Die Energiewende im Stromsektor: Stand der Dinge 2016 - ANALYSE Rückblick auf die wesentlichen Entwicklungen sowie Ausblick auf 2017
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Die Energiewende im Stromsektor: Stand der Dinge 2016 Rückblick auf die wesentlichen Entwicklungen sowie Ausblick auf 2017 ANALYSE * *Anteil Erneuerbarer Energien am Stromverbrauch 2016
Die Energiewende im Stromsektor: Stand der Dinge 2016 IMPRESSUM ANALYSE Die Energiewende im Stromsektor: Stand der Dinge 2016 Rückblick auf die wesentlichen Entwicklungen sowie Ausblick auf 2017 DURCHFÜHRUNG DER ANALYSE Agora Energiewende Anna-Louisa-Karsch-Straße 2 | 10178 Berlin Dr. Patrick Graichen Mara Marthe Kleiner Christoph Podewils Kontakt: maramarthe.kleiner@agora-energiewende.de Satz: UKEX GRAPHIC und Juliane Franz Bitte zitieren als: Titelbild: Eigene Illustration Agora Energiewende (2017): Die Energiewende im Stromsektor: Stand der Dinge 2016. Rückblick auf die wesentlichen Entwicklungen sowie Ausblick auf 2017. 104/01-A-2017/DE Veröffentlichung: Januar 2017 www.agora-energiewende.de
Vorwort Liebe Leserin, lieber Leser, sind, die Strompreise für Haushalte 2017 erstmals die Marke von 30 Cent pro Kilowattstunde übersprin das Jahr 2016 hat für die Energiewende sowohl gute gen werden, und die Fortschritte so langsam erfolgen, als auch schlechte Nachrichten gebracht: Einerseits dass die für 2020 gesetzten Ziele für Klimaschutz und ist das Stromsystem das dritte Jahr in Folge klima Effizienz nur noch mit einer großen Kraftanstren freundlicher geworden, konnten sich Gaskraftwerke gung zu erreichen sind. von Kohlekraftwerken wieder Marktanteile zurück erobern, verlief der Atomausstieg nach Plan, liefer All das und noch einiges mehr zeigen wir Ihnen in ten Erneuerbare-Energien-Anlagen so viel Strom dieser Analyse in vielen Zeitreihen und Grafiken. wie nie zuvor, sank der Stromverbrauch und ist die Zustimmung der Bevölkerung zur Energiewende auf Ich wünsche Ihnen spannende Erkenntnisse bei der sehr hohem Niveau weiter gewachsen. Andererseits Lektüre! wurde Ende 2016 deutlich, dass die Gesamt-Klima gasemissionen aller Sektoren abermals gestiegen Ihr Dr. Patrick Graichen Direktor Agora Energiewende Das Wichtigste auf einen Blick Gas ist der Gewinner 2016 und bringt den Kohleausstieg auf leisen Pfoten. Dank sinkender Erd- gaspreise ist die Stromproduktion aus Gas deutlich gestiegen. Demgegenüber ist zum dritten 1 Jahr in Folge die Kohleverstromung zurückgegangen, auch für 2017 ist die Stilllegung etliche Kohlekraftwerke geplant. Schriebe man den 2016er-Trend linear fort, wäre 2038 Schluss mit der Kohlestromnutzung in Deutschland. Erneuerbaren-Stromproduktion und Energieeffizienz verbessern sich nur leicht. 2016 als schlechtes Wind- und Sonnenjahr hat dazu geführt, dass die Stromproduktion aus Solaranla- 2 gen und Windanlagen an Land zurückging. Dies wurde überkompensiert durch einen deutli- chen Zuwachs bei Offshore-Windkraft. Beim Stromverbrauch gab es nur einen sehr leichten Rückgang, das Effizienzziel für 2020 wird immer schwerer zu erreichen. Die klimaschädlichen Treibhausgasemissionen steigen weiter. Hauptursachen hierfür waren die gute Konjunktur und der etwas kältere Winter 2016. Dabei war das Bild uneinheitlich: 3 Während im Industrie-, Wärme- und Verkehrssektor die Emissionen stiegen, sind sie im Strom- sektor aufgrund des Rückgangs der Kohleverstromung im dritten Jahr in Folge leicht gesunken. Energie aller Art ist billig – außer Haushaltsstrom. Nicht nur die Preise für Kohle, Öl, Gas sind 2016 deutlich gesunken, sondern auch die Strombörsenpreise. Sie lagen mit 26,6 Euro pro Megawattstunde auf einem 10-Jahres-Tief. Zugleich hat die letzte PV-Auktion gezeigt, wie 4 günstig Solarstrom sein kann: 5,38 Cent pro Kilowattstunde. Doch während Börsenstrom, Erd- gas, Heizöl, Benzin und Diesel günstig sind, gilt dies aufgrund der Abgaben und Umlagen nicht für den Haushaltsstrompreis. Er steigt 2017 auf mehr als 30 Cent pro Kilowattstunde. 1
Agora Energiewende | Die Energiewende im Stromsektor: Stand der Dinge 2016 2
Inhalt Das Stromjahr 2016 in zehn Punkten 4 10 points on the 2016 power market 6 1 Stromerzeugung 11 2 Stromverbrauch 15 3 Entwicklung der Erneuerbaren Energien 17 4 Entwicklung der konventionellen Energien 21 5 Stromhandel und europäischer Preisvergleich 25 6 Preisentwicklung in Deutschland 29 7 Spotmarkt, negative Strompreise und Flexibilität 35 8 Treibhausgasemissionen 37 9 Stimmung der Bevölkerung zur Energiewende 39 10 Kennzeichnende Tage zur Charakterisierung des deutschen Stromsystems 41 11 Ausblick 2017 45 12 Referenzen 48 3
Agora Energiewende | Die Energiewende im Stromsektor: Stand der Dinge 2016 Das Stromjahr 2016 in zehn Punkten 1. Erneuerbare Energien: 2016 stieg die Strompro Tonnen auf 306 Millionen Tonnen zurückge duktion aus Erneuerbaren Energien nur leicht, gangen (-1,6 Prozent). Damit sind die CO2-Emis nämlich um 4 auf 191,4 Terawattstunden. Ihr sionen des Stromsektors nun im dritten Jahr in Anteil am Stromverbrauch stieg um 0,8 Prozent Folge gesunken, während in den Sektoren In punkte auf 32,3 Prozent. Dass der Zuwachs trotz dustrie, Wärme und Verkehr kaum Klimaschutz eines deutlichen Zubau an Anlagen (insbeson stattfindet. dere im Bereich der Windenergie) nicht stärker ausfiel, liegt in einem eher unterdurchschnittli 5. Stromhandel: Deutschland hat physikalisch chen Wind- und Solarjahr 2016. 2016 einen neuen Stromabflussrekord aufge stellt: 55,5 Terawattstunden bzw. 8,6 Prozent der 2. Stromverbrauch: Der Stromverbrauch ist 2016 Stromproduktion flossen ins Ausland ab. Haup um 2,4 Terawattstunden zurückgegangen: von texportländer für deutschen Strom sind Öster 595,1 auf 592,7 Terawattstunden (-0,4 Prozent). reich, Schweiz, Frankreich und die Niederlande. Gleichzeitig wuchs die Wirtschaft um etwa 1,8 Prozent. Stromverbrauch und Wachstum ent 6. Strompreis: Die Strompreise für Terminlieferun koppeln sich erfreulicherweise weiter, jedoch gen im Jahr 2017 sind von 31 Euro auf 26,60 Euro nach wie vor zu langsam: Um sich in Richtung je Megawattstunde gesunken. Zur kurzfristigen der deutschen Effizienzziels zu bewegen (Rück Lieferung am nächsten Tag kostet eine Mega gang des Stromverbrauchs bis 2020 um 10 Pro wattstunde Strom an der Strombörse im Mit zent gegenüber 2008), hätten 2016 acht Tera tel 28,81 Euro (2015: 31,91 Euro). Demgegenüber wattstunden weniger Strom verbraucht werden steigt der Strompreis für Haushaltskunden auf müssen. gut 30 Cent pro Kilowattstunden aufgrund ge stiegener Abgaben und Umlagen. 3. Konventionelle Energien: Konventionelle Kraft werke haben 429,2 Terawattstunden produziert, 7. Flexibilität: Die Anzahl der negativen Strom die Produktion ist damit um 3 Terawattstunden preise an der Börse ist zurückgegangen, die zurückgegangen (-0,7 Prozent). Steinkohlekraft Preise waren in diesen Zeiten jedoch negati werke verloren dabei um 7,7 Terawattstunden am ver als im Vorjahr. Dies ist ein Zeichen dafür, stärksten (-6,5 Prozent), gefolgt von Kernkraft dass die Teilnehmer am Strommarkt insgesamt werken mit -6,9 Terawattstunden (-7,5 Prozent) flexibler reagieren, in Zeiten hoher Erneuerba und Braunkohlekraftwerken mit -4,5 Terawatt re-Energien-Stromproduktion jedoch noch zu stunden (-2,9 Prozent). Demgegenüber wuchs viele konventionelle Must-Run-Kraftwerke am allerdings die Stromerzeugung von Erdgaskraft Netz sind. werken um 16,5 Terawattstunden an (+26,6 Pro zent). 8. Rekordtage: Am 8. Mai 2016 um 13 Uhr wurden 86,3 Prozent des Strombedarfs durch Erneuer 4. Klimaschutz: Während die Gesamt- bare Energien gedeckt – so viel wie nie zuvor. Treibhausgasemissionen Deutschlands von Die geringste Einspeisung von Kohlestrom war 908 auf 916 Millionen Tonnen gestiegen sind am O stersonntag, den 27. März zu verzeichnen. (+0,9 Prozent), sind die CO2-Emissionen des Nur 7,6 Gigawatt Strom aus Braun- und Stein Stromsektors im Jahresverlauf um 5 Millionen kohle wurde am frühen Morgen eingespeist. 4
ANALYSE | Die Energiewende im Stromsektor: Stand der Dinge 2016 9. Stimmung: Die Bevölkerung unterstützt die Energiewende: 93 Prozent der Menschen hielt sie für „sehr wichtig“ oder „wichtig“. Der Anteil derjenigen, die die Energiewende für „sehr wich tig“ halten, ist dabei von 50 auf 57 Prozent ge stiegen. Die Energiewende genießt damit in der Bevölkerung die höchste Bedeutung seit 2012. 10. Ausblick auf 2017: Konventionelle Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von etwa vier Gigawatt werden 2017 abgeschaltet, was die Überkapazitä ten im Kraftwerkspark verringert. Bei der Erzeu gung wird der Anteil der Kohle und Kernenergie leicht zurückgehen, die Erneuerbaren Energien werden voraussichtlich weiter zulegen. Aufgrund der erstmals bei Wind und Biomasse durchge führten Auktionen werden die Kosten des Zubaus Erneuerbarer vermutlich weiter sinken. 5
Agora Energiewende | Die Energiewende im Stromsektor: Stand der Dinge 2016 10 points on the 2016 power market 1. Renewables: In 2016, power production from is scarce evidence of climate protection in the in green energy rose slightly, from 187 terawatt dustrial, heating, and transportation sectors. hours to 191.4. Its share in total energy demand increased 0.8 percentage points, to 32.3 per cent. 5. Electricity trading: In 2016, German electricity Given the hefty influx of new green energy facil exports hit a new record: 55.5 terawatt hours, ities (especially in the wind sector), the increase or 8.6 per cent of power production, were sold in renewable power would have been greater abroad. The main importing countries for German were it not for 2016 being a below-average year electricity were Austria, Switzerland, France, and for wind and solar power. the Netherlands. 2. Electricity consumption: German electricity 6. Electricity prices: Electricity prices for future use declined by 2.4 terawatt hours, from 595.1 deliveries in 2017 dropped from 31 euros to to 592.7 terawatt hours, or 0.4 per cent. During 26.60 euros per megawatt hour. Next-day the same year, the economy grew by 1.8 per cent, electricity prices on the spot market averaged continuing its happy decoupling from electricity 28.81 euros (versus 31.91 euros in 2015). By con demand. Yet the process continues to be too slow. trast, household electricity prices increased to To reach the 2020 efficiency targets set by the 30 ents per kilowatt hour on account of higher German government – a 10-per cent reduction levies and surcharges. of electricity use relative to 2008 levels – eight fewer terawatt hours would have had to be con 7. Flexibility: Negative electricity prices on the sumed in 2016. German power market decreased, but were still lower than the previous year’s. This indicates that 3. Conventional energy: Conventional power plants participants in the energy market were able to produced 429.2 terawatt hours – three terawatt respond more flexibly on the whole yet the num hours, or 0.7 per cent, less than in 2015. Hard coal ber of conventional must-run power plants con power plants lost the most (7.7 terawatt hours, or nected to the grid remained too many. 6.5 per cent), followed by nuclear power plants (6.9 terawatt hours, or 7.5 per cent), and lignite 8. Record days: On 8 May 2016 at 1 pm, 86.3 per power plants (4.5 terawatt hours, or 2.9 per cent). cent of electricity demand was met by renewable By contrast, electricity production from gas-fired energy, a greater share than ever before. Likewise, power plants increased by 16.5 terawatt hours, or the lowest feed-in level of coal-powered electric 26.6 per cent. ity ever recorded – 7.6 gigawatts – occurred dur ing the early morning hours of 27 March. 4. Climate protection: While total greenhouse gas emissions in Germany increased from 908 to 9. Mood: Germans are firmly behind the transi 916 million tons (a 0.9-per cent bump), CO2 emis tion to green energy. 93 per cent believe that it is sions in the electricity sector dropped 5 million “very important” or “important,” with the share of tonnes, or 1.6 per cent, to 306 million tonnes. This the former group rising from 50 per cent in 2015 marks the third consecutive year that CO2 emis to 57 per cent in 2016. Germany’s Energiewende sions in this sector have fallen. By contrast, there hasn’t been this popular since 2012. 6
ANALYSE | Die Energiewende im Stromsektor: Stand der Dinge 2016 10. Outlook for 2017: Several conventional power plants with a total output of four gigawatts will be shut down in 2017, reducing the excess capacity in Germany’s power plant fleet. The share of coal and nuclear energy in power generation will de cline slightly while renewables are projected to keep rising. Due to the introduction of auctions for wind and biomass, the cost of adding renewa bles is expected to continue to fall. 7
8 [GW] [GW] 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 01. Apr 01. Jan 04. Apr 04. Jan 07. Apr 07. Jan Biomasse 10. Apr 10. Jan Agora Energiewende 2016 13. Apr 13. Jan Stromnachfrage 16. Apr 16. Jan 19. Apr 19. Jan 22. Apr 22. Jan Wasserkraft 25. Apr 25. Jan 28. Apr 28. Jan 01. Mai 31. Jan 04. Mai 03. Feb 07. Mai 06. Feb 10. Mai 09. Feb Wind Onshore 13. Mai 12. Feb 16. Mai 15. Feb 19. Mai 18. Feb 22. Mai 21. Feb 25. Mai 24. Feb Wind Offshore 28. Mai 27. Feb Nettostromerzeugung und -nachfrage im ersten und zweiten Quartal 2016 31. Mai 01. Mrz 03. Jun 04. Mrz 06. Jun 07. Mrz 09. Jun 10. Mrz Der Stromsektor 2016 auf einen Blick 12. Jun 13. Mrz Photovoltaik 15. Jun 16. Mrz 18. Jun 19. Mrz 21. Jun 22. Mrz 24. Jun 25. Mrz 27. Jun 28. Mrz konventionell 30. Jun 31. Mrz
[GW] [GW] 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 01. Okt 01. Jul 04. Okt 04. Jul 07. Okt 07. Jul Biomasse 10. Okt 10. Jul Agora Energiewende 2016 13. Okt 13. Jul Stromnachfrage 16. Okt 16. Jul 19. Okt 19. Jul 22. Okt 22. Jul Wasserkraft 25. Okt 25. Jul 28. Okt 28. Jul 31. Okt 31. Jul 03. Nov 03. Aug 06. Nov 06. Aug 09. Nov 09. Aug Wind Onshore 12. Nov 12. Aug 15. Nov 15. Aug 18. Nov 18. Aug 21. Nov 21. Aug 24. Nov 24. Aug Wind Offshore 27. Nov 27. Aug Nettostromerzeugung und -nachfrage im dritten und vierten Quartal 2016 30. Nov 30. Aug 03. Dez 02. Sep 06. Dez 05. Sep 09. Dez 08. Sep Der Stromsektor 2016 auf einen Blick 12. Dez 11. Sep Photovoltaik 15. Dez 14. Sep 18. Dez 17. Sep 21. Dez 20. Sep 24. Dez 23. Sep 27. Dez 26. Sep konventionell 30. Dez 29. Sep 9
Agora Energiewende | Die Energiewende im Stromsektor: Stand der Dinge 2016 10
ANALYSE | Die Energiewende im Stromsektor: Stand der Dinge 2016 1 Stromerzeugung Im Jahr 2016 stammt wie im Vorjahr der Großteil des 2016 mit 648,1 Terawattstunden in Deutschland in Deutschland produzierten Stroms aus Erneuerbare mehr Strom erzeugt wurde als jemals zuvor in der Ge Energien – etwa 30 Prozent. Dennoch ist ihr Anteil schichte der Bundesrepublik – trotz eines sinkenden im Vergleich zu 2015 trotz erheblicher Steigerung der Stromverbrauchs. Mit einem Zuwachs von 0,2 Pro installierten Leistung (siehe Kapitel 4) nur geringfügig zent gegenüber 2015 fällt der Anstieg jedoch deutlich angewachsen (plus 0,5 Prozentpunkte). Die Ursache kleiner aus als im Vorjahr (3,2 Prozent). liegt vor allem in dem 2016 unterdurchschnittlichen Wind- und Solardargebot. Im direkten Vergleich mit dem Vorjahr (Abbildung 3) wird deutlich, dass die Stromproduktion aus Erneu Gestiegen ist – erstmals seit 2010 – der Anteil der erbaren Energien mit einem Plus von 4 Terawatt Stromerzeugung aus Erdgas: Mit 12,1 Prozent Anteil stunden nur gering anwächst. Sie entspricht in etwa an der Stromerzeugung rangiert es nur noch einen der Menge, um die die Verstromung von Braunkohle Prozentpunkt hinter der Kernenergie. Die Anteile von zurückgeht. Der Rückgang der Stromproduktion Strom aus Braun- und Steinkohle sowie aus Kerne aus Steinkohle und Kernenergie ist mit jeweils rund nergie sind im Vergleich zu 2015 zurückgegangen. 7 Terawattstunden deutlich größer. Diesem steht der Anstieg der Stromproduktion aus Gaskraftwerken in Ein Blick auf die absoluten Zahlen (Abbildung 2) be Höhe von 16,5 Terawattstunden gegenüber. Auffällig stätigt dieses Bild und zeigt überdies, dass im Jahr ist, dass die Verstromung von Braun- und Steinkohle Erneuerbare Energien etablieren sich als stärkster Stromproduzent: Strommix des Jahres 2016 (Werte für 2015 in Klammern) Abbildung 1 Öl + Sonstige: 5,1 % (5,2 %) Erdgas: 12,1 % (9,6 %) Wind Onshore: Kernenergie: 10,3 % (11,0 %) 13,1 % (14,2 %) Biomasse Erneuerbare: (inkl. biogenem Müll) 29,5 % (29,0 %) 8,0 % (7,8 %) Steinkohle: 17,0 % (18,2 %) Photovoltaik: 5,9 % (6,0 %) Wasserkraft: 3,3 % (2,9 %) Wind Offshore: 2,0 % (1,3 %) Braunkohle: 23,1 % (23,9 %) AG Energiebilanzen 2016a 11
Agora Energiewende | Die Energiewende im Stromsektor: Stand der Dinge 2016 Die Stromerzeugung bei Erneuerbaren Energien wächst langsamer. Entwicklung der Stromproduktion 1990–2016 Abbildung 2 700 632,5 648,1 622,5 576,6 600 536,8 549,9 78,5 72,7 89,3 49,2 500 35,9 41,1 Stromproduktion [TWh] 150,0 154,1 148,3 145,9 400 170,9 142,6 110,0 300 134,1 117,0 147,1 143,1 140,8 84,9 200 140,6 163,0 169,6 100 152,5 154,1 191,4 104,2 37,9 62,5 19,7 25,1 0 2016* 2010 2011 2012 2013 2014 2015 1990 2005 2007 2008 2009 1991 1994 1992 1993 1995 1996 1997 1998 2000 1999 2002 2003 2004 2006 2001 Erneuerbare Kernenergie Steinkohle Braunkohle Erdgas Mineralölprodukte Sonstige AG Energiebilanzen 2016a. * vorläufige Angaben Zuwächse bei Erneuerbaren, Gas und Stromhandel, Rückgänge bei Kohle, Kernkraft und Verbrauch: Entwicklung der Strommengen 2016 Abbildung 3 20 16,5 15 Veränderung zum Vorjahr [TWh] 10 5 4,0 4,0 0 -2,4 -5 -4,5 -6,9 -7,7 -10 Erneuerbare Kernenergie Braunkohle Steinkohle Erdgas Stromaus- Verbrauch tauschsaldo AG Energiebilanzen 2016a 12
ANALYSE | Die Energiewende im Stromsektor: Stand der Dinge 2016 das dritte Jahr hintereinander in Folge sinkt. Würde man den Rückgang 2016 linear fortsetzen, so wäre die Kohleverstromung in Deutschland etwa Anfang 2038 beendet. Die Netto-Stromflüsse in die Nachbarländer sind unterm Strich um 4 Terawattstunden gewachsen; der Austauschsaldo kann damit zum fünften Mal in Folge einen neuen Rekord verzeichnen. Ein Blick auf das Zustandekommen dieses Saldos zeigt einen leichten Rückgang der Austauschaktivitäten. Die Stromflüsse von Deutschland ins Ausland haben leicht nachgege ben (-3,2 Terawattstunden), die Stromflüsse aus dem Ausland nach Deutschland sind mit minus sieben Terawattstunden jedoch zu einem stärkeren Grad zu rückgegangen. Die Summe von inländischer Stromerzeugung, Stro mimporten aus dem Ausland und -exporten nach dem Ausland ergibt den inländischen Stromver brauch. Dieser ist im Gegensatz zur Stromerzeugung um 2,4 Terawattstunden zurückgegangen. 13
Agora Energiewende | Die Energiewende im Stromsektor: Stand der Dinge 2016 14
ANALYSE | Die Energiewende im Stromsektor: Stand der Dinge 2016 2 Stromverbrauch Nachdem der Stromverbrauch in Deutschland im Jahr industriellen Prozessen sowie allgemeine Effizienz 2015 etwas angestiegen war, ist er 2016 leicht um 2,4 steigerungen im Haushalts- und Gewerbebereich zu Terawattstunden (0,4 Prozent) zurückgegangen. Er begründen. Dennoch ist der Rückgang im vergangen liegt nun bei 592,7 Terawattstunden. Angesichts einer Jahr noch nicht ausreichend, um das von der Bundes um 1,3 Terawattstunden gewachsenen Stromerzeu- regierung im Energiekonzept 2010 für das Jahr 2020 gung stieg der Stromaustauschsaldo mit Deutsch gesteckte Effizienzziel von minus zehn Prozent ge lands elektrischen Nachbarn auf 55,5 Terawattstun genüber 2008 zu erreichen. Dafür hätte der Rückgang den an. 2016 bei etwa acht Terawattstunden liegen müssen. Um das Effizienzziel 2020 dennoch zu erreichen, Mit dem Rückgang des Stromverbrauchs bei gleich müssten in den kommenden vier Jahren mindes zeitigem Wachstum der Wirtschaft (voraussicht tens neun Terawattstunden Strom jährlich eingespart lich 1,8 Prozent in 2016) in Deutschland schreitet die werden. Entkopplung von Energieverbrauch und Produkti vität voran. Während das Bruttoinlandsprodukt seit Im Gegensatz zum Stromverbrauch ist der Primäre 1990 um 46 Prozent angewachsen ist, erhöhte sich nergieverbrauch im vergangen Jahr leicht angestie der Stromverbrauch lediglich um 8 Prozent. Der sin gen (plus 1,6 Prozent auf 13.427 Petajoule). Dies ist vor kende Stromverbrauch ist durch Effizienzgewinne in allem auf einen deutlich höheren Erdgaseinsatz als Rekorde bei Stromerzeugung und Export, Rückgänge beim Stromverbrauch: Stromverbrauch und -produktion 2000–2016 sowie Effizienzziel 2020 Abbildung 4 648,2 646,9 Bruttostromerzeugung und Brutto-Inlandsstromverbrauch [TWh] 660 640,7 640,6 639,6 637,7 626,7 632,4 628,6 622,6 640 612,1 617,5 608,8 595,6 Stromaus- 55,5 620 tauschsaldo 621,5 619,8 614,1 586,7 586,4 618,2 610,2 600 605,6 605,8 614,7 576,6 603,9 600,7 595,1 592,7 591,1 580 587,4 585,1 581,3 556 579,6 560 540 Ziel 2020: -10 Prozent vs. 2008 520 500 2000 2005 2010 2015 2016* 2020 Bruttostromerzeugung Brutto-Inlandsstromverbrauch AG Energiebilanzen 2016a. * vorläufige Angaben 15
Agora Energiewende | Die Energiewende im Stromsektor: Stand der Dinge 2016 Wirtschaftsleistung und Energieverbrauch entkoppeln sich weiterhin: Bruttoinlandsprodukt, Primärenergieverbrauch und Stromverbrauch 1990–2016 (indexiert, 1990 = 100) Abbildung 5 160 146 150 140 133 130 125 122 120 111 112 112 [1990 = 100] 108 110 105 Ziel 2020: 101 -10 Prozent 98 100 90 96 97 98 95 90 80 Ziel 2020: 80 -20 Prozent 70 vs. 1990 60 1990 1995 2000 2005 2010 2016 2020 Bruttoinlandsprodukt Primärenergieverbrauch Bruttostromverbrauch AG Energiebilanzen 2016a; Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen 2015 zurückzuführen – dieser stieg um 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr und wies auch bereinigt um die kältere Witterung sowie den Schalttag eine deut liche Steigerung auf. Dies weist darauf hin, dass es auch im Bereich der Industrie im Vergleich zum Vor jahr aufgrund der guten Konjunktur einen deutlich höheren Brennstoffeinsatz als im Vorjahr gab.1 1 AG Energiebilanzen 2016c 16
ANALYSE | Die Energiewende im Stromsektor: Stand der Dinge 2016 3 Entwicklung der Erneuerbaren Energien 3.1 Allgemeine Entwicklung der energie (-4,1 Terawattstunden). Es folgen mit Erneuerbaren Energien 2016 45,6 Terawattstunden die Verstromung von Bio masse (+1 Terawattstunde) und mit 38,3 Terawatt Erneuerbare Energien haben im Jahr 2016 32,3 Pro stunden die Solarenergie (-0,4 Terawattstunden). zent des deutschen Bruttostromverbrauchs gedeckt. Damit ist ihr Anteil erneut gestiegen – um 0,8 Pro Mit einem Plus von 4,7 Terawattstunden wird zentpunkte. Ein Vergleich mit den Vorjahren zeigt je das stärkste Wachstum der Stromerzeugung bei doch, dass sich das Wachstum verlangsamt hat: Es lag Offshore-Windenergie verzeichnet. Dieses geht we in den fünf Jahren davor im Durchschnitt bei 2,9 Pro sentlich zurück auf Installationen mit einem Volumen zentpunkte pro Jahr. von etwa 2,43 Gigawatt im Jahr 2015; die seinerzeit gebauten Anlagen konnten 2016 erstmals eine volle Nach eher günstigem Wetter für Wind- und Solare Jahresstrommenge produzieren. nergie in 2015 lag das Wetterjahr 2016 wieder unter dem langjährigen Durchschnitt. Dennoch liefer 2016 wurden etwa sechs Gigawatt zusätzliche Er ten Erneuerbare Energien 2016 vier Terawattstun neuerbaren-Kapazität zugebaut, wobei der Großteil den mehr Strom als im Vorjahr. Insgesamt waren es auf Onshore-Windenergie entfällt, nach bisherigen 191,3 Terawattstunden. Den größten Anteil daran Schätzungen etwa 4,3 Gigawatt (netto). Auf Platz zwei hatte mit 66,8 Terawattstunden Onshore-Wind‑ folgt die Solarenergie mit einem Zubau von etwa Trotz starken Zubaus wächst der Erneuerbaren-Anteil am Stromverbrauch nur leicht: Anteil Erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch 2000–2016 sowie Ziele für 2025 und 2035 Abbildung 6 70 Ziel 2035: 55–60 % 60 EE-Anteil am Bruttostromverbrauch Obere Zielmarke Ziel 2025: Anteil am Bruttostromverbrauch [%] 40–45 % 50 Untere Zielmarke 40 32,3 % 31,5 % 27,3 % 25,1 % 23,5 % 30 20,3 % 16,9 % 16,3 % 2016: 15,1 % 14,2 % 20 32,3 % 11,6 % 10,2 % 9,3 % 7,8 % 7,6 % 6,7 % 6,5 % 10 0 2034 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020 2022 2024 2026 2028 2030 2032 AG Energiebilanzen 2016a 17
Agora Energiewende | Die Energiewende im Stromsektor: Stand der Dinge 2016 Zuwächse bei Wasserkraft, Biomassestrom und Offshore-Windenergie, Rückgänge bei Solarstrom und Windenergie an Land: Stromproduktion aus Erneuerbaren Energien 1990–2016 Abbildung 7 250 200 191,3 38,3 Stromproduktion [TWh] 150 13,0 104,1 11,7 100 62,5 66,8 37,8 1,3 25,1 37,8 50 27,2 9,5 51,7 19,7 1,5 33,6 2,0 3,4 14,4 19,7 21,6 24,9 19,6 21,0 21,5 0 2016* 2008 1990 1995 1996 1997 2000 2006 2001 2002 2003 2004 2007 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 1991 1993 1994 1992 1998 2005 1999 Wasserkraft Biomasse (inkl. biogenem Hausmüll) Wind Onshore Wind Offshore Photovoltaik AG Energiebilanzen 2016a. * vorläufige Angaben 1 Gigawatt, die Leistung neu errichteter Offshore- Stromversorgung weiterhin auf dem heutigen hohen Windkraftanlagen liegt bei etwa 0,7 Gigawatt. Die Niveau zu halten. Dies bedeutet vor allem zweierlei: Leistung der neu errichteten Biomasseanlagen beträgt etwa 40 Megawatt. Im Vergleich zu den im EEG 2014 →→ Der Ausbau der Windkraft- und Photovoltaik beschlossenen Zubau-Korridoren liegt der Ausbau kapazitäten ist die günstigste Option, CO₂-freien von Onshore-Windenergieanlagen über dem Korridor Strom zu erzeugen. Die installierte Menge wird (2,5 Gigawatt pro Jahr), Offshore-Windkraft im Kor daher weiter kontinuierlich steigen. Um den aktu ridor und Solarenergie deutlich unter dem Korridor ellen Stromverbrauch fast komplett auf Basis Er (Offshore-Windkraft: 6,5 Gigawatt in 2020; Solar neuerbarer Energien zu decken, müssen etwa 280 energie: 2,5 Gigawatt pro Jahr). Gigawatt davon installiert sein (davon 40 Giga watt Offshore-Windkraft, 130 Gigawatt Onshore- Mit diesen Zubaumengen liegt die in Deutschland Windkraft und 90 Gigawatt Solarenergie) installierte Leistung von Erneuerbare-Energien-An lagen nunmehr bei 104 Gigawatt. Der Vergleich des →→ Um eine jederzeit gesicherte Stromversorgung Wachstums bei der installierten Leistung – gut sechs zu erhalten, ist trotz des Zubaus von Erneuerba Prozent in 2016 – mit dem Wachstum der produzier ren Energien ein konventioneller Kraftwerkspark ten Erneuerbaren-Strommenge – gut drei Prozent in erheblichem Umfang notwendig. Diese Sicher – verdeutlicht die Wetterabhängigkeit eines auf Er heits-Kapazitäten werden im Zuge der Ener neuerbaren Energien basierenden Stromsystems auch giewende nach und nach durch Optionen wie über längere Zeiträume. Der Umbau des Stromsystems Lastmanagement, Stromspeicher und bessere Zu muss dem gerecht werden, um die Zuverlässigkeit der sammenarbeit mit den Nachbarstaaten ergänzt. 18
ANALYSE | Die Energiewende im Stromsektor: Stand der Dinge 2016 Stärkster Zubau bei Windenergie an Land: Erneuerbaren-Kapazitäten 2015 und 2016 Abbildung 8 120 104 98 100 Wind Offshore installierte Kapazität [GW] 80 Wind Onshore Photovoltaik 60 Biomasse 40 Wasserkraft sonstige 20 0 2015 2016* BNetzA 2016a, *eigene Schätzungen auf Basis von BNetzA 2016b, FA Wind 2016 und BWE 2016 3.2 Die Entwicklung von Wind- zutrifft, hätte die Stromerzeugung bei einem durch und Solarenergie 2016 schnittlichen Wetterjahr deutlich stärker ausfallen können. Die Stromerzeugung aus Windkraft (On- und Offshore) lag 2016 leicht über dem Niveau von 2015: Auch das Sonnenjahr 2016 war unterdurchschnitt Sie stieg von 79,2 auf 79,8 Terawattstunden. Da lich. Lediglich in zwei Monaten überschritt die bei waren gegenläufige Trends zu verzeichnen: Bei durchschnittliche Sonnenscheindauer das zehnjäh Onshore-Windenergie kam es in diesem Jahr zu ei rige Mittel, in den anderen Monaten lag die Zahl der nem Rückgang von 4,1 Terawattstunden im Vergleich Sonnenstunden zum Teil deutlich unter dem Schnitt. zum Vorjahr. Dieser ist wetterbedingt: Nach dem sehr In Kombination mit dem geringen Zubau der Photo starken Windjahr 2015 lag das Winddargebot 2016 voltaik führt das zu einem leichten Rückgang der So bis zu 12,9 Prozent unter dem 10-Jahres-Durch larstromerzeugung 2016. schnitt.2 Offshore-Windenergieanlagen lieferten im Jahr 2016 13 Terawattstunden Strom. Das entspricht einem Zuwachs von 4,7 Terawattstunden – über die Hälfte mehr als im Vorjahr. Da das unterdurchschnittli che Winddargebot auch auf die Verhältnisse auf See 2 vergleiche IWR-Windindex 2016 19
Agora Energiewende | Die Energiewende im Stromsektor: Stand der Dinge 2016 Offshore-Windenergie liefert inzwischen signifikante Strommengen und gleicht Rückgang bei Onshore- Windenergie aus: Stromproduktion aus Onshore- und Offshore-Windkraftanlagen 2000–2016 Abbildung 9 90 79,2 79,8 8,3 80 57,3 13,0 70 1,4 51,7 Stromproduktion [TWh] 60 0,9 50 40 70,9 66,8 30 55,9 50,7 50,8 40,6 48,9 39,7 38,6 37,8 20 30,7 27,2 25,5 10 18,7 15,8 9,5 10,5 0 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016* Wind Onshore Wind Offshore AG Energiebilanzen 2016a. * vorläufige Angaben Unterdurchschnittliches Sonnenjahr schmälert Solarstromproduktion: Stromproduktion von Photovoltaik-Anlagen 2004–2016 Abbildung 10 45 40 35 Stromproduktion [TWh] 25 20 15 38,7 38,3 36,1 31,0 10 26,4 19,6 5 11,7 4,4 6,6 0,6 1,3 2,2 3,1 0 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016* Photovoltaik AG Energiebilanzen 2016a. * vorläufige Angaben 20
ANALYSE | Die Energiewende im Stromsektor: Stand der Dinge 2016 4 Entwicklung der konventionellen Energien Im vergangen Jahr ist die Stromproduktion aus kon Kohlepreis-Verhältnis getrieben: Erdgas ist deutlich ventionellen Energieträgern um drei Terawattstun günstiger geworden, Kohle nur leicht günstiger (siehe den auf 429,2 Terawattstunden zurückgegangen (-0,7 Abbildung 24). Darüber hinaus ist 2016 das erste Prozent). Dahinter verbergen sich jedoch recht deut Braunkohlekraftwerk in die Sicherheitsbereitschaft liche Verschiebungen innerhalb der konventionellen überführt worden: Mit einer Leistung von 392 Mega Erzeugungsstruktur: Die Produktion von Steinkohle watt wurde das Kraftwerk Buschhaus am 23. Sep kraftwerken sank um 7,7 Terawattstunden am stärks tember 2016 abgeschaltet. ten (-6,5 Prozent gegenüber 2015), gefolgt von der Stromproduktion von Kernkraftwerken mit Teilweise sind Kohlekraftwerke auch durch Erneuer -6,9 Terawattstunden (-7,5 Prozent) und dem Rück bare Energien abgelöst worden. Ein Indiz hierfür lie gang der Braunkohleverstromung um 4,5 Terawatt fern die insgesamt 32 Tage des Jahres 2016, an denen stunden (-2,9 Prozent). Demgegenüber wuchs die der Erneuerbaren-Anteil am Stromverbrauch jeweils Stromerzeugung in Erdgaskraftwerken stark um bei mehr als 50 Prozent lag, Hier sank die Leistung 16,5 Terawattstunden an (+26,6 Prozent). von Braun- und Steinkohlekraftwerken im Tagesmit tel deutlich unter 20 Gigawatt, an zwei Tagen lag sie Der Rückgang der Verstromung von Braun- und sogar bei weniger als 10 Gigawatt. Demgegenüber Steinkohle - insgesamt -12,2 Terawattstunden – betrug die maximale Leistung aus Kohlekraftwer und das Wachstum bei der Verstromung von Erd ken an Tagen mit einer nur sehr geringen Erneuerba gas wurde vor allem durch das veränderte Gas-/ ren-Produktion fast 42 Gigawatt. Steinkohleverstromung geht immer weiter zurück: Stromproduktion aus Steinkohlekraftwerken 1990–2016 Abbildung 11 180 160 140 Stromproduktion [TWh] 120 100 80 1990 1995 2000 140,8 147,1 143,1 2005 134,1 60 2015 2010 117,7 117,0 40 2016* 110,0 20 0 2016* 2011 2012 2013 2014 2015 1990 2000 2005 2006 2007 2008 2009 2010 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2001 2002 2003 2004 Steinkohle AG Energiebilanzen 2016a. * vorläufige Angaben 21
Agora Energiewende | Die Energiewende im Stromsektor: Stand der Dinge 2016 Braunkohleverstromung geht auf hohem Niveau langsam zurück: Stromproduktion aus Braunkohlekraftwerken 1990–2016 Abbildung 12 180 160 140 Stromproduktion [TWh] 120 100 1990 80 170,9 2005 2015 1995 2000 154,1 154,5 2016* 2010 142,6 148,3 150,0 60 145,9 40 20 0 2016* 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 1990 1991 1994 1992 1993 1995 1996 1997 1998 2000 1999 2001 2002 2003 2004 2005 Braunkohle AG Energiebilanzen 2016a. * vorläufige Angaben Seit 2013 hat die Kohlestromproduktion kontinuierlich abgenommen: Veränderungen der Kohlestromerzeugung zum Vorjahr Abbildung 13 20 14,6 15 Veränderung gegenüber dem Vorjahr [TWh] 11,1 9,4 10 5 0 -2,2 -5 -0,4 -10 -12,2 -15 -13,8 -20 -25 2016* 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Braunkohle Steinkohle AG Energiebilanzen 2016a. * vorläufige Angaben 22
ANALYSE | Die Energiewende im Stromsektor: Stand der Dinge 2016 Nur noch halb so viel Atomstrom wie im Jahr 2000 durch Stilllegungen und Revisionen: Stromproduktion aus Kernkraftwerken 1990–2016 Abbildung 14 180 160 140 Stromproduktion [TWh] 120 100 2000 2005 80 1990 1995 169,6 154,1 163,0 2010 152,5 140,6 60 2015 40 91,8 2016* 84,9 20 0 2016* 1990 1991 1994 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 1992 1993 1995 1996 1997 1998 2000 1999 2001 2002 2003 2004 2005 2006 Kernenergie AG Energiebilanzen 2016a. * vorläufige Angaben Insgesamt ist die Kohlestromproduktion nach dem seit 2011 auf den Neu-Einsatz von Brennelementen Zuwachs der Jahre von 2010 bis 2013 in den Jahren erhoben wurde, weggefallen ist. Durch verlängerte von 2014 bis 2016 um 28,2 Terawattstunden zurück Revisionszeiten wurde so teilweise der Einsatz der gegangen. Im Schnitt sind das gut 9 Terawattstunden vorhandenen Brennstoffe bis Dezember 2016 ge pro Jahr. Schreibt man den Rückgang im Jahr 2016 streckt. ausgehend vom jetzigen Niveau (260 Terawattstun den Kohleverstromung) jährlich linear fort, so wäre Im Gegensatz zu den anderen konventionellen Ener die Kohleverstromung ungefähr Anfang 2038 been gieträgern hat die Nutzung von Gas zur Strompro det. duktion im Jahr 2016 deutlich zugenommen. Mit einem Plus von 16,5 Terawattstunden im Vergleich Auch die Stromproduktion von Kernkraftwerken ist zum Vorjahr handelt es sich um den stärksten An im Jahr 2016 erneut zurückgegangen. Dieses ist auf stieg seit 1990. Hier kommt der nochmals gesunkene zwei Faktoren zurückzuführen: Zum einen war be Gaspreis (etwa 5,40 Euro je Megawattstundethermisch reits im Juni 2015 das Kernkraftwerk Grafenrheinfeld unter Vorjahresniveau) zum Tragen, so dass auch die vom Netz genommen worden. Die Stromproduktion Stromerzeugung mit Gaskraftwerken günstiger als dieses Kernkraftwerks – bislang knapp zehn Tera im Vorjahr ist und ihre Grenzkosten nur noch wenig wattstunden jährlich – ist folglich im Jahr 2016 erst über den Grenzkosten der Stromerzeugung aus Kohle mals vollständig aus der Erzeugungsbilanz gefallen. liegen (siehe Abbildung 25). Die vermehrte Nutzung Darüber hinaus wurden einige Kernkraftwerke im von Gas zur Stromerzeugung schlägt sich auch im Jahr 2016 für längere Perioden in Revision genom Gasverbrauch insgesamt nieder: Dieser legte um etwa men. Hintergrund war vermutlich die Tatsache, dass zehn Prozent zu, das Plus ist hauptsächlich durch die zum 1. Januar 2017 die Brennelemente-Steuer, die deutlich angestiegene Stromerzeugung begründet. 23
Agora Energiewende | Die Energiewende im Stromsektor: Stand der Dinge 2016 Steiler Anstieg beim Erdgas durch niedrige Gaspreise: Stromproduktion aus Erdgaskraftwerken 1990–2016 Abbildung 15 100 90 80 70 Stromproduktion [TWh] 60 50 2010 40 89,3 2016* 2005 78,5 72,7 2015 30 2000 62,0 20 1990 1995 49,2 35,9 41,1 10 0 2016* 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 1990 1991 1994 1992 1993 1995 1996 1997 1998 2000 1999 2001 2002 2003 2004 2005 2006 Erdgas AG Energiebilanzen 2016a. * vorläufige Angaben Insgesamt steigender Gasverbrauch in Deutschland: Primärenergieverbrauch von Gas 1990–2016 Abbildung 16 4.000 3.000 Gasverbrauch [PJ] 2.000 1.000 0 2015* 2016* 1990 1995 2000 2005 2010 Stromerzeugung Übriger Gasverbrauch AG Energiebilanzen 2016b. *eigene Berechnungen auf Basis von AG Energiebilanzen 2016a 24
ANALYSE | Die Energiewende im Stromsektor: Stand der Dinge 2016 5 Stromhandel und europäischer Preisvergleich Während Deutschland physikalisch betrachtet 2016 noch 30,6 Terawattstunden Export und 2,4 Terawatt abermals einen neuen Stromabflussrekord aufstellte stunden Import. Auch in die Niederlande wurden (55,5 Terawattstunden oder 8,6 Prozent der Strom etwa 10 Terawattstunden weniger Strom exportiert, produktion flossen netto ins Ausland), ist der Strom das Import-Niveau blieb hingegen konstant. Nach handel mit den Nachbarländern im Vergleich zum Frankreich wurden etwa 4 Terawattstunden weniger Vorjahr massiv eingebrochen. So verminderte sich exportiert, auch hier ist das Importniveau auf ähnli der Stromexportsaldo um 10,2 Terawattstunden auf chem Stand geblieben. 47,5 Terawattstunden. Während in den Vorjahren die Handelsvolumina die physikalischen Flüsse über Für diese Veränderungen im grenzüberschreitenden trafen, ist dies 2016 umgekehrt – der physikalische Stromhandel bieten sich mehrere Erklärungsansätze Stromaustausch lag über dem gehandelten (Abbil an: dung 17). →→ Die stark gesunkenen Gaspreise haben den Betrieb Die deutlichsten Rückgänge lassen sich im Handel von Gaskraftwerken auch in anderen Ländern mit mit Österreich, Frankreich und den Niederlanden hohen Gaskraftwerkskapazitäten wieder attrakti verzeichnen – die historisch größten Handelspartner ver gemacht. Dies gilt insbesondere für Österreich, Deutschlands. Wurden 2015 noch etwa 45 Terawatt für die Niederlande und für Italien, das üblicher stunden Strom nach Österreich exportiert und 13,6 weise Strom aus Deutschland über Österreich im Terawattstunden importiert, so waren es 2016 nur portiert. Kontinuität bei phisikalischen Stromaustausch mit den Nachbarstaaten, Einbruch beim Handel: Stromaustausche 2012–2016 Abbildung 17 Pysikalische Stromflüsse Handelsflüsse 120 120 97,8 100 100 Physikalische Stromflüsse [TWh] 85,4 81,4 82,0 81,9 Handelsmengen [TWh] 80 72,2 74,5 80 71,3 63,3 67,3 60 60 25,1 38,9 40,3 57,7 23,1 33,8 35,6 51,8 55,4 47,5 40 40 44,2 46,1 43,0 38,4 38,9 41,1 40,1 33,6 20 26,6 20 15,8 0 0 2012 2013 2014 2015 2016 2012 2013 2014 2015 2016 Saldo Import Export eigene Berechnungen auf Basis von ENTSO-E 2016 25
Agora Energiewende | Die Energiewende im Stromsektor: Stand der Dinge 2016 →→ In den Niederlanden sind 2016 neue Steinkohle Interessant ist auch der europäische Preisvergleich. kraftwerke in Betrieb gegangenen, wodurch die Einerseits haben sich die Preise in Europa im vergan Nachfrage aus dem Nachbarland zusätzlich gesenkt genen Jahr deutlich angeglichen – so lag die größte wurde. Spanne europäischer Strompreise im Juni 2015 bei →→ 2016 war in der Alpenregion ein gutes Jahr für die fast 60 Euro (zwischen Italien und den skandina Wasserkraft. So wurde in der Schweiz, in Öster vischen Ländern) je Megawattstunde, im Jahr 2016 reich und in Frankreich mehr Wasserkraftstrom schrumpfte sie auf etwa 30 Euro. Andererseits zeigte erzeugt, was den Importbedarf aus Deutschland sich ab Oktober 2016 deutlich eine Zweiteilung Euro ebenfalls gedämpft hat. pas: Auf der einen Seite stehen Strombörsen in Europa →→ Durch das im Jahr 2015 im zentralwesteuropäi mit Strompreisen von etwa 60 Euro pro Megawatt schen Stromsystem eingeführte Flow-based Mar- stunden: Großbritannien und Frankreich sowie die ket Coupling wurden die Handelskapazitäten im von Frankreich dominierten Märkte Belgien, Schweiz, europäischen Verbundnetz besser entlang der phy Italien, Spanien und Portugal. Auf der anderen Seite sischen Stromflüsse ausgerichtet. Dies könnte mit stehen Stromhandelsplätze mit Strompreisen von einer Verminderung der Handelskapazitäten in den etwa 40 Euro pro Megawattstunde – das sind die grenzüberschreitenden Leitungen und dadurch be skandinavischen Länder (Nordpool) sowie Deutsch dingt geringerem Handel einhergehen. land/Österreich, die Niederlande und Polen. Österreich und Frankreich kauften am meisten Strom, Frankreich lieferte am meisten Strom. Stromhandel mit Nachbarstaaten 2016 Abbildung 18 SE DK 0,82 1,49 2,20 2,50 0,16 0,78 0,81 PL NL 6,60 0,6 BE 3 4,84 1,56 LB CZ 3,73 FR 30 9,05 , 56 2 2,3 2,5 Exporte: 63,3 TWh (2015: 97,8 TWh) 4 7 AT 8,4 Importe: 15,8 TWh (2015: 36,9 TWh) Saldo: 47,5 TWh (2015: 60,9 TWh) CH Stromhandel in TWh eigene Berechnung auf Basis von ENTSO-E 2016; es werden kommerzielle Stromhandelsflüsse dargestellt, keine physikalischen Stromflüsse 26
ANALYSE | Die Energiewende im Stromsektor: Stand der Dinge 2016 Bis Oktober gleichen sich die Strompreise in Europa an, danach zerfallen die Märkte in zwei Lager: Börsenstrompreise 2016 (Day-ahead Base) im europäischen Vergleich Abbildung 19 80 IT 70 CH Strompreis im Monatsmittel [EUR/MWh] ES 60 PT 50 UK 40 BE FR 30 NL 20 PL 10 DE - AT 0 Nordpool Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez EEX 2017, Nordpool 2017, Belpex 2017, OMEL 2017, Mercato Elettrico 2017, APX 2017, POLPX 2017 27
Agora Energiewende | Die Energiewende im Stromsektor: Stand der Dinge 2016 28
ANALYSE | Die Energiewende im Stromsektor: Stand der Dinge 2016 6 Preisentwicklung in Deutschland Die Preise für mittel- bis langfristige Stromlieferun erst zu Beginn des dritten Quartals 2016 wieder die gen an der Strombörse sind 2016 das fünfte Jahr in 30-Euro-Marke überschritten. Auch wenn dies Folge zurückgegangen. Diese Terminlieferungen sind deutlich über dem Tiefststand von 22 Euro im Feb für die Entwicklung der Endkunden-Strompreise von ruar 2016 liegt, so bewegen sich die aktuellen Fu großer Bedeutung, da Stromvertriebe ihre Liefermen ture-Preise für Stromlieferungen bis ins Jahr 2022 gen überwiegend in diesem Marktsegment sichern, hinein weiterhin auf einem im langfristigen Vergleich teils über Jahre im Voraus. sehr niedrigen Niveau von etwa 30 bis 32 Euro pro Megawattstunde. Die Börsenteilnehmer gehen inso So lag der Preis für Terminlieferungen im darauf fern nicht davon aus, dass es im Zuge der Abschaltung folgenden Jahr - der 1-Jahres-Future – im Mittel bei der letzten Kernkraftwerke zu einem signifikanten 26,60 Euro pro Megawattstunde, was einem Rück Strompreisanstieg gegenüber heute kommen wird. gang von 14 Prozent entspricht. Dabei sank der Preis des 1-Jahres-Futures zu Jahresanfang deutlich und Für den strukturierten Stromeinkauf der Strom erholte sich erst in den letzten Monaten des Jahres vertriebe – zusammengesetzt aus einem Mix von wieder leicht. Base- und Peakload-Strom mit unterschiedlichen Vorkaufsfristen - bedeuten die gesunkenen Termin Auch die Future-Preise für später folgende Jahre lie preise, dass die Beschaffungskosten im vierten Jahr gen weiterhin auf einem niedrigen Niveau, sie haben in Folge zurückgehen - in unserer Annäherung (siehe Terminkontrakte wurden im Mittel weiterhin billiger: Rollierender Jahresfuture 2007–2016 Abbildung 20 140 120 Börsenstrompreis [EUR/MWh] 100 80 69,9 60 55,9 56,0 49,2 49,9 49,2 39,1 35,1 40 26,6 31,0 20 0 Jan Apr Jul Okt Jan Apr Jul Okt Jan Apr Jul Okt Jan Apr Jul Okt Jan Apr Jul Okt Jan Apr Jul Okt Jan Apr Jul Okt Jan Apr Jul Okt Jan Apr Jul Okt Jan Apr Jul Okt 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Baseload Peakload Mittelwert Baseload EEX 2017 29
Agora Energiewende | Die Energiewende im Stromsektor: Stand der Dinge 2016 Der Markt erwartet mittelfristig keine großen Änderungen beim Strompreis, Future-Preise im Handelsjahr 2016 für die Jahre 2017–2020 Abbildung 21 40 35 Börsenstrompreis [EUR/MWh] 30 25 20 15 20.05.16 03.06.16 01.07.16 15.07.16 29.07.16 12.08.16 26.08.16 07.10.16 21.10.16 04.11.16 18.11.16 16.12.16 30.12.16 22.04.16 17.06.16 09.09.16 23.09.16 02.12.16 06.05.16 01.01.16 15.01.16 29.01.16 12.02.16 26.02.16 11.03.16 25.03.16 08.04.16 Handelstag 2017 2018 2019 2020 EEX 2016 Die Steigerung der EEG-Umlage übertrifft den Rückgang der Strombeschaffungskosten: Strombeschaffungskosten * und EEG-Umlage 2011–2016 Abbildung 22 12 10,55 10,46 9,96 9,89 9,58 9,52 10 8,92 4,22 3,01 8 5,27 3,79 3,17 5,99 [ct/kWh] 6 5,43 4 6,35 6,88 6,24 6,17 5,28 2 3,49 3,59 0 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 EEG-Umlage Strombeschaffungskosten EEX 2016, Übertragungsnetzbetreiber 2016. * 70 Prozent Ein-Jahres-Future (Base), 30 Prozent Ein-Jahres-Future (Peak) 30
ANALYSE | Die Energiewende im Stromsektor: Stand der Dinge 2016 Abbildung 21) von 3,17 Cent auf 3,01 Cent pro Kilo tarifen gebunden sind; zudem variieren die Netzent wattstunde. gelte innerhalb Deutschlands deutlich (je nach Netzge biet zwischen 5 und 9 Cent pro Kilowattstunde).3 Dieser Rückgang schlägt sich allerdings in den Haus haltskundenpreisen nicht nieder, denn die im Jahr Analog zu den Großhandelspreisen sind die Preise 2017 auf 6,88 Cent pro Kilowattstunde gestiegene auf der Beschaffungsseite der fossilen Kraftwerke EEG-Umlage wirken deutlich stärker in die entgegen 2016 deutlich gefallen: Dieses trifft gleichermaßen gesetzte Richtung. Die Summe aus EEG-Umlage und auf Steinkohle, Erdgas und CO₂-Zertifikate zu. So la Strombeschaffungskosten steigt deshalb 2017 erstmals gen die Grenzübergangspreise für Gas im Jahr 2016 seit drei Jahren wieder. Weil zusätzlich auch die Net um bis zu 50 Prozent unter dem Mittel der Jahre 2006 zentgelte steigen, werden die Haushaltsstrompreise bis 2015. Auch das Jahresmittel liegt mit 14,90 Euro je 2017 um gut einen halben Cent pro Kilowattstunde Megawattstundethermisch deutlich unter dem Vor über dem Wert von 2016 liegen. Der mittlere Haus jahrespreis. Deutlich gefallen ist seit 2011 auch der haltsstrompreis dürfte dann etwas mehr als 30 Cent Grenzübergangspreis für Steinkohle. Lag er seinerzeit je Kilowattstunde betragen. Dabei ist die Spanne der noch bei 13,10 Euro je Megawattstundethermisch, so Strompreise in Deutschland sehr groß; sie kann von war Steinkohle im Jahr 2016 für 7,30 Euro je Mega 25 bis 35 Cent pro Kilowattstunde reichen. So können wattstundethermisch erhältlich. Damit ist Steinkohle so Kunden, deren Lieferanten die deutlich gesunkenen billig wie seit einem Jahrzehnt nicht. Schließlich ist Beschaffungskosten direkt weitergeben, etwa 2 bis 3 Cent pro Kilowattstunde niedrigere Strompreise ge 3 Vgl. Agora Energiewende und RAP (2016). nießen als Kunden, die in den Grundversorgungs‑ Die mittleren Haushaltsstrompreise überschreiten 2017 die 30-Cent-Marke: Haushaltsstrompreise 2007–2017 Abbildung 23 35 29,8 30,3 29,2 29,5 29,1 30 25,5 26,1 23,4 5,3 6,2 6,2 6,4 6,9 25 22,8 21,4 3,5 3,6 20,1 1,2 2,1 1,7 1,6 1,6 1,7 1,7 1,1 1,7 1,7 20 1,5 1,5 1,0 [ct/kWh] 1,5 1,3 6,0 6,5 6,5 6,6 7,4 5,8 5,8 5,8 6,8 15 5,9 6,3 5,7 5,8 6,1 6,2 6,7 6,8 6,7 10 6,8 6,9 5,5 5,3 5 7,2 8,4 8,1 8,4 8,4 8,3 7,9 7,6 7,4 6,7 5,9 0 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017* Beschaffung, Vertrieb, Marge Steuern Netzentgelte Konzessionsabgabe EEG-Umlage KWKG-Umlage Sonstige Umlagen BNetzA 2016. *eigene Schätzung 31
Agora Energiewende | Die Energiewende im Stromsektor: Stand der Dinge 2016 Energierohstoffe waren 2016 günstiger als jemals seit 2008: Grenzübergangspreise für Erdgas, Steinkohle und Mineralölen, sowie Zertifikatepreis für CO₂ Abbildung 24 60 55,3 52,6 51,0 47,7 50 Grenzübergangs- bzw. CO₂-Zertifikatspreis 41,6 38,3 [EUR/MWh bzw. EUR/t CO₂] 40 30,6 27,9 29,0 26,8 27,6 30 25,7 23,5 23,8 20,9 20,6 20,6 20 22,3 13,1 14,3 14,9 13,1 11,4 9,7 9,0 8,3 7,3 10 13,8 13,1 9,7 10,5 7,3 7,6 4,4 5,9 5,3 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016* Steinkohle (EUR/MWh) Erdgas (EUR/MWh) Mineralöl (EUR/MWh) CO₂-Preis (EUR/t CO₂) BAFA 2016a, BAFA 2016b, BAFA 2016c, EEA 2015, DEHSt 2016, eigene Berechnungen. * vorläufige Angaben 2016 auch der Preis für CO₂-Zertifikate wieder gefal 35 Prozent für 26 Euro. Unter Berücksichtigung von len; er lag im Durchschnitt bei 5,30 Euro je Tonne CO₂. zusätzlichen Kosten bei einem flexiblen Einsatz von Von 2013 bis 2015 war der CO₂-Preis noch jährlich alten Steinkohlekraftwerken – etwa erhöhte Abnut gestiegen. zung – und gegebenenfalls niedrigeren Wirkungs graden konnten neue Erdgaskraftwerke ihren Strom Weder der Kohle- noch der CO₂-Preis alleine würde zu geringeren Kosten herstellen als alte Steinkoh zu einem Rückgang der Kohleverstromung führen – lekraftwerke. Das war der wesentliche Treiber des im Gegenteil: Isoliert betrachtet ist die klimaschäd Fuel-Switches 2016. liche Kohleverstromung so attraktiv wie seit min destens zehn Jahren nicht. Dass 2016 dennoch ein Rückgang der Kohleverstromung zu verzeichnen war, liegt maßgeblich daran, dass die Gaspreise noch viel stärker sanken als die Kohlepreise. So wurde insge samt der Abstand zwischen den kurzfristigen Be triebskosten neuer Gaskraftwerken und alter Stein kohlekraftwerken deutlich verringert – im Laufe des Jahres waren sie etwa auf gleicher Höhe. Eine Megawattstunde Gasstrom war unter reiner Betrach tung der CO₂- und Brennstoffkosten für 27,60 Euro zu produzieren, eine Megawattstunde Strom aus alten Steinkohlekraftwerken mit einem Wirkungsgrad von 32
ANALYSE | Die Energiewende im Stromsektor: Stand der Dinge 2016 Erstmals seit 2011 waren Gaskraftwerke 2016 wieder konkurrenzfähig: Grenzkosten für neue Erdgas-, alte Braunkohle- und alte Steinkohlekraftwerke (Wirkungsgrad in Klammern) Abbildung 25 70 60 60,8 52,6 50,1 49,0 50 43,7 Grenzkosten [EUR/MWh_el] 54,0 42,6 40,5 48,8 38,1 40 33,5 40,3 40,5 39,7 27,6 30 23,5 32,0 31,3 31,1 21,9 22,5 26,0 20 15,1 15,4 13,3 12,4 11,3 10 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016* Braunkohle (alt, 31 %) Steinkohle (alt, 35 %) Erdgas (GuD) (neu, 58 %) BAFA 2016a, BAFA 2016b, DEHSt 2016, EEA 2015, Lazard 2015, Statistisches Bundesamt 2015, UBA 2015, eigene Berechnungen. * vorläufige Angaben 33
Agora Energiewende | Die Energiewende im Stromsektor: Stand der Dinge 2016 34
ANALYSE | Die Energiewende im Stromsektor: Stand der Dinge 2016 7 Spotmarkt, negative Strompreise und Flexibilität Der am Spotmarkt gehandelte Strom war im Jahr 2016 fristigen Strompreisen nieder. Allerdings veränderte noch günstiger als in den Vorjahren. Im Mittel kos sich das Muster gegenüber dem Vorjahr: Die Höhe tete eine Megawattstunde Strom an der Epex-Spot der Ausschläge der kurzfristigen Großhandelsstrom zur Lieferung am folgenden Tag 28,81 Euro (2015: preise hat insgesamt zugenommen, während ihre 31,91 Euro). Besonders günstig war er zu Jahresan Häufigkeit rückläufig war. So überschritt der Strom fang, so notierte der Day-ahead-Preis im Februar bei preis am Spotmarkt nur an 391 Stunden die Marke 22 Euro je Megawattstunde. In der zweiten Hälfte des von 50 Euro, im Jahr 2015 waren es noch 603 Stun Jahres stieg der Strompreis sukzessive und erreichte den gewesen. Allerdings übersprang der Preis 2016 im vierten Quartal durchschnittlich 37,61 Euro je Me an 30 Stunden die 75-Euro-Marke. Das war 2015 gawattstunde. Die Ursache dafür waren zum einen nur an 8 Stunden der Fall gewesen. Der höchste Preis die zu Jahresende wieder anziehenden Rohstoffpreise wurde am 8. November um 17 Uhr erreicht: eine Me bei Erdgas und Steinkohle, zum anderen aber auch die gawattstunde kostete 104,96 Euro (Maximum 2015: deutlich gestiegenen Strompreise in Frankreich, wo 99,77 Euro/Megawattstunde). etliche Kernkraftwerke im Herbst 2016 aufgrund von Sicherheitsbedenken kurzfristig vom Netz genom Ein vergleichbares Muster zeigt sich auch bei den men worden waren. negativen Strompreisen. Nachdem diese im Jahr 2015 an 126 Stunden verzeichnet wurden, waren es 2016 Die Volatilität des Stromangebots durch Erneuer nur noch 97 Stunden. Im Mittel betrug der Strompreis bare Energien schlägt sich weiterhin in den kurz in diesen Stunden -17,81 Euro je Megawattstunde Die Ausschläge bei den Strompreisen haben zugenommen: Spotmarktpreise der EPEX 2016 Abbildung 26 150 100 50 37,1 38,2 37,5 29,0 24,3 24,2 27,7 27,2 27,2 30,5 22,0 22,5 [EUR/MWh] 0 -50 -100 -150 Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Strompreis Strompreis im Monatsmittel EPEX 2016 35
Sie können auch lesen