Ihr nicht, ich laufe selbst, meine Tochter
 zu holen.

                                 KÖNIG und MINISTER ab.

KASPER. Ich will mal holen. Hier sind die drei goldenen Haare zu Pulver zerrieben. Zeigt eine
 kleine Flasche. Sie wird gesund!
TEUFEL von der Seite. Hahahahaha! Sie wird nicht gesund, niemals! Hahaha!
KASPER. Mach, daß du wegkommst! Wer zuletzt lacht, lacht am besten!
TEUFEL aus der Ferne. Hahaha!

              PRINZESSIN wird im Bett hereingeschoben. Der KÖNIG hinterher!
Reinhold Harten: Des Teufels goldene Haare
                                                                     http://lithes.uni-graz.at/texte.html

KÖNIG. Das ist meine liebe Tochter!
KASPER. Oh, wie ist die schön! Und dabei so krank? Aber hier ist das Mittel. Der König richtet
 die Prinzessin mit dem Oberkörper auf. Kasper gibt ihr das Pulver. Das soll wohl helfen.
TEUFEL.

                                          TEUFEL lacht.

KÖNIG. Was war denn das?
                                                                                                    [38]
KASPER. Der Teufel, aber der tut nichts mehr. Kinder, wie heißt noch der Spruch? Ja,
 richtig: „Raus mit dem Teufel, raus, in die Hölle!“
KÖNIG. Und nun?
KASPER. Ja, und nun? Ach so, ja dabei ja noch so. Richtet die Prinzessin wieder auf und schlägt sie
 dabei auf den Rücken. Raus mit dem Teufel, raus, in die Hölle!
TEUFEL lacht. Niemals!
KÖNIG. Na, und. Was schlägst du meine kranke Tochter so?
KASPER. Nun ist sie gesund!
KÖNIG. Wo denn? Wo denn? Ich seh nichts. Auch Schwindel! Wache! Wache! Ab.
TEUFEL höhnt. Kopf ab, Kopf ab!! Hahahahaha!
KASPER. Aha, da bist du immer noch! Warte … Hinter ihm her.
TEUFEL. Hahaha, und sie wird nicht gesund!
KASPER. Das will ich euch schon zeigen! Bestell nur schon in der Hölle, ich komm in den
 nächsten Tagen zu Besuch und schlage alles kurz und klein. Prügelt den Teufel raus. Kommt
 zurück.
                                                                                                    [39]
  Warum wird sie denn nun nicht gesund? Sie muß aber gesund werden! Prinzessin, warum
  wirst du nicht gesund?
PRINZESSIN richtet sich auf. Ah, wo bin ich?
KASPER läuft raus. Herr König, Herr König, die Prinzessin ist gesund …
PRINZESSIN. Die Sonne scheint. Ich fühle mich ganz leicht. Und einen Hunger habe ich,
 solchen Hunger. Ich will aufstehen. Tut es.

                                     KÖNIG kommt zurück.

KÖNIG aufgeregt. Den Kerl verhaften! Verhaften den Schwindler! Runter mit dem Kopf! Sieht
 die Prinzessin. Du, Töchterchen? Du bist gesund?! Noch draußen Wollt ihr weg! Nicht köpfen
 oder ihr werdet geköpft!
Reinhold Harten: Des Teufels goldene Haare
                                                                   http://lithes.uni-graz.at/texte.html

PRINZESSIN. Was ist denn, Vater?
KÖNIG. Oh, wie freu ich mich, oh, wie freue ich mich!
PRINZESSIN. Wer hat mich gesund gemacht?
KÖNIG. Der Kasper. Warte, ich werde ihn schicken, warte! Ab.
KASPER. Prinzessin?
PRINZESSIN fällt ihm um den Hals. Da hast du eine kleine Belohnung!
                                                                                                  [40]
KASPER. Mann, das gibt es nicht jeden Tag.
PRINZESSIN. Und nun wünsch’ dir etwas!
KASPER. Nun, ich … ich möchte einmal mit dir tanzen, Prinzessin!
PRINZESSIN. Das will ich gern, komm, Kasper! Sie tanzen.
KASPER. Und morgen ist großes Freudenfest, und ihr seid alle eingeladen! Stimmt doch,
 Prinzessin?!
PRINZESSIN. Natürlich, natürlich, alle sind eingeladen.
KASPER. Und bis dahin auf Wiedersehen, die Prinzessin muß sich erst ganz gesund schlafen!
 Ich zieh den Vorhang zu!
Sie können auch lesen