Economic and Strategy Viewpoint - Mai 2022 - Q2 2022

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Economic and Strategy Viewpoint - Mai 2022 - Q2 2022
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Economic
and Strategy
Viewpoint
Mai 2022

Q2 2022
Die Rezessionsrisiken steigen, denn die Inflation
                           fordert ihren Tribut
                           –        Die globale Inflation ist auf den höchsten Stand seit Jahrzehnten geklettert, da steigende
                                    Rohstoffpreise Öl ins Feuer gegossen und den starken zugrunde liegenden Preisdruck verschärft
                                    haben.
                           –        Der Höchststand der Inflation wird wohl bald erreicht sein. Dennoch gibt es mehrere Gründe, die
                                    dafür sprechen, dass sie verhältnismässig langsam fallen wird. Die Lockdowns in China haben erneut
Keith Wade                          zu Engpässen der globalen Lieferketten geführt. Ein Zuwachs der Preise für Rohstoffe ist auch
Chief Economist and                 künftig zu erwarten. Das Wachstum der Löhne und Gehälter nimmt ebenfalls zu. Und die Nachfrage
Strategist                          richtet sich neu auf Dienstleistungen aus, wo eine Zunahme der Teuerungsrate festzustellen ist.
(44-20)7658 6296
                           –        Bisher waren die Konsumenten in der Lage, höhere Preise zu verkraften, jedoch ist die einsetzende
                                    rückläufige Nachfrage besorgniserregend. Durch das Schrumpfen der Reallöhne ist das
                                    Verbrauchervertrauen eingebrochen. Die angespannte Finanzlage hat eine schwächere
                                    Wohnungsbautätigkeit verursacht. Auch die Ersparnisse haben von ihrem hohen Stand während der
                                    Pandemie abgenommen.
                           –        Die Notenbanken sind bereit, gegen die Preisbeschleunigung vorzugehen, und die Zinssätze werden
                                    voraussichtlich stark ansteigen. Die Stimmung der geldpolitischen Entscheidungsträger dürfte sich
                                    ändern, sobald die Teuerung abnimmt. Dann wird sich die Aufmerksamkeit erneut auf das
                                    Wachstum richten. Allerdings wird es schwierig sein, eine weiche Landung zu bewerkstelligen, und
                                    die Rezessionsrisiken nehmen weiter zu. Für dieses und das kommende Jahr haben wir unsere BIP-
                                    Wachstumsprognose auf nur noch 2,7 % von zuvor 3,8 % und 3,0 % gesenkt.
                           –        Die Teuerungsrate in den USA hat wahrscheinlich schon ihren Höhepunkt erreicht, aber wir gehen
Azad Zangana                        davon aus, dass die US-Notenbank Fed auch künftig aggressive Zinsschritte vornimmt. Ihr Leitzins
Senior European                     wird bis Jahresende 3 % erreichen. Davon dürfte die Wirtschaftstätigkeit hart getroffen sein. Unsere
Economist and Strategist            BIP-Wachstumsprognose für 2023 haben wir deshalb auf nur 1,5 % gesenkt. Damit könnte der Weg
(44-20)7658 2671                    für Zinssenkungen in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres geebnet sein.
                           –        Gleichzeitig bewegt sich unsere Einschätzung für Grossbritannien und die Volkswirtschaften der
                                    Gemeinschaftswährung eher in Richtung Stagflation. In Grossbritannien ist davon auszugehen, dass
                                    die Teuerung relativ hartnäckig sein wird. Die Bank of England wird daher gezwungen sein, weitere
                                    Zinserhöhungen anzukünden. Auch die Europäische Zentralbank dürfte die Zinsen erhöhen. Sie wird
                                    sich jedoch für eine vorsichtigere Gangart entscheiden, denn die Unsicherheit hinsichtlich der
                                    Auswirkungen der Ereignisse in der Ukraine trübt die Konjunkturaussichten.
                           –        Unsere diesjährige BIP-Wachstumsprognose für China haben wir deutlich gesenkt. Die
                                    pandemiebedingten Einschränkungen dürften das BIP im zweiten Quartal schrumpfen lassen und
                                    es wird im Jahresverlauf 2022 lediglich um 3,5 % zunehmen. Die gute Meldung ist jedoch, dass wir
                                    im Jahresverlauf nach wie vor eine gewisse konjunkturelle Verbesserung erwarten. Damit wäre eine
David Rees                          leichte Wirtschaftserholung von 5,5 % für 2023 möglich.
Senior Emerging Markets    Abbildung: Weltweite Wachstumsprognose
Economist
(44-20)7658 5549           Beiträge zum weltweiten BIP-Wachstum (J/J)
                                                                                                                                   Prognose
                            8
                                                                    5,6
                                                        5,2 5,0 5,5              5,1                                                   5,8
                               6
                                                  4,1                                   3,8
                                            3,4                                                                   3,5 3,4
                               4      2,9                                                     3,0 3,1 3,3 3,3 3,0         2,7                2,7 2,7
                                                                          2,7

                               2

                               0
                                                                                 -0,3
                               -2

                               -4
                                                                                                                                -3,3
                               -6
                                    2001      2003        2005    2007    2009      2011        2013    2015    2017    2019       2021        2023

                                      USA                                       Europa                               Übrige Industrieländer
                                      China                                     Übrige Schwellenländer               Welt

                           Quelle: Schroders Economics Group. 23. Mai 2022
                           Beachten Sie bitte den Hinweis zum Prognoserisiko am Schluss dieses Dokuments.

                                                                                              Economic and Strategy Viewpoint Mai 2022             2
Die Rezessionsrisiken steigen, denn die Inflation
fordert ihren Tribut
Die globale         Die lange Zeit niedriger und stabiler Inflation seit der Jahrtausendwende ist endgültig vorbei.
                    Wie Abbildung 1 zeigt, stieg die Inflation in der G7-Gruppe im März auf 7 % im Jahresvergleich
Inflation ist auf   – die höchste seit fast vier Jahrzehnten verzeichnete Rate. Die Leitzinsen liegen in praktisch
den höchsten        allen wichtigen Industrie- und Schwellenländern über den Zielen der Zentralbanken.
Stand seit
                    Abbildung 1: G7-Inflation kletterte im März auf ein Jahrzehntehoch
Jahrzehnten
gestiegen           16
                    14
                    12
                    10
                     8
                     6
                     4
                     2
                     0
                    -2
                    -4
                      1970       1975      1980      1985      1990      1995     2000    2005     2010    2015     2020

                                          VPI G7 (% ggü. dem Vorjahr)
                                          VPI G7, ohne Lebensmittel & Energie (% ggü. dem Vorjahr)

                    Quelle: Refinitiv, Schroders Economics Group. 19. Mai 2022

                    Die Ursprünge der aktuellen globalen Preisbeschleunigung lassen sich bis zum Beginn der
                    Covid-19-Pandemie zurückverfolgen. Damals entstand ein grosses Ungleichgewicht zwischen
                    Angebot und Nachfrage nach Gütern. Bedingt durch Lockdowns in der ersten Jahreshälfte 2020
                    schrumpfte die Weltwirtschaft deutlich. Daraufhin folgte eine ungewöhnliche Rezession,
                    während die Haushalte vor wirtschaftlichen Einbussen geschützt waren. Einerseits konnten
                    viele Menschen weiterhin bei voller Bezahlung von zu Hause aus arbeiten. Andererseits waren
                    die Finanzen vieler anderer Haushalte durch Transferleistungen und Programme geschützt. Im
                    Ergebnis stiegen die gesamten Nettoersparnisse beträchtlich an. Die Verbraucher schwammen
                    in Geld und die Wirtschaft war zum Grossteil geschlossen, insbesondere der
                    Dienstleistungssektor. Dadurch wurde die aufgestaute Nachfrage in den Warensektor
                    gedrückt. Beispielsweise wuchsen die Einzelhandelsumsätze in den USA in nur einem Jahr um
                    20 %. Da sich die wirtschaftliche Erholung beschleunigt hat, steigen sie zudem weiter an.

                    Das Warenangebot würde selbst in normalen wirtschaftlichen Zeiten Schwierigkeiten haben,
                    mit diesem Nachfrageschock Schritt zu halten. Die Schwierigkeiten in der Produktion wurden
                    durch Lockdowns und Unterbrechungen der Transportwege noch verschärft. Warenengpässe
                    beeinträchtigten die Lieferzeiten, und das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage
                    führte zu höheren Preisen (Abbildung 2). Dabei fällt auf, dass Kerngüter im Gegensatz zu den
                    vergangenen Jahrzehnten der Haupttreiber höherer Inflationsraten waren.

                                                                             Economic and Strategy Viewpoint Mai 2022   3
Abbildung 2: Die Lieferketten haben sich noch nicht erholt

                   10                                                                                                          80
                   15                                                                                                          75
                   20
                                                                                                                               70
                   25
                   30                                                                                                          65
                   35                                                                                                          60
                   40                                                                                                          55
                   45
                                                                                                                               50
                   50
                   55                                                                                                          45
                   60                                                                                                          40
                     2007          2009         2011          2013       2015           2017        2019         2021

                              Rezession               US-EMI Lieferzeiten                 Erzeugerpreise US-EMI (rechts)

                  Quelle: Refinitiv, Schroders Economics Group. 19. Mai 2022

                  Jüngst haben die Auswirkungen der tragischen Ereignisse in der Ukraine diese grundlegenden
                  Inflationstendenzen zusätzlich verschärft, da die Rohstoffpreise in die Höhe geschossen sind.
                  Das hat Öl ins Feuer gegossen und die Preise noch weiter angehoben (Abbildung 3).

                  Abbildung 3: Rohstoffe haben die Teuerung noch weiter erhöht

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                   8

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                   -2
                     2000               2004                 2008              2012              2016              2020

                           Beitrag von Energie in %-Pkt.                              Beitrag von Nahrungsm. in %-Pkt.

                           Beitrag der Kerninfl. in %-Pkt.                            USA Gesamtinflation VPI (% ggü. dem Vorjahr)

                  Quelle: Refinitiv, Schroders Economics Group. 19. Mai 2022

                  Die Inflation dürfte länger hoch bleiben

                  Der Höhepunkt der globalen Inflation ist wahrscheinlich nicht mehr weit entfernt. Manche
                  Länder wie die USA haben ihn wohl schon hinter sich. Obwohl die Gesamtinflationsraten bald
                  sinken könnten, sprechen drei Gründe dafür, dass dies relativ langsam vonstattengehen wird.

In China kommt    Erstens bedeutet die Null-Covid-Politik in China, dass Engpässe in der Lieferkette noch einige
                  Zeit andauern dürften. Die verhängten Lockdowns haben die chinesische Wirtschaft im April
es erneut zu
                  hart getroffen. Das BIP dürfte im zweiten Quartal gegenüber dem Vorquartal saisonbereinigt
Lieferengpässen   schrumpfen. Zudem haben die Lockdowns nicht nur die heimische Wirtschaft hart getroffen,
                  sondern könnten auch weitreichende Folgen für den Rest der Welt haben. Immerhin ist China
                  zu einem zentralen Akteur in den globalen Lieferketten geworden. Die zur Eindämmung von
                  Covid erlassenen Einschränkungen haben die Produktionstätigkeit deutlich behindert und
                  einen Rückstau in der Transportinfrastruktur verursacht. So haben beispielsweise die täglichen
                  Rückstaus bei Containerschiffen in den 55 grossen Häfen in China insgesamt zugenommen, da
                  die Schiffe nur verzögert be- und entladen werden konnten. Wie Abbildung 4 zeigt, war dies in
                  der Vergangenheit ein Anzeichen dafür, dass sich die Lieferzeiten der Zulieferer verlängern.
                  Ausserdem besteht die Gefahr, dass sich dies wieder spürbar negativ auf die Lieferketten
                  auswirkt. Das berücksichtigen wir in unserem angebotsseitigen Inflationsszenario.

                                                                           Economic and Strategy Viewpoint Mai 2022              4
Abbildung 4: Rückstaus in Chinas Häfen deuten auf weitere Lieferkettenprobleme hin

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                       -8                                                                                                 3
                       -6
                                                                                                                          2
                       -4
                       -2                                                                                                 1
                        0                                                                                                 0
                        2
                                                                                                                          -1
                        4
                        6                                                                                                 -2

                        8                                                                                                 -3
                         2017              2018              2019                 2020          2021        2022

                               EMI verarb. Gewerbe USA, Lieferzeiten, Veränderung im Monatsvergleich, invertiert
                               Rückstau von Containerschiffen in China. Z-Score, zentrierter 7-Tage-Durchschnitt (rechts)

                     Quelle: Refinitiv, Schroders Economics Group. 19. Mai 2022

Die Rohstoffpreise   Ein zweiter Grund, warum die Inflation nur langsam nachlässt, sind die Rohstoffpreise. Die
                     Energiepreise haben sich seit dem anfänglichen Schock an den Märkten nach dem russischen
könnten bis auf      Einmarsch in die Ukraine stabilisiert – aber sie bleiben hoch und die Aufwärtsrisiken bleiben
Weiteres erhöht      bestehen. Russland hat die Gaslieferungen nach Polen und Bulgarien eingestellt und droht,
bleiben              auch andere grössere europäische Länder nicht mehr zu beliefern. Gleichzeitig versucht die EU,
                     eine Einigung über ein neues Sanktionspaket zu erzielen. Teil davon wäre auch ein Embargo
                     für russische Energie, das möglicherweise schon Ende 2022 in Kraft tritt.

                     Die grösste Bedrohung stellen jedoch vielleicht die Lebensmittelpreise dar. Nach dem FAO-
                     Index der Vereinten Nationen sind die Lebensmittelpreise in diesem Jahr nominal und in US-
                     Dollar gerechnet bereits um rund 20 % gestiegen (siehe Abbildung 5). Der enorme Preisschock
                     im Düngemittelmarkt birgt zudem die Gefahr, dass die Lebensmittelkosten weiter anziehen.
                     Schliesslich sind Russland und Belarus seit jeher wichtige Düngemittellieferanten für die
                     Weltwirtschaft.

                     Aufgrund des langen Produktionszyklus in der Landwirtschaft könnten diese höheren
                     Inputkosten die Preise noch einige Zeit hochhalten. Inzwischen wirkt sich der Klimawandel
                     auch auf die Getreideproduktion in einigen Schlüsselmärkten wie Indien aus. Dies stellt
                     insbesondere für die Schwellenländer eine Gefahr dar, da dort Lebensmittel einen relativ
                     grossen Anteil der VPI-Warenkörbe ausmachen. Vergangene Preisspitzen bei Lebensmitteln
                     haben soziale Unruhen wie den Arabischen Frühling im Jahr 2010 ausgelöst.

                     Abbildung 5: Lebensmittelpreise sind sogar noch stärker gestiegen

                      1.200
                      1,200                                                                                              170

                      1,000
                      1.000                                                                                              150

                         800                                                                                             130

                         600                                                                                             110

                         400                                                                                             90

                         200                                                                                             70

                            0                                                                                            50
                             1990          1995           2000          2005             2010     2015      2020

                                              Ammoniakdünger (USD, links)
                                              FAO-Lebensmittel-Preisindex (2014–2016 = 100, rechts)

                     Quelle: Refinitiv, Schroders Economics Group. 19. Mai 2022

                                                                              Economic and Strategy Viewpoint Mai 2022        5
Die Inflation im    Eine dritte Sorge hinsichtlich der Inflationsaussichten kommt aus dem Dienstleistungssektor,
                    der gerade erst in Schwung kommt. Die nachlassenden Bedenken hinsichtlich Covid-19 haben
Dienstleistungs-    nämlich dazu geführt, dass sich die Nachfrage nach Industriegütern und der Verbrauch von
sektor könnte mit   Industriegütern wieder ausgeglichen haben. Eingehende Daten aus Grossbritannien, das als
der Wiedereröff-    erste grosse Volkswirtschaft die Covid-Beschränkungen aufgegeben hat, zeigen eine deutliche
nung des Sektors    Verschiebung des Interesses zurück zu den Dienstleistungen. Wie Abbildung 6 zeigt, hat zudem
                    der Verbrauch im US-Dienstleistungssektor gerade erst wieder das Niveau von vor der
zunehmen
                    Pandemie erreicht und dürfte weiter steigen, wenn die Kauflust wieder zunimmt.

                    Abbildung 6: Anhaltende Preisbeschleunigung im Dienstleistungssektor

                    Die steigende Aktivität im Dienstleistungssektor wird wahrscheinlich mehr Arbeitskräfte
                    erfordern – und das zu einer Zeit, in der die Arbeitslosigkeit bereits sehr niedrig ist und die
                    Löhne steigen. Die Tätigkeit im Dienstleistungssektor ist in der Regel arbeitsintensiv, sodass
                    die Erzeugerpreise besonders empfindlich auf die Lohnkosten reagieren. Damit steigt die
                    Gefahr, dass der Dienstleistungssektor bald zum Haupttreiber der Teuerung wird, weshalb die
                    Befürchtung einer Lohn-Preis-Spirale wächst.

                                                                    Economic and Strategy Viewpoint Mai 2022    6
Angesichts all dieser Risiken haben wir unsere Prognose für die globale Inflation in diesem Jahr
                   von 4,8 % auf 6,4 % angehoben. Wir gehen zwar immer noch davon aus, dass die Teuerungsrate
                   im nächsten Jahr zurückgeht, aber wahrscheinlich langsamer. Somit haben wir unsere
                   Prognose von zuvor 2,8 % auf nun 3,6 % für 2023 angehoben.

Die Inflation      Dabei ist ein Grossteil der Aufwärtskorrektur auf die Industrieländer zurückzuführen. Neue
                   Daten deuten darauf hin, dass die Inflation in den USA im März mit 8,6 % ihren Höhepunkt
sinkt in den USA
                   erreichte. Wir gehen davon aus, dass sie in den kommenden Monaten tendenziell sinkt, aber
und könnte in      erst im vierten Quartal 2023 wieder das 2-Prozent-Ziel der Fed erreicht. In Grossbritannien und
Europa und         in der Eurozone sollte der Höhepunkt der Teuerung etwas später erreicht werden, wohl im
Grossbritannien    zweiten oder dritten Quartal. Wir erwarten, dass die Inflation in der Eurozone in der zweiten
bald ihren         Hälfte des nächsten Jahres wieder unter 2 % fallen wird. In Grossbritannien dürfte sie jedoch
                   im Prognosezeitraum über dem Zielwert bleiben.
Höhepunkt
erreichen          Eine höhere Inflation treibt die Welt weiter in Richtung Stagflation

                   Aufwärtskorrekturen unserer Inflationserwartungen werden von Abwärtskorrekturen unserer
                   Prognosen für das globale BIP-Wachstum begleitet. Wir erwarten jetzt ein globales BIP-
                   Wachstum von nur 2,7 % in diesem und im nächsten Jahr (gegenüber 3,8 % bzw. 3,0 %).

                   Die Aktivität war bisher robust, da die Verbraucher bereit waren, höhere Preise zu akzeptieren,
                   unter anderem, weil sie Ihre Ersparnisse aus der Anfangsphase der Covid-Pandemie
                   aufgebraucht haben. Lebhafte Arbeitsmärkte und ein entsprechender Anstieg des
                   Lohnwachstums haben die Aktivität ebenfalls gestützt. Diese Faktoren sollten noch eine Weile
                   unterstützend bleiben. Auf der Nachfrageseite der Weltwirtschaft zeigen sich jedoch erste
                   Risse.

Verbraucher-       Eine Sorge besteht darin, dass die Inflation, die das Wachstum der Nominallöhne in den
                   meisten Ländern übersteigt, dazu geführt hat, dass der Druck auf die Realeinkommen
vertrauen bricht   begonnen hat, das Verbrauchervertrauen zu untergraben. Tatsächlich sind einige Kennzahlen
ein                der Verbraucherstimmung in den USA und Grossbritannien auf ein Niveau gefallen, das seit
                   der globalen Finanzkrise nicht mehr erreicht wurde, während das Vertrauen auch in Europa
                   zurückgeht. Dies deutet darauf hin, dass die Verbraucher in Zukunft weniger bereit sein
                   werden, höhere Preise zu tolerieren, und es besteht sogar die Gefahr eines völligen
                   Nachfragerückgangs, den wir in unserem Verbraucherrezessionsszenario analysieren.

                   Abbildung 7: Verbrauchervertrauen bricht ein

                     20                                                                                                120
                     10                                                                                                110
                       0                                                                                               100
                    -10                                                                                                90
                    -20                                                                                                80
                    -30                                                                                                70
                    -40                                                                                                60
                    -50                                                                                                50
                       1980        1985       1990        1995       2000       2005    2010      2015     2020

                                      UK GfK Customer Confidence Index (rechts)
                                      Verbrauchervertrauensindikator der Eurozone (links)
                                      Kundenstimmungsindex der Universität von Michigan (rechts)

                   Quelle: Refinitiv, Schroders Economics Group. 19. Mai 2022

                                                                            Economic and Strategy Viewpoint Mai 2022        7
Strengere            Da die Zentralbanken nun damit beginnen, die Zinssätze zu erhöhen, und die globalen
                     Anleihemärkte weitere Zinserhöhungen einpreisen, gibt es bereits erste Anzeichen dafür, dass
finanzielle          die strengeren Finanzbedingungen beginnen, sich auf die Wirtschaft auszuwirken. Beispielsweise
Bedingungen          sind in den USA die Zinsen für 30-jährige Hypotheken auf 5,25 % gestiegen, den höchsten Stand
wirken sich          seit 2009, was mit einer Verschlechterung der jüngsten Immobiliendaten zusammenfiel. Viele
auf den              Haushalte haben sich natürlich bereits extrem niedrige Zinssätze gesichert, während in anderen
                     Märkten wie Grossbritannien die Verbreitung von Festzinshypotheken dafür sorgt, dass der
Wohnungsmarkt
                     geldpolitische Kurswechsel langsamer vonstattengeht als in der Vergangenheit. Dennoch haben
aus                  sich die Bedingungen für den Grenzkäufer von Häusern deutlich verschlechtert, was die Märkte
                     antreibt.

                     Diese Faktoren dürften das Wachstum in den kommenden Monaten zunehmend belasten. Das
                     ist der Hauptgrund dafür, warum wir unsere Prognosen für das Wachstum in den
                     Industrieländern deutlich gesenkt haben. Wir gehen jetzt davon aus, dass die US-Wirtschaft im
                     nächsten Jahr nur noch um 1,5 % wachsen wird (zuvor 2,1 %). Die Abwärtskorrekturen sind für
                     die Eurozone und Grossbritannien mit 1,9 % und 0,9 % sogar noch ausgeprägter (zuvor 2,6 %
                     bzw. 2,2 %).

                     Chinas Wirtschaft wird voraussichtlich im zweiten Quartal schrumpfen

Lockdowns            In China scheint die Null-Covid-Politik der Regierung sehr hohe wirtschaftliche Kosten
                     verursacht zu haben. Wie Abbildung 8 zeigt, fiel der Caixin Composite PMI im April um fast 6
dürften dazu         Punkte auf 36,2 – der zweitgrösste Rückgang seit Beginn der Aufzeichnungen nach dem
führen, dass         Einbruch während des nationalen Lockdowns im ersten Quartal 2020. In der Vergangenheit
Chinas Wirtschaft    war es schwierig, aus Umfrageergebnissen genaue Schlussfolgerungen über Bewegungen in
im zweiten Quartal   offiziellen Wirtschaftsdaten abzuleiten. Ausserdem wird es im Mai und Juni wahrscheinlich zu
schrumpft            einer gewissen Erholung des PMI kommen, wenn die Covid-19-Beschränkungen gelockert
                     werden.

                     Abbildung 8: Der Caixin Composite PMI ist im April stark gefallen

                      65                                                                                                 8

                      60                                                                                                 6
                                                                                                                         4
                      55
                                                                                                                         2
                      50                                                                                                 0
                      45                                                                                                 -2
                                                                                                                         -4
                      40
                                                                                                                         -6
                      35                                                                                                 -8
                      30                                                                                                 -10
                           2010          2012            2014           2016             2018        2020        2022

                                   Caixin Composite PMI (links)                   BIP (%, ggü. dem Vorquartal, rechts)

                     Quelle: Refinitiv, Schroders Economics Group. 19. Mai 2022

                     Es scheint jedoch, dass die chinesische Wirtschaft saisonbereinigt im Quartalsvergleich um
                     mindestens 2,5 % schrumpfen könnte. Selbst unter der Annahme, dass ein Grossteil der
                     verlorenen Produktion im dritten Quartal wieder aufgeholt wird, reicht dies aus, um unsere
                     Prognose für das Gesamtjahr auf ein Wachstum von nur 3,5 % für 2022 zu senken. Das liegt
                     unter unserer vorherigen Schätzung von 4,6 % und weit unter dem offiziellen Wachstumsziel
                     der Regierung von 5,5 %. Unsere Prognose stützt sich weiterhin auf eine leichte zyklische
                     Erholung, die sich ab dem dritten Quartal abzeichnet und das BIP-Wachstum bis 2023 verspätet
                     auf 5,5 % anheben wird.

                                                                              Economic and Strategy Viewpoint Mai 2022        8
Es ist nicht abzusehen, wie lange China seine Null-Covid-Politik noch verfolgen wird. Trotz
                    zaghafter Anzeichen Anfang des Jahres, dass die Behörden bereit waren, ihren Ansatz zum
                    Umgang mit Covid-19 weiterzuentwickeln, verfolgen die politischen Entscheidungsträger in
                    letzter Zeit diesen Ansatz strenger als je zuvor. Die Null-Covid-Politik wird wahrscheinlich so
                    lange bestehen bleiben, bis die ältere Bevölkerung vollständig geimpft ist, was beim
                    derzeitigen Impftempo noch einige Monate dauern wird. Es kann jedoch sein, dass Peking
                    seinen Ansatz nicht lockern wird, bis andere Schutzmassnahmen wie mRNA-Impfstoffe
                    vorhanden sind, was weit über ein Jahr dauern und bedeuten könnte, dass fortlaufende
                    Lockdowns die Aktivitäten auf absehbare Zeit weiterhin beeinträchtigen werden. Dies erfassen
                    wir in unserem Risikoszenario fortlaufender Lockdowns, das das Wachstum in China erheblich
                    unter Druck setzen und dafür sorgen würde, dass die globale Wareninflation relativ hoch bleibt.

                    Die Wachstumsaussichten für andere Schwellenländer sind recht gedämpft, und wir erwarten,
                    dass die Gesamtproduktion in diesem Jahr nur um 2,8 % steigen wird. Kleine, offene
                    Volkswirtschaften sehen sich mit einer Verlangsamung des Exportwachstums konfrontiert, da
                    die Nachfrage aus dem Rest der Welt durch die hohe Inflation erodiert. Aggressive
                    Zinserhöhungen im vergangenen Jahr zur Bekämpfung der Inflation werden das Wachstum in
                    vielen Volkswirtschaften in den kommenden Monaten zunehmend belasten.

                    Zinserhöhungen steigern das Rezessionsrisiko

Zentralbanken       All dies schafft ein sehr schwieriges Umfeld für die politischen Entscheidungsträger. Angesichts
                    des breiten Preisdrucks sind die Zentralbanker entschlossen, die Inflation zu bekämpfen.
werden die Zinsen
                    Höhere Zinssätze sind letztlich das einzige Instrument, das ihnen dabei zur Verfügung steht.
so lange anheben,   Solange der Inflationsdruck besorgniserregend bleibt, werden die Zentralbanker
bis die Inflation   dementsprechend die Zinssätze anheben und einen restriktiven Ausblick verkünden, um die
unter Kontrolle     Aktivität abzukühlen.
gebracht wird,      Eine straffere Geldpolitik wird dazu führen, dass sich die Risse in der Nachfrage, die sich bereits
auch wenn das       abzeichnen, in den kommenden Monaten weiter vergrössern. Infolgedessen könnte sich die
bedeutet, dass      Stimmung unter den Zentralbankern später im Jahr ändern, sobald die Inflation überwunden
                    ist und sich die Aufmerksamkeit wieder dem Wachstum zuwendet. Das kann letztlich dazu
damit eine
                    führen, dass die Zinsen nicht so stark steigen, wie allgemein erwartet wird. Diese Instrumente
Rezession           sind jedoch recht stumpf, und jede geldpolitische Änderung kann zu spät kommen, um eine
ausgelöst wird      sanfte Landung herbeizuführen. Die Risiken einer Rezession steigen eindeutig.

                    Fed könnte Ende 2023 wieder mit Zinssenkungen beginnen

                    In Bezug auf die einzelnen Zentralbanken denken wir, dass die Fed am meisten zu tun hat, und
                    wir rechnen nun damit, dass ihr Zielzinssatz bis Ende 2022 auf 3 % steigen wird (Abbildung 9).
                    Wir gehen ausserdem davon aus, dass die Fed ihre Bilanz über den Prognosezeitraum um 1,5
                    Bio. US-Dollar reduzieren wird, obwohl noch nicht klar ist, wie stark sich dies auf die
                    Finanzierungsbedingungen auswirken wird. Nach ziemlich aggressiven Zinserhöhungen
                    bezweifeln wir in jedem Fall, dass es lange dauern wird, bis die Fed ihren Kurs ändern muss,
                    wenn sich die Wirtschaft verlangsamt. Wir erwarten Zinssenkungen um 50 Bp. bis Ende 2023
                    und halten eine weitere anschliessende Lockerung für wahrscheinlich.

                    Abbildung 9: Aggressive Straffung der Fed könnte 2023 Zinssenkungen weichen

                    3.5
                     3,5

                    3.0
                     3,0

                    2.5
                     2,5

                    2.0
                     2,0

                    1.5
                     1,5

                    1.0
                     1,0

                    0.5
                     0,5

                    0.0
                     0,0
                       2014       2015      2016      2017      2018      2019    2020     2021    2022    2023
                                                     Fed Funds Target Rate – Obergrenze (%)

                    Quelle: Refinitiv, Schroders Economics Group. 19. Mai 2022

                                                                             Economic and Strategy Viewpoint Mai 2022   9
In Grossbritannien scheinen die Entscheidungsträger der Bank of England nach langem Zögern
Eine aggressive
                    entschieden zu haben, dass die Zinssätze deutlich steigen müssen, um die Inflation zu
Fed muss            bekämpfen, selbst wenn dies bedeutet, dass die Wirtschaft in eine Rezession gestürzt wird.
möglicherweise      Nachdem ein Mitglied des geldpolitischen Ausschusses bei der Ratssitzung im März dafür
im Jahr 2023 den    gestimmt hatte, die Zinsen überhaupt nicht anzuheben, stimmten drei Mitglieder im Mai für
Kurs wechseln       eine Erhöhung des Leitzinses um einen halben Prozentpunkt. Trotz der restriktiven Rhetorik
                    bezweifeln wir, dass die Bank die Wirtschaft tatsächlich in eine Rezession treiben wird. Die
                    Zinsen dürften im ersten Quartal 2023 mit 2,25 % ihren Höchststand erreichen – 125 Bp. höher
                    als der aktuelle Leitzins von 1,00 %.

                    Die politischen Entscheidungsträger in Europa stehen vor dem vielleicht schwierigsten
                    Balanceakt, da die Besorgnis über eine hohe Inflation gegen den Krieg vor der Haustür und die
                    Unsicherheit über die Energieversorgung abgewogen wird. Wir gehen davon aus, dass die EU
                    die Importe russischer Energie in den kommenden Jahren schrittweise einstellen wird, dass
                    dies jedoch ein schrittweiser Prozess sein wird und dass Russland bis Ende 2023 immer noch
                    eine erhebliche Menge an Energie an die EU liefern wird. Die politischen Entscheidungsträger
                    haben starke Andeutungen gemacht, dass die Zinsen im Juli zu steigen beginnen. Sie werden
                    jedoch wahrscheinlich vorsichtig vorgehen. Wir rechnen mit einem Anstieg von 100 Bp. sowohl
                    für den Einlagen- als auch den Hauptrefinanzierungssatz, sodass sie bis Jahresende bei 0,50 %
                    bzw. 1,00 % liegen dürften.

                    Szenarioanalyse

Risiken tendieren   Unsere globale Prognose hat sich erneut in eine eher stagflationäre Richtung bewegt, und
                    unsere Szenarioanalyse deutet darauf hin, dass die Risikoverteilung immer noch in dieser
weiterhin in
                    Richtung liegt. Wir behalten unser angebotsseitiges Inflationsszenario bei, in dem wir davon
Richtung            ausgehen, dass die globalen Lieferketten angespannt bleiben und lebhafte Arbeitsmärkte
Stagflation         bedeuten, dass sich das Gewinnwachstum weiter beschleunigt und zu einer Lohn-Preis-Spirale
                    führt.

                    Abbildung 10: Szenarioraster – Wachstums- und Inflationsabweichungen vom
                    Basisszenario

                    Kumulierte Inflation 2022–2023 ggü. Basisprognose
                       2
                           Stagflationär                                                                 Reflationär
                         Abwärtspotenzial          Angebotsseitige
                       1 Russland/Ukraine             Inflation
                                                  Fortlaufende
                                               Lockdowns in China               Konsens
                       0
                                                                              Basisszenario
                                    Verbraucher-
                                     rezession                                                       Aufwärtspotenzial
                      -1
                                                                                                     Russland/Ukraine

                            Deflationär                                                      Produktivitätsschub
                      -2
                           -2                     -1                      0                          1                   2
                                                             Kumulierte Wachstum 2022–2023 ggü. Basisprognose

                    Quelle: Schroder Economics Group. 23. Mai 2022
                    Beachten Sie bitte den Hinweis zum Prognoserisiko am Schluss dieses Dokuments.

                    In mancher Hinsicht mit diesem Szenario verwandt ist unser neues Szenario der fortlaufenden
                    Lockdowns in China, bei dem wir davon ausgehen, dass die Regierung weiterhin eine strikte
                    Null-Covid-Politik verfolgt. Wiederholte Ausbrüche der besonders ansteckenden Omikron-
                    Variante führen zu regelmässigen Lockdowns, was zu einem starken Rückgang der
                    inländischen Produktion und weiteren Belastungen in den globalen Lieferketten führt.

                    Auf der Verbraucherseite bedeutet der jüngste weltweite Vertrauensverlust in einer Zeit
                    steigender Zinsen, dass wir das Risiko, dass eine nachlassende Nachfrage zu einer Rezession
                    führt, weiterhin im Auge behalten. Das deflationäre Szenario sieht vor, dass die Zentralbanken
                    in den USA, Europa und Grossbritannien im Jahr 2023 mit beträchtlichen Zinssenkungen den
                    Kurs umkehren.

                                                                          Economic and Strategy Viewpoint Mai 2022           10
Unsere letzten beiden Szenarien beziehen sich auf Ereignisse in der Ukraine. In unserem
Abwärtsszenario gehen wir davon aus, dass sich der Konflikt wieder verschärft und im
Prognosezeitraum keine Lösung gefunden wird. Die Ölpreise steigen kurzfristig auf 150 US-
Dollar pro Barrel und bleiben bis Ende 2023 bei über 100 US-Dollar. Das erhöht nicht nur den
Inflationsdruck. Höhere Energiekosten wirken gleichsam als Steuern auf das Wachstum.
Europa dürfte besonders hart getroffen werden, da die Region sein Embargo für russische
Energieimporte beschleunigt.

Im Gegensatz dazu gehen wir in unserem Aufwärtsszenario davon aus, dass eine Einigung
gefunden wird, die eine gewisse Normalisierung der globalen Rohstofflieferketten ermöglicht
und einige der jüngsten Schäden an der Weltwirtschaft wieder gutmacht. Eine Umkehrung des
jüngsten Anstiegs der Rohstoffpreise, zusammen mit einem Vertrauensschub, ermöglicht es
der Weltwirtschaft, von einer Phase nicht inflationären Wachstums zu profitieren, und
verringert kurzfristig den Druck auf die Zentralbanken in Bezug auf eine aggressive
geldpolitische Straffung.

Insgesamt verzerrt dies die Risiken in Richtung Stagflation mit einem erheblichen Risiko eines
schwächeren Wachstumsergebnisses als im Basisszenario. Auf dieser Basis schätzen wir die
Wahrscheinlichkeit einer globalen Rezession auf 35 %.

Abbildung 11: Der Verbraucherrezession wird die höchste Wahrscheinlichkeit
zugeordnet

 Szenario-Wahrscheinlichkeiten
                                                      6%
                                                           3%
                                                             6%

                                                                   12 %

                                    62 %                          11 %

        Basisszenario                                       Abwärtspotenzial Russland/Ukraine
        Aufwärtspotenzial Russland/Ukraine                  Fortlaufende Lockdowns in China
        Verbraucherrezession                                Angebotsseitige Inflation
Quelle: Schroder Economics Group. 23. Mai 2022
Beachten Sie bitte den Hinweis zum Prognoserisiko am Schluss dieses Dokuments.

                                                      Economic and Strategy Viewpoint Mai 2022   11
Schroders Economics Group: Auf einen Blick
Zusammenfassung – Zweites Quartal 2022
Auf einen Blick
Basisszenario
–     USA: Während der Rückgang des BIP im ersten Quartal über die robuste Inlandsnachfrage hinwegtäuschte, wird die hohe Inflation das
      Wachstumstempo bremsen. Wir erwarten nun, dass die US-Wirtschaft 2022 um 2,6 % und 2023 um 1,5 % wachsen wird. Angesichts der drohenden
      Stagflation wird die Fed ihre Politik weiterhin ziemlich aggressiv straffen. Dadurch sollte der Fed Funds Rate bis zum vierten Quartal 3,00 % erreichen,
      was dazu beitragen wird, den VPI von 5,5 % in diesem Jahr auf 2,8 % im nächsten Jahr zu begrenzen. Aber wir bezweifeln, dass es lange dauern wird,
      bis die Fed den Kurs umkehren muss. Wir erwarten für 2023 Zinssenkungen in Höhe von 50 Bp. und rechnen danach mit einer weiteren Lockerung.

–     Eurozone: Da ein Ende des Krieges in der Ukraine nicht in Sicht ist, wird die Wirtschaft der Eurozone voraussichtlich gedämpft bleiben, und wir
      erwarten nun, dass das Wachstum auf 2,5 % im Jahr 2022 und 1,9 % im Jahr 2023 sinken wird. Die Inflation dürfte im nächsten Jahr von 6,6 % auf
      2,4 % zurückgehen, jedoch hängt viel davon ab, wie schnell ein Embargo für russische Ölimporte umgesetzt wird. In jedem Fall dürfte die sich
      festigende Kerninflation die Europäische Zentralbank ab Juli zu Zinserhöhungen veranlassen. Wir rechnen damit, dass der Einlagensatz auf 0,50 %
      und der Hauptrefinanzierungssatz auf 1,00 % steigen werden.

–     Grossbritannien: Nach einem starken Start in das Jahr dürfte das BIP im zweiten Quartal aufgrund der Feiertage zum Thronjubiläum der Queen
      schrumpfen und danach gedämpft bleiben, da höhere Lebensmittel- und Energiepreise die Haushaltsbudgets unter Druck setzen. Wir
      prognostizieren, dass die Wirtschaft 2022 um 3,5 % wachsen wird, gefolgt von einem Wachstum von nur 0,9 % im Jahr 2023. Während der VPI in
      diesem Jahr von 8,4 % nachlassen sollte, bedeutet eine Ausweitung des Inflationsdrucks, dass er voraussichtlich bis Ende nächsten Jahres deutlich
      über dem Ziel der Bank of England von 2 % bleiben wird. Daher gehen wir davon aus, dass der Leitzins bis zum ersten Quartal 2023 auf 2,25 %
      steigen wird.

–     Schwellenländer: Peking ist derart von seiner Null-Covid-Politik überzeugt, dass Lockdowns die Wirtschaft zu einem plötzlichen Stillstand gebracht
      haben. Während sich die Aktivität erholen sollte, wenn die Beschränkungen gelockert werden, haben wir unsere Wachstumsprognose für China
      deutlich auf nur 3,5 % im Jahr 2022 gesenkt, gefolgt von einer leichten Erholung auf 5,5 % im Jahr 2023. Andere Schwellenländer werden im
      Allgemeinen ein schwächeres Wachstum verzeichnen, da Lebensmittel einen grösseren Teil des Haushaltsbudgets verschlingen. Aber auch eine
      schwächere globale Exportnachfrage und eine aggressive geldpolitische Straffung spielen in Ländern wie Brasilien eine Rolle.

Risiken
Die Risikoverteilung neigt sich unseres Erachtens nach wie vor in Richtung Stagflation. Wiederum gehen vier unserer fünf Risikoszenarien
von einer schwächeren Produktion aus und drei gehen von einer höheren Inflation aus. Basierend auf den Wahrscheinlichkeiten, die wir
diesen zuordnen, sind wir in Bezug auf globale Wachstumsrisiken so negativ wie nie zuvor. Wir sehen jetzt das grösste Risiko in einer
Verbraucherrezession, auch wenn wir das Risiko nur geringfügig höher einschätzen als das der angebotsseitigen Inflation. Wir halten das
Risiko fortlaufender Lockdowns in China und das Abwärtspotenzial im Russland-Ukraine-Konflikt beide für beträchtlich, ordnen einem
Russland-Ukraine-Aufwärtsszenario jedoch eine geringere Wahrscheinlichkeit zu.

Abbildung: Globale BIP-Prognose

Beiträge zum weltweiten BIP-Wachstum (J/J)
   8
                                                                                                                                          Prognose
                                           5,5    5,6                                                                                     5,8
                              5,2    5,0                          5,1
    6
                       4,1                                               3,8
                3,4                                                                         3,3    3,3          3,5   3,4
    4     2,9                                                                  3,0    3,1                3,0                                     2,7    2,7
                                                                                                                             2,7
                                                        2,7

    2

    0
                                                                -0,3
    -2

    -4
                                                                                                                                   -3,3
    -6
         2001         2003          2005         2007     2009          2011         2013         2015         2017         2019          2021         2023

          USA                Europa              Übrige Industrieländer               China              Übrige Schwellenländer                    Welt

Quelle: Schroders Economics Group. 23. Mai 2022 Beachten Sie bitte den Hinweis zum Prognoserisiko am Schluss dieses Dokuments.

                                                                                                    Economic and Strategy Viewpoint Mai 2022                  12
Prognostiziertes Basisszenario von Schroders
Reales BIP
% ggü. dem Vorjahr                        Gew. (%)       2021      2022          Zuvor         Konsens                        2023        Zuvor        Konsens
Welt                                        100           5,8       2,7          (3,8)          3,0                           2,7        (3,0)         2,6
 Industrieländer*                           61,1          5,1       2,7          (3,4)          2,8                           1,7        (2,3)         2,1
  USA                                       27,0          5,7       2,6          (3,4)          2,8                           1,5        (2,1)         2,1
  Eurozone                                  16,8          5,4       2,5          (3,3)          2,7                           1,9        (2,6)         2,2
    Deutschland                             5,0           2,9       1,7          (2,3)          2,0                           2,1        (2,8)         2,4
  GB                                        3,6           7,4       3,5          (4,5)          3,9                           0,9        (2,2)         1,0
 Schwellenländer insgesamt**                38,9          6,8       2,8          (4,2)          3,3                           4,3        (4,2)         3,3
  BRICs                                     26,2          7,6       3,0          (4,5)          3,6                           4,7        (4,6)         3,3
    China                                   19,0          8,1       3,5          (4,6)          4,7                           5,5        (5,0)         5,1

Inflation (VPI)
% ggü. dem Vorjahr                        Gew. (%)       2021      2022          Zuvor         Konsens                        2023        Zuvor        Konsens
Welt                                        100           3,5       6,4          (4,8)          6,6                           3,6        (2,8)         3,5
 Industrieländer*                           61,1          3,2       6,1          (4,5)          6,3                           2,7        (2,0)         2,9
  USA                                       27,0          4,7       6,9          (5,8)          7,2                           2,8        (2,3)         3,3
  Eurozone                                  16,8          2,6       6,6          (4,2)          6,8                           2,4        (2,1)         2,6
    Deutschland                             5,0           3,2       6,5          (4,3)          6,6                           2,7        (2,3)         3,0
  GB                                        3,6           2,6       8,4          (6,1)          7,8                           6,0        (1,7)         4,3
 Schwellenländer insgesamt**                38,9          3,8       6,8          (5,3)          7,1                           5,0        (4,1)         4,6
  BRICs                                     26,2          2,4       3,9          (3,5)          4,4                           3,8        (3,3)         3,1
    China                                   19,0          0,9       1,9           (1,9)          2,2                           2,3         (2,3)         2,3

Zinsen
% (Dez.)                                   Aktuell       2021      2022          Zuvor            Markt                       2023        Zuvor           Markt
 USA                                        1,00         0,25      3,00         (1,25)            2,75                       2,50       (2,00)           2,82
 GB                                         1,00         0,25      2,00         (1,00)            2,23                       2,25       (1,25)           2,53
 Eurozone (Refi)                            -0,50        0,00      1,00         (0,00)                                       1,00       (0,25)
                                                                                                      0,59                                                    1,37
 Eurozone (Depo)                            -0,50        -0,50     0,50        (-0,50)                                       0,50       (0,00)
 China                                      3,70         3,80      3,50          (3,50)                   -                   3,50        (3,50)                  -

Sonstige Instrumente der Geldpolitik
(Jahresvergl. oder bis Dez.)               Aktuell       2021      2022          Zuvor     g g ü . d e m V o r j a h r ( %)
                                                                                                                              2023        Zuvor    g g ü . d e m V o r j a h r ( %)

  QE USA (Bio. USD)                          8,9          8,8       8,4          (8,8)            -4,5 %                      7,4        (7,8)          -11,9 %
  QE Eurozone (Mrd. Euro)                    2,8          2,8       2,9          (3,2)            3,6 %                       2,9        (3,3)           0,0 %
  QE Grossbritannien (Mrd.GBP)               847          875       838         (845)             -4,2 %                      718       (805)           -14,3 %
  China RRR (%)                             11,50        11,50     11,00         11,00                -                       11,00       11,00               -

Schlüsselvariablen
Wechselkurse (Dez.)                        Aktuell       2021      2022          Zuvor     g g ü . d e m V o r j a h r ( %)
                                                                                                                              2023        Zuvor    g g ü . d e m V o r j a h r ( %)

 GBP/USD                                     1,25        1,35      1,24         (1,33)               -8,7                    1,30       (1,37)              5,0
 EUR/USD                                     1,06        1,14      1,05         (1,09)               -7,4                    1,11       (1,10)              5,0
 USD/JPY                                    128,0        115,0      130          (120)               13,2                     124        (120)              -5,0
 EUR/GBP                                     0,85        0,84      0,85         (0,82)               1,5                     0,85       (0,80)              0,0
 USD/RMB                                     6,67        6,37      7,00         (6,50)               9,8                     6,80        (6,80)              -2,9
Rohstoffe (Jahresvergl.)
 Rohöl der Sorte Brent                       112,7       70,8      101,5        (95,1)               43,4                    90,6       (84,2)             -10,7
Quelle: Schroders, Thomson Datastream, Consensus Economics, Mai 2022
Die Konsensinflationsdaten für die Schwellenländer gelten für das Ende des Zeitraums und sind nicht direkt vergleichbar.
Marktdaten per 20.05.2022.
Die vorherige Prognose bezieht sich auf Februar 2022
*Industrieländer: Australien, Dänemark, Eurozone, Grossbritannien, Israel, Japan, Kanada, Neuseeland, Schweden, Schweiz, Singapur, USA.
**Schwellenländer: Argentinien, Brasilien, Bulgarien, Chile, China, Indien, Indonesien, Kolumbien, Kroatien, Lettland, Litauen, Malaysia,
Mexiko, Peru, Philippinen, Polen, Rumänien, Russland, Südafrika, Südkorea, Taiwan SVZ, Thailand, Türkei, Tschechische Republik,
Ukraine, Ungarn.

                                                                                          Economic and Strategy Viewpoint Mai 2022                                          13
Schroders-Prognose-Szenarien
                                                                                                                                                                                                                                                                   Kumuliert 2022–2023 global vs. Basisszenario
Szenario               Zusammenfassung                                                                                                                      Makro-Auswirkung                                                                                                                    Wahrscheinlichkeit*   Wachstum   Inflation
Basisszenario          Wir erwarten, dass sich die globale Entwicklung von 5,8 % im Jahr 2021 auf 2,7 % in den Jahren 2022 und 2023 verlangsamen wird.      Angesichts des Risikos von Zweitrundeneffekten bei den Löhnen wird die US-Notenbank Fed voraussichtlich die Zinsen
                       Dies ist darauf zurückzuführen, dass die globale Aktivität aufgrund des starken Aufschwungs nach der Covid-19-Pandemie               umgehend erhöhen, sodass sie bis Ende dieses Jahres 3 % erreichen, und die quantitative Straffung beschleunigen. Ein
                       nachlässt. Der Nachholbedarf trägt unterstützend zum Wachstum im Jahr 2022 bei, da die politischen Anreizmassnahmen                  schwächeres Wachstum trägt dazu bei, dass die Inflation zurückgeht. Da aber das Wachstum im Jahr 2023 unter 2 % sinkt (was als
                       zurückgefahren werden. Es wird jedoch erwartet, dass die hohe Inflation die Kaufkraft der Haushalte beeinträchtigen wird, die        harte Landung angesehen wird), lockert die Fed ihre Politik – Senkung der Zinsen auf 2,5 % und Verlangsamung der
                       wiederum ihre Ausgaben kürzen. Die Investitionsausgaben sind aufgrund der steigenden Faktorpreise, darunter das                      quantitativen Straffung in der zweiten Jahreshälfte. In der Zwischenzeit wird erwartet, dass die Bank of England die Zinssätze im
                       Lohnwachstum, ebenfalls geringer. Die Ereignisse in der Ukraine haben die globalen Energie- und Lebensmittelpreise in diesem         ersten Quartal 2023 auf über 2,25 % anhebt. Zu Beginn des neuen Jahres wird auch mit einer quantitativen Straffung gerechnet.
                       Jahr deutlich in die Höhe getrieben und zu höheren Inflationsprognosen beigetragen. Es gibt jedoch Anzeichen dafür, dass die         Die Europäische Zentralbank hat sich währenddessen verpflichtet, der quantitativen Lockerung und den Negativzinsen bis zum
                       niedrige Arbeitslosigkeit und die robuste Nachfrage dazu beigetragen haben, die Lohninflation und die Kosten in die Höhe zu          dritten Quartal dieses Jahres ein Ende zu setzen. Weitere Zinserhöhungen werden erwartet, wobei der Einlagensatz auf 0,50 %
                                                                                                                                                                                                                                                                                                      62 %               -          -
                       treiben. Globale Lieferketten werden von ihrer Erholung abgehalten, da China weiterhin seine „Null-Covid“ -Strategie verfolgt. Der   und der Hauptrefinanzierungssatz auf 1 % angehoben werden. China dürfte die Geldpolitik weiter lockern und den
                       Bestandsaufbau hat sich beschleunigt, sieht sich jetzt aber einer schwächeren Nachfrage gegenüber. Insgesamt bewegt sich der         Hauptrefinanzierungssatz und den Leitzins für einjährige Kredite senken (auf jeweils 11 % bzw. 3,50 % bis Jahresende). Da die
                       Ausblick weiter in eine stagflationäre Richtung, da wir die Inflation auf breiter Basis herauf- und das Wachstum herabstufen. Die    Inflation in den Schwellenländern über dem Zielwert liegt und fast überall ansteigt, wird der zusätzliche Aufwärtsdruck auf die
                       Ausnahme bilden China und vereinzelte Schwellenländer, für die das Wachstum bis 2023 aufgrund der erwarteten fiskal- und             Energiekosten die Zentralbanken wahrscheinlich dazu zwingen, die Zinssätze etwas weiter anzuheben als von uns bisher
                       geldpolitischen Unterstützung nach oben korrigiert wurde.                                                                            erwartet.

1. Abwärts-            Russland übernimmt die Kontrolle über das Donezbecken und greift auch nach Kiew und der übrigen Ukraine. Die NATO-                   Stagflationär: Der Anstieg der Rohstoffpreise treibt die Inflation noch weiter in die Höhe und belastet Verbraucher und
potenzial              Mitglieder reagieren und es kommt zu einer Truppenaufstockung, die für Spannungen sorgt und die Wahrscheinlichkeit eines             Unternehmen erheblich. Die Wirtschaftstätigkeit verlangsamt sich deutlich: direkt durch die Störung von Handel und Finanzen
Russland/              grösseren Konflikts erhöht. Der Ölpreis steigt auf 150 Dollar pro Barrel und bleibt dort für einen Grossteil des Jahres 2022,        und indirekt, wenn das Vertrauen der Unternehmen einbricht und sie ihre Pläne auf Eis legen.
Ukraine                während die Lebensmittelpreise weiter steigen. Erhebliche Beeinträchtigung der osteuropäischen Volkswirtschaften und                 Europa ist besonders stark betroffen, da nicht nur der lokale Gasmarkt in Mitleidenschaft gezogen wird, sondern auch
                       Russlands. Ausgedehnte Flüchtlingskrise in ganz Europa.                                                                              Sicherheitsbedenken die Haushalte und Unternehmen dazu veranlassen, sich zurückzuziehen. Die Nettoexporteure von Öl                        6%             -0,6 %     +0,5 %
                                                                                                                                                            profitieren von den Bedingungen des Handelsschocks und steigern die Produktion. Russland fällt in diese Kategorie, obwohl der
                                                                                                                                                            Verlust von Geschäften mit Europa zu einem schlechteren Ergebnis für sein Wachstum führt als im Basisszenario. Die
                                                                                                                                                            Zentralbanken halten sich mit einer Straffung der Geldpolitik zurück und konzentrieren sich trotz der hohen Inflationsrate wieder
                                                                                                                                                            auf die Bereitstellung von Liquidität.

2. Aufwärts-           Beide Seiten erreichen eine Einigung, die Russlands Vormarsch und dem ukrainischen Widerstand in vom russischen Militär              Produktivitätsschub: Der Rückgang der Rohstoffpreise trägt dazu bei, dass die globale Inflation schneller als im Basisszenario
potenzial              eingenommenen Regionen ein Ende bereitet. Der fragile Waffenstillstand hält an und trägt dazu bei, das Anlegervertrauen und          sinkt. Die grössere Kaufkraft der Haushalte führt zu einer Erholung des Vertrauens und einem Rückgang der Sparquoten – was
Russland/              den Welthandel zu stärken und einige der jüngsten Schäden an der Weltwirtschaft zu beheben. Die Rohstoffpreise fallen, wobei         das BIP-Wachstum ankurbelt. Eine niedrigere Inflation ermöglicht es den Zentralbanken, die Geldpolitik schrittweise zu straffen,           3%             +0,5 %     -0,2 %
Ukraine                Öl um 20 US-Dollar niedriger liegt als im Basisszenario.                                                                             aber die Leitzinsen liegen zum Ende des Prognosezeitraums aufgrund des stärkeren Wachstums höher als im Basisszenario.

3. Fortlaufende        Chinas Regierung verfolgt weiterhin eine strikte Null-Covid-Politik, die effektiv zu fortlaufenden Lockdowns führt. Da es zu neuen   Stagflationär: Das geringere Wachstum in China stellt einen Nachfrageschock für den Rest der Welt dar, der seine Exporte
Lockdowns in           Ausbrüchen der hochinfektiösen Omikron-Variante kommt, werden periodische Einschränkungen wieder eingeführt, was die                 beeinträchtigt, wobei die Rohstoffproduzenten besonders betroffen sind. Unterbrechungen in der Lieferkette verhindern jedoch,
China                  Inlandsnachfrage unter Druck setzt und zu einer Unterbrechung der globalen Lieferketten führt.                                       dass die Preise auf die normaleren niedrigeren Niveaus wie im Basisszenario zurückkehren. Die Zentralbanken auf der ganzen                 6%             -0,2 %     +0,1 %
                                                                                                                                                            Welt straffen ihre Geldpolitik weiter, wenn auch langsamer.

4. Verbraucher-        Steigende Zinsen bereiten den Haushalten zusätzliche Sorgen, die aufgrund von Lieferengpässen und steigender                         Deflationär: Da die Haushalte ihre Ausgaben kürzen, fällt die Wirtschaft Ende des Jahres 2022 in eine technische Rezession. Der
rezession              Nahrungsmittel- und Energiepreise mit höheren Kosten konfrontiert sind. Das Vertrauen der Haushalte schwindet, was dazu              Konsum der privaten Haushalte stabilisiert sich 2023, aber die Erholung verläuft langsam, da die Haushalte ihre hohe Sparquote
                       führt, dass Verbraucher mehr sparen, was wiederum einen Einbruch des Konsums zufolge hat. Die Unternehmen stellen fest,              beibehalten, während der Arbeitsmarkt schwächelt. Die schwächere Nachfrage und die nachlassende Produktion führen zu
                       dass sie zu viel produziert haben, und beginnen, ihre Produktion zu drosseln und weniger Mitarbeiter einzustellen, was die           einem Rückgang der Ölpreise, was zusammen mit dem Abbau der Lagerbestände im Einzelhandel zu einem starken Rückgang
                                                                                                                                                                                                                                                                                                      12 %            -0,3 %     -0,4 %
                       negative Stimmung in den Haushalten noch verstärkt. Wenn sich die Lagerbestände aufbauen, beginnen die Einzelhändler                 der Inflation führt. Die Zentralbanken schliessen den Prognosezeitraum mit einer lockeren Politik als im Basisszenario. Die Fed
                       wieder zu konkurrieren und bieten höhere Rabatte an, um überschüssige Bestände abzubauen.                                            macht eine Kehrtwende und senkt den Leitzins wieder auf 1 %, während die Europäische Zentralbank ihr QE-Programm
                                                                                                                                                            verlängert und einige Zinserhöhungen wieder rückgängig macht.

5. Angebotsseitige     Die derzeitigen Engpässe im Industriesektor dauern länger als erwartet und haben Auswirkungen auf die globalen Lieferketten.         Stagflationär: Der Preisanstieg der Rohstoffe ist wegen der Lieferengpässe unaufhaltsam. Dies beschleunigt die Inflation, und
Inflation          Auch die Rohstoffmärkte kämpfen mit Angebotsengpässen. Gleichzeitig steigen die Löhne als Reaktion auf die angespannten                  die Basiseffekte der Energiepreise werden nicht verwässert. Das wirkt sich wiederum auf die zugrunde liegende Inflation aus, die
                       Arbeitsmärkte stärker als im Basisszenario. Die Beschäftigungsquote in den USA verbessert sich unterdessen nicht. Die                aufgrund angebotsseitiger Beschränkungen und höherer Kosten der globalen Lieferketten ansteigt. Auch wenn sich das
                       Diskrepanz zwischen den Qualifikationen der Arbeitnehmer und den Arbeitsplätzen nach der Pandemie bedeutet hingegen für              Wachstum 2022 verlangsamt, übersteigt die Nachfrage immer noch das Angebot am Arbeitsmarkt und die Löhne steigen. Dies
                       die Wirtschaft, dass die inflationsneutrale Arbeitslosenquote wächst und der verfügbare Spielraum geringer ist als im                führt zu einer anhaltenden Inflation, die in den USA im Jahr 2022 durchschnittlich 7,2 % und 2023 3,8 % betragen wird. Das                11 %            -0,4 %     +0,3 %
                       Basisszenario.                                                                                                                       bedeutet, dass die Fed die Zinssätze bis Ende 2022 auf 4 % und bis Ende 2023 auf 4,5 % anheben wird. Alle anderen Zentralbanken
                                                                                                                                                            erhöhen die Zinsen in diesem Szenario ebenfalls schneller.

6. Sonstiges                                                                                                                                                                                                                                                                                           0%                -          -

* Szenario-Wahrscheinlichkeiten basieren auf sich gegenseitig ausschliessenden Szenarien. Beachten Sie bitte den Hinweis zum Prognoserisiko am Schluss dieses Dokuments.

                                                                                                                                                                                                                                                               Economic and Strategy Viewpoint Mai 2022                                      14
Aktualisierte Prognoseabbildungen – Consensus Economics

Für die Schwellenländer, asiatischen Schwellenländer und den Asien-Pazifik-Raum ohne Japan sind Wachstums-
und Inflationsprognosen BIP-gewichtet und werden anhand von Prognosen von Consensus Economics für
einzelne Länder berechnet.

Abbildung A: BIP-Konsensprognosen
2022                                                                              2023

  7%                                                                                 6%
  6%                                                                                 5%
  5%
                                                                                     4%
  4%
                                                                                     3%
  3%
  2%                                                                                 2%

  1%                                                                                 1%
  0%                                                                                 0%
           J F MAM J J A S OND J F MAM J J A S OND                                             J    F    M     A    M      J    J    A     S    O    N     D

                       2021                             2022                                                              2022

                 USA                GBR                 Eurozone                     Paz. ohne JP                EM Asien                  JP                 EM

Abbildung B: Inflationskonsensprognosen
2022                                                                              2023

  6%                                                                                 5%
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           J F MAM J J A S OND J F MAM J J A S OND                                             J    F    M     A    M     J    J    A     S     O   N     D

                       2021                            2022                                                               2022

        USA                GBR                 Eurozone                    Paz. ohne JP                 EM Asien               JP          Schwellenländer

Quelle: Consensus Economics (Mai 2022), Schroders.
Pazifik ohne Japan: Australien, Hongkong, Neuseeland, Singapur.
Schwellenländer Asien: China, Indien, Indonesien, Malaysia, Philippinen, Südkorea, Taiwan, Thailand.
Schwellenländer: China, Indien, Indonesien, Malaysia, Philippinen, Südkorea, Taiwan, Thailand, Argentinien, Brasilien, Kolumbien, Chile, Mexiko, Peru, Südafrika,
Tschechische Republik, Ungarn, Polen, Rumänien, Russland, Türkei, Ukraine, Bulgarien, Kroatien, Estland, Lettland, Litauen.

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