ISRAELS RÜSTUNGS- UND SICHERHEITSINDUSTRIE - PALÄSTINA-INFO SPEZIAL - BDS SCHWEIZ
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Palästina-Info spezial Israels Rüstungs- und Sicherheitsindustrie Palästina-Solidarität Region Basel in Zusammenarbeit mit BDS Schweiz
Inhaltsverzeichnis Editorial 3 Israels Rüstungs- und Sicherheitsindustrie 5 Agnes Küng Politische Bedeutung des europäischen Waffenhandels mit Israel 11 Shir Hever Die militärische Komplizenschaft Schweiz–Israel 15 Hanspeter Gysin Chronologie der militärischen Zusammenarbeit Schweiz–Israel 18 Die langjährige Waffenbrüderschaft zwischen Israel und dem Apartheidregime in Südafrika 22 Peter Haenger „Das Labor“: Israel erprobt Waffen und Taktiken an ausgelieferter palästinensischer Bevölkerung 28 Jonathan Cook Tödliche Flugobjekte 32 Anne Grobet Aufruf der palästinensischen BDS-Kampagne zur sofortigen Verhängung eines umfassenden militärischen Embargos gegen Israel 35 Titelbild: US-Arrow-III-Raketenwerfer zur Drohnenabwehr, der von den USA (Boeing) gemeinsam mit Israel (IAI) entwickelt und vor Kurzem getestet wurde
Editorial Vor acht Jahren forderte ein breites Bündnis an Rüstungs- und Sicherheitsindustrie. Jeder neue Krieg, Gruppen ein Ende der Rüstungszusammenarbeit der beispielsweise gegen den Gazastreifen, aber auch Schweiz mit den Ländern des Nahen Ostens und die Militärschläge gegen Nachbarländer lassen die Kassen Sistierung von Rüstungskäufen aus Israel. Die Petition klingeln und spülen neue Aufträge in staatliche und wurde im Herbst 2005 mit 14 000 Unterschriften einge- private Rüstungs- und Sicherheitsunternehmen. reicht. Erneut stehen zwei geplante Rüstungskäufe des Die vorliegende Sondernummer des Palästina-Infos Bundesrates in der Kritik: der Ankauf neuer Kampfjets, widmet sich dieser aufstrebenden Wirtschaftsbran- gegen den eine Reihe von Parteien und Organisationen che. Neben Artikeln zur Dimension der israelischen das Referendum ergriffen haben (der Unterschriftenbo- Rüstungs- und Sicherheitsindustrie und der militä- gen liegt bei), und der für das Rüstungsprogramm 2015 rischen Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und vorgesehene Kauf neuer Drohnen aus Israel, gegen den Israel befassen sich zwei Gastbeiträge mit der politi- BDS Schweiz und andere Organisationen eine Petition schen Brisanz und Besonderheit dieses Industriezwei- lanciert haben. ges: Israel spezialisiert sich zunehmend auf Technolo- Seit 2005 hat sich im Nahen Osten und im arabischen gien und Taktiken der asymmetrischen Überwachung Raum viel verändert. Trotz widersprüchlichen, noch und Unterdrückung einer weitgehend schutzlosen lange nicht abgeschlossenen Entwicklungen ist zwei- Bevölkerung. Und die israelischen Rüstungs- und fellos eine Stärkung demokratischer Protestbewegun- Sicherheitsprodukte finden gerade deshalb in aller gen von unten zu beobachten. In Israel ist von einer Welt – auch in der Schweiz – reissenden Absatz, weil Verbesserung der Situation aber nichts zu spüren. Die sie zuvor unter Realbedingungen an der palästinensi- Dynamik der militärischen Repression und der kolonia- schen Bevölkerung getestet werden. len Expansion bleibt alarmierend. Während die palästi- Ein weiterer Beitrag befasst sich mit den aus völker- nensische Bevölkerung insbesondere in den besetzten rechtlicher Sicht ungelösten Fragen, die mit dem Gebieten an jeder wirtschaftlichen und sozialen Ent- Einsatz von Drohnen in der Grauzone zwischen militäri- wicklung gehindert wird und die Armut grassiert, wie scher und sogenannt ziviler Nutzung aufgeworfen sind. nicht zuletzt Berichte der Weltbank unmissverständ- lich zeigen, boomt in Israel seit rund zehn Jahren die Eine Buchbesprechung thematisiert das düstere Kapi- tel der militärischen Kooperation zwischen Südafrika unter der Apartheid und Israel – ein Thema, das auch Bild: Palästina-Veranstaltung am Schweizerischen Sozial- forum in Freiburg, 21.9.2003 (v.l. Pierrette Iselin, Isabelle für die Schweiz aktuell ist, wenn man bedenkt, dass Avran, Ilan Pappe, Urs Diethelm) Schweizer Banken und Industrie das Apartheidregime 3
Einreichung der Petition gegen Rüstungszusammenarbeit mit Ländern im Nahen Osten, 30.9.2005 bis zuletzt unterstützt haben. Viele entsprechende Ar- Mit der vorliegenden Sondernummer hoffen wir, gute chive werden nach wie vor unter Verschluss gehalten. Argumente zu liefern, warum in diesem Sinne auf Wer weiss, vielleicht wird es schon in wenigen Jahren jegliche militärische und sicherheitspolitische Zusam- eine Studie des Nationalfonds zur Komplizenschaft der menarbeit mit Israel verzichtet werden muss, solange Schweiz gegenüber dem israelischen Apartheidregime Israel grundlegende Menschenrechte und das Völker- geben. recht missachtet. Die Diskussion über die Beschaffung der Drohnen wird 2014 im Parlament geführt, die Das Kapitel zu den Bankgeschäften verspricht auch Referendumsfrist für die Beschaffung von Kampfjets hier Spannung: Die Schweizer Privatbank Julius Bär hat läuft bis 14. Januar 2014. Jede Unterschrift gegen die diesen Sommer keinen Geringeren als den früheren geplanten Rüstungskäufe ist weiterhin willkommen. israelischen Regierungschef und Verteidigungsminis- ter Ehud Barak, der über ausgezeichnete Beziehungen Gerne stellen wir Interessierten weitere Exemplare zur Rüstungsindustrie verfügt, als Berater für ihren dieser Sondernummer zum Selbstkostenpreis zur israelischen Standort engagiert. Verfügung. Die Forderungen aus dem Jahr 2005 haben also nichts Wir wünschen eine anregende Lektüre! an Aktualität eingebüsst. Die Menschenrechtslage ist in den meisten arabischen Ländern trotz Umwälzun- Wie immer sind wir dankbar für alle bisher einge- gen nach wie vor düster. Und was Israel betrifft, sind gangenen und in Zukunft eingehenden Spenden laut Völkerrecht alle Staaten verpflichtet, die durch Sie tragen ganz wesentlich dazu bei, dass wir die israelische Politik entstandene Unrechtssituation mit unserer unentgeltlichen Arbeit eine breitere nicht anzuerkennen und alles zu tun, um von Israel die Öffentlichkeit erreichen können! Einhaltung des Völkerrechts zu verlangen. Bankverbindung Postfinance-Konto Nr. 40-756856-2 Palästina-Solidarität Region Basel, PF 4020, 2004 Basel IBAN: CH31 0900 0000 4075 6856 2 BIC: POFICHBEXXX PostFinance AG, Mingerstrasse 20, CH-3030 Bern 4
Israels Rüstungs- und Sicherheitsindustrie „Israeli products are usually battle-tested and adapted and improved according to real-time feedback from results in the field.“ (Israelisches Ministerium für Industrie, Handel und Arbeit) Israel spielt seit über 60 Jahren die Hauptrolle in einem bewaffneten Konflikt im Nahen Osten, dem Zentrum globaler Geopolitik, der bedeutende Auswirkungen auf die regiona- le und globale Stabilität hat. Das machte Israel zu einem der am stärksten militarisierten Staaten der Welt, der heute führend in der Entwicklung und Produktion hoch entwickelter Technologien in der Rüstungs- und Sicherheitsindustrie ist. Diese verschlingen einerseits viel Geld, andererseits stellen sie durch den Verkauf der dabei errungenen Erkenntnisse und Produkte aber auch eine ständig sprudelnde Quelle des Profits dar. Agnes Küng Der fortwährende Kriegszustand Israels, die Besetzung dies entweder schweigend hin oder geben bei erneuten palästinensischen Gebiets und der syrischen Golanhö- Attacken Israels und beim weiteren Ausbau der illegalen hen, die Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung Siedlungen der Form halber dürftige Kommentare ab. und deren Überwachung in ihren „Gettos“, der Bau Gleichzeitig werden eifrig die allerneuesten Waffen und der Mauer, die „Verwaltung“ des kontinuierlich hohen Sicherheitssysteme aus Israel gekauft. Dass sich diese Anteils an palästinensischen Gefangenen in israelischen Länder dabei zu Komplizen der israelischen Unterdrü- Gefängnissen, der Betrieb Hunderter von Checkpoints, ckungspolitik machen und ausserdem ihre eigenen die Überwachung der Grenzen bedeuten eine Fokus- Gesetze übertreten, wird geflissentlich übersehen. sierung der israelischen Politik auf die militärischen Aussenpolitik ist Realpolitik. Nüchternes Eigeninteresse Industrie- und Forschungsbereiche. Die nunmehr seit steht dabei im Vordergrund, moralische Überlegungen Jahrzehnten von Israel praktizierte Politik der Expansi- würden da nur das Geschäft behindern. Wer verfügt in on, Aggression, Vertreibung und Unterdrückung verletzt der heutigen Zeit der Migrationsströme und der poten- grundlegende Menschenrechte und das humanitäre ziellen sozialen Unruhen über mehr Erfahrungen in der Völkerrecht und stellt laut Römer Statut der Genfer Kon- Überwachung und Einschüchterung von Millionen von ventionen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschen als Israel? Wo sonst sind solche hoch entwi- Menschlichkeit dar. Die meisten Regierungen nehmen ckelten, besonders für die asymmetrische Kriegsführung 5
geeigneten, über viele Jahre im Kampf erprobten Waf- und die Steuerung all dieser Geräte, für Radar, Simulato- fen- und Sicherheitssysteme erhältlich als in Israel? ren, Kommunikation, Satelliten, für Überwachung und Kontrolle. Zu den wichtigsten Rüstungs- und Sicherheits- firmen gehören die staatlichen Israel Aerospace Indust- Palästinensische Gebiete als ries (IAI), die bereits erwähnte Israel Military Industries Versuchslabor (IMI), die Rafael Armament Development Authority, aber auch private Firmen wie Elbit Systems und EMIT Den Preis für diese unhaltbare Situation bezahlt vorerst Aviation. Die israelische Militärindustrie beschäftigt vor allem die palästinensische Bevölkerung, die in den etwa 50 000 Personen und stellt einen äusserst wichti- besetzten palästinensischen Gebieten mehr und mehr gen ökonomischen Faktor für Israel dar. zu Versuchskaninchen im israelischen Labor für die Prüfung von Waffen und Taktiken zur Personenkontrol- Israel hat nach Saudi-Arabien (8,4%) eines der weltweit le und Aufstandsbekämpfung geworden sind. Letztere höchsten Militärbudgets, gemessen am BIP. Dieses be- können dann mit mit Gewinn ins Ausland exportiert lief sich im Jahr 2011 auf etwa 13 Mrd. Dollar, was 6,8% werden. Und dort, also auch bei uns, besteht, entge- des BIP entspricht, wovon ca. 1,5% durch die Militärhilfe gen der allgemeinen Annahme, keinesfalls die Absicht, aus den USA abgedeckt werden (zum Vergleich: Militär- diese ausgeklügelte Technologie lediglich zur Abwehr ausgaben der USA 4,3% und Grossbritanniens 2,5% des einer allfälligen Gefahr von aussen zu verwenden, son- BIP, globaler Durchschnitt 2,5%). Dazu kommen noch dern sie, falls es für nötig befunden wird, auch gegen Ausgaben von etwa 12,3% des BIP für Sicherheit, Polizei, die eigene Bevölkerung einzusetzen. Damit sind früher Unterhalt der Gefängnisse etc. oder später auch die Bürgerrechte bei uns in Gefahr. Das Schüren von Angst gegenüber dem Fremden wird von gewissen Kreisen dazu benützt, um die Ausgaben für Militär, Polizei und private Sicherheitsunternehmen ohne grossen Widerstand zu erhöhen. Der vorliegende Artikel möchte auf diese Zusammenhänge aufmerksam machen, einzelne Aspekte der israelischen Rüstungs- und Sicherheitsindustrie beleuchten und auf deren vielfältige Beziehungen mit internationalen staatlichen wie auch privaten Geschäftspartnern hinweisen. Israels Militär- und Sicherheitsökonomie Israels Rüstungsindustrie entstand bereits vor der Pro-Kopf-Exporte gemäss SIPRI Trend Indicator Value 2012, Staatsgründung mit den 1933 ins Leben gerufenen Quelle: GSoAa Israeli Military Industries (IMI), die damals eine Produk- http://www.gsoa.ch/themen/kriegsmaterial-exporte/02030/ tionsstätte für die Herstellung von Kleinwaffenmunition schweiz-weltweit-top-8-beim-waffenexport/ für die jüdischen Untergrundmilizen waren und heute noch unter gleichem Namen als eine der grössten Die Entwicklung einer ausgeklügelten Rüstungsindust- staatlichen Rüstungsfirmen existieren. Inzwischen rie stimulierte zwangsläufig die Exporte. 2007 war Isra- gibt es etwa 450 Militär-, Luft- und Raumfahrt- sowie el für 10% der globalen Waffenexporte verantwortlich. Sicherheitsfirmen in Israel, deren Absatz das Frie- Das Land kann gegen einige der grössten Rüstungsun- densforschungsinstitut SIPRI für 2011 auf etwa 11 ternehmen der Welt konkurrieren. Was den Anteil der Mrd. Dollar schätzt. Sie produzieren die ganze Palette exportierten Waffen pro Einwohner betrifft, liegt Israel militärischer Produkte, angefangen von Munition, Ge- inzwischen weltweit an der Spitze (siehe Grafik). Im wehrgranaten, Mörser- und Streubomben, Artilleriera- Jahr 2010 beliefen sich die Exporte auf etwa 7,2 Mrd. keten, Trägerraketen, Kleinwaffen, Artilleriegeschützen, Dollar, zwischen 10% und 15% aller israelischen Ex- Panzern, Flugzeugen, Patrouillen- und Raketenbooten, porte. Dazu kommen noch die Exporte der sog. „nicht Roboterfahrzeuge, Drohnen bis zu hoch entwickelten militärischen“ Luftfahrt- und Sicherheitsindustrie von optischen und elektronischen Systemen für den Betrieb etwa 3 Mrd. Dollar. 6
Waffengewalt im Dienst von Apartheid und Kolonialismus Ein bedeutender Teil der israelischen Rüstungsgüter wird jedoch im Land selbst gegen die palästinensische Bevölkerung und Widerstandskämpfer eingesetzt, die als Terroristen gelten, so beispielsweise bei der Besat- zung des Westjordanlands und des Gazastreifens sowie bei der Überwachung an der Apartheid-Mauer und den Checkpoints. Die Stärke des „Verteidigungssektors“ ist von entscheidender Bedeutung für den israelischen Staat, um seine militaristische Politik aufrechterhalten zu können. Die alltägliche Unterdrückung und Vertrei- bung der palästinensischen Bevölkerung Ostjerusalems und des Westjordanlands, die Attacken auf den Gaza- streifen ergeben dabei, wie eingangs erwähnt, ein gu- Sicherheitseinrichtung des israelischen Gefangenenlagers tes Testfeld für die Entwicklung einer zunehmend spe- Eshel im Negev zialisierten Ausrüstung. Diese wird von den israelischen Rüstungsfirmen auf ihren Webseiten und an internati- damit nicht nur repressive Regimes, sondern torpe- onalen Rüstungsmessen, notabene oft mit ehemaligen dierte gleichzeitig auch zahlreiche Volksbefreiungsbe- IDF-Soldaten und -Offizieren als Verkäufern, ungeniert wegungen. Eines der aktuelleren Beispiele diesbezüg- als im „Kampf erprobt“ angepriesen. Die Rechnung lich ist die massgebliche Beteiligung der israelischen geht offensichtlich auf: Nach jedem von Israel initiier- Rüstungsfirma Kollmanns, einer 100%igen Tochter von ten Krieg und nach jedem Angriff auf den Gazastreifen Elbit Systems, am Bau eines Grenzzaunes zwischen den boomt die Produktion von Waffen wie auch deren USA und Mexico. Export. So haben sich die Militärexporte in den letzten zehn Jahren, insbesondere im Kontext des internationa- Die Geschichte des Wachstums des israelischen mili- len „Kampfs gegen den Terror“, verdreifacht, und Israel tärischen Bereichs ist verbunden mit dem Mythos der ist laut aktuellen Einschätzungen zum viert- bis sechst- kleinen Nation, die an allen Fronten kämpfen muss, grössten Waffenexporteur weltweit aufgestiegen. um überleben zu können. Israel wurde jedoch selten Für das Auffüllen der heimischen Waffendepots nach gezwungen, sich zu verteidigen. Vielmehr hat sich einem Waffengang Israels sind die USA stets bereit, die das Land oft von sich aus dazu entschieden, zu kämp- nötigen finanziellen Mittel bereitzustellen. fen. Seine Staatsdoktrin ist eine der Aggression, der ethnischen Säuberung und der Expansion. Israel hat sich dadurch zu einer der weltweit am stärksten mili- Israels Rolle in der weltweiten tarisierten Gesellschaften entwickelt und kann heute Repression als Festungsstaat bezeichnet werden, der sich nach allen Seiten abschottet. Nicht ohne Grund bezeich- Aber nicht nur Waffenproduktion und -export neh- nen selbst israelische Wissenschaftler Israel nicht als men nach einem Kampfeinsatz Israels rapide zu. Die Staat mit einer Armee, sondern als Armee mit einem tägliche Praxis der israelischen Besatzungsmacht in Staat (u.a. Ilan Pappe im Artikel „Disarm Israel“ vom den besetzten Gebieten ermöglicht eine fortwährende 28.7.2009). Damit hat sich die frühe Prognose von Sir Weiterentwicklung der Überwachungstechnologie und Thomas Rapp, dem Leiter des britischen Büros für den Verfeinerung der Taktiken zur Personenkontrolle. Auch Mittleren Osten in Kairo und Berater der Britischen diese Geräte und Trainingsmethoden finden in vielen Regierung in Sachen Aufnahme von diplomatischen Ländern reissenden Absatz. Begonnen hat diese Ent- Beziehungen mit Israel, bewahrheitet: „Die jüngere Ge- wicklung aber nicht erst gestern. Laut einem aktuellen neration wird in einer Umgebung des Militarismus er- Bericht von IJAN (International Jewish Anti-Zionist Net- zogen. Dadurch wird eine ständige Bedrohung für den work) lieferte Israel bereits seit seiner Staatsgründung Frieden im Mittleren Osten geschaffen, sodass Israel 1948 die entsprechenden Technologien sowie das dazu dazu tendiert, sich weg von der demokratischen Le- erforderliche Training in alle Welt und unterstützte bensweise in Richtung Totalitarismus […] zu bewegen.“ 7
(Public Record Office, Foreign Office Files 371/82179, E1015/119, Brief an Ernest Bevin, brit. Aussenminister, 15.12.1950). Beteiligung israelischer Universitäten Die israelische Waffen- und Repressionsindustrie ist jedoch nicht auf sich alleine gestellt, sondern eng mit staatlichen Institutionen wie Armee, Politik, Ge- heimdiensten, Universitäten, privaten Unternehmen, weltweiten zionistischen Organisationen und internatio- nalen Banken verbunden. Die älteste Universität Israels, das Technion in Haifa, hat beispielsweise einen Caterpil- lar D-9-Bulldozer für die israelische Armee (IDF) wei- terentwickelt, um bei der Zerstörung palästinensischer Häuser einsetzbar zu sein. Zudem hat sie ein Koopera- tionsabkommen mit der staatseigenen Rüstungsfirma Rafael Armament Development Authority abgeschlos- sen. IDF-Reservisten erfahren beim Studium spezielle Vorteile; Masterarbeiten, die sich mit militärischen Themen befassen, werden besonders gefördert; ehe- ersten Platz einnimmt. Insgesamt haben die USA Israel malige Studenten des Technions dienen in der Armee zwischen 1973 und 2008 mit über 200 Mrd. Dollar an fast ausschliesslich in Kaderpositionen. Das Technion Militärhilfe unterstützt. Diese ist ein wesentlicher Fak- arbeitet ebenfalls eng mit der staatlichen Rüstungsfirma tor für den Erfolg nicht nur der israelischen Rüstungs- IAI sowie Elbit Systems zusammen und erhält von diesen und Sicherheitsindustrie, sondern der israelischen Partnern grosszügige finanzielle Unterstützung. Oft sit- Repressionspolitik überhaupt. zen dieselben Personen gleichzeitig oder nacheinander Die USA stehen nicht alleine am Pranger. Auch die EU in wichtigen Positionen dieser Firmen, der Regierung, spielt bei der Unterstützung des israelischen Systems der Verwaltung, der Armee und der Universitäten. Alle der Unterdrückung und Vertreibung der palästinensi- Universitäten und Forschungsinstitute in Israel sind schen Bevölkerung eine massgebliche Rolle. Einerseits in der einen oder anderen Weise mit der israelischen lieferte sie zwischen 2003 und 2008 für eine Mrd. Euro Rüstungs- und Sicherheitsindustrie verbandelt und Waffen nach Israel und verletzt damit eigene Geset- gehören nicht nur zu den Profiteuren von Besatzung, ze. Andererseits ist Israel der wichtigste ausländische Unterdrückung und Apartheid, sondern sind Komplizen Partner des EU-Rahmenprogramms für wissenschaftli- der an der palästinensischen Bevölkerung begangenen che Forschung und erhielt in diesem Rahmen zwischen Verbrechen. Sie beliefern die Repressionsindustrie in 2007 und 2013 einen Beitrag von 53 Mrd. Euro. Unter voller Kenntnis der Sachlage mit Forschungserkenntnis- dem Vorwand des Kampfs gegen den Terrorismus hat sen, Technologie, Argumenten und Kaderleuten. die EU vor einigen Jahren entschieden, dass sich auch Rüstungsunternehmen für Gelder zur Erforschung Internationale Kooperationen der Erhöhung der Sicherheit bewerben können. An mindestens 10 der 45 ersten, von der EU als „Sicher- Obwohl Israel mit seiner immensen Rüstungs- und heitsforschung“ beschriebenen Projekte beteiligen Sicherheitsindustrie grösstenteils selbst für die Herstel- sich israelische Privatunternehmen sowie akademische lung seiner militärischen Ausrüstung sorgt, ist das Land oder staatliche Institutionen. Dazu gehören die Firmen finanziell auf ausländische Unterstützung angewiesen. Motorola Israel mit einem Überwachungsprojekt, IAI, Diese kommt in erster Linie in Form von Militärhilfe aus Aeronautics Defence Systems sowie Elbit Systems den USA (2012 ca. 4 Mrd. Dollar, u.a. für das Raketenab- mit einem Drohnen-Entwicklungsprojekt. Finanziert wehrsystem Iron Dome), sodass Israel auf der Liste der wurden ausserdem diverse militärische Forschungspro- grössten Empfänger ausländischer Hilfe weltweit den gramme israelischer Universitäten, darunter das bereits 8
erwähnte Technion in Haifa. Das kommende EU-For- autonomen Kampfroboters (sog. Killerroboter), der schungsrahmenprogramm Horizon 2020 soll ebenfalls ohne die Kontrolle durch einen Menschen funktio- einen bedeutenden Schwerpunkt in der „Sicherheits“- nieren soll. Die Menschenrechtsorganisation Human Industrie haben. Inwiefern sich Israel daran beteiligen Rights Watch hat deshalb vor Kurzem ein internationa- wird, nachdem die EU im Sommer 2013 neue Grundla- les Abkommen gefordert, das die Entwicklung und den gen für die Vergabe von Geldern herausgegeben hat, Bau von autonomen Kampfrobotern verbietet. In der die alle Organisationen und Institutionen ausschliessen, UNO steht die Frage der völkerrechtlichen Konsequen- die an der Besatzung beteiligt sind, wird sich in den zen von Drohneneinsätzen zur Tötung gesuchter Perso- kommenden Wochen weisen. nen und die Frage des Einsatzes unbemannter Waffen seit 2013 ebenfalls auf der Traktandenliste. Robotik und der Verlust der Menschlichkeit Israels Atomprogramm und die Verwendung illegaler Waffen Israel ist zusammen mit den USA führend in der Entwicklung von militärischen Roboterfahrzeugen, Neben den konventionellen Waffen besitzt Israel, ob- Minirobotern, menschenähnlichen Kampfrobotern und wohl offiziell weder bestätigt noch dementiert, illega- Drohnen. Auch die Schweiz möchte von den auf den lerweise auch bis zu 400 nukleare Sprengköpfe und ist Kriegsschauplätzen gewonnenen Erfahrungen Israels damit die einzige Atommacht des Nahen und Mittleren profitieren und plant deshalb einmal mehr, Drohnen Ostens. Israel hat den Atomwaffensperrvertrag nicht aus Israel anzuschaffen. Und wie im Antrag des Mili- unterschrieben, wird also auch nicht von der IAEA kon- tärdepartements zu lesen ist, geht es auch hier nicht trolliert. Zu dieser widerrechtlichen Entwicklung haben nur um den Schutz vor ausländischer Gefahr, sondern anfangs in erster Linie Frankreich und einflussreiche ebenso um die Überwachung der eigenen Bevölkerung Personen aus den USA (u.a. H. Kissinger) beigetragen, in auf öffentlichen Plätzen und bei Grossanlässen. jüngster Zeit aber auch Deutschland mit der Lieferung von sechs konventionellen U-Booten, die in Israel mit Noch werden die Roboterfahrzeuge und Drohnen von nuklear bestückten Marschflugkörpern ausgerüstet Menschen gesteuert. Es gibt aber auch schon Geräte, werden. Die UNO und die meisten Regierungen tolerie- die fast autonom handeln, indem sie beispielsweise ren das undeklarierte Nukleararsenal Israels bis anhin unbemannt eine Grenze überwachen, Eindringlinge stillschweigend. Im Dezember 2012 hat die UNO-Voll- anhalten und in der Zentrale nach einer Erlaubnis zum versammlung Israel aber immerhin dazu aufgefordert, Schiessen fragen können. Israel ist bereits intensiv an sein Atomprogramm offenzulegen und den Atomwaf- der Erforschung der nächsten Stufe, eines vollständig fensperrvertrag zu unterzeichnen. Als wäre die Erprobung und der Missbrauch konventi- oneller Waffen an der palästinensischen Bevölkerung nicht schon mehr als schrecklich, darf hier eines der düstersten Kapitel der israelischen militaristischen Po- litik nicht unerwähnt bleiben: Bei den letzten Angriffen auf den dicht bevölkerten Gazastreifen, insbesondere bei der Operation „Cast Lead“ 2008/09, kamen erwie- senermassen illegale Waffen wie Weisser Phosphor, mit abgereichertem Uran versehene Munition, GPS- gelenkte Mörsergranaten, DIME-Bomben mit 25% TNT und 75% Wolfram (einem Schwermetall) sowie Splitter- bomben zum Einsatz. Dies alles verletzt internationales Recht, gilt als Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. 9
Verantwortung der lieferungen an Israel sistiert, Grossbritannien mehrere Lizenzen einheimischer Rüstungsunternehmen zum internationalen Gemeinschaft Export von Waffenteilen an Israel widerrufen und Es ist mehr als erstaunlich, dass angesichts dieser Di- Irland einen Vertrag zur Lieferung von zehn Millionen mension massiver Verletzungen internationalen Rechts Gewehrkugeln an Israel annulliert. Die von palästi- sowohl unsere Regierung, die als Signatar- und Depo- nensischen Organisationen lancierte und angeführte sitarstaat der Genfer Konventionen eine besondere internationale Kampagne für Boykott, Desinvestition Verantwortung für deren Einhaltung hätte, als auch und Sanktionen gegen Israel fordert ebenfalls ein um- antimilitaristische Organisationen und Friedenskräfte fassendes militärisches Embargo. in der Schweiz wenig bis nichts von sich hören lassen. “Frei zu sein, bedeutet nicht nur, die Ketten abzuwerfen, Da sind einige wenige Länder und Menschenrechts- sondern so zu leben, dass das Leben und die Freiheit der organisationen bereits etwas weiter. So hat Amnesty anderen respektiert werden.“ International nach dem Angriff auf den Gazastreifen Nelson Mandela in der Einleitung zum Aufruf von 52 2008/09 zu einem Waffenembargo gegen Israel aufge- Friedensnobelpreisträgern, prominenten KünstlerInnen rufen, Norwegen ein Verbot eines Waffenhandels mit und AktivistInnen für ein Militärembargo gegen Israel Israel ausgesprochen, die belgische Regierung Waffen- vom November 2012. Quellen Informationsbroschüren • Martin Wilhelm (sda): Das Land, das stolz auf seine Drohnen ist • BDS: www.bdsmovement.net: Palestinian Civil Society Call for a http://bazonline.ch/wirtschaft/unternehmenDas-Land-das-stolz- Comprehensive Military Embargo of Israel auf-seine-Drohnen-ist/story/22702323 http://de.scribd.com/doc/77723230/Targeting-Israeli-Apartheid-a- • Ben White: New concerns over human rights Boycott-Divestment-and-Sanctions-Handbook http://blogs.independent.co.uk/2012/02/06/lse-new-concerns- • IJAN: Israels Worldwide Role in Repression over-human-rights/ http://israelglobalrepression.files.wordpress.com/2012/12/israels- • Jimmy Johnson: Israeli firm helps NSA spy on Americans and worldwide-role-in-repression-footnotes-finalized.pdf Mexicans • COAT (Coalition to Oppose the Arms Trade, Canada): State- http://electronicintifada.net/blogs/jimmy-johnson/israeli-firm- owned Israeli War Industries helps-nsa-spy-americans-and-mexicans http://coat.ncf.ca/P4C/66/state-owned.pdf • James Brooks: Dispersing Demonstrations – Or Chemical Warfare? • Stop the Wall: Boycott Elbit Systems http://electronicintifada.net/content/dispersing-demonstrations- http://www.stopthewall.org/downloads/pdf/Elbit-fc.pdf or-chemical-warfare/5152 • End the Occupation: Israeli Accountability Now http://www.endtheoccupation.org/downloads/Israeli%20Accoun- Forschungsarbeiten tability%20Fact%20Sheet%20.pdf • Neve Gordon: The Political Economy of Israels Homeland Securi- ty/Surveillance Industry Artikel http://www.sscqueens.org/sites/default/files/The%20Politi- • Ilan Pappe: Disarm Israel cal%20Economy%20of%20Israel%E2%80%99s%20Home- http://www.pacbi.org/etemplate.php?id=1059&key=armament land%20Security.pdf • Yotam Feldman: Israels Waffen für die Welt • Dan Peled vom Samuel Neaman Institute, Haifa: Defense R&D http://www.zeit.de/wirtschaft/2012-12/israel-waffengeschaefte- and Economic Growth in Israel: A Research Agenda gaza http://econ.haifa.ac.il/~dpeled/papers/ste-wp4.pdf • Yotam Feldman: „Wars on Gaza have become part of Israels sys- • Tiirkkaya ATAÖV: The Arming of Israel and its Impact on Regional tem of governance“: An interview with filmmaker Yotam Feldman and World Peace and European Detente http://972mag.com/wars-on-gaza-have-become-part-of-israels- http://dergiler.ankara.edu.tr/dergiler/44/675/8591.pdf system-of-governance-an-interview-with-filmmaker-yotam- • Shmuel Even: Israels National Security Economy: Defense and feldman/71957/ Social Challenges • Johannes Korge: Waffen für Israel und Saudis: USA planen riesi- http://www.isn.ethz.ch/Digital-Library/Publica- gen Rüstungsdeal im Nahen Osten tions/Detail/?ots591=0c54e3b3-1e9c-be1e-2c24- http://www.spiegel.de/politik/ausland/israel-und-saudis-usa-pla- a6a8c7060233&lng=en&id=134051 nen-gewaltigen-ruestungsdeal-im-nahen-osten-a-895360.html • Peter Coy: Behind the Iron Dome: How Israel Stops Missiles Israel. Ministerium für Industrie, Handel und Arbeit http://www.businessweek.com/articles/2012-11-21/how-to-stop- • Defense Related Products. Innovative, Comprehensive, Cost- missiles-the-company-behind-israels-iron-dome Effective Defense Solutions • Josh Ruebner: US Weapons to Israel Are Disincentives to Peace http://www.moital.gov.il/CmsTamat/Rsrc/ICA/Industrial_coopera- http://palestinechronicle.com/us-weapons-to-israel-are-disincen- tion_in_israel2011-2012/artical4.html tives-to-peace/#.UX7QDErO98E 10
Politische Bedeutung des europäischen Waffenhandels mit Israel Die Bedeutung von Waffenexporten für die israelische Wirtschaft ist immens. Wir AktivistInnen sollten diesen sehr wichtigen Aspekt im Kampf gegen israelische Gewalt und Besatzung nicht vernachlässigen. Denn gerade die Auseinandersetzung mit dem israelischen Waffenhandel demonstriert, warum der Kampf für ein freies Palästina zu- gleich ein globaler Kampf ist. Shir Hever Der Protest gegen die israelische Waffen- und Sicher- in Palästina auch ein Kampf um Freiheit und heitsindustrie stellt eines der Kernelemente im Kampf Gerechtigkeit in Europa und auf der ganzen Welt ist. gegen Kolonialismus, Besatzung und Apartheid in Israel Im Waffenhandel der letzten 15 Jahre rangiert Israel dar. Israels Waffenexporte begünstigen einerseits zwischen Platz 5 und Platz 10. Es führt weniger Waffen das israelische Militär und tragen zur Finanzierung aus als die USA, Russland, Grossbritannien oder der Besatzung und des Repressionsapparates in Deutschland. Gegen die Waffenexporte dieser Länder Palästina bei. Andererseits wirken sich die Waffenex- sind schon weltweite Kampagnen im Gang, und diese porte aber auch auf jene Länder aus, die israelische Kampagnen sind extrem wichtig. Aber warum sollten Sicherheitstechnologien zur Kontrolle der eigenen wir der Rolle Israels im Waffenhandel ganz besondere BürgerInnen importieren. So sollten wir zur Kenntnis Aufmerksamkeit schenken? nehmen, dass der Kampf um Freiheit und Gerechtigkeit Der Grund dafür ist, dass sich Israels Militär- und Sicherheitsexporte qualitativ von denen anderer Länder Bild oben: Überwachungsoptik mit Wärmebild- und unterscheiden. Wenn wir die Art der Militär- und Nachtsichteigenschaften von Elbit Systems Sicherheitsprodukte analysieren, die in Israel hergestellt 11
her, die den Militärdienst verlassen, vergibt das israeli- sche Verteidigungsministerium nahezu automatisch eine Lizenz zum Waffenhandel. Weil das Ruhestandsalter in den israelischen Streitkräften so niedrig liegt, sind zahl- reiche Offiziere danach auf der Suche nach einer zwei- ten beruflichen Laufbahn. Ihre Erfahrung aus den rund zwanzig Dienstjahren beim israelischen Militär führt sie direkt in die Sicherheitsindustrie. Wenn diese Ex-Offiziere ein Produkt entwickeln und der israelischen Armee ein erstes Muster verkaufen (was ihnen dank ihrer alten Freunde beim Militär nicht schwerfällt), dann können sie später mit Fug und Recht behaupten, dieses Gerät sei schon von der israelischen Armee getestet worden. Diese Argumentation hilft, po- tenzielle Käufer vom Kauf des Produktes zu überzeugen. Israelische Kfir, die von den USA Ende der 80er-Jahren in Israel Diese Vorgehensweise bewog Naomi Klein im Jahr 2007 geleast wurden zur Aussage, Israel habe die Besatzung in ein Testlabor verwandelt: Die palästinensischen Opfer der israeli- schen Armee tragen zu den Profiten der israelischen werden, so stellen wir fest, dass diese Technologien Waffenkonzerne bei. nicht dazu bestimmt sind, die Zahl der Opfer aufseiten des Feindes zu maximieren oder dessen Befestigungen Im Jahr 2000 war Israel nur der zehntgrösste Waffenex- zu überwinden. Diese Technologien sind vielmehr porteur auf der Welt, was immer noch ein sehr darauf ausgelegt, Zivilisten zu kontrollieren, in ihre beachtlicher Platz ist, wenn man die Kleinheit des Privatsphäre einzudringen und unbewaffnete oder Landes in Betracht zieht. Allerdings war Israel im glei- nur leicht bewaffnete Personen zu inhaftieren, sie in chen Zeitraum auch der viertgrösste Waffenlieferant Schranken zu halten und zum Schweigen zu bringen. Das für Entwicklungsländer, Milizen und paramilitärische hat auch der Krieg zwischen Russland und Georgien im Organisationen. Israelische Firmen ignorierten regel- Jahr 2008 demonstriert, als eine mit israelischem Gerät mässig die von den Vereinten Nationen verhängten hochgerüstete Armee (in diesem Fall die georgische Waffenembargos und erzielten besonders an jenen Armee) von einer grösseren und stärkeren Streitkraft Orten auf der Welt enorme Gewinne, wo „seriösere“ niedergeschlagen wurde. Die von Israel entwickelten Waffenhändler (falls es denn so etwas überhaupt gibt), und hergestellten Gerätschaften waren nie für den vorsichtig darum bemüht waren, Verwicklungen zu ver- Einsatz gegen eine organisierte Armee gedacht. Sie soll- meiden. ten vielmehr den Regierenden helfen, den Widerstand Die Angriffe vom 11. September 2001 kommentier- der Regierten zu unterdrücken. te Netanyahu später damit, dass diese Angriffe „gut Dieser Aspekt israelischer Waffenexporte ist nicht neu. für Israel“ gewesen seien, weil sie zur Stärkung des Das folgende Zitat von 1982 aus Israel Shahaks Buch Argumentes beitrügen, dass der Islam der Feind Israel’s Global Role: Weapons for Repression (Israels sei und dass Israels brutale Methoden gegen den globale Rolle: Waffen zur Repression) war vor 30 Jahren Terrorismus gerechtfertigt seien. Allerdings waren genauso aktuell wie heute: „… von Rhodesien über das die Angriffe nicht nur gut für Israels Image als Profi in Südafrika der Apartheid bis hin zu den Golf-Monarchien der „Terroristenbekämpfung“, sie waren auch gut für verknüpft Israel seine Interessen nicht mit den Massen, Israels Sicherheitsindustrie. Der fortan in den USA so die für die Freiheit kämpfen, sondern mit deren häufig verwendete Begriff „homeland security“ (innere Kerkermeistern.“ Sicherheit) kam erst nach diesen Angriffen in Gebrauch. Die Vereinigten Staaten richteten ein Ministerium für in- Dabei sollten wir uns vor Augen halten, dass Israel seit nere Sicherheit ein, das bis heute über ein Budget in der dem Jahr 1973, also seit 40 Jahren, keinen konventio- Grösse des gesamten Militärhaushalts Grossbritanniens nellen Krieg mehr geführt hat. Seine Militär- und verfügt. Polizeikräfte sind jedoch mit einem steten Kampf zur Unterdrückung des palästinensischen Widerstands be- Die wirkliche Hauptstadt für „innere Sicherheit“ liegt je- fasst. An Offiziere mit dem Rang eines Oberst oder hö- doch in Tel Aviv. In Israels Hauptstadt sind mehr als 600 12
Mauer im Westjordanland Mauer an der Grenze zwischen Mexiko und den USA Sicherheits- und Waffenfirmen registriert. Tel Aviv ist „Bevölkerungsüberschuss“ behandelt. Die wachsende auch Standort einer jährlichen Waffenhandelsmesse, Ungleichheit schafft eine beständige Nachfrage an auf der Hunderte von Firmen neue Technologien Kontroll- und Unterdrückungsmechanismen. anbieten: Überwachungskameras, biometri- Im Jahr 2006 beschrieb Jeff Halper die Verwaltung sche Verfolgungs- und Erkennungstechnologien, dieser überschüssigen Menschen durch Inhaftierungen Systeme zur Verhaltensanalyse, Gerätschaften zur und durch den Rückgriff auf Sicherheits- und Niederschlagung von Aufständen und zur Auflösung Überwachungsmassnahmen als „Lagerhaltung“ von Demonstrationen, Hand- und Fussfesseln sowie (warehousing). Er hob hervor, dass der Gazastreifen das Computerprogramme für die Datengewinnung. paradigmatische Beispiel für die „Lagerhaltung“ einer Im Mai 2013 wurde Israel zum weltweit grössten Zivilbevölkerung sei. Exporteur von unbemannten Luftfahrzeugen (unman- In der Tat sind israelische Technologien, mit denen der ned aerial vehicles/UAVs), sogenannten Drohnen, er- Widerstand im Gazastreifen unter Kontrolle gehal- klärt. Die Drohnen sind Symbol für eine neue Art der ten werden kann, zum Kennzeichen der israelischen Kriegsführung. Reiche, entwickelte Länder vermeiden Waffenexporte geworden. Nach der Invasion des es, ihre eigenen BürgerInnen als SoldatInnen Gefahren Gazastreifens im Winter 2008/09 veranstaltete die auszusetzen. Drohnen lassen sich hingegen bequem israelische Armee eine Messe, um neue Technologien und ohne Risiko für den Anwender von einem klimati- vorzuführen, die bei dieser Operation eingesetzt wor- sierten Raum aus steuern und zur Datensammlung, zur den waren. fotografischen Erfassung von Personen und sogar zu Tötungen aus der Luft benutzen. Auf diese Weise erlangte auch das Raketensystem „Iron Dome“ seine Berühmtheit, und zwar im Verlauf Heutzutage sind die grössten Kunden für Israels der israelischen Bombardierung des Gazastreifens Spezialgerät Indien, Brasilien und in geringerem im November 2012. PalästinenserInnen benutzen Umfang Südkorea, Ghana, Angola und andere Länder, Qassam-Raketen, eine Waffe, die bei der Herstellung die von massiven sozialen Ungleichheiten geprägt im Eigenbau rund 100 Dollar kostet. Doch selbst sind. Soziale Ungleichheiten sind denn auch der Grund diese einfache Rakete kann die Israelis stören, für den weltweiten Boom der Sicherheitsindustrie. wenn sie entspannt in ihren Cafés sitzen, während Die extreme neoliberale Politik der vergangenen PalästinenserInnen im Gazastreifen unter unerträg- vierzig Jahre hat grosse Teile der Bevölkerung von lichen Bedingungen leben. Jede Iron-Dome-Rakete der Wirtschaft ausgeschlossen. Menschen, die selbst kostet 50 000 Dollar, und zwei davon sind nötig, um als Billiglohnkräfte nicht mehr nachgefragt sind, wie die Flugbahn einer einzigen Qassam-Rakete zu unter- beispielsweise die BewohnerInnen der brasiliani- brechen. Damit kosten die eingesetzten Iron-Dome- schen Favelas, werden von ihren Regierungen als Raketen das Tausendfache von Qassam-Raketen. Für 13
Raketenabwehrsystem „Iron Dome“ Israel lohnt sich deren Einsatz allemal, denn was die zu lassen. Dies wiederum lässt Massnahmen euro- Israelis damit kaufen, ist das Image der wehrfähigen päischer Länder – beispielsweise die Inhaftierung Überlegenheit: Dass man nämlich in einem Café unge- von Asylsuchenden ohne Gerichtsverfahren und die fährdet sitzen und gleichzeitig die Tatsache ignorieren Durchsetzung umfassender Überwachungssysteme kann, dass es ein paar Kilometer weiter für anderthalb zur Kontrolle der eigenen BürgerInnen – ebenfalls in Millionen Menschen kein trinkbares Wasser gibt. Für einem legitimen Licht erscheinen. den Verkauf ihrer Gerätschaften nutzen die Israelis Aus diesem Grund liegt es im Interesse aller genau dieses Image. Das Iron-Dome-Raketensystem BürgerInnen dieser Welt, lautstark klarzustellen, dass wurde schon drei Monate nach seiner Verwendung Israels Politik keineswegs legitim und akzeptabel ist. bei der Bombardierung des Gazastreifens auf einer Ansonsten werden wir uns morgen alle in der Rolle von Handelsmesse in Indien zum Verkauf angeboten. überwachten und unterdrückten PalästinenserInnen Ausserdem ist gerade dieses Image der Grund, war- wiederfinden. um die internationale Gemeinschaft ein solch grosses Interesse für die Politik in Palästina aufbringt. Die Shir Hever ist Wirtschaftswissenschaftler am immense Unterstützung, die Israel von rechts gerich- Alternative Information Center in Jerusalem und teten Parteien und Führern erhält, beruht darauf, dass Beit-Sahour (Bethlehem). Hever forscht über Letztere die israelische Vorgehensweise legitimieren, die wirtschaftlichen Aspekte der israelischen um sie dann zu kopieren. Rechts gerichtete europäi- Besatzung, darunter die Auswirkungen internati- sche Regierungschefs bieten Israel Unterstützung onaler Hilfsprogramme auf Palästina und Israel, an – und haben das Land eingeladen, der Organisation die Auswirkungen der Besatzung auf die israe- für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung lische Wirtschaft sowie die Auswirkungen der (OECD) beizutreten –, nicht etwa, weil sie Zionisten BDS-Kampagne. Autor von The Political Economy wären. Ihre Motivation liegt vielmehr darin, Israel als of Israel’s Occupation (ISBN 978-0-7453 -2794-5, Mitglied der zivilisierten Welt und seine militärischen 2010, Pluto Press) und repressiven Aktionen als angemessen erscheinen 14
Die militärische Komplizenschaft Schweiz–Israel Der schweizerische Bundesrat behauptet, Eckpfeiler seiner Aussenpolitik im Nahen Osten sei- en friedensfördernde Massnahmen. Seine Zielsetzung sei, eine Lösung des Nahostkonflikts unter Achtung des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte zu suchen. Beachtet man anstelle der Worte die Tatsachen, ist das pure Gegenteil der Fall. Die vom Bundesrat repräsentierte Schweiz, namentlich das von Ueli Maurer geleitete Militärdepartement (VBS) und das von Didier Burkhalter geleitete Eidg. Departement für ausländische Angelegenheiten (EDA), betreiben eine Politik, die das Besatzungsregime privilegiert und gegenüber seinen Opfern stärkt. Die enge wirtschaftliche und vor allem militärische Zusammenarbeit lässt kei- nen anderen Schluss zu. Hanspeter Gysin Die Beziehungen zwischen der Schweizer Armeespit- schweizerischen Offizierskaste die Erkenntnisse aus is- ze und den israelischen Militärs sind innig und haben raelischen Kriegen als begehrter Unterrichtsstoff. In den eine lange Tradition. Vor allem in der Vergangenheit 70er-Jahren, zu Zeiten, als beide Luftwaffen die franzö- verband beide die sorgsame Pflege von Wehrpflicht sischen Mirage-Kampfbomber flogen, fand regelmässig und Milizsystem, seit jeher pflegen sie aber einen regen ein Austausch von Piloten zu Übungszwecken statt. Austausch von organisatorischem und technologi- Gegenseitiges Training von Militärpersonal ist auch schem Wissen. Auch der beiderseits gepflegte Mythos heute noch gängige Praxis. Willkommen sind dann beim vom kleinen, friedliebenden Ländchen, welches sich einer bedrohlichen, angeblich gigantischen Übermacht erwehren muss – oder im Fall der Schweiz „damals“ (?!) verteidigen musste – , trägt zum guten Verständnis bei. In Ermangelung eigener Kampferfahrungen dienen der Bild oben: Altes Drohnen-Modell Ranger über Luzern 15
schweizerischen Armeekader Gelegenheiten wie 2010 den auch Einsatzbasen der israelischen Drohnenstaf- ein Waldbrand in Israel, bei dem, wie es hiess, „unbü- feln, von denen aus die ferngesteuerten Flugobjekte zu rokratisch“ Schweizer Armeehelikopter demontiert ihren tödlichen Missionen starten, besichtigt. Die Bom- und per Frachtflugzeug nach Israel geflogen wurden, bardierung des Gazastreifens (2008/09), die erneut um bei den Löscharbeiten zu helfen. über tausend zivile Todesopfer und mehrere tausend Schwerverletzte forderte, und der Überfall auf eine internationale Hilfsflotte (2010) mit acht Toten auf dem Freundschaftliche Beziehungen Passagierschiff Marvi Marmara spielten dabei keine Rolle mehr. Im Gegenteil, noch im selben Jahr beehrte Auch in den vergangenen Jahren sind Vertreter des Maurer persönlich die Verantwortlichen für die Morde Schweizer Militärs immer wieder zu Gesprächen in mit einem offiziellen Freundschaftsbesuch. Zu Beginn Israel gewesen, über die aus Geheimhaltungsgründen dieses Jahres nutzte er dann das Treffen der World immer nur Teilaspekte an die Öffentlichkeit gelan- Leader am Weltwirtschaftsforum (WEF) von Davos gen. Bereits der ehemalige VBS-Chef Samuel Schmid dazu, ein formales Abkommen über die weitergehende (Eidgenössisches Departement für Verteidigung, und verstärkte militärische Zusammenarbeit mit dem Bevölkerungsschutz und Sport, VBS, früher Militärde- ehemaligen Kriegsminister Israels und heutigen Berater partement), war ein eifriger Verhandlungspartner des der Niederlassung der Schweizer Bank Julius Bär in israelischen Militärs. 2005 hat er noch persönlich bei Israel, Ehud Barak, zu unterzeichnen. Dass das Droh- Ariel Sharon vorgesprochen. Eine besonders freund- nengeschäft dabei ein wichtiger Punkt war, darf man schaftliche Beziehung pflegte damals sein Luftwaffen- voraussetzen. Selbst bürgerliche Politiker hierzulande chef Walter Knutti mit seinem israelischen Pendant sind mittlerweile etwas besorgt darüber, dass zu den Eliezer Skhedi (heute Chef der israelischen Fluggesell- Drohnen aus Israel nicht auch ein Angebot aus einem schaft El Al). Allerdings sah sich Schmid Mitte 2006, anderen Land geprüft wird. Interessantes Detail bei der kurz nach dem blutigen Libanon-Feldzug, bei dem die jüngeren Komplizenschaft des VBS mit Israels Führung israelische Armee über tausend unschuldige ZivilistIn- ist, dass sich damit gleich zwei Militärdepartementslei- nen tötete, gezwungen, einen Freundschaftsbesuch ter der Rechtspartei SVP als treuste Verbündete Israels seines Korpskommandanten und damaligen Heeres- entpuppt haben. chefs Luc Fellay abzusagen. Eine Militärdelegation ohne Chef trat dann, mit eingeschränkter Publizität, die Reise trotzdem an. Schmids Nachfolger im VBS, Der Feind im Innern SVP-Bundesrat Ueli Maurer, schickte seinen Armeechef Das Militärdepartement will, weil ihm offensichtlich die André Blattmann in den letzten Jahren mehrmals zu Feinde fehlen, seine Armee zunehmend auf polizeili- Gesprächen mit hohen Militärs nach Israel. Dabei wur- che Einsätze im Innern des Landes ausrichten und zu diesem Zweck neue Überwachungsdrohnen kaufen. Schon die heute bei uns im Einsatz befindliche Drohne mit dem Namen Ranger ist ja, neben der Kooperation bei der Entwicklung von Streubomben, ein Produkt der Zusammenarbeit des staatlichen Schweizer Rüstungs- betriebes RUAG, der Oerlikon Contraves und der Israel Aircraft Industries der 80er-Jahre. Zwar soll die Ausfüh- rung der Drohnen für die Schweiz nicht mit Waffen be- stückt werden, trotzdem ist klar, dass es darum gehen wird, Menschen zu überwachen und gegebenenfalls zu verfolgen. Im Rahmen der Grenzüberwachung sollen Flüchtlinge frühzeitig abgefangen und so an der Ein- wanderung ins schweizerische Territorium gehindert werden. Bei Aktivitäten der politischen Opposition wie Demonstrationen, Besetzungen und Streiks und bei sportlichen Grossanlässen gilt es, die Bewegungen der Heron-1-Drohne des Herstellers Israel Aerospace Industries „Massen“ im Fokus der Ordnungskräfte zu behalten. auf der Präsentation in der Schweiz 16
Konferenzen der wirtschaftlichen, politischen und militärischen Eliten wie das WEF in Davos oder der G-XY-Treffen von Vertretern der wirtschaftlich weltbe- herrschenden Staaten sollen, mittels der wachsamen Augen am Himmel, vor jeder Störung sicher abge- schirmt werden können. Der Deal wird der israelischen Rüstungsindustrie rund 500 Mio. Dollar einbringen. Der bei der Schweizer Rüstungsbeschaffung für die Evaluation zuständige Projektleiter Oberst Roland Ledermann rechnet mit der Auftragserteilung im Jahr 2016. Israels Rüstungsindustrie ist, neben derjenigen der USA, eine der wenigen, die in der Lage ist, solche Hermes-900-Drohne von Elbit Systems auf dem Militärflugplatz Begehrlichkeiten der Militärstrategen zu befriedigen. Emmen Israelische Drohnen vom Typ Heron (dt. Reiher) be- finden sich bereits im Dienst der Armeen Frankreichs, Deutschlands, Grossbritanniens, Russlands, Indiens und der Türkei. Ab dem Jahr 2000, dem Ausbruch der zweiten Intifada, war Israel das erste Land, welches Besatzungspolitik mit immer neueren, ausgeklügelte- systematisch Drohnen einsetzte, um gezielt Men- ren Waffen zu führen. Waffengeschäfte mit Israel sind schen zu töten, die der Besatzungspolitik Widerstand deshalb nicht nur Geschäfte, sondern entsprechen entgegensetzten. Die Praxis der sogenannten extrale- einer bewussten Komplizenschaft mit dem repressiven galen Tötungen von PalästinenserInnen, die verdäch- Besatzungsregime im Nahen Osten. Damit sind sie, ent- tigt werden, Widerstandshandlungen zu begehen, gegen allen bundesrätlichen Beteuerungen, das pure stützt sich vor allem auf den Einsatz von Drohnen. Gegenteil von Friedensförderung. Der Luftraum über den besetzten und belagerten Gebieten Palästinas sowie der umliegenden Länder, vor allem des südlichen Libanons, wird im Zusammen- wirken mit den israelischen Spionagesatelliten Ofek-5 (2002), -7 (2007) und -9 (2010), die der weiträumigen Als Vater der Drohnentechnologie gilt der israe- Überwachung vor allem des Nahen und Mittleren Os- lische Ingenieur Abe Karem, der schon 1973 für tens dienen, rund um die Uhr beobachtet. Nebst den den Einsatz im Oktober- oder Jom-Kippur-Krieg Ermordungsmissionen dienen die Fluggeräte heute Israels solche Fluggeräte herstellen liess. Später der Zielerfassung und Feuerleitung für Flugwaffe und hat Karem auch in den USA an der Entwicklung Artillerie, aber auch für die Ortung von Widerstands- der ersten Drohnen mitgewirkt. Damals aller- nestern im Dienst von Bodentruppen. Die Kriegser- dings war die Aufgabe der Flugobjekte auf Spi- probtheit der Fluggeräte ist dann ein wesentliches onagemissionen und die Beobachtung gegneri- Verkaufsargument. scher Truppen beschränkt, in einigen Fällen ging es dabei auch um die Störung des Funkverkehrs Waffengeschäfte mit Israel weisen übrigens einen der anderen Seite. In den USA beschränkte besonderen Aspekt auf. Die Rüstungsindustrie von sich der Einsatz zunächst auf die Grenzüberwa- grösseren Industrienationen, den USA, den europäi- chung. schen Grossnationen, China oder Russland könnten auch überleben, ohne Waffen zu exportieren. Ein Land wie Israel ist aus wirtschaftlichen Gründen darauf angewiesen, Waffen und Kriegsführungssysteme zu verkaufen, um sich eine eigene Rüstungsindustrie leisten zu können. Die Einnahmen in Milliardenhöhe aus dem Export erlauben Israel, die Produktionsstätten und die technologischen Entwicklungsleistungen seiner Universitäten zu finanzieren und seine Kriegs- und 17
Chronologie der militärischen Zusammenarbeit Schweiz–Israel • 1955: Der Bundesrat beschliesst, keine Waffen mehr • Seit 1988: Zusammenarbeit zwischen der israelischen nach Israel/Palästina zu liefern, da solche Rüstungs- Rüstungsfirma Israel Military Industries Ltd. (IMI) und transfers zu offensichtlich den Grundsätzen von „Neu- der staatlichen schweizerischen Rüstungsfirma RUAG tralität und Humanitärer Tradition“ widersprächen. in der Entwicklung von sog. Kanistermunition (Streu- bomben) im Wert von 652 Mio. Franken. • Nach 1967: Israel geniesst nach dem Sechstagekrieg und nach den Anschlägen der PLO in vielen Ländern • In den 1990er-Jahren kauft die Schweiz für 1,5 Mrd. eine grosse Sympathie und wird als Musterdemokra- Franken Rüstungsmaterial aus Israel (Munition, Füh- tie betrachtet. Man war sich einig, dass Israel sich rungssimilatoren, Festungsartillerieanlagen, Aufklä- angesichts der Bedrohungen durch die Nachbarstaa- rungsdrohnen, operative und taktische Aufklärungs- ten und die palästinensische Befreiungsorganisation systeme, Feuerleitsysteme). PLO wehren müsse und Schutz brauche. • 1996: Durchführung von Schiessversuchen der Grup- • 1968: Das Verhältnis zwischen der Schweiz und Israel pe Rüstung des Eidg. Militärdepartementes (EMD) wird durch die Affäre Frauenknecht belastet. Alfred in der israelischen Negev-Wüste mit Kanistermuni- Frauenknecht, Maschinentechniker bei der Sulzer AG, tion (Streubomben) für 12-cm-Minenwerfer. Diese händigt dem israelischen Militärattaché Nechemia Übungsplätze befinden sich im Lebensraum von Be- Kam aus Sympathie für Israel verbotenerweise Pläne duinen, die vor Jahren zwangsenteignet wurden und der Atar-Triebwerke der französischen Mirage aus, heute Sperrgebiete sind. Trotzdem kommt es immer die es ermöglichten, die israelischen Kfir-Militärjets wieder zu Unfällen, bei denen Beduinen durch Blind- als Kopie der Mirage zu entwickeln. Frankreich hatte gänger verletzt oder getötet werden. nach dem Sechstagekrieg 1967 ein Embargo über Israel verhängt. Frauenknecht wird 1971 zu 4½ Jahren Zuchthaus und 2 Jahren Ehrverlust verurteilt. • 1970er- und 1980er-Jahre: Enge militärische Zusam- Bild oben: Funkgesteuerte Schiffskanone Typhoon mit Zielerfassungsoptik von Raphael Defense menarbeit zwischen der Schweiz und Israel 18
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