Die Siedler der Westbank - SEPTEMBER 2016 20:15 UHR AUF ARTE 28. SEPTEMBER 2016 23:45 UHR IM ERSTEN - NDR

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Die Siedler der Westbank
      27. SEPTEMBER 2016
      20:15 UHR AUF ARTE
      28. SEPTEMBER 2016
      23:45 UHR IM ERSTEN
Die Siedler der Westbank - SEPTEMBER 2016 20:15 UHR AUF ARTE 28. SEPTEMBER 2016 23:45 UHR IM ERSTEN - NDR
Die Siedler der Westbank

Inhalt

Zum Inhalt		 3

Stab		5

Der Regisseur Shimon Dotan
Kurzbiografie		            6
Notizen des Regisseurs 		 7

Die Protagonisten
Siedler		           9
Experten		          11

Chronik 		 13
Die Siedler der Westbank - SEPTEMBER 2016 20:15 UHR AUF ARTE 28. SEPTEMBER 2016 23:45 UHR IM ERSTEN - NDR
Die Siedler der Westbank

Zum Inhalt
Wenn der Kampf zwischen Israel und den Palästinen­          ist dagegen, was diese Entwicklung für den Friedens­
sern wirklich das Herz des Nahostkonfliktes ist, dann       prozess bedeutet. Doch kaum jemand weiß, wer diese
wird die Zukunft der ­israelischen Siedlungen im West­      Siedler eigentlich sind: eine Gemeinschaft, fast so
jordanland das Schicksal der Region dramatisch beein­       unterschiedlich in Ansichten, Herkunft, Ideologien und
flussen. Vor dem Sechstagekrieg im Jahr 1967 lebten         sozioökonomischem Status wie die israelische Gesell­
keine Juden im historischen Kernland von Judäa und          schaft selbst.
Samaria. Heute sind es etwa 400.000. Die Bevölkerung
dort wächst dreimal so schnell wie im Rest von Israel.      Regisseur Shimon Dotan gelingt ein intimer und einma­
                                                             liger Einblick in Leben und Denken der Siedler, die wil­
Wer sind diese Siedler, die weltweit als ­eines der ent­     lentlich im Auge des Sturms leben und gleichzeitig vom
scheidenden Hindernisse für den ­Frieden in der Region      Staat Schutz einfordern. Er analysiert die verschiedenen
angesehen werden?                                           ­Phasen der Siedleraktivitäten und die zu Grunde lie­
                                                            genden Motive – vom messianischen Eifer unmittelbar
Wie sind sie in das umstrittene Gebiet gekommen, wie         nach Ende des Sechstagekrieges über den ideologisch
  konnten sie ihre Häuser inmitten der ihnen feindlich       motivierten Siedlungsbau auf den Hügeln im Herzen
  gesinnten Bevölkerung bauen und warum weichen             des Westjordanlandes nach dem Yom-Kippur-Krieg bis
  sie nicht, trotz aller Gefahr? Der Dokumentarfilm „Die    hin zu den unpolitischen Wirtschaftssiedlern auf der
 ­Siedler der Westbank“ von Shimon Dotan bietet packen­     Suche nach besserer Lebensqualität fernab der dichtbe­
  de Einblicke in das Phänomen der Siedlerbewegung          siedelten Küstenstädte Israels.
– von den Ursprüngen kurz vor dem Sechstagekrieg bis
  heute. Sehr wenig ist bislang über die historischen und   Führende Köpfe der Bewegung erzählen Shimon Dotan
  ideologischen Kräfte bekannt, die zur Gründung der        von ihrer Radikalisierung nach den Verträgen von Oslo.
  ersten versprengten Siedlungen führten. Über die Jahre    Die Ermordung des israelischen Ministerpräsidenten
  wuchsen sie zu Ortschaften und Städten an. Bekannt        Jitzchak Rabin durch einen radikalen Anhänger der
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Die Siedler der Westbank

Siedlerbewegung 1995 trug wesentlich zum Scheitern         deren Gunsten neu definiert. Aber Religion ist nur ein
des Friedensprozesses bei. Heute brechen Gruppen           Faktor im Verhältnis zwischen Siedlern und der israeli­
wie die „Hilltop Youth“ immer wieder das Gesetz und        schen Regierung.
gründen neue illegale „Outposts“. Allzu oft bleiben die
Behörden tatenlos und schauen weg, um sich nicht mit       Der Dokumentarfilm „Die Siedler der Westbank“ zeigt,
dem ­„eigenen Fleisch und Blut“ auf eine gewalttätige      wie eine kleine, aber stimmgewaltige Minderheit inner­
Konfrontation einzulassen. Dotan spricht mit Siedlern      halb der Siedlerbewegung einen unverhältnismäßigen
und mit Experten der Siedlerproblematik und wägt ab,       Einfluss auf die politischen, militärischen und juristi­
welche Auswirkungen dieses politische Phänomen auf         schen Instanzen des Staates hat.
den jüdischen Staat hat.
                                                            In einer umfassenden Verknüpfung historischer Er­
Der Regisseur ist überzeugt, dass Israel vor der exis­      eignissen mit aktuellen Schlagzeilen beleuchtet der
tentiellen Entscheidung steht, ob es eine Demokratie        Dokumentarfilm Schlüsselfaktoren der gegenseitigen
mit jüdischer Bevölkerungsmehrheit sein will oder sich     Abhängigkeit der Siedler und der israelischen Regierung
vom Gedanken der Demokratie verabschiedet, um die           und der andauernden Besetzung des Westjordanlandes
Kon­trolle über das Land der Bibel mit der Bevölkerungs­   – damals und heute. Der differenzierte Blick lässt den
mehrheit der Palästinenser zu behalten. Die Übermacht      Zuschauer verstehen, warum es politisch so schwer ist,
der Religiösen im politisch einflussreichen Block der       eine Lösung für diesen gefährlichen Konflikt zu finden
Siedler hat das Verhältnis von Synagoge und Staat zu        und umzusetzen.

                                                                                                                      4
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Die Siedler
der Westbank
Deutschland, 2016

                    Stab
                    Ein Film von                  Shimon Dotan
                    Buch und Schnitt              Oron Adar
                    Kamera                        Philippe Bellaïche
                    Zusätzlicher Schnitt          François Gédigier
                    Zeichnungen                   David Polonski
                    Bildeffekte                   MACGUFF, Philippe Sonrier
                    Sound Design                  Alex Claude
                    Musik                         Ray Fabi
                    Archiv                        AP, Atelier des Archives / NARA, Getty Images /
                                                  BBC Motion Gallery, Institut National de
                                                  l’Audiovisuel, NBC Universal Archives,
                                                  Adhoc Photos, Timeswatch Images /
                                                  Alamy Stock Photo,North Wind Pictures /
                                                  Leemage, Shutterstock, Library of Congress
                    Deutsche Bearbeitung          a&o filmproduktion gmbh, Robert Tasso Pütz
                    Produzenten                   Estelle Fialon, Jonathan Aroch, Paul Cadieux,
                                                  Shimon Dotan
                    Geschäftsführende Produzenten Philippa Kowarsky, Charles Ferguson
                    Produktionsleitung NDR        Daniel Buresch
                    Redaktion                     Peter Gottschalk (ARTE G.E.I.E.),
                                                  Barbara Biemann (NDR),
                                                  Sonja Scheider (BR),
                                                  Esther Schapira (HR)

                    „Die Siedler der Westbank“ ist eine Koproduktion von ARTE France und
                    YES Israel mit NDR/BR/HR. Auf dem Sundance Filmfestival und
                    Doc Aviv Festival 2016 bekam der Dokumentarfilm einen Sonderpreis der Jury.

                    ARTE zeigt den Film am Dienstag, 27. September, ab 20.15 Uhr in zwei Teilen,
                    Das Erste in einer 90-minütigen Fassung am Mittwoch, 28. September, um 23.45 Uhr.
Die Siedler der Westbank - SEPTEMBER 2016 20:15 UHR AUF ARTE 28. SEPTEMBER 2016 23:45 UHR IM ERSTEN - NDR
Die Siedler der Westbank

Der Regisseur:
Shimon Dotan

Shimon Dotan wurde sowohl für seine fiktionalen als auch seine
dokumentarischen Filme vielfach preisgekrönt. Er ist Stipendiat
am New Yorker Institut für Geisteswissenschaften, Empfänger
eines Guggenheim-Stipendiats und des Cullman-Stipendiats für
Gelehrte und Autoren an der New York Public Library. Dotans Fil­
me haben folgende Auszeichnungen erhalten: Special Jury Prize
von Sundance („Hot House“), den Silbernen Bären der Berlinale
(„The Smile Of The Lamb“), zahlreiche israelische Akademie-Prei­
se, darunter „Bester Film“ und „Bester Regisseur“ („Repeat Dive“;
„The Smile Of The Lamb“), sowie „Bester Film“ beim Newport
Beach Filmfestival („You Can Thank Me Later“). Dotan wurde
in Rumänien geboren und ist in Israel aufgewachsen. Er hatte
Lehraufträge für Filmproduktion und Filmwissenschaften an der
Universität Tel Aviv in Israel, an der Concordia University in Mon­
treal und doziert zurzeit im Bereich politisches Kino an der New
York University und Filmregie an der New School.

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Die Siedler der Westbank

„Die Siedler halten das Schicksal
 Israels und, im übertragenen Sinn,
 auch das Schicksal des gesamten
 Nahen Ostens in ihren Händen“
 Notizen des Regisseurs

 Am 4. November 1995 fuhr ich auf der US-Autobahn            zuzutreffen schien, fand ich ziemlich verblüffend. Im
 I-95 in südlicher Richtung nach Virginia, um ein paar       Jahr 2006 erhielt ich die seltene Erlaubnis, mit paläs­
„Sommeraufnahmen“ für einen Film zu machen, den              tinensischen Gefangenen in israelischen Gefängnis­
 ich in Montreal drehte. Als ich im Autoradio nach einem      sen zu sprechen und dort zu filmen. Die Welt, die ich
 klaren Signal suchte, ertönte eine knackende Nachricht      zwischen jenen Wänden vorfand, war kompliziert; es
 von einem NPR-Partnersender: „Ein radikalreligiöser          ging um Annäherungsversuche zwischen Wächtern
 Jude hat ein Attentat auf den israelischen Premiermi­       und Bewachten, aber es war auch eine tiefgründige
 nister Jitzchak Rabin verübt.“ Ich hielt das Auto sofort    politische und religiöse Radikalisierung zu spüren.
 an. Es hörte sich nicht echt an – war es aber. Der Mord     Diese Gespräche bilden einen Teil meines vorherigen
 an Rabin war wie ein Pfahl ins Herz eines ­ohnehin          ­Dokumentarfilms „Hot House“ (Gewinner beim Sun­
 schon fragilen Friedensprozesses. Die Tat wurde durch        dance Festival 2007). Und dennoch meinte ich, dass
 eine Splittergruppe extremistischer Rabbiner und           „Hot House“ einem nur eine Seite einer lebenswichti­
 Politiker zur Verhinderung eines möglichen Abbaus von        gen Geschichte erzählt. Mir kam es so vor, als würde
 Siedlungen und eines israelischen Rückzugs aus dem           das Phänomen des jüdischen Extremismus, der eine
 Westjordanland unterstützt. In Israel kam eine neue          brisante Mischung aus Religion und Politik war, zu­
 Form von religiösem und politischem Extremismus zum          nehmen und in die Mitte der israelischen Gesellschaft
 Vorschein.                                                   eindringen.

Dies war ein sehr bitterer Tag für mich. Bevor ich          Meiner Meinung nach ist es beim Versuch, einen
Filmemacher und ein Studierender von Konflikten und         ungelösten Konflikt zu verstehen, ein ganz wichtiger
Gewalt wurde, war ich bereits ein Beteiligter. Über         Schritt, den Extremisten auf beiden Seiten zuzuhören.
fünf Jahre lang hatte ich als Kampftaucher bei den          Also denjenigen, die die Bruch- oder Verwerfungslini­
israelischen Verteidigungskräften gedient. Durch das        en zwischen den Parteien zeichnen. Denn obwohl es
Attentat auf Jitzchak Rabin kristallisierten sich viele     hiervon nicht gerade viele gibt, sind die Auswirkungen
der Fragen heraus, die ich mir seitdem gestellt und         ihrer Handlungen unverhältnismäßig groß. Deswegen
in meinen Filmen erforscht habe – Fragen über die           entschied ich mich dafür, „Die Siedler der Westbank“ zu
Verbindung zwischen Glaube und Gewalt und darüber,          drehen.
wie persönliche Identitäten und kollektive Werte das
formen, wofür es sich nach unserer Meinung lohnt zu         Sobald ich angekündigt hatte, diesen Film machen zu
töten und zu sterben.                                       wollen, war das Internet voll von Geschichten über
                                                            einen „überzeugten Linken“, der nunmehr das Unter­
Als die brutalen Kämpfe der zweiten Intifada im Sep­        fangen „Besiedlung“ komplett auf den Kopf stellen
tember 2000 ausbrachen, betrachteten die meisten            wolle. Man warnte Menschen davor, mit mir zu reden.
Israelis die palästinensischen Terroristen als Attentäter   Aber sie taten es trotzdem. Tatsächlich haben mich
und Kriminelle, während diese für die meisten Paläs­        viele zu sich nach Hause eingeladen und erzählten ihre
tinenser Helden und Freiheitskämpfer waren. Diese           Geschichten mit Begeisterung. Es war ja kein Geheim­
Diskrepanz, die auf israelische Soldaten umgekehrt          nis, dass ich ihre Meinungen über vieles nicht teilte. Ich

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Die Siedler der Westbank

sagte ihnen das auch klar und deutlich, bevor ich die         lich auf dem Spiel steht. Als ich eines Tages in einem
Filmkamera einschaltete. Ich glaube auch nicht, dass          Olivenhain im palästinensischen Dorf Burin Filmauf­
sie dachten, sie könnten meine Meinung ändern. Viel­          nahmen machte, wurden wir von einer Gruppe von
leicht meinten sie, ich sei eine Art „Sprachrohr“, über       Siedlern aus dem naheliegenden Yitzhar angegriffen;
das sie ihre Seite der Geschichte erzählen konnten.           unser Kameramann wurde mit einer Eisenstange ge­
                                                              schlagen und unser ganzes Kamera- und Sound-Equip­
Mein Originalplan war, nur mit den Siedlern Gesprä­           ment wurde gestohlen. Wir meldeten den Vorfall sofort
che zu führen. Die Gegenstimmen haben ja genug                in der Stadt Ariel, erstatteten Anzeige und warteten.
Plattformen zur Bekanntgabe ihrer Ansichten. Als ich          Einen ganzen Monat hörten wir nichts, also riefen
aber weitermachte, wurde mir klar, wie komplex die            wir bei der Polizei an und wurden höflich informiert,
Geschichte eigentlich ist – nicht nur für die Siedler,        dass die Akte wegen Mangel an Beweisen geschlossen
sondern für die israelische Gesellschaft insgesamt. Des­      wurde. Wir hatten bereits Geschichten von ähnlichen
wegen entschied ich mich dafür, Interviews mit einigen        Vorfällen gehört, aber in den meisten Fällen waren
der führenden Beobachter des Besiedlungsphänomens             Palästinenser und keine Film-Crews betroffen.
und einem palästinensischen Beobachter zu führen. Ich
wollte das, was ich hörte, bestätigt haben und meinem         Die Kultur der Siedler ändert sich rapide. Nach Jahren
Publikum eine Vorstellung von dem Widerstand geben,           als Opfer von Gewalt scheinen sie jetzt wohl anzufan­
mit dem sich die Siedler auseinandersetzen – nicht            gen, sich zu rächen und Gewaltakte gegenüber ihren
nur von den Palästinensern oder der internationalen           Feinden auszuüben, ob sie nun echt sind oder nur als
Gemeinschaft, sondern auch von ihren israelischen             solche wahrgenommen werden. Welche Auswirkungen
Mitbürgerinnen und Mitbürgern.                                diese Entwicklung in der Region haben wird, bleibt
                                                              noch abzuwarten. Ich glaube, deswegen ist es umso
  Ich habe bereits geschildert, wie freundlich ich immer      wichtiger zu verstehen, wer diese Siedler sind. Es mag
  von den Siedlern begrüßt und aufgenommen wurde,             zwar sein, dass es weniger als eine halbe Million von
  obwohl sie wussten, dass ich mich weigerte, ihnen           ihnen gibt, aber sie halten das Schicksal Israels und, im
­„fadenscheinige“ Fragen zu stellen oder ihnen ein            übertragenen Sinn, auch das Schicksal des gesamten
  offenes Mikrofon anzubieten. Generell akzeptierten sie      Nahen Ostens in ihren Händen.
  dies, aber es gab einen Vorfall, der mir deutlich machte,
  was in dieser schwierigen kleinen Ecke der Welt wirk­

                                                                                                                          8
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Die Siedler der Westbank

Die Protagonisten
(in alphabetischer Reihenfolge)

Siedler:

Hanamel Dorfman
22, Anführer der „Hilltop Youth“, Vertreter der neuen Siedler­
bewegung, die illegale „Outposts“ auf den kargen Hügeln des
Westjordanlandes einrichtet. Hanamel gehört zu einer neuen
Gruppierung von Extremisten, die den Konflikt mit dem Staat
Israel suchen, um das neue Königreich der Juden zu schaffen, das
nach der Bibel regiert werden soll.

Yehuda Etzion
Gründer der Gush-Emonim-Bewegung, heute einer der führen­
den Ideologen der Siedler. Der Munitionsexperte war eine der
Schlüsselfiguren im sogenannten „jüdischen Untergrund“, einer
Terrorbewegung, die den Felsendom sprengen wollte. Seit seiner
Entlassung aus dem Gefängnis kämpft er dafür, dass Juden am
Felsendom beten dürfen.

Motti Karpel
Ehemaliger Berufssoldat, Ideologe der Siedlerbewegung. Er
glaubt, dass der Zionismus am Ende ist und von einer neuen Be­
wegung abgelöst werden muss, deren Kernstück die Siedlungen
sind. Karpel war Herausgeber der Siedlerzeitung „Nekuda“ und
Gründer der Siedlung von Bat Ayin für Juden, die später im Leben
gläubig wurden.

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Die Siedler der Westbank

Benny Katzover
Gründer der Gush-Emonim-Bewegung. Katzover gehörte zu der
Gruppe, die das Park Hotel in Hebron besetzte und damit die
Gründung der Siedlung Kiryat Arba am Rande der Stadt bewirk­
te. Nach dem Yom-Kippur-Krieg gründete er mit seinem Freund
Menachem Felix eine Siedlergruppe in Samaria. Katzover plädiert
für die Abschaffung der Demokratie in Israel.

Sarah Nachson
spielte eine wesentliche Rolle in der Etablierung der Siedlung in
Hebron. Ihr Sohn Abraham Yedidiah war das erste Baby, das in
der Höhle der Patriarchen beschnitten wurde. Als das Kind fünf
Monate später starb, bestand sie auf der Beerdigung auf dem
alten jüdischen Friedhof der Stadt Hebron. Als die Regierung
dies ablehnte, nahm sie das tote Kind demonstrativ auf den Arm
und marschierte auf die entsetzten israelischen Soldaten zu, bis
Verteidigungsminister Shimon Peres schließlich die Bestattung
genehmigte.

Daniella Weiss
 Eine der ersten Siedlerinnen in Samaria wurde zu einer Anfüh­
 rerin der Siedlerbewegung und Bürgermeisterin der Gemeinde
 Kedumin im Westjordanland. Sie überwarf sich mit der Bewe­
 gung, weil diese Kompromisse mit der israelischen Regierung
 schloss, und gründete ihre eigene Bewegung „Nahala“, die einen
 expansiven Ansatz der Siedlungspolitik verfolgt. Sie gilt als die
„Großmutter der Hilltop Youth“.

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Die Siedler der Westbank

Experten:

Shlomo Gazit
Generalmajor a.D. der israelischen Streitkräfte. Er wurde 1967
direkt nach der Besatzung von Moshe Dajan beauftragt, die
politischen und ökonomischen Angelegenheiten der besetzten
Gebiete zu beaufsichtigen. Er begründete eine Einheit, die unter
dem Namen „Unit for the Coordination of Operations in the
Territories“ die Arbeit aufnahm. Später wurde er Chef des mili­
tärischen Geheimdienstes. Heute lehrt er am Jaffee Center for
Strategic Studies an der Universität von Tel Aviv.

Moshe Halbertal
International angesehener Experte für jüdische Philosophie und
Ideen, Gründer verschiedener religiös motivierter Friedensgrup­
pen, für Demokratie und Kompromisslösungen mit den Palästi­
nensern. Professor für jüdisches Denken und Philosophie an der
Hebrew University in Jerusalem, Gastprofessuren an den juristi­
schen Fakultäten von Yale, Harvard, University of Pennsylvania
und New York University.

Talia Sasson
Ehemalige Generalstaatsanwältin. Eine Untersuchung, die sie
leitete, enthüllte, wie in der israelischen Regierung illegal Gelder
in die Siedlungen und sogar die illegalen „Outposts“ umgelei­
tet wurden. Nach dem Ausscheiden aus der Regierungsverant­
wortung jetzt aktiv in der Friedensbewegung.

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Die Siedler der Westbank

Michael Sfard
Anwalt für Menschenrechte und Israels anerkanntester Rechtsex­
perte über das Siedlungswesen – und die politischen und gesell­
schaftlichen Folgen für Israel und Palästina.

Raja Shehadeh
Palästinensischer Anwalt und Autor von mehreren Büchern über
internationales Recht, Menschenrechte und den Nahen Osten.
Geboren in Jaffa, lebt heute in Ramallah. Gründer der ersten
palästinensischen Menschenrechtsorganisation „Al-Haq“.

Tomer Persico
Dr. Persico forscht am Shalom Hartman Institute in Jerusalem
und lehrt vergleichende Religion an der Tel Aviv University. Seine
Forschungsgebiete sind Spiritualität der Gegenwart, jüdische Er­
neuerung und Formen der Säkularisation. Persico ist auch Aktivist
für Religionsfreiheit in Israel.

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Die Siedler der Westbank

Chronik

29. November 1947                                          11. April 1968
Die Vereinten Nationen stimmen für die Aufteilung des      Eine vom Rabbiner Moshe Levinger geführte Gruppe
britischen Mandats für Palästina in jüdische und arabi­    von Siedlern zieht ins Park-Hotel in Hebron ein; sie ge­
sche Staaten, wobei Jerusalem für einen Zeitraum von       ben sich als schweizerische Pilger aus. Am nächsten Tag
zehn Jahren unter internationaler Gerichtshoheit bleibt.   kündigen sie ihre Pläne an, die jüdische Gemeinschaft
                                                           in der Stadt wieder neu zu gründen. Am 21. Mai werden
14. Mai 1948                                               sie in eine nahegelegene Militärbasis umgesiedelt, die
Israel erklärt seine Unabhängigkeit. Die umliegenden       das Fundament der neuen Siedlung von Kiryat Arba
arabischen Armeen marschieren sofort in den neuen          bildet.
Staat ein. Obwohl Israel im Zuge der Kampfhandlungen
seine Grenzen erweitert, verliert das Land einige jüdi­    6. – 25. Oktober 1973
sche Siedlungen, darunter auch Kfar Etzion. Jerusalem      Der Yom-Kippur-Krieg. Nachdem diplomatische Bemü­
wird zwischen Israel und Jordanien aufgeteilt.             hungen gescheitert waren, Israel zu einem Rückzug in
                                                           die Grenzen von vor 1967 zu bewegen, starten Ägypten
19. Mai 1967                                               und Syrien einen Überraschungsangriff auf Israel und
Rabbiner Zvi Yehuda Kook, Leiter der Mercaz HaRav          versuchen, die Kontrolle über die besetzten Gebiete zu­
Yeshiva in Jerusalem, drückt in einer Rede sein Be­        rückzuerlangen. Israel gelingt es, die Invasion abzuweh­
dauern darüber aus, dass Israel den Teilungsplan vom       ren, allerdings unter Verlust vieler Menschenleben.
November 1947 akzeptierte. Außerdem spricht er seine
tiefe Sehnsucht nach den heiligen jüdischen Stätten im     Dezember 1975
Westjordanland aus. Nach dem Sieg Israels im Sechsta­      Nach sieben misslungenen Versuchen, eine jüdische
gekrieg knapp einen Monat später, als alle diese Stät­     Siedlung nahe der Stadt Nablus im Westjordanland zu
ten unter israelische Kontrolle kommen, halten seine       gründen, erlaubt die israelische Regierung schließlich
Studenten seine damalige Rede für eine Prophezeiung.       einer Gruppe jüdischer Familien, den stillgelegten
                                                           Militärstützpunkt Kaddum zu besiedeln. In Elon Moreh
5. – 10. Juni 1967                                         umbenannt, ist dies die erste vieler Siedlungen, die von
Der Sechstagekrieg. Israel besetzt die ägyptische Halb­    der religiös motivierten, orthodoxen Gush-Emunim-­
insel Sinai und den bis dahin von Ägypten besetzten        Bewegung geschaffen werden.
Gazastreifen, außerdem die syrischen Golanhöhen und
das seit 1948 von Jordanien besetzte palästinensische      17. Mai 1977
Westjordanland und Ost-Jerusalem einschließlich der        Menachim Begin wird zum Premierminister Israels
von Jordanien zerstörten ehemaligen jüdischen Alt­         gewählt. Zu diesem Zeitpunkt leben 4400 Menschen in
stadt und des Tempelbergs.                                 31 Siedlungen in den besetzten Gebieten. Nach seinem
                                                           Wahlsieg besucht Begin die Siedler in Kaddum und kün­
27. September 1967                                         digt an, dass es „viele weitere Elon Morehs geben wird“.
Die Kinder der ursprünglichen Siedler von Kfar Etzion      Danach ernennt er General Ariel Sharon zu seinem
bauen unter der Führung von Hanan Porat den Kibbuz         Besiedlungs-„Zaren“.
ihrer Eltern außerhalb Jerusalems wieder auf, nach­
dem er im israelischen Unabhängigkeitskrieg zerstört
worden war.
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Die Siedler der Westbank

17. September 1978                                         25. Februar 1994
Menachim Begin unterzeichnet das Camp-David-Ab­            Dr. Baruch Goldstein aus der Siedlung Kiryat Arba eröff­
kommen in Washington, gibt den Sinai an Ägypten            net das Feuer auf arabische Andächtige an der Höhle
zurück und verspricht palästinensische Autonomie im        des Patriarchen in Hebron und tötet 29 Menschen,
Westjordanland und im Gazastreifen.                        bevor er selbst umkommt.

2. Juni 1980                                               4. November 1995
Jüdische Extremisten legen Bomben in die Autos dreier      Der israelische Premierminister Jitzchak Rabin wird
palästinensischer Bürgermeister des Westjordanlandes;      durch einen jüdischen Extremisten getötet, der den
zwei von ihnen werden von der Explosion verstümmelt.       Friedensprozess stoppen und den Rückbau jeglicher
                                                           Siedlungen verhindern will.
9. März 1982
Rabbiner Zvi Yehuda Kook, geistlicher Anführer der         September 2000 – 2005
Besiedlungsbewegung, stirbt. Mehr als 21.000 Siedler       Die zweite Intifada.
leben jetzt in 73 Siedlungen.
                                                           8. Mai 2005
Zwischen 1982 und 1991                                     Die stellvertretende Staatsanwaltin Talia Sasson legt in
erfährt das Besiedlungsprojekt einen enormen Wachs­        einem Bericht offen, dass die israelische Regierung seit
tumsschub. In der Siedlerbewegung findet ein Wandel        dem Oslo-Abkommen Millionen von Dollars abge­
statt: von ideologisch gerechtfertigten Siedlungen hin     zweigt hat, um illegale Siedlungen im Westjordanland
zur Gründung vorstädtischer Gemeinden aufgrund             zu bauen bzw. zu erweitern.
wirtschaftlicher Faktoren. Der Zusammenbruch der
Sowjetunion und Niedergang des Kommunismus                 22. August 2005
Ende der 1980er-Jahre beschleunigt den Prozess noch.       Unter Premierminister Ariel Sharon vollzieht Israel sei­
Hunderttausende neuer Einwanderer aus dem ehema­           nen Rückzug aus dem Gazastreifen; außerdem werden
ligen Sowjetblock strömen ins Land, sie benötigen neue     21 Siedlungen dort und vier zusätzliche Siedlungen im
Häuser und Gemeinden.                                      nördlichen Westjordanland evakuiert.

Dezember 1987 – 1991                                       Im Dezember 2009
Der erste palästinensische Aufstand, bekannt als die       gibt Israel eine zehnmonatige Sperre beim Bau neuer
Intifada. Im Jahr 1991 leben mehr als 100.000 Siedler in   Wohnungen und Häuser im Westjordanland bekannt.
120 Siedlungen.                                            Zu diesem Zeitpunkt leben dort fast 350.000 Siedler.

13. September 1993:                                        1 30.6.2014
Premierminister Jitzchak Rabin und Yassir Arafat,          Die Leichen von drei ermordeten und 18 Tage zuvor
Präsident des „Staates Palästina“, unterzeichnen das        entführten Teenagern werden in einem Gebüsch
Oslo-Abkommen, das den Palästinensern eine interi­         auf ­einem Feld nahe Hebron entdeckt. Eyal Yifrah
mistische Selbstverwaltung für einen Teil des Westjor­     (19), Gilad Shaar (16) und Naftali Fraenkel (16) lebten
danlandes und des Gazastreifens als ersten Schritt zur      in nahegelegenen Siedlungen. Ihre Mörder waren
Umsetzung einer Zweistaatenlösung gewährt. Israel          ­Hamas-Mitglieder.
verpflichtet sich, sämtliche Besiedlungsaktivitäten
einzufrieren.                                              6. Mai 2015
                                                           Der Rabbiner Moshe Levinger, der Gründer der jüdi­
                                                           schen Siedlung in Hebron, stirbt. Mehr als 400.000
                                                           Siedler leben in mehr als 200 Siedlungen und illegalen
                                                           Vorposten im gesamten Westjordanland.
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